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daß, seitdem die Ostmarkenzulage gegeben wird, die Zahl der von Ihnen so genannten Schikanen sehr gering geworden ist. Ich nehme keinen Anstand, wenn Ihre Fraktionsgenossen hier Klagen vorgebracht haben, Ihnen zu erklären: diese und jene Sache wird nicht gebilligt; das ist eine Ausschreitung, die muß zurückgenommen werden. Ich möchte Sie daran erinnern: als im vorigen Jahr am 9. März Ihr Kollege von Trzeinski dieselbe Klage vorgebracht hat, die gestern Herr von Czarlinskt vorbrachte, daß ein Landbriefträger sich geweigert hätte⸗ ein Abonnement auf eine polnische Zeitung anzunehmen, und daß er dem Beteiligten gesagt hätte, er möchte doch auf eine; andere Zeitung
abonnieren, habe ich hier erklärt:
Der Herr Abgeordnete hat ferner sich beschwert, daß Landbrief⸗ Wenn ein solcher Fall vorgekommen ist, wäre es eine Disziplinlosigkeit. Der Landbriefträger ist verpflichtet, die Bestellung anzunehmen. Wenn er dabei argend eine Bemerkung gemacht haben sollte, daß der Besteller doch lieber eine deutsche Zeitung lesen sollte, so würde
träger keine Bestellungen auf polnische Zeitungen annehmen.
ich das für ungehörig halten.
Ich habe den Herrn Abgeordneten des weiteren gebeten, solche Fälle zur Sprache zu bringen, damit gegen den Beamten eingeschritten werden kann. Sie können sich also nicht darüber beschweren, daß seitens der Post, und Telegraphenverwaltung über Ihre Beschwerden zur Tagesordnung übergegangen wird. Wenn einzelne Fälle vor—⸗ kommen, so habe ich hier immer offen erklärt, daß bei der Riesenzahl von Sendungen Unstimmigkeiten vorkommen können. Die kommen nicht blos in Posen und Bromberg vor, die kommen auch in Berlin vor. Sie werden häufiger in den Zeitungen Beschwerden dieser Art finden. Das sind menschliche kleine Versehen, die wir nicht beseitigen
können.
Nun aber noch eins. Wir haben Ihnen keine Gelegenheit ge—⸗ geben zu der Behauptung, daß diese Zulage schädlich gewirkt habe, und da möchte ich nun an Ihr Herz appellieren: es handelt sich hier um 6000 mittlere und niedere Beamte, es handelt sich nicht nur um deutsche Beamte, sondern auch um polnische Beamte, und nun stehen wir zwei Tage vor dem 1. April. Jeder verständige Mensch hat doch seine Rechnung aufgestellt und seine Einrichtung darnach getroffen, seine Wohnung gemietet, selne Kinder vielleicht nach auswärts in Pension gebracht — wollen Sie denn nun verantworten, daß zwei Tage vor diesem Termin den Beamten die Zulage genommen wind, Nein, ich halte Sie nicht für so Wenn Sie durchaus gegen diese Zu⸗ lage sind (lebhafte Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten) — Sie werden mich nicht überschreien. Wenn es gilt, für die Beamten ein⸗ utreten, dann ist meine Stimme stark genug, um Sie zu übertönen.
auf die sie sich eingerichtet haben? hart und glaube das auch nicht.
(Bravo! rechts.)
Wenn Sie durchaus gegen diese Zulage sind, dann werden Sie Ihren Zweck auch erreichen, wenn Sie den Antrag stellen, daß die Zulage künftig wegfallend ist. Dann tritt das für 1913 ein. Ueber legen Sie sich das doch! Es handelt sich um 6000 Menschen! Stellen Sie ruhig den Antrag „künftig wegfallend‘, dann erreichen Sie das—⸗ selbe für 1913, aber seien Sie nicht so hart, verdienten Beamten, die Ihnen kelnen Anlaß zu Klagen gegeben haben, zwei Tage vor der
Zahlung das Geld zu entziehen. (Lebhafter Beifall! Damit schließt die Diskussion.
In namentlicher Abstimmung wird die Ostmarken⸗ zulage abgelehnt; dafür stimmen 122, dagegen 183 Mit⸗
glieder; I enthält sich der Abstimmung.
Als neuer Titel ist im Ordinarium ein Betrag von 210 009 S6 eingestellt als „Zuschuß zu den Krankenkassen für die nichtkrankenversicherungspflichtigen Post⸗ und Telegraphen⸗
unterbeamten“. Die Verwaltung beabsichtigt, im Laufe des Rechnungsjahres 1912 in allen Oberpostdirektionsbezirken für
diese Beamten Krankenkassen zu errichten, die gegen mäßige
Beiträge unter Gewährung eines Reichszuschusses für ihre eigene Person und für ihre Angehörigen in Krankheitsfällen ärztliche Hilfe gewähren sollen. Die eingestellte Summe stellt den Reichszuschuß dar.
Referent Abg. Beck⸗ Heidelberg (Zentr.) empfiehlt die Be⸗ willigung und zugleich die Annahme des Antrages der Budget- kommission, die Ekatsposition von 50 000 Æ „Beihilfen zur Her⸗ stellung und Unterhaltung von Genesungsheimen“, die von Beamten und Unterbeamtenvereinen dieser Verwaltung errichtet werden, auch für solche Genesungsheime nutzbar zu machen, die von den oben erwähnten neuzugründenden Beiriebskrankenkassen errichtet werden.
Abg. Dr. Struve (fortschr. Volksp.) begrüßt die neugeplante Einrichtung und bittet, diesen Kassen tunlichst Selbstverwaltung zu gewähren.
Das Haus beschließt nach den Kommissionsanträgen.
Zu den ordentlichen Ausgaben von 18136 000 „6 für „Arbeiten zum Bau und zur Unterhaltung der Telegraphen⸗ linien sowie Unterstützungen an Arbeiter“ usw. liegen 2 Re solutionen vor.
I) Resolution Behrens (wirtsch. Vgg.⸗Schiffer Zentr.):
A) Erwägungen darüber zu veranlassen, wie für die Arbeiter und Handwerker der Post⸗ und Telegraphenverwaltung das Arbeits⸗ verhältnis günstiger zu gestalten ist (ständiges und gesichertes Arbeits (Diplom⸗) Verhältnis; Umwandlung der Tagelöhne in Wochenlöhne);
2) Maßnahmen einzuleiten, um einen angemessenen Teil der Arbeiter⸗ und Handwerkerdienstjahre auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen;
3) alsbald dem Reichstage eine Denkschrift über das Resultat der Ermittlungen über die Errichtung einer Pensionskasse für diese Arbeiter und Handwerker vorzulegen.“
2) Resolution der Wirtschaftlichen Vereinigung (Rupp⸗ Mum m),
den Reichskanzler zu ersuchen, anzuordnen, daß in dem Be⸗ richt über die Ergebnisse der Reichspost- und Telegraphen⸗ .
1) über die Tätigkeit der Arbeiterausschüsse berichtet wird,
3 statistische Nachweise über die Arbeitsverhälintsse, ins⸗ besondere über die wirklich verdienten Löhme und über die Durchschnittslöhne der Telegraphenarbeiter und Hand- werker sowie der Zeugamtsarbeiter und der Schmiede des Postfuhramts Berlin, nach Oberpostdirektionen geordnet, aufgenommen werden.
Abg. Behrens (wirtsch. Vgg.): In Frankfurt a. M. ist ein Telegraphenarbeiter, der Vorsitzender eines Ortsvereins des Verbandes der Telegraphenarbeiter war, strafversetzt worden, weil er in dem Verdacht stand, mit einem Artikel im Zusammenhang zu stehen, der im Organ des Verbandes erschienen war und verschiedeng Vor⸗ würfe gegen die , erhob. Trotzdem sich der Verdacht gegen den Telegraphenarbeiter nicht bestätsgte, und das Verfahren gegen den Redakteur des Verbandsorgan eingestellt
worden.
gehen berechtigt war. auf. das allerschärfste , gründen sich er durchaus berechtigt anseben müssen. ekretär um eine E nstellung ein 66 will oder nicht.
widersetzen müssen. Die einge auf die an das Haus gelangten
auf etzt gibt man den Arbeitern bei der
können, und infolgedessen betrachten 24 si
Wenn den Arbeitern ein solches Recht nicht zuge
ondern lieber ihr Arbeitsverhältnis güͤnstiger gestalten.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
ergeht. enthalten sein müssen.
gegeben, aus der klar
herorgeht, daß sie
§ 19 der Arbeitsordnung lautet:
gemeinen Bestimmungen.
und wie die Anstellungsverhältnisse liegen.
Was die Löhne anlangt, so ist es ganz uns nach den Verhältnissen zu richten haben, wie sie dem Arbeitsmarkte für die qualifizierten Arbeiter liegen. zahlen nicht weniger als andere Unternehmer.
etwas leidend sind, aber trotzdem beschäftigt sein wollen und etwas verdienen wollen und müssen. Nun soll der Betreffende auf die un⸗ gewisse Aussicht hin, daß er nach 10 Jahren nicht angestellt wird, jetzt nicht angenommen werden? Es ist ein sehr viel milderes Vorgehen, wie es jetzt gehandhabt wird, als wenn die Leute gleich untersucht werden und man jeden, der sich nicht für eine Anstellung gesundheitlich eignet, von vornherein ausscheidet. Was die dauernde Beschäftigung der Arbeiter anlangt, so streben wir auch danach, und wir sind in dieser Be⸗ ziehung auch so weit gekommen, daß gegen 90 o,ο während des ganzen Jahres beschäftigt sind; nur 10 ½υ sind für einen Teil des Winters im Telegraphenbaudienst nicht be⸗ schäftigt, doch auch diese haben wir, soweit es möglich war, im Post⸗ dienst verwendet, sodaß sie auch in der Zeit, wo sie in dem eigent⸗ lichen Baudienst keine Arbeit hatten, in unserm Ressort Arbeit und Lohn fanden. Es sind das 9,7 ; also hatte nur ein ganz kleiner Teil keine dauernde Beschäftigung. Ein Teil von diesen Arbeitern will auch einige Zeit in der Heimat zubringen und will dann gar⸗ nicht in der Verwaltung beschäftigt werden. Sle haben ein kleines An—⸗ wesen, für welches sie sorgen, und dessen Erträgnisse sie bessern wollen. Wir streben dahin, alle Arbeiter möglichst ständig zu beschäftigen; demgemäß sind auch Verfügungen ergangen, daß bei der Einteilung der Telegraphenarbeiten so vorgegangen wird, daß diese Arbeiten gleichmäßig auf das ganze Jahr verteilt werden.
Was die Unterkunftsräume der Streckenarbeiter betrifft, so mögen die vielfach noch etwas zweifelhafter Art sein. Vollständig befriedigend wird sich diese Sache aber nicht lösen lassen, weil die Arbeiter doch möglichst in der Nähe der Arbeitsstelle untergebracht werden müssen, die Baubeamten sind aber angewiesen, möglichst dafür zu sorgen, sie treffen in geeigneten Fällen auch wohl entsprechende Vereinbarungen mit den Gastwirten. Aber die Arbeiter haben eben auch ihren eigenen Willen, und es kommt dann manchmal so, daß jeder etwas anderes will.
Dann ist der Wunsch ausgesprochen worden, daß die Arbeiter, die schon längere Zeit beschäftigt gewesen sind und nicht zur Anstellung kommen, in ein etwas festeres Verhältnis gelangen, so daß sie nicht ohne weiteres von den Baubeamten entlassen werden können. Den Wunsch halte ich für sehr berechtigt, und wir beabsichtigen, eine Be⸗ stimmung zu treffen, wonach diesen Arbeitern eine gewisse Ausnahme⸗ stellung insofern zugesichert wird, als sie nur von der Oberpostdirektion entlassen werden können. (Bravo! rechts.)
Abg. Hubrich (fortschr. Volksp.) empfiehlt nochmals die von ihm zusammen mit dem Abg. Beck⸗Heidelberg eingebrachte Resolution, wonach der Reichskanzler ersucht werden soll, darauf hinzuwirken, daß das Besoldungsgesetz dahin abgeändert wird, daß eine Anrechnung der Dienstzeit, die Arbeiter und Handwerker in den aus Reichsmitteln er—⸗
,,,, zurückgelegt haben, auf das Besoldungedienstalter
möglich ist.
ug Behrens (wirtsch. Vgg.): Ich bitte den Staatssekretär,
darüber Auskunft zu geben, ob er den Vorsitzenden eines Verbandes
. 2 teilweise für den Inhalt des Verbandsorgans verantwortlich
macht. ;
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Ich habe bereits vorhin ausgeführt, daß ich die Auffassung der
Oberpostdirektion, daß der Vorsitzende des Ortsvereins dafür verant⸗
wortlich sei, nicht teile.
Sämtliche Resolutionen werden angenommen.
Zu den Ausgaben von 240 000 S für Entschädigung, die
Ersatzleistung der Post betreffend, und Deckung von Verlusten,
durch Veruntreuung, Beraubung usw., verlangt der
6. Dr. Burckhardt (wirtsch. Vgg.) im Anschluß an einen Spezialfall, daß der 5 6 der Postordnung im Sinne einer erweiterten
werden mußte, ist die Strafversetzung nicht zurückgenommen
, ch möchte den Staatgsekretär um Auskunft bitten, ob nach seiner Au — vorgesetzte Bebörde zu diesem Vor⸗ ir würden uns einer solchen , .
rachten
e etitionen Verbände der Telegraphenarbeiter, deren Wünsche wir als e Weiter möchte ich den Staats⸗ . bitten, ob er den Arbeitern bei ihrer pätere etatsmäßige Anstellung 6
J Anstellung zu verstehen, daß sie später in das Beamtenverhältnis eintreten häufig als Zivilanwärter. ; h la den werden kann, ; sollte man bei ihnen auch keine trügerischen 6 . erwecken, eber i t Die Unter⸗ kunftsverhältnisse der Telegraphenarbeiter sind durchaus unzureichende.
Meine Herren! Ich möchte zunächst die Anfrage des Herrn Vor⸗ redners dahin beantworten, daß der Vorgang in Frankfurt a. M. jetzt zu meiner Kenntnis gekommen ist, nachdem das gerichtliche Verfahren zu Ende geführt ist, und daß ich die Auffassung der Oberpostdirektion nicht teilen kann und vor einigen Tagen angeordnet habe, daß die Verfügung, wonach die Rückversetzung des Betroffenen erfolgen soll,
Auf die Anfrage, betreffend Tit. 52, erwidere ich, daß die Tage⸗ gelder der Telegraphenbaubeamten darin mit enthalten sind und mit Wir werden versuchen, dem Wunsche zu ent⸗ sprechen und anzugeben, welche Summen auf die Arbeiter entfallen. Bei der Annahme der Arbeiter wird ihnen eine Arbeitsordnung mit Sicherheit auf eine Anstellung nicht rechnen können. Sollten ihnen von einer Stelle Versprechungen gemacht sein, so würde das unrichtig sein.
Inwiewelt Arbeiter, welche sich in längerer Dienstzeit bewährt haben, bei der Auswahl der Unterbeamten zu berücksichtigen sind, richtet sich nach den hierfür vom Reichspostamt getroffenen all⸗
Ich habe auch Veranlassung gehabt, den Arbeitern, als sie bei mir waren, mehrfach klar zu machen, daß bei der Annahme der Ar⸗ beiter nicht davon die Rede sein kann, daß sie sicher auf Anstellung rechnen können. Das hängt ganz davon ab, wie sie sich bewähren
klar, daß wir auf Wir Die tüchtigen Arbeiter haben aber immer den Vorteil, daß sie schließlich einmal versorgt werden können. Nun sagt der Herr Abgeordnete, man soll sie gleich beim Eintritt ärztlich untersuchen lassen. Das kann unter Umständen eine recht harte Maßregel sein. Es gibt doch Leute, die
Direktor im Reichspostamt Kobelt: Gegen dieses Verlan bestehen sehr gewichtige Bedenken. Seine Erfüllun . zu a, sehbaren finanziellen Konsequenzen für die Postverwaltung führen. Der Rest des Ordinariums der Ausgaben ergibt keine Debatte mehr. Auch das Extrgordinarium wird ohne Debatte nach den Anträgen der Budgetkommission erledigt, ebenso der Außerordentliche Etat (11. Rate 22 Millionen für Fernsprech⸗ zwecke). Zu den Einnahmen aus Porto und Telegraphen— gebühren, 717 Millionen, also 39 Millionen Mark mehr alz im Vorjahre, liegt eine Resolution K vor, den Reichskanzler zu ersuchen, dahin einzuwirken, daß Postpakete bis zu 5 kg an Soldaten im Verkehr mit ihren Angehörigen portofrei befördert werden. Abg. Ulrich (Soz.): gesetzt. Angesichts dieser erfreulichen Steigerung von engherzigem Fiskalismus, wenn Wünsche im Vorortverkehr so wenig Heri chsichtigung finden. Leider sind die Wünsche der Stadtvertretung und der Handelskammern auf Ein— führung der Ortstaxe für Frankfurt a. M. und Offenbach bisher unberücksichtigt geblieben. Frankfurt hat zurzeit 400 000 Einwohner Offenbach 86 900 Einwohner. Wenn also irgendwo die Einführung der Qrtstaxe begründet erscheint, so ist es hier. Zwischen Offenba und Frankfurt verkehren drei Bahnen. Es besteht ein außerordentli großer geschäftlicher und auch gesellschaftlicher Verkehr zwischen beiden Städten. 10 900 Personen verkehren täglich auf diesen Bahnen. Ez liegt also volkswirtschaftlich ein großes Interesse vor, die Ortstaxe einzuführen. Da müssen die fiskalischen Interessen in den Hinter—
grund treten. Am Südende Offenbachs sollte eine Postfiliale er, richtet werden.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Was den letzten Wunsch des Herrn Vorredners betrifft, so werde ich ihn gern erfüllen. Uns ist nicht bekannt, daß derartige Kalamitäten vorliegen, daß die Briefe von den Zügen nicht richtig abgegeben worden seien.
Bezüglich der Einrichtung von Postämtern hat er selbst angeführt, daß vom 1. Mai ab ein neues Postamt für Offenbach be⸗ willigt worden ist. Es ist von der Oberpostdirektion als Bedürfniz anerkannt worden, und wir haben es gern zugestanden.
Was die Hauptfrage betrifft, so stimme ich mit dem Herrn Vorredner auch darin überein, daß das volkswirtschaftliche Element nicht aus dem Auge gelassen werden darf, wenn es sich um die Be— urteilung handelt, ob Nachbarortsverkehr einzurichten ist oder nicht. Ich gebe dem Herrn Vorredner ohne weiteres zu, daß bet der ersten Einrichtung des Nachbarortsverkehrs etwas sehr weit gegangen worden ist. Er führte einzelne Orte an. Man hatte sich noch nicht voll in die Sache hineingedacht, und da ist manches mit durchgegangen, was eigentlich nicht hätte durchgehen sollen. Man hat sich nun aber späterhin darüber schlüssig gemacht, daß für den Nachbarortsverkehr nur die Orte der engen unmittelbaren Nachbarschaft, die wegen ihrer Lage und ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs als ein einbeitliches Verkehrsgebiet angesehen werden können, in Betracht kommen sollen. Das ist ein fester Begriff, und das muß durchgeführt werden, damit nicht Ungerechtigkeiten vorkommen, hier das, dort jenes geschieht; denn jeder, der interessiert ist, wird als Nachbarort immer den be— zeichnen, für den er diesen engeren Verkehr haben will.
Nun liegt ja der Verkehr zwischen Offenbach und Frank— furt a. M. so, daß es ein sehr großer und auch ein enger Verkehr ist. Aber das Zusammenwachsen der beiden Orte ist bisher nicht so eng gewesen, daß wir die Nachbarortstaxe haben bewilligen können. Wir sind Eingaben, die an uns gekommen sind, in einer erneuten Prüfung be— griffen, und ich kann Ihnen noch nicht bestimmt sagen, wie der Entschluß in der Sache ausfallen wird. Ich hoffe aber, daß es nicht mehr zu lange Zeit währen wird, bis zwischen diesen beiden Orten ein Nachbarortsverkehr eingerichtet werden kann.
Wir müssen immer daran festhalten, daß man feste Normen haben muß, und daß entscheidend sein muß, daß ein wirklich direkter Zusammenschluß vorhanden ist, und daß auch ein lebhafter Verkehr obwaltet.
Ich kann also dem Herrn Vorredner heute noch keine Auskunft geben, wie die Entschließung ausfallen wird. Aber wir wollen hoffen, daß in nicht zu ferner Zeit der Nachbarortsverkehr zwischen diesen beiden Orten eingeführt werden kann.
Endlich kann ich ihm erklären, daß die Landesgrenzen für die Entscheidung solcher Fragen nicht maßgebend sind, sondern lediglich die Gründe, die ich vorher anzuführen die Ehre hatte.
Die Einnahmen werden bewilligt und die Resolution, be—
treffend die Portofreiheit der Postpakete an Soldaten, an⸗ genommen.
Die Petitionen werden nach den Anträgen der Budget— kommission erledigt.
Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. Pauli⸗ Hagenow (dkons.) und Dr. Struve (fortschr. Volksp.) ist der Etat der Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung beendet.
Es folgt die Beratung des Etats der Reichs druckerei.
Abg. Becker-⸗-Arnsberg (Zentr.): Der sozialdemokratische Buch- druckerverhand bestreitet in einer auch mir zugesandten Resolution meine früheren Ausführungen über den Terrorismus, den die Sozial⸗ demokratie den Arbeitern der Reichsdruckerei gegenüber ausgeübt hat. Aus einem Briefe eines Buchdruckers aus dem Jahre 1907 geht hervor, daß er einem guten Freunde in Braunschweig den Rat gibt, aus dem Gutenbergbunde auszutreten und dem Buchdruckerverbande beizutreten, um fortan in Ruhe arbelten zu können. Der Redner führte eine Relhe weiterer Fälle an, in denen Mitglieder des Gutenbergbundes aus diesem haben austreten und dem fozialdemokratischen Verbande bei⸗ treten müssen, um nur ruhig in der eich druckerei weiterarbeiten zu können. Die Mitglieder des Gutenbergbundes dürften nicht wie Sklaven und Parias behandelt werden. Wo bleibe da das Gefühl für Recht und Gerechtigkeit bei der Sozialdemokratie? Der Redner fragt zum Schluß, ob der Direktor der Reichsdruckerei die Fälle n r ih babe, und was er zu tun gedenke. (Fortgesetzter Lärm bei den Sozial—⸗ dem ofkraten.) Direktor im Reichspostamt Aschenborn: An die Reichs regierung ist die Frage gerichtet, was sie zu tun gedenkt, um den Arbeitern die Ausübung ihrer staatsbürgerlichen Rechte zu gewähren, In den gemachten Ausführungen liegt ein sehr schwerer Vorwurf gegen die Direktion der Reichsdruckerei. Wir stehen grundsätzlich voll und ganz auf dem Standpunkt des Vorrednerg. Gbenso wie die Arbeltgeber ihre Verträge balten müssen, ebenso sind die Arbeiter untereinander dazu verpflichtet. Es wäre verwerflich und unzulässig, wenn etwa Arbeiter in einem Betriebe, die verschiedenen Organisationen angehören, sich gegenseitig wegen ihrer Ansichten und n, , n. schlkanieren und Terrorismus ausüben wollten. Der rbeitgeber eines Reichs. oder Staatsbetriebes, der solche Ver⸗ duldet, würde seine Pflicht ganz erheblich verletzen.
Die Einnahmen steigen unauz— zeugt es aber
von Städten
hältnisse
(Schluß in der Zweiten Beilage.) e ,.
Haftpflicht der Post geändert wird.
augenblicklich infolge der
Zweite Beilage
zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
M X79.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
, ,. sind die Schriftsetzer und Buchdrucker eil Mitglieder des Verbandes. Ein Teil gehört an. Es ö 3. . . .
t, daß sich die Mitglieder dieser beiden Organisationen unter , ö (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Daz ist doch ausgeschlossen) Wenn wir Abhilfe schaffen sollen, dann hätten uns diese Vorfälle mitgeteilt werden müssen. Der Direktion der Reichsdruckerei ist nichts bekannt geworden. Sie hat sich selbst an den Gutenbergbund gewandt. Dort sind zwei Fälle bekannt ge⸗ worden, indem Mitglieder des Bundes erklärt hatten, sie wären burch bas Verhalten von Mitgliedern des Verbandes zum Aus⸗ tritt bewogen worden. Daraus geht nicht hervor, in welcher Weise Terrorismus geübt worden ist. Uebrigens liegen diese Fälle schon bis 8 Jahre zurück. Der Direktion ist nicht der mindeste Vor⸗ wurf zu machen. Ich kann noch einmal erklären, daß diese auch nicht im mindesten eine Schikane seitens der Mitglieder der Organisationen untereinander in ihren Räumen dulden würde. Gs werden alle Leute darauf hingewiesen, wie sie sich gegenseitig zu verhalten haben. Wenn von, irgendeiner Seite gegen sie etwas was als Schikane gedeutet wird, so brauchen sie wo sie vollste Unterstützung
In der jum größten dem Gutenbergbunde
veranlaßt wird, was 9 sich nur an die Direktion zu wenden,
nden. ñ A
bg. Hildenbrand (Soz.): Die Erklärung hat bestätigt, daß die Behauptung, die der Abg. Becker im vorigen Jahre erhoben hat, ebenso wie die diesmalige Wiederholung vollständig unrichtig ist. Aber anstatt dies hier zuzugeben, wie es notwendig gewesen wäre, hat er seine Behauptung noch einmal wiederholt. Er hat sich nicht gescheut, eine ganze Arbelterorganisation vor der Deffentlich⸗ keit herabzusetzen. Was er vorgebracht, hat, sind lediglich mnkonkrollierbare Schwätzereien von Leuten, die, als man ihnen nachging, das Gegenteil von dem schriftlich niederlegten, was sie vorher gesagt hatten, Auch nicht der Schein eines Terrorismus durch den Verband ist nachgewiesen worden. Die Verdächtigungen des Abg. Beck müssen deshalb aufs schärfste zurückgewiesen werden. In Ostpreußen haben sich soʒialdemokratische Buchdrucker und Setzer mit den Prinzipalen verbunden, um Hie christlichen Buchdrucker aus⸗ zumerzen. Das Zentrum hat danach wirklich keinen Grund, dem Verbande Terrorismus vorzuwersen. Der Deutsche Buchdrucker⸗ verband besteht zu der großen Mehrzahl aus Leuten, die eure, demokratisch denken, aber als Organisation verfolgt er keine ozial demokratische Tendenz und verfolgt nicht diejenigen, die politisch anders denken. Gerade die Neutralität des Verbandes hat In⸗ stitutionen geschaffen, die segensreich gewirkt haben. die elende Denunziationswut der 6 ist wohl begreiflich. (Vizeprãäsident Do ve rügt diesen Ausdruck. . . nhg B 4 Arnsberg (Sentr.): In den Tarifinstanzen gibt es keinen einzigen Vertreter des Gutenbergbundes/ der beste Beweis, daß die Herren keine Gerechtigkeit üben. Gegenüber den von mir mitgeteilten Briefen hat der Vorredner den Mut, zu sagen, ich hätte nichts bewiesen. Er hat auch den angeblichen Fall von Terrorismus in Ostpreußen nicht bewiesen. Er hat. keinen Namen genannt. Das hätte ich nur machen sollen! Wie soll man mit den Herren über⸗ haupt diskutieren. Sie sprechen ja eine ganz andere Sprache. Daß die Direktion der Reichsdruckerei etwas an Uebelständen entdeckt hat, glaube ich wohl. Daß die Fälle 7 Jahre zurückliegen, macht doch nichts. Tatsache istg⸗ ba ö a , . Gutenbergbundes zum laldemokratischen Verbande übergetreten sind. ona hi H 16 m ann⸗Rudolstadt (Soz): Der Aerger des Abg. Becker rühlt nur daher, daß es ihm und seinen Freunden nicht ge⸗ lungen ist, ebenso als e , e im Buchdruckereibetriebe zu wirken ie bei der Bergarbeiterbewegung; . . a ne e rn e, Wag): Der Terrorismus der Sezial⸗ demokralie in der Reichsdruckerei ist ja nicht amtlich 1 een len weil solche Fälle sich ja nicht fassen lassen. Ich will abwarten, . die Sozialdemokraten in künftigen Fällen die amtlichen Er⸗ klaͤrungen als richtig hinnehmen, wenn diese Erklärungen sich gegen
sie richten. .
Abg. Graf We st arp (dkons): gen dar das Personal in der Reichs druckerel vollauf beschäftigt wird.
Abg. Erzberger (Zentr.); Ich habe denselben Wunsch eben⸗ falls ausgesprochen, die Zentralbehörden in Berlin sollten der Reichs⸗ druckerei ihre Aufträge zuwenden.
Staatssekretär des Reichspostamts KRraet e: ö
Meine Herren! Ich kann nur bestätigen, daß es sich bei der Zuwelsung von Arbeit an die Reichsdruckerei nur darum gehandelt hat, von den Zentralbehörden hier in Berlin so viel Arbeit zuzufügen, damit die Reichsdruckerei die Pausen ausfüllen kann. Es ist ganz richtig, wie es geschildert ist, daß wir mit den Zentralbehörden in Verbindung getreten sind, um hier in Berlin der Reichsdruckerei solche Arbeiten zuzuwenden.
Der Etat der Reichsdruckerei wird genehmigt und die Resolution der Kommission angenommen, wonach der Reichs⸗ kanzler ersucht wird, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um' den Betrieb der Reichsdruckerei mehr als bisher in rentabler Weise auszunutzen. .
Es folgen Berichte der Wahlprüfungs kom mission.
Die Wahlen der Abgg. Fürst zu Sal m⸗Neif fer scheid⸗ IZenir)] J Aachen, Colshorn (nl) 3 Hanngzer, Dietrich tons) 3 Potsdam und Sperlich entr.) 12 Breslau werden ohne Debatte dem Antrage der Kommission entsprechend für
ültig erklärt. Ebenso beantragt die Kommission, die Wahl des i. Dr. Blunck (fortschr. Volksp.) 4 Schleswig-Holstein für gültig zu erklären.
Abg. Dr. St ru ve (fortschr. Volksp): In der ¶ Deutschen Tages n unn! hat gestern ein Artikel nden der vielleicht das Schlunmmsten ist, was bis jetzt auf dem Gebiete der Journalistik vor⸗ gebracht t. In dem Artikel, der die Ueberschrift trägt: 6. Ils Wahlmacher“, wird festgestellt, daß das Flugblgit, das hier auf dem Tisch des. Hauses liegt, sich den Anschein gebe, es n n Bunde ber Landwirte aus. Weiter heißt es, daß es kestg ; ei, daß dieses Flugblatt von dem Abg. Dr. Blunck in . 6 ausgegangen sel. Da dieser Feststellung nich wider e hen . man wohl von einer zůwgestandenen Tatsache sprechen. . mutung liege nahe, daß 69 erwähnte Manöver ö . e . sollte, nationalliberale Stimmen einzufangen. 3 as Blatt sch ij ; „Ein Novum sei es doch wohl, daß ein solches Täuscht ni emge , . einem Reichstagsabgeordneten in Person inszeniert . z ge au . nicht, daß es möglich ist, in leichtfertigerer uind frivolerer . e . Angriff auf die Ehre eines Kollegen im Reichstage zu ö 88 ist so viel Perfidie zwischen den Jeilen zu lesen, daß ö . e ö. daß wir hier int Hause darüber sprechen müssen, Der A . . Dertel macht eine abwehrende Bewegung. Will er etwa . ag nachgeordneten Redakteure eintreten? Er hat doch gestern zier so . r seinen Mut gepriesen. Ich muß es außerordentlich bedauern, daß der Abg. Dr. 3. auch heute am ganzen Tage, weder persönlich
Wir legen Wert darauf, daß
Berlin, Freitag, den 29. Mürz
Sei Dr. Oertel das stets. So energisch aber guch Sitz gf len ther en es zu tun und den Gegner dort zu treffen, wo der Schaden am re . wieder er fte en ist, nämlich an seiner persönlichen Ehre, es hat absolut die raft bei diesem Artikel gefehlt, benn von Anfang bis zu Ende ist . Artikel nichts 6 fuß und Unsinn, nichts als gerade die Kast, bie der Abg. T, ö. einen Lesern vorzusetzen pier Vas Flugblatt ist nicht von im lerischer Seite ausgegangen, was schon dargus hervorgeht, daß es von dem Firektor des fortschrittlichen Wahlbureaus selber unters rieben ist. Wie kann ich gegen irgendeine Sache bon der . ö wußte, aber nicht ich, protestieren? Ist es deutsche Art, wenn irgen jemand gegen eine nicht gewußte Sache nicht 3 66 a . Justimmung zu erblicken? Im übrigen war der ; . 3. e schon am Sonnabend in Dt Holgi durchgefallen . ieses Flug⸗ blatt erschien erst am Sonntag. as in dem Artikel als Täuschung und Lüge“ bezeichnet wird, nennt der Bericht der Wahlprüfungskom⸗ mifsion „angeblich“. Der Abg. Dr. Oertel wird ja nachher selher rechen ich kann aber der , , nur mein herzlichstes Belleid Journalistik aussprechen. . . Jö ,. 56 . Ich glaube, Sie kennen mich doch wohl so gut, daß Sie mir glauben, wenn ich sage, ich vertrete alles, was ich in biefein Haufe und auswärts gesagt habe, vollständig mit meiner Person. Ich vertrete auch mit meiner Person das, was ich in der ‚Dentschen Tageszeitung.; oder irgendwo anders geschrieben habe, was aber in der „Deutschen Tageszeitung steht, ohne daß es von mir eschrieben worden ist, und ohne ö. es nach 9 der Dinge zu meiner Kenntnis kommen könnte, das zu vertreten, müssen Sie gütigst meinem Ermessen überlassen. Ich . diesen Artikel wahrscheinlich erst zu derselben Zeit gelesen, wie ihn der bg. Dr. Struve gelesen hat; ich bin von früh bis Abends im Reichstage beschäftigt, und Sie werden mir zugeben, daß ich da nicht alles lesen kann, was vexöffentlicht wird. Der Her gf terftatter hat sich aber, . „Deutsche Tages⸗ eitung“ hat nicht behauptet, es sei in der ahlprüfungskommission r dent worden, daß der Abg. Dr. Struve der. Verfasser des Ar= ikels sei. Die „Deutsche Tageszeitung“ hat . nur von einer Feststellung in dem Proteste gesprochen. In dem Proteste heißt es wörtlich „Es 'ist festgestellt (Abg. Dr. Struve: Cs sei fest= gestellt. ) Das ist die indirekte Rede des Berichtes der Kommission, es ist mir aber gesagt worden, daß es in dem Protest heißt: Es ist festgestellt. Die „Deutsche Tageszeitung hat sich also in ihrem Artikel nur an die Feststellung in dem Proteste gehalten. Was das Weltere anlangt, so ersehen Sie aus dem, was ich bier gesagt habe, daß ich der Verfasser des Artikels nicht bin. Wie ich persönlich zu dem Artikel stehe, ob ich ihn billige oder nicht, darüber bin ich dem hohen Hause keine Rechenschaft schuldig. Die „Deutsche Tageszeitung“ wird dem Abg. Dr. Struve in einer befriedigenden Weise Antwort geben. Was mich persönlich betrifft, daß ich an den Abg. Dr. Strube mit keinem Worte heran⸗ getreten sei, so habe ich zu entgegnen, daß mir gestern abend allerdings durch den Fernsprecher, mitgeteilt worden ist, Dr. Strupe werde heute einen Artikel der „Deutschen Tageg⸗ zeitung“ sehr scharf angreifen. Darauf habe ich ruhig geant⸗
1912.
des Berichts der Wahlprüfungskommission persönlich empfunden habe. J festgestellt, Wahlmanver kommission diesem
den! Eindruck. Herr Gott, hier ist ja daß der Abg. Struve ein recht bedenkliches gemacht bak. Der Bericht der Wahlprüfungs= ist fo abgefaßt, daß ein unbefangener Leser ju Urteil gelangen konnte. Ich sagte, mir schließlich, der Bericht ist in der Sprache der Juristen abgefaßt, und das hat zur Folge gehabt, daß die Fassung eine nicht völlig klare ge⸗ wesen ist. Das muß dazu führen, die Sache doch etwas milder auf⸗ zufafsen. Man kann es ja den Herren von der Fortschrittlichen Volkspartei nachempfinden, daß sie eine besondere Schaden freude dar⸗ sber haben, daß ein ihnen unsympathisches Blatt in diesem Falle hereingefallen ist. Aber was der Deutschen Tageszeitung passiert ist, kann jeder anderen Zeitung auch mal passieren, ohne daß man daraus gleich eine Haupt⸗ und Staatsa ktion macht. . Abg. Hoff ortschr. Volksp.); Gewiß gehört nicht jeder Streit zwischen Abgeordneten und Presse in dieses Daus. Dir handelt es sich aber um eine ganz unerhörte Beleidigung eines Abgeordneten, und es war unsere Pflicht, im Anschluß an den Bericht der Wahl⸗ prüfungskommission die Sache vor dem Hause klarzustellen. . Äbg. von Brockhaufen (don): Als Vorsitzender der Kom⸗ mission stelle ich fest, daß diese, den Protest für unbeachtlich erklärt und sich mit der Frage nicht weiter beschäftigt hat. Ob vielleicht die Fassung des Berichts etwas anders hätte genommen werden können, um irgendwelche Mißverständnisse zu vermeiden, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist gegen die Fassung von keiner Seite Widerspruch erhoben worden. l . Die Wahl des Abg. Dr. Blunck wird für gültig erklärt. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. ö räsfident Dr. Kaempf: Bevor ich die Sitzung schließe, . ö mir, Ihnen allen ein frohes Osterfest und eine glückliche Rückkehr zu wünschen, um mit frischen Kräften unsere Arbeiten fort⸗ zusetzen. Schluß gegen A/ Uhr. den 16. April, Nachmittags 2 Uhr. bahnen und des Reichseisenbahnamts
hatte
Nächste Sitzung Dienstag, (Etats der Reichseisen⸗
Preußischer Landtag. Herrenhaus. 6. Sitzung vom. 27. März 1912. Nachtrag.
die bei der Beratung des Gesetzentwurfs, Anlegung von Sparkassenbeständen in zwar bei der Generaldiskussion, der gehalten hat, hatte folgenden
Die Rede, betreffend die Inhaberpapieren, und Finanzminister Dr. Lentze Wortlaut:
worte, ich sehe diesen Angriffen entgegen. Wenn der Abg. Dr. Struve das Bedürfnis hatte, vorher meine Meinung darüber einzu⸗ holen, so hätte ich erwarten können, daß er sich deswegen an mich wenden würde. Ich hatte dazu keine Veranlassung. Den Kampf mit der „Deutschen Tageszeitung“ hier im Hause sortzuführen, würde die Zeit des hohen Hauses zu sehr in Anspruch nehmen. Ich könnte in ähnlichen Fällen die Herren vom Vorwãrts und der übrigen sozialdemokratischen Blätter hier tagtäglich angreifen. Ich wleder⸗ hole, daß die „Deutsche n, . dem Abg. Dr. Struve eine Erklärung geben wird, von der ich offe, daß sie ihn vollauf be— riedigen wird. t . Hoff fortschr. Volksp): Ich stelle fest, daß der Abg. Dr. Oertel gegenüber folchem frivolen Angriff auf ein Mitglied dieses Hauses seitens der „Deutschen Tages zeltung“, der er doch nahe⸗ steht, hier kein Wort des Bedauerns gefunden hat. Ja, er hat es dem Abg. Dr. Struve sogar zugemutet, er hätte zu ihm kommen sollen. Ich überlasse dem Hause die Einschätzung einer derartigen Zumutung. Ich kann denjenigen, die den Artikel geschrieben und in die „Beutsche Tageszeitung“ gebracht haben, den guten Glauben nicht zusprechen, zumal ja der Bericht der Wahlprüfungskommission on vorlag. k ö Abg. Eta dthagen (Soz): Der Bericht der Kommissien ist vollständig klar. Es ist aber moralwidrig, es so darzustellen. als ob es sich um eine Feststellung und keine bloße unwahre Behauptung handelt. Solche n, scheint zum Prinzip der konservativen Zeitungen geworden zu sein. ö. ö i . Oertel (dkons.): Ich werde die ‚Deutsche Tages⸗ zeitung“ veranlassen, daß sie auch den Reden der beiden Herren aus dem Hause vollste Aufmerksamkeit widmet und ihnen antwortet, wie es sich gebührt. Mit dieser Antwort werden sie sicher zufrieden sein. Die Zeitung hat niemals von einer Feststellung in der Kommission gesprochen. Sie hat nur ausgeführt, nach, dem Protest sei es. fest⸗ eslellt, und im Bericht der Kommission heißt es auch tatsächlich so. ir Bericht der Kommission ist uns erst am Abend des 22. oder am Morgen des 23. März zugegangen. Wenn die Feststellung im Protest unrichtig ist, wie ich fofort loyalerweise annehme, und wenn zr. Struve mkr die Mitteilung gemacht hätte, hier in dem Bericht ist eine Feststellung gemacht worden, die den Tatsachen nicht ent⸗— spricht, dann wäre der Artikel nicht geschrieben worden, und wir hätten uns diese ganze Debatte erspart.
Abg. Dr. Struve ffortschr. Volksp): Die „Deutsche Tages⸗ zeitung“ hat von Anfang bis zum Ende immer wieder vergebens ver fucht, das aus dem Berichte herauszulesen, was ihr paßte. Das ist dieselbe Presse, die damals, wo es. sich hier um die lex Wagner handelte, immer wieder darauf hinwies, es müsse der Presse unmöglich gemacht werden, die persönliche Ehre anzugreifen, habe von der „Deutschen Tageszeitung; eine moralische Ohrfeige erhalten. Sollte ich nun zu dem Herrn hingehen, der. die Verantwortung für das Blatt trägt, und sollte ich ö. ihm physisch ausführen, was ich von ihm
ioralisch bekommen habe? ⸗
? 9 Schwarze -Lippstadt (3entr): Das Haus ist doch nicht dazu da, um Streitigkeiten eines Abgeordneten, mit der Presse zum Ausdruck zu bringen. Die Sache hätte jwischen dem Abg. Struve und der „Deutschen Tageszeitung“ direkt ausgemacht werden müssen. Wir müssen dagegen protestieren, daß die kostbare Zeit des Reichs— tags . solche Streitigkeiten in Anspruch genommen wird. q
Abg. Graf We st arp (dkonsg; Der Abg. Struve hat der konser⸗ vativen Partei einen besonderen Vorwurf daraus gemacht, daß sie wegen dieses Artikels der Deutschen , nicht Stellung genommen habe. Der Artikel der „Deutschen Tageszeitung“ geht die konfervative Partei als solche gar nichts an. Wir haben vorhin bei den Aus ühruͤngen des Abg. Stadthagen gelacht, weil wir durch seine Ausführungen an das Sprichwort erinnert wurden; Wer im Glas⸗ hause sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Die sozialdemokratische Presse kann ja schließlich gar nicht anders kämpfen als mit persön⸗ sichen Beschimpfungen und Verleumdungen, und wenn wir jeder Verleumdung, denen der Abg. Kreth und ich seitens der sozial⸗ demokratischen Presse ausgesetzt sind, gegenübertreten wollten, so würden wir vor 4 Wochen damit nicht fertig.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Ich habe keine Veranlassung, den Abg. Dr. Sertel zu verteidigen oder mich an dem Streit als solchen
. 85 : e . t, um meine noch in feiner Jeitung, nicht das geringste unternommen hat, so leichtfertig angegriffene Ehre wieder herzustellen. Von anderer
jou betelligen. Ich möchte Ihnen aber mitteilen, was ich beim Lesen
Meine Herren! Neben dem Erfordernis der Liquidität für die Sparkassen liegt auch ein dringendes Erfordernis für den Staat selbst vor, daß er einen festen Kreis von Abnehmern für seine Anleiben erhält. Der Staat ist genötigt, zur Erfüllung seiner Aufgaben all⸗ jährlich mit großen Anleihesummen an den Markt heranzutreten. Wenn nun keine Käufer für diese Anleihen da sind, dann kommt der Staat in Verlegenheit und erleidet sogar Schaden. Er muß seine Kulturaufgaben erfüllen und muß sich das Geld dazu verschaffen. Es sst ja selbstverständlich, daß, wenn der Staat die Anleihen mit höheren Bonifikationen oder mit einem höheren Zinsfuß versähe, sie glatt ab⸗ genommen werden würden. Von den Käufern von Papieren sieht sast keiner so viel auf die Sicherheit wie auf die Höhe des Zinsfußes. Man kann es heute erleben, daß überall hochverzinsliche Papiere ge⸗ kauft werden, die irgend einen exotischen Namen haben und dem Publikum verlockend geschildert werden, ohne daß man irgendwie weiß, ob eine Sicherheit vorliegt, Paplere, die vielleicht gar keine Sicherheit bieten. Unsere Staatspapiere dagegen, die eine absolute Sicherheit haben, für die der Staat aufkommt, und bei denen der Käufer niemals Gefahr läuft, besitzen einen unzureichenden Käufer⸗ kreis. Infolgedessen muß es ermöglicht werden, daß der Staat. zu einem normalen Z3insfuß seine Anleihen unterbringt.
Meine Herren, die Kurshebung ist nicht der Hauptzweck dieses neuen Gesetzes, soweit der fiskalische Teil in Betracht kommt, sondern die Schaffung eines festen Abnehmerkreises für die Staatsanleihen und die Stabilisierung der Kurse. Wenn die Konsortien, die bis dahin die Anleihen übernommen haben, wiederholt Klage darũber fübren, daß sie die übernommenen Staatsanleihen nicht los werden, so ist das doch außerordentlich bedenklich. Wenn ein Schuldner, der so sicher ist wie der preußische Staat, noch Sorge haben muß, Geld gegen guten Zinssatz zu leihen, dann muß Abhilfe geschaffen werden.
Das Reich ist hiermit schon vorgegangen. Es hat verschiedene Gesetze erlassen, die bestimmen, daß ein Viertel des Vermögens der Berufsgenossenschaften, der Versicherungsanstalten gegen Invalirität und für die Hinterbliebenenversicherung, und der Versicherungsanstalten für Privatangestellte in Reicht und Staatspapieren angelegt werden. Preußen hat seinerseits bestimmt, daß ein Viertel der Vermögens⸗ bestände der öffentlichen Feuerversicherungen gleichfalls in Staats⸗ papieren anzulegen sind. Ebenso ist im Verwaltungs wege angeordnet worden, daß von den Vermögen der Klein⸗ und Nebenbahnen, der Kommunalpfandbrlefämter und der jetzt neuerdings ins Leben gerufenen öffentlichen Lebensversicherungen gleichfalls ein Teil in Staats- und Reichsanleihen anzulegen ist. Wenn man alle diese Beträge zusammenaddiert, ergibt sich ein jährlicher Bedarf von mindestens 200 Millionen Mark. Wir können dann damit rechnen, daß für 200 Millionen Mark jährlich Käufer für Reichs⸗ und Staatsanleihen auf dem Markt erscheinen werden. Selbstverständlich ist es notwendig, daß auch das Publikum die Staattz= und Reichsanleihen erwirbt, denn diese 200 Millionen Mark decken leider nicht ganz den Bedarf, der an Anleihen auf den Markt ge⸗ bracht wird. Preußen ist genötigt, fast alljährlich mit ungefähr 200 bis 400 Millionen Mark Anleihen auf den Markt zu kommen. Auch das Relch hat seinen Anleihebedarf, und hierzu treten dann noch die zahlreichen Anleihen der Kommunen und sonstigen Körper⸗ schaften hinzu.
Deshalb liegt es im wohlverstandenen Staatsinteresse, daß der Staat die Möglichkeit erhält, seine Anleihen auch unterzubringen, daß
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er für sie Käufer bekommt, und deshalb ist es in keiner Weise unge⸗