1912 / 59 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Mar 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Außerdem wurden

Durchschnitts.

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

r 1Doppel⸗ ung verkauft

e n, höchster niedrigster höchster niedrigster 160 16

1 16.

Doppel entner Preis unbekannt)

Memmingen Schwabmünchen Waldsee fullendorf. ckach..

. Schneidemühl .

Neustadt D. S Hagen i. W. k Neuß... Memmingen

Schwabmsmnchen fullendorf.

. 6 l. Mecklb. Neubrandenburg Saargemünd

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,

Th ; Schneidemũhl . Neustadt D. S en . W. Hemmingen Schwabmünchen fil n en . Vd ii 2 1. Meckllb. .

Neubrandenburg Saargemüůnd

Bemerkungen.

11

5.

Die verkaufte Menge wird auf Holle

Gin liegender Strich (— in den Spa Berlin, den 6. März 1912.

sternen (euthülster Spelz. Dinkel, Fesen).

22, 80 23,00 22.80 22,90 22, 40 22.40 22, 0 23,00 23, 00 23,20

1

17.25 1728 1756 17 76 1756 17,56 1666 17 56 17,36 1736 1746 1746 1736 17,60 18 Oh 19.36 19.25 19335

Ger st e.

1339 18,36 1550 16,0 1516 195 900 15. 509 15, 16 20 00 1535 25 66 21.360

Hafer.

17,90 17.90 18,80 18,50 18,30 18,20 18, 40 17,90 21,80 17,60 20,75

18, 0 21,60 21,80 20,70 20,60 20,50

19, 00

1

Voppeljentner und der Verkaufgwert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. en für Preise hat n , , daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.)

staiserliches Statistisches Amt. J. V.: Dr. Zacher.

de

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XX. .

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hlen berechnet.

Der Durchschnittspreig wird aug den un erich ü ehrt

in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender

Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremden , re. März 1912 für die Woche vom 26. Februar bis 2. ÿrz nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. 1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)

Berlin. Roggen, guter, gesunder, mindesten 3 y ĩ. ö

Mannheim.

,,, o zer, russischer, m .

älzer, mittel

Gerste l 83 utter mittel

Mails, Galfor, mittel. ....

ester Boden

2 är . . 9 2 2 L 1 1 ungarischer . Budapest.

Mittelware.

er, 1 te, Futter⸗

Ddessa.

Roggen, 71 bis 72 kg das hl. Welzen, Ulla, 75 bis 76 kg das hl

Riga.

Roggen, 71 bis 72 kg das h.. Weljzen, 78 biz 79 kg das hl..

Paris.

We, nieferbare Ware des laufenden Monats

etzen

Antwerpen.

Donau⸗, mittel

roter Winter. Nr. 35.

Weizen Rurrachet Kalkutta Nr. 2

Am sterdam.

, Rogen d , .

J . Wesen ame . er Winter ˖ .

Mals m m r, bunt

mm,

London.

rot

Wehen s . welß Mar 6

englisches Getreide, Hafer Mittelyrels aus 196 Marktorten

(Gazette averages)

Weizen Gerste

Liverpool.

russischer .. Manitoba Nr. 2.

Wenn roter Winter⸗ Nr. ( ö Australier . .

Hafer, englischer, weißer.

Schwarze Meer⸗

Kurrachee ..

Gerste, Futter

Mais, amerikanischer, bunt Chieago.

Wejen, Lieferungsware

Neu Jork. roter Winter Nr. 2 Lieferungsware

Buenos Atreg. Weizen, Durchschnitts ware..

) Angaben liegen nicht vor.

Bemerkungen.

st für die Weizenngtth an der Londoner für die aus den Um— ittelten Durchschnitte.

Imperial Quarter i roduktenbörse 04 Pfu 9 ff ißch K le, eee. ist 1 ür e , ,, , g, , n, . en 60, ushe als unf 29 f 453,56 g; 1 Last Roggen Al0o,

kg. der raf in Reichswähru n im Reichsan kurse an der Ber ar für Wien und Budapest die Kurse auf Wi ool die Kurse auf London, für

N ork, für Odessa und Riga die i g . 1 Amsterdam die Kurse auf diese

uenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie. Berlin, den 6. März 1912. Kaiserliches Statistisches Amt. In Vertretung: Dr. Zacher.

nd engl. gerechnet;

1 Pfund englis Welzen 2400, Maig

Bei der Umre den einzelnen Ta urchschnittswe

sind die aus Iten wöchent⸗

eiger erm iner Börse zugrunde gelegt,

—⸗ f rse auf St. 3am .

Deutscher Reichstag. 20. Sitzung vom 5. März 1912, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die 5 t⸗ stellung des Reichshaushaltsetats für das Rech nungsjahr 1912, und zwar: „Etat für das Reichsamt des Innern“.

Abg. Dr. Oertel (dkons.) in seiner Rede, deren Anfang in der gest igen Nummer d. Bl. mitgeteilt worden ist, fortfabrend: Die Zigenner⸗ plage hat gestern der Abg. Werner sehr anschaulich geschildert. Wer auf dem Lande lebt, kennt die Zigeunerplage. Auf dem Asphalt halten se sich allerdings nicht auf, und wer in der Sommerfrische oder auf einem Ausfluge Zigeuner sieht, empfindet mehr die Poesie des 3 als den . Schaden, den sie anrichten. Für den Landwirt sind sie äußerst gefährlich. Sie sind für ihn eine schwere Bedrohung. Der Polizei ist die Verfolgung der Zigeuner namentlich da n . wo die Grenzen der einzelnen Staaten an— . 0s ist in . eine Verfügung erlassen worden, die an sich nicht schlecht war, aber kurz darau hat ein preußischer Landrat seinen Kreiseingesessenen den Rat gegeben, die Sturmglocke zu läuten und gegen die Zigeuner gemeinsam vorzugehen. Es ist wohl nicht zuviel . daß hierin eine Bankrotterklärung des Staates liegt, deren man sich nicht hätte schuldig machen sollen. Wir verlangen eine reichsgesetzliche Regelung der e eine grundsätzliche Versagung des Wandergewerbescheins un die Zigeuner, die Stellung ihrer Kinder unter Fürsorgeerziehung und gemeinsame Abmachungen über polizeiliche Abwehr. Von den Zigeunern komme ich zu den Frauen. Zurufe) Ich möchte den unter Ihnen sehen, der beim Reichsamt des Innern immer einen sauberen Uebergang findet. Ich persönlich stehe dem, was man Frauenbewegung nennt, sompathisch und wohlwollend gegenüber. Man schilt uns in diesem Falle als rückständig, und wir sind nachgerade baran gewöhnt, daß man das, was man fon! nicht angreifen kann, als rückstaͤndig ansieht. Wir nehmen also den Vorwurf der Rückständigkeit auf unsere Schultern. Aber ich bin persönlich, das wird mir der Abg. Dr. Müller⸗Meiningen bestätigen, immer dafür eingetreten, daß die Frau im erwerbstätigen Leben mehr Möglichkeiten hat, Beschaftigung zu finden, wenn sie nach Lage der Dinge ihrem natürlichen Beruf ent⸗ zogen werden muß. Wir verlangen nur, daß Berufe von den Frauen ergriffen werden, die der weiblichen Eigenart entsprechen, und dazu gehört, solange die Menschen in der bisher üblichen Weise erzeugt und geboren werden, vor allem der Beruf der Aerztin. Das liegt nicht nur im Interesse der Frauen, die diesen Beruf ergreifen, sondern auch im Interesse der leidenden Frauen, und darum ist es notwendig, daß die Zahl der Aerztinnen immer größer wird. Es mag in den Augen mancher rückständig sein, daß viele Frauen aus Scham und Scheu sich nicht den Augen eines männlichen Arztes preisgeben. Ich halte diese Scham und Scheu für einen Vorzug des weiblichen Ge—⸗ schlechts, eins aber muß ich sagen: wir wollen die Frau nicht eintreten lassen in den politischen Kampf und das politische Getriebe. Dieser politische Kampf paßt nicht für die Frau. Er ist mit dem Wesen der Frau unvereinbar. Wir haben in den letzten Jahren eine Entwick⸗ lung des politischen Kampfes erlebt, die selbst für uns wetterharte Männer etwas unangenehm und peinlich war. urufe links. Ge⸗ wiß, ich ertrage es auch ziemlich gut, aber ich glaube nicht, daß es die Frau vermag. Mein verehrter Nachbar (der Abg. Traeger) scheint das zu bestätigen. Vor allen Dingen wollen wir es in Deutschland nicht dahin kommen lassen, wohin es in England durch die Stimmrechtsweiber gekommen ist. Nun ist ja auf dem Frauenkongreß manches gute Wort gesprochen worden. Eine von den Damen hat es aber doch für erforderlich gehalten, ihre englischen Schwestern zu entschuldigen; was dort in England von seiten der Frauen ge⸗ schehen, sei die reine Limonade gegenüber dem, was englische Männer unter ähnlichen Verhältnissen früher getan hätten. Wenn man das Werfen mit Steinen damit entschuldigt hat, daß die Steine ja in Flanell eingewickelt gewesen seien, so muß man wirklich sagen, daß diese deutsche Entschuldigung den Beweis liefert, daß die Frau zum politischen Kampfe nicht reif ist. Steine, selbst in Flanell eingewickelt, sind nicht ein geeignetes politisches Kampfmittel. Ich habe dies nur berührt, weil ich aufrichtig wünsche, daß die Frauenbewegung in guten und gesunden Bahnen sich bewegt, und es schadet einer ver⸗ nünftigen Frauenbewegung nichts mehr als . Ausschreitungen. Ich komme nun zum Hauptgegenstand meiner Dar egungen, zu unserer Resolution, betreffend den Schutz der Arbeitswilligen. Ich bitte Sie, davon überzeugt sein zu wollen, daß wir keine Beschränkung des be⸗ stehenden Koalitionsrechtes wollen; wir wollen auch keine bestimmten ger e, machen, die sind immer bedenklich, wenn sie aus dem Parlament hervorgehen; wir wollen auch kein Ausnahmegesetz, sondern haben nur die Frage angeregt, ob es nicht e,. sei, einen Ent⸗ wurf vorzulegen, durch den verhindert wird, daß Arbeiter durch andere Arbeiter an der Arbeit verhindert werden. Dem könnten doch alle Parteien zustimmen; niemand wünscht Bedrohung oder Gewalt⸗ tätigkeit. Ich habe also nicht verstanden, warum sich der Widerstand gegen den Antrag 1 scharf geäußert hat, auch nicht verstanden, wes⸗ halb der Staatsfekretär eine folche Aenderung für überflüssig hält. Damit stellte er * etwas mit dem früheren Ausspruch des Kanzlers in. Widerspruch, aber auch mit sich selbst, weil er später sagte, es müsse allerdings die Frage aufgeworfen werden, ob nicht Bestim⸗ nungen zum besseren Schutze der persönlichen Freiheit gegenüber den Beeinträchtigungen durch die Organisationen nötig seien. Das kommt doch auf dasselbe heraus. Er hat sich auch in Widerspruch gesetzt mit Herrn von Berlepsch, der doch kein Scharfmacher war; der sagte dor 21 Jahren, es lägen aus ganz Deutschland Berichte vor von allen Behörden, die zweifellos feststellten, daß der Zwang zur Koalition in unerhörtem Maße zugenommen habe; dieser anarchische Zustand ent⸗ spreche nicht der aer, Ordnung, und die verbündeten Re— gierungen erklärten durch seinen Mund, daß Strafbestimmungen gegen den Zwang zur Arbeitseinstellung, gegen den öffentlichen Aufruf zur liederlegung der Arbeit unerläßlich in Der Staatssekretär hat ich aber weiter in einen gewissen Gegensatz gestellt zu dem sächsischen Giafen Vitzthum von Eckstädt, der sich im sächsischen Landtage dahin außerte, daß die Regierung in Erwägungen über Aenderung und Er⸗ ganzung der in Betracht kommenden Bestimmungen einzutreten ge— willt sei, und daß sie auch im Bundesrat ihre Notwendigkeit be⸗ tenen werde. In einem Punkte bin ich allerdings nicht der Meinung dieses Ministers; wir können die Sache nicht auf die lange Bank schieben, bis die Strafgese buchkommission ihre Arbeiten vollendet hat. Daß die Freisinnigen nicht für unsere Resolution zu haben sein würden, hat mich nicht überrascht, aber der Abg. Doormann hat die Ausschreitungen selbst aufs höchste verurteilt; warum will er also nicht die Konsequenz ziehen? Der Abg. Thoma erklärte die bestehen den Sestimmungen fuͤr ausreichend; damit stellen sich die National⸗ liberalen in schärfsten 8 zu ihren sächsischen Parteigenossen. Derartige UÜnstimmigkeiten follen la, dem Vernebmen nach, nicht un⸗ (ewöhnlich sein. Die sächsischen Nationalliberalen haben einstimmig ie Abstellung des jetzigen, geradezu die Rechtssicherheit störenden Zu⸗ landes verlangt; und der Begründer der betreffenden Resolution, der der Industrie sehr nahesteht, hat erklärt, die Zustände, wie sie sich jetzt herausgebildet hätten, seien eine Parodie auf die Menschen— rechte, man müsse dagegen den stärksten Protest erheben. Die DVam⸗ burger Bürgerschaft hat eine Resolution, die dahin ging, den Senat Uufzufordern, die im Bundesrate zu erwartenden Anträge auf besseren S 3. der Arbeitswilligen und Verbot des Streikpostenstehens zu unterstützen. mit 82 gegen 41 Stimmen angenommen, und unter diesen 85 Stimmen befanden sich auch nationalliberale und einige der bürgerlichen Linken. Bei der Begründung der Resolution durch einen nationalliberalen Redner wurde von linksliberaler Seite 6e rufen: „Bassermann, Graf Posadowskyl!“. Von der nationallibe— alen Seite wurde der Swijchenruf durch die Worte pariert: „Wir schenken . den Herrn Bassermann!“. Nachher hat der national liberale Redner gesagt, dieser Zwischenruf sei nur so zu verstehen, daỹ

die Ngtionalliberalen den Liberalen den Abg. Bassermann nur in dieser Frage schenkten. Wie man jemand nur in einer Frage schenken kann, auf diese subtile Frage will ich hier nicht weiter eingehen. Der nationalliberale Redner schloß seine Ausführungen: Wir sehen zwar in dem Abg. Bassermann den Führer der Nationalliberalen, sind aber trotzdem nicht in der Lage, in . . Fragen ihm zu folgen. In der nationalliberalen Partei herrscht bis jetzt noch kein Frak⸗ tionszwang, aber wir werden auch c on disigee, bleiben können, auch wenn wir dem Abg. Bassermann nicht in jeder Richtung zu folgen bermögen!“ Das ist ja auch mein Wunsch und auch der Wunsch dieler Herren, die in der nationalliberalen Fraktion . und Hamburgs sitzen. Was den Grafen e e anlangt, so führte der nationalllberale Redner aus, Graf Posabomsky sei als Staats⸗ sekretär der schärfste Gegner der . gewesen, jetzt aber habe er sich zum Sozialideologen entwickelt und radikal seine Meinung gewechselt. Ich halte mich für verpflichtet, den Grafen Posadowsky gegen diesen Vorwurf in Schutz zu nehmen. Wir halten trotz des Staatssekretärs mit dem 3. chen Minister und mit der Mehrheit der Hamburger Bürgerschaft, der republikanischen Bürer schaft, einen verstärkten Schutz der Arbeitswilligen für geboten. Wo⸗ hin sollen wir kommen, wenn es so weiter geht wie bisher? Es wird nicht nur das Vertrauen der Arbeitgeber erschüttert, sondern auch das Vertrauen der nichtsozialdemokratischen Arbeiter, die keine genügende Hilfe finden und deswegen zu dem letzten Refugium schreiten, sich der Sozigldemokratie anzuschließen. Der Staats! sekretär hat, wie der Reichskanzler, früher erklärt, daß die ver⸗ bündeten Regierungen an der berpährten Schutz zollpolitik festhalten wollen. Einmal hat sich schon eine Einschränkung gezeigt, ich nehme ff aber nicht so tragisch, denn kein Staatsmann ber Welt kann sich ür alle Zukunft binden. Wir gehen auch gar nicht so weit, zu sagen, daß die Schutzzölle für alle Ewigkeit bestehen bleiben müßten, wie bon gewisser Seite ausgesprochen worden ist. Wenn gesagt worden ist, daß die Schutzzölle sowieso bald keinen Zweck mehr haben würden, da der Transport nicht mehr zu Wasser und zu Lande, sondern durch die Luft erfolgen werde, so kalt ich die Zeit doch noch für sehr fern, wo vierbeinige Ochsen durch Luftschiffe eingeführt werden können. Der Staatssekretär hat weiter esagt, ö. es sich bei der Abänderung des Zolltarifs nur um die Be eitigung 26 technischer Unebenheiten handle. Die Erfahrungen, die wir mit den Amerikanern gemacht haben, sollten uns die ernste Frage vorlegen, ob unser zollpolitisches Rüstzeug solchen rücksichtslosen Gegnern gegenüber gewachsen ist. Ich wünschte, daß unsere Unterhändler und verbündeten Regierungen bei dem Abschluß von Handelsverträgen ein wenig mehr von der ameri— kanischen Rücksichtslosigkeit besäßen. Ob wir mit der Meistbegünsti⸗ . weiter fortoperieren können, ist mir zurzeit noch fraglich, ich bleibe immer bei meinem alten Steckenpferde, einem Maximal⸗ und Minimaltarif. Ich möchte nur den Staatssekretär bitten, nicht nur die technischen Fragen, sondern auch allgemeine politische Gesichts⸗ punkte dabei zu berücksichtigen. Wir wollen den lückenlosen Zolltarif und befinden uns dabei in erfreulicher Uebereinstimmung mit der Industrie, aber so töricht sind wir nicht, daß wir irgendwelche Be⸗ schlüsse über eine Erhöhung der Getreidezölle gefaßt haben. Die Lücken bestehen insbesondere auf dem Gebiete der Gärtnerei. Der Stagtssekretär befindet sich in einem Irrtum, wenn er annimmt, der Vorschlag, die Wirkungen der Zölle durch eine internationale Kom— mission in einem kontradiktorischen Verfahren beraten zu lassen, stamme von einem Mitgliede dieses Hauses, der Vorschlag stammt von dem früheren Staatssekretaͤr Dernburg. Leider ist Dern⸗ burg nicht in dieses Haus gewählt worden, es würde uns allen ein wahrhaft ästhetisches Behagen bereiten, einer Diskussion zwischen Delbrück und Dernburg beiwohnen zu können, wobei es für mich außer Zweifel ist, daß Dernburg den kürzeren ziehen würde. Auf dem Gebiete der Sozialpolitik wollen auch wir nicht stillstehen. Einer meiner ersten Anträge in diesem Hause bezweckte die Einführung einer freiwilligen Versicherung der kleinen selbständi⸗ en Betriebsunternehmer, die sich oft in viel schwierigerer Lage be⸗ finden, als besser gelohnte Arbeiter. In dieser Beziehung habe ich außerordentlich bewegliche Klagen gehört. Der Abg. Richter ging damals mit aller Schärfe gegen meinen Antrag vor, sodaß es mir dorkam, als ob man mit Kanonen nach elner sozialpolitischen Friedenstaube schösse. Diese Taube ist ja nun gerettet, aber sie ist berzweifelt mager. Die Existenz der selbständigen Unternehmer des

Mittelstandes in Stadt und Land muß gesichert und gehoben werden. Wenn Graf Posadowsky sagte: Wir sehen täglich, daß zur Ver⸗ e ferugz der Latifundien ein Bauerngut nach dem andern, das halbe Dorf. aufgekauft wird“, so ist das eine gewaltige Ueber⸗ treibung. Das hat bis auf wenige Fälle aufgehört, und wenn es noch geschieht, so sind es die Herren aus der Industrie und dem Handel, die die Güter aufkaufen. So ist es z. B. im Rheinland und in Schlesien. Wir sind die ersten, die den Ankauf von Bauern⸗ gütern zur Vergrößerung des Großgrundbesitzes verurteilen würden. Die Verdienste des Freiherrn von Wangenheim um die innere Kolonisation beweisen die Richtigkeit meiner Worte, und der frühere Abg. Dr. Böhme hat am 28. Januar 1999, also vor dem Tage bon Damaskus, erklärt, daß an den früheren Bauerlegungen nicht 2. die Konserbativen, sondern die Vorkämpfer des Liberalismus beteiligt ewesen seien. Die Zahl der Mittelbauern hat in der Zeit von 1882 is 1907 zugenommen, während die Zahl der Latifundienbesitzer und Großbauern erheblich zurückgegangen ist. Das ist eine statistische Nachweisung, gegen die gar nichts vorgebracht werden kann. Wir wollen gerade das Bauernlegen verhindern. Cebhafter Widerspruch links) Sie wissen wohl nicht, Herr Müller⸗Meiningen, daß wir gerade einen diesbezüglichen Antrag eingebracht haben. Bezüglich der Landarbeiterfrage möchte ich dem Abg. Schmid k-Berlin sagen, er möchte nicht glauben, daß die Großgrundbesitzer unter der Leutenot am meisten leiden; am meisten darunter leiden die großen und mitt⸗ leren Bauern, das muß allerseits zugestanden werden. Die Groß⸗ Runbesitzer beschäftigen nur ausländische Arbeiter, meinte der Abg. Schmidt, weil die billiger wären; ich habe durch Umfrage festgestellt, daß diese Ausländer teurer, nicht billiger sind, und die Grundbesitzer würden mit Freuden auf sie verzichten, wenn sie unter ähnlichen Ver⸗ hältnissen inländische bekommen könnten. Was Graf Rantzau da als letztes Rettungsmittel hingestellt hat, darf nicht so ausgelegt werden, wie Sie es tun, auch hat er das als letztes Auskunftsmittel nicht gewünscht, sondern gefürchtet. Nicht im Interesse der Land— arbeiter und Landbewohner, sondern im Iteresse der heranwachsen— den Jugend soll man diese bis zu einem gewissen Alter von der Be⸗ häftigung in Fabriken fernhalten. Was die Vorredner meiner dartei über Mittelstand, Handwerk und Gewerbe ausgeführt haben, kann ich nur unterschreiben. In bezug auf die Aufhebung des 5 10904 haben die Nationalliberalen eine Wandlun durchgemacht, die ich nur freudig u kann, und der ich viel Nachfolger wünsche. Die Freisinnigen haben sich auch entgegenkommender geäußert, aber die Abgg. Thoma und Bartschat weichen da voneinander ab' Vermieden werden müßte, was vorgekommen ist, daß auch die Aktenschränke für die Behörden der Reichsversicherungsordnung in Gefängnissen hergestellt werden. Der Hansabund hat ein großes Material beizubringen ver⸗ sprochen über den Boykott, den der Bund der Landwirte ausgeübt hatte. Wir warten immer noch auf dieses Material. Von einem solchen Boykott ist mir nichts bekannt, sondern nur von der Aufforde— rung, die politisch nahestehenden Handwerker usw. zu unterstützen. Wenn das Boykott ist, so wird dieser Boykott massenhaft und bon allen Parteien betrieben. Was die Verkaufsstellen des Bundes der Landwirte anlangt, so ist auch das Klosettpapier bon einem der Vor⸗ redner wieder aus der Versenkung hervorgeholt worden; ich meine das natürlich bildlich. Wer hat denn dieses Preisverzeichnis heraus⸗ gegeben? Nicht der Bund der Landwirte, sondern eine Verkaufs⸗ genossenschaft, die in der Provinz Sachsen dem Bunde der Land— wirte angegliedert ist. Der Bund der Landwirte hat allerdings eine Vermittlungsstelle für Maschinen; die ist ein sehr wohltätiges Insti⸗ tut und keinem Kleinhändler wird damit Konkurrenz gemacht. Mit kleinen Dingen, Spaten usw. handelt die Verkaufsftelle nicht. Was die Reparaturen anlangt, so werden nur diejenigen übernommen, zu denen der eaten ne Schmied usw. nicht fähig ist. So liegen in Wiklichkeit die Verhältnisse. Wenn wir aber den Mittelstand

schützen wollen, so müssen wir auch mit den Syndikaten uns ausein⸗

andersetzen. Der Staatssekretär scheint ein Syndikatsgesetz nicht für

nötig zu halten. Ich will mich in bieser Frage nicht f en; zurzeit

aber bin ich dem Abg. Dr. Mayer⸗Kaufbeuren mehr zuzustimmen ge⸗

neigt, als dem Staatssekretär, auch i den itritt des

Her i chen Kohlenfiskus zum Synbik

eitritt für recht bedenklich. Die Aeu

daß es vielleicht notwendig fein würde,

monopole umzuwan :

kussion Anlaß eien dafür o kommen mwandeln

ö Arme.

a Monarchie. 5

8. Erbschafts⸗ steuer an - 86 der Mittel⸗

*

l

ahnung agen, das Gehalt des

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück:

Meine Herren! Die bestimmte Aussicht, in den Besitz meines Gehalts zu kommen (Helterkeit), die mir der Herr Vorredner so gũtig eröffnet hat, ist ja ganz erfreulich für mich.

Ich bin dem Herrn Vorredner für die im großen und ganzen gnädige Zensur, die er mir erteilt hat, außerordentlich dankbar. Aber auf einen Punkt seiner Ausführungen muß ich zurückgreifen, bevor ich auf den eigentlichen Gegenstand meiner heutigen Rede komme. Der Herr Abg. Dr. Oertel ist der Meinung gewesen, daß meine neulichen Aus⸗ führungen über die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit eines Arbeits⸗ wil ligengesetzes im Widerspruch stünden mit der Haltung der verbündeten Regierungen und ihrer einzelnen Vertreter in letzter und in früherer Zeit. Ich will nicht eingehen auf die Ausführungen, die der Herr Staatzminister von Berlepsch seinerzeit hier gemacht hat, und aus denen Herr Dr. Oertel eln Bruchstück verlesen hat. Ich übersehe im Augenblick nicht, in welchem Zusammenhange Herr von Berlepsch diese Ausführungen gemacht hat. Das eine möchte ich aber feststellen, daß seit der Zeit, wo Herr von Berlepsch diese Aeußerungen bier getan hat, sich doch mancherlei verändert hat (sehr richtig), und zweifellos eines sich verändert hat das ist nämlich die Anwendung und die Interpretation der S5 152, 153 der Gewerbeordnung. Während damals dilese gesetzlichen Bestimmungen außerordentlich eng interpretiert wurden, sind die Gerichte durchweg zu einer erheblich weiteren Interpretation übergegangen, und während damals auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen außerordentlich milde Strafen ver⸗ hängt wurden, ist man allmählich zu höheren Strafen übergegangen. (Hört, hört! bel den Sozialdemokraten.) Aus diesen Tatsachen habe ich gefolgert, daß man mit der Bestimmung des § 153, der Ver⸗ gehen aus Anlaß eines Streiks ohnehin zu qualifizterten Vergehen stempelt, auskommen kann, wenn die zuständigen Organe des Staats ihre Pflicht tun. An dieser Auffassung muß ich auch heute noch fest⸗ halten, und ich habe ferner darauf auf:zerksam gemacht, daß nicht nur unsere Erfahrungen, sondern daß auch die Erfahrungen anderer Länder dahingegangen sind, daß die Ahndung von Streikvergehen um des⸗ willen so schwierig ist, weil es in den seltensten Fällen gelingt, die Urheber derartiger Exzesse zu fassen und vor den Richter zu bringen.

Meine Herren, ich habe dann ausgeführt, daß, wenn ich auch ablehnen muß, ein Gesetz gegen Ausschreitungen der Streik⸗ posten einzubringen, ein Gesetz, dag das Streikpostenstehen generell verbietet, ein Gesetz, was sich mit dem Schutze der Arbeitswilligen im engeren Sinne befaßt, doch an⸗ erkannsut werden müßte, daß wir gelegentlich Exzessen des Organisationsgedankens gegenüberstehen, welche die Aufmerksamkeit der Staatsregierung und der verbündeten Regierungen in der Tat herausfordern müßten, daß es sich dabei aber nicht allein um Vor⸗ gänge handelt, die aus Anlaß einer Arbeitseinstellung oder Aus⸗ sperrung eintreten, sondern um Vorgänge, die unser gesamtes politisches und wirtschaftliches Leben betreffen und nicht allein Bezug haben auf das Gebahren und das Verhalten der Angehörigen einzelner Parteien, und ich habe daraus den Schluß gezogen, daß wohl zu er⸗ wägen sein würde, ob nicht unser Strafgesetz mit seinen Bestim= mungen zum Schutze der persönlichen Freiheit, die auf einem völlig anderen Boden gewachsen sind, heute noch autreicht, und ob nicht eine Umgestaltung dieses unseres gemeinen Rechts mit Rücksicht auf die großen Veranderungen notwendig sein sollte, die sich in unserem wirtschaft⸗ lichen und polltischen Leben im Laufe der letzten 50 Jahre vollzogen haben. Meine Herren, über dieselbe Frage hat der Herr Reichskanzler unterm 10. Dezember 1910 im Reichstag erklärt:

Meine Herren, sollen wir damit komme ich auf meine früheren Ausführungen zurück um deswillen nun unsere Zuflucht zu Ausnahmemaßregeln nehmen? Liegt die Sache wirklich so, daß wir eingestehen müßten, die staatliche Macht könne sich mit Hilfe des gemeinen Rechts, des gemeinen Gesetzes der in ihren Zlelen gesetzwldrigen Machtpolitik der Sozialdemokratie nicht mehr er. wehren? Fürst Bülow hat mehrfach in diesem hohen Hause erklärt, daß Reich und Staat, daß Monarchie und Gesellschaft bei furchtloser Anwendung der gesetzlichen Mittel in der Lage seien, jeden Versuch des Umsturzes niederjuhalten. Derselben Ansicht bin auch ich. Vorschläge zu Ausnahmegesetzen mache ich Ihnen nicht.

Ich habe diese Erkläͤrung des Herrn Reichskanzlers dann noch einmal umschrteben und im Reichstag unter dem 14. Dezember 1910 gesagt:

Also, meine Herren, es handelt sich nicht um ein neues Aug nahmegesetz, das angekündizt ist, sondern der Herr Reichs⸗/

* 5 e ö 2 .