1911 / 253 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Oct 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 54 des Reichsgesetzblatts enthält unter ;

Nr. 3943 die Bekanntmachung, betreffend Ergänzung und Aenderung der Anlage O zur Eisenbahnverkehrsordnung, vom 16. Oftober 1911, und unter ö

Nr. 3944 die J über die Ratifikation von wölf auf der Zweiten Haager Friedenskonferenz abgeschlossenen ihrn in vom 18. Oktober 1907 durch Panama, vom 18. Ok⸗ tober 1911.

Berlin W., den 26. Oktober 1911.

, , rüer.

Per sonalveränderungen.

Königlich Sächsische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. 19. Oktober. Brax, bisher Seekadett, in der Armee, und zwar als Fähnr. im 12. Inf. Regt. Nr. 177 angestellt. .

24. Oktober. Graul, Oberstlt. beim Stabe des 4. Inf. Regts. Nr. 103, zum Oberst befördert und zum Kommandeur des 6. Inf. Regts. Nr. 105 König Wilhelm II. von. Württemberg er— nannt. Bücher, Oberstlt. und Bats. Kommandeur im 1. (Leib) Gren. Regt. Nr. 100, zum Stabe des 4. Inf. Regts. Nr. 106, v. Witz leben, Major beim Stabe des 2. Jägerhats. Nr. 13, zum Bats. Kommandeur ernannt und in das 1. (Leib) Gren. Regt. Rr. 100, verfetzt. Koch, überzähl. Major beim Stabe 13. Inf. Regts. Nr. I78, vom 1. Dezember d. J. ab die Stabtoffiziers⸗ gebübrnisse bewilligt.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Kommerzienrat Ernst Joachim Meyer in Berlin den Charakter als Geheimer Kommerzienrat und dem Fabrikbesitzer . Gebauer in Charlottenburg und dem Kaufmann Richard Unger in Berlin den Charakter als Kommerzienrat zu verleihen sowie infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Witten getroffenen Wahl den bisherigen Bürgermeister der Stadt Langenberg Rhld. Karl Terjung als besoldeten Beigeordneten 8. . der Stadt Witten für die gesetzliche mtsdauer von zwölf Jahren zu bestätigen.

Ministerium der iin g und Unterrichts⸗ angelegenheiten.

Der bisherige Privatdozent an der Universität zu Berlin, Regierungsrat Dr. Willy Ruhland, Mitglied der Kaiserlichen Biologischen Anstalt für Land⸗ und Forstwirtschaft, ist zum außerordentlichen , in der philosophischen Fakultat der Universität Halle⸗Wittenberg ernannt worden.

Dem Komponisten August Bungert in Leutesdorf a. Rh. sowie den Oberlehrern Friedrich Contzen am Gymnasium in Duisburg und Anton Röttger am Realprogymnasium in Merzig ist der Charakter als Professor beigelegt worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Dem zum Kreistierarzt ernannten Tierarzt Dr. Erich en, nenn, ist die Kreistierarztstelle in Montsoie verliehen worden.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Prenßen. Berlin, 26. Oktober.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im hlesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Kriegsministers, Generals der Infanterie von Heeringen, des Chefs des Milltärkabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker und des Chefs des Generalstabes der Armee, Generals der Infanterie von Moltke.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen sowie die vereinigten Aus⸗ schüsse für Rechnungswesen, für das Landheer und die Festungen und für das Seewesen Sitzungen.

Der K. und K. österreichisch⸗ungarische Botschafter Graf von Szögyésny⸗Marich hat Berlin verlassen. Während 6 Abwesenheit . der Botschaftsrat Dr. Ludwig Frei⸗

err von Flotow die Geschäfte der Botschaft.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind vorgestern S. M. S.

„Jaguar“ in Hongkong, S. M. S. „Victorig Louise“ in

avana und S. M. S. „Seeadler“ in Kilwa⸗Kisiwani angekommen.

Reuß ä. L.

Der Landtag hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern mit

7 gegen 5 Stimmen einen Antrag angenommen, wonach solche

steuerpflichtigen Personen männlichen und ,,,

Geschlechts, die das dreißigste Lebensjahr überschritten haben,

ohne verheiratet zu sein, bei einem Einkommen von 3009

bis 6000 SS einen Steuerzuschlag von 5 Proz. und bei

einem Einkommen über 6000 S einen Zuschlag von 10 Proz. zu zahlen haben.

Oesterreich⸗Ungarn.

Das österreichische Abgeordnetenhaus hat gestern die erste Lesung der Vorlage über die italienische , . fakultät beendet und dann die Vorlage an den Budget⸗

Der e gen gane ichn des Abgeordnetenhauses

hat laut Meldung des „W. T. B.“ in der eigen Sitzung mit 23 gegen 2 Stimmen einen Antrag Jerzabek angenommen, in dem die Regierung . wird, die Einfuhr gekühlten argentinischen Fleisches sofort zu bewilligen, da Ungarn kein vertragsmäßiges Recht auf Einspruch fee hn machen könne, weiter auf die Erhöhung des Magerfleischkontingents hinzu⸗ i, und die veterinärpolizeilichen Maßregeln streng ein⸗ zuhalten. Gestern abend hat beim Präsidenten des österreichischen Abgeordnetenhauses Dr. re er eine Beratung mit den Vertretern des Polenklubs, des einheitlichen Tschechen⸗ klubs und des deutsch- nationalen Verbandes statt— gefunden, in deren Verlauf der Präsident, obiger Quelle . erklärte, daß nur durch Jusammenwirken der großen Parteien die ber , des Hauses hergestellt werden könnte. Der Ministerpräsident Freiherr von Gauktsch begrüßte das Vorgehen, 5 die Arbeiten, die bis Weihnachten erledigt werden sollten, und machte Mitteilung von seinen Bestrebungen, eine Klärung der Lage herbeizuführen. Allgemein wurde die Schwierigkeit der parlamentarischen Lage anerkannt und der Meinung Ausdruck gegeben, daß eine wirkliche Besserung der Verhältnisse nur durch die Ermöglichung des k der . Parteien erreicht werden könnte. Nach eingehender Besprechung wurde schließlich die Notwendigkeit weiterer Be⸗ ratungen ausgesprochen. Die Forderung der Umbildung des Ministeriums mit zwei tschechischen . wahrscheinlich für Ackerbau und öffentliche Arbeiten, seitens der Tschechen hat, wie die „Neue Freie . berichtet, eine latente Krise zur Folge. er Ministerpräsidet hat den deutschen Nationalverband ersucht, sich zur Forderung der Tschechen zu äußern, und ihm mitgeteilt, dal er seine Entlassung eben werde, wenn die Deutschen der Rekonstruktion des abinetts nicht zustimmten. Nach einer Meldung des genannten Blattes hat sich der Nationalverband gegen die Umbildung des Kabinetts mit zwei ischechischen Beamtenministern aus⸗ gesprochen. . Im ungarischen Abgeordneten hause beantwortete gestern der Finanzminister Lukacs die Interpellation des Ab— geordneten Andreas Rath, betreffend die Ungarische Bank und Handelsgesellschaft. Wie . W. T. B. berlchtet, erklärte der Finanzminister, die Bank sei vor 30 Jahren unter der Mitwirkung der Regierung gegründet worden, um den Außenhandel zu fördern und die Verbindungen mit dem Ausland zu pflegen. Es bestehe kein Gesellschafteverhältnis mit der Regierung, sondern die Bank handele als Bevollmächtigte der Regierung bei der Förderung des einen oder des anderen Geschãaͤftes des Staats. Die Verträge wolle er nicht dem Abgeordneten⸗ hause vorlegen, da sie in den Wirkungskreis der Exekutive hörten, er stelle sie aber, da sie keinerlei Geheimnisse, ent= 5 dem Abg. Rath zur Cinsichtnahme bereitwillig zur ,, Betreffß der Frage, ob die letzten Emissionen der ungarsschen Bank tatsächlich verkauft worden selen oder nicht, halte er es nicht für statthaft, sich hierüber zu äußern. Er müsse . erklären, daß nach den Geschäftsberichten und Auswelsen der Bank der innere Status abfolut gesund sei. Die Ungarische Bank sei ihren Vertrage⸗ verpflichtungen gegenüber dem Staat aufs genaueste nach= ekommen, und es sei kein Grund zur Annahme vorhanden, daß die ank auch künftighin ihren Verpflichtungen gegenüber dem Staat nicht pünktlich nachkommen werde.

Die Antwort des inen ministers wurde von der Mehrheit des Abgeordnetenhauscz zur Kenntnis genommen.

Großfzbritannien und Irland. In der gestrigen Sitzung des Oberhauses ersuchte Lord Courtney die Regierung, bald eine Gelegenheit zur Erörterung der deutsch⸗französischen Marokko verhand⸗ lungen und namentlich der Stellungnahme Englands dazu herbeizuführen. Der Lordpräsident des Geheimen Rats, Viscount Morley, erklärte, wie ‚W. T. B.“ meldet:

Es wird allgemein mit Genugtuung aufgenommen, daß die Be⸗ sprechungen in Berlin, auf die die Aufmerksamkeit der ganzen Welt gerichtet waren, endlich zu einem Abschluß gekommen sind, der, wie man an maßgebenden Stellen in Berlin und Paris hofft, für die Bevölkerung beider Länder annehmbar ist. Mein Vorredner Courtney hat davon gesprochen, daß über unseren Anteil an jenen Verhandlungen bald eine Debatte stattfinden möge. Ich hin nicht davon überzeugt, daß eine solche Erörterung oder Prüfung billigerweise bald erfolgen kann. Denn ich glauhe bestimmt, daß Courtney und das ganze Haus einsehen werden, daß es kaum sehr höflich von uns wäre, über jene wichtigen Verhandlungen zu debattieren unsere Interessen werden, wenn sie auch groß und ge⸗ wichtig sind, verhältnie mäßig nur mittelbar von ihnen berührt bevor nicht im deutschen Reichstag sowohl wie in der französischen Kammer darüber gesprochen worden ist. Im kestschen Reichstage hat nun der Reichskanzler jüängst es abgelehnt, diese Ver⸗ handlungen vor ihrem Abschluß zu erörtern; die Ear Kammer aber tagt gegenwärtig nicht. Auf jeden Fall wäre es für uns, deren Interessen nur mittelbar betroffen werden, nicht angezeigt, jene schwierigen Verhandlungen ohne Akten usw. zu prüfen, bevor wir nicht wissen, wie sie von den großen Körpeischaften beurteil! werden, die am unmittelbarsten beteiligt sind. Ohne Zweifel wird die Regierung, entsprechend der Würde des Hauses und gemäß der großen Bedeutung dieser Verhandlungen für uns selbst, es für an⸗ ö halten, ohne Zeitverlust Gelegenheit zu ihrer Prüfung und

rörterung zu geben. Frankreich.

Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten offiziösen Mit⸗ teilung hat die Regierung beschlossen, das deutsch⸗französische Marokko⸗Abkommen dem Parlament erst dann zur Rati⸗ fizierung vorzulegen, wenn die Algeciras mächte dem Vertrag ihre Zustimmung erteilt haben.

Amerika.

Nach einer von „W. T. B.“ verbreiteten Meldung aus Mexiko haben die Anhänger Zapatas mehrere Dörfer ver⸗ brannt und geplündert, darunter Milpaalte, das 12 Meilen von Mexiko entfernt liegt. Dorthin entsandten Bundestruppen ge⸗ lang es, die Anhänger Zapatas unter Verlust von 200 Mann in das Gebirge zu treiben.

Asien.

Die Hauptmacht der persischen Regierungs⸗ truppen ist nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ aus Asterabad unter der Führung

gewehren, deren Bedienung der deutsche Instrukteur Haase selbst leitet, herangerückt und hat die Turkmenen Mohammed Alis bis zum Walde von Kurdmohalla zurückgedrängt.

In der Nähe von Hankau hat gestern, wie W. T B.“ meldet, beim Siebenmeilencreek, das unterhalb der Stadt in nordöstlicher Richtung liegt, ein Gefecht stattgefunden. Die

Serdar Mochis mit zwei Geschützen und mehreren Maschinen⸗

i . etwas zurück. Das Gefecht scheint nicht bedeutend gewesen zu sein, da nur ein kleiner Teil der Kaiserlichen und aufständischen Truppen beteiligt war. Ueber 5000 Mann der Kaiserlichen Truppen sind von Peking nach Hsinjangtschau an der Grenze von Honan und Hupeh abgegangen.

Nach einer telegraphischen Meldung des Chefs des deutschen Kreuzergeschwaders ist das Flußkanonenboot „Vaterland“ na Tschangscha (Hauptstadt der Provinz Hunan am Siangflu entsandt worden, das die Aufständischen ohne Kampf besetzt haben. Durch den gestern gemeldeten Bombenanschlag in Canton sind im ganzen 31 Menschen, darunter der Tataren—⸗ general, getötet, 18 verwundet und sieben Häuser beschädigt worden. Der Täter selbst, der ein Eingeborener aus dem Sunningdistrikt ist, wurde tödlich verwundet.

In der chinesischen Nationalversammlung kam es gestern obiger Quelle zufolge zu , Auftritten, als dat Haus die Entlassung des Vizepräsidenten des Verkehrs ministeriums Swenghsuanhuat und die Erhebung der An— klage gegen ihn , und zwar wegen seiner Haltung in der Frage der Hukuang⸗Eisenbahn, die von einem internationalen Syndikat gebaut werden soll. Wenn die Regierung die Forde⸗ rung nicht bis heute erfüllt, will die Nationalversammlung sich auflösen.

Afrika.

Ueber den Kampf bei Tripolis am 24. d. Mts. und die Erhebung der Araber der Oase verbreitet die „Agenzia Stefani“ folgende Darstellung:

Unter den Arabern der Oase, die ü ng zeinllch im Einverständnis mit den Angrelfern standen, brach auf dem . linken Flügel hinter dem 11. Bersaglieriregiment eine Rebellion aus, während die Bersaglieri damit beschäftigt waren, den Angriff der türkischen Infanterle zurückzuweisen, die, gedeckt durch kleine Gartenmauern, vorrückte. Den von dem hügligen Terrain begünstigten Arabern gelang es, den Bersaglieri nicht unbedeutende Verluste beizubringen, aber die Italiener machten, ohne die Kalt— blütigkeit zu berlieren, auf der Stelle gegen beide Seiten Front, machten zahlreiche Araber nieder und nahmen viele gefangen. Der Kampf dauerte mit wechselnder Stärke gegen acht Stunden und ver— ursachte infolge des unebenen Geländes viele Schwierigkeiten, da es zu großer Truppenzersplitterung zwang. An der letzten Phase des Kampfes nahmen Verstärkungen teil, die vom 82. Infanterieregiment gekommen waren, und endlich gelang es den Truppen, die Araber und Türken von 6 ju vertreiben und das Gelände von ihnen zu säuberr. Dle Verluste des Feindes waren außerordentlich groß. Ueber die Verluste der Italiener, die verhältnismäßig nicht sehr schwer waren, haben sich noch keine genauen Daten ermitteln lassen, da die Truppen noch mit der Entwaffnung der Bevölkerung zu tun hatten. Auf dem linken Flügel rekognoszierende Streifwachen fanden zwischen Harne und Mersi Hunderte von türkischen und arabischen Toten, die die lüchtlinge zu bestatten oder mit sich zu nehmen keine Zeit gehabt atten, wie sonst ihre Gewohnheit war.

Während des Gefechts brach in der Stadt eine Panik aus, die sehr ernsthaft hätte werden können. Nach der „Agenzia Stefani“ war der . der Panik folgender: Ein Militärarzt, der einen verwundeten Offizier begleitete, gab, um eine Ansammlung der Volksmenge um den Wagen zu ver— meiden, dem Unteroffizier, der den Wagen begleitete, den Be— fehl, die Araber zu entfernen Der Unteroffizier gehorchte, und die zurückweichende Menge bot das verwirrte Bild einer Flucht; e n, kam es zu einigen Tumulten. Läden, Cafés und Häuser wurden geschlossen, einige Einwohner, die sich auf den Terrassen aufhielten, begannen Nevolverschüsse ab⸗

zugeben. Der Lärm pflanzte sich nach den Kasernen fort und

b genere nach vereinzelten Wachtposten, von wo einige Flinten schüsse fielen; das Feuer wurde jedoch sofort auf Veranlassung der herbeigeeilten Sffinlere ö

Da an dem Kampf auch aufrührerische Araber teil⸗ genommen hatten, hat der General Caneva die Ent⸗ waffnung der Bewohner der Stadt und der Oase streng durchführen lassen. Man hat viele allenthalben ver— steckte Waffen und mit Vorräten und Munition gefüllte Hütten entdeckt. Die Waffen wurden beschlagnahmt und die Hütten in Brand gesteckt, da es unmöglich war, die Patronen recht— zeitig fortzuschaffen. Viele Araber wurden festgenommen. Diejenigen, die Widerstand leisteten und auf die Italiener feuerten, wurden auf der Stelle erschossen. Ein eingeborener Diener des deutschen Konsuls ist vorgestern erschossen worden, weil er einem italienischen Soldaten einen Dolchstich ver— setzt hatte.

General Caneva hat, obiger Quelle zufolge, für Tripolis und die Cyrenaika ein Dekret erlassen, das grundsätzlich bis ur Ausgabe einer anderen Verordnung Terrainverkäufe ver⸗ ietet, mit Ausnahme besonderer von der Regierung genehmigter Fälle. Dadurch soll die Terrainspekulation verhindert werden, die nach der Landung der italienischen Truppen eine große Ausdehnung anzunehmen drohte.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs— tags befindet sich in der Ersten Beilage.

Der Reichstag setzte in seiner heutigen (198.) Sitzung, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück, der Minister für Landwirtschaft, Domaͤnen und Forsten ,. von Schorlemer und der Staatssekretär des Reichsschatzamtt Wermuth beiwohnten, die Besprechung der Interpellationen, betreffend die Teuerung der Nahrungs⸗ und Futter⸗ mittel, fort.

Abg. Graf Mielzynski (Pole): Die große Mehrheit dieses Hauses ist für die Beibehaltung des Schutzzollsystems und der Ech follpolitit. Nachdem die Regierung erklärt hat, daß sie daran fest— halten wolle, können sich die Landwirte beruhigen. Daß augen. blicklich eine Teuerung besteht, daß sie eine Kalamität geworden ist und daß entschieden energische Maßregeln ergriffen werden müssen, um dieser Teuerung Einhalt zu tun, ist nl zugegeben worben. Der Kollege Heim hat mit Recht ausgeführt, daß wir es mit einer Mißernte in Getreide nicht zu tun haben; nur die 96 zwischen Groß und Kleinhandel ist bedeutend. Dasselbe gilt au hon den Kartoffeln und vor allem von den Vieh und Fleischpreisen Als wir bei der Kotierungssteuer der ungesunden Spekulation auf irgend eine Weise Ginhalk tun wollten, da hat die Ünke Seite au daz schärffte dagegen protestiert. Die Bekämpfung des unsoliden Zwischenhandels ö aber doch gerade ein wirksames Mittel, um die Teuerung zu bekämpfen. Zu diesen Gründen der Teuerung kommen noch f Imponderabissen und vor allen Dingen die Entwertung des fer Es sind nun verschiedene Mittel vorgeschlagen worden um dieser Teuerung Einhalt zu tun. Von der Linken wird die * schaffung der Einfuhrscheine verlangt. Nach der Rede des Reicht⸗ kanzlers, . Stellung der . Mehrheit dieses Hauscs lam von' einer Abschaffung ker Einfuhrscheine nicht die Rede sen.

Aufständischen griffen ihre Gegner in wiederholten Schar⸗

ausschuß verwiesen.

mützeln an, zogen sich aber, obwohl sie Verstärkungen erhielten,

Es ist doch merkwürdig, daß sogar eine gig Gruppe sfrelsinn h Kaufleute sich ganz energljch gegen die' Äbschaffung erklärt hat.

sehr oft erheblich dazu bei, die Marktpreise zu machen. Die Differenz

Dagegen sind meine Freunde wenigstens für eine zeitweise Auf⸗ hebung der Geltung der Einfuhrschelne für . 1. fl und für eine zeltweise Suspendierung des Zolls auf Futtergerste und Maig. Ebenso sind wir dafür, 4 ef n, Fleisch aus Argentinten nach. Deutschland eingeführt wird. ir halten es sehr wohl für möglich, daß unsere Tierärzte die Schlachtung in Argentinien überwachen. Was die Heffnung der Grenzen betrifft, so hat diese gegen Frankreich keinen rechten Zweck, weil das Rindpieh in Frankreich ebenfalls einen hohen Preis hat. Die russische Grenze könnte vielleicht eöffnet werden, aber selbstverständlich unter Wahrung der sani= tren Maßregeln, die wir billigen. Mit der Abschaffung des Zoll— tarif würden wir nicht einverstanden sein. Die ganze ga n, der Teuerung schelnt mir so zu sein, als ob es sich um eine schwere Krankheit handelt, bei der unendlich viele Aerzte helfen wollen. Die Linke schlägt eine Operation vor, von der man sagen kann, die Operation ist wunderbar 8 aber der Patient ist an der Operation , Die Regierung scheint dagegen etwas homöo—⸗ athische Mittel vorzuschlagen, die wohl kaum durchgreifen können. die Diagnose schwierig ist, ist verständlich. Ich glaube, der Haupt- rund des Uebels liegt in dem Zwischenhandel und in der unnatürlichen pannung zwischen den Preisen im Großhandel und im Kleinverkauf. Eine wichtige Rolle spielt die Frage der inneren Kolonisation. Die Organisation unserer landwirtschaftlichen Vereine und Bauern vereine brweist, daß uns das Gedeihen des Bauern und des Klein— besitzers besonders am Herzen ltegt. Wir verfolgen damit nicht, wie der Professor Bernhard behauptet, nationalistische Ziele und die Zurückdraͤngung des Deutschtums, sondern es ist uns lediglich um das ö des kleinen Bauern zu tun; durch unsere Vereine haben wir allmählich die Zwischenhändler, die den Bauern die Preise diktierten und Millionen daran verdienten, verschwinden lassen. Wir müssen ausdrücklich verlangen, daß unsere polnischen Bauern von den Wohltaten der inneren Kolonisation nicht ausgeschlossen werden. Die k der preußischen Regierung arbeitet aber systematisch dahin, daß der polndische kleine Besitzer vom An⸗ lauf der Scholle ausgeschlossen wird. Dadurch wird das gesunde Prinzip der inneren Kolonisation bei uns die entgegengesetzten Früchte fragen. Der Bauer, der seine Scholle mehr liebt als sein Leben, wird proletarisiert, wandert in die Stadt und wird Sozialdemokrat. Gerade die Konservativen, die die Tradition und das Festhalten an der Scholle auf ihren Schild geschrieben haben, sollten es unseren Bauern nicht unmöglich machen, auf der Scholle zu bleiben. Der einheimische polnische Bauer ist ein guter, tüchtiger Landwirt und ein besseres und vützlicheres Element als der aus allen Teilen Deutschlands in die Ostmark berufene Mann. Der Reichskanzler hofft, daß der nächste Reichstag so zusammengesetzt sein werde, daß das Interesse der Landwirtschaft gewahrt bleiht. Aber durch die Maßnahmen der preußischen Regierung können bei uns die wirt— schaftlichen Verhaͤltnisse leicht auf den Kopf gestellt werden. Ich hoffe, daß es uns auch im nächsten Reichstag weiter möglich gemacht wird, ür das Interesse der Landwirischaft und damit für das Interesse der llgemeinheit einzutreten. Abg. Wachhorst de Wente (nl): Der Abg. Graf Kanitz hat gestern versucht, die Ausführungen meines Kollegen Fuhrmann gegen die Aeußerungen des Stadtdirektors Tramm aus Hannover aus—⸗ juspielen. Der Abg. Fuhrmann hat nur eine gewisse Teuerung bei Kartoffeln, Gemüse, Milch und Butter anerkannt, dagegen nicht das Vorhandensein einer allgemeinen Teuerung. Auch könnte der Graf Kanitz von ibm wissen, daß er den berechtigten Forderungen der Landwirtschaft nicht nur ein gewisses Interesse entgegengebracht hat, sondern auch warm für sie eingetreten ist. Ich möchte also den Grafen Kanitz bitten, sich das nächste Mal etwas besser zu informieren. Die Ausführungen des Staatssekretärs und verschiedener Redner haben ergeben, daß von einer Teuerung des Brotgetreides nicht die Rede sein kann. Wit haben eine Roggenernte zu verzeichnen, die nicht nur quantitativ, sondern erst recht qualitativ eine der besten gewesen ist. Aber auch die Weizenernte ist im allgemeinen gut gewesen. Der Einfuhrüberschuß an Brotgetreide ist ständig her⸗ abgegangen, 1907 betrug er 20,7 , 1919 nur J 1440/0. D'es resultiert auz einer Intensität unseres ganzen. Wirtschaftsbetriebes. Ebenso hat sich die Viehzucht gehoben. Wir haben in den letzten Jahren einen vermehrten Bestand von Rindvieh und besonders von Schweinen gehabt, wenn auch die Schafzucht nicht diese Zunahme auf— weist. Ich kann auch augenblicklich nicht einen Mangel an Vieh an— erkennen. Man hat den Mangel künstlich konstruieren wollen, indem immer darauf hingewiesen worden ist, . infolge der vermehrten Schlachtungen ein Mangel zu erwarten sei. Wenn ich auch dem Mrofessor Ruhland nicht ganz zu stimme, so hat er doch unstreitig darin recht, daß die Preise nicht allein abhängig sind vom Angebot und von der I, en, dern daß als anderer Faktor die Beeinflussung der öffentlichen Meinung hinzukommt. Die öffentliche Meinung trägt

jwischen den Vieh. und Fleischpreisen, wie sie der Landwirschafte⸗ minister nachgewiesen hat, sind von der anderen Seite noch nicht widerlegt worden. Von einer Fleischnot und Fleischteuerung lann man heute unter keinen Umständen sprechen. Der Abg. Südekum ist über die richtigen Preise nicht so orientiert gewesen, wie es nötig gewesen wäre. Ich verweise nur auf eine Annonce der Firma Wertheim. Das . keine Preise, die g0 0 unserer arbeitenden Be⸗ völkerung nicht erschwingen können. Es mag zutreffen, daß jetzt etwas mehr Vieh verkauft worden ist. Aber die Ställe sind überfüllt, und was soll der Bauer mit dem Vieh machen? Schweine kann er nicht, wie ein Kaufmann seine Waren, in Regale stecken. Sie müssen ernährt werden, und mit sozia ldem okratischen Theorien kann z sie nicht füttern. Anerkennen muß ich allerdings, daß bei Gemüse, Kartoffeln und Milch etwas höhere Preise vorhanden sind.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Bolkswirtschaft.

Einfluß der Geburtszeit und der Ernährungsverhält— nisse auf die Sterblichkeit der Kinder während des ersten Lebensjahres.

Das Statistische Amt der Stadt Cöln hat zur internationalen eau fe lun in Dresden eine faber Reihe graphischer Dar⸗ engen über Fragen aus dem Gebiete des Gesundheitswesens ge⸗ lefert, von denen besonders die zu den beiden nachgenannten Unter⸗ uchungen gehörigen wegen ihrer Neuheit und allgemeinen Bedeutung auch daz Interesse weiterer Kreise erregen dürften. 9. uf Grund zwanzigjähriger Beobachtungen wird, zunächst in gn Bande von sieben großen Tafeln der Einfluß der eb ur ts zeit (des Geburtsmonats) auf die Sterblich⸗ n der Kinder während des ersten Lebensjahres nach— nigen, Es starben von 268 667 in den Jahren 1889 bis 1908 . Cöln lebend geborenen Kindern 62 489 oder 23,26 v. H. . ersten Lebensjahre. Bei Unterscheidung nach dem Geburtsmonat shhantt dieser , aber zwischen 21,57 v. H. für die im a vdem ber, Geborenen und 25.40 v. H. für die im Mai Ge—⸗ rn. Niedrige Werte weisen überdies mit 214653 und 21,77 ach auch der Oktober und der September, hohe mit 2511 s v. H. der Juni und der April auf. Die im Herbst fer en en Kinder sind also während des ersten Lebens— 6 weit weniger gefährdet als die im Frühjahr, = ende die im Mai geborenen. Es beruht Lies ö baut si ich darauf, daß jene bis zum nächsten 3 bereits Widerstandskraft genug n, , um die fe wierigkeiten der Ernährung in den heißen Monaten besser iw inden zu können. Hätte die günstige Sterblichkeit der November⸗ nder während der ganzen Beobachtungszeit bestanden, so würden im 36 Lebensjahre 1538 Kinder oder über 70 weniger gestorben sein in Wirklichkeit. Zur Ermsttlung der Ernährungsverhältnisse der Kinder

1908 und 1909 in Cöln auf Vergnlassung des Beigeordneten Dr. med. Krautwig an die Eltern bezw. Mütter und Pflegeeltern aller in der Impfliste von 1908 aufgeführten Kinder eine . Zählkarte zur Ausfüllung verschickt worden. Die gewünschte Auskunft ging dar— auf über 10 951 von' 14 245 Kindern ein, und ez ergab sich, daß davon 16,380 oder rund ein Sechstel ohne Brustnahrung geblieben, folglich 83,62 0 oder rund fünf Sechstel gestillt worden waren, elne über Er— warten hohe Zahl. Im einzelnen hatte die Dauer der natürlichen Ernährung V bis zu 1 Monat bei 13,76 0,, über 1 bis

Monate,. bel 19,31 0, über 3 big 6 Monate bei 15,22 oο, über 6 big 9 Monate bei 19,80 ,, über 9 bis 12 Monate bei 627 oso, über 12 Monate bei 18,21. Cso, der von dieser Statistik erfaßten Kinder, im ganzen also bei etwa der Hnaͤlfte länger als 3 Monate. Dabei überlebten von je 100 gestillten Kindern 9758 den 1. Monat, 93,53 den 3. Monat, 88,54 den 6. Monat, sb, 3 den 9. Monat und S331 das 1. Jahr, während die entsprechenden Sätze für die nicht gestillten Kinder auf 81, 99, 75, 60, 68,59, 6431 und 62,59 oder, wenn mgn die in den drei ersten Lebenstagen gestorbenen außer Be⸗ tracht läßt, weil bei ihnen die Ernährungzart nur eine untergeordnete Rolle spielt, auf 96,91, 89, 36, 81,08, 76,81 und 73,98 sich beliefen. Von den Kindern mit Brustnahrung erreichte hiernach eine um rund 20 υί— oder, wenn man die kurz nach der Geburt gestorbenen Kinder vom Vergleiche ausschließt, eine um rund 10 90½— größere Zahl das 1. Lebensjahr.

Zur Arbeiterbewegung.

Sechs Versammlungen der Arbeiter und Handwerker aus allen Rebieren und Betrieben der Englischen Gasanstalten in Ga Berlin, soweit sie im Verband der Gemeinde⸗ und Staats⸗ arbeiter organisiert sind, fanden gestern statt, um zur allgemeinen geren z Stellung zu nehmen. Besonders stark besucht waren, wie die ‚Voss. Ztg. berichtet, die Versammlungen in Schöneberg, ferner die vom Gaswerk „Gitschiner Straße. In allen Versammlungen wurden zwei Erklärungen angenommen, in denen gegen die Be— handlung der Lohnforderungen Verwahrung eingelegt wird und, mit Rücksicht auf die gegenwärtig gezahlten unzureichenden Löhne, die Zahlung einer laufenden Teuerungszulage mit rückwirkender Kraft vom 1. Oktober 1911 sowie die Errichtung von Arbeiterausschüssen nach einem neu ausgearbeiteten Regulativ gefordert wird. Die Leitung des Verbandes der Gemeinde und Staatsarbeiter wurde beauftragt, diese Beschlüße der Verwaltung der „Imperial Continental⸗-Gag⸗ ö . , zu . ö.

ie Arbeiterbewegung bei der Firma Max Schorch u. Co. A.-G., elektrotechnische Fabrik in irre br b an, die „Köln. Ztg.“ mittelt, nach einer Dauer von einem Vierteljahr beendet worden. Die Firma hat einen Teil der ausständigen Arbeiter zu den alten Bedingungen wieder eingestellt. Die Sperre über das Werk ist aufgehoben worden.

Aus Offenbach wird der „Köln. Itg. gemeldet: Die von den vereinigten Schuhindustriellen des Maingaus angedrohte Aussper rung aller freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter unter⸗ bleiht, nachdem der Streitpunkt, der zu einem Ausstand in der Schuhfabrik Liebmann in Offenbach geführt hatte, durch Vergleich aus der Welt geschafft worden ist. (Vgl. Nr. 250 d. Bl.)

In Hamburg beschlossen, der Köln. Ztg.“ zufolge, mehrere

Versammlungen von Tabakarbeitern, sich mit den Tabak arbeitern in Westfalen (ogl. Nr. 246 8. Bl. einig zu erklären und, wenn keine, baldige befriedigende Einigung zusfandekommen sollte, in den Ausstand einzutreten, was den Firmeninhabern mitgeteilt werden soll. Die Arbeitseinstellung soll jedoch nur mit Zustimmung des Verbandsvorstands erfolgen. In Bremen ist, wie dasselbe Blatt erfährt, der Ausstand der Isolierarbeiter, der ein halbes Jahr gedauert hat, be— en digt. Es wurden 674 bis 70 3 Stundenlohn bewilligt. Die Arbeitnehmer mußten die strittigsten Forderungen fallen lassen.

(Weitere Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)

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Literatur.

166 Die von Georg Scherer unter dem Titel Deutscher Dich terwald zusammengestellte Auswahl lyrischer Gedichte erfreut h einer großen Beliebtheit und hat auch dann noch immer neue Auflagen erlebt, als es längst Gedichtsammlungen gab, die sie an innerem Gehalt übertreffen; es sei nur an die von Avenarius besorgten Sammlungen erinnert. Die Deutsche Verlagtanstalt in Stutt- gart und Leipzig hat nun eine neue (24), sehr hübsch gusgestattete Neu⸗ auflage des . Deutschen Dichterwaldes“ erscheinen lassen, die von dem Privatdosenten an der Münchener Universität Dr. Arthur Kutscher hesorgt ist. Von der Sammlung läßt sich nicht viel Gutes sagen. Der Neuherausgeber hat die Grundsätze, die Scherer bel seiner Auswahl leiteten, noch strenger angewandt und bis in alle Einzelheiten durch— geführt. Nicht nur der persönliche Geschmack, keine besonderen ästhetischen Gesetze oder gar äußere Gesichtspunkte sollten den Aus— schlag geben, es sollten vielmehr nur solche Gedichte aufgenommen werden, die für den einzelnen Dichter und seine Zeit besonders be— zeichnend sind und die zugleich wegen ihres künstlerischen Wertes Aufnahme verdienten. In der Theorie scheinen diese Gesichtspunkte durchaus vet f in der Praxis aber kommt es auch bei ihrer Beobachtung schließlich in erster Linie auf das ästhetische Feingefühl des Auswählenden an, das sowohl über den fünstlerischen Wert der einzelnen Gedichte, wie darüber zu entscheiden hat, was für jeden Dichter besonders charakteristisch ist. Ueber den Ge— schmack läßt sich nun schlecht streiten und ein abweichender läßt sich in einer kurzen Besprechung nicht einmal genügend begründen. Da der Re— zensent die getroffene Auswahl aber in vieler Hinsicht nicht billigen kann, seien einige Ausstände wenigstens kurz erwähnt. Zunächst er— scheint ibm die Sammlung viel zu , wissenschaftlich.. Augenscheinlich wurde erstrebt, möglichst alle Tichter zu Worte kommen zu lassen, die in ihren Tagen irgend eine Bedeutung hatten und daher literarhistorisch einen ewissen Anspruch auf Beachtung haben. Was sollen aber diese kleinen Eintagsgrößen in einer Sammlung, dle lediglich der ästhetischen Freude, dem Mitgenießen dienen soll? Ein gutes Drittel des Aufgenonmmenen hãtte nicht nur fortbleiben können, sondern fortbleiben müssen, dann hätte aus den Gedichten der bedeutenderen Dichter eine reichere Auswahl geboten werden können. Auch das Chgrakteristische der einzelnen Dichter scheint oftmgls durchaus nicht erkannt und hervorgehoben zu sein. Aus den von Wilhelm Busch aufgenommenen Gedichten erkennt man z. B. nicht im geringsten die Bedeutung dieses großen Humoristen

auch als ernster Lyrlker; ebenso verfehlt erscheint die Auswahl au

Uhland u. a. Welch ein Mangel an jedem Maßstab für die Größe

verrät es, wenn einem so äußerlichen Formtalent wie Börris von Münch=

hausen ebensoviel Raum gewährt wird, wie Keller und C. F. Meyer,

und ein größerer als Mörike. Daß die manierierten Neutöner zu

Wort kommen, mag berechtigt sein. Warum aber ist gerade der

eigenartigste unter ihnen, Rilke, nicht beachtet? Es ließen sich noch

zahlloss Bedenken gegen die getroffene Auswahl anfhhren. Der

ee r. Vorwurf gegen die Sammlung aber bleibt der, daß in ihr eine

große Anzahl von unbedeutenden Gedichten mitgeschleppt wird, die in

eine Auswahl, die nur das Beste, Unvergängliche enthalten follte,

nicht hineingehören und deren Aufnahme ö nur aus einem hier zu

Unrecht angewandten wissenschaftlichen⸗ Prinzip erklären läßt. Daß

die Sammlung trotzdem auch viel Schönes bietet, ist bei dem

Reichtum der deutschen Lyrik felbstverständlich.

»Der Winter., die im Verlag der Deutschen Alpen—⸗

großen Skiverbände, hat foeben die Nummer 1 seines VI. Jahrgangs herausgegeben. Eingeleitet durch einen interessanten . Winter und Win ln seen in der Kunst! von Dr. Hans Schmidkunz, bietet diese Nummer noch einen reich illustrierten Auffatz Skl= historisches von Dr. Görbing, in dem die älteste Quelle äber den

während des ersten Lebensjahres ist ferner in den Jahren

zeitung in München erscheinende illustrierte Zeitschrift, das Blatt der

werte Arbeit über die „Skihütte der Universität ien Bildbeigaben. Eine Uebersicht über die ft . n ö. eit lauft in Italien aus der Feder Roegners⸗Neapel, der Bericht über den österreichischen Skikongreß sowie die vollständigen neuen Eishockeyregeln, die hier zum erssen Mal im Druck erscheinen sind weiterhin erwähnenswert. Wie in jeder Nummer, fo schließen auch in dieser zahlreiche interessante Nachrichten aus dem Gebiete des Skilaufs, Eislaufs, Schlittensports dieses abwechslungsreiche schöne Heft. Wie man sieht, kommen in dieser reichhaltigen Zeitschrift alle Zweige deg Wintersports gebührend zur Geltung. Der 26 Hefte um. fassende reich illustrierte Jahrgang, der in der Hauptfaison in Wochen⸗ heften ausgegeben wird kostet 5 44. Probehefte können jederzeit kostenlos vom Verlage München, Schackstraße 5) bezogen werden.

Bauwesen.

Einen Wettbewerb für Vorentwürfe zu einem Real gymnasium in Grünberg i. Schl. schreibt der dortige Magistrat mit Frist bis 1. Februgr 19512 aut. Das Preisgericht bilden Ge— heimer Kommerzienrat Beuchelt, Königlicher Baurat Friede, Erster Bürgermeister Gayl, Maurermeister Mühle, Direktor des Real⸗= gWVmnasiums. Dr. Raeder, Ingenieur Ribbeck und Stadtbaurat Severin, sämtlich in Grünberg, ferner die Stadtbauräte Kiehl in Rirxdorf und Wagner in Glogau. Auggesetzt sind drei Preise von 3000 Æ, 2000 M und 1000 6; der Ankauf weiterer Entwürfe für 4. . rr t k ö und Lageplan zum Wett⸗

ür om Magistrat zu beziehen; dieser ? i den Bewerbern jurückgezahlt e,. J

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Bericht

ber den Stand und die Ernte der Feldfrücht = chläge, Wiesen und Weiden in e e ct, ᷣlkt⸗ Oktober 1911.

(Susammengestellt im K. K. Ackerbauministerium.) Tabellarische Uebersicht.

ü s

Klassifikation des Standes, e, ne, e der 8e. der Feldfrüchte, Kleeschläge, Wiesen und Weiden ) Länder ö 5 5 HJ ; 1 6 und Landesteile ö w k 88 86 8 8 K* J ĩ Niederosterreich, 37 34 3 3 289 34 29 Bberhsterreich . 23 27 3 3753 39 3 Salßburg !.... 375 33 35 33 3,14 35 Steiermark 32 35 27 2353 25 2535 235 Düften: i 65 j 6 , . 1135 an, , 3 47 8 41 37 . ( U ö ; 6. Vorarlberg.. 32 27 25 34 28 22 Spdüirol .... 3 2 36 33 35 3* 3 Küstenland.... 35 35 35 37 35 35 34 Dasmatien... 45 37 6535 37 23 33 Böhmen ..... ö Möhren. 3,6 37 35 36 36 3.5 4 1“᷑ 3,8 Schleien. .... = 33 a 33 33 33 tz 3 Westgalizien. 28 25 314 283 35 3.56 3,7 . w Bukomlna=—— 32 1 13 13 zi * Gesamtdurchschn. 5 37 57 INT I FIJI DVF FS. J Sktober iSi). . 232 25 23353 25 23 233 23 33.

Anmerkung. I) Klassifikations note 1 sehr gut, 2 über⸗ mittel, 3 mittel, 4 untermittel, 5 chr 16. Die Noten für die einzelnen Länder beziehungsweise Landesteile fowie für den Gesamtdurchschnitt sind aus den Klassifikationsziffern für die einzelnen Berichtsgebiete, und zwar unter Zugrundelegung der vorjährigen Ernte⸗ * n n, et. b

in Strich bedeutet, daß die betreffende Frucht gar nicht oder nur in sehr beschränktem Ausmaße gebaut wird, ö. rt ot die Berichte nicht in genügender Anzahl einlangten. Der Anbau der Wintersaaten (Weizen und Roggen) ist noch nicht überall beendet, und wird der Stand derselben im Novemberberichte klassifiziert werden.

Witterungsverlauf in der Zeit von Mitte Septemb bis Mitte Oktober 1911. H

In der zweiten Hälfte September und Anfang Oktober herrschte in allen Ländern vorwiegend trübes, häufig . 3. 6. 9 nehmenden Temperaturen kühles Wetter. Gegen Mitte Oktober besserte sich die Witterung allgemein; die Temperaturen blieben jedoch unter den normalen Werten. In Nordböhmen und in den Karpathen⸗ kern traten gegen Ende der Berichtsperiode schwache Nacht— röste ein. 2 Allgemeine Bemerkungen. e Bestellung der Wintersaaten (Weizen und Roggen) ist die Südländer sowie Ostgallzien und die Bukowina . fast, überall durchgeführt. Zufolge günstiger Herbstwitterung und genügender Feuchtigkeit beginnen die vielfach üppig stehenden Früh⸗ saaten sich kräftig zu bestocken, während Spätsaaten rasch und lückenlos auflaufen. Schon jetzt wird jedoch haufig über Schäden durch Feld— mãäuse geklagt. Die Maisernte Spätmais ausgenommen geht in Ost— galizien und in der Bukowina derzeit bei trockenem Wetter rasch von statten und ist in den übrigen Ländern fast gänzlich geborgen. Ent⸗ sprechend der Dürre im Sommer sind die . meist klein und schütter im Körnerbesatz. Die Ernte von Spätmals ist in Dalmatien , . t die artoffelernte ist in den Karpathenländern noch ziemli im Rückstande, geht aber in den Alpen⸗ und Sudetenländern, enn Gebirgsgegenden, der Beendigung entgegen. Für das Knollenwachstum waren die Niederschläge im September bei Spätsorten immerhin noch von Nutzen und die Kartoffeln konnten sich in tiefgründigen Böden noch gut ausbilden. Die Knollen sind im allgemeinen gesund und von guter Qualität; bloß in Ostgalizien und in der Bukowina trat stellenweise in schweren Böden Naßfäule auf und der Stärkegehalt ist 66 . gu ö

ie Ernte von Zuckerrüben ist in vollem Gange und die Ab⸗— fuhr derselben im Flachlande von Niederösterreich ! den Sudeten⸗ ländern fast beendet. Die verspäteten Niederschlaͤge konnten nur mehr in besseren Niederungsböden einen merklichen Zuwachs des Rüben⸗ körpers herbeiführen, wogegen das Wurzelgewicht in leichteren Böden bloß eine geringe Zunghme erfahren hat. Der Zuckergehalt ist jedoch dafür recht gut und läßt nur in den östlichen Karpathenländern, wo die Rüben zu stark ins Blatt gewachsen sind, etwas zu wünschen übrig. Die Futterrübenernte, die in Ostgalizien sowie in der Bukowina größtenteils erst begonnen hat, ist in den Südländern bereits beendet und im Flach⸗ und Hügellande der übrigen Länder dem Abschluß nahe. Die Rüben haben . gegen Ende der Vege⸗ tationsperiode unter dem Einfluß der Feuchtigkeit derart gebessert, 9 e, n , schweren ee. 6 halbwegs befriedigende

rträge erzie erden, wogegen der Rübenzuwachs i Bar n n h . . ö raut ha n letzter Zeit ebenfalls etwas gebessert, b jedoch überwiegend kleine, wenngleich feste Köpfe. * Cite t und in der Bukowina ist das Kopfkraut gut ausgebildet, beginnt aber hin und wieder zu faulen. Die Fechsung ist in den Südländern

Skilauf, Olaus Magnus, behandelt ist, sowie eine leseng—

gänzlich, in den Alpen⸗ und Sudetenländern zum Teil eingebracht.

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