Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den im Ministerium der öffentlichen Arbeiten angestellten Beamten, und zwar dem Rechnungsrat Friedrich Fischer den Charakter als Geheimer Rechnungsrat und dem Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator Ernft Hagedorn den Charakter als Rechnungsrat zu ver⸗
leihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den Hauptpastor Möding in Lütjenburg zum Propst der Propstei Plön, Regierungsbezirk Schleswig, zu ernennen,
dem etatsmäßigen 6 an der Lechhisfhhn Hochschule zu Berlin Emil Josse den Charakter als Geheimer Regierungs⸗ rat zu verleihen und
der Wahl des Oberlehrers Dr. Bruno Hiller an der öffentlichen Höheren Mädchenschule in . (Wannsee⸗ . zum Direktor der städtischen Höheren Mädchenschule in Eilenburg die Allerhöchste Bestätigung zu erteilen.
Verordnung wegen Einberufung der beiden Häuser des Landtags.
Vom 11. Dezember 1911.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw., verordnen gemäß Artikel 51 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 18565 auf den Antrag des Staatsministeriums, was folgt:
6 beiden Häuser des Landtags der Monarchie, das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten, werden auf den 15. Januar 1912 in Unsere Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin zusammenberufen. .
Das Staatsministerium wird mit der Ausführung dieser Verordnung beauftragt. . Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Neues Palais, den 11. Dezember 1911. Siegel.) Wilhelm R.
von Bethmann Hollweg. von Tirpitz. Delbrück. Beseler. von Breiten bach. Sydow. von Trott zu Solz. von Heeringen. Freiherr von Schorlemer. von Dallwitz. Lentze.
Ministerium des Innern.
Bekanntmachung.
Mit Bezug auf die Allerhöchste Verordnung vom 11. De⸗ zember d. J., durch welche die beiden Häuser des Land⸗ lags der Monarchie auf den 15. Januar 1912 in die Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin zusammenberufen worden sind, mache ich hierdurch bekannt, daß die besondere Benachrichtigung über den Ort und die Zeit der Eröffnungssitzung in dem Bureau des Herrenhauses, hier, Leipziger Straße Nr. 3, und in dem Bureau des Hauses der Abgeordneten, hier, Prinz Albrecht⸗ straße Nr. 5/6, am 14. Januar 1912 in den Stunden von 9 Uhr früh bis 1 Uhr Nachmittags und am 15. Januar 1912 in den Morgenstunden von 9 Uhr früh ab offen liegen wird.
In diesen Bureaus werden auch die Legitimgtionskarten 6 der Eröffnungssitzung ausgegeben und alle sonst erforder⸗ ichen Mitteilungen in bezug auf diese gemacht werden. ;
Berlin, den 16. Dezember 1911. e
. Der Minister des Innern. von Dallwitz.
Finanzministerium.
Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Pillkallen, Regierungsbezirk Gumbinnen, ist zu besetzen.
Bekanntmachung.
Die verstärkten Ersatzkommissionen werden zur Entscheidung über Gesuche um zeitweise Zurückstellung bei not⸗ wendigen Verstärkungen oder Mobilmachungen bezw. bei Bil⸗ dung von Ersatztruppenteilen Mitte April 1912 ihre nächste Sitzung halten.
Diejenigen in Berlin wohnenden Mannschaften der Reserve, Landwehr, Seewehr, Ersatzreserv! und Marineersatzreserve, welche auf Zurückstellung Anspruch machen, werden aufgefordert, ihre Gesuche unter Angabe ihrer Militärverhältnisse und der
mmern, unter denen sie in den Listen der Königlichen Be⸗
irkskommandos I- IV Berlin geführt werden, im Laufe
es Monats Januar 1912 beim Militärbureau des hiesigen Magistrats anzubringen.
Ebenso werden die auf Zurückstellung Anspruch machenden und sich hier aufhaltenden ausgebildeten Landsturmpflichtigen des II. Aufgebots aufgefordert, ihre Gesuche unter Angabe ihrer bisherigen Militärverhältnisse in der angegebenen Zeit bei dem bezeichneten Bureau n,.
Die bereits früher berücksichtigten Mannschaften n ihre Anträge auf weitere gi ne n im
edarfsfalle zu erneuern; die nach dem 31. Januar 1912 eingehenden Gesuche berück⸗ sichtigt werden.
Berlin, den 16. Dezember 1911.
Die Königlichen Ersatzkommissionen der Aushebungsbezlrke Berlin. Frommel. —
können nicht
Aichlamlliches.
X Deutsches Reich.
. Preunst teen. Berlin, 19. Dezember. e
ine Majestät der Kaiser und König nahmen
zrmittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge
walstabsarztes der Armee, Professors Dr. von Schjerning
Fhefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie n Lyncker entgegen.
Die gestern ausgegebene Nummer des Amtzblattes des Reichspostamts veröffentlicht folgenden, an den Reichskanzler gerichteten Allerhöchsten Erlaß:
us dem Mir vorgelegten Bericht über die Entwicklung des Reichepost⸗ und Telegraphenwesens in dem Zeitahschnitt von 1806 bis 1910 habe Ich mit Befitedigung ersehen, daß innerhalb dieser weitverzweigten Verwaltung wiederum unverkennbare Fortschritte erzielt worden sind. In besonderem Maße ut dies von der Ausgestaltung des ar rere, und der Funkentelegraphie. Letztere hat in kurzer
eit eine beachtenswerte Stufe der Vollkommenheit erreicht, nachdem es gelungen war, die ihren Fortschritt hemmenden, vornehmlich aus der Ver chiedenheit der Systeme herrührenden Beschränkungen auf dem Wege internationaler Vereinbarungen sowie durch Gründung der Deutschen ,, für drahtlose Telegraphie zu besetitigen und dem freien Wettbewerb die Wege zu öffnen. Nicht minder er⸗ freulich sind die Ergebnisse des in der Berichtszeit zur Einführung , , Postüberweisungs und Scheckverkehrs, die Fortschritte im
usbau der Verkehrzeinrichtungen innerhalb der Deutschen Schutz- gebiete, die Verbesserung der Fahrpläne und des Schiffsmaterials auf den Reichspostdampferlinien und die Erweiterung des Deutschen Unterseekabelnetzes durch Herstellung einer direkten Verbindung mit Su damerika.
Mit lebhafter Genugtuung erfüllt Mich ferner die in der Berichts⸗ pe riode durchgeführte Aufbesserung der Besoldungen, und Ich erachte es für eine besonders anerkennenswerte Leistung der Verwaltung, daß trotz der durch jene Maßnahme bedingten erheblichen Steigerung der Ausgaben eine nachhaltige Schmälerung der dem Reiche zufließenden Reineinnahmen vermieden und im letzten Jahre der Berichts⸗ n gf ein Ueberschuß von zuvor nicht errelchter Höhe erzielt worden ist.
Ich ermächtige Sie, dem Staatssekretär des Reichspostamts und den Beamten seiner Verwaltung für ihre treue und erfolgreiche Pflicht- erfüllung Meinen Dank auszusprechen.
Neues Palais, den 11. Dezember 1911.
Wilhelm, I. R.
In der am 18. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück ab⸗ gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde den Etats für die Marineverwaltung, für Kigutschou, für das Reichs⸗ schatzamt und für die Reichsschuld sowie dem Etat der Allge⸗ meinen Finanzverwaltung nach den Anträgen der Ausschüsse die , erteilt. Ebenso wurde dem Entwurf eines Gesetzes,
etreffend die Feststellung des Reichshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1912, und dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Haushaltsetats für die Schutz⸗ gebiete auf das 6 1912, zugestimmt. Demnächst gelangte der Entwurf von Bestimmungen, betreffend die Auf⸗ rechnung der Matrikularbeiträge gegen die Ueberweisungen aus der Branntweinsteuer, zur Annahme. Schließlich wurde zu Be⸗ schlüssen des Reichstags zu einer Reihe von Petitionen ane. der Versammlung Stellung genommen.
Die Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen für November 1911 betrugen nach der im Reichseisenbahn⸗ amt aufgestellten Uebersicht:
gegen das Vorjahr auf (mehr, weniger)
11m . auf 1 km . 16 6 0g
* öh ar geis Lors 4 2751 3504 41 4 3396 lis ga 133] Jes3.] 4 17 is ii 255 . 3a.
Helene lh üterverkehr
Nr. 4 des zehnten Jahrganges der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversiche⸗ rung“ bringt ein an mehrere Lebensversicherungsunter⸗ nehmungen erlassenes Rundschreiben über die Notwendigkeit der Verbindung der Allgemeinen Versicherungs⸗ bedingungen mit den Versicherungsscheinen und ein gleiches an die größeren Unfall⸗ und Haftpflichtversiche⸗ rungsgesellschaften über die Kollektivunfallversiche⸗ rung von Schülern. Hieran schließen sich Mit⸗ teilungen über die inzwischen erfolgten Zulassungen und Genehmigungen von Aenderungen des Ge⸗ schäftsplans und von Bestandsveränderungen in- und ausländischer Unternehmungen. Von den darauf zum Abdruck gebrachten vier Beschlüssen behandelt der erste die Frage, ob die kostenpflichtige Mahnung gemäß §8 39 des Versicherungsvertragsgesetzes (vgl. auch Art. 4 Nr. 4 des Einführungsgesetzes) chen innerhalb oder erst nach dem Ablauf einer in älteren Verträgen bedungenen soge⸗ nannten Respektfrist erfolgen könne. Diese Frage wird in dem letzteren Sinne beantwortet. In dem zweiten Be⸗ schlusse wird es in Uebereinstimmung mit der Literatur und der Stellungnahme zahlreicher de l erg ffcht. für kal erachtet, daß Beträge, die gelegentlich einer Grund⸗ apitalserhöhung von den Aktionären neben dem Entgelt für die Aktien zur Erreichung besonderer Zwecke zer Verfügung gestellt werden, nicht dem gesetzlichen teservefonds zugeführt werden. Der folgende Beschluß bringt den Standpunkt zur Geltung, daß die in der Feuer⸗ n,, für Fabriken und gewerbliche Anlagen als Allge⸗ meine Versicherungsbedingungen und als , pflichtiger Teil des Geschäftsplans zu behandeln seien. In dem letzten Beschlusse hat das Amt bei der Versicherung remden Eigentums mit der Klausel: „Die Versicherung ür fremde Rechnung gilt nur insoweit, als die betreffenden
bjekte von den Eigentümern oder in deren Auftrag nicht anderweit versichert sind“ die Aufs unn vertreten, daß im Schadensalle der Mangel anderweiter Versicherung von dem Versicherungsnehmer nachzuweisen sei. ;
Es folgen drei Senatsentschei dungen, von denen die erste die Gebietserweiterung eines Feuerversicherungsunter⸗ nehmens wegen , ,. Mittel ablehnt. Die zweite Ent⸗ scheidung behandelt die Allgemeinen Versicherungs⸗ bedingungen für die Versicherung gegen Schäden durch Betriebsunterbrechung infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion und die dritte die Bean⸗ nr nr einer von einer Vieh versicherungsgesell⸗ chaft im Wettbewerbe verwendeten Drucksache.
Im Anhange werden B auf dem Gebiete des Ver⸗ sicherungsrechts ergangene gerichtliche Entscheidungen auszugs⸗ weise wiedergegeben.
R. von Deckerschen Verlage, Berlin 8W. 19,
Die amtliche Ausgabe der Jahresberichte der Köniz, lich , egierungs- und Gewerberäte 6 Bergbehörden für 1911“ wird Ende März 1912 in erusale straße 56, erscheinen. Die bis spätestens zum 29. . bruar 1912 unmittelbar bei der Direktion der Neichs drucker Berlin SW. 68, Oranienstraße 91, bestellten Exemplare ze Werkes werden zu einem Vorzugspreise abgelassen werden der auf 2.75 6 für ein broschiertes Exemplar und auf 3. für ein in Ganzleinen gebundenes — festgesetzt ist. J nach dem 29. Februar 1912 bei der Reichsdruckerel eingehemnßen Bestellungen werden von dieser dem genannten Verlage üben wiesen werden. Für die Ausführung solcher Bestellungen wi für alle Lieferungen im Wege des Buchhandels ist der Laden reis zu zahlen, der 5.25 Mt für ein broschiertes und 5.75 6. ein gebundenes Exemplar beträgt.
Dem Regierungsassessor de Roberti⸗Jessen in Pose ist die kommissarische Verwaltung des Landratsamtes im ref Witkowo, Regierungsbezirk Bromberg, übertragen worden.
Der Regierungsrat Fleischer in Gumbinnen ist de Königlichen Regierung in Stettin, der Regierungsrat Freihen von Houwald in Frankfurt a. O. dem Königlichen Polz präsidium in Posen, der Regierungsrat Dr. Siller in Wie baden der Königlichen Regierung in Merseburg, der Regierung assessor Bothe in Rheinbach der Königlichen Regierung n Liegnitz, der Regierungsassessor Dr. Ercklentz aus Berlin de Königlichen Regierung in Marienwerder zur welter dienstlichen Verwendung überwiesen, der Regierung assessor Dr. von Seydlitz und Ludwigsdorf in Dinslaken ist dem Landrat des Mansfelder Seekreises, der neuernannz Regierungsassessor Niemeyer aus Hannover dem Landrat dez Kreises Reichenbach, der neuernannte Regierungsassessor Fre herr von Löhneysen aus Cassel dem Landrat des Kreises Randow und der neuernannte Regierungsassessor Kreich aus Stettin dem Landrat des Kreises Euskirchen zur Hilfeleistum in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.
Die Regierungsreferendare Dr. jur. Reichardt aus Han nover, von Friedrich⸗Schroeter aus Oppeln und Wölfing aus Frankfurt a. O. haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. am 16. d. M. in Poros und S. ; in Nanking angekommen.
Oefterreich⸗ Ungarn.
In der gestrigen Sitzung des Budgetaussschusses dez österreichischen Abgeordnetenhauses führte der Unterrichts minister Hussarek laut Meldung des „W. T. B.“ bezüglich der italienischen Fakultätsfrage aus:
Die italienische Fakultät sei ein Kulturproblem, das gelöst werden müsse. Die Regierung enthalte sich der Verheißung, eine italienisch e n innerhalb des 3 des italienischen VM ksstammes in
esterreich zu errichten. Das Provisorium bezüglich des Standorteg
ei aus unterrichtstechnischen und didaktischen Gründen notwendig. Er alte Triest und dessen Bannmeile für die provisorische italienische akultät nicht für geeignet. ö
— Die Wahlen zum kroatischen Landtage find außer in sechs Bezirken beendet. Die unbonistische Reglerungs—⸗ partei verfügt, obiger Quelle zufolge, nur über 22 unier 838 Mandaten. Die übrigen Mandate verteilen sich auf die fünf Fraktionen der Opposition. Die Regierungspartei besaß im vorigen Landtage nur vierzehn Mandate.
Frankreich.
Die Deputiertenkam mer setzte in der gestrigen Sitzung die Beratung des deutsch⸗französischen Abkomm ens fort Nach dem Bericht des W. T. B.“ über den Verlauf der Sitzunz untersuchte der Berichterstatter der Kommission Long die Grgebnisse des Abkommens und bemerkte, die Männer, die sich im Congo auß—= gezeichnet hätten, hätten zu dem Erfolg der französischen Politik in Nordafrika beigetragen. Das Protektorat Frankreichs sei zwar nicht mit ausdrücklichen Worten in dem Abkommen angekündigt, doch be stehe es in Wirklichkeit Das Wort selbst finde 3 übrigens in den erläuternden Briefen. Das durch die Algecirasakte eingeführte Regime sei zum Vorteil Frankreichs verändert. Die marokkanische Bank, die ein Privatunternehmen sei, werde nicht, wie verschiedentlich behauptet wird, eine Art internationales Mimisterium darstellen Frankreich habe übrigens immer noch das Uebergewicht in dieser Bank mit einer Mehrheit von acht Stimmen. Die marokkanische Stimme weide Frankreich eine Mehrheit von neun Stimmen verschaffen. Das Zoll= system Marokkos hindere eine wirkliche Kolonisation nicht. Be—= züglich der öffentlichen Arbeiten bestehe ein unbestreit— barer Fortschritt von der Algecirasakte zu dem gegen— wärtigen Abkommen. Hinsichtlich der Zollkommlssion er klärte Long, die marokkanische Zollverwältung bewahre eine ausreichende Unabhängigkeit. Der Berichterstatter sagte, dal diplomatische Korps werde abberufen werden, sobald das französische Protek lorat in Mzrokko errichtet sei. In bezug auf die Berg , . werde Marokko volle Freiheit haben mit der einzigen inschränkung, daß auf Eisenerje kein Auefuhrzoll gelegt werden dürfe. Uebrigens sei Frankreich selbst ein Eisenerz ausführendes Land und rechne nicht auf marolkanische Eisenerze. Im Gegensatz dajn habe Deutschland ein Bedürfnis nach ausländischen Eisenerzen. Redner wies sodann darauf hun, J. die Wahrung der wirtschaft, lichen Gleichberechtigung mit Bezug auf die Eisenbahnen den Vorteil habe, daß sie den Staat an der Verleihung ven Vorrechten an die Gesellschaften hindere. Was die Linke , . anbe lange, die nicht von irgend einer anderen Bahnlinie überhost werden dürfe (primée), so bedeute dies's Wort nicht, daß die Bahn vor den anderen gebaut werden warde, sondern einfach, daß sie auf dem ersten Programm erscheinen müsse, das aber auch andere Linien umfassen könne. (Auf emen Zwischenruf des Abg. Berthod (Jura), ob es richtig sei, daß die fianzösische Reglerung besondere Ver— pflichtungen für den Bau von Gisenbahnen im Susgebiet über nommen habe, antwortete der Ministerpräsident Caillau daß in dieser Beziehung keinerlei Verpflichtungen existierten Long kam dann auf die Schutzgenossen zu sprechen. r führte aus, es werde Frankreich zukommen, Gerechtigkeit, Ordnung und Sicherheit einzuführen. Erst wenn diese durch Frankreich gesichert, werde es beiechtigt sein, von den Mächten die Aufhebung des Systems der Schutzgenossen ju verlangen. Gegenüber gewissen Befürchtungen erklärte Long, die Ausbreitung des französischen 3 werde durch das politische Ueberg, wicht Frankreichs un erstützt werden. Dle Algecirasakte sei die Losung eines diplomgtischen Konflikig gewesen, aber eine unausführhare Lösung, die Marokko in einen vollständigen Stillstand versetzt habe. Jetzt werde Marolko, dank dem Vorgeben Frankreichs, sich entwickeln. Dieses werde das Werk, das Millerand und Deechanel vorgezeichnet, auszuführen haben. Es werde von Frank reich abhängen, ob der Vertrag zu großen Ergebnissen führe.
Hierauf ergriff der Ministerpräsident Caillauxr das Wort und erklärte im Namen aller Mitglieder der Regierung, diese nehme die Verantwortung für das Abkommen auf sich. Bie Regierung habe keinen anderen Plan gehabt, als den, das bald hundertjährige Werk der Errin tung eines großen französischen Reichs in Nordafrika weiter zu verfolgen und vielleicht zu vollenden indem sie endgültig Marokko für Frankreich erschließe. Im vollen Bewußtsein der Folgerichtgkeit ihrer auswärtigen Politik habe die Regierung sich vorgenommen, geleitet von den Ereignissen, ein Glied mehr an die Kette der Verwirklichungen dieses 6 zu fügen. Jules Ferry habe
esagt, daß Tunis der chlüssel zu Frankreichs Stellung 6. Algier sei: das gelte ebenso von Marokko. Algier, Tunis und Marokko bildeten wirtschaftlich, ethnologisch und für den Handel ein Ganzes. Die Abkommen von 1900 und 1904 selen zuerst günstig auf⸗ enommen worden. Jetzt, da die Schwierigkeiten verschwunden seien, irrer man sie zu leicht. Sie hätten den Zweck gehabt, für Frank⸗ reich freies Feld in Marokko zu schaffen. Im Jahre 1900 hätten ris und Rom sich . Caillaux erinnerte sodann an die bkommen mit England und Spanien und bemerkte, Frankreich habe sich demgemäß die Freiheit in Marokko erkauft gehabt, als die Er= eignisse von 1905 eingetreten wären. Der deutsche Reichskanzler habe vor einigen Tagen dle deutschen Beschwerden nochmals wiederholt. Er, Caillaur, beabsichtige nicht, sich in einen nutzlosen Streit über diefen Gegenstand einzulassen. Er wolle sich nicht vorwerfen lassen, daß er die Polemik von neuem belebe. Das Einschreiten Deutsch⸗ lands habe Frankreich für einen Augenblick von seiner nationalen Aktion in Marokko abgedrängt und es veranlaßt, sie einer inter⸗ nationalen Verwirklichung zuzuführen. Die Algecirasakte habe das besondere Interesse Frankreichs anerkannt, ihm aber nicht die Mittel egeben, es zu verteidigen oder die Ordnung zu sichern. Sie habe ar ich die Pflicht zum Handeln auferlegt, aber es sei für Frankreich eine Unmöglichkeit gewesen, zu handeln. Auch das diplomatische Korps habe nicht handeln können. Der Machsen habe nur unbedeutende Ein⸗ nahmen gehabt. Die Anarchie sei unvermeidlich gewesen. Von 1907 ab habe man feststellen müssen, . die Algecirasakte Frankreich ver⸗ bindere, auf der Höhe seiner Aufgabe zu stehen, un' so habe man die Rückkehr zu dem nationalen Programm von 1904 ins Auge gefaßt. rankreich habe versucht, die Bestimmungen der Algectrasakte mit 6 Entschluß in Einklang zu bringen, die einge seinen Interessen angemessene praktische Politik wieder aufzunehmen, die einzige Politik, die eines großen Landes wie Frankreich würdig sei. er erste Versuch in dieser Richtung habe zu dem Abkommen von 1909 geführt, aber dies in allgemeinen Ausdrücken gehaltene Abkommen habe kein Mittel zum Handeln präzisiert und habe Deutschland wittschaftliche Vorrechte ein⸗ eräumt. Aus diesem Abkommen hätten mit Notwendigkeit Schwierig⸗ eiten entstehen müssen. Es set wirklich schwer gewesen, eine Scheide⸗ wand zwischen politischen und wirtschaftlichen Interessen aufzurichten, insbesondere die deutschen Pläne mit Bezug auf die marokkanischen Eisenbahnen seien unter politischem Gesichtspunkt eine Gefahr gewesen. Es habe sich gezeigt, daß das Abkommen von 1909 zu keinem brauch⸗ baren Ergebnis führen würde. So sei die Frage gewesen, als die Re⸗ gierung ihre Entschlüsse habe fassen müssen. Wir haben Rabat, Mekines und Fes besetzt', fuhr der Ministerpräsident fort, wir hatten die Verpflichtung, Fes wieder zu räumen. Aber konnten wir das tun, ohne das Recht der französischen Intervention in den Augen der Marokkaner bloßzustellen? Der Erfolg des Aufstandes, die Anarchie, war sicher. Die Hilfsquellen Marolkos waren erschöpft. Wir mußten uns mit diesen klaren Tatsachen abfinden. Es war uns unmöglich, zuzugeben, daß die Verwaltung der Eisen⸗ bahnen nicht Marokko gehörte. Was sollte man un? Eine Konferenz einberufen? Abgesehen davon, daß die Lösung durch eine Konferenz vielleicht nicht unseren ganzen Wünschen entsprochen hätte, war von gewissen Seiten die . zu einer Konferenz an unannehmbare Bedingungen geknüpft. Warum hätten wir uns also weigern sollen, in direkte Verhandlungen einzutreten? J übrigen war das Prinzip solcher Verhandlungen schon im Jahre 1969 angenommen worden. Wir mußten die politische Hypothek von Algeciras und die wirtschaftliche Hypothek des Abkommens von 1909 beseitigen. Dazu gab es nur ein Mittel: zu bezablen, wie wir es 1904 getan hatten. (Murren auf der Rechten. Ich weiß wohl, man hat gesagt, wir hätten von Deutschland ein Marokko gekauft, das ihm nicht gehörte. Ge⸗ hörte es aber etwa den andern Mächten mehr, deren Desinteressement wir im Jahre 1904 erkauft haben?! Caillaux führte dann aus, wie schmerzlich das gebrachte Opfer sei, es gäbe aber in der Geschichte jahlreiche Vorgänge dafür. Er zitierte diese Vorgänge und fügte dann hinzu: „Ich erkläre andererseits, was schon der Minister der Augwärtigen Angelegenheiten gesagt hat, daß wir nicht die ersten gewesen sind, die vom Congo gesprochen haben. Man hat mit uns am 10. Juli d. Q davon gesprochen, und seit 1905 hat Deuischland zuerst mit Deleasss darüber gesprochen, wie der deutsche Sÿaatesekretär im Reichstag erklärt hat. (Jaurèz: Wovon war denn in Kissingen die Rede? — Von wirtschaftlichen Fragen.) Die jetzt zur Beantwortung stehenden Fragen sind folgende: Was hat uns das Abkommen gekostet? Sind wir von den Zrei— deutigkeiten der Vergangenheit befreit? Haben wir zu teuer bezahlt? Haben wir genug erhalten? Ich 3 nicht versuchen, die ab⸗ getretenen Gebiene schlecht zu machen. Wenn man 1 daß wir nicht genug Vorteil aus diesen Gebieten gezogen hätten, so ant⸗ worte ich: Die Republik, die die Fehler früherer Regierungen gutzu⸗ machen hatte, hat nicht in wenigen Jahren überall gleichmäßig diese gewaltigen Gebiete nutzbar machen koͤnnen. Gewiß, es ist grausam, diese Gebiete aufgeben zu sollen, wo das friedliche Heldentum de Brazzas und seiner Nachfolger sich betätigt hat. Aber es liegt ein Trost in dem Gexanken, daß sie uns die Möglichkeit gegeben haben, unserem afrikanischen Reiche eine prachtvolle Fassade zu geben. Man hat gesagt, wir würden nichts als ein gefesselfes verstümmeltes Marokko erhalten, das Trugbild eines Prolektorats, Deutschland habe uns mit der einen Hand ge⸗ nommen, was es uns mit der anderen gegeben hätte. Da rauf ant⸗ worte ich: Unter wirtschaftlichem Gesichispunkte erhalten wir mehr, als wir unter anderen Umständen erhalten hahen. Wir erhalten eine Lage, besser, als sie andere Länder in ihren eigenen Kolonien haben. Unter politischem Gesichtepunkte erhalten wir mehr, als wir durch den Vertrag von Bardo erhalten haben.. Caillaux führte dann aus, daß er den Rechtsgelehrten Louis Rénault für die Redaktion des Vertragsentwurss beflagt habe, um den Tert er Algecirasakte nicht fortbestehen zu assen. Sodann verglich er die Lage Englands in Aegvpten mit der Frank— reichs in Marokko und sagte, Frankreich könne sich aus vielen Gründen beglückwünscken, daß England allein in Aegypten sei. Aber er dürfe sagen, daß Frankreich in Marokko ein Re sime habe, das dem Eng; lands in Üegvpten weit überlegen wäre. Caillaux ging sodann auf die wirtschaftlichen Fragen ein, und führte aus, daß dae Bergwerks- regime normal sei, da man keine Ausfuhrzölle habe. Ueber die Berg- werkesteuer werde Frankreich allein zu verfügen haben. Was dle Veranlagung anbelange, so sei Frankreich bezüglich der Taxen in keiner Weise gebunden. (Der Finanzminister Klotz bestätigte a siekalischen Ausführungen.) Was die Eisenbah betreffe, so werde die Schutzmacht die Freiheit haben, die Verwaltung zu organisieren. Frankreich sei nur in dem einen Punkte gebunden, das Verlangen nach privaten Zweigbahnen nach den französischen Be— stimmungen ic zu prüfen. Allerdings sei die wirtschaftliche Aus- dehnung Frankreichs an drei Beschränkungen gebunden an die Existenz der Staatsbank, den Grundfatz der wirischaftlichen Freibeit und das Prinziy der offenen Tür. Es sei unmöglich gewesen, die Organisation der Staatsbank zu ändern. Andererseits bestehe ein Vorrecht für die französtiche Finanz; der Direkto- und die Mehrzahl der Beamten eien Franzofen. Gewiß müsse sich Frankreich bei den oeh öffent⸗ ichen Arbeiten dem Submisfionsverfabren fünen, aber es sei unmög⸗ lich gewesen, den ganzen Inhalt der Algecktraskte zu beseitigen. Dle offene Tur fei ein großes Zugeständnis, aber sie sei auch schon an der Glfenheinküste und in Dahomey zugessanden worden. Der Minister⸗ inen legte dann dar, daß der französische Handel in Marokfo sich ssern werde, wenn die polilische Aktion zu der wirtschaftlichen hinzu⸗
trete.
nicht zufrieden
Die offene Tür sei der Grundsatz, dem man fich für neue Länder nicht mehr werde entziehen können. Er faßte dann den Inhalt des re,, kurz zusammen und fügte hinzu, er glaube nicht, daß es möglich gewesen wäre, die Rechte Frank- reichs besser zu wahren. Sodann kam der Ministerpräsident auf die Verhandlungen mit Spanien zu sprechen und sagte, er sei Überzeugt, daß sie keinen ernsteren Schwierigkeiten begegnen würden; sie seien aber darum nicht minder delikat. Frankreich habe das lebhafteste Verlangen nach Verständigung, ein tiefes Gefühl für das Recht und die Wuͤrde Spaniens, aber dieses doppelte Gefühl schließe die Klarheit und Festigkeit des französiichen Standpunktes nicht aus. „Wir halten es für billig, fuhr Caillaux fort, in aller Freundschaft elne entsprechende Entschädigung für die Vorteile zu verlangen, die die Anstrengungen unserer Diplomatie und die von uns gebrachten Opfer errungen haben. Wir halten außerdem noch gewisse Garantien für notwendig und gewisse Bestimmungen, die geeignet sind. der Verantwortlichkeit und den Interessen Frank⸗= reichs voll Rechnung zu tragen. Auch ich kegrüße die Be⸗ stimmung über den Haager Schiedsgerichtshof lebhaft. Vielleicht wird . wertvolle Klausel nicht genügen, um jede Gefahr zu ver— meiden; aber worauf es in Wahrbeit ankommt, ist die Art der An⸗ wendung der Konvention. Viel Umsicht und Intelligenz! Marokko ist für die Zukunft eine große Vorratskammer von Dingen und Menschen. Unsere Freunde, unsere Verbündeten und die mit Frank reich weniger nah verbundenen Mächte erkennen an, daß der Vertrag beiden Teilen zum Vorteil gereicht. Der Ministerpräsident sagte weiter, er würde sich mit einer Stimmenthaltung über den Vertrag geben können. Jeder habe seinen Teil Unruhe gehabt, jeder müsse seine Verantwortlichkeit auf sich nehmen. Calllaux verwies sodann auf den Wert des Abkommens für die Kontinuität der französischen Mittel meerpolitik und auf die Bedeutung einer Verständigung zwischen zwei großen Völkern, die sich achten und im Interesse der Zwvilisation berständigen könnten. Das Abkommen bringe eine lange Aueeinandersetzung zum Ende. Frankreich habe seine Aktionsfreiheit für die auswärtige Politik wiedergewonnen, von der es an der Seite seiner Freunde und Verbündeten, von denen Frankreich in keinem Punkte sich zu trennen beabsichtige, einen fruchtbaren Gebrauch machen könne ohne Hinter—⸗ gedanken im Dlenste des Weltfriedens. Caillaux schloß; Das andauernde Festhalten Frankreichs an seiner Friedenepolitik er⸗ leichtet mir zu erklären, wie man es anderweit zu wieder⸗ holten Malen getan bat, daß die beste und dauerhafteste Friedens⸗ garantie in der starken Militärmacht liegt, gestützt auf unsere Freundschaften und auf unser Bündnis und besonders in der moralischen Stärke. Ohne Ehre gibt es weder große Völker noch große Siege. Wenn Meinungsverschledenheiten und Parteikämpfe unvermeidlich und für unsere innere Politik heilsam sind, müssen wir in freiwilliger Selbstzucht alle unsere Kräfte für de auswärtige Politik und für die nationale Selbsterhaltung zusammenfassen. Im übrigen ist uns das Land in seiner mustergültigen Haltung die festeste Stütze und der sicherste Führer gewesen.
Der Abg. Louis Dupois (Seine) stellte von neuem die beiden in, Was für ein Protektorat, was für ein Marokko? Was man Frankreich biete, sei ein enihauptetes Marokko. England und Spanien hätten viel mehr gewonnen als Frankreich, sowohl mit Bezug auf die Gebietsfläche als in bezug auf die Lage. Er bestreite, daß Frank⸗ reich ein wirkliches Protektorat über Marokko erhalte. Was man Frankreich zugestebe, habe nichts gemein mit dem Protektorat in Tunis. Die Staatsbank werde die franzäsische Verwaltung in Marokko lähmen; der Bau der Eisenbahnen inebesondere werde zu Schwierigkeiten führen. Marokko sei aller Welt geöffnet unter der Verantwortlichkeit Frank⸗ reichs. Frankreich habe das Vorrecht der Lasten und die französischen Steuerzahler würden die Kosten zahlen müssen. Unabbängig von dem, was Deutschland in Marokko erstrebt habe, habe ihm Frank- reich eine Vergrößerung seines Kolonialreichs verschafft.
Nachdem der Redner noch in ausführlicher Weise auf die Schwierigkeiten hingewiesen hatte, die aus dem Abkommen ent⸗ stehen könnten, wurde die Sitzung auf heute vertagt.
Rußland.
Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika hat, wie „W. T. B.“ meldet, dem Minister des Aeußern eine Note mit der Kündigung des Vertrags vom Jahre 1832 überreicht. Gleichzeitig schlägt Amerika vor, sofort in Verhandlungen über den Abschluß eines neuen, den gegen⸗ wärtigen Interessen der beiden Staaten mehr entsprechenden Handels⸗ und Schiffahrtsvertrags einzutreten. Der alte Ver⸗ trag bleibt bis zum 19. Dezember 1912 in Kraft.
— Der Finanzminister Kokowtzow hat im Ministerrat die Beschlüsse der Brüsseler Zuckerkommission eingebracht, ,,. die Befreiung des dänischen Zuckers von einer speziellen Zollabgabe und die Einführung einer speziellen Zollabgabe für spanischen Zucker im Betrage von 121 Kopeken für das Pud Rohzucker und von 120 Kopeken für das Pud Raffinadezucker.
— In der Reichsduma haben die Sozialdemokraten eine Interpellation, betreffend die Ermordung des Dumamitglieds Karawaew, eingebracht, in der mehrere Mitglieder der gegen⸗ wärtigen Duma beschuldigt werden, an der Ermordung be⸗ teiligt gewesen zu sein. Nach einem Hinweis des Regierungs⸗ vertreters, daß der Prozeß über den vor drei Jahren geschehenen Mord endgültig abgeschlossen worden sei, führten, obiger Quelle zufolge, einige Mit⸗ glieder der Rechten aus, daß die Interpellation jeder tatsäch⸗ lichen Unterlage entbehre. Die Interpellation wurde daraufhin abgelehnt. Die Duma nahm dann einige Gesetzvorlagen an, betreffend die ln gen aus der sinnischen Staatskasse zum Ersatz für die Befreiung von der Wehrpflicht, und betreffend die rechtliche Gleichstellung der Reichsrussen in Finnland.
Türkei.
Die n verhandelte gestern laut Be⸗ richt des W. T. B.“ über den Antrag des Abg. Ferid, daß mit Rücksicht auf den Regierungsentwurf, betreffend eine Ab⸗ änderung der . den die Kammer aller Wahr⸗ scheinlichkeit nach ablehnen würde, der Senat jetzt aufgefordert werde, den Artikel 35 der Verfassung zu interpretieren, um fest⸗ zustellen, ob ein Kabinett, das seine Entlassung gegeben hat, wieder ernannt werden könnte. Obwohl die Mehrheit diesen
Antrag bekämpfte, wurde er doch mit 90 gegen 78 Stimmen auf
die Tagesordnung gesetzt. Die Kammer setzte ferner den Antrag der Albanesen, in dem die Lage in Albanien auseinander⸗ gesetzt und die Durchführung der versprochenen Reform ver⸗ langt wird, auf die Tagesordnung. In dem Antrag wird erklärt, daß im Falle der Auflösung der Kammer die Verant⸗ wortung für die etwa eintretenden Ereignisse abgelehnt werde. Der Abg. Basri (liberale Entente) brachte einen Antrag ein, aus dem hervorgehen soll, daß der Großwesir gegen das konstitutionelle Regime sei. Als der Präsident und die Jung⸗ türken die Verlesung des Antrags nicht zulassen wollten, entstand roßer Lärm. Der Abg. Haidar (Jungtürke) hob einen
tuhl auf, um den Abg. Zeinelabeddin (Liberale Entente), der sich auf ihn gestützt hatte, damit zu treffen. Es entstand eine allgemeine Verwirrung. Sämtliche Abgeordnete erhoben sich von ihren Sitzen und erörterten den mn. Der Präsident 9 die Sitzung auf. Die Partei der Liberalen Entente be⸗ chloß, vom Präsidenten die Anwendung der Geschäftsordnung gegen den Abg. Haidar und die Zulassung der Verlesung des
Antrags Basri zu verlangen. Der Präsident verweigerte die Or ung der Verlesung. Da die Jungtürken beschlossen, der . fernzubleiben, war die Fortsetzung der Sitzung un⸗ möglich.
Griechenland.
In der Deputiertenkammer wurde gestern ein Brief der revolutionären Versammlung von Kreta verlesen, in dem nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Entschluß, Vertreter nach Athen zu , mitgeteilt und dieser mit den wiederholten wohlwollenden Erklärungen der Schutzmächte, besonders vom Hktober 1908, und mit der Notwendigkeit, der einmütig als gefährlich anerkannten Lage ein Ende zu machen, begründet wird. Die Versammlung hoffe, die Kammer werde
nicht zögern, sich mit diesem Entschluß einverstanden zu er⸗
klären. Die Kammer vertagte die Debatte hierüber bis zum Donnerstag. Amerika.
n einem Brief an den Ausschuß . die auswärtigen Angelegenheiten und in einer Botschaft an den Senat erklärte der Präsident Taft, er habe Rußland am 15. De⸗ zember von der Aufhebung des Vertrages von 1832 in Kenntnis gesetzt. Mit der Initiative zu diesem Schritt hat Taft das Repräsentantenhaus von der Teilnahme an diesem Gegenstand ausgeschlossen; er wird also seine Maßnahme nur dem Senat zur Billigung zu unterbreiten haben.
Die Boischaft stellt laut Meldung des „W. T. B.“ fest, daß die Ankündigung der Absicht, den Vertrag zum 1. Januar 1913 zu kündigen, dem russischen Minister des Aeußern durch den amerikanischen Botschafter in St. Petersburg in einer in den höflichsten Ausdrücken abgefaßten Note mitgeteilt worden sei. In der Note werde erklärt, daß der Vertrag nicht länger vollkommen den politischen und materiellen Be⸗ dürfnissen der beiden Völker entspreche. Zu gleicher Zeit hebe die Note den großen Wert hervor, den die Regierung der Ver⸗ einigten Staaten den historischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern beimesse, und schlage vor, sofort Verhandlungen zum Abschluß eines modernen Handels- und Freundschafts⸗ vertrags zu beginnen auf einer Grundlage, die den Interessen beider Länder vollkommener entspreche.
— Eine Botschaft des Präsidenten Taft an den Kongreß befürwortet nachdrücklich den Vorschlag des Kabinettssekretärs des Ackerbaudepartements, die Einöden des Westens in Dung⸗ mittel liefernde Gebiete umzuwandeln. Der Bericht des Kabinettssekretärs des Ackerbaudepartements besagt, obiger Quelle zufolge, der Ersatz von Kali könne auf unbestimmte Zeit hinaus gesichert werden, wenn naheliegende Methoden der Kontrolle der Ausbeutung angenommen werden. Er erklärt, die jährliche Produktion der Vereinigten Staaten an Ammoniak⸗ ap, sollte 640 0900 t anstatt 104 000 t betragen.
— Der Bericht des Schatzsekretärs über den Etat weist, wie „W. T. B.“ meldet, an Ausgaben für das Jahr 1913 mit Ausschluß des Panamakanals 637 921 000 Dollars und an Einnahmen 667 Millionen Dollars auf. Die Aus⸗ gaben für den Bau des Panamakanals betragen 47 264 000 Dollars. In seinem Bericht betont der Schatzsekretär die Wichtigkeit der Annahme der Währungsgesetze in den Grundzügen, wie sie von der Aldrich⸗Kommission nieder⸗ gelegt werden sollen, deren Probeentwurf die allgemeine Unterstützung der Geschäftsleute hat. Der Schatzsekretär erörtert dann den allen Parteien genehmen Charakter der Be⸗ wegung und versichert, daß die Regierung sich fern von dem Felde der Parteipolitik halten werde. Die neuen vorge⸗ a n, Maßnahmen sollen eine Sicherheit gegen ernste Paniken schaffen, wie sie bereits bei anderen führenden Finanz⸗ nationen vorhanden sei. Die gewohnheitsmäßig wiederkehrende Knappheit des Geldmarktes soll dadurch beseitigt, die Fehler der heimischen Währung ausgemerzt und der ausländische Wechsel⸗ verkehr erleichtert werden. Insbesondere will der Entwurf den Diskontierungsmarkt fördern und die Regulierung der Frachtraten heilsam unterstützen, um sie im ganzen Lande gleich⸗ mäßiger zu gestalten. Den Bankspekulationen soll ein Damm entgegengesetzt werden. Weitgehende Fürsorge sollen die Banken erfahren bei der Förderung des auswärtigen Handels der Ver⸗ einigten Staaten, der mit der geeigneten Ermutigung seitens der Regierung ein die Welt umfassender sein werde. Die Nationalbanken sollen die gleiche Behandlung erfahren hin⸗ sichtlich der Formen der ihnen erlaubten Geschäfte unter den von den Einzelstaaten gewährten Konzessionen. Keiner Bank soll es gestattet sein, das Kapital anderer Banken zu besitzen. Was die Tarifrevision betrifft, empfiehlt der Schatzsekretär Spezialzölle an Stelle der Wertzölle, wo immer dies möglich sei, da die Wertzölle Gelegenheit zu den meisten Betrügereien gegenüber den Staatseinkünften geben.
Asien.
Das persische Medschlis hat nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ die von dem Kabinett vorgeschlagene Lösung der russischen Krisis verworfen. Die Russen sollen nun ihren Vormarsch für Donnerstag vorbereiten. Die Haupt⸗ stadt bleibt gleichgültig, nur die Frauen setzen den Boykott der Russen aktiv fort.
— Die Friedenskonferenz zwischen Tangschaoyi und den Republikanern hat gestern in Schanghai begonnen. Bevor über irgend welche Bedingungen für . der Streitig⸗ keiten verhandelt wurde, wurden Telegramme an Yuanschikai und Liyuanheng gerichtet, in denen darauf gedrungen wird, daß allen militärischen Befehlshabern der beiden Parteien die strengsten Weisungen gegeben werden, den Waffenstillstand zu beobachten.
Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, entbehren die in der japanischen Presse umgehenden Gerüchte von einer beab⸗ sichti sten Intervention Englands und Japans in China jeder Begründung. Die Lage ist die, daß die aus⸗ wärtigen Vertreter in Peking von ihren Regierungen die Voll⸗ macht erhalten haben, sich an Verhandlungen zum Zwecke einer Vermittlung zu beteiligen, wenn sich für die beiden streitenden Parteien in China eine günstige Gelegenheit bieten sollte, ihre Dienste zu benutzen.
Afrika.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat die ägyptische Regierung infolge einstweiliger Abtretung des Gebietes von Solum seitens der Türkei an Aegypten eine Truppenmacht zur Besetzung dieses Gebietes abgesandt und den diplomatischen Vertreter Italiens von ihrem Schritt in Kenntnis gesetzt.
— Entgegen dem Dementi, daß die italienischen Truppen in Tripolis Explosivstoffe nicht verwendet hätten, läßt das türkische Kriegsministerium „W. T. B.“ jffelte erklären, daß es sich im Besitze von Du mdum geschossen befinde, bie die Marke der italienischen Staatsfabrik tragen.