Lpj. Itg. zufolge, erneut aufgenommen worden. In vier Versamm ⸗ ngen, in denen die Maßnahmen besprochen wurden, die zur erfolg · reichen Durchführung notwendig erschienen, wurde die Bewegung ein⸗ eitet. Im vorigen Jahre hatten von den 805 Bäckereibetrieben ipzigs 250 die Forderungen der Gesellen anerkannt. Vie in London gepflogenen Verhandlungen zur Beilegung des Ausstandes der englischen Bergarbetter (vgl. Nr. 55 d. Bl.) aben, wie W. T. B. berichtet, bisher zu keinem Ergebnis geführt. Ein gestern gefaßter Beschluß der Bergarbeiter, die Vor⸗ ge der Regierung abzulehnen findet allgemein eine il, Teles, gie wer eh News ist der Beschluß nur mit schwacher Mehrbeit zustande gekommen. Es wird weiter gemeldet, daß die Vertreter der Bergarbeiter keine Voll⸗ macht besaßen, auf die Vorschläge der Regierung einzugehen. Viele der Vertreter waren von ihren Gewerkschaften mit bestimmten Anweisungen nach London gesandt worden, unbedingt an den he⸗ schlossenen Sätzen der Mindestlöhne festzuhalten. — Alle Ver⸗ handlungen zwischen den Bergwerksbesitzern, den Bergarbeitern und der Regierung sind auf ö Woche vertagt worden. — Inzwischen treffen aus verschiedenen Orten der nordenglischen und schottischen Industriebezirke Nachrichten ein über die beginnende Stockung in vielen Betrieben. Die Great Central Eisenbahn-Gesellschaft macht von dem ihr vom Parlament verliehenen Recht Gebrauch und schränkt die Ausfuhr von Kohle ein. Die Gesellschaft läßt nur die Dampfer der regulären Linlen verkehren. Der Kohlen⸗ export von Hull hat so gut wie aufgehört. — Gegen 30 Dampfer liegen auß Mangel an Kohlen im Hafen im Glasgow fest. — Die Geschäftsstockung greift langsam auf Handel und Industrie über. Der Verkehr zu Lande und zu Wasser ist sehr ernstlich in Mitleidenschaft gezogen, selbst die großen Linien geben bekannt, daß in den Verkehrsplänen Aenderungen wahr— scheinlich sind. Fast alle Eisenbahnen bereiten einen ein— eschränkten Dienst vor, doch glaubt man nicht, daß der Per—⸗ onenverkehr mit dem e, , betroffen werden wird. — Die Aus⸗ tändigen verhalten sich ruhig. 3 in . befindlichen Baum woll⸗ und WVoll⸗ spinnereien haben, wie dem. W. T. B.“ aus Lawrence Massa⸗ chusetts) gemeldet wird, gestern eine Lohnerhöhung Ton 5 og zuge— standen; diese erstreckt sich auf 29 000 Arbeiter. Deren Heispiel folgend, hat die Am erigan Wollen Company die Löhne in ihren 33 Spinnereien in Neu England und in New Nork um 5Hoso er— höht. Diese Lohnerhöhung kommt etwa 30 009 Arbeitern zugute. Die allgemeine Meinung geht dahin, daß die übrigen Spinnereien ähnliche Zugeständnisse machen werden, sodaß der langwierige Ausstand damit beendet würde. (Vgl. Nr. 54 d. Bl.)
Kunst und Wisseuschaft.
In der deutsch asiatischen Gesellschaft sprach gestern der Dr. Freiherr von Mackay aus München über das Thema „Die Lage des chinesischen Vglutaproblems.?. Er führte etwa aus: Die kulturgeschichtliche Bedeutung des chinesischen Währungs— problems liegt darin, daß noch einmal vor dem Abendland das Schau⸗ spiel einer gänzlichen Umwälzung der Geldwert. und damit der Hie del und Verkehregesetze sich bietet, wie sie im Mittelalter die Lebensbedingungen der europälschen Volkswirtschaften und deren internationale Beziehungen zu einander umbildete — ein Vorgang, der bei vielen Vergleichspunkten doch wieder durch den in der Welt einzig dastehenden Charakter der chinesischen sozlalen Daseins⸗ formen ein ungewöhnliches Gepräge erhält. Das weltpolitische Ge— wicht der Frage erscheint nicht minder groß: die Interessen der Handels großmächte im fernen Osten nehmen von Jahr zu Jahr ge⸗
waltigeren Umfang an, und die Leitung der Ströme dieses Güter⸗ und Kapitalaustguschs in ein geregeltes, von den Schwankungen des Metallmarkts nicht gefährdetes Vett ist nur durch Festigung der chinesischen Valuta möglich, eine Maßregel, die zugleich für das Land selbst als Vorbedingung der Gesundung der innerpolitischen Ver— hältnisse erscheint:; ohne Währungsreform keine Verwaltungsreform. Das derzeitig herrschende System läuft theoretisch auf eine Kupfer⸗ währung mik ergänzender Silberwährung hinaus; praktisch bedeutet es nichts als eine denkbar verworren Angichie des Geld- wesens, die dem Land jährlich Millionen über Millionen kostet. Der erste, im Anfang dieses Jahrhunderts unternommene Versuch zur Be— seitigung der Mißstände war ein vollkommener Feblschlag, das zweite Unternehmen gleicher Art vom Jahre 1908 mißglückte gleichfalls, schuf aber immerhln die Grundlagen zu der dritten i916 begonnenen Reform, die beste Aussichten auf glückliches Gelingen bot. Sie sieht vom plötzlichen Uebergange zur Goldwährung, der einen Sprung ins Dunkle bedeutete, ab und begnügt sich mit der Befestigung des Geldumlaufs auf der Grundlage einer Silbereinheitsmünze, dem Ju an von 24,17 g Feingehalt, wodurch zugleich beste Gelegenheit zur Einführung des Dezlmalsystems bei moͤglichst geringer Störung der in den chinestschen Privatwirtschaften eingebürgerten Formen des Geldverkehrs sich bietet. Die Währungs⸗ anleihe zur Beschaffung der nötigen harten Reserven mit der Vier— mächtebankgruppe war abgeschlossen, die Verhandlungen mit den Ver⸗ tretern dieser kapitalgebenden Nationen über die Durchführung des Reformprogramms waren dem Abschluß nah, als die Revolution aus— brach: aber gerade die Republik der Mitte hat offenbar nur dann irgend welche Aussichten guf Bestand und Kraftentwicklung, wenn sie das von der gefallenen Monarchie als Torso hinterlassene Reform— werk energisch vollendet.
Bauwesen.
Im Verein für deutsches Kunstgewerbe spricht am 6. d. M., Abends 8J Uhr, Dr. Werner Hegemann über das Thema: Berlin, eine Tragödie der Stadtbaukunst. Der Vortrag findet im großen Festsaale des Künstlerhauses statt und wird durch zahlreiche Lichtbilder erläutert sein.
Theater und Musik.
Im Königlichen Opernhause geht morgen, Sonntag, Lohengrin“, mit Herrn Kirchhoff als Vertreter der Titelrolle, in Szene. Die Elsa singt Frau Denera, die Ortrud: Fräulein Ober, den Telramund: Herr Bischoff. (Anfang 7 Uhr.) — Am Montag wird „Der Rosenkavalier', mit den Damen Kurt, Artst⸗de Padilla, Dux, Rothauser und den Herren Mang, Bischoff und Henke in den Hauptrollen, gegeben. Dirigent beider Abende ist der Generalmusik— direktor Dr. Muck.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen zum ersten Male das neu einstudierte Schauspiel 1812“ von Sito von der Pfordten wiederholt. — Am Montag wird das Festspiel ‚Der große König“, drei Bilder aus seinem Leben von J. Lauff, in der bekannten Besetzung der Hauptrollen mit den Damen Andrejewa— Skllondz, Ressel, Heisler, den Herren Clewing, Staegemann, Geisen dörfer, Krausimeck, Keßler u. a. aufgeführt. Dirigent ist der Kapell meister von Strauß.
Mannigfaltiges. Berlin, 2. März 1912.
Am Montag, Abends 71 Uhr, sindet im Künstlerhause die 315. Vereinsversammlung des Berliner Vereins für Luft⸗—
In dieser Sitzung wird der Haupltvortrag eln ericht sein über einige vom Berliner Verein für Luftschiffahrt ver⸗ anstaltete wissenschaftilche Fahrten. Es werden sprechen: Professor Dr, Süring über Neuere meteorologische Aufgaben für den Frei— ballon und Professor Dr. Lüdeling und Dr. Budig über Esnige Erfahrungen beim Messen und Registrieren des luftelektrischen Potentialgefälles im Freiballon'. Gäste sind willkommen.
chiffahrt stalt.
Der Deutsche Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke wird, nachdem der erste Brunnenabend e (Der Trinkbrunnen in Wort, Bild und Lied) im Charlottenburger Rat— haus bei zahlreichem Besuch einen schönen Erfolg gezeitigt hat, Montag, den 4. März, Abends 8z Uhr, im Bürgersaal des Berliner Rathauses eine Wiederholung veranstalten. Eintritts. karten zu 1 „ sind an der Billettkasse des Kaufhauses des Westeng, bei der Buchhandlung J. M. Spaeth (Königstraße 52) und auf der Geschäftsstelle des genannten Vereins (Uhlandstraße 146 zu haben.
Flugplatz Johannisthal bei Berlin, 1. März. (W. T. B) Heute nachmittag wollte der Flieger Jeannin einen selbstgebauten Vieuport⸗Eindecker mit hundertpferdigem Argusmotor ausproben. Aus einer Höhe von 190 bis 15 m schoß der Aprarat plötzlich steil zur Erde. Das Flugzeug wurde vollständig zertrümmert. Der Flieger kam mit dem Schrecken davon.
London, 2. März. (W. T. B.) Der gestrige Nachmittag hat die schwersten Ausschreitungen von Anhbängerinnen des Frauenstimmrechts, die seit dem Anfange dieser Bewegung zu verzeichnen gewesen sind, mit sich gebracht. Große Trupps von Frauen durchzogen Whitehall, Pie ca dil lv, Haymarket, Bon dstreet und andere Verkehrsstraßen Westends und zertrümmerten Ladenfenster der großen Geschäftshäuser. Einige Frauen drangen bis Downing Street vor und zerschlugen Fensterscheiben des Wohnsitzes des Premierministers sowie des Regie rungegebäu des. Bis zum Abend wurden 69 Personen verhaftet. Unter den Verhafteten befand sich auch Mrs. Pankhurst, die bekannte Leiterin der Frauenbewegung. Eine Frau feuerte einen Revolverschuß ab, der im Kolonialamt eine Fensterscheibe zertrümmerte. Die Anbängerinnen der Bewegung machten dann in Regent Street einen neuen Angriff und schlugen die Schaufenster ein; gegen fünfzig Polizeibeamte waren allein in Regent Street tätig. Unter den Geschäftsleuten herrscht Bestürzung. Inkgesamt wurden 152 Anbängerinnen des Frauenstimmrechts ver— haftet, aber gegen Bürgschaften wieder freigelafsen. Der Gesamtschaden an zerbrochenen Fensterscheiben wird auf S0 000 4 (haßt, Unter anderen wurden Fenster der Häuser der Hamburg⸗Amerika⸗-Linie und des Norddeutschen Lloyd zertrümmert.
Paris, 2. März. (W. T. B.) In einer Wollkrempelei in Tourcoing explodierte gestern abend ein Kessel. Vier Arbeiter wurden getötet, zwanzig verwundet, mehrere von diesen lebensgefährlich. Zwei Arbeitssäle und ein Warenmagazin wurden vollständig zerstört.
Pau, 1. März. (W. T. B.) Der Flieger Védrines hat einen neuen Schnelligkeitsrekord aufgestellt, indem er in einer Stunde eine Strecke von 164 km 300 m im Aeroplan zurücklegte.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Theater.
Aönigliche Schauspiele. Sonntag: Dpern⸗ 66 haug. 59. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Frei⸗ ö lätze sind aufgehoben. Lohengrin. Romantische 66. in drei gr von Richard Wagner. Musi⸗ kallsche Leitung; Herr Generalmusikdirektor Dr. Muck. Regie: Herr Oberregisseur Droescher. Anfang 7 Uhr. uspielhaus. 63. Abonnementsvorstellung. Dlenst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Achtzehn⸗
Rosenmontag.
von Otto von der Pfordten. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Keßler. Anfang 74 Uhr.
Montag: Opernhaus. 60. Abonnementsvorstellung. Dlenst⸗
von Hugo von Hofmannsthal. Musik von Richard Strauß. Musikalische Leitung: Herr Generalmusik— direktor Dr. Muck. Regie: Herr Regisseur Bach⸗ mann. Anfang 74 Uhr.
Schauspielhaug. 64. Dienst⸗ und Freiplätze sind
Abonnementgvorstellung. aufgehoben. Der
— Q 1
Montag: Die fünf Frankfurter. Dienstag: Königin Christine.
CLessingtheater. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr:
Trauerspiel in 5 Akten von Ernst Hardt.
Montag: Erde. ; Yo ben,. s Dienstag: Ibsen⸗Zyklus: 3. Vorstellung: Die hundertundzwölf. Schauspiel in fünf Aufzügen Stützen der SGesellschaft.
haus. 60. Neues Schanspielhaus. und Freiplätze sind uu gehoben, Der 3 Uhr: Das Familienkind. Schwank in 3 Auf Nosenkavalier. Komsdie für Musik in drei Akten zügen bon Frif Friedmann -Frederich.
Montag: Ueber unsere Kraft, 2. Teil.
Dienstag: Das Familienkind.
Mittwoch, Nachmittags 34 Uhr: Agnes Ber⸗ nauer. — Abends: Das Familienkind.
Donnerstag: Heiligenwald.
Freitag: Ueber unsere Kraft, 2. Teil.
Akten von Johann Strauß.
Abends 8 Uhr: Gudrun. Ein
Hierauf: Komtesse Mizzi.
. . Sonntag, Abends dLirhschitz.
Regiments.
Theater des Westens. (Station: Zoologischer ᷣ ö arten. 116 tag,? ittags 3 Uhr: 2. Klavierabend von Emil Frey. Mittwoch und folgende Tage: Die fünf Frank⸗ ,, . i. Frey — Abends S Uhr: Wiener Blut. Operette in drei
Montag und folgende Tage: Wiener Blut.
Lustspielhans. (Frledrichstt. 236) Sonntag, Die Nachmittags 3 Uhr. Das große Geheimnis. Lustspiel in . von 1 . * Abends 8 Uhr: Die Damen des Regiments. . ö neren Schwank in drei Akten von Julius Horst und Artur . e e, i ere, .
Beethoven ⸗ Saal. Montag, Abends 8 hr:
Klindworth Scharwenna · Saal. Senntag, Abends 8 Ubr: Konzert von Richard Grünwald Zither Mitw.: F. Grünwald (Jither) und Karl Henze (Gitarre).
Zirkus Schumann. Sonntag, Nachmittage
eigenes Kind frei unter 10 Jahren auf allen Sit
Montag und folgende Tage: Die Damen des plätzen, jedes weitere Kind unter 10 Jahren halber
Preis. — In beiden Vorstellungen: Ausgewähltes Programm. — Nachmittags und Abends: Das
Nesiden theater. (Direktion: Richard Alexander.) neue Ausstattungsstück Das Motorpferd“ in Sonntag, Nachmittags 3 Uhr. Kümmere dich um fünf Akten. (Die Nachmittagsvorstellung endet mit Amelie. — Abends 8 Uhr: Alles für die Firma. dem 4. Bilde.) Schwank in drei Akten von M. Henneguin und Georges Mitchell. In Szene gesetzt und für die
Zirkus Bu sch. Sonntag, Nachmittags 33 Uhr
i 1 8 sei eben vo e, pᷣ : sche Bů ö 8 2 l '. roße König. Drei Bilder aus seinem Leben von onnabend, Nachmittags 33 Uhr: Des Meeres deutsche Bühne bearbeitet von 4 die und Abende z Ube 2 ge mala m n, n,
osef Lauff. Musik von Weiland Seiner Majestät e, r,,
dem König. Für die stenische Aufführung einge. Tamilienkind? richtet von Josef Schlar. Anfang 38 Uhr. Familienkind
Dpernhaug. Dlengtag: La Traviata. Mittwoch: Tannhäuser. — Donnerstag: stönigs⸗
Abends 7 Ubr: VIII. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle. — Sonntag: Don Juan. Schauspielhaus. Dienstag: Der Bettler von Syrakus. — Mittwoch: Achtzehnhundertund⸗ ölf. — Donneretag: Der große König. — reitag: Doktor Klaus. — Sonnabend: Ge— chlossen. — Sonntag: Der große König. Neues Operntheater. Dienstag: Sondervorstellung für den Beamtenwirtschafts verein: Mignon. An fang 8 Uhr.
Komische Oper. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: kinder. — Freitag: Der Rosenkavalier. — Zu kleinen Preis. Sonnabend: Mittags 12 Uhr: Stmphoniematinee. Z uhr: Die Zauberflöte. Montag: La Traviata.
Dienstag: Undine.
Mittwoch: Der Troubadour. Donnerstag: Die Zauberflöte. Freitag: Der Freischütz.
Sonnabend: Zar und Zimmermann.
Kur fürsten Oper. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die lustigen Weiber von Windsor. — Abends 3 Uhr: Der Schmuck der Madonna. per aus Taf. Lufispiel in drei Atten von Tristan Bernard.
Das Montag und folgende Tage:
Abends: Firma.
Wellen. —
J. Gilbert.
Friedrichstraße.)
Volksleben in drei Akten.
Montag und folgende Tage: Polnische Wirt⸗
schaft. In Vorbereitung: Autoliebchen.
Francillon. — Abends 8 Uhr:
Jeder Besucher hat Nachmittags ein angeböriges Kind unter 10 Jahren auf allen Sitzplätzen frei, weitere Kinder unter 19 Jahren halbe Preise.
Thaliatheater. (Direktion; Kren und Schanfels) alete bete reit tet Ind, nen ,, n: La Trariata. — Abends Sonntag, Abends 8 Uhr: Polnische Wirtschaft. das 7 ; Schwank mit Gesang und Tanz in drei Akten von vielsestigen Wunsch: U 260, Originalausstattunge⸗ raatz und Okonkowmgky, bearbeitet von J. Kren. stück des Zirkus Busch in fünf Bildern. — Abends: Gesangzterte von Alfred Schönfeld. Musik von Das neüe Manegeschauspiel „Die Heze“ in
länzende Programm. — Nachmittags: Auf
7 Bildern.
Familiennachrichten.
.
zierungspräͤsidenten, Kammerherrn Grafen von Berg⸗Schönfeld (Rheden bei Brüggen, Hannover — Hannover). — Frl. Sara⸗Therese von Alten
Das kleine
S ͤ 7 dem neapolitanischen Dentsches Theater. Sonntag, Abends 7J Uhr: Handlung und Musik von Ernianno Wolf⸗Ferrari.
Biel Lärm um Nichts.
Montag: Penthesilea. 2 den 8. März, Abends 8 Uhr: Auf⸗
führung im „Zirkus Schumann“: Jedermann.
Ctammerspie le. Sonntag, Abends 8 Uhr: Eine glückliche Ehe. Montag: Offiziere.
Kerliner Theater. Sonntag, Nachmittags z Uhr: Die Logenbrüder. — Abends 8 Uhr: Große Nostnen. Driginalvosse mit eg und Tanz in drel Akten (5 Bildern) von R. Bernauer und R. Schanzer.
Montag und Dienstag: Große Rosinen.
Mittwoch, Nachmittags 3 Uhr: Torquato Tasso. — Abends: Große Rosinen.
Vonnerstag und Freitag: Große Rosinen.
Sonnabend, Nachmittags 35 Uhr: Herodes und Mariamne. — Abends: Große Rostnen.
Theater in der Königgrätzer Straße. Sonntag, Nachmittags 3 Ubr: Cin Fallissement. — Abends 8 Uhr: Die fünf Frankfurter.
Montag: Abonnementsvorstellung der Serie Blau: Zum ersten Male: Die verkaufte Braut.
Dienstag: Abonnementsvorstellung der Serie Rot: Die verkaufte Braut.
Mittwoch Ono vadis?
Donnerstag Der Schmuck der Madonna.
Freitag: Abonnementsvorstellung der Serie Gelb: Die verkaufte Braut.
Sonnabend: Qa vadi ?
Schillertheater. O. (Wallnertheater.) Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der Probekandidat. Schauspiel in vier Aufzügen von Max Drever. 2 Abends 8 Uhr? Gräfin Lea. Schauspiel in fünf Aufzügen von Paul Lindau.
Montag: Gräsin Lea.
Dienstag: Emilia Galotti.
Charlottenburg. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr; Don Carlos. GEln dramatisches Gedicht in fünf Akten von Friedrich Schiller. — Abends 8 Uhr: styritz⸗Vyritz. Posse mit Gesang in 5. Bildern von H. Wilken und O. Justinus.
Montag und folgende Tage: Das kleine Cafs.
Philharmonischer Chor. Dirigent: Prof. Sieg⸗
ied Ochs. . Konzert. Die hohe Messe in H⸗Moll.
Thor. 4 Die hohe Messe in H⸗Moll von
Johann Sebastian Bach.
2. Konzert von Bruno Eisner (Klavier). Mitw.: K. K. Prof. Arnold Rosc und K. K. Prof.
Friedrich Buxbaum.
2 Kammermusikkonzerte französischer Musik, gegeben von Professor August Spanuth. Mitw.:
Montag: Kyritz Vyritz.
Dienstag: Der Filometerfresser.
Konzerte. Philharmonie. Sonntag, Mittags 12 Uhr: Oeffentliche Hauptprobe zum
Montag, Abends 7 Uhr: Philharmonischer Dirigent: Prof. Siegfried Ochs.
Saal Bechstein. Montag, Abends 77 Uhr:
Choralion Saal. Sonntag, Abends 8 Uhr:
Henri Marteau und ans Bassermann (II. Violine), Lucco Umar (Bratsche) und Carlo de Guaita (Violoncello). 1. Abend.
mit Hrn. Ernst Frhrn. von Lüttwitz (Goltern, E Zt. Berlin, Bleibtreustt. 4 — Warow). — Fi Annemarie Grube mit Hrn. Oberleutnant Volkmann (Berlin).
Geboren; Eine Tochter: Hrn. Oberleutnant
z. S. Middendorff (Kieh.
Gestorben; Hr. Generalleutnant z. D. Hermann
von Stuelpnagel (Darmstadt). — Fr. Geheime Regierungsrat Ida Stoeckel, geb. Meinicke (Brez⸗ lauj. — Fr. Pauline von Johnston, geb. von Kramsta (Breslau).
Verantwortlicher Redakteur:
Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg. Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerel und Verlage⸗ Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen (einschließlich Börsen.· Bellage),
und die offizielle Gewinnliste der Wohlfahrts⸗ Lotterie zu Zwecken der Deutschen Schutz. gebiete IV. Serie.
zum Deutschen Neichsan
M 56.
Deutscher Reichstag. 17. Sitzung vom 1. März 1912, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Zur ersten Beratung steht zunächst die Rechnung über den Reichshaushalt für das Rechnungsjahr 1510. Nach dem Abg. Nos ke (Soz.), dessen Rede in der gestrigen Rummer d. Bl. mitgeteilt worden ist, ergreift das Wort der Abg. Erzberger Gentr.): Die Rechnung von 1910 gewährt ein weit günstigeres Bild von der Reichsfinanzgebarung, als die Zeit vorher; es erhellt aus ihr materiell, wie die Sanierung der Reichs inanzen fortgeschritten ist. Etwas mehr als früher ist durch die Verwaltung auch das Kontroll recht des Reichstages beachtet worden, indem die Etatsüberschreitungen erheblich geringer geworden sind. Die 41 Millionen Mehrausgaben gegen den Entwurf sind nicht obne weiteres Etatsüberschreitungen, weil sie auf gesetzlichen Verpflich⸗ tungen beruhen; wirkliche Ueberschreitungen sind dabon nur 9,5 Mil⸗ nen. Im Auswärtigen Amt, beim Reichsheer und bei der Marineverwaltung ist der Reisekostenfonds tatfächlich wieder ganz gewaltig überschritten worden; und die Begründung, die dafür ge— geben wird, muß direkt verurteilt werden; die Ueberschreitung betragt za, 500 M. M allein beim Militäretat; der Reichstag hatte 570 066 Mark gestrichen, und nun sagt man uns, wenn diesen Abstrich nicht lgt wäre, würde keine Ueberschreitung eingetreten sein! Das zt also doch nur: wenn der Reichstag auch die Kürzung vor mmen hat, ausgeben tun wir das Geld doch! Die Aufmerksam— it der Rechnungskommission muß auf diese ungeheure Ue zerschreitung on nicht weniger als 12 25 gegen den Etat ders
werden. Bei den Manöverkosten i
n ging, ist
Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth:
Die Ausführungen der beiden Herren Vorredner sind im wesent⸗ lichen dazu bestimmt, die Verhandlungen in der Rechnungskommission vorzubereiten, und ich möchte sie dieser Bestimmung auch ihrem Hauptteile nach nicht entziehen. Wenn der Herr Abg. Erzberger die Bemerkungen über die Mehrausgabe an Reisekosten namentlich des Kriegsministeriums heftig angegriffen hat, so kann ich auch vom Standpunkt der Finanzverwaltung aus nur bedauern, daß derartige erhebliche Ueberschreitungen vorgekommen sind, insbesondere auch, nach⸗ dem die Budgetkommission Abstriche vorgenommen hatte. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß das Reisewesen und Reisekosten⸗ wesen bei der Heeresverwaltung doch zu einem sehr großen Teil auf reglementarischen Vorschriften beruhen, die sich nicht ohne weiteres so⸗ fort abändern lassen, Vor allen Dingen aber gestatte ich mir hervor— zuheben, daß die Abstriche in der Budgetkommission erfolgten zu einer Zeit, als man noch nicht darüber Bescheid wußte, welchen Inhalt die neuen Reisevorschriften haben würden, und daß wir uns alle damals darüber klar gewesen sind, daß die Abstriche nur etwas ins Un— gewisse hinein erfolgen könnten. Das Uebrige wird sich in der Rech⸗ nungekommission des Näheren erörtern lassen und die Herren der Heeresverwaltung werden eingehend darüber Rede stehen.
Ich weiß nicht, ob ich schon Gelegenheit gehabt habe, dem Herrn Abg. Noske auf seinen wiederholten Wunsch zu erwidern, es möchten auch die Gründe mitgeteilt werden, aus welchen Minderausgaben erfolgt seien. Dagegen habe ich Bedenken. Zunächst entspricht dies gar nicht dem Zweck der ganzen Uebersicht. Die Uebersicht ist dazu bestimmt, von Ihnen die Genehmigung zu erhalten fär die Ausgaben, welche wir über die von Ihnen genehmigten Beträge heraus geleistet baben. Natürlich müssen wir, um Ihre Genehmigung zu erhalten, ine Erläuterung geben, welche Sie in die Lage setzt, sich zu ent— chließen, ob Sie unser Verfahren für genehmigungsfähig halten oder nicht. Das trifft aber bei den Minderausgaben nicht zu. Wir haben die Ansätze in den Etats stetz nur betrachtet als eine Ermächtigung zu Ausgaben, und wir sind deshalb nicht verpflichtet, — das kann auch gar nicht einmal im Wunsche des Reichstags selbst liegen, — die Positionen voll zu erschöpfen. Also der Zweck, weshalb wir die Mehrausgaben begründen, ist ein ganz anderer als der Wunsch, mit welchem die Begründungen für die Minderausgaben verlangt werden. Ferner würde es, glaube ich, eine sehr erhebliche Belastung dieser Uebersicht sein, wenn wir unsere Mitteilungen so weit ausdehnten. Schließlich aber läge darin ein Verfahren, das nicht besonders er— mutigend auf die Sparsamkeit wirken würde. Denn die Finanz⸗ verwaltung würde dann in die Lage kommen, die Fachressorts zu einer verantwortlichen Aeußerung darüber aufjufordern, weshalb sie zu wenig ausgegeben hätten. Daß dies für die Zukunft der Enthalt— samkeit sehr förderlich sein würde, möchte ich bezweifeln.
Die Frage, warum Minderausgaben gemacht sind, kommt ja meist einmal zum Austrag; denn wenn Minderausgaben von erheb⸗ licher Bedeutung, namentlich längere Zeit hindurch, erfolgt sind, so wird sich die Budgetkommission die Frage nicht entgehen lassen. Ent weder also wird die Verwaltung selbst unter Mitwirkung des Reiche— schatamts zu der Erkenntnis kommen, daß die Positionen zu hoch eingesetzt waren, oder die Budgetkommission wird ihrerseits fragen: „Wie kommt es, daß da in einem Jahre oder seit längerer Zeit so erhebliche Minderans gaben eingetreten sind?“, und erforderlichenfalls dannn die Position nach den von uns zu gebenden Aufklärungen für die Zukunft anders bemessen.
Ich glaube also, daß ein erhebliches praktisches Bedürfnis für eine Aenderung hier nicht vorliegt, und kann meinerseits nur in Aus⸗ sicht stellen, daß wir bts auf weiteres bei dem bisherigen Verfahren beharren werden.
Württembergischer Militärbevollmächtigter Generalmajor von Graevenitz: Der Abg. Erzberger hat die hohen Manöverkosten in Württemberg bemängelt. Da ich selbst an diesen Manövern teil— nommen habe, so kann ich mitteilen, daß von seiten der Bebörden Alles geschehen ist, um diese Kosten auf das geringste Maß zu be— schränken. Dies ist leider mit Rücksicht auf die Natur des he lenke und die Witterungsverhältnisse nicht möglich gewesen. Es sind auch einige Nachübungen notwendig gewesen. Seil Jahren sind wir be⸗ müht, die betreffenden Mittel im Etat zu erhöhen. Bisher ist uns dies nicht gelungen. Sollte es uns in den nächsten Jahren gelingen, so werden auch keine Gtatsüberschreitungen vorkommen.
Die Vorlage wird der Rechnungskommission überwiesen.
Erste Beilage
Berlin, Sonnabend, den 2. März
Es folgt die Beratung der Denkschrift über die Aus— führung der seit dem Ihre 1875 erlassenen Anleihe⸗ gesetze. Eine Debatte erhebt sich nicht; der Reichstag er— kennt an, daß durch die Vorlegung den gesetzlichen Be— stimmungen genügt ist.
Das Haus geht dann über zur ersten Beratung der all⸗
gemeinen Rechnung über den Reichshaushalt für 1907. Abg. No ske (Soz): Der Pensionsetat hat 197 eine starke Erhöhung aufgewiesen, hauptsächlich infolge der Zwangspensio⸗ nierungen zum Zwecke der Verjüngung des Offizierkorps. Die schon früher von mir gerügte Praxis künstlicher Hinauszögerungen der Ver— abschiedung einzelner Offiziere behufs Beförderung in eine höhere Charge zum Zwecke der Erlangung einer höheren Pension ist noch immer nicht abgestellt worden. Der Rechnungshof hat festgestellt, daß die württembergische Heeresberwaltung einen Oberleutnant durck— aus unberechtigt auf den Aggregiertenfonds nahm, bis er Hauptmann wurde, und dann schleunigst in Pension ging. Die Reichskasfe wird damit unrechtmäßig bis an den Tod dieses Herrn mit einem Mehr von 684 „6 jährlich belastet. Solche ungerechtfertigten Begunsti⸗ gungen müssen aufhören. Aehnliche Falle sind mehrfach vor— gekommen. Anderseits sind Pensionierungen erfolgt, die das denkbar unliebsamste Aufsehen erregt haben. Es ist einfach ein Skandal, wenn hohe Offiziere oder hohe Beamte wegen Dienstunfähigkeit sich pensionieren lassen, mit Pensionen von 8 oder 10 600 * abgehen und im Vienste des Privatkapitals mit 30⸗ oder 40 000 60 dotierte Stellen annehmen, wie das noch in den allerletzten Tagen vor getommen ist. Das wirkt im Volke um so aufreizender, wenn gleich- zeitig den kleinen Beamten oder ehemaligen Soldaten ihre kümmer— lichen Pensionen genommen oder verweigert werden.
Abg. Erzberger 1907 erst nach ? ᷣ
zung rollgesetz abgenommen, das denn daß sie Re
—— 6
bewegt sich
d
ein 8 ö nicht es bei Militärbauten, z. B. in Potsdam, mehrfach st worden ist; das ist eine Verletzung des Budgetrechts des Reichstages. alle des württembergischen Offiziers muß sich die Rechnungskommission durchaus auf den Standpunkt des Rech= nungshofes stellen. Ein anderer Fall betrifft einen Stabs apotheker, der nach 9 Jahren Dienst wegen Sienst— unfähigkeit ausscheiden sollte und die Konzession zu einer Apotheke erlangte, aber noch * Jahre weiter dienen durfte, um nach zehnjahrigem Dienst eine lebenslängliche Pension zu erwerben. Da haben die vorgesetzten Behörden an der Erschleichung einer Pension direkt mitgewirkt; solche Dinge können gar nicht scharf genug ver⸗ urteilt werden.
Generalmajor von Graevenitz: Die Uebernahme des Ober⸗
leutnants auf den Aggregiertenfonds beruht auf folgendem: Der Sber— leutnant hatte gar keine Veranlassung, seinen Abschied zu erbitten, bevor er sich die Pension eines Eskadronchefs verdient hatte. Er hatte die Qualifikation dazu. Er wurde dem Aggregiertenfonds über— wiesen, weil er abkommandiert war und eine Sberleutnantsstelle hatte. Die Verwaltung war der Ansicht, daß den etatsrechtlichen Grundsätzen Genüge geschah. e Generalleutnant Bacmeister: Die Pensionierung der Offiziere geschieht nach gesetzlichen Bestimmungen. Die Offiziere werden nicht länger gehalten, als es ihre Dienstfähigkeit zuläßt. Es lag in dem betreffenden Falle des Apothekers ein klagbares! Recht, es lag eine Dienstbeschädigung vor, auf Grund deren er schon früber hätte ausscheiden können. Auf die Konzessionierung von Apotheken hat die Militärverwaltung keinen Einfluß. Es genügt zur Pensio nierung, daß die volle Feldstdienstfähigkeit nicht vorliegt. Der Sber— stabsapotheker hatte ein erhebliches Ohrleiden und war also nicht dienstfähig. Die Verwaltung hat nicht zu Unrecht gewartet, sie hat den Zeitpunkt selbst bestimmt, wann er ausscheiden mußte. Ich muß also entschieden bestreiten, daß die gesetzlichen Bestimmungen verletzt worden sind.
Abg. Erzberger Gentr.: Die Herren suchen zu retten, was zu retten ist. Wenn aber alles in Ordnung wäre, dann wäre die Be— anstandung des Rechnungshofes nicht zu begreifen. So einfach ist die Sache nicht. Die Verwaltungen haben doch Gelegenheit, dem Rechnungshof das Material zu unterbreiten, und der Rechnungshof pflegt nur in seltenen Fällen mit solchen Moniten an den Reichstag zu kommen. Wir werden ja sehen, ob der Rechnungshof ein übereiltes Urteil gefällt hat. Uebrigens: was ist „Dienstbeschadigung“? Dar— über entscheidet lediglich die Militärverwaltung. Das Auffallende ist, daß der Apotheker 10 Jahre im Dienst gewesen ist und nun mit einem Male pensioniert wurde. Sonderbar, wie solches sich fügt! Gewiß hat die Militärverwaltung keinen Einfluß auf die Apotheken— konzession. Aber der Betreffende darf sich gar nicht um eine Kon— zession bewerben, ohne vorher seinem Oberst Mitteilung zu machen. Das ist 9 Monate vorher geschehen, und doch haf man den Herrn noch 3 Monate trotz seiner Dienstunfähigkeit erhalten! Die Kommifsion sollte einen schriftlichen Bericht erstatten.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth:
Meine Herren! Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich in diese lebhafte Debatte über den Oberleutnant und den Stabsapotheker mit einigen schwerflüssigen allgemeinen Bemerkungen hineinfahre. Ich wollte nicht unterlassen, gegenüber dem Herrn Abgeordneten Erzberger, der sich beschwert hat, weil die Rechnung so spät vorgelegt sei, hervorzuheben, daß sie schon im vorigen Jahre fertig gewesen ist, daß wir aber unterlassen haben, sie vorzulegen, weil die Rechnungs— kommission des Reichstags selbst es wünschte. Sie war nämlich so sehr mit früherem Material belastet, dessen Bewältigung ihr be⸗ kanntlich nicht leicht geworden ist, daß es zwecklos erschienen wäre, ihr noch diese weitere Vorlage zujumuten. Daß sie überlastet war, geht auch daraus hervor, meine Herren, daß die mit der Rech—= nung korrespondierende Uebersicht von 1907 von uns dreimal hintereinander dem Reichstage vorgelegt worden ist und erst im Jahre 1911 kurz vor dem Auseinandergehen des Reichstags ihre Erledigung gefunden hat. Im übrigen wird ja nach dem jetzt neu eingeführten Verfahren eine wesentliche Beschleunigung eintreten, sodaß die Be. mängelung des Herrn Abg. Erzberger eine praktische Befürchtung für die Zukunft wohl nicht mehr zu erzeugen braucht.
Was dle Zahlung von Zulagen an Beamte aus einmaligen Fonds anlangt, so ist diese Frage erledigt durch den 8 3 des Be⸗
d F
b —— 2
zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
1912.
soldungsgesetzes und zwar im Sinne der Wünsche des Reichstags und im Sinne der Bemerkungen des Rechnungshofs.
Endlich wollte ich mir noch erlauben, auf die Frage des Herrn Abg. Erzberger zu antworten, in welchen Fällen der Rechnungshof Prüfungen an Ort und Stelle vorzunehmen beabsichtigt. Der Rech⸗ nungshof hat sich mit dieser Materie ungemein eingehend befaßt und hält örtliche Besichtigungen sowohl zwecks Erleichterung und Beschleunigung der Prüfung der einzelnen Rechnungen, als auch im Interesse der Mitglieder und Revisionsbeamten des Rechnungshofes, die dadurch ihre Erfahrungen und Kenntnisse bereichern, in folgenden Fällen für angezeigt: bei wirtschaftlichen Unternehmungen des Reiches; bei Stellen, bei denen die Vergebung von Lieferungen und dergleichen regelmäßig in erheblichem Umfange vorkommt; bei Verwaltungen großer Bestände und Vorräte; bei Stellen, bei denen in technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht wesentliche Aenderungen eingetreten sind oder häufig einzutreten pflegen; bei Verwaltungen, bei denen Einnahmen oder gewisse Aus⸗ gaben nur an Ort und Stelle eingehend kontrolliert werden können, sowie endlich in Ansehung von Selbstbewirtschaftungsfonds und bei einzelnen namhaften oder bei gewissen Arten von Bauausfũhrungen.
Das sind die Grundsätze, deren Durchführung der Rechnungshof auf die Dauer ins Auge fassen möchte. Er hat nun für die nächste Zukunft ein detailliertes Programm darüber aufgestellt, welche Besichtigungen an Ort und Stelle er zunächst vorzunehmen beabsichtigt. Ich möchte Ihnen das nicht im einzelnen vortragen; die Liste steht auf Wunsch sehr gern zur Verfügung. Jedenfalls geht daraus hervor, daß der Rech= nungshof bestrebt ist, sich dem Ziele der eben verlesenen Grundsãtze mit ziemlicher Beschleunigung zu nähern.
Generalleutnant Bacmeister: Der Rechnungshof stützt sein Monitum auf die Ansicht, daß es zuweit geht, von einem Militär⸗ apotheker unter allen Umständen eine so weitgehende Felddienst- fahigkeit zu fordern. Dies ist der Kardinalpunkt. Alle Militär= apotheker des aktiven Dienststandes müssen im Mobilmachungsfalle mitgehen. Die Einzelheiten werden in der Kommission erörtert werden.
Soz.): Allerdings war die Rechnungskommission überlastet. Das Unrecht der württembergi⸗ egann mit dem Augenblick, wo sie den Ober⸗
Aggregiertenfonds übernahm, der keinen anderen
Die Vertreter der Militärverwaltung können die im
weifel nicht beseitigen, auch wenn sie noch
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ategorische Versicherungen Abg. Dr. Graf von Posadowsky (6. k. F): Ich habe gar nichts dagegen, wenn jemand glaubt, nach seinen Verhältnissen nicht mehr weiterdienen zu müssen, daß er aus dem Staatsdienst aus⸗ scheidet. Ich halte es aber für durchaus unzulassig, wenn ein solcher Mann, der noch fähig ist, schwierige und verwickelte Geschäfte in Privatstellungen zu übernehmen, aus dem Reichsfonds eine Pension erhält, wodurch nur der öffentlichen Meinung Anlaß zu Mißtrauen gegeben wird. Die Ausführungen des Abg. Erzberger beleuchten nur die Notwendigkeit, daß das Deutsche Reich mit seinem Milliarden⸗ etat endlich ein Komptabilitätsgesetz bekommt, damit auch die Kon⸗ trolle über die Alus führung des Etats, nicht bloß über die Auf⸗ stellung, ermöglicht wird. Aber in ein solches Gesetz Bestimmungen von einem kleinlichen Gesichtspunkte hineinzubringen, die die Tätig⸗ keit der Verwaltung lähmen, wäre ein Fehler. Ich kann nur dringend wünschen, daß ein solches Gesetz bald vorgelegt wird.
Die Vorlage geht an die Rechnungskommission, ebenso ohne Diskussion die Rechnung der Kasse der Ober⸗ rechnungskammer für 1909.
Hierauf setzt das Haus die Spezialberatung des Etats des Reichsamts des Innern fort und nimmt die allgemeine Debatte beim ersten Ausgabetitel „Gehalt des Staatssekretärs“ wieder auf.
Abg. Dr. Werner⸗Gießen (wirtsch. Vgg): Es ist viel davon die Rede gewesen, die soziale Reform nicht einschlafen zu lassen, und es liegen uns in dieser Beziehung eine Reihe von Anträgen vor. Eine soziale Reform darf sich nach unserer Meinung nicht nur auf die unselbständigen Arbeiter beschränken, sondern muß sich auch auf die selbständigen Arbeiter erstrecken in Gewerbe und Landwirtschaft. Ge⸗ länge dies, so würde man der Sozialdemokratie den Boden entziehen. Man hat den Bauern Brotwucher vorgeworfen. Dieser Vorwurf ist unbegründet; die Arbeit der Bauern muß erleichtert und geschützt werden. Ih nenne die Entschädigung bei Manövern und für Quartier⸗ lasten. Der Bauer muß geschützt werden durch eine entsprechende Schutzpolitik, um ihn an die Scholle zu fesseln. Bei den Teuerungs⸗ debatten ist von sozialdemokratischer Seite behauptet worden, der kleine Bauer habe von dem Schutzzoll keinen Nutzen. Der Bauer weiß ganz genau, was er von dem Getreidezoll hat, ebenfo wie der Arbeiter weiß, was er von dem Industriezoll hat. Es gibt darüber eine ganze Menge statistischer Feststellungen, die das bestatigen. Die Steigerung der Bevölkerungsziffer stellt uns vor die Notwendigkeit, den Bauernstand zu fördern, schon um den Fleischkonsum zu fördern. Dem Abg. von Gamp möchte ich bemerken, daß auch bei uns im Westen ein Bauernlegen durch den Großgrundbesitz stattfindet, um diesen Besitz abzurunden. Ein Bauernfideikommiß halte ich aber für wünschenswein Der Freisinn allerdings wird damit nicht einver⸗ standen sein. Die Erfahrung lehrt, daß die Sozialdemokratie sich gerade dort einnistet, wo Großgrundbesitz besteht. Eine wichtige Aufgabe ist auch die Urbarmachung von Oedländereien und Hoch⸗ mooren. Die Förderung des Bauernstandes ist auch notwendig im Interesse der Gesunderhaltung des Volkes und der Starkung des Inlandmarktes. Man ist allzu fehr geneigt, das Schutzzollsystem als ein rein agrarisches System zu bezeichnen. Das ist ein großer Irrtum. Die Schutzzollpolitik hat der Industrie, dem Gewerbe und der ganzen Arbeiterschaft genützt. Eine gute Folge war auch, daß wir nicht mehr soviel Auswanderer nach Amerika abgeben wie früher. Es ist nur zu bedauern, daß wir unsere Kolonialpolitik nicht früher inauguriert haben. Jedenfalls war Fürst Bismarck in dieser Be⸗ ziehung weitsichtiger als die Liberalen. Ein ausreichender Seuchen⸗ schuz ist notwendig, wenn auch zuzugeben ist, daß die Sperrmaß- regeln sehr nachteilig für die Bauern gewirkt haben. Wir wollen nicht vergessen, daß die Seuchen vom Auslande zu uns eingeschleppt wurden. Unsere Grenzen sind durchaus nicht geschlossen, aus Däne⸗ mark allein wird eine große Menge Rindvieh zu uns eingeführt. Die Landarbeiterfrage ist anders zu behandeln als die Industriearbeiter⸗ frage. Die Industrie arbeitet mit Maschinen, die Landwirtschaft in der Hauptsache mit lebendigen Kräften. Dem Landarbeiter gilt als Ideal der kleine Bauer, die Festsetzung auf der eigenen Ecole während die Sozialdemokraten offen aussprechen, los von Grund und. Boden, wenn der Landarbeiter revolutioniert werden soll. Dag schrieb 1905 der Schriftleiter der Bremer Bürgerzeitung, der seht ja in den, Reichstag eingezogen ist. Die Schutzzollpolitik ist etwas Zweckmäßiges, doch nicht etwas Prinzipielles; für den Liberalismus allerdings ist der Freihandel eine Doktrin. Heute noch leider 2 Mittelstand unter den Wunden, die ihm die unbeschränkte Gewerbe-