1912 / 48 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Feb 1912 18:00:01 GMT) scan diff

dieser Hinsicht die Einrichtungen so zu treffen, daß wirklich zu Klagen kein Anlaß gegeben ist.

Es ist ferner gesagt worden, daß die Berichte über Strafprozesse in der Presse keineswegs so seien, wie man es für wünschenswert halten müsse. Das erkenne ich an, es ist eine Klage, die man ja allge⸗ mein hört. Daß die Justizverwaltung gerade auf die Veröffentlichungen in der Presse eine besondere Einwirkung ausüben könnte, glaube ich nicht. Sobald die Oeffentlichkeit nicht ausgeschlossen ist, ist überhaupt jede Einwirkung unmöglich, und selbst wenn sie ausgeschlossen ist, fehlt der Justizverwaltung jedenfalls die Macht, zu verhindern, daß Mitteilungen von einzelnen beteiligten Personen in irgend einer Weise gemacht werden und der Inhalt der Verhandlungen teilweise n die Oeffentlichkeit dringt.

Herr Abg. Dr. von Campe hat noch auf die Bedeutung der Gerichtskosten für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen. Es ist das von ihm auch bereits in sehr dankenswerter Weise in einer Schrift dargelegt worden. Ich erkenne gern an, daß dadurch viel Anhalt für eine nützliche Untersuchung gegeben worden ist.

Herr Abg. sich die Anstellung der Assessoren bei einem Amtsgericht zu— nächst vorteilhafter sei als gleich bei dem Landgericht. Ich gebe das zu. Es ist auch mein Bestreben, zunächst die Anstellung bei einem Amtsgericht zu erwirken. Ebenso halte ich es für gut, wenn die an ein Landgericht Berufenen zunächst an einem Amtsgericht tätig waren. Das ist aber nicht immer ausführbar; denn nicht selten finden sich für Landrichterstellen keine geeigneten Amtsrichter, und dann müssen wir notgedrungen auf Assessoren zurückgreifen. Dagegen besteht keineswegs der Grundsatz, die besonders tüchtigen Assessoren zunächst an ein Landgericht zu berufen.

Was die Unterbeamten anlangt, so erfahren sie allerdings an Orten, die in eine niedrigere Ortsklasse eingereiht sind, unter Umständen bei der nächsten Alterszulage keine Einkommensverbesserung. Die Erhöhung der Unterstützungsfonds durch den vorliegenden Etat setzt uns jedoch in die Lage, etwaige Härten auszugleichen.

Dann, meine Herren, möchte ich zu dem übergehen, was für mich heute die Hauptsache zu sein scheint, nämlich zur Frage der Ausbildung und Anstellung der jungen Juristen. Meine Herren, jede menschliche Einrichtung und jede zum Zwecke der Durchführung staatlicher Einrichtungen erfolgende Organisation muß auf die Dauer irgendwelche Lücken zeigen. Es ist unmöglich, hier etwas Abgeschlossenes etwas Vollendetes zu schaffen. Das tägliche Leben stellt immer neue Anforderungen, die Anschauungen ändern sich. Die Ein— richtungen, die vielleicht mit vieler Ueberlegung getroffen und mit großer Sorgfalt ins Leben gerufen worden sind, be⸗ währen sich nachher nicht mehr voll und mahnen zu Aende⸗ rungen. Auch in bezug auf die Ausbildung der Juristen sind schon seit längerer Zeit Stimmen laut geworden, die auf solche Aenderungen und Ergänzungen drängen. Die Meinungen über das, was zu ändern sei, und über die Art und Weise, wie Ab— hilfe geschaffen werden könne, sind sehr weit auseinandergegangen. Um eine Uebersicht hierüber zu gewinnen, hat eine Kommission getagt, aber, wie von dem Herrn Vorredner bereits bemerkt ist, nicht ein Jahr lang, sondern nur wenige Tage. Das genügte zu einer Aus⸗ sprache, die nur dazu dienen sollte, einige Klarheit darüber zu schaffen, in wieweit die einzelnen Ansichten auseinander— gingen und wo etwa eine Einigung möglich wäre. Die Ergebnisse waren allerdings so, daß man eine communis opinio nicht fand, sondern daß die Justizverwaltung vor die Aufgabe gestellt wurde, aus den vielen sich entgegenstehenden Meinungen einen ihr gangbar er— scheinenden Weg herauszusuchen, um begründeten Anforderungen auf Aenderung Rechnung zu tragen.

Meine Herren, die Bemängelungen bezogen sich auf das akademische Studium, auf den Vorbereitungsdienst und auf die Verwendung der jungen Juristen nach dem Examen. Gestatten Sie, daß ich diese einzelnen Perioden kurz beleuchte.

Nach unserm Gesetz muß der Anstellung im Staatsdienst ein dreijähriges Rechtsstudium vorausgehen. Die Ausbildung unserer Beamten ist also in die Hände der Universitäten gelegt, sie soll mit anderen Worten eine wissenschaftliche sein. Meine Herren, ich glaube. dabei werden wir stehen bleiben; denn wir können für die Zwecke des Staatsdienstes keine bessere Ausbildung haben als eine wissenschaft— liche. Wir werden auch nicht sagen können, daß so oder so die Lehre auf den Universitäten zu gestalten sei; das würde gewissermaßen ein Reglementieren der Wissenschaft sein, was natürlich undenkbar ist; soweit etwa Aenderungen eintreten können und sollen, werden sie vielmehr in erster Linie aus den Kreisen der Universitätslehrer selber hervorgehen müssen. Selbstverständlich wird aber die Justiz⸗ verwaltung, weil sie ein wesentliches Interesse an der Lehr— tätigkeit der Universitäten im Hinblick auf die Beamten— anstellung hat, wohl befugt sein, ihre Wünsche und Ansichten zu äußern. Das ist geschehen, und die Wünsche und Ansichten der Justizverwaltung sind auch von den Universitätslehrern in dankenswerter Weise und in bedeutendem Maße bereits berücksichtigt worden. Die rein rezeptive Art, wie die Studenten früher vielfach ihren Lehrstoff aufzunehmen hatten, schien vielen nicht das allein Richtige, sondern es wurde und wird auch mit Recht hervorgehoben, daß eine Mehrbetäti zung der Studierenden an der Lehre und an dem Lernen wünschenswert um sie mehr anzuregen, ihr Interesse mehr zu fesseln. Zu dem Zwecke werden in den Universitäten Kollegien abgehalten, in denen die Lehrenden die Studierenden gewisser⸗ maßen zur Mitarbeit berufen.

Wir haben ferner den dringenden Wunsch ausgesprochen, schrift⸗ liche Uebungsarbeiten an der Universität einzuführen, weil wir darin eine notwendige Vorbereitung für das sahen, was wir im Examen fordern müssen. Auch auf diesen Wunsch sind die Universitäten bereitwilligst eingegangen, und zwar in so umfangreichem Maße, daß einzelne Lehrer dadurch mit ihrer Zeit in eine gewisse Bedrängnis gekommen sind, was den Gedanken hervorgerufen hat, ihnen Hilfe zu gewähren Das ist zum Teil geschehen, indem ihnen junge Assessoren als Beistand zur Seite gestellt wurden. Ich bin gern bereit, diesen Gedanken weiter zu entwickeln und, soweit es in meinen Kräften steht, hier noch weitere Hilfe zu verschaffen, und ich hoffe auch, daß die dazu not⸗ wendigen, nicht großen finanziellen Aufwendungen sich wohl werden beschaffen lassen.

Es sind aber auch noch andere Wünsche geäußert worden, namentlich die schon heute vielfach beregte Einleitungsvorlesung, die ich für meine Person für eine außerordentlich glückliche Einrichtung halten würde,

Viereck hat dahin ausgesprochen, daß

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weil sie den jungen Studenten, die sie zu Anfang hören müßten, doch einige Klarheit darüber geben würde, weshalb sie all das Viele, was ihnen später geboten wird, als einen für sie notwendigen und nütz— lichen Lehrstoff in sich aufzunehmen haben.

Ich würde es auch freudig begrüßen, wenn diese oder jene Vor— lesung etwas kürzer gestaltet würde, als es heutigen Tages der Fall ist. Meine Herren, ich weiß die hohe Bedeutung der historischen Forschung für die Wissenschaft sehr wohl zu schätzen; ich habe mich nur gefragt, ob es nicht doch vielleicht möglich wäre, hier und da in die Einleitung der Historie etwas weniger tief einzugehen und dadurch etwas Zeit zu gewinnen für andere Fächer, die von großem Rutzen für die Studierenden sein würden, insbesondere für die Nationalökonomie, die Sozialwissenschaften, die Psychiatry und dergleichen.

Ich gehe davon aus, daß das Studium von 3 Jahren nicht ver⸗ längert werden soll, und ich glaube, mich da in Uebereinstimmung mit der in früherer Zeit hervorgetretenen Auffassung des hohen Hauses zu befinden. Ich bin auch der Meinung, daß, wenn die Studenten ihre Zeit einigermaßen verständig anwenden, sie sich wohl die Kenntnisse aneignen könnten, die wir im Examen von ihnen fordern müssen. Wenn sie den goldenen Grundsatz nulla dies sine linen befolgen würden, wird ihnen genug Zeit bleiben, sich auch in diesen drei Jahren ausreichend vorzubereiten, und ich glaube auch nicht, daß sie in dem Maße, wie der Abg. Cassel es für wünschenswert und notwendig hielt, andere Hilfe bei ihrem Studium werden heranziehen müssen. Das Examen selber ist den Unipversitäts⸗ lehrern wohl bekannt, da sie zum großen Teil dabei mitwirken; sie können sich daher auch ein Bild davon machen, wie ihre Vorlesungen sich gesstalten müssen, um den Anforderungen, die an das Examen zu stellen sind, zu entsprechen. Das Examen müssen wir streng halten, um ein Gegengewicht zu haben gegen die Freiheit der Lehre und des Lernens. Das ist der einzige Zwang, den wir ausüben. Er ist notwendig, und zwar deshalb notwendig, weil wir infolge dieses Examens in der Lage sind, alle diejenigen, welche sich für den juristischen Beruf überhaupt nicht eignen, auszusondern. Es gibt manche, die es zeitlebens nicht dahin bringen, in diesem Berufe etwas Ordentliches zu leisten. Ihre Aussonderung muß möglichst frühzeitig erfolgen, weil es für sie viel härter ist, wenn sie erst nach weiteren 4 Jahren Vorbereitungszeit ausscheiden müssen. Ich glaube, daß das Referendarexamen bei richtiger Handhabung dieser Anforderung wohl entspricht.

Das ist die Vorbildung, auf die die Justizverwaltung nur einen indirekten Einfluß hat. Anders steht es mit dem Vorbereitungs— dienst. Es ist notwendig, die Referendare in allen Zweigen der gerichtlichen Tätigkeit zu unterweisen; sonst bekommen sie nicht das richtige Bild von der Handhabung der Rechtspflege. Das läßt sich nicht anders machen, als daß fast jeder Richter zu dieser Ausbildung mit herangezogen wird, da die Zahl der Referendare noch immer so groß ist, daß bei beschränkter Auswahl auf einen einzelnen Richter zu viele entfallen würden. Nun weiß ich allerdings, daß die Art und Weise, wie die einzelnen Richter ihre Aufgabe auffassen, eine verschiedene ist. Es hängt das von ihrer Begabung und ihren Neigungen ab. Es ist etwas anderes, selbst etwas gut zu machen, als andere anzuweisen, wie sie es machen sollen. Das ist nicht jeder⸗ manns Sache. (Sehr richtig Aber es wird nicht vermieden werden können, daß der eine oder andere zur Ausbildung weniger geeignete Richter dazu Verwendung findet. Um nun eine gewisse Ergänzung zu schaffen, habe ich Kurse einrichten lassen, in denen geeignete Richter die Ausbildung eines großen Kreises von Referendaren leiten und diese auch in die praktische Handhabung des Rechts einführen namentlich im Hinblick auf alles das, was sie bereits gehört und ge— sehen haben, und unter Beobachtung der Lücken, welche bei der Einzel ausbildung geblieben sind. Diese Einrichtung haben wir bereits bei verschiedenen Gerichten, sie ist indes noch nicht vollständig und systematisch genug ausgestaltet. Solche Kurse werden möglichst bei allen Landgerichten einzurichten und es wird darauf Bedacht zu nehmen sein, die Richter, welche diese Arbeit übernehmen, in gewisser Weise zu entlasten, weil, wenn sie ihre Aufgabe gut erledigen wollen, sie eine recht erhebliche Mehrarbeit zu leisten haben.

Ich habe, wie schon erwähnt worden ist, angeordnet, daß die jungen Juristen in der Referendarzeit einigermaßen in das praktische Leben eingeführt werden sollen, um hier und da Anschauungen zu ge⸗ winnen, die ihnen nützlich sein können. Zu meinem Erstaunen las ich in einer Zeitung, daß ich das selber als einen verfehlten Versuch be⸗ zeichnet hätte, und es deshalb lieber aufgeben sollte. Ich habe immer das Gegenteil gesagt, und nach allem, was mir berichtet worden ist, haben sich diese kleinen Besuchsübungen außerordentlich gut bewährt. (Sehr richtig) Es ist namentlich sehr erfreulich für mich gewesen, daß alle diejenigen Herren, welche aus gewerblichen Kreisen zur Mithilfe herangezogen worden sind, indem man sie bat, Be⸗ sichtigungen usw. zu gestatten, auf das Bereitwilligste unsern Wünschen entgegengekommen sind. Ich glaube demnach, daß ich mit dieser Einrichtung gute Erfahrungen gemacht habe. Wenn wir andererseits, wie dies vielfach gewünscht wird, auch die Zahl der Lehrgegenstände auf der Universität noch erweitern würden, so würden wir die Referendare lediglich zur Oberflächlichkeit erziehen. Ihre Ausbildung würde keine wissenschaftliche sein, und der Zweck, die Ausgebildeten dahin zu bringen, daß sie sich in alle Verhältnisse des Lebens leicht hineinfinden, würde nicht erreicht werden.

Haben wir so die Referendare vorgebildet, dann werden sie ihr zweites Examen zu machen haben, und es wird in diesem nach wie vor mit Strenge darauf gesehen werden müssen, ob sie sich die nötige Urteilskraft erworben haben, um für das Amt des Richters oder eines anderen Staatsbeamten auszureichen. So wie unsere Justizprüfungs⸗ kommission eingerichtet ist, können wir sicher sein, daß sie ihrer Auf⸗ gabe gerecht wird.

Jetzt tritt die Frage heran, wie es mit den Assessoren zu halten sein wird, die das Examen bestanden haben. Bei der großen Zahl von Assessoren, deren Ahnahme in absehbarer Zeit nicht zu erwarten steht, können wir die meisten von ihnen angemessen nicht beschäftigen. Wir sind durch das Gesetz gezwungen, sie einem Gericht zu über— weisen; das Gericht aber ist besetzt und muß voll besetzt sein mit den nötigen etatsmäßigen Richterkräften. Nun sollen die Assessoren auch als Richter arbeiten. Garzuviel kann man den Richtern nicht abnehmen; denn die Richter sollen doch die Arbeit tun und nicht die Assessoren. Das führt dahin, daß die unbesoldeten Assessoren außer⸗ ordentlich dürftig beschäftig werden, wenige Stunden oft in der Woche, ein Zustand, der für junge Leute, die in der Blüte des Lebens stehen, durchaus unbefriedigend ist. Auf dem Gebiete der Rechtspflege selber

kann ihnen nichts anderes geboten werden. Mit den Jahren bekommen sie hier und da Kommissorien, kürzere oder längere, und vertreten hier und da einen Rechtsanwalt. Da läßt sich nun allerdings dadurch helfen, daß man sie beurlaubt, damit sie sich anderweitig foribilden, und diese weitere Fortbildung soll nach meiner Auffassung nicht auf juristischem Gebiet liegen, sondern auf wirtschaftlichem. (Sehr richtig) Wie von den Herren Vorrednern bereits erwähnt ist, habe ich die Absicht, alle Assessoren, die das Examen gemacht haben, sofern sie einen entsprechenden Antrag stellen, mindestens ein Jahr, gern etwas länger, zu beurlauben, damit sie sich die Stellen suchen, wo sie ihren Wünschen entsprechend sich weiter bilden können. In bezug auf die Auswahl der Stellen soll ihnen keine Vorschrift gemacht werden. Nur sollen sie eine so verständige Auswahl treffen, daß man sagen kann, es nutzt dem Zwecke, und deshalb sollen sie in ihrem Gesuch um Beurlaubung angeben, was sie vorhaben. Auch gegen die Beschäftigung bei einem Rechtsanwalt würde ich nichts einzuwenden haben. Die Kontrolle wird im wesentlichen darin bestehen, daß sie zu berichten haben, wie sie sich beschäftigt haben. Dann wird man ermessen können, ob sie ihre Zeit gut angewendet haben oder nicht, und namentlich wird sich nachher, wenn sie in die Praxis kommen, zeigen, was sie gelernt haben.

Ich bin auch der Meinung, daß es garnicht nötig ist, nur auf wirtschaftlichen Gebieten die Fortbildung eintreten zu lassen. Gute Gelegenheit zur weiteren Entwicklung der theoretischen Kennt— nisse bietet sich in den Fortbildungskursen, deren weitere Ausgestaltung, wie ich hoffe, nicht aus Mangel an Mitteln, die nicht sehr erheblich sein können, scheitern wird. Endlich aber bieten auch die Universitäten eine Fülle von Kollegien, die einem jeden jungen Mann nur von höchstem Nutzen für seine Aus— bildung sein können. Benutzt er die von mir erwähnten Ausbildungs—⸗ mittel, bemüht er sich, das Leben aus eigener Anschauung kennen zu lernen, so wird er nachher bei Ausübung seines Amtes hiervon nur Gewinn haben.

Meine Herren, das wären im großen und ganzen meine Ge— danken über die Ausbildung. Es ist für mich von hohem Interesse, wenn ich weiß, daß ich dabei im wesentlichen die Zustimmung des hohen Hauses habe. Es ist nicht nötig, daß hierzu ein Gesetz er— lassen wird; Verwaltungsmaßregeln werden ausreichen. Trotzdem würde ich es begrüßen, wenn ich eine solche, ziemlich weit— gehende Verwaltungsmaßregel mit dem Bewußtsein vornehmen könnte, das getroffen zu haben, was in weiten Kreisen des Hauses der Ab— geordneten als richtig erkannt wird. (Bravo!)

Was nun, um noch mit einigen Worten darauf zu kommen, die Anstellung der Assessoren anlangt, so haben der Herr Abg. Cassel und die anderen Herren darüber sehr eingehend gesprochen. Ich habe eigentlich nicht gefunden, daß viele abweichende Ansichten von dem, was ich vorgetragen habe, bestehen. Hier und da gehen die Meinungen etwas auseinander, namentlich darüber, ob man eher oder später dem jungen Mann sagen soll, daß er nicht geeignet sei. Ja, meine Herren, das alles ist quaestio facti. Der Gedanke, dies einem Referendar bet Zeiten zu sagen, ist auch mir bereits gekommen. Ich habe auch schon An— regungen nach dieser Richtung hin gegeben, aber mit recht wenig Er— folg. Es wird immer gesagt, man wisse noch nicht, wie der Referendar sich entwickeln könne, und es sei zu hart, ihn jetzt schon herauszudrängen. Bleibt er aber in der Justviz— und es geht späterhin mit ihm doch nicht, dann heißt allerdings: Hätte man ihm das doch früher gesagt! Allen wird man es nicht recht machen können. Die Grundsätze, nach denen verfahren wird, sind den Herren klargelegt worden. Bei der großen Auswahl, die wir haben, müssen wir die besten, die tüchtigsten Kräfte nehmen; diese dürfen wir uns nicht entgehen lassen. Das erfordert das Inter— esse des Staateg. Natürlich müssen wir Härten vermeiden. Jeder Fall wird sorgfältig geprüft. Das Bestreben ist, jedem das ü werden zu lassen, was er nach selner Leistungsfählgkeit verdient. dadurch, daß sie die besten und tüchtigsten Kräfte auswählt, wird di Justizverwaltung ihrer Aufgabe gerecht werden. Ein weiteres glaube ich in dieser Hinsicht nicht tun zu können. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Dr. Seyda (Pole): Referendare von polnischer Abstammung werden nicht in den Provinzen beschäftigt, aus denen sie stammen, sondern in weit entfernten Provinzen, in Hannover, Hessen Nassau usn. Man sollte diese Referendare doch in ihren Heimatprovinzen be— schäftigen, da es sich nicht um politisch „unzuverlässige“ Elemente handelt; solche werden im Justizdienst doch überhaupt nicht angestellt. Wir vermissen es, daß der Justizminister nicht erklärt hat, da der Urlaub der Assessoren auch benutzt werden kann zur Erlernung der polnischen Sprache, zum Kennenlernen des polnischen Geschäfte— lebens, zum Studium polnischer Geschichte und Literatur, damit sie sich ein zutreffendes Urteil über die polnische Bevölkerung aneignen. Die Dolmetscher sind bei der Besoldungsordnung völlig ungerecht be handelt worden. Wie kommt es, daß Richter gefragt werden, wie si gewählt haben, und daß ihnen dann Belohnungen zu teil werden: Das widerspricht der Verfassung.

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Daß die Referendare aus polnischen Kreisen ir deutschen Bezirken unterwiesen werden, ist eine Einrichtung, die ich vorgefunden habe, die wohl schon ziemlich lange besteht. (Rufe bei den Polen: Leider!) Ich weiß nicht direkt zu sagen, welcher Grun damals zu der Einrichtung geführt hat. Aber ich kann mir wohl denken, daß man sich gesagt hat: es wäre den jungen Leuten ganz gut, wenn sie auch einmal in rein deutschen Bezirken lebten (sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen und es wäre auch insofern für sie

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vorteilhaft, als dann nicht der Gefahr ausgesetzt wären, in Kreise hineingezogen i werden, in denen Anschauungen zur Geltung kommen könnten, de mit ihrer Beamtenstellung nicht vereinbar wären. (Sehr richtig rechts.) Aus diesen Gründen glaube ich nicht, daß Veranlassung bon liegt, von dieser Uebung abzugehen. (Sehr richtig! rechts)

Dann hat der Herr Abgeordnete davon gesprochen, daß Richter sich über die Art und Weise äußern müßten, wie sie ihr Wahlrect ausgeübt hätten, und je nachdem würden dann Belohnungen an st ausgeteilt. Er hat auf die Ostmarkenzulage verwiesen. Offen gestanden ganz klar ist mir nicht geworden, was er eigentlich hat vorbringen wollen denn die Richter werden natürlich nicht gefragt, wie sie gewählt hätten es ist mir nicht bekannt, daß es geschehen wäre. Und die Ostmarken⸗ zulage kommt überhaupt nicht in Frage, denn die Richter bekommen sie nicht. (Sehr richtig! und Heiterkeit.)

(Schluß in der Dritten Beilage.)

zum Deutschen Rei

M 48.

(Schluß aus der Zweiten Bellage.)

Daß Assessoren in der Art, wie ich es geschildert habe, in Be⸗ triebe hinausgehen, wird auch in den Bezirken vorkommen, in denen ein Teil der Bevölkerung sich polnischen Gesinnungen zuneigt. Ob der oder jener Betrieb, den ein Assessor sich aussucht, für seine Aus⸗ bildung auch geeignet ist, muß natürlich jedesmal geprüft werden. Wenn es sich dann um Betriebe handelt, in denen besonders polnische

Dritte Beilage

22.

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Tendenzen gepflegt werden, so glaube ich nicht, daß man ihnen die Erlaubnis dazu geben wird. (Sehr richtig! und Bravo! recht.)

6 Dann hat der Herr Abgeordnete darauf hingewiesen, daß die Richter polnisch treiben und die polnische Sprache und Geschichte studieren sollten. Ja, meine Herren, wir bilden doch deuische Richter aus (sehr richtig! und brabo! rechte); darauf werden wir unsere dauptaufmerksamkelt zu richten haben. Mit den Dolmetschern sind wir gar nicht so schlecht dran; wir haben sehr viele tüchtige Dolmetscher, besonders auch in Oberschlesten, wie ich aus eigener Erfahrung

chsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1912.

weiß. Es ist mir nicht bekannt, daß neuerdings in dieser Richtung irgendwelche Klagen hervorgetreten seien. Da der Herr Abgeordnete aber behauptet, es seien Uebelstände vorhanden, so werde ich anfragen, ob sich tatsachlich Uebelstände gezeigt haben. Wir haben ja bereits eine Dolmetscherschule, die sich gut bewährt hat; warum sollte nicht auch hier eine Besserung herbeigeführt werden können. Aber im all⸗ k sind wir doch ganz gut ausgekommen. (Bravo! rechts.) m 41, Uhr wird die weitere 8 ti auf Donnerstag 11 Uhr vertagt. a,

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