bisher in Cöln, als Vorstand (auftrw.) des Eisenbahnbetriebs⸗ amts 1 nach Deutsch Eylau und Kleiber, bisher in Arys, . ,, als Vorstand der daselbst neu errichteten Bau⸗ abteilung.
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Bei dem Schiedsgericht für Arbeiterversicherung des Saar⸗ brücker Knappschaftsvereins in Saarbrücken ist der Landrichter Prüfner in Saarbrücken zum stellvertretenden Vorsitzenden ernannt worden.
Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.
Dem Privatdozenten an der Königlichen Technischen Hoch⸗ chule zu Berlin, Major z. D., Doktor der technischen Wissen⸗ chaften August von Parseval und dem Königlichen Musik⸗ irektor Richard Stronck in Barmen ist der Titel Professor
verliehen worden.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Der Regierungs⸗ und Baurat Sarauw, bisher Vorstand des Meliorationsbauamts in Stade, ist mit der einstweiligen n n, e. der Stelle eines meliorationstechnischen Beirates bei dem Oberpräsidenten der Provinz Pommern betraut worden.
Der Regierungsbaumeister Fritz Schmidt, bisher bei der Generalkommission in Düsseldorf, ist nach Stade als Vorstand des dortigen Meliorationsbauamts versetzt worden.
Ministerium des Innern.
Der Arzt Dr. Doepner aus Berlin ist zum Kreisarzt ernannt und mit der Verwaltung der Stelle des ständigen medizinischen Hilfsarbeiters bei der Königlichen Regierung in Königsberg beauftragt worden.
Finanz ministerium.
Das Katasteramt Lechenich im Regierungsbezirk Cöln ist zu besetzen.
Evangelischer Oberkirchenrat. Zum Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde in Santos (Brasilien) ist der Stadtvikar Heidenreich in Stutt— gart berufen worden.
Angekommen:
der Unterstaatssekretär im Ministerium für Handel und Gewerbe Schreiber, von einer Dienstreise.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 18. November.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Staatssekretärs des Reichsmariheamts, Großadmirals von Tirpitz und des Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die ver⸗ einigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
Die Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen für Oktober 1911 betrugen nach der im Reichseisenbahnamt aufgestellten Uebersicht:
gegen das Vorjahr (mehr, weniger)
im ganzen auf 1 km . 16 ͤ 3 /g
o 143 46s 4 3 285 soo 4 48 4 3,66 155 S3 iz 3 zs oss 4 1454. 1.65.
auf
im ganzen 16
7 onenverkehr üterverkehr.
Der Regierungs⸗ und Medizinalrat Dr. Krause in Stralsund ist an die Königliche Regierung in Oppeln, der Regierungs- und Geheime Medizinalrat Dr. Springfeld in Königsberg an die Königliche Regierung in Osnabrück, der Regierungs⸗ und Medizinalrat Dr. Schneider in Osnabrück an die Königliche Regierung in Arnsberg und der Regierungs⸗ und Medizinalrat Dr. Solbrig in Arnsberg an die König⸗ liche Regierung in Königsberg versetzt worden.
Dem Landrat greg Schack von Wittenau in Wit⸗ kowo ist die kommissarische Verwaltung des Landratsamts im Kreise Posen⸗West, Regierungsbezirk Posen, übertragen worden.
Der Regierungsrat von Wurmb in Potsdam ist der Königlichen Regierung in Wiesbaden und der Regierungs⸗ assessor Dr. Banke in Euskirchen der Königlichen Regierung in Stralsund zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen, der Regierungsassessor Freiherr von Seckendorff in Wil⸗ dungen dem Landrat des Kreises Bra unsberg, der neuernannte Regierungsassessor Dr. Kuegler aus Posen dem Landrat des Kreises Herford, der neuernannte Regierungsassessor Dr. Klausener aus Düsseldorf dem Landrat des Kreises Neu⸗ stadt i. O. S., der neuernannte Regierungsassessor Rintelen aus Oppeln dem Landrat des Kreises Sangerhausen und der neuernannte Regierungsassessor Dr. Swart aus Cassel dem Landrat des Landkreises Thorn zur Hilfeleistung in den land⸗ rätlichen Geschäften zugeteilt worden.
Die Regierungsreferendare Niemeyer aus Hannover, Kreich aus Stettin und Dr. jur., von Weegmann aus Düsseldorf haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 15. d. M. S. M. Flußkanonenboot „Vaterland“ in Hankau und am 16. S. M. S. „Leipzig“ mit dem Chef des Kreuzergeschwaders und S. M. Tpdbt. „Ta ku“ in Wusung, S. M. S. „Jaguar“ in Swatau, S. M. S. „Geier“ in Pirgeus und S. M. S. „Hertha“ in Port of Spain auf Trinidad angekommen.
Hessen.
Wie „W. T. B.“ meldet, sind bei den gestrigen Stich⸗ wahlen drei Nationalliberale, vier Mitglieder des Bauern⸗ bundes, drei Mitglieder der fortschrittlichen Volkspartei und zwei Sozialdemokraten gewählt worden.
Nach dem Ergebnis der Wahlen wird sich die neue Kammer, die 58 Abgeordnete gegen 50 der alten zählt, aus sechzehn Nationalliberalen, sechzehn Bauernbündlern, neun Mit—⸗ gliedern des Zentrums, neun Mitgliedern der fortschrittlichen Volkspartei und acht Sozialdemokraten zusammensetzen. Die fortschrittliche Volkspartei gewinnt vier Sitze, die Sozial— demokraten drei, der Bauernbund zwei, das Zentrum einen Sitz; die Nationalliberalen verlieren zwei Sitze.
Mecklenburg.
Das Plenum des Landtags beriet gestern laut Meldung des „W. T. B.“ darüber, ob in eine Beratung der neuen Verfassungsentwürfe der Schweriner Regierung einzutreten sei. Nachdem die Landschaft unter sich beraten hatte, lehnte sie die Vorlage ab. Die Ritterschaft nahm die Vorlage im Prinzip an.
Bremen.
Der Bürgermeister Senator Dr. Marcus ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern vormittag in der Kuranstalt „Weißer Hirsch“ bei Dresden nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.
Oesterreich⸗Ungarn.
Gestern mittag trat der Ministerpräsident Graf Stürgkh mit den Parteiobmännern sowie den Obmännern der Ausschüsse der Staatsangestellten zu einer Konferenz zusammen, in der er sein Programm für die Regelung der Beamtenfrage entwickelte. Wie „W. T. B.“ meldet, umfaßt nach diesem Programm die endgültige Aktion zunächst die Vorlage über die Dienstpragmatik unter Berücksichtigung der Er— gebnisse der Beratungen des Ausschusses in der früheren Session, ferner eine Regelung der Bezüge der Eisenbahn— beamten und Staatsarbeiter im Verordnungswege. Die vor⸗ läufige Aktion besteht in einer einmaligen, unmittelbar nach dem 1. Januar 1912 den Staatsbeamten zu gewährenden Zu⸗ lage. Die Nachmittags fortgesetzte Besprechung ergab Ueber— einstimmung aller Parteien darüber, daß die endgültige Regelung der Beamtenfrage gänäß den Absichten der Regierung in möglichst kurzer Frist durchzuführen sei, wobei vielfach die Erwartung ausgedrückt wurde, daß die notwendige Deckung durch Erledigung der Steuervorlagen in dieser Frist möglich sein werde. Dagegen wurde einmütig gegen die vorgeschlagene vorläufige Aktion Stellung genommen. Der Ministerpräsident stellte baldmöglichste Einbringung der einschlägigen Gesetzes⸗ vorlage in Aussicht und behielt sich den endgültigen Beschluß der Regierung bezüglich der vorläufigen Aktion vor.
— Im Budgetausschu ß des österreichischen Abgeordneten⸗ hauses beantragte gestern der Abg. Dr. Korosec, mit Rücksicht auf die Meldungen von einer Demission des Finanzministers Dr. Meyer die Beratung des Budgetprovisoriums von der Tages⸗ ordnung abzusetzen. Der Antrag wurde, obiger Quelle zufolge, abgelehnt, nachdem der Ministerpräsident Graf Stürgkh erklärt hatte, daß der Finanzminister seine Entlassung nicht eingereicht habe und daher voll befugt sei, an den Ver—
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handlungen des Budgetausschusses teilzunehmen.
Frankreich.
Der König von Serbien hat gestern zu Ehren des Präsidenten Fallires in der serbischen Gesandtschaft ein Festmahl gegeben, an dem der Ministerpräsident Caillaux, der Minister des Aeußern de Selves, der Senatspräsident Dubost und der Präsident der Deputiertenkammer Brisson teilnahmen.
Ueber die Marokkoangelegenheit wird, wie „W. T. B.“ meldet, ein Gelb buch vorbereitet, das die Schrift— stücke enthalten soll, die sich auf die vom September 1910 bis zum Abschluß des Abkommens vom 4. November 1911 ge⸗ pflogenen Besprechungen beziehen.
Die Kammerkommission für auswärtige An— gelegenheiten beriet gestern über das Congoabkommen und beschloß, obiger Quelle zufolge, um genauere Auskunft über Artikel JI zu bitten, um zu erfahren, welche Ortschaften
französisch bleiben, sowie über die auf die Schiffahrt und den
freien Durchzug bezüglichen Artikel. Eine lange Debatte entsse ann sich über die Frage der Konzessionen. Die Kommission vertrat die Ansicht, daß die Konzessions⸗ gesellschaften in derselben Lage seien wie ein Mieter, dessen Hauswirt gewechselt habe. In bezug auf das Vorkaufsrecht Frankreichs auf den belgischen Congo verlangten Millerand, Andrieur und Chailley Aufklärung darüber, was aus diesem Recht werde. Die Kom⸗ mission gab ihre Ansicht kund, daß in dem von dem Abg. Long zu erstattenden Kommissionsbericht die einmütige Auf— fassung der Kommission über die Achtung der Rechte Belgiens und über die Notwendigkeit der Anrufung des Haager Schieds⸗ gerichts zum Ausdruck kommen solle. Im weiteren Verlauf der Beratungen bat Millerand den Präsidenten der Kommission, den Minister des Aeußern zu fragen, ob die Erklärungen, die der Staats⸗ sekretär von Kiderlen Waechter nach den Blättermeldungen in der Budgetkommission des Reichstags über das Fortbestehen der deutschen Post in Marokko abgegeben haben soll, richtig 9. Nach seiner Meinung ständen sie im Widerspruch zu em § 1 der erläuternden ei,, nach dem Deutschland dem Vorgehen Frankreichs in Marokko kein Hindernis in den Weg
legen würde. Rußland.
Der Finanzminister hat nach einer Meldung des W. T. B.“ in der Relchsduma eine Gesetzesvorlage, betreffend Bereitstellung
von 10500 000 Rubel aus dem freien Barbestand zum Bau der Schwarzmeerflotte, eingebracht.
— Der Reichsrat begann gestern die Beratung der Vor⸗ lage, betreffend die Glaubensfreiheit.
Gegen die Vorlage traten, obiger Quelle zufolge, die Vertreter der Geistlichkeit auf, die in ihr den ersten Schritt zur Trennung von Staat und Kirche erblickten. Der Minister des Innern Makarow
verteidigte die Vorlage und erklärte, daß sie in jeder Hinsicht den
Grundlagen des Allerhöchsten Ukas vom 30. April 1907 entspreche und diesen entsprechend den Anforderungen des praktischen Lebens ergänze.
— Die „Nowoje Wremja“ erfährt, daß die diploma— tischen Beziehungen zwischen Rußland und Persien abgebrochen seien, die beiderseitigen Vertreter aber an ihren bisherigen Wohnorten verbleiben.
Das nach Kaswin bestimmte Expeditionskorps von 40090 Mann sammelt sich nach einer Meldung des „W. T. B.“ in Baku zur Einschiffung nach Enseli.
Amerika.
Die Regierung der Vereinigten Staaten hat laut Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, in Anbetracht der Gefahr eines neuen organisierten an. in Mexiko die an der mexi⸗ kanischen Grenze befindlichen Truppen zur Aufrechterhaltung der strengsten Neutralität dort zu belassen.
Asien.
Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, bittet der Gouverneur von Honan die Regierung um Uebersendung von 500 000 Taels, um die Truppen zu bezahlen. Er erklärt, wenn er das Geld nicht erhalte, werde er nicht imstande sein, die Truppen daran zu hindern, mit den Aufständischen gemein⸗ schaftliche Sache zu machen und die Unabhängigkeit der Provinz Honan zu erklären.
Afrika.
Wie die „Agenzia Stefani“ aus Tripolis meldet, dauert das schlechte Wetter am Lande wie auch auf dem Meere an, sodaß die Kriegs- und Handelsschiffe die Reede verlassen und die hohe See aufsuchen mußten. Infolge des anhaltenden strömenden Regens ist der Ued Medschenin über seine Ufer getreten und hat die von den Italienern aufgeworfenen Ver⸗ schanzungen weggeschwemmt. Die Wassermassen bahnten sich einen Weg quer durch die Stadt bis zum Meer. Die Truppen waren genötigt zurückzugehen und die Vorpostenlinie hinter Bumeliana aufzustellen. Die türkischen Stellungen sind durch die Ueberschwemmung des Medschenin stark gefährdet. Der Feind versuchte den Lauf des Flusses in der Richtung auf die italienischen Verschanzungen abzuleiten, die Gefahr wurde jedoch durch Genietruppen und Sappeure rechtzeitig abgewendet.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs— tags befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— Der heutigen (209.) Sitzung des Reichstags wohnten der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück und der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach bei.
Nachdem der Bericht der Petitionskommission über die Petition wegen Ausgabe kleiner Aktien in den Konsulargerichts⸗ bezirken und im Schutzgebiet Kiautschou, der diese Petition den verbündeten Regierungen zur Berücksichtigung zu überweisen empfiehlt, ohne Diskussion an die Budgetkommission überwiesen war, setzte das Haus die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend den Ausbau der deutschen Wasserstraßen und die Erhebung von Schiffahrtsabgaben, fort.
Die Verhandlung ist bis zum Art. II 8 8 gelangt. Dieser bestimmt, daß in den Verbänden Befahrungsabgaben für Güter nach einheitlichen Tarifen in fünf Klassen mit tonnenkilometrischen Einheitssätzen erhoben werden sollen, die nach Stromabschnitten abzustufen sind und für die einzelnen Klassen höchstens O, 02, O, 04, 0, 065, O0, 08 und O, 1 Pfennig betragen sollen. Zu Aende⸗ rungen des Tarifs, wodurch diese Einheitssätze überschritten werden, sind übereinstimmende Beschlüsse der Verwaltungsausschüsse und Strombeiräte mit 73 Mehrheit erforderlich; eine Erhöhung der vorstehenden Einheitssätze auf das Doppelte oder mehr kann nur durch Reichsgesetz erfolgen. Kohlen und Erze ge⸗ hören stets in die niedrigste Tarifklasse; Versetzungen von Gütern in eine höhere Klasse bedürfen ebenfalls einer , Mehr⸗ heit in den Verwaltungsausschüssen und Strombeiräten. Per⸗ sonenverkehr und Reisegepäck sowie Flößerei sind abgabenfrei. Güter in Schiffen ohne eigene Triebkraft sollen abgabenfrei sein bis zu einer Tragfähigkeit der Schiffe von 200 t auf dem Rhein, von 150t auf der Weser und Elbe und von 100 t auf den übrigen Verbandsflüssen; Güter in Schiffen mit eigener Triebkraft bis zu einer Tragfähigkeit von 50 t.
Nach einem Antrag Albrecht (Soz.) sollen auch Nahrungs⸗ und Futtermittel stets in die niedrigste Tarifklasse gehören; ferner sollen auf dem Rhein und dem auf gleicher Tiefe kanalisierten Main Schiffe bis zu 600 t, auf den übrigen Nebenflüssen des Rheins sowie auf der Weser und Elbe Schiffe bis zu 300 t abgabenfrei sein.
Der Abg. Haus mann-⸗Hannover (nl.) beantragt, bei der Weser und Elbe noch die Aller hinzuzufügen.
Ein Antrag Oeser-Gothein-Günther will statt des Satzes: „Kohlen und Erze gehören stets in die niedrigste Tarifklasse“ folgende Bestimmung setzen:
„Bei der erstmaligen Verteilung der Güter auf die einzelnen Tarisklassen ist die Gätereinteilung der Eisenbabnfrachttarife zum Anhalt zu nehmen. Insbesondere sind die Güter des Rohstofftarifs, des Spezialtarifs 1II1 sowie der unter diesen herabgehenden Aus⸗ nahmetarife in die niedrigste Tarifklasse aufzunehmen.“
Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.): Die Flößer erfährt auf dem Main eine erhebliche Schädigung dadurch, daß Stauwerke usw. ein— gerichtet sind. Bei Windstille ist es überhaupt unmöglich, die Flößerei zu betreiben ohne die Anwendung motorischer Kraft. Es war von vornherein klar, daß die Flößer nicht unter diejenigen Fahrzeuge einzubeziehen sind, die Schiffahrtsabgaben zu leisten haben, denn die Flöße sind zugleich Ware und Transportmittel. Erfreulicher⸗ weise ist von seiten der baverischen und preußischen Regierung darauf hingewiesen, daß die Flößerei abgabenfrei sein soll. Die Flößer müssen erhebliche Opfer aufbringen, um die betreffenden Vorrichtungen sich nutzbar zu machen. Die Flößer haben den dringenden Wunsch, daß auf dem Main ein regelmäßiger Schleppdienst eingerichtet wird, und zwar zu erheblich billigeren Preisen als bisher. Ich möchte an die verbündeten Regierungen die Frage richten, ob von seiten des interessierten Staates in dieser Hinsicht etwas getan werden wird. Was den Veidienstausfall betrifft, so wäre ich sehr wohl imstande, Ihnen eine Berechnung über die Schädigung der Flößerei aufzumachen; ich sehe aber dabon ab nach den Erfahrungen, die wir in diesen Tagen mit solchen Berechnungen gemacht haben. Es kann leicht passieren, daß diese Dinge als
Schwindel und Lüge hingestellt werden, wie es gestern passiert ist, indem der Abg. Schmid den Vorwurf der Lüge, der ihm gemacht wurde, zurückwies. Er hat damit eine granitne Stirn gezeigt, die härter ist wie sein heimisches Gestein. Der Abg. Schmid hat keine Ahnung von den Dingen. Er hat gesagt, er wäre heute Zentrums— abgeordneter, wenn das Zentrum ihm ein Mandat gebe. Wenn gegen ihn ein Vorwurf erhoben wird, stellt er sich tot oder fret erstaunt: ich? Jawohl, die Dinge sind vollständig richtig. Der Abg. Schmid hatte wahrscheinlich nicht Zeit, sich nach den Dingen umzusehen, weil er mit dem Schreiben bon Kompromissen mit den Sozialdemokraten zu tun hatte. Ich kann auf die Sache nicht eingehen, weil der Präsident mich daran hindern würde, aber wir werden über die Sache noch sprechen. Sie kommen daran nicht herum, wir werden Ihnen das nicht schenken, und hier gibt es kein Ableugnen, wir haben den Beweis in Händen. (Der Präsident ersucht den Redner, zur Sache zu sprechen) Ich hin mitten im Thema. Wir werden uns gestatten, dem Abg. Schmid an anderer Stelle eine Geschichte zu erzählen. Es handelt sich um einen aus Dummheit, Niedertracht und Bosheit zusammengesetzten Schwindel. Also jene Rücksicht, von der ich sprach, bestimmt mich, eine eigene Berechnung wegen dieser Schädigung der Flössereien nicht aufzustellen. Vielleicht ist der Ministerlalrat Br. von Graßmann so freundlich aufzuklären, wie weit die Flösserei wirtschaftlich an der ganzen Frage beteiligt ist.
(Schluß des Blattes.)
Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eines Gesetzes, betreffend Eisenbahnbauten im ostafrika⸗ nischen Schutzgebiet, nebst Begründung und einer Denk—
chrift zugegangen: t Einziger Paragraph.
Der Reichskanzler wird ermächtigt:
a. die durch den Etat für das ostafrikanische Schutzgebiet zur Fortführung der Usambarabahn und zum Ausbau des Hafens in Tanga bereitgestellten Mittel auch zu Ergänzungs⸗ und Neubauten auf der Stammstrecke Tanga —Mombo i
die durch den Etat für dasselbe Schutzgebiet bereitgestellten Mittel zur Gewährung eines Darlehns an die Ostafrikanische Eisenbabngesellschaft zur Fortführung der Eisenbahn Dares— salam —Morogoro bis Tabora und zu Vorarbeiten für die Fortführung der Bahn bis an den Tanganjikasee, auch zur Gewährung eines Darlehns an die I fe ch Eisen⸗ bahngesellschaft zur Fortführung der Eisenbahn Daressalam — Morogoro bis an den Tanganjikasee sowie zu Ergänzungs⸗ und Umbauten an der Stammstrecke Daressalam — Morogoro zu verwenden.
Statistik und Volkswirtschaft.
Erhöhung der Hafenarbeiterlöhne in Hamburg.
Eine am 17. November abgehaltene Generalversammlung des Hafenbetriebs-Vereins in Hamburg hat, wie in den „Ham— burger Beiträgen“ berichtet wird, beschlossen, den Tagelohn der Schauerleute von 4,380 auf 5 M mit Wirkung vom 20. November an zu erböhen. Außerdem wurde beschlossen, den Wochenlohn der Kontrakt Schauerleute, der bisher 30 e betrug, vom gleichen Tage an auf 31320 „ festzusetzen. Endlich ist für die Kai⸗ arbeiter der Pachtbetriebe (Hamburg⸗Amerika⸗Linie, Woermann⸗ und Deutsche Ostafrika⸗Linie, Deutsche Levante⸗Linie) beschlossen worden, den Tagelohn der Hilfsarbeiter von 4 auf 4,20 Sÿ und den der Ge— legenheitsarbeiter von 3.60 auf 3,80 M zu erhöhen. Ebenso wie die Heuererhöhung, welche die Hamburger Reedereien im April dieses Jahres für die Seeleute eingeführt haben, aus der freien Initiative der Schiffahrtsgesellschaften hervorgegangen ist, erfolgte auch die jetzige Lohnaufbesserung der Hafenarbeiter aus freier En tschließung der Arbeitge ber.
Zur Arbeiterbewegung.
Die gestrige außerordentliche Hauptversammlung des Ver— bandes Berliner Metallindustrieller hat, wie. W. T. B.“ berichtet, im rn . der seit sechh Wochen vom Ausstand be⸗ trofftnen Gießereibetriebe (vgl. Nr. 265 d. Bl.) einstimmig be⸗ schlossen, wegen der vom Metallarbeiterverband veranlaßten Sympathie⸗ streikf sowie wegen Mangels an Guß am 30. November 1911 nach Schluß der Arbeitszeit 60 6/0 ihrer Arbeiterschaft zu entlassen.
In Paris hielten, wie W. T. B.“ meldet, gestern abend etwa zweitausend Mitglieder der Vereinigung französischer Dienst⸗ boten eine Versammlung ab, in der sie gegen den ihnen durch Aus— länder bereiteten unlauteren Wettbewerb Einspruch erhoben. Mehrere naticnalistische Deputierte und Gemeinderäte hielten An— sprachen, in denen sie verschiedene Vorschläge erörterten, um einer Germanisierung Frankreichs durch Dienstboten Einhalt zu tun.
Die in Lorient beim Bau des Panzerkreuzers Courbet“ beschäftigten Arbeiter (vgl. Nr. 277 d. Bl.), die mit der Werft⸗ leitung wegen der Arbeitszeit in Streit geraten sind, versammelten sich,. W. T. B.“ zufolge, gestern auf dem Verdeck des Dreadnoughts, wobei einige von ihnen eine rote Fahne entfalteten und die Inter nationale anstimmten. Der Marinepräfekt begab sich mit zwei Kompagnien Seesoldaten und Gendarmerie an Bord, worauf die Arbeiter zu singen aufhörten und die rote Fahne wieder zusammenfalteten; sie durchschnitt em aber die elektrischen Leitungsdrähte und hüllten dadurch das Schiff in völlige Dunkel⸗ heit. Die Seesoldaten entfernten die Ausständigen mit Gewalt von Deck. Der Ausstand dauerte Abends noch an. Die Truppen dürfen die Kasernen nicht verlassen. — Dreitausend Arsenalarbeiter hielten gestern abend im Stadthaus eine Versammlung ab. Sie beschlossen, den Streik fortzusetzen, obgleich ihnen die Marine—⸗ behörde das Zugeständnis gemacht hat, daß ihnen für die Zeit, die sie zum Wechseln der Kleider gebrauchten, kein Lohnabzug mehr gemacht werden solle. Die Arbelter benutzten den Anlaß, um frühere Anträge, wie auf Lohnerhöhung und Bewilligung einer zweiten bezahlten Urlaubzwoche, geltend zu machen. — Im Marine⸗ müinisterium wurde einem Berichterstatter mitgeteilt, daß der Minister Delcass o, um diese Wünsche zu erfüllen, über eine Million Francs mehr im Marinebudget für 1912 gefordert habe, daß aber die Haltung der Arbeiter die Bewilligung dieses Kredits nicht gerade erleichtere. Es ist bereits die Frage aufgeworfen worden, ob es nicht am besten sei, die Arsenalarbelter zu militarisieren.
Aus Toulon wird gemeldet, daß die Ausschüsse des Hafen arbeiterverbandes und die Marinearsenalarbeiter eine Beratung abhielten und e f. sich gegebenenfalls mit den Arsenalarbeitern in Lorient solidarisch zu erklären.
(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)
Kunst und Wissenschaft.
Der frühere Professor der klassischen Philologie an der Unwversität Tübingen Dr. Ernst bon Herzog, Mitglied des Ausschusses der Reichslimeskommission, ist, wie W. T. B.“ aus Stuttgart meldet, 76 Jahre alt, gestorben.
S. M. S. . Möve“, die ft ihre Ausreise nach Südwestafrika angetreten hat, ist nach den „Mitteilungen der Deutschen Kolonial, gesellschaft' mit der Lösung einiger wissenschaftlichen Fragen betraut worden. Ozean ographifche Arbeiten werden von Cadiz bis Swakopmund ausgeführt. Außerdem sollen allerlei Lotungen vor. genommen und besonders genau die näheren Verhältnisse des
Benguelastromes erforscht werden. Ferner sollen auf dem ganzen Reisewege Drachen- und Pilotballonaufstiege ausgeführt werden, soweit die Witterungeberhäͤltnisse es erlauben. In Togo sind astronomische Beobachtungen vorgesehen, durch die insbesondere festgestellt werden soll, ob eine nach bisherigen Längenbestimmungen vermutete Lotabweichung auf der Insel Bavol, die auch gegebenenfalls in Lome sich fühlbar macht, in der Tat vorhanden ist.
In der letzten Versammlung der englischen Gesellschaft für Aus- grabungen in Aegypten wurde, wie bereits kurz gemeldet, die Ent deckung eines Papyrus mitgeteilt, der etwa die Hälfte eines Satyrspiels von Sophokles enthält. Die Auffindung dieses Dramaz ist, wie die Voss. Itg. hervorhebt, für die Literaturgeschichte von hoher Wichtigkeit, denn fie gewährt den Einblick in eine Gattung des griechischen Dramas, von der man bisher nur sehr wenig wußte. Von den Satyrspielen, die bei den großen Festvorstellungen der Aufführung der tragischen Trllogie folgten, war bisher im wesentlichen nur ein Beispiel bekannt: der Cyklop' des Euripides. Von dem, was Sophokles in den leichtgeschürzten Künsten des Soceus, in diesen auggelassenen Schlußstücken der antiken Dramatik geleistet hat, kannte man nur einige verstümmelte Verse, ganz kurze Bruchstücke. Der Papyrus, der uns nun den Schöpfer des „Dedipus“ als Lustspieldichter kennen lehrt, war zwar in sehr schlechtem Zustand, aber es glückte, die einzelnen Teile gut zusammen— jusetzen, und es sind die ersten 16 Kolumnen des Stücks zum k Teile lesbar, mehr als 400 Verse enthaltend. Da die zänge eines Satyrdramas beträchtlich geringer gewesen zu sein scheint als die einer Tragödie, so darf man annehmen, daß die aufgefundenen Stücke etwa die Hälfte des ganzen Originals darstellen. Das Stück führt den Titel Ichneutae“', d. h. „Die Spürer“ oder Späher“. Es läßt sich aus dem Vorhandenen der Inhalt des Werkes und der Gang der Handlung genau feststellen. Bisher hatte man nur gewußt, daß Sophokles ein Stück dieses Namens verfaßt hat. Der Stoff ist dem Mythos von den Taten und Abenteuern des Gottes Hermes in seiner Kindheit entnommen und stellt den Raub der Herde des Apoll und die Erfindung der Lyra dar. Die fehlenden Szenen ließen zweifellos Hermes auf der Bühne erscheinen und Apollo durch das Geschenk der Lyra versöhnen, wie es in dem homerlschen Hymnus erzählt ist. Wie der „Cyklop“ des Euripides, ist es eine kurze und ennfache Dramatisierung einer wohlbekannten Geschichte und gibt viel Auf— schluß über die Art und Weise, wie solche Satyrdramen behandelt wurden. Es ist in Thema und Behandlung ganz verschieden von den anderen Werken des großen Tragikers, obwohl es deutlich den Stempel seiner Kunst trägt. Jedenfalls wird dadurch eine Lücke in unserer Kenntnis des sophokleischen Stils ausgefüllt. Mit dem Papyrus zusammen wurden einige kleinere Bruchstücke entdeckt, die von derselben Hand geschrieben sind und ebenfalls unverkennbare sophokleische Züge tragen, obwohl der Titel des Stücks, zu dem sie gehörten, nicht feststeht. Das Werk war eine Tragödie, die ein Thema aus dem trojanischen Sagenkreise behandelte. Obwohl die Reste verhältnismäßig gering sind, haben sie doch ihre Bedeutung, da sie einige Besonderheiten der dramatischen Technik erläutern.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Landwirtschaftliche Arbeitsvermittlung durch den Zentralverein für Arbeitsnachweis in Berlin.
Die Beschaffung geeigneter Arbeitskräfte ist für die Landwirtschaft immer schwieriger geworden. Kostspielig und oft zweifelhafter Qua— lität sind die mit Hilfe von gewerbsmäßigen Stellenvermittlern herangezogenen Arbeitskräfte. Diese Vermittler müssen gerade in Berlin ein reiches Feld für ihre Tätigkeit finden, denn minde— stens 50 gewerbsmäßige Stellenvermittler sind hier nur für die Vermittlung landwirtschaftlichen Personals tätig und erbringen damit den besten Beweis dafür, daß Berlin wohl in der Lage ist, der Land— wirtschaft eine beträchtliche Zahl von Arbeitskräften zur Verfügung zu stellen. Um nun die Schäden mancherlei Art, die mit der Inan— spruchnahme der gewerbsmäßigen Stellenvermittler für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbunden sind, zu beseitigen und die gewerbsmäßige Stellen⸗ vermittlung auszuschalten, hat der Zentralverein für Arbeits- nachweis in Berlin C. 54, Gormannstraße 13 eine Abteilung für landwirtschaftliches Personal eingerichtet, die von einem mit den land⸗ wirtschaftlichen Verhältnissen der Provinz besonders vertrauten Be⸗ amten geleitet wird. Die Vermittlung selbst erfolgt kostenlos. Der Arbeitgeber hat gegebenenfalls nur die Kosten der Eisenbahnfahrt zu tragen, für die den öffentlichen Nachweisen Vor⸗ zugspreise bewilligt sind. Es ist sehr zu wünschen, daß Landwirte und landwirtschaftliches Personal von der neuen Einrichtung Gebrauch machen, damit auch diese Abteilung sich in die übrige, bewährte Organisation des Zentralvereins einfügt.
Saatenstand und Maisernte in Bulgarien.
Der Kaiserliche Konsul in Sofia berichtet unterm 9. d. M.: Die Witterung im Monat Oktober ist der bulgarischen Landwirt schaft sehr günstig gewesen. Die im September gesäten Winter⸗ früchte sind überall kräftig aufgegangen. Die noch rückständige Aus— saat sowle die Feldbestellung zur Aussaat der Sommerfrüchte hat bei ausreichender Feuchtigkeit des Bodens ohne Störung beendet werden können. Nur in den Krelsen Lovetsch und Stara Zagora sind Klagen über allzugroße Trockenheit des Bodens laut geworden. Die Raps saaten stehen gut. Sie entwickeln sich kräftig, sodaß gegenwärtig die besten Aussichten für eine günstige Ueberwinterung vorhanden sind. Das Einsammeln der Mais kolben ist im Laufe des Monats Oktober überall beendet worden. Das Ergebnis der diesjährigen Maisernte hat den bulgarischen Landmann vollkommen befriedigt.
Jagd.
Dienstag, den 21. d. M., findet Königliche Parforce— jagd im Forstrevier Potsdam statt. Stelldichein: Nachmittags L Uhr am Forsthaus Plantagenhaus. (Ab Berlin, Potsdamer Bahnhof: 11 Uhr 35, an Potsdam: 12 Uhr 5; ab Potsdam: 5 Uhr, an Berlin: Potsdamer Bahnhof 5 Uhr 31.)
Aus stellungsnachrichten.
Nachdem die vorgesehene Anmeldungsfrist abgelaufen ist, sieht, W. T. B. zufolge — im Einvernehmen mit der Reichsregierung — die Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche In dust rie mangels hinreichender Anmeldungen und aus früher von ibr bekannt gegebenen grundsätzlichen Erwägungen von der Bildung einer geschlossenen Deutschen Abteilung innerhalb der Welt ausstellung Gent 1913 ab.
Verkehrswesen.
Die am 19. November von der Bahnpost Cöln — Verviers , 13 Nachm. aus Cöln zur Beförderung, mit dem Dampfer der Union— Castle Mall Steamship Company (ab Southampton nach Kapstadt am 11. November) abgesandten Briefposten für Deutsch« Südwest: Afrika, für Postanstalten im Gebiete des Südafrikanischen Bundes und für Lourengo Marques (Portugiesisch⸗Ostafrika) haben diesen Dampfer infolge Verfehlung des planmäßigen Eisenbahnanschlusses in Vervierg (nach Ostende) nicht erreicht und werden nunmehr erst mit dem am 18. November von Southampton abgehenden Dampfer der genannten Schiffahrtsgesell. schaft weitergesandt werden. ö
Aus dem gleichen Grunde haben die Briefposten, die von der ge⸗ nannten Bahnpost an demselben Tage für die Vereinigten Staaten von Amerika und für Länder im Durchgange durch die Vereinigten Staaten zur Beförderung mit dem Dampfer ‚Mauretania! der Cunard Line (am 12. November ab
Queenstown nach New Jork) gefertigt worden sind, nicht mehr früh genug nach Queenstown gelangen können, um diesen Dampfer zu erreichen. Ihre Welterbeförderung ist darauf mit dem Dampfer ‚Philadel vhia“ der American-Line (am 11. November von Cherbourg nach New Jork erfolgt. Von den zu den vorbezeichneten Dämpfern — am 11. November ö. Southampton nach Kapstadt und am 12. November von Queenstown nach New Jork — abgesandten Briefposten der Bahnpost Hannover — Boxtel (am 10. November 3,36 Nachm. ab Hannover) für dieselben Länder darf angenommen werden, daß sie planmäßig befördert worden sind.
Postpakete nach Columbien müssen von jetzt ab von einer an der Paketadresse befestigten Rechnung über ihren Inhalt begleitet sein. Bie Preise können in diesen Rechnungen fehlen. Den Paketen mit Warenmuster müssen ins einzelne gehende Rechnungen beigefügt werden. Nichtbefolgung dieser Vorschriften zieht in Columbien Zoll⸗= strafen nach sich.
Theater und Musik.
Neues Schauspielhaus.
Die Viels eitigkeit der dichterischen Kraft Friedrich Hebbe ls wirt== durch die Tatsache beleuchtet, daß wir ihm neben Tragoͤdien, in denen die Tragik dem bis zur Ueberfeinerung verfeinerten Gefühlsleben ent⸗ springt, auch jene verdanken, in der mit einer in der gesamten deut— schen Literatur beispiellosen Ausschließlichkeit der eherne Staatsgedanke das Opfer fordert: Agnes B ernauer. Otto Ludwig hat vergeblich mit demselben Stoff gerungen. Soviel ist zu erkennen, daß er die schöne Augs⸗ burger Badertochter dem Hexenwahn zum Opfer fallen lassen wollte, doch sollte sie wenigstens eine kleine, läßliche Schuld auf sich laden, indem sie mit unschuldigen welblichen Künsten den Fürstenfohn bewußt an sich fesselte. Bei Hebbel ist von einer Schuld der Bernguerin überhaupt nicht die Rede. Sie geht, wie der Kanzler Preising sagt, zugrunde, „bloß weil sie schön und sittsam war“. Ein völlig schuldlofes Opfer fallen zu sehen, berührt peinlich und unser Gefühl wendet sich gegen den, der das Opfer fordert, auch wenn er es fordern muß. er Ver⸗ fechter der unerbittlichen Staattsraison hat also auf der Bühne einen schwierigen Stand. In dieser Erkenntnis hat Hebbel die erbarmungslose Handlung des Herzogs Ernst mit allen Mitteln zu stützen gesüucht. Der Zuschauer dieser Tragödie soll zur Ueberzeugung gelangen, daß hier nicht Engherzigkeit, Selbstsucht oder Rachegefühle wirksam sind, sondern daß sich ein ehernes Gebot der Notwendigkeit nach einem harten Kampf, mit allen menschlichen Gefühlen durchsetzt, und daß derjenige, der dieses Gebot zu erfüllen gesetzt und berufen ist, in diesem Kampf selbst zu einer tragischen Persönlichkeit wächst. Hebhels Herjog Ernst ist kein Tyrann. Das von ihm in keiner Weise beeinflußte Todecurteil über Agnes Bernauer läßt er unvol« zogen, solange noch Hoffnung besteht, daß die Erbfolge und mit ihr die . Bayerns auch unter Umgehung detz eigenen Sohnes gesichert sei. Der Kanzler Preising geht noch weiter als sein fürst⸗ licher Herr, er läßt der Verurteilten bis zur letzten Minute die Mög⸗ lichkeit zur Rettung offen, sie soll nur ihre Liebe preisgeben und ihre Rechte als eheliche Gattin verleugnen. Trotz alledem schwingt in dem Hörer das peinliche Gefühl mit, daß das Opfer fällt „bloß weil es schön und sittsam war“, und die Absicht des Dichters, die Staats— raison als eine wahrhaft tragische Gewalt zu zeigen, wird nur dann erfüllt, wenn die Darsteller des Herzogs Ernst und seines Kanzlers Staatsmänner von tragischer Größe zu verkörpern verstehen. Daran, daß dieser Forderung nicht genügt wurde, litt die gestrige Vor—⸗ stellung im Neuen Schauspielhaus. Herr Hartau als Herzog Ernst wirkte schon in seiner Maske recht ungünstig, sein Spiel vollends zeichnete den Seelenkampf nur äußerlich; man glaubte diesem polternden, galligen Alten nicht, daß er schwer mit seiner Menschlichkelt zu ringen batte. Ebenso unzulänglich wurde die Rolle des Kanzlers durch Herrn Ziegel dargestellt; ihm fehlte die staatsmännische Sicherheit und Größe. Weit besser waren die Rollen des jungen Herzogs Albrecht und der Agnes Bernauer durch Herrn Loehr und Erika von Wagner vertreten; jener wußte das Stürmische und. Impulsive des fürstlichen Liebhabers lebensvoll darzustellen und dieser gelang es vor allem, den jungfräulich herben Stolz, die sittliche Reinheit der Bernauerin darzustellen. Hie und da hätte man sich mehr Herzens wärme und einen innigeren Ausdruck weiblicher Hingebung gewünscht. Einwandfrei spielte Herr Lind den alten Bernauer und Verr Kober den Gesellen Theobald; die übrigen Nebenrollen ließen in ihrer Besetzung manches zu wünschen übrig. Immerhin verdient es Anerkennung, daß die Bühne am Nollendorfsplatz sich an eine so schwere Aufgabe gewagt hat, und das Publikum kargte auch nicht, sie in lebhaftem Beifall zu bezeigen.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Sonntag, „Die
' ,. aufgeführt. Die Hauptrollen liegen in den Händen der
amen Andrejewa⸗Skilondz, Böhm van Endert und Dietrich, der Herren Fischer, Berger, Bronsgeest, Henke und Bachmann. Dirigent ist Dr. Muck. — Montag wird Rigoletto“ gegeben. 6 Marianne Alfermann vom Stadttheater in Mainz singt als Gast die Gilda, Herr Hoffmann die Titelpartie, Herr Maclennan den Herzog. In den übrigen Rollen sind die Damen Rothauser, von Scheele⸗ Müller, die Herren Mang, Fischer, Krasa, Grün und Schöffel be⸗ schäftigt. Dirigent ist der Kapellmeister von Strauß.
Im Königlichen Schauspielhase werden morgen G. Freytags „Journalisten', mit Herrn Clewing als Konrad Bolz, lch erholt — Am Montag, dem Vorabend von Heinrich von Kleists 100. Todestage, geht „Prinz Friedrich von Homburg“, mit Herrn Staegemann in der Titelrolle, in Szene. Den Kurfürsten spielt Herr Kraußneck, die Kurfürstin Fräulein von Arnauld, die Prinzessin Natalie Fräulein von Mayburg, den Kottwitz Herr Pohl, den Hohen⸗ zollern Herr Boettcher.
Rudolf Christians und Sophie Wachner werden morgen, Sonn⸗ tag, Abends 8 Ubr, im Neuen Köntglichen Operntheater (Direktion Dr. Helmer) in Shakespeares Romeo und Julia“ in den beiden Hauptrollen auftreten.
Das Deutsche Theater teilt mit, daß die Uraufführung von Karl Sternheims Komödie „Die Kassette“ nicht, wie irrtüm⸗ lich gemeldet, am Sonnabend den 25., sondern am Freitag, den 24. d. M., stattfindet. Die erste Wiederholung der Komödie ist für Sonnabend, den 25. d. M.,, im Kam merspielbause angesetzt. — Die 25. Aufführung der ‚Penthesilea“ findet am Montag, den 20. d. M., als Vorfeter des 1060. Todestages Heinrich von Kleists im Deutschen Theater statt. Die Penthesilea spielt an diesem Tage Mary Dietrich, den Achilles Alexander Moissi.
Im Lessingtheater wird Karl Schönherrs Drama „Glaube und Heimat“, das am Mittwoch in der vortrefflichen Besetzung der Uraufführung zum 150. Male wiederholt wurde, in nächster Woche am Montag und Donnerstag gegeben. Morgen nachmittag wird Rosenmontag“, Abends ‚Das weite Land“ aufgeführt. Am Freitag geht Ernst Hardts Tragödie „Gudrun“ zum ersten Male in Szene und wird am Sonnabend und nächstfolgenden Soantagabend wiederholt.
Die Uraufführung von Ernst Hardts neuestem Drama, Gudrun“ findet im Lessingtheater am Freitag, den 24. d. M., statt. Lina Lossen spielt die Titelrolle.
Im Neuen Schauspielhause 9 morgen sowie am Dienstag, Donnerstag, Freitag und Sonnabend (8 Uhr) Paul Ahyls Traumspiel „Hans Sonnenstößers Höllenfahrt! in Szene. Am Sonntag, den 26. d. M., wird die e, d,. von Hebbel deutschem Trauerspiel ‚Agnes Bernauer wiederholt. Montag, den 20. und Freitag, den 24. d. M., Abends 8 Uhr, wird . Bürl“ gegeben. Am Mittwoch (Bußtag) bleibt das Theater geschlossen.
Am Dienstag, den 21. d. M., Nachmittags 3 Uhr, findet im Neuen Schauspielhause zum Besten der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger und des — 2 des Neuen Sen r fen eine Aufführung des Traumspiels Hans Sonnenstößers Höllenfahrt? von Paul Apel in der Besetzung der Erstaufführung statt. Der Direktor Halm hat zu diesem Jweck dag