1911 / 280 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Nov 1911 18:00:01 GMT) scan diff

bildete das ergreifend schöne Requiem in C-Moll von Cherubini, das unter der Leitung des bewährten Dirigenten der Kirchenchor mit bestem Gelingen vortrug. Die Sängerschar ist gut geschult und ver⸗ fügt über ein vorzügliches Stimmenmaterial, sodaß im Zufammenwirken mit dem Orchester recht gute Klangwirkungen erzielt wurden. Maria Seret van Eyken erfreute, ebenfalls am Freitag, in der Singakademie wieder durch 5 und Wohllaut ihrer in der Mittellage besonders schönen Mezzofopranstimme. Namentlich gelangen infolge der bedeutenden Gestaltungskunst und der klaren Textautzsprache der Künstlerin Lieder dramatisch bewegten Inhalts, wie z. B. „Die Löwenbraut? (Schumann) ausgezeichnet. Tiefen Eindruck hinter⸗ ließen auch zwei Tondichtungen von H. van Gyken. Die pianistischen Leistungen von Vida Llewelyn, die sich an dem⸗ selben Abend im Blüthnerfaal hören ließ, sind noch so unzu— länglich, daß sie vorläufig keinen Anspruch auf öffentliche Beachtung erheben können. Die Damen Hilly Tibo (Sopran) und Jaco ba Repelaer (Alt) gaben an demselben Freitag einen Lieder und Duett⸗ abend im Klind worth⸗Scharwenkasagl. Die Damen verstehen ihre gut ineinanderklingenden, angenehmen Stimmen mit warmem Ge⸗ fühl zu beleben und erwecken durch den Ernst, mit dem sie sich ihrer Gesangskunst widmen, freundliche Anteilnahme. Die Altistin trug einige Lieder von Richard Strauß mit bemerkenswerter Innigkeit vor. Eddy Brown, dessen außerordentliches Geigentalent bereits bet seinem ersten Auftreten glänzend in die Erscheinung trat, bestätigte, ebenfalls am Freitag, im Beethoven saal die günstige Beurteilung seines Könnens von neuem. Die Kraft und Frische seines Tons, die zielbewußte, gereifte Auffassung und das tlefinnerliche Empfinden seiner temperamentvollen, zroßtügigen Vortragsweise leuchteten auch diesmal. hervor und brachten ihm im Zusammenspiel mit dem Philharmonischen Orchester abermals reichen Erfolg. U. a. brachte er auch ein Werk von W. Berger „Im Sturme“, von Viktor von Woikowsky⸗Biedau mit Geschick und Geschmack instrumentiert, mit gutem Gelingen zum ersten Male zu Gehör. Dazwischen sang Frau Charlotte Boerlage⸗Reyers mit ihrer hellen, ausgiebigen Sopranstimme und anregendem Vortrage einige Arien und Lieder, von welchen letzteren Mendelssohns ‚Aus dem Hohenlied“ (mit Harfenbegleitung) einen ganz besonders eigenartigen Reiz ausübte. Die als treffliche Hun nn gn klassischer . , . Pianistin Elly Ney von Hoogstraten gab in der Philharmonie (Freitag) einen ‚Brahms⸗Abend“, bei dem sie auch der Eigenart dieses Komponisten voll gerecht wurde. Die verschiedenen Intermenzi, Capriccios, die leichtbeschwingten Walzer, mehrere Sonaten, alles wurde mit tiefem Verständnis wiedergegeben. Besonders machte von den Sonaten zum Schluß die in C-Dur mit ihrem glänzend vorgetragenen Andante den nachhaltigsten Eindruck. Die vollendete Beherrschung der Technik und die bei allem Temperament geschmackvolle Abstufung der Ton⸗ stärke des Spiels traten überall hervor. Auch der bei der F⸗Dur⸗Sonate mitwirkende Violoncellist Lennart von Zweygberg führte seinen Part wacker durch und wußte seine Hörer zu fesseln, wenn auch die Tonreinheit bisweilen nicht ganz einwandfrei schlen. Marix Loevensohns Nenheitenabende im Harmoniumsaal brachten am Freitag die erste Aufführung eines Klavierquintetts von Philipp Scharwenka, das mit ungewöhnlicher Teil⸗ nahme begrüßt wurde. Der geschätzte Komponist entwickelte auch in diesem neuen Werk eine herzhaft frische und leichtquellende Er— sindungsgabe; eine klare, das Ohr bestrickende Melodik, ein kräftiger Rhythmus zeichneten alle drei Sätze aus, die in ihrer gesunden Stimmung und mit ihrem straffen Aufbau die Hörer andauernd fesselten; an herzlichem Beifall war denn auch kein Mangel. Außer⸗ dem standen auf dem Programm ein Klavierquintett von Désirs Paque und Lieder von J. Weißberg und M. Reger, welche die be⸗ kannte Altistin G. Fischer⸗Maretzky vortrug.

Am Sonnabend trat im Blüthnersaal Milly Wildner,

eine begabte junge Geigerin, mit gutem Erfolge auf; sie ver— fügt nicht nur lber eine sauber gebildete, schon recht bedeutend ent⸗ wickelte Technik, sondern auch über einen sicheren Vortrag. Das Blüthner-⸗Orchester unter Professor Felix Berbers Leitung begleitete daß D⸗Dur⸗⸗Konzert von Brahms und ein Konzert von G. Jaques⸗Dalecroze recht anerkennenswert. Julia Gulps an demselben Tage im Beethovensaal gegebener Liederabend hatte, wie seine Vorgänger, eine ungemein zahlreiche Besucherschar angelockt. Köstliche Liedergaben waren es auch, die diese selbstschöpferische Künstlerin mit fein abgewogener Vortragskunst ihren begelsterten Zuhörern bot. Die Namen Schubert und Brahms zierten das kurzgehaltene Programm, und die vollendete Wieder— gabe der Lieder rief wahre Beifallsstürme hervor. Mathilde Gilow zeigte sich am Sonnabend im Klindworth— Scharwenkasaal wiederum als eine mit reichen, schönen Stimm⸗ mitteln besonders begabte Sängerin. Ihr weicher, runder Ton von angenehmer Klangfarbe und bis in die höchsten Lagen klarer Reinheit und das zarte, glockenhelle Piano sowie eine bedeutend vorgeschrittene Koloraturfertigkeit kamen eindringlicher als bisher zur Geltung und gewannen ihr im Verein mit der anspruchslosen Art, sich zu geben, aller Sympathien. Freilich geht die junge Künstlerin immer noch nicht genug aus sich heraus und weiß im Vortrage ihr inner— liches Mitempfinden des Gesungenen noch nicht überzeugend genug auszudrücken, sodaß darunter die Gesamtwirkung naturgemäß leiden muß. Zum Schluß des Konzerts machte sich das weniger bemerkbar, sodaß eine Arie aus „La Traviata“ sich als eine nach jeder Richtung hin heachtenswerte Leistung kennzeichnete. Lob verdient auch die deutliche Aussprache, die das Mitlesen der dem etwas bunt zusammengestellten Programm beigegebenen Liedertexte völlig ent⸗ behrlich machte. Als Begleitung hatte Fräulein Gllow , , voll teils das Klavier, teils ein Streichquartett bezw. die Klari⸗ nette gewählt. Leider war das Spiel des Pianisten stellenweise etwas zu farblos, und auch die Spieler der Streichinstrumente waren wenig zulänglich. Im Choralionsaal fand, eben— falls am Sonnabend, ein Liederabend statt, den die Altistin Berta Goetz veranstaltet hatte; sie trug mit gut— geschulter Stimme eine große Reihe älterer und neuerer Lieder vor, die sich mit Recht lebhaften Beifalls zu erfreuen hatten. Eine recht tüchtige Pianistin, Vera Epstein-Benen son, brachte zu derselben Zeit in der Singakademie Konzerte von Mozart und Chopin zu Gehör, bei denen sich die Dame der Unterstützung des Philharmonischen Orchesters unter Dr. E. Kunwalds Leitung versichert hatte. Die perlende Geläufigkeit ihres Spiels fiel ebenso angenehm auf wie der weiche, klangschöne Anschlag; der Ausdruck hätte etwas kräftigere Farben vertragen können. Im ganzen aber konnte man an den Leistungen der Dame seine Freude haben. Die bekannte Sängerin Grete Hentschel⸗Schesmer konzertierte am Sonnabend im Bechsteinsaal. Wenn sich auch eine bisweilen schwankende Tongebung auch diesmal bemerkbar machte, so entschädigten dafür die besonders ansprechende Mittellage und die außerordentlich deutliche Aussprache. Auch der Vortrag jeugte von Verständnis und Empfindung und vermochte zu interessieren. Außer Liedern von Liszt, R. Strauß, Mahler und Schillings sang die Konzertgeberin auch solche von Eduard Behm, die dieser ebenso wie die anderen Ge— sänge am Klavier begleitete. Der Stimmungsgehalt dieser letzt- genannten reizvollen Kompositionen hätte etwas kräftiger von der Sängerin herausgeholt werden können.

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Mittwoch, eine Wiederholung von Möhuls Joseph in Aegypten“ (Neubearbeitung und Rezitative von M. Zenger) statt. Herr Kraus singt die Titel rolle, Fräulein Dux den Benjamin, Herr Fischer den Jakob, Herr Hoffmann den Simeon. In den übrigen Hauptrollen sind die Herren Sommer, Philipp und Bachmann beschästigt. Der Kapellmeifter von Strauß dirigiert.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen H. Suder⸗ manns Tragödie „Der Bettler von Syrakus“ wiederholt.

Das Gastspiel des Deutschen Theaters im Zirkus Schumann am Freitag, den 1. Dezember, bringt das alte Spiel von „Jedermann“, das Hugo von Hofmannzthal unter Benutzung alter Ausgaben neugeformt hat. Dem Mysterium „Jedermann“

stehen zwei erlauchte . Namen nahe. Aus einer von Albrecht Dürers wenigen dichterischen Arbeiten, dem innigtiefen Gebet „Be⸗ trachtung auf die Todesstund“ find in der Szene, in der Jedermann“ von seiner Mutter Abschied nimmt, eine Reihe von Reimen 39 geflochten. Von der Hand des Hans Sachs stammt eine der zahl⸗ nee. älteren Fassungen des Stoffs „Die Comedi vom sterbend reichen Menschen“.

Die Eröffnung der Kurfürsten⸗Oper ist nunmehr auf Freitag, den 3. Dezember, Abends 8 Uhr, festgesetzt worden; auf geführt wird Nicolaig Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“, mit Rezitativen von Dr. Otto Neitzel. Die Regie führt Maximilian Moris, die musikalische Leitung hat der Kapellmeister Selmar Meyrowitz. Die . ist folgende: Frau Fluth: Tania Oumiroff; Frau Reich: Elisabet Zenker; Anna: Helene Selia; Falstaff: Sergej Warjagin; Fenton: Kurt Frederich; Fluth: Konrad von k Reich; Artur Paeyna; Spärlich: Haus Siegfried; Dr. Cajus: Willi Kaiser; Wirth: Richard Wissiak. Die Eintritts- plätze zur Eröffnungsvorstellung betragen 5, 10, 15 und 20 (16. Vorbestellungen auf Billette werden im Theaterbureau, Kurfürsten⸗ straße 101, entgegengenommen. . .

Der Mengeweinsche Oratorienverein (Dirigent: Fritz Krüger) veranstaltet am 6. Dezember, Abends 8 Uhr, in der Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche zum Besten der unter dem Pro— tektorat Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Eitel-Friedrich stehenden Goßnerschen Kleinkinderbewahranstalt eine Auf⸗— führung des Weihnachtsoratoriums von Joh. Sebastian Bach. Mitwirkende sind: Maria Knüpfer⸗Egli, Königliche Sängerin (Sopran), Anna Lange Linden (Alt), Jan Trip (Tenor), Otto Schwendy (Baß), Walter Fischer (Orgel) und das Berliner Symphonieorchester.

„Flammenzeichen“, ein Drama in fünf Akten von Jon Lehmann, erlebte, wie die Vertriebsstelle des Verbandes deutscher Bühnenschriftsteller mitteilt, am Stadttheater in Eisenach seine erfolgreiche Uraufführung. Der Verfasser wurde mehrmals nach den Aktschlüssen vor den Vorhang gerufen.

Mannigfaltiges. Berlin, 28. November 1911.

Ueber das Thema „Schule und Elternhaus“ wird der Oberlehrer Dr. Drie sen auf einem Charlottenburger Eltern⸗ abend, der am 30. November, Abends 8 Uhr, im Festsaal des Charlottenburger Rathaufes stattfindet, sprechen, und zwar auf Veranlassung des Allgemeinen Charlottenburger Lehrerinnenvereins (Gruppe der Lehrerinnnen an böheren und mittleren Schulen). Nach dem Vortrag findet eine Aussprache statt. Gäste sind auch ohne Einführung willkommen.

Der Kunstverlag von Raphael Tuck u. Sohn in Berlin hat drei Reihen von fein ausgestatteten Postkarten herausgegeben, auf denen Feldblumensträuße wiedergegeben sind. Die Karten * nach Originalaquarellen Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin August Wilhelm von Preußen hergestellt. Der Ertrag aus dem Verkauf ist ausschließlich für wohltätige Zwecke bestimmt. Die vor einiger Zeit von demselben Verlag im Höchsten Auftrage veröffent⸗ lichte Kar tenreihe nach Originalen Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Eitel⸗Friedrich von Preußen hat bisher einen Reinertrag von etwa 1000 erbracht, der dem Preußischen Frauen- und Jung—⸗ frauenverein zugeführt worden ist.

Königs berg i. Pr., 27. November. (W. T. B.) Die In—⸗ sassen des Ballons „Ostpreußen“, die nach ihrer Landung in Windau (Rußland) festgehalten worden waren, sind gestern wieder freigelassen worden.

Freiburg, 27. November. (W. T. B.) Heute morgen 4 Uhr 10 Minuten wurde in der oberen Rheinebene ein Erdstoß ver— spürt, der von leichtem Rollen begleitet war.

Baden⸗Oos, 27. November. (W. T. B.) Das Luftschiff „Schwaben“ ist heute nachmittag gegen 4 Uhr wieder ein getroffen und nach glatter Landung in die Halle gebracht worden.

Hamburg, 28. November. (W. T. B.) Zu der angeb⸗ lichen Explosion in der Nähe des gestrandeten Dampfers „Prinz Joachim“ (vgl. Nr. 279 d. Bl.), die neun Mann getötet haben soll, teilt die Ham burg⸗Amerika-⸗Linie mit, eine Dynamit explosion könne nicht vorliegen, da der Dampfer keine Enplosivstoffe geladen habe. Die Besatzung des „Prinz Joachim“ befinde sich laut telegraphischer Auskunft an Bord, und niemand von ihr sei verunglückt.

Paris, 27. November. (W. T. B.) Heute begann hier die Versteige rung der Kleinodien des früheren Sultans Abdul Qamid. Der Erlös des ersten Tages beziffert sich auf ungefähr drei Millionen Francs.

Madrid, 28. Nopbember. (W. T. B.) Die Studenten, die mit der Haltung, welche die Regierung infolge der Ereignisse in Barcelona einnimmt, unzufrieden sind, laben den Generalstreik für ganz Spanien erklärt.

Lissabon, 27. November. . in dem es gestern aus Anlaß der Ausweisung zweier Chinesen zu Unruhen gekommen war, hat heute wieder fein gewöhnliches Aus sehen angenommen.

Déva, 27. November. (W. T. B. Ru mänische Bauern, die von Aufwieglern aufgereizt worden waren, drangen bei Nacht mit Aexten in die ungarische Staatsschule der Gemeinde Szent Andras im Komitat Hunyad ein, wo sie Möbel zerstörten und den Schulsaal verwüsteten. Die Aufwiegler batten zu diesen Aus⸗ schreitungen aufgereizt, weil gegen sie eine Untersuchung wegen Gewalt— tätigkeiten eingeleitet worden war, die sie bei der Schuleinweihung im vorigen Jahre verübt hatten. Die Aufwiegler unternahmen den An⸗ griff auf die Schule, nachdem sie schon früher versucht hatten, durch Bedrohung die friedliche Bevölkerung vom Besuch der Staats⸗ schule abzuschrecken. Da den Behörden Drohbriefe zugegangen waren, die weitere Ausschreitungen ankündigten, wurde eine Ver⸗ stärkung der Gendarmerie angeordnet.

Mitteilungen des Königlichen Asronautischen Observatoriums, veröffentlicht vom Berliner Wetterbureau. Drachenaufstieg vom 27. November 1911, 8 bis 87 Uhr Vormittags:

Station Seehöhe boom 1000m 1230m]

Temperatur (0) 05 2,2 3,6 0,0 Rel. Fchtgk. ( / 99 96 94 94 80 Wind Richtung . 0 Ooso Oso Oso? Geschw. mps. 6 12 10 2 Himmel ganz bedeckt. Zwischen 1120 m und der größten er—⸗ reichten Höhe Temperaturzunahme von 3,8 bis (, 00.

(W. T. B.) Der Teil der Stadt,

Wetterbericht vom 28. November 1911, Vorm.

94 Uhr.

Wind⸗ richtung, Wind⸗ stärke

Name der Beobachtungß⸗ station

Wetter

Niederschlag in

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Barometer stand vom Abend

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verlauf der letzten

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Das gestrige Hochdruckgebiet hat welter zugenommen, sein Maximum über 782 mm liegt über Westrußland und erstreckt seinen Einfluß bis nach Norwegen, Jütland und dem Rhein; ein Tiesdruck— gebiet unter 740 mm südwestlich von Island zieht, ohne bisher Großbritannien zu berühren, heran. In Deutschland ist das Wetter überwiegend trübe und im Süden ruhig; im Norden wehen mähßige südöstliche Winde; westwärts des Rheins ist es milder, fonst ist die Wärmeänderung gering; der Westen hatte verbreitete Niederschläge. Deutsche Seewarte⸗

zum Deutschen Neichsan

Deutscher Reichstag.

210. Sitzung vom 2I. November 1911, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

. Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Eisenbahnbautzen im ostafritanischen Schutzgebiet.

Gouverneur Dr. Solf:

Meine Herren! Der Zweck der Vorlage über die ostafrikanische Zentralbahn ist die Weiterführung der Linie Daressalam über Tabora nach den Gestaden des Tanganjikasees. Das Projekt dieser Zentral⸗ bahn, wie es in einer Denkschrift im einzelnen näher ausgeführt worden ist, entspricht einem Wunsche der Budg tkommission und ist die Konsequenz früherer Etatsbewilligungen. Die Zentralbahn, die bis jetzt in Tabora ihren Abschluß gefunden hat, würde sich nicht in dem Maße rentieren, wie bei einer Weiterführung dieses Schienengleises nach dem Ufer des Tanganjikasees. Die Länder, die am Tanganjikasee liegen, waren schon in der früheren Zeit unter der Herrschaft des Karawanenverkehrs dem indischen Ozean tributpflichtig. Durch die Weiterführung der Bahn nach dem Tanganjika würde der Verkehr wesentlich erleichtert werden.

Die Denkschrift, die Ihnen vorgelegt worden ist, erläutert die finanzielle, wirtschaftliche und technische Seite der Unternehmer so umfangreich und so sorgfältig, daß ich mich im einzelnen auf diese Denkschrift beziehen darf.

Ich möchte dabei hervorheben, daß diese Vorlage nur ein Bau— stein zu dem Gebäude der afrikanischen Verkehrspolitik ist, zu dem mlt der Zustimmung des hohen Reichstags im Jahre 1908 das Fun⸗ dament gelegt worden ist. Es gereicht mir zur ganz besonderen Freude, daß diese erste Vorlage, die ich dem hohen Hause im Namen der ver— bündeten Regierungen zu überreichen die Ehre habe, auf die ureigene Arbeit des Herrn Staatssekretärs von Lindequist zurückzuführen ist der sich gerade dieser Aufgabe mit besonderer Sorgfalt und Liebe ge⸗ widmet hat.

Ich möchte zur Erläuterung nur zweb Punkte hervorheben. Der eine Punkt betrifft eine kleine Unstimmigkeit in der der Denk— schrift beigegebenen Karte. Wenn Sie die Karte übersehen, werden Sie sie schwer mit dem Texte in Uebereinstimmung bringen können, da die nach Süden geführte Linie kürzer zu sein scheint als die jetzt gewählte Linie nach Udjidii. Das ist so zu erklären, daß man aus Svparsamkeitsgründen eine alte, in etwas zu kleinem Maßstabe ge⸗ zeichnete Karte genommen hat. Ich habe eine Karte anfertigen lassen, aus der unzweifelhaft hervorgeht, daß die von uns gewählte Trace, die Ihnen vorgelegt wird, die beste ist.

Einen zweiten Punkt möchte ich noch erwähnen. In der Presse sind seit einigen Tagen Wünsche bezüglich der Regelung der Ta rife in Verbindung mit der Fortführung der Zentralbahn nach dem Tanganjikasee zur Sprache gebracht. Meine Herren, ich kann Ihnen mitteilen, daß bereits seit geraumer Zeit der Gouverneur von Ost— afrika Erhebungen über diese Tariffragen angestellt und daß er bereits dem Kolonialamt darüber berichtet hat. Es werden Staffeltarife in 5 verschiedenen Klassen eingeführt werden, sodaß den Wünschen der Pflanzer, daß auch die Weißen auf ihre Kosten kommen, in jeder Beziehung Rechnung getragen wird. (Bravo! rechts.)

Abg. Erzberger (Zentr.): Die Vorlage sieht ganz harmlos enthält aber tatsächlich eine Nachforderung von 52 Millionen Mark:; es handelt sich um einen verschleierten Nachtragsetat. Seit der Staatssekretär Wermuth an der Spitze des Reichsschatzamts steht, sind wir glücklicherweise mit Nachtragsetats verschont bn dieser Nach⸗ tragsetat bricht aber mit seinen Grundsätzen, und ich bedauere, daß er in diesem Falle dem Drängen eineß Ressorts nachgegeben hat. Wir müssen verlangen, daß für das Etatsjahr ausreicht., was wir dafür bewilligt haben, und daß nur in ganz außergewöhnlichen Fällen Nachtragsetats gemacht werden. In der Kommission werden wir die Frage besprechen müssen, ob wir zu dem gefährlichen Weg der Nachtragsetats wieder zurückkehren sollen. Wenn jetzt auch mit Hilfe dieser Vorlage durch die sofortige Fortführung der Bahn 1 Millionen erspart werden, wer garantiert uns dafür, daß wir nicht später wieder 4 bis 5 Millionen zuzahlen müssen, weil die Bahn zu schlecht gebaut ist? Man kann sich nicht über die Sache dadurch hinwegsetzen, daß es heißt, für 1912 werde nichts ver⸗ langt, denn wer heute für den Weiterbau der Bahn stimmt, muß väter neue Mittel bewilligen, wenn das Geld ausgeht. Tatsächlich bedeutet die Vorlage eine Mehrausgabe von 52 Millionen Mark. Die Bahn Daressalam Morogoro ist erst seit 3 bis 4 Jahren fertig⸗ gestellt, und jetzt will man sie vollständig umbauen mit 54 Millionen Mark, nachdem sie erst mit 20 Millionen Mark vor wenigen Jahren gebaut ist. 19606 haben mein Freund Müller⸗Fulda und ich in der Budgetkommission darauf hingewiesen, daß die ausführende Firma minderwertiges Material verwende. Vom Bundesratstisch erklärte man al unsere Nachrichten einfach für unzutreffend, und jetzt zeigt ich, daß 54 Millionen für die Verbesserung notwendig sind. Es wird auch in der Kommission die Frage sehr zu prüfen sein, ob nicht der Bauherr regreßpflichtig gemacht werden kann. Erst wenn man überzeugt ist, daß die Hau gfrra ihre Pflicht erfüllt hat, darf man an die Genehmigung der 5,4 Millionen heran⸗ treten. Wie kommt es ferner, daß die Strecke um 50 kin kürzer geworden ist, als man vorgesehen hatte; das ist doch auch für afrikanische Verhältnisse keine ganz kurze Strecke, die man wohl bei den Berechnungen hätte voraussehen müssen. Im Novemberheft des „Plutus“ weist der Abg. Südekum auf einen recht eigentüm⸗ lichen Vorgang bei dem Bau der Otavibahn hin. Er teilt dort mit, daß die Firma, die die Bahn an uns verkauft hat, und die Bank, die diese Firma finanziert hat, schon 1901 im Besitze ines interessanten Gutachtens des Sachverständigen Christępher James maren, das in Aussicht stellt, daß ein Bahnbau pon Otavi an das Meer herunter sich nicht rentieren wird. Wäre dieses, Gut⸗ hlen bekannt gewesen, so hätte der Reichstag sicherlich nicht in den Wbschluß des Kaufvertrags gewilligt. Kaum aber haben wir, die Bahn verstaatlicht, da kommt das Gutachten heraus. Aus, diesen Gründen halte ich es für absolut notwendig, daß wir in der Kemmission in eine Prüfung aller Details der Denkschrift ein⸗ gehen. Ich würde es für grundverfehlt halten, wenn der Reichstag n einer Hurrastimmung auf diese eingehende Prüfung verzichtete. Ich gebe ohne weiteres zu, daß wirtschaftliche, militärische und Volitische Gründe für die Fortfetzung der Bahn sprechen. In Tabora kann die Bahn unmöglich ihren Endpunkt erreicht haben. Ich halte den Bahnbau im deutschen Interesse für nötig, ganz gleich, ob Belgien seine Bahn vom Kongo nach dem Tanganjilgsee baut oder nicht. Finanziell ist es aber notwendig, zu prüfen,

Dritte Beilage

Berlin, Dienstag, den 28. November

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ob eine angemessene Verzinsung in absehbarer Zeit zu erwarten ist oder nicht. Der Grundsatz; keine Anlagen ohne Deckung, gilt natürlich auch für werbende Anlagen. Für einen kleinen Fort— schritt halte ich es, daß, abweichend von dem bisherigen Verfahren, davon abgesehen werden könnte, die in der Bauzeit fälligen Zinsen dem Anleihebedarf zuzuschlagen. Ich möchte wünschen, daß künftig immer se verfahren wird. Durch die Neubauten entfteht eine größere Belastung des Schutzgebietsetats von zusammen 117 Millionen Mack. Dieser Betrag mit 6/0 verzinst und mit 0,6 e getilgt ergibt von 1915 ab eine Mehrausgahe für Astafrika von 55 Millionen Mark. Wie sollen diese 57 Milltonen Mehrausgaben aufgebracht werden? Diese Frage bitte ich in der Kommission zu beantworten. 1906 sind durch die Hüttensteuer die Einnahmen um rund 1 Million gestiegen. PYl5 rechnet man mit einer weiteren Steigerung um 1,6 Millionen. Ist. das die natürliche Zunahme der Hüttensteuer, oder ist darin schon eine Erhöhung Ddieser Hüttensteuer enthalten? Dann würden immerhin noch 4 Millionen fehlen; wo sollen die her⸗ genommen werden? Der Hinweis auf den Ueberschuß aus 1910 von 4. Millionen Mark scheint mir das Allerbedenklichste; man darf doch nicht, dauernde Ausgaben auf so schwankende Einnahmefaktoren fundieren. Eine weitere Antwort auf diese Frage finde ich in der ganzen Begründung nicht. Eine finanzielle Sicherheit muß doch wenigstens annähernd gegeben sein. Man wird in der Kommission eine angemessene Erhöhung der Hüttensteuer ins Auge zu fassen und, auf ihre Durchführbarkeit zu prüfen haben. An sich ist eine solche Erhöhung nicht ohne weiteres zu verwerfen, vielmehr hat diese Steuer als Erziehungsmittel der Schwarzen zur Arbeit ihre hohe Bedeutung erwlesen. Man wird die Erhöhung vielleicht nur in einigen Bezirken und nur in mäßigem Umfange einführen dürfen; das zu prüfen, wird dem Gouvernement vorzubehalten sein. In den unabhängigen Sultanaten der noch unerschlossenen Gebiete muß mit größter Vorsicht operiert werden; es sind Nachrichten hierher ge— drungen, wonach in diesen Gebieten die schwarzen Soldaten der Schutztruppe sich gegen die Eingebgrenen böse Uebergriffe erlaubt haben. Man hat auch in weiteren Distrikten von Deutsch-Ostafrika den Eindruck eines Konfliktes zwischen dem Gouverneur und dem Kommandeur der Schutztruppe; der letztere muß unbedingt dem Gouverneur untergeordnet sein, die Tatenlust des militärischen Chefs darf da nicht allein entscheiden. Lieber als Unzufriedenheit zu erregen, indem man Steuern ausschreibt, die nicht oder nur gewaltsam erhoben werden können, sollte man mit dem Bahnbau noch ein Jahr warten. Die uns inzwischen Uugegangene Denkschrift über den Fortgang der Eisenhahnbauten in Ostafrita gibt von der wirtschaftlichen Entwick⸗ tung kein richtiges Bild, weil hier der Verkehr hauptsächlich den Tansport der Eisenbahnbaumaterialien umfaßt: in Togo, wo zurzeit keine Bahn gebaut wird, sieht es mit den Verkehrsziffern sehr schlecht aus. Was die Tarife betrifft, so muß hier auch den Wünschen der Kolonie endlich Rechnung getragen werden; wir dürfen eine sub⸗ ventionierte Linie nicht länger in der Gestaltung der Tarife voll⸗ ständig frei und unabhängig lassen. Bezüglich der wirtschaftlichen Bedeutung des Projektes kann man ja wohl die gute Meinung der Denkschrift teilen, und meine Freunde teilen sie, sie wollen aber finanzielle Klarheit und wollen namentlich nicht das bisherige finanz— politische Programm des Reichsschatzamtes aus diesem Anlaß um⸗ geworfen wissen. Ich beantrage die Verweisung des Entwurfs an die Budgetkommission.

Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth:

Ich kann nicht in vollem Maße zugeben, daß die Reichsfinanz— verwaltung in Sachen der Tanganjikabahn einen ungewöhnlichen und unerwarteten Grad von Nachgiebigkeit gezeigt hätte, wie sie ihn leider sonst vielfach zeigt. Ich gebe von vornherein bereitwillig zu, daß das Ermächtigungsgesetz, das Ihnen vorgelegt ist, gleichzeitig die Wirkung eines Nachtragsetats äußert, obwohl ich annehmen möchte, daß nach Lage der Verhältnisse die Form des Ermächtigungsgesetzes richtig gewählt ist. Ich gebe ferner zu, daß im Jahre 1909 die Ihnen bekannte bestimmte Verständigung getroffen worden ist, wonach zu⸗ nächst einmal das Eisenbahnbauprogramm für sämtliche Kolonien seinen natürlichen Ablauf finden sollte, ehe man an neue Unter— nehmungen geht.

Aber, meine Herren, das alles spricht nicht gegen die unsererseits jetzt von Ihnen erbetene Ermächtigung, und zwar aus dem Grunde, weil man von vornherein nicht nur vorausgesehen hat, sondern bestimmt davon ausgegangen ist, daß die Mittellandbahn vom Ozean ab bis an den Tanganjikasee gehen sollte. Man hat zunächst die Strecke bis Tabora ins Auge gefaßt und dafür die Mittel erbeten. Aber man hat den festen Entschluß gehabt und zwar haben Sie ihn mit uns gehabt —, die Bahn dann weiter fortzusetzen, wenn die Strecke bis Tabora fertig sein würde. Das einzig Unerwartete ist, daß diese Strecke verhältnismäßig früh fertig wurde. Daß auch Sie, meine Herren, sich klar darüber gewesen sind, daß die Fortsetzung erfolgen werde und zwar alsbald erfolgen werde —, geht auch schon aus dem Etat hervor. Im Etat für 1911 bei Ost⸗ afrika, außerordentlicher Etat, Kap. 1 Tit. 2, heißt es: „Darlehen an die Ostafrikanische Eisenbahngesellschaft zur Fortführung der Eisen— bahn Daressalam— Mrogoro bis Tabora, 4. Rate, und zu Vorarbeiten für die Fortführung der Bahn bis an den Tanganjikasee.“ (Hört! hört! rechts) Man hat also diese Vorarbeiten von vornherein ins Auge gefaßt, doch offenbar mit dem Zweck, die Weiterführung vorzu⸗ nehmen, sobald man mit dem ersten Stücke fertig geworden wäre.

Daß das nun unter denselben Bedingungen, namentlich auch mit denselben Arbeitskräften geschteht, wie sie für das erste Stück zur Anwendung gekommen sind, ist doch wohl ganz natürlich und richtig. Und daß von diesem Gesichtspunkt aus eine empfindliche Einbuße entstehen würde, wenn der Unternehmer bloß aus äußeren, aus Etatsrücksichten gezwungen würde, alle seine Arbeiter und Be⸗ amten zurückzuziehen und nach Europa zu übernehmen, daß ist Ihnen in der Begründung zu dem Gesetzentwurf näher dargelegt worden. Ich möchte dabei hinzufügen, daß wir nicht etwa werden beabsichtigen können, das Argument der Fortbeschäftigung von Unternehmern und Arbeitern auch auf künftige Bahnen auszudehnen. Das würde allerdings eine Folgerung sein, die uns vielfach in eine Zwangslage bringen könnte, eine Zwangslage, der sich die Finanzen auf keinen Fall unterwerfen würden. Aber hier handelt es sich nicht darum, sondern lediglich um die bereits geplante Fortführung eines einheitlichen Unternehmens. Das ist keine Abweichung vom Pro— gramm, und insofern werde ich allerdings auch sagen dürfen, daß die Finanzen von vornherein darauf gerechnet haben und darauf rechnen mußten, daß im Laufe der nächsten Perlode derartige Forderungen an sie herantreten würden.

daß die Vorlage der Budgetkommission zuerteilt wird.

zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

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Nun handelt es sich hier ja, wie mir der Herr Abg. Erzberger gewiß zugeben wird, tatsächlich um eine zweifellos werbende Aus⸗ gabe, für welche nach unseren strengsten Finanzgrundsätzen eine An⸗ leihe zulässig ist. Diese Anleihe schlagen wir Ihnen vor. Es wäre sehr erwünscht, wenn für die Anleihe die ausreichende Verzinsung bereits von vornherein durchaus sicher wäre. Kenner der Verhältnisse nehmen das an. Ich bin durchaus bereit, mich den Zweifeln anzu— schließen, welche in dieser Beziehung erhoben werden. Aber darum kann man doch nicht eine derartige werbende Anlage behufs Er— schlteßung eines ganz neuen Gebietes und behufs Fortführung einer Bahn an ihren natürlichen Endpunkt unterlassen, weil in den ersten Jahren vielleicht noch nicht die erforderliche Verzinsung eintreten wird. Gerade bei den übrigen Bahnen sowohl Deutsch Ostafrikas wie in anderen unter gleichen Bedingungen stehenden Gegenden hat man die Erfahrung gemacht, daß eben durch die Fortführung die Rentabilität besser wurde, und daß eben deshalb die Anleihen wohl angelgt waren. Ich glaube, das wird auch hier der Fall sein, und wir haben gerade hier keinen Anlaß, pessimistische Erwartungen zu hegen. Auf alle Fälle sind die Finanzen überhaupt und jedenfalls nach Lage des Etats im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr geeignet, hiergegen Widerspruch zu erheben. Sie müssen ihrerseits von der Voraussetzung ausgehen, daß Ostafrika allmählich in die ent⸗ stehenden Lasten hineinwachsen wird, wie es auch anderwärts der Fall gewesen ist.

Dabei kann ich natürlich den von dem Herrn Abg. Erzberger in Aussicht gestellten Anregungen wegen Erschließung neuer Einnahme⸗ quellen nur mit lebhaftem Interesse entgegenschen. Aber mit diesem Vorbehalte erlaube ich mir auch meinerseits, Ihnen die Vorlage zur Annahme zu empfehlen. (Bravo! rechts.)

Gouverneur Dr. Solf:

Meine Herren! Ich bin zunächst dem Herrn Abg. Erzberger dafür dankbar, daß er sich der Bahn sympathisch gegenübergestellt hat. Im einzelnen hat er aber so viele Bedenken geltend gemacht, daß es der Regierung nur erwünscht sein kann, wenn das hohe Haus beschließt, Ich bin der festen Ueberzeugung, daß wir Ihnen in der Budgetkommission nach⸗ weisen können, daß das Schutzgebiet von Deutsch Ostafrika wohl die Finanzkraft besitzt, um die ihr durch dieses Bahnprojekt aufgelegten Lasten tragen zu können.

Im einzelnen möchte c auf die Bedenken nicht eingehen. Ich halte mich aber verpflichtet, die Baufirma Holzmann und Co. in Frankfurt am Main gegen den Vorwurf in Schutz zu nehmen, den der Herr Abgeordnete Erzberger gegen diese Firma er— hoben hat. (Abg. Erzberger: Ich häbe keinen Namen genannt) Es ist aber so bekannt, daß diese Firma Holzmann und Co. gebaut hat, daß ich hier nicht Versteck spielen kann. (Heiterkeit)

Also, meine Herren, die Tatsache, daß der Umbau des Schienen⸗ gleises und der Umbau des Unterbaues der Bahn von Daressalam nach Morogoro notwendig geworden ist, ist nicht zurückzuführen auf eine mangelhafte Arbeitsleistung dieser Firma, sondern einfach darauf, daß der Zweck der Bahn ein ganz anderer geworden ist. Diese Bahn ist wie alle Bahnen in der ersten Zeit der Kolonialverwaltung lediglich als eine Stichbahn gebaut worden, hat aber jetzt eine ganz andere Aufgabe bekommen, und der leichtere Unterbau ist jetzt nicht mehr stark genug, um den größeren Verkehr zu bewältigen. Das ist der Grund, weshalb wir eine Neuforderung für den Ausbau haben müssen, und nicht etwa, daß die Firma Holzmann und Co. die Regierung schlecht bedient hat. Ich halte es für meine Pflicht, das in der Oeffentlichkeit festzustellen.

Ueber die übrigen Punkte werden wir in der Budgetkommissien des weiteren in Muße verhandeln können.

Abg. Dr. Wagner - Sachsen (8dkons.): Der Abg. Erzberger hat ja mit großem Geschick und Fleiß alles zusammengetragen, was man gegen diese Vorlage ins Feld führen kann. Wenn man auch formelle Bedenken egen die Vorlage äußern könnte, so ist sie doch sicher materiell vollständig begründet. Man Fönnte höchstens Bedenken erheben, daß man einem sterbenden NMeichstag noch im letzten Augenblick eine Vorlage macht, die, eine moralische Belastung des neuen Reichstags bedeutet. Mit guten Gründen hat der Reichstag seinerzeit der Fortführung des Programms zugestimmt. Allerdings die Vermehrung der Zinsenlast um 5.3 Millionen für, den notwendigen Umhau ist bedenklich. Sb es damals an der nötigen Voraussicht gefehlt hat, will ich nicht untersuchen, jedoch bin ich nicht der Meinung des Abg. Erz⸗ berger, daß wir jetzt die Vorlage in einer gewissen Surrastünmung annehmen. Sie ist, notwendig für die Entwicklung des Schußz= gebietes, und sie bringt unter allen Umständen für die Zukunft den allergrößten Nutzen. Die Bahn wird, wie wir von dem Sell vertreter des Staatssekretärs des Kolonialamts gehört haben, sebr bald Ueberschüsse bringen, noch viel größer wird der mittel⸗ bare Nutzen einer solchen Bahn für die Hebung der Verteidigungs⸗ fähigkeit des Landes, für seine militärische Sicherheit sein. Hätte man damals in Südwestafrika eine Bahn hergestellt, so hätte man Hunderte von Millionen erspart und den Ausstand zur rechten Zeit unterdrücken können. Eine solche Bahn, wie sie hier vorgeschlagen wird, wird für die Hebung der allgemeinen Kultur, von Dandel und Wandel und für die Finanzkraft der dortigen Bewohner von der größten Bedeutung sein. Selbstverständlich sind wir mit der Ueber. weisung der Vorlage an die Budgetkommission, nachdem so viele Zweifes erboben sind, einverstanden. Ich möchte nur noch dem Wunsche Ausdruck geben, daß dem einmütig gefaßten Beschluffe des Reichstags entspyrechend der Dank für die in den Kolonien Ge— fallenen duich Errichtung eines Denkmals bald abgestattet werden möge.

Abg. Nos ke (Soz.); Was das Reich für ein besonders glänzendes Geschäft gemacht hat, als es sich die Otavibahn auf⸗ schwatzen ließ, darüber werden wir uns später ausführlich unterhalten. Niemand hat daran gedacht, daß diese Vorlage bier dem Reichstag noch vor Toresschluß gemacht werden würde, und es ist zweifelhaft ob sie noch mit Muße erledigt werden kann. Noch iim vorigen Jahre hat die Regierung erklärt., daß das ostafrikanische Schuß gebiet mit dem Bahnbau noch so belastet sei, daß eine westere Bel tung nicht zu verantworten sei. Jetzt sollen ebentuell noch die benden Gebiete Urundi und Ruanda zum Zweck der Verinsung und Amorti⸗ sation des Bahnbaues zur Hüttensteuer neu deran gezogen werden; das kann leicht dazu führen, daß sich die streltbaren Männer dieser Gebiete zu Aufständen in Bewegung setzen. Auf Renta.