1912 / 51 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Feb 1912 18:00:01 GMT) scan diff

sind, als daß sie in die bestehenden Reglements hineingearbeitet werken können, werden Entwürfe zu neuen Satzungen Ihrer Beschluß- fassung unterbreitet werden. . ;

Ven seiten der Provinzialverwaltung wird Ihnen eine Reihe Vorlagen von erheblicher volkswirtschaftlicher und sozialpolitischer Bedeutung gemacht werden, darunter auch solche, die der Provinz neue Aufgaben stellen. ö

Vor allem aber wird Sie die Beratung und Feststellung des Voranschlages für den Haushalt der Provinz beschäftigen. Auch er bietet ein erfreuliches Bild von der vielseitigen und erfolgreichen Tätigkeit der Provinz dar. Wenn es dieses Mal nicht möglich gewesen ist, das Gleichgewicht in Einnahme und Ausgabe herzustellen, Iabne die bisherigen Zuschläge zu erhöhen, so werden Sie bei näherer Prüsung des Etats die Ueberzeugung gewinnen, wie die Aufgaben der Provinz insonderheit auf dem Gebiete des Wege- und Chaussee⸗ baues, des Irrenwesens und der Fürsorgeerziehung fortgesetzt zu neuen, zum Teil erheblichen Aufwendungen drängen, und daß der Provinzialausschuß, trotzdem er Ihnen die Erhöhung der Provinzial⸗ abgaben empfiehlt, von den bisher befolgten, bewährten Grundsatzen einer gesunden und vorausschauenden Finanzpolitik nicht abgewichen ist.

Nach den Vorgängen fast aller übrigen öͤstlichen Provinzen der Monarchie wird Ihnen vorgeschlagen, mit einem Stammkapital von 1 090009 ½ eine öffentlich rechtliche Lebensversicherungsanstalt für die Mark Brandenburg zu begründen. Die gewichtigen Interessen wirtschaftlicher Natur, welche für dieses Unternehmen sprechen, ins⸗ besondere auch die Erwartung, den städtischen und ländlichen Mittel⸗ stand, der bisher der Lebensversicherung im allgemeinen fern geblieben ist, für diese zu , werden dem Vorschlage der Provinz Ihre wohlwollende Prüfung sichern. ö .

Im e 39 ie Beschlüsse des vorjährigen Provinzial⸗ landtags in der Sltzung vom 6. März wird Ihnen eine Vorlage wichtiger iert o fr Natur, betreffend die Ausgestaltung der Wanderarmen fürsorge, gemacht werden. . K— 4

In der Sitzung vom 2. März v. J. hat der Provinziallandtag den Provinzialausschuß ersucht, den Ankauf und die Aufforstung von Dedländereien in eigener Verwaltung auf planmäßige Weise in Er⸗ wägung zu ziehen. In Ausführung dleses Beschlusses wird Ihnen nunmehr eine entsprechende Vorlage unterbreitet, gleichzeitig mit der Absicht, dadurch den Wanderarbeitern ein geeignetes Feld für ihre Tättgkeit zu schaffen.

Weiten tl nf in der Provinz Brandenburg zur Förderung der inneren Kolonisation eine Landgesellschaft unter dem Namen Eigene Scholle! G. m. b. H. mit dem Sitze zu Frankfurt 9. O. gegründet worden. Sie bezweckt, dem Räckgang der laͤndlichen Bevölkerung ent⸗ gegen zu arbeiten, und hat in der kurzen Zeit ihres Bestehens durch Ansiedlung von Bauern und Landarbeitern schon segensreich gewirkt. Nachdem sich der Staat an dem Unternebmen mit reichlichen Viitt eln betelligt hat, empfiehlt Ihnen der Provinzialausschuß auch eine Be⸗ teiligung des Prozialverbandes an dieser Gesellschaft. Bei der Be⸗ deutung dieser Vorlage sür unsere Provinz empfehle ich sie Ihrer wohlwollenden Prüfung.

9 Sie 4 . eine Reihe für die Verwaltung der Provinz wichtiger Neu⸗ und Ersatzwahlen von Mitgliedern und Stellvertrete in zum Provinzialausschuß, für die Oherersatzkommission und von Mit gliedern des Verwaltungsrats der Landfeuersozietät vorzunehmen haben. . t bel n hen harren Ihrer Bestätigung mehrere Reglements, die für das Mädchenerziehungsheim Helenenhof in Potsdam, für die Be schulung blinder und taubstummet Kinder, und für die Taubstummen— anstalt für die Provinz Brandenburg zu erlassen sind. Auch wiyd Ihnen eine Vorlage betreffend Anlegung eines Provinzialschuldbuqes ugehen. .

Schließlich hat sich eine Aenderung der Satzung der Bransen— burgischen Feuerwehrunfallkasse als notwendig erwiesen. . Zum Schlusse möchte ich nicht unterlassen, den im vorigen Pro⸗ Rallandtage einstimmig gewählten neuen. Herrn dande direktor

en Wahl inzwischen die Allerhöchste Bestätigung erhalten hat, und

ge jum ersten Male vor dein Provinziallandtage sejneg ver⸗ gsbollen Amtes waltet, herzlich willkommen zu heißen. sren, durch die Art seiner Geschaͤftsführung Hat er bereits

8 we 5ehwillß ist, in den bewährten Bahnen elner ver= ; 11 3 an nger n , und di . Erb. 9 1 41 * . 96104 ö * ere, S t,, , b. kv. 9 69 Bem,. 3 Dr re, e st rng Küch dieses zum Teil schwierigen⸗ . Provinz und ihrer Bewohner dienenden 8s 2 Wunsche erkläre ich kraft der mir erteil macht den 39. Landtag für eröffnet. Hierauf wurden ö. zräside röffnet und, nachdem präsidenten eröffnet und, ne h ö von Arnim-Boitzenburg zum Vo r

Aufgaben zu befriedigender, dem Heil dienenden Lösung zu bringen.

35 2 9 nach einem dreifachen Hoch auf. und König, in das die Vers

weitergeführt. . .

. Elsas⸗Lothringen.

4.

ö Freit altenen Si

n der am Freitag abgeh⸗ en Sitzun

, des Landtags beantragten, wie

—ͤ ie Sozialdemokraten meldet, die Sozialdemokra bein En

Gnadenfond⸗ Seiner Majestät des

von 100 000 halters in Höhe von Unterbeamten und etatsmäßigen Hilfsbeamten s stützung hilfsbedürftiger H invernehmen mit einer fün

eL

verwenden. a

36 Warl 9t er e Heehrheit ein Kontrollrecht des Parlamentes in Anf hm und forderte, daß z in Anspruch nahm un rte, d . jer Mitgliebern die Belege im einzelnen nachprü w erklarte Verlangen nicht . Tonds Gnadenfonds können, da der Fonds 2 . ö, e. 6. zeitig der parlamentarischen Kontrolle unterliege . . ; ; . ; Fe Ruberalen nahmen das Kontrollrecht im Pr aber mit Rückficht auf die Zweckbestimmune es varlamentarischen , auf s wiesem uf hir ß auch der aus en darauf bin, daß auch us dem olratis den nwaene Reichstag für den entsprechenden , ionen Mark das Kontrollrecht nie beansprucht habe, gorderun r Majestät dem Kaiser als

Forderung von n, . funden werden, zu der die 2 Gegen die gestrichen. Soziald

J 8 * 5 nns en fonds

Verwendung des Gnadenfonds

angehörigen en künftig gfallend bezeichnet. künftig weg fallend bezenle

Gehälter des

behalten. Gestrichen wur wie oben der geheime d (44 000 MS), weil auch darüb der Belege verweigerte, was in

dürfe.

11

2 en Kauer bereiteten lichen

ö F Ihrer bewährten Einsicht und

s ; 5 3 ? greichen und Mal gelingen, diese recht , . f * . dem mie ] 569 . 6 Mit Gültigkeit verliehen rd. Iuf Antrag do Ninisterpräsidenten er⸗

ilten Ällerhöchsten Voll⸗

9IItor e- die Verhandlungen von dem Alters. der Majoratsbesitzer Graf gewählt war, auf Seine Majestät den Kaiser ammlung begeistert einsätimmte, Ten nalen enatorencch die Herzöge stel en drunk mn,

tzung der Budget⸗ , d beim Etat der Finanzen, den Kaisers in Höhe und den Dispositionsfonds des 9 130 000 S6 zu streichen 293 die dadurch z . . ö. arr. 86. 2 *** die 230 000 Se zu einer Teuerungszulage sür gewonnenen 230 000 6 zu ei , Hinterbliebenen solcher Beamten fgliedrigen Kammerkommission zu

s in Inger ) 6 Bezüglich des Gnadenfonds entspann sich , eine Unterkommission prüfen solle. stattgeben nicht auch gleich und 42

inzip in Anspruch, erklärten z des Fonds aus Gründen h 1m ine Ausführung zu verzichten und eine Aus uhr 9 9 ; demokratischen Wahlen h in Höhe von Es müsse

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als eine Brüskierung d

iberalen nie die Hand reichen . sechs

iberal tde hier der Stimmen der Liberalen wurde hierauf

a nn. a r ns 3 wurde gegen h n , . ( Ver K Hafenarbeiten in lis, Benghasi, Derna und Homl serner

taatssekretärs und der , ,,

für die Beratung der Besoldungsvorlage vor⸗ s für die Beratung der 1 vor i rde auch von der gleichen Mehrheit . Fonds der politischen Polizei . er die Regierung die Vorlage

(. 2 54 16 keinem Parlamente geschehen 1 rl .

Oesterreich⸗ Ungarn.

In der gestrigen Sitzung des unggrischen Abgeordneten⸗ hauses hielt der Ministerpräsident Graf KhuenzHedery ary eine Rede, in der er laut Meldung des „W. T. B.“ fesistellte, daß auch bezüglich der noch obwaltenden Differenzen in der Wehr eformporlage ein Einvernehmen mit der kosfuthpartei hergestellt werden könne. Graf Apponyi bezeichnete diese Erklärung unter Wahrung seines grundsätzlichen Standpunktes als annehmbar und fügte hinzu, er habe es für seine patriotische Pflicht erachtet, mitzuwirken, daß die parlam schen Verhandlungen in das normale Gleis kämen.

der Kos ie eh, partei bey X

Somit Vbstruktion gegen die Wehrreformvorlage seitens

Die 37 Mitglieder starke Justh⸗ eiter in der Obstruktion.

FRroßbritannien und Irland. Ses Herzogs von Fife, die gestern mit wwVerful“ in Spithead angekommen ist, ist,

wie „W. Felde, in aller Stille in Windsor beigesetzt

worden. 4

. Frankreich.

Der Ministerrat hat nach einer Meldung des, W. T. B.“ vorgestern unter dem Vorsitz des Präsidenten Fallisres be— schlossen, den Gesetzentwurf über kommunale Genossen— schafts bäckereien und-Fleischereien, der in der Kammer eingebracht worden war, zurückzuziehen und neue Erhebungen über die Frage einzuleiten. .

„Der Senat hat, obiger Quelle zufolge, in das Finanz— gesetz einige auf die Arbeiterpensionen bezügliche Artikel aufgenommen, u. a. eine Bestimmung, wonach die Alters—⸗ grenze für Pensionierung auf 60 Jahre herabgesetzt wird. Der Senat hat sodann das Budget im ganzen angenommen.

Ruszland.

Der Ackerbauminister hat nach einer Meldung des, W. T. B.“ der Duma einen Gesetzentwurf vorgelegt, der 120 0600 Rubel zum Studium der landwirtschaftkichen Maschinen— industrie in Canada, England, Deutschland, Oesterreich und Schweden und zur Förderung des Maschinenbaues in Nußland gewährt, da es ungewiß ist, ob der Vertrag mit den Jereinigten Staaten vom Jahre 1832 erneuert wird. Aus

mselben Grunde fordert der Minister ferner 230 000 Rubel ir Beförderung des Baum wollbaues in Turkestan und ö. Kaukasus. Die Budgetkommission der Reichsduma hat vorgestern bie Prüfung des Einnahmeetats für das Jahr 1912 beendet. Die ordentlichen Einnahmen sind, obiger Quelle zu— folge, auf 2 896519 261 Rubel, die außerordentlichen Ein— nahmen auf 5 4090 000 Rubel veranschlagt.

Italien. Der Senat hat vorgestern den Gesetzentwurf über die

Einverleibung Tripolitaniens einstimmig angenommen. Wie. W. T. B. berichtet, nahmen die Herzoge von Genua und Aosta

an der Sitzung teil. Der Präsident Manfredi begrüßte im Namen des Senats die Herzoge, dankte ihnen für ihr Eischeinen ünd fuhr dann fort, aus Anlaß der Anwesenbeit der Herzoge, die eine Zier für Heer und Marine seien, erneuere der Senat das Lob, das er den zu Wasser und zu Lande Kämpfenden bereits Péadollt habe, und bringe an den Gräbern der für das Vaterland Gefetnnlein aufs neue den Tribut der Tränen und den ubm ze zn, ähaltker Beifall.) Nachdem der Herzog von ,, Reza tun e de Herzogs von Genua, für Fmpzong in einer kurzen Rede, die

vom ganzen Hause z) kegessterten Kwndgebungen aufgenommen wurde, gedankt hatte tahke der Minsterpräsident Gio litti den am Freitag bon der gng angenommenn Ersetz entwurf ein, durch den dem Dekret üb di Einverleibunserlärung Tripolitantens

nannte der Präsidendes Senats eine Khmtzlssion, die beauftragt wurde, noch an denben WUge über den Getzentwurf Bericht zu erstatten. Yierauf we die Sitzung aufgehobn. .

Nach Wiederqusme, der Sitzung verlag der Berichterstatter den Bericht, wobei erklärte, der Gesetzentwif gehöre zu denen, über die man nicht ktieren dürfe, sondern dignan einstimmig an⸗

nehmen müsse. So? verlas ein Schriftführe den Gesetzentwurf,

Senator Torriglianintragte, den Gesetzentwu ohne Debatte an— zunehmen. Der Antwurde in namentlicher Abimmung unter all— gemeiner Begeisterun Saal und Tribünen einsumig angenommen. Der Minister Gio] dankte dem Senat für dse glänzende Kund— gebung, die ohne Tel dastehe. Der Senat j der wahre Dol⸗ metsch der Gefühle dudes, und die Regierung erde in der Unter— stützung des Senats lötige Kraft finden, um di Unternehmen zu einem Ende zu fühwas Italien zur Ehre geschen werde. In geheimer Abstimmunnrde sodann der Gesetzenthrf von den an— wesenden 202 Senateinstimmig angenommen.

: Der Finanister Tedesco hat de Deputierten— im kammer einen Getwurf vorgelegt, durch en für das Kriegsministeriein außerordentliche Kredit von 140 Millionen für das Marine minserium ein solcher von 30 Ronen Lire verlangt wh. Von den 140 Millionen laut Meldung des „4d T. B.“ 98 Millionen füe Kosten für das Exhitionskorps und die Reserunschaften bis einschließl) Februar 42 Millionen die Ersetzung der nach 4 trans— Die portierten Kriegsv bestimmt. Die Vorlage Eht ferner einen Kredit von lillionen vor, von denen AMillionen für den weiteremß von Kriegsmaterial un 15 Mil— lionen für deiunppenunterhalt bestimmt 1d. Die . Gesamtausgabe 105 Millionen wird gedecktaus den 6 Ueberschüssen deidgets bis 1910,11 und er Rest durch den Uebe des Bubgets 1911312 1d durch gleichmäßicedite, welche auf die Fanzsahro 1912 13 bis 19herteilt werden. Endlich sieht sie Vor— lage einen Kredi 10 600 000 Lire vor für ngende

für den Verwaltz Sanitäts-, Telegraphen- und Vephon— dienst in Libyen ter für die Kabel Syrakus xipolis

und Syrakus N sowie das Telephonnetz in Wpolis.

Luxemburg. Der Grosg Wilhelm ist, einer Depesch des k gestern abend im 60. Lebenjahre

,

gestorben. , Großherzog wurde am 22. April 183 in Biebemh ge— boren und folgte Vater, dem Großherzog Adolf am 11No—⸗ vember 1805 in ierung.. Aus seiner am 21. Juni 184 ge—⸗ schlossenen Ehe Infantin Marig Anna von Portugahsind sechs Töchter en deren ölteste Marie im Jahre 1909 zur Erbgroßherzogin zurde. Ilge t Großherzogin seitzhe 1908 die Regentschaft.

Infelge seiner Erkrankung führt die

Belgien.

Auf Beschluß des Rats der Inter parlgmenta xrischen Union hat das Bureau der Union, wie „W. T. B.“ aus Brüssel meldet, an den englischen Staatssekretär des Aeußern Sir Edward Grey ein Schreiben gerichtet, in dem der Rat der englischen Regierung seine Wünsche für eine baldige Rati⸗ fikation der Londoner Seerechtsdeklaration vom 26. Februar 1909 durch Großbritannien zum Ausdruck bringt Der Rat, heißt es in dem Schreiben weiter, habe in seinen letzten Sitzungen einmütig anerkannt, daß verschiedene Zwischenfalse im Verlaufe des italienisch⸗türkischen Krieges bewiesen hätten wie wichtig eine allgemeine Regelung des Seekriegs rechts und die Tätigkeit eines internationalen Gerichtshofes seien, der über Streitfälle auf diesem Gebiet zu entscheiden habe. Das Bureau gibt am Schlusse des Schreibens seiner Ueberzeugung Ausdruck daß sich die übrigen Mächte der erfolgten Ratifikation durch Großbritannien anschließen würden.

Türkei.

Das Amtsblatt veröffentlicht ein Kaiserliches Dekret, das unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Parlaments einen Gesetzartikel in Kraft setzt, durch den der deutsch⸗türkische Handelsvertrag vom 26. August 1890 und das Zusatz⸗ protokoll vom 25. April 1907 bis zum 25. Juni 191 ver längert werden.

Der Ministerrat hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Ausweisung der in den Wilajets Aleppo, Beirut, Syrien ansässigen Italiener mit Ausnahme der QOrdensgeistlichen be— schlossen. Den Ausgewiesenen wird eine Frist von vierzehn Tagen gewährt, innerhalb deren sie das Land verlassen müssen. In Beirut ist der Belagerungszustand erklärt worden.

Amerika.

Wegen der ungünstigen Nachrichten über die Revolution in Mexiko und die den Vereinigten Staaten von Amerika feindliche Bewegung im Norden von Mexiko hat das Kriegt departement in Washington, wie „W. T. B.“ meldet, ein weiteres Regiment Infanterie und eine Abteilung Feldartillerie zur Verstärkung des Grenzschutzes nach El Paso beordert. Die amerikanischen Truppen sind angewiesen worden, die mexika⸗ nische Grenze zu überschreiten, sobald es notwendig ist, um eine Beschießung nordamerikanischen Gebiets zu verhüten.

In der am Freitag in Washington abgehaltenen Friedensversammlung der Flottenliga hat der Präsident Taft eine Ansprache gehalten, in der er nach der Erklärung, daß er für den Bau zweier neuer Schlachtschiffe in diesem Jahre sei und einen entsprechenden Gesetzentwurf unterzeichnen werde, obiger Quelle zufolge, ausführte:

Er trete für eine tüchtige und starke Flotte ein, die die ameri⸗ kanische Nation in den Stand setze, ihre Stellung zu wahren und ihren berechtigten Forderungen in anderen Ländern Achtung zu ver— schaffen. Er halte die Zeit, bei den Flottenausgaben zu sparen, erst dann für gekommen, wenn der Krieg abgeschafft sei. Man soll= sich nach der Lage richten, und ein Land lasse Voisicht und den gesunden Menschenverstand vermissen, wenn es in dieser Hinsicht versage.

Wie vom „W. T. B.“ aus Buenos Aires gemeldet wird, funktioniert der Eisenb ahnbetrieb immer noch mangel⸗ haft. Die Klagen des Handels sind allgemein. Eine Äb— ordnung aus den Hauptgetreidegebieten des Landes wird sich heute zum Präsidenten der Republik begeben und ihn auf den Schaden aufmerksam machen, den die Landwirtschaft in— eg. der Unmöglichkeit, die Ernten nach den Häfen zu schaffen, erleidet.

Asien.

Einer Meldung der „Agence Havas“ zufolge erschienen vorgestern früh zwei italienische Kriegsschiffe vor dem Hafen von Beirut und ließen den Gouverneur wissen, daß ihnen noch vor 9 Uhr Morgens ein türkisches Kanonenboot und ein türkischer Torpedobootszerstörer, die im Hafen vor Anker lagen, auszuliefern seien. Da die türkischen Behörden keine befriedigende Antwort gaben, begannen die italienischen Schiffe ein Bombardement; das Kanonenboot wurde zum Sinken gebracht, der Torpedobootszerstörer leicht beschädigt. Hierauf zogen sich die italienischen Kriegsschiffe zurück.

Von dem Admiral Faravelli, dem Kommandanten des italienischen Geschwaders, zu dem die beiden Kriegsschiffe (xGaribaldi“ und „Ferruccio“ gehören, ist, wie die „Agenzia Stefani“ meldet, folgendes Telegramm in Rom eingelaufen:

Bei Tagesanbruch überraschte ich im Hafen von Beiruß das tür kische Kanonenboot „Avn-Illah‘ und ein türkisches Torpedoboot. Wir forderten sie zur Uebergabe auf und gewährten ihnen eine Frist bis 9 Uhr Vormittags. Dies wurde dem Gouverneur und den Kon— sularbehörden durch Vermittlung eines an Bord gekommenen türkischen Offiziers mitgeteilt. Um 9 Uhr forderten wir die beiden türkischen Schiffe durch Signal abermals zur Uebergabe auf. Da keine Antwort erfolgte, eröffneten wir das Feuer gegen das Kanonenboot, das dieses lebhaft erwiderte. Um 9 Uhr 20 Min. war das Kanonenboot zum Schweigen gebracht; an Bord hrach Feuer aus. Ich ließ unser Artilleriefeuer einstellen und fuhr mit dem „Garibaldi“ allein zur Hafeneinfahrt, von wo aus das Toipedeboot zerstört wurde. Das Geschwader entfernte sich darauf.

Nach einem Telegramm des Konteradmirals Direvel, der die Aktion vor Beirut leitete, wurde der Panzerkreuzer „Ferruccio“ am Nachmittag ausgeschickt, um nach dem Schickfal des bombardierten Torpedoboots zu forschen. Da er es immer noch im Hafen schwimmen sah, brachte er es durch Feuern zum Sinken. Weder am Vormittag noch am Nachmittag wurde gegen die Stadt oder gegen die militärischen Gebäude ein Schuß abegeben. Die italienischen Schiffe blieben unbeschädigt.

Vom türkischen Ministerium des Innern wird

laut Meldung des „W. T. B.“ folgende Darstellung ver⸗

öffentlicht:

Vorgestern früh 7 Uhr erschienen zwei italkenische Panzer vom Typ „Vittorio Emanule' und zwet Transportschiffe vor Beirut und erlangten die Uebergabe des Kanonenboots „Apn⸗-Illah“ und des Torpedoboots „Angora“. Die türkischen Schiffe machten sich un— verzüglich kampffertig, während die Behörden über die von dem italienischen Konteradmiral gesandte Note beratschlagten. Noch bevor die von den. Italienern gesetzte Frist abgelaufen war, begannen die italienischen Schiffe mit dem Bombardement. Die türkischen Schiffe verteidigten sich tapfer. Das Kanonenboot wurde von mehreren Kugeln getroffen und fing Feuer, ein Kessel explodierte und die Mannschaft wurde mit den Waffen so schnell wie nglich ausgeschifft. Nachdem sowohl die Avn⸗-Illah!“ wie die „Angora. zun Sinken gebracht worden waren, entfernten sich die feindlichen Schiffe un kehrten zwei Stunden später wieder zurück; sie bombardierten . treibenden Schiffe von neuem. Ein Geschoß schlug in das Gebäude der Banque Ottomane ein und beschädigte es. Sodann entfernten sich die italienischen Schiffe. Die Bevölkerung wurde im ersten Augen— blick von großer Erregung ergriffen, doch wurde dank schnell ge— troffenen Maßnahmen die Ordnung wiederhergestellt.

von kleinen Handelsausschü ssen

Depeschen des Walis von Beirut besagen, wie W. T. B.“ meldet, er habe festgestellt, daß während des Vombardements fünf Kanonenkugeln die Banque Ottomane getroffen hahen, drei eine deutsche Bank, die gegen⸗ über liegt, fünf die Kai⸗Lagerhaus⸗Gesellschaft, eine Kugel die Bank von Saloniki und eine Kugel das Paßburenn. Im Innern der Stadt ist kein Schaden angerichlet worden. Die genaue Zahl der Getöteten ist noch nicht festgestellt, die Zahl der Verwundeten wird amtlich auf 89 angegeben. Nur die Leute, die sich auf dem Kai befanden, und“ ein Teil der Mannschaften des Kanonenbootes „Aon⸗Illah“ und des Tor⸗ pedobootes „Angora“ sind dem Bombardement zum Opfer ge⸗ allen; Fremde sind weder getötet noch verwundet worden.

Die Pforte hat bei den Mächten Einspruch gegen die Beschießung Beiruts erhoben, da die Stadt kein befestigter Platz sei. ;

-Die Gouverneure von Kirin und Zizikar haben laut Meldung des „W. T. B.“ Tschaoerhsün die Zusicherung gegeben, sie teilten im geheimen seine ÄAnschauung von der Republik und würden im Falle seines Rücktritts ebenfalls der neuen Regierung ihre Dienste verweigern.

Afrika.

Nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Tobruk unternahmen am Freitag voriger Woche zwei feindliche Kolonnen, die aus Infanterie und Kavallerie bestanden, eine Erkundung in der Richtung auf das Südwestfort. In einer Entfernung von 900 m wurden sie durch Infanterie⸗- und Artilleriefeuer der Italiener, die keine Verluste erlitten, zum Rückzug ge⸗ zwungen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

. Das Haus der Abgeordneten nahm in seiner heutigen (B., Sitzung, welcher der Staatsminister, Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow, beiwohnte, in dritter Beratung den SGesetzentwurf, betreffend die Bewilligung weiterer Mittel zum Ausbau der neuen staatlichen Doppelschachtan tagen in Westfalen sowie von Mitteln zur Beteiligung des Staates an den Aktiengesellschaften Rhein- und See schiffahrts gesellschaft in Cöln und Mannheimer Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft in Mannheim, ohne Debatte endgültig im ganzen an und setzte hierauf die zweite Beratung des Staatshaushaltsetats für 1912 bei dem Etat der Handels- und Gewerbeverwaltung fort. Bericht⸗ erstatter war der Abg. Busse (E). Die Einnahmen wurden ohne Debatte genehmigt. U Bei den dauernden Ausgaben für Ministergehalt be— merkte der ö Abg. Hamm er (kons.): Auf unsern Antrag ist die Errichtung bei den Handelskammern beschlossen worden. Wir haben bisher noch nicht den Eindruck gehabt, daß alle preußischen Handelskammern diese Ausschüsse eingeführt haben, und wissen auch nicht, in welcher Form sie arbeiten. Der Ausschuß bei der Handelskammer in Bochum soll ausgezeichnet arbeilen. Die Hand⸗ habung der Sonntagsruhe in Berlin' durch den Poltzeipräsidenten hat in kaufmännischen Kreisen die tiefste Erbitterung hervorgerufen. Der Polizeipräsident hat die Zahl der Ausnahmetage auf? beschränkt und alle Bemühungen wegen Zurücknahme diefer Maßregel blieben er⸗ sfelgloz. Außerdem bestimmte er, daß am Weichnachtsheiligabend die Geschäste um 3 Uhr zu schließen hätten. Auf dringende Vorstellung ließ er sich herbei, zu gestatten, die Geschäfte bis vier Uhr offen zu halten. Auf Anordnung des Ministers wurde diese Zeit dann bis 6 Uhr ausgedehnt. Darauf ordnete der Polizeipräsident an, daß an den letzten drei Sonntagen vor Weihnachten die Geschäfte zu der festgesetzten Zeit pünktlich zu schließen und ihre An Hünktlich zu entlassen hätten, ohne mit dem Chef abrechnen, zu 1 Anspruch mt. n manchen S a

1 die Geschäfts—⸗ n tl ille haben, wenn sie nur zwei bis ; tunden Geschäftszeit haben. Die Kleinhändler weisen mit hecht darauf hin, wie die Gastwirte mit ihren Angestellten, die arbiere und die Straßenbahnangestellten des Sonntags arbeiten wüssen. Die Haupteinnahmezeit für die Kleinhändser in den mittleren wd. kleinen Städten ist am Sonnabendabend und am Sonntag. Die Fute, vom Lande kommen erst am Sonntag in die Stadt, aber die 'hilfen dringen immer weiter darauf, daß Pie englische Sonntagsruhe ei uns eingeführt wird. Die Kleinhändler sagen mit Recht, daß die Haus— rauen am Sonn tag ganz andere Ware kaufen, als in der Woche, B Kompotts, Weine usw., das ist in zwei Stunden nicht möglich. Die Hausierer und Warenhäaser sind die lachenden Dritten dabei. Die ierung muß den kleinen Gewerbestand schü tzen und darf die Sonntags⸗ rbeit nicht weiter einschniren. Die Kaufleute werden angegriffen hegen der Teuerung, weil sie die Preife aufgeschlagen hätten. Eine euerung haben wir gar nicht gehabt, wie von verschiedenen bandelsfammern festgestellt ist, fondern nur eine Preissteigerung, le schon wieder zurückgegangen i in Freihandelsländern ist isolg' der Dürre Lieselbe Eise einung gewesen wie in Deutschland. ie Kleinhändler schlagen die Preise nicht auf, sie sind völlig in er Hand der Großhändler, und auch diefe waren für die Preise nicht antwortlich. Die Kleinhändler können gar nicht beliebig auf⸗— lagen, weil der Wettbewerb viel zu groß ist, weil unter er, Gewerbefreiheit die Zahl der kleinen Kaufleute erschreckend schwillt. Der Staat haF bie Aufgabe, den kleinen Gewerbestand schützen, der mir immer lieber ist als Lie Warenhäuser. Die drenhãnser verkaufen gar nicht billiger, ihre billigeren Lebensmittel

1d nur Lockmittel.

Schluß des Blattes.)

Statistik und Bolkswirtschaft.

. Zur Arbeiterbewegung. In Frankfurt a. M. verhandeln zurzeit die drei Haupt⸗ ö istinde der Arbeitnehmerverbände und der Hauptvorstand des nbeitgeberderban de für das Schneider gewerbe miteinander, um m Lghnta rif, der in 832 Slädten, darunter Herlin, Cöln, Düssel— - Damburg, Dresden und München, von den Gehilfen aufgekündigt orden ist, zu erneuern (gf. Nr. 45 d. Bl). Zunqächst wurde, wie Ger isn berichtet, über eine Reihe grundsätzlicher Fragen, wie Bare bung bestimmter Firmen in die ein telnen Lohntlassen und . der Deimarbeilts ʒuschlãge, beraten. Hierüber ist nach eiten ger Bhratung und zwar durch Entgegenkommen bon beiden nien zee Ber ständigung erzielt worden, die nunmehr ermöglicht, uber die Einigung der Lohnfrage zu verhandeln. , ; . Ruhrkohken gebiet wurden gestern, wie, W. T. B. jet, ttwa 20 Bergarbeiterversammlungen (gl. Nr. 48 gbegenf bee alten, ie vom sogenannten Dreibund, dem Alten inis oh tische n) Verband, dem Hirsch-Dunckerschen und dem hen Bergarbeiterverband einberufen waren, um die Lage der

Bergarbeiter zu erörtern. Der Christliche Gewerkverein, der sich von der Lohnbewegung fernhält, hatte Flugblätter im ganzen Bezirk verbreitet, worln vor Putschen gewarnt und zur Be⸗ wahrung der Ruhe sowie zum Vertrauen auf die Verbandsleitungen aufgefordert wird. In alten Verfamm lungen wurden gleich⸗ lautende Entschtießungen gefaßt, in denen sich die Berg⸗ arbeiter mit dem Vorgehen der Verbande vorstände zum Zweck der Herbeiführung einer Lohnerhöhung einverstanden erklären, die längst notwendig geworden und bei der günstigen Lage der Industrie auch zweifellos möglich sei. Die * bisher, eingetretenen Lohnver! besserungen reichten nicht aus, um die slarke Lebensmittel. verteuerung auszugleichen. Der gewählte Zeitpunkt für die Verwirk— lichung der wohlberechtigten Forderungen sei durchaus günstig. Für den Fall, daß die Erwartungen der Bergleute getäuscht werden sollten, beauftragen die Versammelten die Vorftände des Dreibundeg, ge⸗ eignete Schritte für die Durchsetzung der Forderungen im Interesse der Bergarbeiter zu tun, und versprechen, die Organisatilonsleitungen mit⸗ Illem Nachdruck zu unterstützen. Sie Versammlungen verliefen ruhig. Mehrere Verfsamm lunzen des cristlich-⸗fozialen Berg— arbeiterverbandes im Wurmrevier haben zur gegenwärtigen Lage des deutschen Bergbaues ebenfalls eine Entschließung ge—⸗ faßt, in der es heißt: „Einen Sympathiestreik zugunsten der Engländer lehnt die christliche Ärbesterschaft des Aachener Kohlen⸗ reviers ganz entschieden ab, weil sie nur dann in einen Streik ein treten kann und will, wenn der Streik im Interesse der deutschen Bergarbeiter notwendig ist und Erfosg verspricht. Die Entschließung weist darauf hin, daß der englische Bergbau bei früheren Ausständen der deutschen Bergarbeiter Beutschland mit Kohlen überschwemmt und dadurch dem deutschen Bergbau ganz erhebliche Absatzgebiete weggenommen hat. Zum Schluß spricht, die Entschließung die Er— wartung aus, daß die Unternehmer, entsprechend der? Hebung des Absatzes eine Erhöhung der Löhne gewähren werden, wis sie bereits der Eschweiler Bergwerksverein dem Arbeiterausschuß von der Grube Anna“ bestimmt in Aussicht gestellt habe.

Zur Lohnbewegung der englischen Bergarbeiter (vgl. Nr. S0. d. Bl.) berichtet W. T. B.“ aus Lon don: Eine Ver⸗ sammlung von Bürgermeistern aus allen Teilen des Landes, die unter dem Vorsitz des Lordmayors in Mansion House stattfand, faßte einstimmig einen Beschluß, der die Führer der Feiden Parteien im Kohlenstreite auffordert, den überragenden Interesfen des Gemeinwohls Rechnung zu tragen, und gleichzeitig der Meinung Au sdruck gibt, daß es keine Schwierigkeiten gebe, welche die Vermittler zwingen könnten, unverrichteter Sache auseinander— zugehen. Die Konferenz der Bergarbeiter, die morgen in London zusammentritt, wird entweder in corpore oder durch eine Kommission unmittelbar mit dem Premierminister in Verbindung treten. Man erwartet, daß ein Teil der Bergarbeiter in Derbyshire bereits heute in den Ausstand tritt. In verschiedenen Bezirken laufen die Kündigungstermine morgen oder am Mittwoch ab. Im großen und ganzen aber werden die Leute bis Donnerstag bei der Arbeit bleiben, sodaß allgemein der Ausstand am Freitag beginnen würde. In Aldershot sind 16 000 Mann Kavallerie und Infanterie bereit, binnen wenigen Stunden bei Ausbruch etwaiger Unruhen zur Unterstützung auszurücken.

(Weitere . Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

Die Deutsche Gesellschaft für Kaufmannserholungs⸗ heime hat in ihrer letzten Plenarsitzung die Errichtung von zwei weiteren Heimen beschlossen, davon foll eins an der Ostsee und eins im Taunus errichtet werden.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

A. F. Wie von jeher war auch in diesem Winter die Jahres⸗ versammlung des Vereins zur Förderung der Moorknktur“ im Laufe der landwirtschaftlichen Woche anberaumt worden. Es war ihr diesmal besonders erwartungèvoll entgegengesehen worden, denn das vergangene Jahr hatte bedeutende Fortschritte und erfreuliche Erfolge gebracht, von denen zu Pbören (eine außergewöhnlich große Anzahl von Interessenten sich eingefunden hatten. Den Vorsitz führte Freiberr von Wangenheim (Elein⸗Spiegel). Er begann damit, den in Begleitung mehrerer Regierungsvertrerer erschienenen Landwirt schaftsminister zu begrüßen, und eröffnete nach einem Kaiserhoch die Tagung durch Mitteifung des Jahres b ericht s. Wie oben schon ange— deutet, hat die Moorkultursache im Laufe von 1911 mehrere hochwichtige Förderungen erfahren. Vor allem ist endlich die Frage der gesamten, ganz Deutschland planmäßig umfassenden Dedlandkultur in Fluß ge⸗ kommen. Den nächsten Anlaß dazu gaben die im Februar 1911 statt⸗ gehabten Verhandlungen des Deutschen Landwirtschaftsrats, denen Seine Maiestät der Kaiser und König beiwohnte, die Gelegenheit wahrnehmend, auch über die eigenen Moorkulturen in Cadinen zu berichten. Im Anschluß an diese Verhandlungen wurden dann in' einer öffentlichen Versammlung des Vereins noch im Frühjahr 1911 weite Kreise über Zwecke und Ziele der auf DOedlandkultur gerichteten Bewegung ge— nauer unterrichtet und mit gutem Erfolg der ir rigen Anschauung der Boden entzogen, als handle es sich in der Frage um ein einseitiges land⸗ wirtschaftliches Interesse. Mit Nachdruck wurde damals geltend gemacht, daß es sich um jetzt wertlose Flächen von über 2 Millionen Hektar (etwa die Größe des Königreichs Württemberg) handle, die endlich der Kultur gewonnen und den 2643 Millionen Hektar, welche jetzt in Deutschland in landwirtschaftlicher Kultur stehen, hinzugefügt werden müßten, auf diese Weise zahlreichen Menschen die Möglichkeit gewährend, duch nützliche Arbeit zu einem eigenen Heim und zu bescheidenem Wohlstand zu gelangen. Es wurde dann vom Verein noch eine Denk⸗ schrift unter dem Titel ‚Moorkultur' veröffentlicht und hier zugleich alle die neueren, dem Zweck dienslbar zu machenden Forschungsergebniffe der Wissenschaft und Darbietungen der Technik ausführlsch erörtert. Außerdem erschien, von Geheimrat Fleischer verfaßt, eine Schrift mit dem Titel „Die Versorgung Deutschlands mit Fleisch und die Kultivierung unserer Moor- und Heideböden“, die sich eingehend mit den Mitteln und Wegen beschäftigte, die anzuwenden und zu beschreiten eien, um das großzügig geplante Werk in absehbarer Zeit zu gutem Er zu führen. Die Schrift gab zunächst eine Uebersicht von dem

ssalen Umfang der in Deutschland leider noch vorhandenen

O0 ha Mooznfläche, wovon besstenfalls erst 300 000 in Kultur ge⸗ imen, der ganze Rest noch der Verwertung harre, verglich die bisherige ürftige Nutzung mit der möglichen zukünftigen und entwarf ein Bild

Leistungen, welche von den in eitragreiche Gärten, Aecker, Wiesen nd Weiden umzuwandelnden Moorödflächen zu erwarten sind, falls die ganz klar erkannten und sicheren Erforg versprechenden Mittel zur Moor⸗ und Oedlandkultivierung beschleanigt zur Anwendung gelangen. Hand in Hand mit dieser Aufklärung und Gewinnung der öffentlichen Vieinung für das große Werk gingen in allen Moordisiriften vraktische Unterweisungen. Zwei Beamte waren ken ganzen Sommer über damit beschäftigt, in den verschiedensten Teilen des Deutschen Reiches Musterflächen von Wiefen und Weiden anzulegen und die kleinen Moorwirte mit den Verfahrungsweisen vertraut zu machen. Der Verein erfreute sich dabei der mehrfachen Unterstützung von seiten der Regierung.

Es sprachen dann nach Erledigunß geschäftlicher Angelegenbeiten, Rechnungoͤbericht, Neuwahl von 16 Ausschußmitgliedern, mehrere Redner über neuere Erfghrungen auf dem Gebiete der Moor kultur. Amtsrat Schreyver⸗Wendemark berichtete über Erfahrungen mit Besandung und Nichtbesandung von Acker,, Damm und Wiesen— kulturen. Es ist ihm durch unablässige, stets sorgfältig in ihrer Wirkung beobachtete Verbesserungen gelungen, innerhalb einiger Jahre zum Teil sauren Moorboden in rentabeln Wirtschaftsboden umzuwandeln, wobei gute Erfolge mit Kartoffeln, Hafer, Zuckerrüben

„iese von ausgezeichneter Güte und Runkeln erzielt wurden, während Weizen fehlschlug. Von hehem Intereffe waren die von Professor Dr. Tacke⸗Bremen mitgeteilten allgemeinen Beobachtungen

über das Verhalten der verschiedenen Moorböden bei den außer⸗ gewöhnlichen Witterungsverhältnissen des letzten Sommers. So ein⸗ leuchtend es ist, daß warme und lrockene Jehre für Moorböden im allgemeinen günstig sind, so sicher ist, daß die Hitze des Sommers 1'911 für das Moor etwas zu stark war. Ausgezeichnete Einten haben durchweg die sandgemischten Hochmoore gezeitigt, wenige Fälle abgerechnet, wo Wassermangel sich geltend gemacht batte. Weiden hatten unter der Trockenheit weniger zu leiden als die Wiesen; denn, während sogar Marschweiden versagten und durch Stallfütterung weiterzumästen war, ist auf der Moorweide das Vieh zu voller Schlachtrelfe gediehen. Mehrere Nachtfröste im Mat und Juni sind nicht auf Rechnung der Eigenart des 1911er Sommers zu setzen; sie bewiesen nur, daß sie da befor ders schädlich waren, z. B. den Hafer auf Hochmoor bernichteten, wo der Boden stark aus- getrocknet war. Dagegen hat die Sommerhitze einige Moorbrände auf Hoch- wie Niedermoor gebracht, die wie immer den Boden stark entwerteten, weil sie einen Strich durch die im Zuge befindlichen Boden verbesserungen machten. Alles in allem war die Sommerhitze mehr nützlich als schädlich und ließ deutlich erkennen, daß die Moore in trockenen Jahren ein nicht hoch genug zu schätzendes Futterreservoir hilden. Es sprachen dann noch Professor Dr. Weber⸗Bremen auf Grund von Beobachtungen über daz Verhalten der Vegetation, die er im letzten Sommer auf einigen Moorwiesen gemacht hatte, und der Vorsteher der Mooiversuchswirtschaft Nen Hammerstein, Frick mann, über Grassamenbau auf Moorland. Dieser Herr und Assessor Bauer, Vorsteher der Moorberatungsstelle Löcknitz bei Stettin, zeigten dann noch in Lichtbildern die geeignetsten Moor= kulturgeräte.

. Nach Erschöpfung der Tagesordnung ergriff der Landwirtschafts⸗ minister Frejherr von Schorlemer-Lieser noch das Wort zu einer Ansprache, in der aufs neue bestätigt wurde, daß die Regierung die Kultivierung der Moore im großen Stile aufzunehmen gedenke und größere Mittel bereit stellen werde. Man möge aber nicht besorgen, daß nur ein Werk vom Standpunkt der meliorationstechnischen Bau⸗ verwaltung geschaffen werden olle. Größter Wert werde vlelmehr darauf gelegt, in steter Fühlung mit den Versuchsstationen und den Männern der Praxis zu bleiben. Rat und Mitarbeit des Vereins sei vor allem unentbehrlich.

Wie auch in anderen Jahren üblich, war der zweite Tag der Jahres versammlung ausschließlich der technischen Frage der M öor⸗ kultur gewidmet; doch gab es, abweichend von sonst, diesmal nur einen einzigen, aber umfaffenden Vortrag, den Direktor Dr. Wolff⸗ Charlottenburg über die Aufgaben der vom Verein begründeten Technischen Abteilung“ hielt. Diefe Neuschöpfung gehört auch zu den wichtigen Leistungen des letzten Vereinsjahres, und der Vortragende wußte in 13 stündigen, alle Seiten der Sondertechnik für Torf⸗ gewinnung und Torfverwertung gründlich erörternden Darlegungen so vollständig über den gegenwärtigen Stand aller Zweige diefer Technik zu unterrichten, daß sich ein vielseitiger Meinungsaustausch daran knüpfte. Man gelangte in allen Punkten zu dem Ergebnis, daß von dieser Neueinrichtung, die in ernster wissenschaftlicher , an alle sich bietenden Fragen der Moorkultur heranzutreten beabsichtigt, großer Gewinn zu erhoffen sei. Zunächst wird diese Arbeit sich auf die scheinbar einfache und doch bisher gründlich niemals beantwörtet? Frage richten, wie Torf in vorteilhaftester Art zu brennen ist, und daran werden sich Fragen über die Gewinnung von Gas und Ammoniak aus Torf knuͤpfen. Die Berührung dieses letzten Gegenstandes gab dem Vortragenden und nachher mehreren am Meinungsaustausch teilnehmenden Herren Anlaß, einiger weiterer Fortschritte zu gedenken, welche auch das Jahr 1911 gebracht hat, und die endlich der Aera gewisser, lange Zeit geübter kastender und kostspieliger Versuche auf dem Gebiet der Torfperwertung ein Ende zu setzen geeignet sind, weil sie den Weg zum Erfolge nicht bloß zeigen, sondern ihn als den richtigen zu erweisen bereits seit 5 Monaten am Werle sind. Be⸗ kanntlich war bisher dem deutschen Moorgebiet die sogenannte Fehn— wirtschaft versagt, die in Hölland der Moorkultur zu hoher Blüte verholfen hat. Sie besteht darin, daß durch künstlich angelegte. Gräben und Kanäle das Poor zu einem Tei entwässert, dann der Torf gestochen, getrodnet wird, die abgetorften Flächen in Garten- und Wesenland verwandelt und durch die Abfälle und Dungstoffe der Städte gedüngt werden, die auf den Kanalbooten als Rückfracht aus den Städten mitgebracht werden, denen mit den gleichen Booten der Brenntoörf zugeführt wird. Das bewährt sich auf der nur zu 2009 4km einzuschätzenden holländischen Moorfläche bestens, war aber auf unserem 19 mal größeren Moeorgebiet unausführbar, weil in Kon⸗ kurrenz mit Stein- und Braunkohle, die in Holland fehlt, die Abfatz⸗ möglichkeit des Torfes mangelt, der bei unferen beutschen Ver hältnissen Transportkosten nicht vberträgt. Diese Ueberlegung hat schon vor einer Reihe von Jahren den Themiker und Volks⸗ wirt Geheimrat Professor Dr. Wolf Frank— Charlottenburg zu dem bekannten Ausspruch veranlaßt: Wenn der Berg nicht zu Mohammed kommt, möge Mohammed sich zum Berge begeben. Verpflanzen wir Industrie in das Moorgeblet, verwerten wir an Ort und Stelle den Torf zum Betriebe etwa von großen Dampfmaschinenanlagen, die Dynamos treiben, und lelten wir die erzeugte Elektrizitãt überall dahin, wo sie Verwendung findet. Der Gedanke war zweifellos gut und richtig. Dr. Frank hat ihn zum Teil mit schweren Vermögens⸗ opfern unausgesetzt verfolgt; aber es schien eine Zeitlang, als scheitere er dauernd dennoch an dem Umstande, daß im Torf nur 10 bis 1200 verwertbare Masse ist, dagegen 88 - 90 0/0 Wasser. Dieser enorme Wassergehalt war lange Zeit ein schwer zu übersteigendes Hindernis. Jetzt ist auch dieses Hindernis glücklich überwunden; denn auf dem Wege des vom deutschen Chemiker Ludwig Mond in London vervollkommneten und von Sr. Franks Mitarbestẽr Dr. N. Caro weiter geförderten Generatorbelriebs erzielt man jetzt aus nasser, bis zu 50 o,o, (ia 70 ) Wafsser enthaltender Torf⸗ masse ein im Großgasmaschinenbetrieb erprobtes Kraftgas und gelangt gleichzeitig zur Verwertung des Stickstoffgehalts des Torfs, den man in Form von schwefelsaurem Ammoniak gewinnt. Dies merkwürdig zusammengesetzte Gas enthält in masimo 18,8 0/0 Kohlensäure, 11 09 Kohlenorydgas, 25,6 0/0 Wasserstoff, 3,6 0669 Methan, 46,6 060 Stickstoff. Davon sind, wie man sieht, nur 400, brennbare, als Kraftgas ver kommt auch bis auf 28, 6 l trieb von Gasmaschinen, wie ö. 1911 in regel⸗ mäßigem Betrieb stehende Torfgaskraftanlage⸗ und Elektri- zitätswerk auf dem Schweger Moor beweist, wo 3 Gagfraft⸗ maschinen zu je tausend B8. im Gange sind, die Elektrizität an die 0. km. “Antfernte Stadt Osnabrück vermitteln und von schwefelsaurem Ammoniak bereits 20 zum Versand gebracht baben. Es ist einleuchtend, daß sich nun der Weg zu einer der holländischer Fehnkultur gleichartigen Moorkultur öffnet, hohe Ver⸗ wertung des Torfes und gleichzeitig Gewinnung der abgeftochenen Torffläche als Weide., Wiesen⸗, Ackerland, das mirtels künstlicher Düngemittel, die Fehlendes ergänzen, auf hohen Ertrag zu bringen ist. Die von Tr. Wolff gezeigte Aussicht, daß auf dem Gebiet der bis herigen deutschen DOedländereien 76 000 Famlllen würden leben können daß Vleb hier würde gehalten werden können mit jährlich 8 Millionen Zentner Fleischgewinn, eröffnet hocherfreuliche Aussichten.

Aus stellungsnachrichten.

Am Sonnabend, Mittags, wurde die unter dem Protektorat Ihrer Majestät der . und Königin stehende Aus— stellöng „Dje Frau in Haus und Beruf“ in den Aus stellungs⸗ hallen am Zoologischen Garten feierlich eröffnet. Zu dem Festakt hatten sich zahlreiche im künstlerischen und gewerblichen Leben stehende Damen neben denen des Aus stellungskomitees eingefunden. Unter den Erschienenen sah man ferner die Staatsminister, Staats sekretär Dr. Delbrück. Dr. Sydow und B. von Trott zu Solz den Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Lewald, den Rektor der Universität, Geheimen Regierungsrat, Professor Dr. Lenz u. A. Ihre Majestät, die von der Sher hn fte, Gräfin von Brockdorff, den Lofstaats damen Gräfin von Keller und von Gersdorff sowle dem

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Oberhofmeister Freiherrn von Mirbach begleitet war, wurde am

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