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Bevollmächtigten (8 21), über die Genehmigung der vom Vorstande zu 3 , der Prokuristen und Handlungsbevoll⸗ mächtigten (5 22), über die mit ihnen einzugehenden Verträge und die ihnen zu erteilenden Vollmachten, n,, über die Geschäfts⸗ ordnung des Vorstandes, die von demselben vorzuschlagenden Ver⸗ waltungsgrundsätze bezüglich des ganzen Unternehmens und die den Handlungsbevollmächtigten in den überseeischen Niederlassungen zu erteilenden allgemeinen Vorschriften;
4) über die Wah] der Bankverbindungen und den Abschluß von Vertraͤgen, durch welche dauernde Rechte oder Verpflichtungen be⸗ ründet werden; ö 5) über die , . Einzahlungen auf die Anteile bis zur Vollzahlung (5 7, 655
i, über . an die Hauptversammlung, betreffend die Aus⸗ gabe weiterer Antellscheine nach a, der Vorschriften des 5 8;
äber die Grundsätze für die Aufstellung der Jahresbilanz so— wie deren Vorlegung an die Hauptversammlung und über die Vor—⸗ schläge bezüglich der Verwendung und Verteilung von Ueberschüssen;
8) über andere Vorlagen an die en nnn
2 über die Kraftloserklärung von Anteilscheinen (6 7, Abs. 3);
10) . 86 Erwerb, die Belastung und Veräußerung von Ge⸗
äftsgrundstücken;
. ö. über die Anlegung und k des Reservefonds (6 18).
Ueber die Verhandlungen und Beschlüsse des Verwaltungsrats tst ein von dem Vorsitzenden und mindestens einem zweiten Mitglied zu unterzeichnendes Protokoll zu führen.
&. Vie Dau tpersamm lung.
5 33. Die Hauptversammlung vertritt die Gesamtheit der Gesellschafts⸗ mitglieder. Ihre Beschlüsse und Wahlen sind für alle Mitglieder verbindlich. ö
Die Hauptversammlungen werden in Berlin abgehalten. Sie werden von dem Verwaltungsrat oder von dem Vorsitzenden desselben oder von dem Vorstande berufen. Die Einladung zur Hauptversamm⸗ lung geschieht durch einmalige Einrückung in den ‚Deutschen Reichs⸗ anzeiger“ und die etwaigen Gesellschaftsblätter (56) unter Angabe der zu verhandelnden Gegenstände wenigstens 17 Tage vor dem anberaumten Tage. In diesen 17 Tagen sind die Tage der Einladung und Haupt versammlung einbegriffen. Jedes Mitglied das einen Anteilsschein bei der Gesellschaft hinterlegt, oder im Anteilsbuche eingetragen steht, kann verlangen, daß ihm die Berufung der Hauptversammlung und die Tagesordnung, sobald deren öffentliche Bekanntmachung erfolgt, durch , ,,. Brief besonders mitgeteilt werden. Die gleiche
i nn. 6 ,,, über die in der Hauptversammlung efaßten Beschlüsse verlangen. ;
; Ein Mitglied kann, soweit nicht gesetzliche Vertretung oder Ver⸗ tretung durch einen Handlungsbevollmächtigten oder die Vertretung von Ehefrauen durch ihre Ehemänner und von Witwen durch ihre 6 Söhne in Frage kommt, nur durch ein anderes an der
auptversammlung teilnehmendes Mitglied vertreten werden. Die Vollmacht bedarf der schriftlichen Form. Sie ist spätestens am Tage vor der Hauptversammlung dem Vorstande zur Prüfung vorzulegen, welcher eine amtliche oder sonst ihm genügende Beglaubigung der Unterschrift zu verlangen berechtigt ö.
§5 35. ; .
In der Hauptversammlung berechtigt jeder Anteil zu einer Stimme. . ;
Nach Vollzahlung der Anteile können nur solche Mitglieder in der Hauptversammlung das Stimmrecht ausüben, deren Anteile auf den Namen umgeschrieben und in die Stammbücher der Gesellschaft eingetragen sind (5 12) oder welche ihre auf den Inhaber lautenden Anteile wenigstens fünf Tage vor dem Tage der Hauptversammlung bei dem Vorstande oder bei denjenigen Stellen, welche in der Bekannt⸗ machung (5 34, Abs. 1) bezeichnet worden sind, gegen Bescheinigung hinterlegt haben und sie bis zur Beendigung der Hauptversammtung daselbst belassen.
FS 36.
Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Verwaltungsrats oder, im Falle seiner Verhinderung, sein Stell⸗ vertreter oder, wenn auch dieser verhindert ist, ein anderes der an⸗ wesenden Mitglieder des Verwaltungsrats, von denen immer das an Jahren älteste Mitglied vor den übrigen das Vorrecht hat. Der Vorsitzende leitet die Verhandlungen, bestimmt die Reihenfolge der Gegenstände der Tagesordnung und ernennt die Stimmzähler.
Ueber Gegenstände, welche nicht auf die Tagesordnung gesetzt worden sind, konnen Beschlüsse nicht gefaßt werden; hlervon . der Beschluß über den in einer i nm. gestellten Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Sauptversammlung ausgenommen.
Mitglieder, welche in der Hauptversammlung zusammen mindestens den zehnten Teil des Gesamtbetrages der Stimmen zu führen be⸗ rechtigt sind, können in einer von 3 unterzeichneten Eingabe ver⸗ langen, daß Gegenstände, die zur Zuständigkeit der Hauptversammlung gehören, zur Beschlußfassung angekündigt werden. Diese Gegenstände sind auf die Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung zu setzen.
Wird das Verlangen nach erfolgter Einberufung der Haupt⸗ versammlung gestellt, so müssen solche Anträge auf Erwelterung der Tagesordnung mindestens eine Woche vor dem Versammlungẽtage bei dem Vorstand eingereicht sein. Sie sind alsdann nachträglich auf die Tagesordnung der anberaumten Hauptversammlung zu setzen, und es ist dies mindestens vier Tage vor dem Versammlungstage bekannt zumachen.
§ 37. -
In jedem Jahre findet eine ordentliche Hauxptversammlung vor Ablauf des Monats Juni statt. Eine außerordentliche Hauptversamm lung wird berufen, so oft es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint, und außerdem:
1), wenn von einer Hauptversammlung ein dahingehender Beschluß gefaßt ist (6 36 Abs. 2) ; .
2) wenn Mitglieder, welche zusammen wenigstens ein Zwanzigstel des Gesamtbetrages der jeweilig ausgegebenen Anteile besitzen, die Einberufung fordern und dem Vorstand zur Vorlage an die Haupt— versammlung einen schriftlichen Antrag einreichen, dessen Gegenstand innerhalb der Zuständigkeit der Hauptversammlung liegt; .
3) wenn über die Auflösung der Gesellschaft oder deren Ver— schmelzung mit einer anderen Gesellschaft oder die Umwandlung ihrer rechtlichen Form zu beschließen ist.
8 .
In der ordentlichen Hauptversammlung (85 37) werden der Ge⸗ schäftsbericht des Vorstandes und die Bemerkungen des Verwaltungs⸗ rats über den Abschluß des abgelaufenen Re nungsjahres zur Er⸗ örterung gebracht und wird über die Genehmigung des Daupt· abschlusses und über die hieran sich knüpfenden Vorschlãge S5 16 und 17) Beschluß gefaßt. Sodann werden die fälligen Wahlen (8 24 Abs. 2) vollzogen. ᷣ
Die Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung mit dem Ge— schäftsberichte des Vorstandes und den Bemerkungen des Verwaltungs⸗ rats müssen während zwel Wochen vor der Versammlung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht eines jeden Ant-ilseigners ausgelegt sein. ; . t ᷓ
Die Hauptversammlung ist berechtigt, wenn die Bilanz nicht sogleich genehmigt wird, einen . . zur Nachprüfung zu ernennen.
9
Die Hauptversammlung beschließt ferner über Abänderungen und Ergänzungen der Satzungen einschließlich der Erhöhung und Herab⸗ setzung des Grundkapitals. ; .
Außerdem steht der ordentlichen Hauptversammlung der Beschluß über jede Vorlage zu, welche nicht nach 5 37, Ziffer 3 der außer⸗ ordentlichen Hauptversammlung . ist.
Beschlüsse über einen der im § 37, Ziffer 3 bezeichneten Gegen⸗ stände sowie über eine Herabsetzung des Grundkapitals sind nur gültig, wenn wenigstens drei Viertel der jeweilig ausgegebenen Anteile in der Versammlung vertreten sind. Ist dies nicht der Fall, so kann zu
leichem Zwecke innerhalb der nächsten sechs Wochen abermals eine 3 k Hauptversammlung berufen werden, in welcher gülti Beschluß gefaßt werden kann, * wenn weniger als drei Vierte der ausgegebenen Anteile vertreten sind.
ur Gültigkeit der Beschlüsse über einen der im 5 37, Ziffer 3 bezeichneten Gegenstände ist erforderlich, daß sie mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der in der Versammlun vertretenen Stimmen angenommen werden. Dasselbe gilt von Beschlüssen über Abänderungen und Ergänzungen der Satzungen einschließlich der Er⸗ höhung und Herabsetzung des Grundkapitals. .
Vorbehaltlich dieser Bestimmung werden die Beschlüsse der Haupt versammlung mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Gleichheit der Stimmen gilt der Antrag als abgelehnt.
Die hk finden, falls gegen einen anderen vorgeschlagenen Abstimmungsmodus Widerspruch erhoben wird, durch bgabe von Stimmzetteln nach absoluter Stimmenmehrheit statt. Ist diese in der ersten Abstimmung nicht erreicht, so findet eine Stichwahl zwischen den beiden Mitgliedern statt, welche die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.
Wer durch Beschlußfaffung entlastet oder von einer Verpflichtung befreit werden soll, hat hierbel kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben; dasselbe gilt von einer Beschluß⸗ fassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Mit⸗
liede oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen 3 und der Gesellschaft betrifft. .
Das Protokoll der Hauptversammlung wird von einem Notar aufgenommen und ist von dem Vorsitzenden und den Stimmzählern zu unterzeichnen. In dasselbe werden nur die Ergebnisse der Ver⸗ handlungen aufgenommen. 8
Die Ansprüche der Gesellschaft gegen die ihr aus der Gründung haft baren . oder aus der Geschäftsführung des Vorstandes oder Verwaltungsrats müssen geltend gemacht werden, wenn es in der Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen oder von einer Minderheit, die den zehnten Teil des Grund⸗ kapitals erreicht, verlangt wird. Die Ansprüche ö. gegen die aus der Gründung haftharen Personen in ünf. Jahren von der Verleihung der Rechtsfähigkeit an, gegen die Mitglieder des Vorstandes und des Verwaltungsrats in fünf Jahren von der den Anspruch begründenden Handlung oder Unterlassung an. Die Vor—⸗ schriften des 5 268, 9. in Verbindung mit 5 247, des § 269 und des S270 des H.-G.. B. finden entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß an die Stelle des im §z 268, Absatz 2 bezeichneten Gerichts die Aufsichtsbehörde tritt. .
Die Hauptversammlung kann mit einfacher Stimmenmehrheit die Bestellung von außerordentlichen Revisoren zur Prüfung der Bilanz oder von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung beschließen. . ;
V. Auflösung der Gesellschaft und Herabsetzung
des K
Ein Beschluß der Hauptversammlung auf Auflösung der Gesell—⸗
schaft sowie auf Herabsetzung des Grundkapitals bedarf der Genehmi-
ung des Reichskanzlers. Die Genehmigung eines Beschlusses auf hen bft h der Gesellschift kann nicht versagt werden, wenn das ,, der Gesellschaft sich durch Verluste um ein Drittel ver⸗ ringert hat.
; Durch den Beschluß muß zugleich festgesetzt werden, zu welchem Zweck die Herabsetzung stattfindet, insbesondere ob sie zur teilweisen Rückzahlung des Grundkapitals an die Mitglieder erfolgt und in welcher Weise die Maßregel K ist.
Die Auflösung der Gesellschaft erfolgt: a. auf Beschluß der Hauptversammlung, ö b. bei Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Ge⸗
sellschaft. .
8
Für die Liguidation gelten die Vorschriften der S5. 48 -52 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Ber nach Tilgung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft verbleibende Betrag wird den Mitgliedern nach dem Ver— hältnisse der von ihnen geleisteten Einzahlungen ausbezahlt. ;
Die Verteilung darf nicht eher vollzogen werden, als nach Ablauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Auflösung der Gesellschaft unter Aufforderung der Gläubiger, sich bei ihr zu melden, in den Gesellschaftsblättern zum dritten Male öffentlich be⸗ kanntgemacht ist. Bekannte Gläubiger sind auch dann zu befriedigen, wenn sie sich nicht melden. 88
Auf Grund einer Herabsetzung des Grundkapitals dürfen Zah⸗ lungen an die Yi lick der Gesellschaft nicht eher erfolgen, als nach Ablauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welchem der Beschluß auf Herabsetzung des Grundkapitals unter Aufforderung der Gläubiger der Gesellschaft, sich bei ihr zu melden, in den Gesell— schaftsblättein dreimal bekanntgemacht ist und nachdem die Gläubiger, die sich gemeldet haben, befriedigt oder sichergestellt worden sind. Eine durch Herabsetzung des Grundkapitals bezweckte Befreiung der Mit- glieder von der Verpflichtung zur Leistung von Einzahlungen auf die bon ihnen übernommenen Anteile tritt nicht vor dem bezeichneten Zeitpunkte in Wirksamkeit .
VI. Aufsichts behörde. . ö.
Die Aussicht über die Gesellschaft wird von dem Reichskanzler Reichskolonialamt) geführt, der zu diesem Behufe einen oder mehrere Kommissare bestellen kann. Dle Aufsicht beschränkt sich darauf, daß die Geschäftsführung im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und den Bestimmungen des Gesellschaftẽvertrags erfolgt.
Zu allen Aenderungen des Gesellschaftsvertrags ist die Genehmi— gung der Aufsichts behörde erforderlich. ; ö ;
Jeder von dem Reichskanzler bestellte Kommissar ist berechtigt, auf Kosten der Gesellschaft an jeder Verhandlung des Verwaltungs. rats und jeder Hauptversammlung teilzunehmen, die Aufnahme be— stimmter Punkte auf die Tagesordnung zu verlangen, von dem Vor—⸗ stand oder Perwaltungsrate jederzeit Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen und die Bücher und Schriften derselben einzusehen oder durch einen Bevollmächtigten einsehen zu lassen, sowie auf Kosten der Gesellschaft, wenn dem Verlangen der dazu Berechtigten nicht entsprochen wird, oder aus sonstigen wichtigen Gründen eine außerordentliche , , oder Sitzung des Verwaltungsrats mit bestimmter Tagesordnung zu berufen.
,,
Die sämtlichen zunächst ausgegebenen 6000 Anteile sind von den Gründern der Gesellschaft zu ihrem Nennwerte übernommen worzen.
Auf die vorbezeichneten, von den Gründern übernommenen An- teile ist von ihnen eine Einzahlung von 50 c geleistet, und zwar auf jeden Anteil 250 . 366
Der erste Verwaltungsrat wird in der konstituierenden Haupt⸗ versammlung aus den Mitgliedern der Gesellschaft gewählt. Er fungiert bis zur ersten Hauptversammlung nach Verleihung der in 5 11 des Schutzgebiete gesetzes bezeichneten echte duch den Bundesrat.
Auf den 25 g e, finden die Bestimmungen des §z 24 Absatz 1, 3 der Satzungen Anwendung.
Der ö. Verwaltungsrat wahlt sofort nach Abhaltung der kon⸗ stituierenden Hauptversammlung seinen Vorsitzender und dessen Stell⸗ vertreter, er beschließt über die Zusammensetzung des Vorstandes und wählt dessen Mitglieder. Alles dieses geschleht rz durch die in der Hauptversammlung anwesenden Mitglieder, ohne daß es der Zu⸗ stimmung der abwesenden und der Erklärung über die Annahme der Wahl bedarf, und jwar auch dann, wenn weniger als die Hälfte der Mitglieder des ,, , k sein sollten.
Der Vorsitzende des Verwaltungsrats und sein Stellvertreter werden ermächtigt, die Genehmigung dieser Satzungern bei dem Reichs⸗
kanzler und die Verleihung der im 5 11 des Schutzgebietsgese , Rechte nachzusuchen und die etwa von den . 3 eforderten Ergänzungen und Aenderungen dieser Satzungen mit ver. kinn n Kra 6 die Gesellschaft und die sämtlichen Gründer und Anteilseigner derselben zu beschließen.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 95. Sitzung vom 26. Juni 1911, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortsetzung der dritten Beratung des Gesetzentwurfs über die Reinigung öffentlicher Wege. . ö
Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Abg. Liebknecht (Soz.) erklärt sich gegen den Antrag Herold. Bei der Bebauungsart, wie sie sich in den Vororten der großen Städte, namentlich auch Berlins, vollziehe, würde dieser Antrag es unmöglich machen, daß die Straßen in den großen Verbindungs— flächen gereinigt würden. Dem Gesetze liege ein gesunder Gedanke zugrunde, aber die Ausführung dieses Gedankens durch das Gesetz und die gestellten Anträge seien bedenklich.
Abg. Lippmann (fortschr, Volksp. ); Wenn das Gesetz nur den bisherigen Zustand festlegen sollte, wäre das ganze Gesetz nicht nötig gewesen. In Wirklichkeit hat das Gesetz aber nicht nur Maßnahmen zur Verhütung von Uebelständen, sondern das wesentliche des Gesetzes ist die Verteilung der Lasten, durch die neue Lasten für den Grundbesitz und den Hausbesitz geschaffen werden. Auch diejenigen, die zunächst keinen Widerspruch erhoben haben suchen jetzt durch die Stellung von Anträgen die neue Last für Haus, und Grundbesitz ahzuschwächen. Insbesondere ist das der Fall mit dem Antrage Strachwitz; aber auch der Antrag Herold verfolgt denselben Zweck. Die Anträge mögen ihre Berechtigung haben; aber ihre Be⸗ gründung ist noch nicht durch eine Kommissionsberatung geprüft worden. Gesetze machen kann man sehr leicht, aber richtige Geseße kann man nicht ohne eine durchgreifende Beratung machen. Es i jetzt sogar ein Antrag in Vorbereitung sein, wonach die Gutsbezirke auch von dem Gesetz ausgenommen werden sollen, sodaß nur Landgemeinden üher, 19000 und Städte über 500 Einwohner übrig bleiben. Ich stelle deshalb den Antrag, den Entwurf an die Kommission zurückzuverweisen.
Der Antrag auf Zurückverweisung an die Kommission wird gegen die Stimmen der Linken und eines Teils des
Zentrums abgelehnt. ; ö.
Abg. Graf Strachwitz Gentr.) begründet seinen Antrag: Am
liebsten wäre auch mir, wenn alles an die Kommission zurückginge. Da dieser Antrag aber abgelehnt ist, müssen wir in die Beratung der Anträge im . eintreten. Unser Antrag bezweckt, wenigstens einen Teil der Ortschaften von den schädlichen Wirkungen des Gefetzes u befreien. . . Unterstaatssekretär Dr. Freiherr von Coels van der Brügghen: Das Gesetz bringt nicht eine Vermehrung der Lasten, sondern nimmt nur eine anderweitige Verteilung unter den Beteiligten vor. Die jetzigen Verpflichtungen bleiben vollständig bestehen, eine Aenderung tritt nur ein, wenn andere wirtschaftliche Verhältnisse vorliegen. Den Antrag Strachwitz bitte ich deshalb abzulehnen; der Antrag Braemer sagt nichts Neues. ; .
ö Abg. Ecker⸗Winsen (nl): Nach dem Antrag Herold ist nicht klar, ob z. B. eine kleine Gärtnerei den Zusammenhang eines Ortes unterbricht, sodaß nicht mehr eine geschlossene Ortslage“ vorhanden ist. Den Antrag Strachwitz müssen wir ablehnen, weil er eine Differenzierung zwischen Grundbesitzern in kleineren und größeren Ortschaften bringt. ö
Abg. Herold (Zentr); In der Vorlage fehlt die Erklärung, was eine geschlossene Qrtschaft ist. Das will nur, mein An— trag nachholen. In zweiter Beratung hat ein Vertreter der Staatsregierung eine Definition des Begriffs gegeben. Wenn dafür ein Bedürfnis bestand, ist es besser, diese Definition in das Gesetz aufzunehmen; den entscheidenden Behörden ist dann wenigstens eine Direktive gegeben, wenn auch die Kritik des Vorredners an der Definition nicht ganz unberechtigt ist. Gewiß kann es zweifelhaft sein, wie zu verfahren ist, wenn eine Bau⸗ stelle gärtnerisch genutzt wird, aber doch nur in dem Falle, wenn es sich um eine große Fläche handelt, und immerhin ist auch dann wenigstens eine Direktive gegeben. In den meisten Fällen wird jeder Zweifel ausgeschlossen sein. . 9
Abg. Graf Strachwitz (Zentr.): Die Ausfübrungen des Unter⸗ staatssekretärs haben mir von neuem die absolute Notwendigkeit der Zurückverweisung der Vorlage in die Kommission bewiesen. Die Worte des Unterstaatssekretärs in den höchsten Ehren, aber dafür, wie das Gesetz später interpretiert werden wird, sind sie nicht maßgebend. Was nicht in den Akten steht, ist nicht in der Welt. Das heutige Versprechen des Unterstaatssekretärs nützt mir gar nichts. Ich er⸗ laube mir deshalb, den vorhin abgelehnten Antrag Lippmann wieder aufzunehmen. .
Der Antrag auf Zurückverweisung in die Kommission wird abermals abgelehnt. .
Abg. Lippmann (fortschr. Volksp.): Der Antrag auf Zurückver⸗ weisung ist tot; er wird aber wieder lebendig werden, denn es kommen noch mehr Anträge, die nicht in der Rommission beraten worden sind, und ohne Prüfung können Sie diese doch nicht annehmen. Die Kommission hat die erste und zweite Lesung in einer Sitzung beendet, während die zweite Lesung doch nicht unmittelbar auf die erste folgen soll. Die hier vorliegenden Anträge haben die Kommission nicht beschäftigt. Der Antrag Braemer birgt eine große Gefahr für die Wirksamkeit des Ge⸗ setzes; eine Direktive für die Beseitigung von Zweifeln über den Be⸗ griff der geschlossenen Ortschaft soll er sein, noch viel mehr wird er eine Direktive für Umgehungen sein. Die Grundstückshändler werden jetzt wissen, wie man sich von den Wirkungen des Gesetzes befreien kann. Der Antrag Strachwitz ist, wie sein Urheber selbst zugesteht, nichts weiter als ein willkürliches Sichentgegenstemmen gegen die schãdlichen Wirkungen des Gesetzes. Wenn, wie verlautet, auch § 7, der die Gutsbezirke dem Gesetze unterwirft, wieder gestrichen werden soll, bleiben nur noch die Hausbesitzer in den Städten über 5000 und in den Landgemeinden über 19050 Einwohner übrig, denen man eine ungerechte Neubelastung auferlegt. . .
Abg. Dr. Liebknecht (So): Es ist sehr interessant, festzustellen, wie eifrig sich der Abg. Lippmann heute wie schon bei der zweiten Lesung für die Hausbesitzerinteressen ins Zeug gelegt hat; es ist geradezu unfaßbar, wie er behaupten kann, das Gesetz belaste den Haus besitzerstand in unangemessener Weise. Ich bin begierig, ob seine Fraktionsfreunde das durchweg mitmachen, denn nach ihrer bis herieg Stellungnahme in diesen Fragen kann der soziglpolitische 6 des Abg. Lippmann nicht der ihrige sein. Der Antrag Herold gih keine Definition und keine Direktide. Die Art, wie Graf Strach⸗ witz die Versprechungen des Unterstaatssekretärs einschätzt, grenit ja fast an die sozialdemokratische e funf daß in Preußen alle Gesetze durch ihre Ausführung in das Gegenteil verkehrt werden. hit
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neu kirch ffreikons.) empfie . ebenfalls den Antrag Herold und hält es für nicht schwierig, au im Einzelfall eine richtige Würdigung der Verhältnisse eintreten zu lassen. ; icht in Abg, Fippm ann sfortschr. Volks): „Es kann der Beste nich Frieden ö wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt. 6 4 ganz friedliche Natur, aber auf den derben Hieb des Abg, Liebkne st muß ich eine ebenso derbe Antwort setzen. Ich habe 96 schon oft 6 z wundert, woher der Abg. Dr. Liebknecht die überlegenen enntnisse . nehmen zu können glaubt, mit denen er die Mitglieder des e belehren zu müssen glaubt. Eine solche Stellung als Präzep
des Hauses kommt ihm nicht zu. Der Abg. Liebknecht hat meinen Eifer hköhnisch gekennzeichnet. Wenn der Abg. Liebknecht nicht nach dem Prinzip handelte daß wir hier alle eifrig fein follen, würde er seine langen Reden nicht halten. Ich nehme ihm seinen Eifer nicht übel, . auch, daß er den meinen nicht behohnlächelt. Der n ,, Liebfnecht begreift nicht, wie ich in dieser Frage gegen die fleinen Leute sprechen kann, wie ich für die Hausbesitzer eintrelen kann. Der Abg. Liebknecht hat meine Reden in der zweiten Lefun nicht gelesen, ont würde er wissen, daß ich eine Lanze für die Haus esitzer brochen habez weil sie die kleinen Leute sind, weil fie in den kleinen rio len die finanziell Unkräftigsten sind. Das sozialpolitische Ver⸗ ständnis ist also auf meiner Seite. Ich habe selbstverständlich offiziell, im Auftrage meiner Fraktion gesprochen.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Ich habe bon dem Gesagten nichts zurückzunehmen. Es war doch etwas fehr fonderbar, daß der Abg. Lipp⸗ mann Veranlassung nahm, mich als Zensor des Haufes hinzustellen. Ich greife die Herren an, so oft und so heftig i vermag; aber ich bin kein Lehrer. Seinen Eifer habe ich ihm nicht vorgeworfen, fondern seinen Eifer für die Hausbesitzerinteressen. Daß er mir meine langen Reden vorwirft, ist doch wirklich abgedroschen und nach⸗ erade kindisch. Eine besondere sozialpolitische Weisheit
abe ich nicht entfesseln wollen, was ich fagte, gebörk zum A-BE der Sozialpolitik. Der Abg. Lippmann stellt sich, indem er die HSaus⸗ , . wahrnimmt, zugleich als Schützer der kleinen Leute vor. Der Abg. von Gamp kommt aus ganz anderen Motiven zu dem leichen Ergebnis. Ich erwarte aus den Reihen der Partei des Abg. lieren immer noch eine Desavouierung, denn von der alten Fort schrittspartei konnte man eine Stellungnahme wie die des Abg. Lipp⸗ mann gar nicht erwarten.
Damit schließt die Debatte.
ee . bemerkt der
bg. Lippmann ffortschr. Volskp.): Auch ich habe von meiner Abwehr gegen die Angriffe des Abg. Liebknecht nichts zurückzunehmen. Wenn er es sich leistet, sich hier als agent provocateur auf die Tri- büne zu stellen, um meine Fraktionsgenossen zu Gegenäußerungen auf⸗ jufordern. .. sPräsident von Kröcher: Das st nicht persönlich; Sie können nicht in persönlicher Bemerkung für Ihre Fraktion prechen; dann hätten Sie das Wort in der sachlichen Debatte nehmen müssen.) Dann verzichte ich und behalte mir vor, später darauf zurückzukommen.
Fg wird unter Ablehnung des Antrags Strachwitz mit dem Antrag Herold angenommen.
Die Ss Tbis 4 werden ohne Debatte in der Fassung der weiten Lesung angenommen.
Nach § 5 kann durch Ortsstatut die Reinigungspflicht den anliegenden Grundbesitzern auferlegt werden.
Abg. Fleuster (Zentr.): In der Kommission wurde befürchtet, daß den Anliegern auch die Haftpflicht für , Reinigung auf⸗ geladen werden könnte, es hat sich aber keine? köglichkeit gefunden, durch das Gesetz diese Haftpflicht zu beseitigen. Das Resultat aller Beratungen in der Kommission war, daß die Gemeinden bei Äb— wäljung der Reinigungspflicht auf die Hausbesitzer in der Weise für
e, jorgen möchten, daß sie Kollektivversicherungen für sie ab⸗
ließen. Die Regierung gab die Zusicherung, daß sie in den Aus— führungsanweisungen in dieser Weise auf die Gemeinden einwirken wolle. Ich bitte die Regierung, diese Erklärung aus der Kommission hier zu wiederholen.
Unterstaatssekretär Dr. Freiherr von Coels van der Brů gghen: Ich kann die Ausführungen des Vorredners bestätigen. Wir werden in den Ausführungsanweisungen den Gemeinden eine Anregung . zum Schutz der Hausbesitzer Kollektivpersicherungen abzu—
ießen.
Ss 5 wird angenommen, desgleichen 8 6.
Nach 5.7 können die Gemeinden ihre Kosten aus der Reinigung bis zum Höchstbetrage der Hälfte durch Gebühren, Beiträge oder Mehrbelastungen decken.
Abg. Bois ly (nl) erklärk sich gegen diese Erhebung von Ge— bühren usw. und bittet, den 5 7 ganz , .
Unterstaatssekretär Dr. Freiherr von Coels vander Brügghen tritt für den Paragraphen ein.
361 Lippmann ffortschr. Volksp.): Auch wir bitten, den 5 7 anz abzulehnen. Die Stellungnahme des Abg. Boisly widerspricht übrigens der Stellung des ngtionalliberalen Redners aus der zweiten Lesung. Ich will außerdem feststellen, daß der Abg. Liebknecht meine Fraktionsgenossen aufgefordert hat, dem zu widersprechen, was ich als Fraktiansredner hier ausgeführt habe. .
Abg. Hoffmann (Soz.): Der Abg. Liebknecht hat soeben den Saal verlassen, um ein leibliches Bedürfnis zu befriedigen. Wenn der Abg. Liebknecht die Traktionsgenossen des Abg. Lippmann auf⸗ gefordert hat, gegen ihn Stellung zu nehmen, so konnte er glauben, daß sie so viel Courage haben wurden, denn daß sie mit ihm nicht einer Meinung sein können, geht aus ihrer Stellungnahme in anderen Körperschaften bezüglich der Hausbesitzer hervor; dort haben sie die i, . nicht in der Form vertreten, wie der Abg. Lippmann es hier getan hat.
Abg. Hausmann (al) hält an seinen Ausführungen in der iweiten Lesung fest. .
Abg. Liebknecht (Soz) verwahrt sich gegen den Vorwurf, als agent provocateur aufgetreten zu sein.
Abg. Lippmann Hnr. Volksp); Ich habe dem Abg. Lieb— knecht unrecht getan, als ich ihn einen Präzeptor nannte; ein Mann, der in einem solchen Tone spricht, will kein Lehrer sein.
3 und der Rest des Gesetzes werden angenommen. In der Gesamtabstimmung wird das Gesetz im ganzen gegen die Stimmen der Freisinnigen und eines Teils des ,, an⸗ genommen.
Es folgt die Beratung des schleun igen Antrages der bgg. Engelsmann (nl. u. Gen.: die Regierung zu ersuchen, schleunigst ö in Aussicht zu nehmen, durch welche den durch ein schweres agelwetter in dem Weinbaugebiete der Nahe, hauptsächlich in den Gemarkungen von Treuzngch. Winzenheim und Hargesheim, geschädigten Bewohnern stagtliche Unterstützung zuteil wird. Abg. Dr. Röchling ul.): Wie Sie aus den Zeitungen wissen, ist ein schweres Hagelwetter über die Kreuznacher Gegend nieder“ gegangen; der gesamte Schaden wird auf 2 Mill. Mark angenommen. Auf den Tisch des Haufes sind Zweige niedergelegt worden, die durch den Hagel abgeschlagen sind, woraus Sie kie Wirkung des Hagel⸗ wetters ersehen können. Nicht allein dĩe Weinberge sind geschädigt, ndern auch die Felder haben schweren Schaden erlitten, und eine Veuhestellung der Felder ist wegen der vorgerückten Jahreszeit nicht möglich. Deshalb ist der Antrag begründet, daß der Staat helfend eintritt. Das Hagelwetter ist ganz unerwartet gekommen, und zwar fu iner Zeit, als die Früchte bereits angesetzt hatten, nach dem Ab— lauf der Blütezeit. Der Hagelschlag ist als ein nicht vorher—⸗ fusehendes und unabwendbares Ünglück anzusehen, und deshalb muß der Staat eintreten.
Minister des Innern von Dallwitz:
Meine Herren! Ueber das schwere Mißgeschick, welches Teile des Freises Kreuznach infolge eines Unwetters von ganz ungewöhnlicher Stärke und Heftigkeit am 9. Juni d. J. betroffen hat, haben mir die Lokal. und Provinzialbehörden alsbald Bericht erstattet. Sie sind aber noch nicht in der Lage gewesen, die Höhe der Schäden genauer festzustellen, und auch nicht in der Lagse ge⸗ wesen, die erforderlichen Unterlagen für die Beurteilung der rage beizubringen, inwieweit infolge der erlittenen Beschädigungen weitere Kreise der Bevölkerung in ihrem Nahrungt⸗ und Hautjstande als gefährdet anzusehen sind. Erst wenn diese noch autzstehenden
X.
Berichte eingegangen sein werden, wird eine Entscheidung darüber möglich sein, ob die Einleitung einer Hilfsaktion aus öffentlichen Mitteln angezeigt, notwendig und zulässig sein wird. Hierbei wird jedoch auch die Frage geprüft werden müssen, inwieweit von der Gewährung von Unterstützungen nach den bestehenden Grundsãtzen Hagelschäden werden ausgeschlossen werden müssen, gegen welche die Betroffenen durch Versicherung sich hätten schützen können. (Abg. Winkler: Sehr richtig) Im übrigen darf ich eine sorgfältige Prüfung der eingehenden Anträge in Aussicht stellen. (Bravo )
Abg. Kuhn - Ahrweiler (Zentr. : Der Oberpräsident hat den Schaden auf 2 Mill. Mark angegeben. Es sind 1560 Morgen Wein— berge betroffen. Ich hoffe, daß die Regierung bald die Unterlagen erhält, und die zur Verfügung gestellten Mittel so reichlich sein werden, daß die Leute, deren Existenz völlig in Frage gestellt ist, die Möglich⸗ keit erhalten, Viehzucht zu treiben.
Abg. Engelsmann (ul.): Das Unwetter, das am 13. Juni 1910
das Ahrtal heimgesucht hat, hat zwar auch Menschenleben gefordert. Wohl Hundert sind ihm zum Opfer gefallen. Die damaligen Schäden waren aher insofern nicht so 3 als sie hauptsächlich Brücken⸗ hauten, Ueberschwemmung von Wiesen usw. betrafen. Die altesten Leute entsinnen sich, daß Lei 1831 nicht ein solcher Hagelschlag in der Kreuznacher Gegend gewesen ist wie der jetzige. Jin großen und ganzen ist die Gegend durch die Berge im Westen gegen Hagelschlag geschützt. Deswegen sind die Leute auch alle nicht versichert, kommen aber Gewitter aus der Richtung von Mainz und Wies— baden, so stoßen sie sich an den Bergen und richten enormen Schaden an. Besonders sind diejenigen Weinberge ver⸗ nichtet, die ohnehin über die Ungunst der Weinernte zu klagen hatten. Die Leute wären infolgedessen auch gar nicht in der Lage gewesen, Versicherungsprämien zu zahlen, da der Heu, und Sauerwurm ihre Reben zerstoͤrt hatte. Sie werden für mindestens zwei Jahre auf keine Ernte rechnen können. Ich bitte, den Antrag einstimmig an— zunehmen, und bitte die Staatsregierung, gegen die arme Bevölkerung das weitestgehende Entgegenkommen zu üben. Abg. Heckenroth Eons.): Wir können uns dem Antrage nur an— schließen. Schon seit Jahren herrscht ein Notstand infolge der un⸗ heimlichen Verheerungen, die der Heu⸗ und Sauerwurm angerichtet hat. Endlich konnten die Winzer mit einer gewissen Hoffnungs⸗ freudigkeit in die Zukunft schauen, weil es den Anschein hatte, als ob es dieses Jahr eine gute Ernte geben würde. Nun sind alle Hoffnungen durch das Unwetter zu schanden gemacht, und zwar nicht nur für dieses Jahr. Es ist wirklich ein Notstand eingetreten. Geschäftsordnungs⸗ mäßig ist der Antrag in der Budgetkommission zu beraten. Ich beantrage daher seine Verweisung an diese Kommission.
Abg. Fischbeck (fortschr. Volksp.): Wir werden ebenfalls dem Antrag zustimmen. Auch bei anderen Katastrophen ist die Regierung eingetreten. Wir bitten um einstimmige Annahme.
Abg. Veltin (Zentr.) : Auch wir bitten, den Antrag einstimmig anzunehmen.
Abg. Hoffmann (Soz.): Wir werden den Antrag annehmen und sprechen nur den Wunsch aus, daß die Regierung mit Rücksicht auf die große Not recht reichliche Mittel geben möge
Der Antrag wird an die Budgetkommission verwiesen.
Zur Geschäftsordnung bittet der
Abg. Dr. bon Heydebrand und der Lasa (kons.), den nächsten Punkt der Tagesordnung — zweite Lesung des Eisen— bahnanliegergesetzes — zurückzustellen, da sich lange Debatten darüber entspinnen würden, und die Zweckverbandsgesetze vorwegzunehmen.
Da die Abgg. Gyßling und , . diesem Vorschlage wider⸗ e, . den der Abg. von Heydebrand nochmals rechtfertigt, erklärt der
Vizepräsident Dr. Krausre: Da sich Widerspruch erhebt, bleibt es nach der Praxis des Hauses bei der Tagesordnung.
Das Haus tritt in die zweite Beratung der Novelle zum Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 ein.
Berichterstatter ist der Abg. Dr. Busse (kons..
Nach 5 42 der Regierungsvorlage follte der Feststellung des Eisenbahnbauplans durch den Minister der öffentlichen Arbeiten, sofern durch den Plan öffentliche Interessen oder die Interessen der benachbarten Grundstücke berührt werden, ein Prüfungsverfahren vorausgehen. Die Kommission hat die Worte „sofern durch den Plan berührt werden“ gestrichen. Die Folge dieses Abstrichs ist, da nach der Meinung der Regierung selbst bei der kleinsten Veränderung in den Eisenbahnanlagen eine landespolizeiliche Prüfung durch den Bezirksausschuß stattfinden muß.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Es will mir angezeigt erscheinen, bei Beginn der zweiten Lesung angesichts der grundsätzlichen Aenderungen, die die Gesetzes vorlage der Regierung in der Komnässion gefunden hat, die Stellung der Königlichen Staatsregierung zu diesen Aenderungen hier bekannt zu geben.
Wie der Kommissionsbericht ergibt, sind ja die großen grund⸗ sätzlichen Fragen, die durch das Gesetz aufgerollt sind, in der Kom⸗ mission sehr eingehend behandelt worden, haben aber zu meinem lebhaften Bedauern zu einem Ausgleich zwischen der Majorität der Kommission und den Kommissaren der Staatsregierung nicht führen können.
Nach Auffassung der Staatsregierung dreht sich die Haupt— frage darum, ob der § 4 des Eisenbahngesetzes vom Jahre 1838, der dem Minister der öffentlichen Arbeiten die Genehmigung der Durch⸗ führung der Bahnlinie in allen ihren Punkten vorbehält, eine wesent⸗ liche Aenderung oder Abschwächung erfahren soll.
Als die Königliche Staatsregierung sich entschloß, den wiederholt in beiden Häusern des Landtags aufgetretenen Wünschen wegen Mit- beteiligung der Bezirksausschüsse an diesen Entscheidungen Rechnung zu tragen, hat sie dies in der ausdrücklichen Voraussetzung und mit dem Vorbehalt getan, daß die dem Mmnister der. öffentlichen Arbeiten durch den F 4 des erwähnten Eisenbahngesetzes vom Jahre 1838 vor— behaltene Befugnis zur ausschließlichen und alleinigen Feststellung der Eisenbahnbaupläne nicht beeinträchtigt werden soll. Nach Auffassung der Staatsregierung ist diese Voraussetzung in dem Gesetzentwurf, wie er durch die Kommission gestaltet worden ist, nicht erfüllt worden; denn es wird der Bezirksausschuß auch in den Fragen des §z 4 als ent⸗ scheidende Instanz, als erste Instanz eingeschoben; der Minister wird Beschwerdeinstanz. Der Bezirksausschuß soll befugt sein, über die Ge⸗ staltung der Eisenbahnbaupläne, der Anlagen zu entscheiden, und zwar nicht nur bei Neubauten, sondern auch dann, wenn es sich um Aende⸗ rungen bestehender, in Betrieb befindlicher Eisenbahnen handelt. Ja, noch mehr: er soll im letzteren Fall auch darüber befinden, ob eine Aenderung notwendig ist.
Meine Herren, die dem Minister durch 54 des Eisenbahngesetzes gegebene Befugnitz beruht nach Auffassung der Staatgregierung auf einer inneren Notwendigkeit. Bei Gestaltung der Eisenbahnunter⸗ nehmungen muß der Mnister stets die Zwecke, die sie zu erfüllen haben, im Auge behalten, also die Zwecke im Interesse des allge⸗ meinen Verkehrs, im Interesse der Landesverteidigung und im Inter
esse der sicheren, gleichmäßigen und wirtschaftlichen Durchführung des
Betriebeg. Nach unserer Auffassung ist diese einheitliche Ent⸗ scheidung aber gefährdet, wenn an ihr eine Reihe von Organen des Staats. beteiligt sind. Es müssen sich hieraus Gegen⸗ sätze und Schwierigkeiten entwickeln; von den Verzögerungen will ich gar nicht sprechen. Dasjenige staatliche Organ, das berufen sein soll, diese Entscheidung zu treffen, muß in erster Linie sachverständig sein in den eisenbahnwirtschaftlichen, den eisen⸗; bahnfinanziellen und insbesondere den eisenbahntechnischen Fragen, und es muß so hoch gestellt sein, daß es alle diese Fragen von allgemeinen Gesichtspunkten aus beurteilen kann. So sehr die Tätigkeit der Be⸗ zirksausschüsse auf den ihnen zugewlesenen Gebieten anzuerkennen ist, so wenig sind wir der Auffassung, daß die Bezirksausschüsse in der Lage sein werden, über diese Fragen sachverständig zu urtellen. Wir sind auch der Meinung, daß sie den örtlichen Verhältnissen viel zu nahe stehen, um den eben erwähnten allgemeinen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. In den vieljährigen Erörterungen haben wir immer wieder die Frage aufwerfen müssen: gibt es denn kein anderes Organ neben dem Minister der öffentlichen Arbeiten, das in der Lage ist, in dieser Frage zweckmäßige, sachgemäße Ent⸗ scheidungen zu treffen? Aber so sehr wir auch dieser Frage nach- gegangen sind, so haben wir doch kein Organ finden können, das in gleicher Weise urteilen kann wie der berufene Fachminister.
Nun ist eingewendet worden, daß die Berufung der Bezirks ausschüsse zur erstinstanzlichen Entscheidung schon deshalb keine Aende⸗ rung des Eisenbahngesetzes bedeuten könne, weil der Minister ja unter allen Umständen in zweiter Instanz zu entscheiden habe. Meine Herren, wenn man von der Auffassung ausgeht, daß der Bezirks— ausschuß überhaupt nicht in der Lage ist, in diesen Fragen sachgemäß zu urteilen, so müssen wir selbstverständlich eine Regelung bekämpfen, die ihn zur Entscheidung in erster Instanz beruft; denn wenn wir das nicht täten, so würden sich im Lande Gegensätze zwischen der Zentral— instanz und diesen bedeutsamen Organen, wie die Bezirksausschüsse es sind, entwickeln, die auf die Dauer nur lebhaft verstimmend wirken können, Gegensätze, die immer wieder hervortreten würden. Ich erinnere Sie nur an den gewöhnlichsten Fall der Beseitigung einer Plankreuzung, der allerorten im Lande hundertfältig vorkommt. Die Staatseisenbahn⸗ verwaltung oder die Eisenbahnverwaltung — es braucht nicht die Staatseisenbahnverwaltung zu sein — ist bereit, eine Plankreuzung durch eine Ueberführung des Weges über die Eisenbahn zu ersetzen. Nach der ganzen Lage der Verhältnisse ist sie nicht in der Lage, diese Ueberführung im Zuge des alten Weges zu bewirken, sie muß also den Weg ablenken und durch einen Umweg der alten Straße wieder zuführen. Solche Eingriffe begegnen ja in vielen Fällen bei den Interessenten lebhaftem Widerstand, die erstens die Steigung ungern hinnehmen, namentlich im platten Lande, die ferner sich auch den Umweg nicht gefallen lassen wollen, und daher eine andere Anlage, meist eine Wegeunterführung verlangen. Die Eisenbahnverwaltung ist aber genötigt, auf der Durchführung des Projektes, wie sie es geplant, zu bestehen, in erster Linie, weil sie die betrieblichen Ver⸗ hältnisse der Eisenbahn nicht verändern lassen will; denn der Wunsch der Interessenten führt dahin, daß man die Gefälleverhältnisse der Eisen⸗ bahn verändert, daß man eine Steigung oder ein Gefäll hineinbringt. Außerdem führt der Wunsch der Interessenten in den meisten Fällen dahin, daß die durch die Beseitigung der Plankreuzung bewirkten Vorteile nicht so hoch eingeschätzt werden können, daß es sich rechtfertigen ließe, dem Staate oder Dritten, die nach dem Antrage der Interessenten bauen sollen, die sehr hohen Opfer aufzuerlegen. Das ist ein Fall, der sich immer wiederholt, und man kann voraussehen, daß in der Mehrzahl solcher Fälle der Minister der öffentlichen Arbeiten ge⸗ nötigt sein wird, gegen eine Entscheidung erster Instanz, die den An⸗ trägen der Interessenten Rechnung tragen will, Stellung zu nehmen. Das würde meines Erachtens eine sehr große Verstimmung hervor⸗ rufen müssen, die viel schwerer zu ertragen ist als etwa eine Ent— scheidung des Ministers auf Grund der heutigen gesetzlichen Be— stimmungen, die den Wünschen des Bezirksausschusses oder der Inter— essenten nicht entspricht.
Es ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß die Be⸗ seitigung des jetzigen Zustandes erforderlich sel, weil der Minister der öffentlichen Arbeiten Partei sei. Das trifft ja bedingt zu, soweit er als Chef der Staatseisenbahnverwaltung in Frage kommt. Aber, meine Herren, es ist doch in der Kommission ganz ausdrücklich be⸗ stätigt worden, daß die alleinige und ausschließliche Entscheidungs⸗ befugnis des Ministers nicht mißbraucht worden ist, im Gegenteil, es lst dort anerkannt worden, daß die Entscheidungen des Ministers auch dann, wenn sie den Interessenten nicht behagten, doch objektive gewesen sind. Ich meine, das soll man sich gegenwärtig halten. Die Staatsregierung ist ja überhaupt nicht der Auffassung gewesen, daß ein dringlicher Anlaß zur Aenderung der jetzigen Be⸗ stimmungen vorliege; sie ist aber durchaus gewillt, angesichts der wiederholten Wünsche, die hier und im anderen Hause laut ge⸗ worden sind, eine Aenderung eintreten zu lassen, die eine Mitwirkung der Bezirksausschüsse ermöglicht. Die Gesetzesvorlage der Staats⸗ regierung hat nach dieser Richtung nicht gefallen. Es sind aber bereits in der Kommission Vermittlungsvorschläge gemacht worden, auf die einzugehen ich auch heute noch bereit sein würde, und die dahin gingen, dem Beztrksausschuß die erstinstanzliche Entscheidung in all den Fragen zuzuwelsen, in denen es sich um Nebenanlagen handelt, und ihm eine gutachtliche Aeußerung zu gestatten in allen den Fällen, die unter den 54 des Eisenbahngesetzez von 1838 fallen. Es ist auch bon den Kommissaren der Staatsregierung nicht beanstandet worden, daß dem Beizirksausschuß eine Entscheidungsbefugnis bezüglich der Kostenverteilung zustehen solle.
Ich meine, melne Herren, es sollte doch versucht werden, auf der Grundlage dieser Vermittlungsvorschläge eine Verstãndigung herbeizuführen. Ich muß hier mit dürren Worten aussprechen, daß die Gesetzesvorlage, wie sie von der Kommission gestaltet worden ist, für die Staatsregierung nicht annehmbar erscheint. Man muß sich doch die Vorteile vergegenwärtigen, die das in den Kompromiß anträgen niedergelegte Verfahren auch im Sinne derer bringt, die nicht alles erreichen, was sie erstreben. Ich glaube, daß es vielleicht nicht möglich sein wird, sich im Plenum des Dauses zu verständigen, zumal bereits für die heutige Verhandlung eine Reibe don Antrãgen gestellt ist.
Ich würde es daher von meinem Standpunkte aus nicht für un⸗ zweckmäßig, sondern für nützlich halten, wenn die Gesetzesvorlage an die Kommission zurückverwiesen würde. Ich darf bemerken, daß der Antrag der Freikonservativen mir die Wege zu einem solchen Vor-
gehen zu ebnen scheint. Ich würde freilich bel einem Eingehen auf