1911 / 185 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Aug 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Künste u. des Kunsthandwerks. Schupmann: Formenlehre d, 8h 11. ö JV. Dozenten: von Lehr; Ornamentik II u. III. Innendekoration. St re ichen. Plastil. Priv. ozenten: Brinckmann: Baugeschichte d. Mittelalters u. d. Neu⸗ zelt. Buchkremer Künstler. Perspektive. Kunstgewerbe cchristl, u. Profankunst⸗. Wildt: Raumbildung u. Raumausstattung mit bes. Berücksichtigung d. Moderne. . rr r ch n ngenteurwesen: Professoren: N N.: Eisen⸗ bahnbau. Eisenbahnbau f. Verkehrsing. Tunnelbau. Dom ke: Statik d. Hochbaukonstruktionen Lu. IJ. Brücken in Stein u. Dolz. Eisenbetonbau 1. Ga st: Prakt. Geometrie 1. Geodätisches Prak⸗ tikum J. Geodätische Ausarbeitungen. Eisenhahntrassieren. Höhere Geodäste. - Hertwig: Statik d. Baukonstruktion. Eisenbau L u. II. Hirfch: Grundbau. Verkehrswasserbau L. u. II. Uebungen i. 3 JI. Holz: Wehrbau u. Talsperrenbau. Wasser⸗ versorgung. Wasserkraftgewinnung. Quirll: Flußbau Lu. Kultur⸗ gef 1. Ffußbau Ii, Seeuferbau u. Kulturtechnik 11 m. Uebgen. Sieben: gi, , ne, 1, Baukonstruktionen I1 (Innerer Aus⸗

Baustofflehre. ben g fin . bie schinen - Ing nieurwesen: Professoren: Grotrian: Physik. Grundlagen d. Clektrotechn. Theor. Elektrotechn. Glektrotechn. Praktikum. Junkers: Wärmetechnik, Masch.⸗ Laß. J. Masch. Lab. II und Sprinklerlabor. Masch.⸗Lab. IJ. Röchy: Lokomotivbau. CEisenbahnbetr. u. Sicherungs anl. Langer: Dampfmasch. Rotierende Kraft- u. Arbeitsmasch. Ver⸗ hrennungsmasch. Rieten: Baukonstr. Lehre f. Masch.⸗Ing., dto. fuͤr Berg- und Hüttenleute. Rasch: Ausgew. Kap. d. prakt. Elektrotechn. Einl. i. d. Elektrotechn. Konstr. Lehre d. Flektrotchn. Elektr. Konstruktionsübgen. Rötscher: Einl. i. d. Masch . Bau. Mech. Technologle. Uebgen. im Lab. f. mech. . Maschinenel. einschl. Kinematik. Wallichs. Arbeitgmasch. Werkzeugmasch. Bergwerkömasch. Dozenten; Finzi: Elektr. Jentralanl. u. Ltgen. Hamacher: Hrakt. Telegraphie u. Telephone. N. N.: Heizung u. Lüftung. Abriß d. Masch Elem. =

riw. Dozenten: Barth: Kinematik d. Maschinengetriebe. ir Dampfkesselbau u. Kesselfeuerungen. .

Abt. f. Berg bau u. 5 f. Ch em ie u. El ekt zo⸗ chemie: Professoren: Borchers: Hüttenkunde d. Metalle außer Eisen u Gleftrometallurgie. Kleines metall. Praktikum umfassend Lötrohr— u. Hüttenmaͤnn. Probierkunst u. elektr. Schmel zverfahren. Großes metall. u. elektrometall. Praktikum. Bredt: Organ. Experiment. Chemie II. Organ. Praktikum. Classen: Allgem. u. an⸗ organische Experimentalchemie. Experimentalchemie ene. Kurs. Anorg. Praktikum. Prakt. f. qualit. u, quantit. Analyse. Spez. analyt. Methoden. Quant. Analvse durch Elektrolyse, Maß., Gas⸗ u. Spekfralanalyse. Darstllg. anorg. Präparate. Ausführg. selbständ. wiffensch. Arb. auf d. Gebiet d. analyt. u. anorg. Chemie. Elektronalyt. u. elektrochem. Praktikum. Darstllg. ron Chemi⸗ allen mittels Glektrolyse. Galvanoplastik usw. Ausführg. selbständ. wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiete d. Elektrochemie. Dannenberg: Allg. Geologie. El. d. Min. u. Geol. Haußmann: Uebgen. im Markscheiden u. Feldmessen. Abriß d. Markscheide⸗ u. Feldmeßkunde. Ausgleichungsrechnung Sphärische Trigonometrie. Trigonometrische Uebgen. Herbst: ufbereltungskunde. Brikettierung. Kokerei. Entwerfen von Auf⸗ bereitungs⸗ Brikettierungs⸗ u. Kokereignlagen. Bergmãännisches Seminar. Klockmann: Mineralogie. Mineralogisches Praktikum. Kristallographle, verbunden mit Uebgen, Anleitung zu selbständigen Arbeiten! auf dem Gebiete der Kristallographie, Mineralogie und Petrographle. Lagerstättenlehre. Mayer: Energiegewinnung und vertessung. Hüttenmaschinenkunde. Verarbeitung d. schmiedbaren Eisens. Rau: Chem. . . . Chem. Technologle III. Entwerfen v. chem. Apparaten u.

land iger m Praktik. Ruer: Phys. Chemie J. . en. i. phyfik. Chemie f. Hüttenleute, Chemiker u. f. Foꝛtge⸗ chrütene. -Schwemgnn: Bergbaukunde 1. Entw. bergmänn. n. Tief⸗

ohranl. Bergrecht u. Bergherwaltg. Bergmänn. Seminar. st: Gifen⸗, Stahl. u. Metallgießerei. Kleines eisenhüttenmänn. Praktikum. Großes eisenbhüttenmänn. Praktikum. Honorarprofessor Stege⸗ mann: Grubenbrände u. Schlagwettererplosionen. Dozenten: Cioeren:; Analyt. Chemie. Gaerens: Eisenhüttenkunde. Naterialkunde. von Kapff: Chem. Technologie d. Gespinstfasern

Färberei, Bleicherei usw.). Levin: Eisenprobierkunde. = Quase⸗ . Hüttenmänn. Konstruktionen. Wandhoff: Markscheiden u. Feldmessen J. Marksch. Zeichen- u. Rechenübgen. Wieler: Allg. Botanik. Rohstofflehre d. Pflanzenreichs J. u. II. Mikrosk. bot. Üebgen. II. Anleitg. zu selbst. botan. Arbeiten a. d. Geb. d. reinen u techn. Botanik. Pribatdozenten: Bornemann: Anwdg, d. Lehre w. eterogenen Gleichgewicht auf d. Metallhüttenkde Doerinckel: Her rn rpg fle Untersuchungsmetboden. Fischer: Elektro⸗

emle. Tepy: Terjene und Kampher. Semper: Ver— ö Uebgen. i. Versteinerungskde. Sommerfeldt: ikrochemische Analyse. .

3 H . Wissenschaften, insbes. f. Mathemat. u. Naturwissenschaften: Professoren: Blumenthal: Höh. Mathe⸗ malik JI. Ausgew. Kap. d. Mathematik (Hydrodynam. Theorien d.

lugproblems. Kähler: Nationalökonomie, Soz. Gesetzgebung. , m. Politik. Nationalökon. Uebgen. Kötter: Darst. Geometrie. Graph. Statik. Ausgew. Kap. aus d. graph. Stalik. Kutta: Hoh. Mathematik J. Passow: Wirtsch. Srgan. u. Geschäftsbetrieb ind. u. kommerz. Unternehmungen. Ein⸗ ührung i. d. Verständnis geschäftl. Bilanzen m, bes. Berücksichtigung 1 u. bergbaulicher Unternehmungen. Besprechung d. Handelsteils Privatwirtsch. Uebgen. Reißner: Flugtechn. Aerodynamik. Stark:

Uebgen. i. physik. Labor. Dozenten: v. An it a u g, tj n! m. bef. Berüͤcksichtigung. der wirtsch. Verhältnisse. Allgem. Hlitehr⸗ eo ng Bie deutschen Kolonien (m. Projektionsbilderm). 1 . Geogr. Uebungen u. Erkursionen. Gemünd: Allg Sygiene. Bau- u. Wohnungehygiene. Hygiene u. Bakteriologie d. Wasse ls. Hen ne: Feuerversicherungstechnik. Feuerversicherungs, techn. Besprechungen Kayser: Rechtsenzyklopädie nebst Grundzügen des Zivilrechts. Wechselrecht. Lehmann: Unterneblner, u. Arbeitgeberverbände. Schgtz: Buch⸗ ührungssystemi. Seitz: Mech. Wärmetheorie. Theoret. . Experimentalphysik ene. Kurs. St orp: Gewerbehyg. u. Unfallverhütun verbunden m. Fabrikbesichtigungen. Wilden: Grundz. z. Zivilprozeßrechts. Privatdozenten; Meyer: Die neueren Fortschritte i. d. experimentellen u theor. Physik. Physik. andfertigkeit praktikum. Polis: Allg. Meteorologie. Ausgew. en d. Meteorol. Meteorol. Technik verb m. Uebgen. im meteorol. Obserpatorium. Steuhing: Photographie l. u, II. Spektroskopie. Timpe: Ausgew. Probleme d. Festigkeit v. Stäben u, Platten Lekioren: Brussow: Rußfsisch J. Rußland, Land und Leute, Russ. rechübungen. Lo mhardo: Italienisch . Scharff: Fran— zösisch 1. Franz. Korrespondenz. rankreich, Land u. Leute. Franz. zrechübgen. Ward; Englisch J. England, Land u., Leute. Engl. prechükgen. Neuere engl. Litergturgesch., . N. N.; Spanisch J. Marwede!: ,,, , über erste Hilse bei Rnglücksfällen. Quadfli eg; Ueber die Gefahren im Bergbau u. . und deren Verhütung.

Dat Programm wird nach Einsdg. v. 60 3 i. Inland, v. 8 3 nach d. Ausland vom Sekretariat versandt.)

Aachen, den 1. August 1911. Der Rektor.

J. B. Hertwig.

roßer Tageszeitungen. echanik 1 u. II. , . J. G

ert: Länderkunde

Aichlamlsliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. Au gust.

Seine ö der Kgiser und. König nahmen vorgestern und gestern auf Schloß Wilhelmshöhe die Vorträge des Vertreters des Auswärtigen Amts, Gesandten Freiherrn von Jenisch und heute den Vortrag des Chefs des Militär— kabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker entgegen.

Der Vizeoberzeremonienmeister, diensttuende Kammerherr Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Bodo von dem Kneseb 9 ., Exzellenz, ist nach kurzer, schwerer Krankheit aus seiner vielseitigen Tätigkeit durch den Tod abberufen worden. Seine Majestät der Kaiser und König und Ihre Majestät die Kaiserin und Königin beklagen den Verlust dieses ausgezeich⸗ neten Mannes und treuen Dieners aufs tiefste und werden ihm Ihre Dankbarkeit über das Grab hinaus bewahren. Der Königliche Hof betrauert einen seiner Besten. Seine edle, fein⸗ ühlige Natur, seine reichen Gaben und umfassenden Kenntnisse ank seine großen Erfahrungen, welche er mit, rastlosem Fleiß und nie fehlendem Takt im Dienst der Kaiserin Augusta und der jetzt regierenden Kaiserin f allen Gebieten der RNächstenliebe weil über die vaterländischen Grenzen hinaus viele Jahre hindurch umsichtig zu betätigen . erwarben seinem Namen im In⸗ und Auslande die größte Verehrung und Dankbarkeit. Bie Umgebungen der beiden Majestäten be— trauern diese wahrhaft vornehme Persönlichleit aufrichtig und werden dem Verewigten ein treues Andenken bewahren für alle Zeiten.

Eine Verfügung des Finanzministers vom 22. v. M. bringt in Erinnerung, daß der Bundesrat laut Bekanntmachung vom 18. Mai d. J. (R G.-Bl. S. 250) die Bestimmung getroffen hat, daß die bei den Reichs- und Landes kassen noch eingehenden ,, der älteren Geprägeformen mit der Wertangabe „50 Pfennig“ , Zerschlagen oder Einschneiden für den Umlauf unbrauchbar zu machen und alsdann dem Einzahler zurückzugeben sind.

Der Vizepräsident der Oberrechnungskammer, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat von Frangois, ist heute mit Urlaub von hier abgereist.

Der Landrat von Brockhusen ist aus dem Kreise Grün— berg, Regierungsbezirk Liegnitz, in gleicher Amtzeigenschaft in den Kreis Kolberg-Körlin, Regierungsbezirk Köslin, versetzt worden. ö Dem Regierungsassessor Kothe in Berlin ist die kom⸗ missarische Verwaltung Hes Landratsamts im Kreise Kalbe a. S. Regierungsbezirk Ma däßurg, übertragen worden. —̃ Der Regierungsassessor von Heyden aus Mülheim (Rhein) ist der Königlichen Regierung in Marienwerder zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen, der Regierungsassessor Dr. Steffen aus Stettin dem Landrat des Kreises Soest, der neu ernannte Regierungsassessor von Bonin dem Land⸗ rat des Kreises Mülheim (Rhein) und der neu ernannte Regierungsassessor Zwicker dem Landrat des Kreises Ragnit zur Hilfeleistung in ben landrätlichen Geschäften zugeteilt worden. Die Regierungsreferendare von Dziembowski aus Breslau, Dr. jur. Windeck und Knaus aus Cöln haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrichten über den Saatenstand im Deutschen Reich am Anfang des Monats August 1911 veröffentlicht.

Großbritannien und Irland.

Im Unterhaus erklärte gestern der Premierminister Asquith in Erwiderung auf eine Anfrage Balfours, be⸗ treffend den Zeitpunkt, zu welchem an die Krone das Ersuchen gestellt worden sei, neue Peers zu ernennen, daß dieses Ersuchen gestellt und angenommen worden sei, nachdem die Lords ihre Amendements zu der Parlamentsbill eingebracht hätten. Es hätten vorläufige Verhandlungen vertraulichen Charakters zwischen dem König und den Ministern statt⸗ gefunden, und er werde im Laufe der Debatte über diese etwas mitteilen. Balfour beantragte hierauf ein Tadelsvotum und erklärte, W. T. B.“ zufolge;

Die Heinisser hattes hen Rechte als Berater der Krone gröblich mißbraucht und durch den Mißbrauch dieser Rechte sich über, die Konstitution gestellt. Ihr Vorgehen sei ohne Beispiel, und sie hätten riefen Weg eingeschlagen nicht unter dem Zwang eines großen überwältigenden Prucks, der Effentlichen Meinung, sondern um eine parlamentarische Abmachung zwischen den sie unter. stützenden Parteien durchzusetzen und, zu dem Zweck, das Volk karan zu hindern, seine Meinung über Homerule zu äußern. Im weiteren Verlauf seiner Rede berührte Balfour, die Meinungsverschiedenheiten in der unionistischen Partei und erklärte, er stimme mit der Ansicht einiger Unionisten, daß sie gegen die Par⸗ lamentsbill dadurch kämpften, daß sie vie Regierung zwängen, die Prärogative der Krone bis zur äußersten Grenze zu miß rauchen, nicht überein. Dieser Mißbrauch sei im wesentlichen bereitt vollendete Talfache, und die englischen Staatseinrichtungen seien gänzlich aus den Fugen. Trotz dieser Meinungsverschiedenheiten Unionisten dürften diejenigen, welche die . unter⸗ stützen, nicht glauben, daß sie aus, diesem r, f irgend einen großen Vorteil für sich einheimsen würden. Sobald diefe in zweiter Lnte stehenden Streitpunkte aus dem Wege geschafft felen, wurde sich nicht nur jeder Unionist im Königreich, sondern weite Schichten des Bürgertums, die an den politischen Streitfragen bisher feinen großen Antell genommen hätten, vergegenwärtigen, daß auf Anraten von Asguith die Prärogative der Ktone so en miß⸗ braucht 26 . eine Fortsetzung des zurzeit bestehenden Zu— tandes unmöglich sei. Ver , n, Asquith, der von langanhaltendem Bei

unter den

Krone gegeben und von ihr angenommen worden im Hinblick auf die gegenwärlige Lage. Nachdem Aequith auseinandergesetzt hatte, daß er auf des Köntgs dringenden Wunsch die Mitteilungen, die bieher ven dem König und den Ministern vertraulich behandelt worden seien, bekannt geben fönne, führte er aus, daß das Kabinett nach dem Scheitein der Konferenz sich über die Auflösung des Parlaments schlüssig geworden sei. Gleichzeitig aber habz es den König benachrichnizt,. daß es nicht die Verantwortnng übernehmen könnte, eine Auflssung anzuraten, wenn es nicht it daß, im Fall die Reglerungspolitik von einer angemessenen Mehrheit des Unter. hauses gebilligt würde, der König bereit sei, sejne Prärogative gus— zuüben, um die Sicherhelt zu gewähren, daß die Entscheidung üher kas Endergebnis dem Lande anheimgegeben werde. Die Minister hätten auch dem König mitgeteilt, daß sie sich völlig der Wichtigkeit bewußt seien, den Ramen des Königs aus dem Parteistreit zu lassen, und die Zuslimmung des Königs erbeten, im Staats— interesse Mitteilungen über die Absichten der Krone erst zu veröffentlichen, sofern und sobald sich die Notwendigkeit zu einem folchen Rat ergebe. Der König sei nach sorgfältiger Erwägung aller Umstände zu dem Schlusse gekommen, daß er keine andere Wahl habe, als dem Rat des Kabinetts zuzustimmen, und demgemäß habe er, Asquith, am 18. November 1910 die Auflösung des Unterhauses verkündet. Asquith stellte weiter in Abrede, daß die bestehende ver— trauliche Abmachung jwischen dem Souverän und Ten Mi— nistern eine Unwahrhaftigkeit in, die nachf lgende Diskussion der Bill hineingebracht hätte. „Die Bill“, erklärte der Premier— minister, ‚sist von ung immer behandelt worden und wird, jetzt be⸗ handelt werden als eine Bill, die im Prinzip von der Wähleischaft gutgeheißen ist, und die deshalb mit jeder vernünftigen Aenderung, die ihrem Prinzip nicht verhängnisvoll ist, zum Gesetz erhohen werden foll. Eist als meine Hoffnung, daß das Oberhaus die Bill, annehmen werde, vergeblich war, wurde der König gefragt und willigte ein, nötigenfalls seine Prärogative auszuüben,. Ich habe nichts zu entschuldigen oder zu verteidigen. Wir schlugen nur den Weg ein, der mit den Erwägungen der Ehre und der wahren Rücksichtnahme auf die Würde der Krone üherein- slimmt. Der von uns elngeschlagene Weg war korrekt, überlegt und verfassungsgemäß, und das Kabinett ist, was ihn anbetrifft, willens, sich der Entscheidung des Hauses und unserer Landsleute zu unterwerfen. Die Bill hat, als sie aus dem Oberhaus zurüdkam, nur mehr eine oberflächliche Aehnlichkeit mit der ursprünglich beab— sichtigten Maßnahme getragen, und unter der Voraussetzung, daß das Land die Bill guthieß, hat die Regierung keinen anderen Ausweg aus dieser Situation gehart, als den bon ihr gewählten.“ Es ist mir vergönnt gewesen, schloß der Minister seine Rede, „drei briti⸗ schen Souveränen zu dienen, und dabei in nahen Be⸗ ziehungen zu ihnen zu stehen, und mein Gewissen sagt mir, daß ich in dieser Eigenschaft unaufhörlich mich bemüht habe, die Würde und die berechtigten Privilegien der Krone zu wahren. Aber ich habe mein Amt nicht nur durch die Gunst der Krone, sondern durch das Vertrauen des Volkes, uünd ich würde mich des Verrats schuldig machen, wenn ich im entscheidenden Augenblick des großen Kampfes sein Vertrauen täuschen würde.“

Das Haus lehnte darauf das von Balfour beantragte Mißtrauensvotum gegen die Regierung mit 365 gegen

246 Stimmen ab.

Spanien.

In bezug auf die Meldung über die Aufstel lung spani⸗ scher Militärposten am linken Lukkosu fer erklärte der Ministerpräsident Canalejas „W. T. B.“ zufolge einem Berichterstatter, daß die unter dem Befehl des Obersten Syl⸗ vestre stehenden Truppen seit der Unterzeichnung des modus vivendi in Elksar und Umgebung keinen Schritt unternommen hätten, ohne daß sich die spanische und französische Regierung vorher ins Einvernehmen gesetzt hätten.

Portugal. In der Nationalversammlung wies gestern bei der Beralung über die Subventionen für die Geistlichkeit aus Anlaß des Trennungsgesetzes der Abg. Abreu auf mögliche internationale Konflikte hin, da 23 Reklamationen wegen Vergehens gegen das Eigentum vorgebracht worden seien, die die Unterstützung auswärtiger Gesandtschaften ge⸗ funden hätten. Die Minister des Aeußern und der Justiz be— tritten laut Bericht des „W. T. B.“ die Möglichkeit inter⸗ nationaler Konflikte, und die Versammsung billigte die Haltung der Regierung. Sodann nahm die Nationalversammlung die Vorlage, die die parlamentarische Indemnität für die Deputierten und Senatoren ausspricht, an.

Türkei.

Der Albanesenklub in Konstantinopel, in dem . sächlich Mohammedaner vertreten sind, hat dem Großwesir ein Memorandum übergeben, in dem die Ausdehnung der den Malsssoren gemachten Konzessionen auf die mohammedanischen Albanesen verlangt wird. Gestern nachmittag beriet der Ministerrat über dieses Memorandum und beschloß ferner, laut Meldung des „W. T. B.“, den Belag erungszustand über Skutari aufzuheben.

Amerika.

Senat hat e,, der Senator Dillingham einen Gesetzentwurf eingebracht, durch den die Finwanderungsgesetze erheblich verschärft und auch Analphabeten von der Einwanderung ausgeschlossen werden.

= Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Meldung des

„New York Herald“ aus Port⸗au⸗Prince hat die Exekutivgewglt bem General Firmin, der von Portorico eingetroffen ist, eröffnet, daß es ihm nicht gestattet sei, an Land zu gehen. Dies wird dahin ausgele t, daß der. General Leconte tatsächlich im Besitz der Präsidentschaft sei und daß, wenn er Maßnahmen zur Verhinderung des Eindringens seines Neben⸗ buhlers ergreife, dies vielleicht die Einstellung der Feindseligkeiten zur Folge haben werde.

Im amerikanischen

Asien. ; äEiner Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur zufolge hat in vergangener Nacht na hartem Kampfe eine turkmenische Abteilung unter Führung Serdarar⸗Schads den sechs Tagemärsche von Teheran entfernten Damgan erstü . ber von Regierungstruppen unter dem Befehl Masud u Mulks besetzt war. Angesichts der gleichen Kräfte beider Gegner und des , . der Negierungstruppen hin⸗

sichtlich der Bewaffnung bedeutet der Sieg einen großen Erfolg

der Truppen des früheren Schahs Mohammed Ali, durch den die Stimmung seiner Anhänger sehr gehoben ist.

Afrika. Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Meldung des

Oberften Sylvestre hat dieser gestern mit 100 Mann eine neue Stellung am Lukkosflusse eingenommen.

fall der Ministeriellen empfangen wurde, erklärte, der Rat sei der

Koloniales.

Vom Hafenbetrieb in Swakopmund (Deutsch⸗Südwestafrika).

Infolge des Umbaues der Eisenbahnstrecke Kari bib—Windhuk

in Kapspur und des Neubaues der Eisenbahn Windhuk—Keet— manshooyp müssen, über Swakopmund Betriebsmittel, befördert werden, die das bisher für die Verschiffung über die dortige Landungsbrücke zugelassene Höchstgewicht von 44 Tonnen erheblich überschreiten. Um diese Güter sicher löschen zu können, ist die Aufstellung eines Krans größerer Tragkraft auf der Landungsbrücke in Swakopmund nötig geworden. Gewählt wurde ein Kran von 20 Tonnen Tragkraft, da bei der Ausnutzung der in der Nähe von Swakopmund und Karibib liegenden Marmagrlager Blöcke bis zu diesem Gewichte verschifft werden sollen. Der Kran wurde durch Vermittlung des Bau und Betriebs konsortiums Bachstein Koppel in Berlin von der ,. Schenk u. Aeber⸗Harkort, G. m. b. H., in Düsseldorf⸗Ober— assel geliefert und in Swakopmund betriebsfertig aufgestellt. Für die Benutzung des Krans ist ein Zusch!lag zu den Hafenabgaben nach dem Vertrage, betreffend das Landungöwesen in Swakopmund, vom 10.20. Mai 1911 zu zahlen.

Nr. 28 des ‚Eisenbahnverordnungsblatts“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 31. Juli, hat folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 10. Juli 1911, betr. Abänderung der Bestimmungen über die Befähigung von

Etsenbahnbetriebs. und Polizeibeamten. Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: 24. vom 29. Juni 1911, V. K. 15. 513/10, betr. Kosten in Enteignungssachen der ö

25. vom 13. Juli 1911, 1V A 5. 114, betr. Verlängerung der Frist für den Erwerb, den Ausbau und die Inbetriebnahme der Roll- und Seil⸗ bahn von Heckholzhausen nach Obertiefenbach; 26. vom 14. Juli . 1IV B 2. 434, betr. Aenderung der Prüfungsordnung. Nach⸗ richten.

Etatistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Sowohl die freigewerkschaftlich als auch die christlich organisierten Spengler und Installateure von Frankfurt a. M., ins⸗ gesamt über 00 Mann, haben, wie die „Köln. Itg.“ erfährt, den Ausstand beschlossen. Es arbeiten von diesen nur noch die, welche eine Kündigungsfrist einzuhalten haben. Die Spengler und In⸗ stallatenre von Offenbach, etwa 150 Mann, werden am Montag die Arbeit niederlegen. Die Ursache ist in beiden Fällen das Ver—⸗ langen der Arbeiter, einen korporativen Arbeitsvertrag für das Ge⸗ werbe zu erbalten.

Die Metallarbeiterbewegung im Bezirk Düsseldorf (vgl. Nr. 180 d. Bl.) geht dem Anschein nach einer friedlichen Lösung entgegen. In einer großen Anzahl von Betrieben haben, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die Verhandlungen zu einer Verständigung geführt. Die Forderungen der Arbeiter wurden dabei zum größten Teil be⸗ willigt. In etwa einem Drittel von den in Frage kommenden 60 Betrieben ist eine Einigung zustande gekommen, bei den anderen Betrieben schweben noch Verhandlungen. In Elberfeld Barmen ist nur in einigen kleineren Betrieben eine Elnigung erzielt. Der Streit nimmt dort an Ausdehnung zu, sodaß jetzt etwa 2000 Arbeiter sich im Ausstand befinden.

Die christlich organisierten Zigarrenarbeiter des Nieder⸗ rheins sind, wie der „Voss. Zig. aus Duisburg telegraphiert wird, teilweise ausgesperrt worden. Kommt bis nächsten Sonn⸗ abend keine Einigung zustande, so werden alle christlich organisierten Zigarrenarbeiter am Niederrhein ausgesperrt werden.

Der seit dem 1. Mai dauernde Hafenarbeiterstreik in Sonderburg ist, wie . W. T. B.“ meldet, beendet. Die Arbeit wird morgen wieder aufgenommen. Die Arbeiter haben von ihren Forderungen nichts durchgesetzt. .

In Hamburg haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Arbeiter der Palminwerke, die vor acht Tagen in den Ausstand eingetreten waren, die Arbeit wieder aufgenommen.

Aus Leipzig meldet die ‚Lpzg. Ztg.“: Die Gesamtzahl der am Streik beteiligten und von der Aussperrung betroffenen Metall arbeiter (vgl. Nr. 183 d. Bl.) beträgt gegenwärtig ungefähr 12 000, nachdem die sämtlichen Mitglieder des Verbandes der Metallindustriellen im Bezirk Leipzig beschlußgemäß vorgestern 60 0,0 ihrer Arbeiter ausgesperrt haben. Dazu werden später, falls die streikenden Arbeiter bezw. der sozialdemokragtische Metallarbeiter⸗ verband auf den unerfüllbaren Forderungen beharren, noch die von den Bezirken Chemnitz und Dresden sowie vom Thüringer Bezirksverein auszusperrenden Arbeiter kommen.

Der Ausstand der Eisenbahnangestellten breitet sich, wie W. T. B.“ meldet, in Liverpool (vgl. Nr. 184 d. Bl.) mit be⸗ unruhigender Schnelligkeit aus. Es haben sich bei der London and Northwestern Railway, wie von Angestellten dieser Bahn erklärt wird, bereits 2000 bis 3000 Mann dem Streik angeschlossen. Es wurde gen ern vormittag ein Umzug von einer Station zur anderen veranstaltet. Die Angestellten aller Stationen mit Ausnahme einer legten die Arbeit nieder. Die Angestellten verlangen eine Aibeitszeit Xn Sliunden wöchentlich und eine Lohnerhöhung von zwei

ing.

Am Sonntag war New Jork nach einer telegraphischen Mel⸗ dung der Post“ der Schauplatz eines unvermutet ausbrechenden Straßenbahnerausstands. Ohne die geringste vorherige Warnung stellten die Führer und Schaffner der Wagen, dle den Verkehr zwischen Brooklyn und Coney Island vermitteln, fi ngen auf höhere Lohne und kürzere Arbeitszeit. Die Er— üllung ihrer Forderung wurde abgelehnt und die Leute legten sofort die Arbeit nieder.

Wohlfahrtspflege. Vom internationalen Jugendgerichtstag in Paris.

Auf die zwei deutschen Jugendgerichtstage (in Berlin 1909 und in München 1910) ist im Juli 1911 in Parts ein erster inter nationaler Jugenrgerichtstag gefolgt. Manche Fachleute haben einen solchen Kongreß angesichts der Neuheit der Bewegung für ver— früht gehalten; es kann jedoch vielleicht zur Förderung der guten Sache etwas beitragen, grundlegende Richtlinien für die Jugend ir e gestz gerung und proxis rechtzeitig einer internationalen

rüfung zu unterbreiten. Die in Frankreich, Oesterreich Ungarn, Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern in Vorbereitung be— ihn bezw. schon ausgearbeiteten einschlägigen Gesetzentwürfe Iallten durch den Pariser Kongreß nach Tunlichkeit in fortschrittlichem Sinne beeinflußt werden. Bie Pariser Tagung bot jedenfalls eine Fülle von Anregungen.

Die Tagesordnung umfaßte in drei Abteilungen beinahe alle wichtigen Punkte der ugendgerichtsfrage, entsprechend dem Zwecke des Kongresses, der dazu beitragen wollte, im Interesse der Jugend wie in dem der Menschheit die besten Grund sätze für eine im Kampfe gegen das jugendliche Ver— brechertum wirksame Sozialreform herauszuschälen'. Eine betraͤcht⸗ liche Anzahl von Fachleuten Europas und Amerikas war erschlenen.

s. war z. B. Deutschland vertreten durch Rupprecht, Dürbig, Köhne, Grieser, Kühlewein und Elfa von Lisjt, die Schweiz dur Silbernagel, die Vereinigten Staaten von Amerika durch Henderson,

1) Spezialisierung einer Gerichtsbarkeit für Minderjährige; Zu⸗ sammensetzung der a e richte, Zahl der Richter. Oeffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit der Verhandlungen. Rolle der Anwälte. Zu—⸗ ständigkeitskreis des Gerichts. Alter der Kinder und Jugendlichen. Fälle, in denen neben Minderjährigen Erwachsene in Frage kommen. Die Urteilsfällung. .

2 Die Rolle der privaten Fürsorge im Jugendgerichtswesen. Das Recht, die angeschuldigten Jugendlichen vor der Verhandlung im

Gefängnis zu besuchen. Das Recht, bei der Verhandlung das Wort zu ergreifen. Notwendigkeit oder Ueberflüssigkeit einer staatlichen Ge⸗ nehmigung der Uebergabe der Kinder seitens des Gerichts an die private Fürsorge. Soll die private Fürsoerge in der Verfügung über die ihr anvertrauten Kinder unbehindert sein oder vom Gericht oder von der Poltzei überwacht werden? Soll sie ihre Barauslagen für den Unterhalt der Schützlinge aus eigenen Mitteln bestreiten, oder hat sie Anspruch auf. Eisatz durch die Familie oder den Staat? Darf sie Rückfaällige wieder dem Gericht übergeben?

3) Die Rolle des Jugendgerichts nach der Urteilsfällung: Frei⸗ lassung bei Ueberwachung. Kerle Schutzaufsichtsbeamte bezahlt werden? Ihre Rolle gegenüber dem Kinde und dessen Familie. Sollen sie dem öffentlichen oder dem privaten Fürsorgedienst ent⸗ nommen werden? Dauer der Schutzaussicht.

Die Verhandlungen nahmen einen würdigen Verlauf. Besonders zutreffend erschlenen zwei Ausführungen eines Pariser Jugendrichters und einer Pariser Advokatin, die hervorhoben: I) Alles Theoretisteren habe wenig Wert, wenn man nicht als Richter oder Advokat mit den angeklagten Jugendlichen näher verkehrt. Man müsse mit ihnen ein— gehend sprechen, wenn man ermitteln will, welche Besserungsmaßregeln jeweilig am Platze seien, man müsse erforschen, welche Gedanken ihr Dirn vor und nach der Verhandlung bewegen. 2) Der Ausschluß der Oeffentlichkeit der Verhandlungen sei nicht nur wegen der Kinder, sondern auch wegen der Eltern unerläßlich, damit man diesen Dinge sagen könne die man vor einer fremden Zuhörerschaft nicht vorbringen dürfe. Die Nichtöffentlichkeit verhüte aber auch eine allzu große Beschämung der jugendlichen Missetäter, sowie deren nicht seltene Genugtuung darüber, daß sie nachher in die Zeitung kommen“,; In diesem . sei erwähnt, daß im Kongreß eine Petition an das Parlament verteilt wurde, die sich gegen die verwerfliche Tendenz eines großen Teiles der Presse wendet, über die Verbrechen leider auch der jugendlicher i, lang und breit zu berichten, was oft geradezu einer Ver⸗

. gleichkommt und mittelbar geeignet ist, zu Verbrechen an—⸗ zuspornen.

Die Verhandlungen des Kongresses atmeten, bis auf ganz ver— einzelte Ausnahmen, einen Geist entschiedenen Fortschritts. Dieser Geist spiegelt sich in den folgenden, durchweg einstimmig oder mit großer hie bei gefaßten Beschlüssen wieder:

Gruppe. Unterhalb elnes bestimmten, von jedem Lande gesetzlich festzulegenden Alters sollte ein Kind nicht ordentlich gerichtlich verfolgt werden. Vielmehr solle es einem eigenen. Jugendgericht unterstehen, das aus einem einzigen Richter besteht. Dieser ist vorzugs⸗ weise dem ordentlichen Richterstande zu entnehmen und hat die aus⸗ schließliche Aufgabe, sich mit den Angelegenheiten der jugendlichen Angeschuldigten zu beschäftigen. Er ö. besondere Fähigkeiten und Fachkenntnisse haben. Seine Maßregeln können nicht strafender Natur sein; sie haben sich auf Schutz, Hilfe und Vorbeugung zu beschränken.

Minderjährige von 16 bis 18 Jahren sollen ebenfalls einer Sondergerichtsbarkeit unterstehen, deren Untersuchungsrichter zu ein⸗ gehender Erforschung der persönlichen Verhältnisse verpflichtet ist. Er muß den Angeklagten ärztlich untersuchen lassen. Er kann ihn vor⸗ läufig seiner Familie zurückgeben, falls diese eine ernste Gewähr für sein sittliches Gedeihen bietet; andernfalls darf er ihn der Fürsorge einer geeigneten Person oder Vereinigung anvertrauen; nötigenfalls muß er ihn einer Anstalt überweisen, in der er von älteren Jugend lichen und von Erwachsenen streng getrennt bleiben muß. Während der Untersuchung unterstehen die provisorisch in Freiheit gesetzten Jugendlichen der Ueberwachung durch den Richter. Sofort bei Beginn der Untersuchung werden ihnen Verteidiger beigegeben; diese können Rechtsanwälte oder auch Angehörige eines vom Sondergericht zugelassenen Fürsorgevereins sein. Bei den Verhandlungen dürfen die vom Gesetz zu bestimmenden beteiligten Perwonen anwesend sein. Die Veröffentlichung der Verhandlungen wie der Untersuchungs—⸗ ergebnisse in Wort und Bild ist untersagt. Dagegen soll volle Oeffentlichkeit in denjenigen Fällen herrschen, in welche neben Minderjährigen auch Erwachsene verwickelt sind.

Das Gericht ist berechtigt, den jugendlichen Uebeltäter seiner Familie zurückzugeben oder auf bestimmte Zeit unter Schutzaufsicht zu stellen oder einer geeigneten Besserungsanstalt zu überweisen oder einer Jugendfürsorgevereinigung anzuvertrauen. Sollten die Umstände es als angemessen erscheinen lassen, so kann das Gericht seine ursprüng⸗ lichen Verfügungen jederzeit beliebig abändern. Auch kann es Freiheits⸗ oder Geldstrafen verhängen über Eltern, die durch Vernachlässigung oder andere Verfehlungen das schlechte Betragen ihrer Kinder ver⸗

schuldet haben. Solche Eltern können auch zum Ersatz der Anstalts— unterhaltskosten ihrer Kinder angehalten werden.

2. Gruppe. Die Justiz⸗ und die Verwaltungsbehörden sollen Hand in Hand gehen behufs Erleichterung der Mitwirkung der gemein nützigen oder erziehlichen Vereine bei der Tätigkeit der Jugendgerichte. Demgemäß sollten die Vertreter jener Einrichtungen, die kerns en sein könnten, jugendliche Gesetzetverletzer endgültig aufzunehmen, in die Lage gesetzt werden, sie an den provisorischen Unterbringungsorten ö oder Zufluchtsstätten vor der Verhandlung zu be⸗ suchen. Die beglaubigten Vertreter dieser Einrichtungen dürfen den Verhandlungen beiwohnen und nötigenfalls im Interesse des Kindes sprechen. Die gerichtlich mit dem Rechte der Erziehung eines Kindes betraute Einrichtung hat bei Erfüllung ihrer Aufgabe freie Hand, untersteht jedoch der gerichtlichen und der staatlichen 1 sie kann sich ihre Auslagen tells vom Staat, teils von den gesetzlichen Ver⸗ tretern des Kindes ersetzen lassen; sie kann beim Jugendrichter ange⸗ messene Abänderungen seiner ursprünglichen Entscheidung bean tragen.

3. Gruppe. Eine ganz vorzügliche Maßregel ist, wenn der Charakter und das Vorleben des Kindes es gestatten, dessen Frei⸗ lassung bei Zurückgabe an die Familie und Stellung unter Schutzaufsicht; doch darf diese Maßregel nur dann angewendet werden, wenn die Familie die voraussichtliche Gewähr bietet, daß das Kind nicht rückfällig werde. Die Aufsicht wird ausgeübt unter Ueberwachung des Jugend⸗ gerichts von sorgfältig ausgewählten Männern oder Frauen, die das Gericht im Hinblick auf ihre Befähigung bestimmt, die Besserun des jungen Uebeltäters herbeszuführen. Die Aufsichtsperson In. den jungen Uebeltäter in der Familie, in der Schule oder in seiner Tehrstelle überwachen und sein Vertrauen zu gewinnen suchen. Sie kann den Reihen der öffentlichen oder der privaten Fürsorger ent⸗ nommen werden und Bezahlung erhalten. Die Ueberwachung dauert rundsätzlich bis zur Volljährigkeit; doch kann auf einen Bericht des Fürsorgers hin der Jugendrichter die Schutzaussicht früher einstellen, aber auch durch eine strengere Maßregel ersetzen. Die Ueberwachungs⸗ fürsorger sollten für ihre Tätigkeit durch entsprechende fachliche Aus—= bildung vorbereitet werden.

Ungemein erfreulich, weil für das Verständnis der guten Sache sehr förderlich, ist der Umstand, daß an die Teilnehmer des Kongresses auf dem, nebenbei bemerkt, die deutschen Vertreter gebührend zu Worte kamen etwa dreißig neue Bücher und Broschüren, eigens für den Kongreß geschrieben, in französischer Sprache zur Verteilung kamen. (Sozialkorrespondenz.)

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maszregeln.

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt ist das Erlösschen der Maul- und Klauenseuche vom Schlachtviehhofe zu Magde burg am 6. August 1911 gemeldet worden.

Ungarn durch Vümböry. Der Kongreß beschaͤftigte sich mit folgenden Themen:

Paris, 7. August. (W. T. B.) Das Institut Pasteur hat eine Quantität Choleraserum nach Marfeille gesandt, wo mehrere Fälle von Cholera gemeldet worden sind. Ber Erfinder des Serums, Dr. Salembink, wird persönlich die Anwendung des Serums überwachen.

Triest, 7. August. (W. T. B.) Heute sind hier drei neue Cholera fälle festgestellt worden.

Saloniki, 7. August. (W. T. B.) In Ipek sind 47 neue Cholerafälle vorgekommen, von denen 30 tödlich verliefen. In Djakova sind acht Erkrankungen gemeldet, von denen zwei tödlich waren; aus Monastir werden jwel Cholerafälle gemeldet.

Konstantinopel, 7. August. (W. T. B.) Heute sind 30 Er⸗ krankungen an Cholera vorgekommen, von denen 14 tödlich ver⸗

. sind. . Wach 8 gag, 7. August. (W. T. B.) In der Woche vom 26. Juli bis 1. August sind auf Java 38 Pestfälle aufgetreten, von denen 32 tödlich verltefen.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Getreideausfuhr aus Rußland in der Kampagne 1910611.

Die russische Getreideausfuhr wies in der letzten, soeben be—⸗ endeten Ausfuhrkampagne (vom 1. Juli 1910 bis J. Juli 1911) in bezug auf die Menge eine Rekordziffer auf. In den letzten vier Jahren wurden aus Rußland exportiert:

Vom 1. Juli biz:

27. Juni 26. Juni 1908/09 1909/10 Tausend Pud 152 969 366 046 16299 36 682 195 973 222 875 50 417 72041 37 499 29 125

465 157 26 769

Vom 1. Januar bis: 4. Juli 3. Juli 1909 1910 Tausend Pud 94117 155 463 10 829 14483 87 992 93 450 31031 30 107 ais. 22 155 25786 14949 46025

Insgesamt 122 472 249 755 308 452 402 399.

Aus der vorstehenden Tabelle ergibt sich, daß die gesamte Aus fuhr der fünf Getreidearten im Jahre 1916/11 um fast 19 0 0 größer war als die entsprechende der vorhergehenden Kampagne. Die ge—⸗ ringste Steigerung des Exports zeigte sich bei Weizen (etwa 4 60) und hei Gerste (etwa 13 0), während die Haferausfuhr um 36 Gp, die Roggenausfuhr um 77 5 und die Maisausfuhr um 98 0 zuge⸗ nommen hat. (Nach der Torg. Prom. Gazeta.)

28. Juni 1907108

106 059 43 171 138 780 25 h45h 44476

3b8 691

2. Juli 191011

380 649 65 Ohh 262 030 98 042 57813

Sb3 oð8v.

Weizen. Roggen. Gerste Hafer. Mais.

i Insgesamt .

5. Juli 1908

27548 17530 47 260

7979

2. Juli 1911

161 200 39 393 110 824 44 957

Weizen

Roggen.

Gerste afer.

St. Peters burg. 7. August. (W. T. B.) Die „Petersburger Telegraphen⸗-Agentur“ ist ermächtigt, bekanntzugeben, daß die Mel⸗ dung einiger Blätter, das Handelsministerium habe die Getreide⸗ aus fuhr verboten, den Tatsachen nicht entspreche; ein der⸗ artiges Verbot sei weder erfolgt noch geplant. In einem von dem Börsenkomitee versandten Rundschreiben sei lediglich Vorsicht empfohlen worden bei Realisgtion der vorhandenen reichen Getreide⸗ vorräte, damit sie nicht zu Preisen ausgeführt würden, die der Kon⸗ junktur des Getreidemarktes nicht entsprächen.

Verkehrswesen.

Der Reichspostdampfer „Scharnhorst“ des Norddeutschen Lloyd wird auf der Augreise 341 nach Australien Neapel noch an⸗ laufen. Die für die Post der Reichspostdampfer auf der Ausreise nach Ostasien und Australien getroffenen Maßnahmen werden daher erstmalig mit der Reise 483 nach Ostasien (ab Genua 24. August) in Wirksamkeit treten.

Verdingungen.

(Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim, Reichs⸗ und Staats- anzeiger ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9 bis 3 Uhr eingesehen werden.)

Oesterreich⸗Ungarn.

SLängstens 17. August 1911, 12 Uhr. K. K. Staatsbahndirektion in Linz: Lieferung und Aufstellung der Eisenkonstruktion für den Uebergangssteg in der Station Zartlesdorf. Näheres bei der K. K. Staatsbahndirektion (Abteilung II, Gruppe für Brückenbau) in Linz, bei der K. K. Nordbahndirektion in Wien (Abteilung 1X) und beim Reichsanzeiger“.

Spanien.

5. September 1911, 12 Uhr. Generaldirektion für öffentliche Arbeiten im Fomentoministerium in Madrid: Verdingung der Arbeiten des ersten Teils des Hafens in Adra (Provinz Almeria). Voranschlag: 1 936 918,12 Pesetas. Vorläufige Sicher⸗ heitsleistung: 19 369,8 Pesetas. Angebote können bis zum 31. August d. J. während der Amtsstunden beim e ministerium in Madrid und allen Zivilgouvernements der Halbinsel eingereicht werden. Näheres bei genanntem Ministerium und im Zivilgoubernement in Almeria sowie in spanischer Sprache beim „Reichsanzeiger' und in der Redaktion der Nachrichten für Handel und Industrie“.

Belgien.

16. August 1911, 1 Uhr. Börse in Brüssel: Bedarf der Staatsbahnen. Lieferung von Messing, Kupfer, Zink in 6 Losen. Cahier des charges spécial Nr. 664.

5. September 1911, 12 Uhr (anstatt 8. August). Stadthaus in Osten de: Lieferung des Gases für den Bedarf der Gemeinde.

Demnächst. Service de l'lectricité in Ixelles b. Brüssel, Chaussse d'Ixrelles 170: Aufstellung der Pumpen zur gel psi sung eines Apparats zum Komprimieren von Luft, eines Ventilators und einer Anzahl von Umschaltern in der entstehenden neuen Elektrizitäts⸗ zentrale. Die „cahiers des charges“ sind im „Bureau des ad- judications“ in Brüssel, Rue des ga guslin 165, zu haben.

Türkei.

Marineministerium in Konstantinopel: Vergebung der Kon⸗ struktion von 2 gepanzerten Booten für den Skutarisee. Angebote unter Sicherheitsleistung von 1049 an die Abteilung für Lieferungen des 4. Kreises an dem genannten Ministerium. Vorläufiger Zuschlags⸗ termin am 15. August, en g am 21. August 1911. General- direktlon der Militärfabriken in Tophane (Konstantinopel) . Ver⸗ gebung der Lieferung von 100 009 m baumwollener und 300 0909 m geteerter Zündschnur für Minen. Angebote baldmöglichst an die Kom⸗ mission der genannten Fabriken.

Serbien. Direktion der Königlich serblschen Staatsbahnen in Belgrad: 22. August / 4. September 1911. Schriftliche Verdingung behufs Lieferung von acht Stück Schnellzugslokomotiven nebst besonderen

Tendern. Zeichnungen und Bedingungshefte zum Preise von 16 Fr. bei obiger Direktion. Kaution 65 009 Fr.

in Belgrad: 16.29. August 1911. Schriftliche Verdingung behufg

General ⸗Post· und ö ton des Königreichs Serblen Lieferung von verschiedenen Sorten Kabel für den Telegraphen⸗ und