Satzungen zu erlassen, die von den Verbänden zu beschligßen sind und n des Ministers des Innern und des . für
Landwirtschaft bedürfen.
In . kann bestimmt werden, daß zur Bestreitung der nach dem n menen e und nach dem gegenwärtigen Gesetze von den Verbänden zu gewährenden Entschädigungen auch die Ueber— schüsse und Rücklagen verwendet werden dürfen, die auf Grund der Gesetze vom 12. März 1881 (Gesetzlamml. S. 128), 29. Juni 1899 (Gesetzsamml. S. 221), 22. J 1892 6 mn, S. 90) und 18. Juni 1894 (Gesetzsamml. S. 116) zu. Entschädigungen aus An- laß des Rotzes, der Lungenseuche, des Milzbrandes und des Rausch⸗ brandes angesammelt worden sind. Jedoch dürfen die durch Beiträge der Besitzer bon Einhufern angesammelten Ueberschüsse und Rücklagen nur zur ö von Entschädigungen für Einhufer und die durch Beiträge der Rindviehbesitzer angesammelten Ueberschüsse und Rück lagen nur zur Bestreitung von Entschädigungen für Rindvieh verwendet
werden. Die Reglements, die in den einzelnen Landesteilen auf Grund
der im Abf. 2 bezeichneten Gesetze über die Entschädigung aus Anlaß von Viehseuchen erlassen sind, behalten bis zum Inkrafttreten neuer Satzungen nach Abs. 1 mit der Maßgabe Geltung, daß ihre Be— stimmungen den aus dem Viehseuchengesetz und dem gegenwärtigen Gesetze hervorgehenden Aenderungen anzupassen sind und auf die nach eben diesen Gesetzen von den Verbänden neu aufjubringenden Ent⸗ schädigungen sinngemäße Anwendung finden.
; §13.
Zur Feststellung des fär die Entschädigung in Betracht kom— menden Krankheitszustandes hat sofort nach der Tötung oder sobald als möglich nach dem sonstigen Eintritte des Entschädigungsfalls eine Untersuchung des Tieres durch den beamteten Tierarzt stattzufinden. Die Art der Untersuchung ist im Wege der Ausführungsbestimmungen zu regeln. Hierbei kann namentlich vorgeschrieben werden, daß die Feststellung des Krankheitszustandes von der Vornahme einer be⸗ sonderen Untersuchung oder von einer Nachprüfung an Liner anderen Untersuchungsstelle abhängig zu machen ist. . ;
Der beamtete Tierarzt hat sich gutachtlich darüber zu äußern, ob nach dem Gesamtbefund eine nach S 66 des Piehseuchengesetzes oder nach 55 des gegenwärtigen Gesetzes einen Entschädigungsanspruch begründende Krankheit vorliegt sowle ob das Tier an einer sonstigen Krankheit gelitten hat, die nach § 71 Nr; 1 des Viehseuchengesetzes im Zusammenhange mit 58 des gegenwärtigen Gesetzes den Ent— schädigungsanspruch ausschließt.
§ 14.
Die Vorschriften des 5 15 des Viehseuchengesetzes finden auf die Feststellung nach 5 13 des gegenwärtigen Gesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem be⸗ amteten Tierarzt und dem von dem Besitzer zugezogenen Sach— verständigen sowie in dem weiteren im 5 15 Abs. 2 des Viehseuchen gesetzes vorgesehenen Falle der Regierungspräsident (Polizeipräsident) das Qbergutachten des Departementstierarztes einzuholen hat. Die Einholung des Obergutachtens hat auch auf Antrag des beteiligten Verbandes stattzufinden. ö
Gegen das Gutachten des Departementstierarztes ist dem Be—⸗ sitzer und dem beteiligten Verbande die Anrufung des Landesveterinär⸗ amt gestattet. In Zweifelsfällen kann auch der Regierungspräsident (Poltzeipräsident) die Einholung eines Gutachtens des Landesveterinär⸗ amts anordnen. git
Durch die nach den Vorschriften der 8§ 13, 14 abgegebenen Gut— achten oder Obergutachten wird der Krankheitszustand für die Frage der Entschädigung endgültig festgestellt.
5 16.
Der nach § 68 des Viehseuchengesetzes und 55 Abs.2 des gegen—⸗ wärtigen Gesetzes der Entschädigung zugrunde zu legende Wert des Tieres sowie der Wert derjenigen Teile eines getöteten Tieres, die dem Besitzer nach Maßgabe der polizeilichen Anordnungen zur Ver⸗ fügung bleiben (5 68 Abs. ? Nr. 2 des Viehseuchengesetzes), ist durch Schätzung zu ermitteln.
Dle Schätzung hat bei den auf polizeiliche Anordnung getöteten Tieren, soweit ,, vor der Tötung, im übrigen sobald als möglich nach dem Tode der Tiere zu erfolgen.
Ist im Falle der Entschädigung wegen Tuberkulose oder bei den dem Besitzer zur Verfügung bleibenden Teilen die Schätzung unter Vorausseßzungen erfolgt, die sich durch endgültige Feststellung des Krankhettszustandes ändern, so ist die Schätzung, soweit erforderlich, zu wiederholen. 9m
Die Schätzung erfolgt durch den beamteten Tierarzt und zwei Schiedsmänner. Im Wege der Ausführungsbestimmungen kann jedoch vorgeschrieben werden, daß die Schätzung durch den beamteten Tierarzt allein zu erfolgen hat, sofern der beteiligte Viehbesitzer zustimmt. J
Für jeden Kreis (Oberamtsbezirk) sind alle drei Jahre von dem Kreis- (Stadt-) Ausschusse Personen zu bezeichnen, die für die Dauer jener Frist zum Amte eines Schiedsmanns zugezogen werden können.
Aus der Zahl dieser Personen hat die Ortspolizeibehörde die Schiedsmänner für den einzelnen Schätzungsfall zu ernennen. Der Kreisausschuß kann im Kreise (Oberamtsbezirke) verschiedene Schieds⸗ mannsbezirke bilden und die Schiedsmänner auf diese verteilen.
Die Schiedsmänner sind von der Ortspoltzeibehörde eidlich zu verpflichten. Dasselbe gilt, wenn an Stelle des beamteten Tierarztes ein anderer approbierter Tierarzt zugezogen wird (5 2 Abs. 2 des Viehseuchengesetz's), für diesen, sofern er nicht allgemein als Sach⸗ verständlger vereidigt ist.
Personen, bei denen für den einzelnen Fall eine Befangenheit zu besorgen ist, dürfen zu Schiedsmännern nicht ernannt werden.
Ausgeschlossen von der Teilnahme an der Schätzung ist:
1) wer selbst Partei oder n n . Vertreter einer Partei ist oder als Mitberechtigter oder Ersatzpflichtiger der Partei gegenüber in Frage kommt;
2) der Ehegatte in Sachen seiner Ehefrau, auch wenn die Ehe nicht mehr bel n .
3) wer mit dem Entschädigungsberechtigten in gerader Linie ver— wandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindesstatt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, auf der die Schwägerschaft beruht, nicht mehr besteht;
ft ) ger im Wittschaftsbetriebe des Entschädigungsberechtigten an— gestellt ist.
Personen, die sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, sind unfähig, an der Schätzung teilzunehmen.
Hat eine ie fr er. oder unfähige Person an der Schätzung teilgenommen, so ist die Schätzung nichtig und zu wiederholen.
5 19.
Erfolgt die Schätzung durch den beamteten Tierarzt und zwei Schiedsmänner, so ist bei Meinungsverschiedenheiten in der Regel die Durchschnittssumme der verschiedenen Schätzungen als Schätzungswert anzunehmen. Ist jedoch der von zwei Schätzern übereinstimmend ge— schätzte Wert oder bei drei verschiedenen Schätzungen der in der Mitte stehende geschätzte Wert geringer als die Durchschnittssumme, so gilt der geringere Wert als Schätzungswert.
S 20.
Ueber das Ergebnis der Schätzung ist eine von den Beteiligten zu unterzeichnende Urkunde aufzunehmen und der Ortspolizeibehörde zu übersenden, . - ;
Das Ergebnis der Schätzung ist für den Entschädigungsberechtigten und für den Entschädigungsverpflichteten verbindlich.
§ 1. Im übrtgen ist das Verfahren bei der in in den nach e
§ 12 Abs. 1 von den Verbänden zu fassenden Beschlüssen und, soweit
22.
Steht fest, daß nach den * 70 bis 72 des Viehseuchengesetzes in Verbindung mit 5 5 Abs. 2, 8 8 des gegenwärtigen Gesetzes keine Entschädigung gewährt wird, * ist von der Feststellung des Krant⸗ heitszustandes und von der Schätzung abzusehen.
S5 23. . .
Die Verbände können beschließen, daß auch in anderen Fällen als in denen des 8 66 des Viehseuchengesetzes und des 8 5 Abs. 1 des gegenwärtigen Gesetzes Entschädigung für Verluste gewährt wird, dle aus Anlaß von übertragbaren Seuchen der Einhufer und des Klauen— viehs erwachsen. — . Die näheren Vorschriften über die Bemessung, Ermittlung und Aufbringung der Entschädigung sind durch Satzungen zu erlassen, die von den Verbänden zu heschließen sind und ebenso wie die HBeschlüsse nach Abs. 1 der Genehmigung der zuständigen Minister bedürfen. Hierbei sind folgende, Vorschriften zu beachten: ö 9 Die Entschädigung darf vier Fünftel des Schadens nicht übersteigen. 2) In den Fällen des 8 70, 5 71 Nr. 2, 5 72 des Viehseuchen⸗ gesetzes wird keine Entschädigung gewährt.
3) Zur Bestreitung der . en und der Verwaltungs⸗ kosten, einschlleßlich der Kosten der Festste ung, des Schadenfalls und der Schätzung, sowie zur Ansammlung von Rücklagen können inner⸗ halb der Verbände Beiträge von den Besitzern der in Betracht kommenden Tiergattungen unter Berücksichtigung des 5 73 deg Vieh⸗ seuchengesetzeg erhoben werden. Wenn für Verluste aus Anlaß des Milzbrandes bei Schafen Entschädigung gewährt wird, so dürfen die Beiträge hierfür den Rindviebbesißzern auferlegt werden. .
4) Zur Bestreitung der Entschädigungen kön en auch die Ueber⸗ schüsse und Rücklagen verwendet werden, die auf Grund der im § 12 Abs. 2 erwähnten Gesetze und auf Grund des gegenwärtigen Gesetzes zu Entschädigungen aus Anlaß von Viehseuchen angesammelt worden sind. .
Die Verbände können ferner beschließen, daß aus den im Abs. 2 Nr. 4 bezeichneten Ueberschüssen und Rücklagen sowie aus den Bei⸗— trägen, die auf Grund des gegenwartigen Gesetzes von den Vieh— besitzern erhoben werden, Beihilfen an Tierbesitzer gewährt werden können, denen infolge der Durchführung der Bekämpfungsmaßregeln schwere wirtschaftliche Schädigungen erwachsen sind. Zur Gewährung von Zuschüssen an die Verbände, die von dieser Befugnis Gebrauch machen, ist durch den Staatshaushaltsetat ein übertragbarer Dis⸗ positionsfonds bereitzustellen. Die Grundsätze für die Gewährung der Beihilfen und die Vorschriften über das dabei zu beobachtende Verfahren bedürfen der Genehmigung der zuständigen Minister.
III. Kosten.
24 Die Kosten, die durch die Anordnung, Leitung und Ueberwachung der Maßregeln zur Ermittlung und Bekämpfung der Seuchen sowie durch die auf Veranlassung der Polizeibehörden ausgeführten lier— ärztlichen Amteverrichtungen erwachsen, sind, soweit nicht nachstehend anderweite Vorschriften getroffen sind, aus der Staats kasse zu bestreiten. Das Gleiche gilt für die Kosten der amtstierärztlichen Feststellung des für eine Entschädigung in Betracht kommenden Krankheits— zustandes von Tieren, einschließlich etwaiger amtlicher Obergutachten, jedoch mit der Maßgabe, daß die Kosten einer nach §13 angeordneten besonderen Untersuchung oder Nachprüfung des amtstierärztlichen Gut⸗— achtens in den Fällen dez 5 66 Nr. 4 des Reichsgesetzes und des 5 Nr. 1. 2 des gegenwärtigen Gesetzes von den Verbänden zu tragen sind. Die Kosten der Schätzung für Entschädigungszwecke sind in den Fällen des 5 66 Nr. 1 bis 3 des Viehseuchengesetzes von der Staats⸗ kasse, im übrigen von den Verbänden zu tragen. Für die Teilnahme an der Schätzung . den beamteten Tier⸗ ärzten gegenüber den Verbänden nur dann ein Anspruch auf, Ver— gütung oder Dienstaufwandeentschädigung zu, wenn die Schätzung nicht im Zusammenhange mit einer anderweiten Amtsverrichtung er⸗ folgen kann. 6 ; Die biernach den beamteten Tierärzten sowie den Schiedsmännern (G 17) für die Teilnahme an der Schätzung zustehende Vergütung wird im Wege der ue n nn,, , geregelt. 5
Die Kosten der amtstierärztlichen Beaufsichtigung nach § 16 des Viehseuchengesetzes fallen dem Unternehmer der beaufsichtigten Betriebe oder Veranstaltungen zur Last. Das Gleiche gilt bet den nach § 17 Nr. J des Viehseuchengesetzes auszuführenden amtgtierärztlichen Unter suchungen von Vilehbeständen, die zu Handelszwecken oder zum öffent⸗ lichen Verkaufe zusammengebracht sind, und bei der auf Grund des § 17 Nr. 7 des Viehseuchengesetzes stattfindenden amtstierärztlichen Ueberwachung. Neben dem Unternehmer kann auch der Eigentümer oder Besitzer der von der Beaufsichtigung, Untersuchung oder Ueber— wachung betroffenen Tiere für die Zahlung der Kosten haftbar ge— macht werden. Mehrere bei demselben Unternehmen oder derselben Veranstaltung oder als Eigentümer oder Besitzer von Tieren beteiligte Personen haften als Gesamtschuldner.
Soweit als Unternehmer, Eigentümer oder Besitzer der Staat in Betracht kommt, sind Kosten nicht zu erheben.
Die Kosten sind in Ermanglung gütlicher Einigung von dem Regierungspräsidenten (Polizeipräsidenten) festzusetzen. Die Bei— treibung erfolgt im Verwaltungszwangsverfahren.
Im Wege der Ausführungsbestimmungen kann die Erhebung bestimmter Vergütungssätze für gleichartige amtstierärztliche Verrich⸗ tungen geregelt werden. Auch kann angeordnet werden, daß die Ein— ziehung der Vergütungssätze zur Staatskasse erfolgt und aus dieser entsprechende Vergütungen an die beteiligten beamteten Tierärzte ge⸗ zahlt werden. 4
§ 26.
Die Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke haben .
1) die zur wirksamen Durchführung der Schutz maßregeln in ihren Bezirken zu verwendende Wachmannschaft auf ihre Kosten zu stellen,
2) die Kosten der Einrichtungen zu tragen, die zur wirksamen Durchführung der Sperre nach 5 22 des Viehseuchengesetzes in ihren Bezirken vorgeschrieben werden, ; .
3) auf ihre Kosten die Hilfsmannschaften und Beförderungs— mittel zu stellen, die zur Ausführung der ang angeordneten Tötung oder Impfung von Tieren oder zur Zerlegung oder unschäd— lichen Beseitigung von Kadavern oder Kazaverteilen erforderlich sind,
4) ohne Vergütung einen geeigneten Raum zu überweisen und mit den nötigen Schutzmitteln zu versehen, in dem die unschädliche Beseltigung der Kadaver oder Kadaverteile, der Streu, des Düngers oder anderer Abfälle von kranken oder verdächtigen Tieren vorge⸗ nommen werden kann, wenn dem Besitzer der Tiere oder, falls sich die Tiere auf einem von dem Viehbesitzer gepachteten Grundstüͤcke befinden, dem Eigentümer dieses Grundstücks ein geeigneter Ort dazu . und auch anderweit für elne unschädliche Beseitigung nicht Sorge getragen ist.
§ 27.
Zu den im 8 26 Nr. 1, 2 bezeichneten Kosten haben, wenn die Schutzmaßregeln Gemeinden und selbständige Gutsbezirke in örtlich verbundener Lage gemeinsam umfassen, diese nach dem für die Auf— bringung der direkten Kreissteuern im § 7 des Kreieabgabengesetzes vom 23. April 1906 (Gesetzsamml. S. 161) festgesetzten Maßstabe beizutragen.
. § 28. . ; Unbeschadet etwaiger privatrechtlicher Ersatzansprüche fallen alle in den S5 24 big 27 nicht erwähnten Kosten, die bei der Durch— führung der Bekämpfungsmaßregeln erwachsen, den Beteiligten zur Last. ul Beteiligte sind anzusehen der Eigentümer, Besitzer oder Begleiter der von den Maßregeln betroffenen Tiere, der Unternehmer der betroffenen Betriebe, der Eigentümer oder Inhaber der betroffenen Oertlichkeiten, Räume oder Gegenstände. . Wegen der Haftung mehrerer Veryflichteter und Eißen der Bei⸗ treibung der Kosten gelken die Vorschriften des 5 25 Abs. 1, 3. Die Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke haben auch diese
die Verbände nicht beteiligt sind, im Wege der
Ausführungs⸗ bestimmungen zu regeln.
Kosten im Falle des Unvermögens der Verpflichteten zu tragen und erforderlichenfalls zu verauslagen.
IV. Schl ußbestimm ungen. § 29. Das gegenwärtige Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Viehseuchen— gesetze vom 26. Jun! 1909 in Kraft. en Gleichzeitig werden die Gesetze vom 12. März 1881 (Gesetzsamml S. 128), 29. Sun 1890 (Gesetzlamml. S. 221), 22. Aprll 1892 (Gesetzsamml. S. 90), 18. Juni 1894 (Gesetzsamml. S. 115) und vom 22. Juli 1905 (Gesetzsamml. S. 318) aufgehoben. Mit dem gleichen Zeitpunkte treten alle übrigen mit den Be— stimmungen dez gegenwärtigen Gesetzes in Widerspruch stehenden gesetzlichen Vorschriften außer .
Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz werden von dem Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten erlassen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrist und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Bergen, an Bord M. J. „Hohenzollern“, den 25. Jul 1911. (LI. 8.) Wilhelm. von Bethmann Hollweg. Delbrück. Beseler. von Breitenbach. Sydow. von Trott zu Solz. Freiherr von Schorlemer. von Dallwitz.
Auf den Bericht vom 11. Juli 1911 will Ich der Stadtgemeinde Schöneberg auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221) hierdurch das Recht verleihen, das zur Anlage eines Entwässerungsgrabens südlich der Chaussee Deutsch Wusterhausen —Ragow erforderliche Grund— eigentum im Wege der Enteignung zu erwerben oder dauernd zu beschränken. 1 Anlage und 1 Lageplan folgen hierbei zurück.
Bergen, an Bord M. J. „Hohenzollern“, den 25. Juli 1911.
Wilhelm k.
von Breitenbach. Freiherr von Schorlemer. von Dallwitz.
An die Minister der öffentlichen Arbeiten, für Land— wirtschaft, Domänen und Forsten sowie des Innern.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 23 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter
Nr. 11 137 das Ausführungsgesetz zum Viehseuchengesetze, vom 25. Juli 1911, unter
Nr. 11138 das Gesetz, betreffend die Umlegung von Grundstücken in der Residenzstadt Posen, vom 28. Juli 1911, unter
Nr. 11139 das Gesetz, betreffend die Umlegung von Grundstücken in Cöln, vom 28. Juli 1911, und unter
Nr. 11 140 die Verordnung, betreffend die anderweite Regelung der Anstellung der Gendarmen, vom 10. Juli 1911.
Berlin W., den 17. August 1911.
Königliches Gesetzlammlungsamt. J B Katt
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 18. Au gust.
Seine Majestät der Kaiser und König empfingen gestern abend auf Schloß Wilhelmshöhe den zum Vortrag ein⸗ getroffenen Reichskanzler und nahmen dort auch heute den Vortrag desselben entgegen.
Gestern sind hier, W. T. B.“ zufolge, im Auswärtigen Amte von dem Staatssekretär und dem Britischen Botschafter zwei Verträge unterzeichnet worden, von denen einer die Aus— lieferung zwischen Deutschland und britischen Pro— tektoraten, der andere die Bekämpfung der Schlaf— krankheit in Togo und den benachbarten britischen Gebieten betrifft.
Die Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen für Juli 1911 betrugen nach der im Reichseisenbahnamt aufgestellten Uebersicht:
gegen das Vorjahr (mehr, weniger)
im ganzen auf 1 km 1 .
S sig 12g , 145 291 85! 3758 65 K 158 47.
im ganzen
Personenverkehr Güterverkehr.
Der Regierungsrat Dr. Gehrke in Posen, bisher bei der Königlichen Regierung daselbst, ist dem Königlichen Ober— präsidium in Posen zur weiteren dienstlichen Verwendung über— wiesen worden.
Wilhelmshöhe, 18. August. Seine Majestät der Kaiser und König empfing heute gegen Mittag den Botschafter Freiherrn Marschall von Bieberstein zur Meldung. Mittags war anläßlich des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph bei den Majestäten Leine größere Tafel, zu der u. a. die Herren der österreichisch⸗ ungarischen Botschaft in Berlin, der Reichskanzler, der Staats— sekretär von Kiderlen⸗Waechter und der Boischafter Freiherr von Marschall geladen waren.
Grosbbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses beantwortete der Schatzkanzler Lloyb George einige Anfragen über den angedrohten allgemeinen Eisenbahnerausstand.
Er erklärte, . W. T. B. zufolge, daß es nicht wünschenswert . 6 Mitteilungen über den Stand der , , n. die im 9m
elen, zu machen. Der Minister des Innern Churchkll führte aus,
ernsteste Erscheinung der Lage in Liverpool sei, daß das Streikkomitee bie Angestellten der elektrischen Kraftanlage aufgefordert habe, in den Ausstand zu treten. Das würde Liverpool und dessen Gebiet des Lichts und der Straßenbahnen berauben. Fell (Unionisth ersuchte Grey um Auskunft über die Verhaftung Stewarts. Grey antwortete, er, müsse Fell, auf seine Antwort vom 10. d. M. perweisen. Seit Erteilung dieser Antwort sei eine Veränderung in der Lage nicht eingetreten. Fell gab dann der Meinung Ausdruck, bie Tatsache, daß Stewart Anwalt sei, führe zu der Vermutung, daß er nicht in eine Spionageangelegenheit verwickelt sei.
Im weiteren Verlaufe der Sitzung fragte der Konservative Lloyd, ob die Unterhandlungen, betreffend die Ba gdadbahn, gegenwärtig von der britischen Regierung verfolgt würden und ob sie tine Autkunft geben könne über irgend welche Ereignisse, die seit shrer letzten Erklärung über den Gegenstand eingetreten selen. Der Staatssekretär Grey erwiderte. „Wie wohlbekannt ist, find seit einiger Zeit Verhandlungen im Gange hinsichtlich der Bedingungen, unter denen die britische Regierung der Erhöhung der türkischen Zölle von 110, auf 14 0,0 ad valorem justimmen wird, und diese Verhandlungen haben auch Einfluß auf die Bagdadbahnfrage. Die britische Regierung hat der türkischen Regie— rung Vorschläge gemacht, die wie lf haft th Gleichstellung auf der Cisenbahn und eine endgültige Regelung in der Gegend um den Persischen Golf sicherzustellen. Die Einzelheiten aber müsfen vertraulich bleiben, bis die Verhandlungen beendet sein werden.“
Im weiteren Verlauf der Sitzung gab Lloyd George einen Rückblick über den Gang der Konferenz mit den Ausständigen und betonte, daß die von der, Regierung vorgeschlagene Unter— suchungskommission aus drei Mitgliedern bestehen würde: einem Vertreter der Arbeiter und zwei Vertretern der Arbeitgeber. Es sei nicht beabsichtigt, daß die Kommission die Sache hinziehen solle, sondern sie würde ernannt werden, um zu handeln. Es freue ihn, erklären zu können, daß die Unterhandlungen jwischen der Regierung und den Eisenbahnarbeltern wieder eingeleitet worden seien, um zur Annahme des Regierungsvorschlags zu führen, eine Kommission in gen. die unverzüglich die vorgebrachten Be⸗ schweiden untersuchen solle. Lloyd George richtete dann einen Appell an die Mitglieder des Hauseg und an die P esse, in der kritischen Stunde der ,, die größte Zurückhaltung zu üben. Der Regierungsvorschlag sei hereits Mißdeutungen , gewesen. Er rechne zuversichtlich darauf, daß die Streitigkeiten befriedigend beigelegt werden würden. Wofern die Arbelter mit dem, was die Kommission empfehlen werde, nicht zufrieden sein sollten, könnten sie noch immer von der mächtigen Waffe des Ausstandes Gebrauch machen. Der Arbeiterführer Ramsay Macdonald erklärte, es habe auf allen Seiten Mißverständnisse gegeben und er hoffe, die Wiederaufnahme der Sache werde zu einer Beilegung führen.
Der Master of Elibank teilte dem Hause mit, daß die Regierung das Haus morgen bitten werde, den Gesetzentwurf, durch den das Gesetz über Verletzung von Amts—⸗ geheimnissen und Spiongge eine Verschärfung erfährt, zu verabschieden, da er nach Ansicht der Regierung dringlich se. . Gesetzentwurf ist vom Oberhaus bereits angenommen worden.
Rußland.
Der Ministerrat beschloß, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, den Bau der Schwarzmeerflotte aus— schließlich an russische Firmen zu vergeben. Zwei Linienschiffe werden der Firma Iwanow Bunge in Bau gegeben, die um 9. Millionen Rubel im Preise herabgegangen ist. Das dritte Linienschiff ist an die Nikolajewwerke vergeben worden. Der Baupreis eines jeden Linienschiffes beträgt 23 Millionen. Die Nikolajewwerke werden das ihnen übertragene Linienschiff in vier Jahren, Iwanow Bunge in fünf Jahren fertigstellen. Der Bau von neun Torpedobooten ist an vier russische Firmen ver⸗ geben worden.
Portugal.
Die Nationalversammlung hat das Gesetz, betreffend den Unterhalt der Geistlichkeit, angenommen, nachdem der Justizminister versichert hatte, daß das neue Trennungs⸗ gesetz keine Verfolgung der katholischen Kirche bezwecke, und die Republikaner aufgefordert hatte, das Gesetz in wohl— wollendem Sinne anzuwenden.
Türkei.
Nach einer Meldung des „Wiener K. K. Telegr.Korresp. Bureaus“ erklärt die Pforte in der Zirkularnote, welche die türkischen Botschafter den Kreta mächten übergeben haben, sie werde weder in eine Erneuerung des Mandats des Ober—⸗ kommissars Zaimis einwilligen, noch in die Ernennung einetz anderen Oberkommissars unter derselben Bedingung, nämlich unter Bestimmung des Kandidaten durch den König von Griechenland. Der jetzige Augenblick sei zur endgültigen Lösung der Kretafrage am günstigsten.
Wie „Jeni Gazeta“ meldet, hat eine aus Podgoritza kommende montenegrinische Bande türkische Truppen an⸗ gegriffen, die den Angriff zurückschlugen. Die Pforte beauf— tragte den Gesandten in Cetinje, bei der Regierung von Monte⸗ negro diesbezüglich Schritte zu tun.
Amerika.
Der Präsident Taft legte gegen die vom Senat an⸗ genommene Bill, betreffend die Revision der Woll⸗ zölle, sein Veto ein.
In einer Spezialbotschaft erklärte, wie W. T. B.“ aus Vashington meldet, der Präsident Taft, das Land verlange eine Revision der Zolltarifsätze nur auf Grund genauer, nie wafü rworbener Informattonen. Das Tarifamt sei bereit, einen solchen Bericht im Dezember d. J. zu erstatten, und es bestebe keine Not— wendigkeit, sofort auf Grund ungenauer Daten vorzugehen.
— Das neue chilenische Ministerium hat sich gestern den Kammern vorgestellt. Der Ministerpräsident Ramon Guttierrez drückte dabei, wie „W. T. B.“ aus Santiago meldet, in einer Erklärung die Hoffnung aus, daß er auf die Unterstützung der Mehrheit werbe rechnen können. Seine Hauptaufgabe werde sein, die Finanzen des Landes zu regeln, die Ausnutzung der Bodenschätze zu fördern und der Industrie des Landes zum Aufschwung zu verhelfen. Er schloß mit der Mahnung an die Mehrheit, bie Arbeiten der Regierung zu unterstützen, die allen Parteien Sicherheiten biete.
Asien.
Nach einer Meldung der „Morning Post“ aus Teheran vom 17. d. M. telegraphierte Sardar Mohi, der Kommandeur der Regierungstruppen in Firuzkuh, daß er mit einer Vo0 Mann starken Abteilung des früheren Schahs den ganzen
ag gekämpft und sie mit einem Verlust von 20 Toten, 0 Verwundeten und 30 Gefangenen in die Flucht geschlagen habe. Auch habe er 150 Gewehre erbeutet. Ueber Verluste er. Regierungstruppen besagt der Bericht nichts, jedoch wird die Erwartung ausgesprochen, daß der Kampf am nächsten age mit Erfolg werde fortgesetzt werden. — Die Bachtiaren tun, wie das Blatt meldet, ihr Aeußerstes, um die Verfassung zu retten, ebenso auch die Regierung; der Ausgang der Bewegung sei jedoch zweifelhaft, da die Regierungskassen leer sind.
„bse, Auch die letzte südliche Zu gangsstraße nach Persien über Kermanschah ist nicht mehr frei. Es gehen keine Karawanen von Bagdad dorthin mehr ab.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die natürliche Bevblkerungsbewegung in Deutschland im Jahre 1909.
In dem soeben erschienenen 236. Bande der Statistik des Deutschen Reichs“ ist die natürliche Bevölkerungsbewegung des Jahres 1909 dargestellt. Danach wurden im Jahre 1969 im Deutsch= Reiche 494127 Chen geschlofsen, das sind 493 oder I,3 v. X. weniger als im Vorjahre. Auch die Zahl der Geburten hat ab— genommen; es wurden im Jahre 1909 2638 357, im Jabre 1908 2976 660 Kinder geboren, die Zahl der Geborenen hat demnach um l,æs v. H abgenommen.
Noch stärker gefallen ist die Zahl der Gestorbenen, da im Jahre 1909 nur 1 154 2965 Sterbefälle gegen 1197 098 im Vorjahre gemeldet worden sind, was einer Abnahme um 36 v. H. entspricht. ö. der bedeutenden Zunahme der deutschen Bevölkerung ist diese Zahl Ler Sterbefälle die geringste, die selt der Gründung des Reichs beobachtet worden ist.
Auf je tau send Personen kamen im Jahre 1909 15,„48 Ehe— schließende, 31.91 Geborene und 1807 Geftorbene; im Vorjahre waren diese Verhältniszahlen der Reihe nach 15,88, 32.97 und 198.51. Die natürliche Vermehrung des deutschen Volkes oder der Ueberschuß der Geborenen über die 8, war hiernach 884 061 Seelen oder 13,84 auf tausend der Bevölkerung.
Das Alter der Heiratenden war bei den Männern in 30 v. H. der Fälle unter 25 und in 71.5 v. H. unter 30 Jahren, bei den, Frauen in 58,2 v. H. der Fälle unter 25 Jahren. 1427 337 ledige Männer schlossen die Ehe mit ledigen Mädchen, 11 927 Witwer mit Witwen und Sog geschiedene Männer mit geschiedenen Frauen. In 445 923 Fällen wurde die Ehe zwischen Personen desselben Religions⸗ bekenntnisses geschlossen, und zwar waren beide Eheleute in 293 212 Fällen evangellsch, in 148 838 Fällen katholisch und in 3573 Fällen israelitisch. Mischehen wurden in 47 069 oder 9,5 von hundert Fällen eingegangen, davon 44 099 zwischen Evangelischen und Katholiken.
Von den 2938 357 Geborenen des Jahres 1909 waren 1978 278 oder 97,05 v. H. Lebendgeborene und 60 079 oder 2.95 v. H. Totgeborene. Mehrlinggeburten wurden 26 157 oder 12,8 vom Tausend der Geburten Überhaupt gezählt, und zwar 26 893 Zwillingsgeburten, 261 Drillingsgeburten und 3 Vierlings— . Im ganzen kamen bei den Mehrlingsgeburten 52 581 Kinder zur Welt.
Unter den 1164296 Sterbefällen des Jahres 1909 waren
60 979 Totgeborene und 335 436 Kinder im ersten Lebensjahre. Auf je hundert Lebendgeborene kamen hiernach 17,) Sterbefälle im ersten Lebensjahre, Dies bedeutet eine Abnahme der Säuglingssterblich⸗ keit gegenüber derjenigen der vorhergehenden Jahre, ift aber im Vergleiche mit anderen Kulturländern noch immer eine recht be— deutende Zahl. .Die Zahl der ECheschließungen. Geburten und Sterbefälle sind in dem eingangs erwähnten amtlichen Quellenwerke ebenso wie für die Gesamtheit des Reichs auch für seine Teile bis herab zu den kleineren Verwaltungsbezirken, den Kreisen, Bezirksämtern, Amts— hauptmannschaften, Sberämtern, Amtsbezirken usw. aufgeführt. Auch werden die für das Deutsche Reich geltenden Zahlen mit denen ver schiedener außerdeutscher und außereuropäischer Länder verglichen.
Zur Arbeiterbewegung.
In Aachen sind, der Köln. Ztg.“ zufolge, am 16. d. M. die Brauer des Aachener Bürgerbräus Peter Wiertz G. m. b. H. in den Austand getreten, da die Firma die Anerkenkung des Tarifvertrags ablehnt, der dort bereits seit einem Jahr bei allen andern Brauereien , hat.
Die im deutschen Metallarbeiterverband organisierten 500 Taschen⸗ und Federmesserreider Solingens (vgl. Nr. 196 d. Bl.) haben, wie die „Köln. Ztg. erfährt, fast sämtlich die Arbeit niedergelegt. Dagegen arbeiten die im Industriearbeiterverband organisierten 230 und die im christlichen Metallarbeiterverband organi⸗ sierten 140 Reider weiter. Zwischen den Fabrikantenvereinen und dem Industriearbeiterverband sowie dem christlichen Metallarbeiterverband haben am Mittwoch Verhandlungen wegen des von diesen Verbänden eingereichten Lohntarifs stattgefunden, die zu einem befriedigenden Er— gebnis zu führen scheinen. Biese Verhandlungen sollten heute fort— gesetzt werden.
Der seit mehreren Wochen andauernde Ausstand in der Walzmühle in Ludwigshafen ist, wie der „Köln. Itg. gemeldet wird, beigelegt. Von 150 Ausständigen haben 90 Verheiratete die Vorschläge der Direktion angenommen, am kommenden Montag zu den vor dem Ausstand vereinbarten Bedingungen die Arbeit wieder aufzunehmen und sechs Wochen lang nur vier Tage wöchentlich zu arbeiten. Eine Versammlung der Ausständigen hat diese Vorschläge angenommen.
Die Ausstandsbewegung in England nimmt wieder zu. Die Eisenbahner haben gestern den angedrohten General— streik erklärt. — Bei der gestrigen Konferenz im Handels- amt legte der Handelsminister Buxton den Arbeltemn eine Reihe von Fragen vor, auf welche diese erwiderten, die Arbeit— geber hätten das Ausgleichszübereinkommen von 1907 dem Geiste und dem Buchstaben nach gebrochen, und es sei unmöglich, eine Abstellung der Mißstaͤnde zu erlangen. Darauf machte der Premler⸗ minister Asquith den Vorschlag, eine Königliche Kommission ein— zusetzen, um zu prüfen, was für Abänderungen an dem Ueberein— kominen wünschenswert seien. Während die Ärbeitgeber zustimmten, lehnten die Arbeiter den Vorschlag ab. Asquith machte die Arbeiter darauf aufmerksam, daß, wenn auch die Regierung unparteiisch sei, sie eine allgemeine Lähmung des Ee eh nde sflh nicht zugeben könne und deswegen die nötigen Schritte tun werde, um diese zu ver— hindern. — Die gestern vom Schatzkanzler Lloyd George im Unter- hau se abgegebene Erklärung, daß die Verhandlungen zwischen der Regierung und den Eisenbahnarbeitern wieder aufgenommen worden seien, hat allgemein ein Gefühl der Er—
deichterung hervorgerufen, denn aus dieser Erklärung geht hervor, daß
die Gefahr eines Generalstreiks jedenfalls für die nächste Zeit abge— wendet wurde, falls sie nicht gänzlich beseitigt ist. Die örtlichen Eisenbahnerausstände dürften zwar für eine kurze Zeit noch andauern, die Bewegung wird aber wahrscheinlich nach und nach ihre Lebens kraft einbüßen, wenn die Arbeiter sich erst überzeugt haben, daß man ernstlich bemüht ist, ihren Beschwerden gerecht zu werden. Trbtz der ministeriellen Erklärung sind jedoch die getroffenen Vorsichtsmaßregeln nicht aufgehoben worden. Insbesondere werden die Londoner und andere Garnisonen im Laufe der Nacht noch weiter verstärkt. Die Polizei hat einen Aufruf erlassen, durch den Frei— willige zur Verstärkung der chutzmannschaft für den Fein aufgefordert werden, daß die Lage sich ver⸗ schlimmere. — Die gestern nachmittag ausgegebene Streikparole ist auf den Londoner Bahnhöfen nur in sehr mäßigem Umfange befolgt worden. In der St. . leisteten ihr vom Güterdienst 500 Beamte Folge, die Beamten der Per⸗ sonenbeförderung lehnten es dagegen ab, ihr nachzukommen. Auf der Euston-⸗Station ist niemand 6 und auf der Kings Croß-Station haben nur 25 Mann die Arbeit nieder legt. Auf. dem Paddingtonbahnhof der Great Western— isenbahn ist der Betrieb normal, jedoch liegen Nachrichten auös Bristol und Cardiff vor, daß eine Anzahl Leute in den Ausstand getreten sind. Die von Paddington ausfahrenden Züge erleiden keine Störung, während die einfahrenden Ver—
39. ung hahen. Auf dem Bahnhof der Gregt Eastern Eisen« ahn in Liverpool Street ist durch Aushang bekannt gegeben,
daß der Verkehr vorläufig noch normal sei, für später jedoch keine Gewähr übernommen werden könne,. Die London and Rorth⸗— western Eisenbahn hat bekannt gegeben, daß der regelmäßige Personenverkehr gegebenenfalls Aenderungen erfahren ober ganz eingestellt werden müsse, daß sie aber bestrebt sein werde, die Bedürfnisse des Publikumz nach Möglichkeit zu be— friedigen. Bei der North Eastern Eisenbahn sind die organisierten und eine Anzahl nicht organisierter Eisen⸗ bahner agusständig. Die direkten Züge der Lancafhire und Pork (hire Railway liegen auch still. Bie aus den Provinzen eingehenden Nachrichten sprechen von vereinzelten Arbeitseinstellungen. Sehr ernst erscheint die Lage in Manchester, Crewe, Sheffield, Huddersfield, Leeds und Stockton. In Leeds wurde gestern
üh um 83 Uhr auf allen Eisenbahnlinien die Arbeit eingestellt. — In Sheffield haben die erregten Ausständigen in der Nacht zum Donnerstag zwei Signalhäuschen der Midland⸗-Eisenbahn an⸗ gegriffen, mit riesigen Steinen beworfen und eines voll—⸗ ständig zertrümmert. Die Polizei zerstreute die Angreifer. Am Morgen kam es zu Unruhen vor den Lagern der Ge— nossenschaftsvereine, wo sich die Ausständigen bemühten, die Ab⸗ lieferung der Waren zu verhindern. In Sheffield sind Truppen zum Schutz der Cisenbahnen eingetroffen. Gestern sind noch bedeutend mehr Angestellte und Fuhrleute der Great Eentral-Eisen⸗ bahn in den Ausstand getreten, um die Ausständigen der Midland⸗ bahn zu unterstützen. Alle Züge dieser Bahn von Hull nach Sheffield sind ausgefallen. Es herrscht allgemeiner Mangel an Lebensmitteln, besonders an Fleisch. — In Manchester hat sich die Lage gestern verschlimmert. Nur wenige Züge wurden mit größter Schwierigkeit abgefertigt. — In Liverpool konnte das Hauptelektrizitätswerk infolge des Ausstandes keinen Strom mehr liefern, sodaß die Beleuchtung versagte. Die Zeitungen konnten nicht in vollem Umfange erscheinen. Die dortigen Reeder haben eine Kundgebung erlassen, in der sie sich bereit erklaͤren, unter gewissen Bedingungen die von ihnen ausgesprochene Sperre auf⸗ zuheben. Die Kundgebung steht im Zusammenhang mit dem gestern don dem Exekutipkomitee der verschiedenen Eisenbahnerverbände gefaßten Beschluß, den gegenwärtigen Kampf nicht aufzugeben, bevor nicht die über ihre Arbeitskollegen wegen ihrer Unterstützung der streikenden Eisen⸗ bahner in Liverpool und an anderen Orten verhängte Sperre aufgehoben und die davon betroffenen Leute wieder eingestellt worden seien. In London ist gestern nachmittag das Streikkomitee der Aus— lader zu einer Beratung zusammengetreten und hat eine Entschließung angenommen, die alle Mitglieder der Vereinigung der Auslader anweist, sofort die Arbeit wiederaufzuneh men. — Das Exekutiv⸗ komitee der Eisenbahner veröffentlichte in vergangener Nacht um 12 Uhr die Nachricht, daß die Meldungen aus der Provinz alle Erwartungen übertroffen hätten und alles auf einen schnellen und entscheidenden Sieg hindeute. Gegen 1 Uhr Nachts hat das Exekutivkomitee seine Beratung abgebrochen und sich auf heute früh 9 Uhr vertagt. — Die Eisenbahner in Irland haben sich für den Streik entschloßsen; anscheinend wird sich der Aus⸗ stand auch auf die schottischen Eisenbahnen ausdehnen. — Die Regierung hat feststellen lassen, wieviel Mannschaften bei den . vorhanden sind, die erforderlichenfalls als Lokomotiv⸗ ührer verwendet werden könnten.
(Weitere . Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Portugal.
Durch eine im „Diario de Governo“ Nr. 186 veröffentlichte Verfügung des Ministers des Innern vom 10. d. M. werden die Häfen von Dam äo und Hongkong für seit dem 1. Juli d. J. von Pest verseucht erklärt.
Norwegen.
Durch eine Verordnung des Königlich norwegischen Justiz⸗ und Polizeidepartements vom 11. 8. M. sind die Städte Konstantinopel, Triest und Tunis, die russischen Gouvernements Astrachan und Samarg und die Städte Noworossysk und Baku in Rußland für choleraverseucht erklärt worden.
Aegypten. Der Internationale Gesundheitsrat in Alexandrien hat beschlossen,
nn die Herkünfte von Genua, Livorno, Catania und Messina das Cholerareglement anzuwenden.
Konstantinopel, 17. August. (W. T. B.) Heute sind in der Stadt 70 Fälle von Cholera vorgekommen, von denen 23 tödlich verliefen. — Der Bürgermeister und die Sanitätsärzte der Vorstadt Bujukdere sind wegen Nachlässigkeit abgesetzt worden. — In Albanten sind 40 neue Cholerafälle vorgekommen, von denen 22 tödlich verlaufen sind.
Verdingungen.
(Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim Reichs⸗ und Staats. anzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition wäbrend der Dienststunden von 9 bis 3 ö eingesehen werden.)
Bulgarien.
Bis zum 14. September 1911. Generaldirektion für Eisenbahn—⸗ und Hafenbau im Verkehrsministerium Sof ta: Lieferung von drei Prähmen aus Stahl für den Varnaer Hafen. Lieferungsbedingungen in französischer Sprache sind gegen Zahlung von 2 Fr. in Stempel. marken vom Ingenteur der Schwarze⸗Meerhäfen in Varna erhältlich.
Bis zum 28. September 1911. Ebendaselbst: Lieferung von drei Leichterbooten aus Stahl für den Varnaer Hafen. Die Liefe⸗ rungsbedingungen — in französischer Sprache — können von der Kanzlei des Varnger Hafens in Varna gegen Zahlung von 2 Fr. in Stempelmarken bezogen werden.
Theater und Musik.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Sonnabend, »Die Walküre‘ mit zum Teil neuer Besetzung der männlichen Hauptrollen aufgeführt. Herr Berger wird jum ersten Male den Siegmund, Herr Griswold zum ersten Male den Wotan singen, die Brünnhilde: Frau Kurt, die Sieglinde: Frau Denera, die Fricka: Frau Goetze, den Hunding: Herr von Schwind. Im Ensemble der Walküren sind die Damen Boͤhm van Endert, Dietrsch, Ober, Pacholski, Parbs, Rose, Rothauser und von Scheele Müller beschäftigt. (Anfang 7 Uhr) Dirigent ist der Kapellmeister von Strauß.
Im Königlichen Schau spielhause geht morgen S. von Kleists Prinz Friedrich von Homburg., mit Herrn Staegemann in der Titelrolle, in Szene. Den Kurfürsten spielt Herr Krausneck, die Kurfürstin Fräulein bon Arnauld, die Natalie Fräulein von Mayburg, den Kottwitz Herr Pohl.
Die Direktoren Meinhard und Bernauer eröffnen das nunmehr unter ihrer Leitung stehende Theater in der Königgrätzer⸗ straße“ (vormals Hebbeltheater) am 1. Oktober d. J. und werden im Laufe der kommenden Spielzeit folgende neue Stucke aufführen: Max Dauthendeys Spielereien einer Kaiserin'. Georg Sermanns Lustspiel „Der Wüstling, oder Die Reise nach Breslau; Wie Minister fallen“, dreiaktiges Lustspiel von P. C. V. Hansen; Strindbergg historisches Schauspiel „Königin Christinen „Die Ahnen galerie“, Schwank in drel Akten von Leo Walter Stein; „Ihre Exzellenz, drei Akte von Jekels und Strauß; „Coeur Ag, Komödie in fünf Aufzügen von Orezu; Unterm Schwert“, Schauspiel in vier Akten von Hermann Reichenbach; „Hunde tage“, Lustspiel von Korfiz
Holm.