orgegangen. Tatsächlich ist dieses Gesetz ja nicht viel anders zu behandeln als eine Dienstinstruktion und gibt in seiner Ausführung zu einer umständlichen Kasuistik Veranlassung, lediglich um die Praxis des Dienstes mit den formellen Anforderungen des Gesetzes inllebereinstimmung zu bringen. Meine Herren, ich glaube wir kommen, auch wenn wir an die Wünsche des Personals denken, vollkommen aus, wenn wir diese Materie nicht gesetzlich regeln, sondern ste im Verwaltungswege oder durch Dienstinstruktion in Anpassung an die jeweiligen Bedürf— nisse zu regeln suchen.
Der Herr Abg. von Savigny hat dann auf die Organisation der Beamtenschaft hingewiesen und den Wunsch geäußert, daß doch min— destens den Vorständen Gelegenheit gegeben werden möchte, tunlichst zahlreich die Versammlungen der Verbände zu beschicken. Wenn wir die Verbandsorganisationen nicht nur dulden, sondern, soweit an⸗— gängig, auch fördern, so ist ganz selbstverständlich, daß wir die Wirk— samkeit der Verbände und der Organisationen nicht zu beeinträchtigen suchen. Wir legen auch der Abhaltung von Versammlungen keine be⸗ sonders lästigen Schranken auf, nur müssen wir uns — und darin stimme ich mit dem Herrn Abg. von Woyna überein — davor wahren, daß aus der Gewährung von Freifahrtberechtigung eine unzu—
Mohbilisierung unseres Beamtenkörpers aus Anlaß solcher Versammlungen stattfindet. Wir sind also genötigt, bestimmte Normen für die Beschickung derartiger Versammlungen aufzu— stellen, die durchaus nicht derartig sind, daß der Erfolg einer Versammlung illusorisch werden könnte So ist unter anderem be⸗ stimmt, daß, wenn beispielsweise in Berlin die Generalversammlung eines unser vielfachen Verbände stattfindet, die in den einzelnen Direktionsbezirken befindlichen Ortsgruppen sich zu je fünf zusammen⸗ schließen und einen Delegierten entsenden. Das gibt eine große Zahl von Delegierten, die hier erscheinen. Man hätte fast Neigung, zu erwägen, ob wir nicht zu weit gegangen sind. Wir wünschen aber keinesfalls weiter zu gehen, und es wäre mir recht erwünscht, wenn der Herr Abg. von Savigny mir bestätigen wollte, daß die Verwaltung in dieser Frage sehr entgegenkommend gewesen ist.
Ein weiterer Wunsch, der allerorten, im Reichstag und in den bundesstaatlichen Parlamenten, zur Geltung gebracht ist, ist der, daß man der Beamtenschaft von dem Inhalt der Personalakten Kenntnis geben solle. (Zuruf im Zentrum: Nicht der ganzen! Ich muß es aussprechen, mir scheint dieser Wunsch von einem geringen praktischen Verständnis zu zeugen, denn ich bitte, zu erwägen, wie die Personalakten aussehen würden, wenn sie jederzeit jedem Beamten oder jedem Angestellten zur Einsicht vorgelegt werden müßten. (Zuruf im Zentrum: Gar nicht verlangt) Ich habe meines Erachtens viel zweckmäßigeres angeordnet; ich habe die Bestimmung getroffen, daß jeder Beamte von den Vorgesetzten auf Mängel aufmerksam gemacht werden solle, die ihm nach dem Urteil der Vorgesetzten anhaften, damit er in der Lage ist, sie ab— zustellen (Abg. Dr. von Savigny: Gerade das, warum ich gebeten habe!) und sich nicht unbegründeten Illusionen in bezug auf sein Fort⸗ kommen hingibt.
Endlich hat Abg. von Savigny die Frage aufgeworfen, ob es durch das Notgesetz, das zum Etat erlassen ist, ausgeschlossen sei, daß die Unterstützungsfonds jetzt bereits zur Verteilung gelangen, soweit ein Bedürfnis vorliegt. Nach Auffassung der Staatseisenbahn— verwaltung ist eine solche Einschränkung nicht gegeben; die Unter—⸗ stützungsfonds, sowohl die Reste aus dem Vorjahre wie die neu bewilligten Beträge sind innerhalb des vorliegenden Bedürfnisses zu verausgaben, das gilt meines Erachtens auch für die Unterstützungen der Altpensionäre.
Herr Abg. Dr. Schroeder hat ein überreiches Bukett von Wünschen hier erneut vorgetragen. (Heiterkeit) Ich erkenne ohne weiteres an, daß das in einer Form geschieht, die es dem Chef der Verwaltung leicht macht, sie zu beantworten. Er wird nicht an⸗ nehmen, daß es mir möglich sei, auf jeden Wunsch, der vorgebracht ist, eine Antwort zu geben.
Ganz allgemein hat er sich mit den vielfachen Wünschen be— schäftigt, die in der unteren Beamtenschaft darauf gerichtet sind, in die mittlere Beamtenschaft aufzusteigen. Er hat darauf hingewiesen, daß es sich hier um ein Kronrecht handele und der Landtag nur Wünsche zu äußern habe. Diese Frage wird uns ja dauernd be— schäftigen; denn jeder Mensch strebt nach Höherem, und so ist es auch in der Beamtenschaft. Die Frage ist aber in der Praxis außer⸗ ordentlich schwer zu lösen, weil ein Nachgeben im einzelnen Falle sofot die ganze Beamtenschaft mobil macht. Es werden von jeder Stelle gleiche Wünsche geäußert; denn keiner wird anerkennen wollen, daß er nicht ebenso berechtigt sei, aufzusteigen, wie sein Kamerad.
Was nun die Wünsche des Personals in den einzelnen Gruppen betrifft, so hat Herr Schroeder beispielsweise auf die Unzufriedenheit der Lademeister hingewiesen. Wir haben in den letzten beiden Jahren den Lademeisterdienst neu geordnet, und wie die Lademeister ausdrücklich anerkennen, zu großem Vorteil der ge— samten Karriere. Wir haben den Lademeistern eine weitere Möglich— keit gegeben, aufzusteigen, indem wir Oberlademeisterstellen geschaffen haben; das sind Assistentenstellen.
Nun hat der Herr Abgeordnete sich für die Hilfsbureaudiener verwandt, deren ungünstige Lage ich ohne weiteres anerkenne. Aus dem Anerkenntnis heraus haben wir in diesem Etat nicht weniger als 100 neue Stellen Bureaudiener angefordert.
Ganz allgemein hat Herr Schroeder die Frage aufgeworfen, ob die neue Besoldungsordnung in der Tat jedem Beamten eine Be⸗ soldungsaufbesserung gebracht hat, und hat angezwelfelt, daß meine zahlenmäßigen Angaben aus dem Vorjahr in Bausch und Bogen als richtig anzuerkennen seien. Ich kann heute nur wiederholt feststellen, daß nicht nur rechnungs⸗ mäßig, sondern tatsächlich im Durchschnitt jeder Weichensteller durch die neue Besoldungsordnung ein Plus von 287 „S erhalten hat. Hier sind schon gegengerechnet die Ausfälle, die insgesamt durch den Wegfall der Stellen, und Ortszulagen erwachsen sind. Nun hat leider der Wegfall der Stellen- und Ortszulagen ungleichmäßig ge— wirkt, und so konnte es kommen, daß nicht jeder Weichensteller eine Aufbesserung von 287 6 bekommen hat, sondern der eine mehr, der andere weniger; zum mindesten aber hat jeder Weichensteller eine Aufbesserung von mindestens 100 M bekommen. Das war garantiert; denn, als die Besoldungsordnung von 1903 nicht fertig wurde, wurde durch Notgesetz eine sogenannte Teuerungszulage von 100 „ jedem Unterbeamten zugewiesen, und diese 100 „S sollten ihm unter allen Umständen als Verbesserung erhalten blelben.
Bedeutung ist die pensionsfähigen Dienstzeit für Beamtengruppen, die erst im Laufe der letzten Jahre ge⸗ schaffen sind. Ich kann ohne weiteres anerkennen, daß eine gewisse Härte darin liegt, daß die Anrechnung nur bis zu dem Jahre zurückreicht, in welchem für diese Beamtengruppe etatsmäßige Stellen geschaffen sind. Ich bin leider zurzeit nicht in der Lage, hier eine Aenderung in Aussicht zu stellen.
Auch die Lage der Eisenbahntelegraphisten liegt uns dauernd am Herzen. Es handelt sich hier ja um eine aussterbende Beamten— klasse. Sie betrug vor einigen Jahren noch mehrere Tausend; die Zahl ist jetzt auf 880 zurückgegangen. Alle genügend befähigten Telegraphisten sind in den mittleren Dienst übergeführt worden. Wir sind aber noch weiter gegangen; wir haben prakltisch geeignete Telegraphisten, die an sich die Befähigung für den mittleren Dienst nicht haben, die aber aus der Praxis heraus den Beweis liefern, daß sie eine Telegraphenassistentenstelle ausfüllen können, in solche Stellen übgergeführt. Immerhin werden wir einen Rest behalten, der sich mit den Gehaltssätzen der Telegraphisten abfinden muß.
Daß die Anstellungsverhältnisse der Schaffner sehr wenig be⸗ friedigend waren, ist uns bekannt. Aus diesem Anlaß sind im Etat nicht weniger als 1300 neue etatsmäßige Stellen für Schaffner vor⸗ gesehen. Die in den verschiedenen Direktionsbezirken bestehenden Un— gleichmäßigkeiten im Zeitpunkt der Anstellung, auf die der Herr Abgeordnete Dr. Schroeder hingewiesen hat, werden nach Möglichkeit durch zweckmäßige Verteilung der Etatsstellen auf die einzelnen Bezirke ausgeglichen.
Die Beschwerde der Blockwärter, daß der eine mehr, der andere weniger oder gar nichts an Stellenzulage bekomme, wird nicht aus der Welt zu schaffen sein. Nur die besonders schwierigen Stellen sind mit Stellenzulagen versehen. Aber die Frage, ob der Dienst an einer Blockstelle schwierig ist oder nicht, kann meines Erachtens nur die Verwaltung entscheiden, keineswegs aber der Beamte selber, der an dieser Stelle wirkt.
Der Beschwerde der Abfertigungssupernumerare ist ja zum Teil dadurch Rechnung getragen, daß 200 neue Eisenbahnsekretärstellen geschaffen wurden. Ich möchte aber doch bitten, diese Beschwerden auf ihre Berechtigung sehr eingehend nachzuprüfen. Diese Beamten befinden sich in Vorsteherstellen. Die Vorsteher steigen bis zu einem Gehalt von 4000 6 auf; der Maximalgehaltssatz der Vorsteher ist vom Jahre 1906 bis zum Jahre 1908, dem Eintritt der neuen Besoldungs⸗ ordnung, von 3000 auf 4000 SI gestiegen, und zu gleicher Zeit ist der Wohnungsgeldzuschuß um ein Drittel erhöht worden. Die Situation der Beamten ist zweifellos nicht ungünstig. Ich verstehe es, daß sie in die höheren Stellen, in die Stellen der Oberbahnhofs⸗ vorsteher und der Obergütervorsteher, kommen wollen; aber über den tatsächlichen Bedarf hinaus können Beförderungsstellen nicht geschaffen werden und es sind auch nicht alle dieser Beamten für die Beförderung geeignet.
Recht bedeutsam ist die Frage der Privattechniker, auf die der Herr Abg. Dr. Schroeder wiederholt hingewiesen hat. Ich inter⸗ essiere mich persönlich für die Besserstellung dieser Gruppe von An⸗ gestellten, die sich im Vertragsverhältnis befinden, und habe mir seit Uebernahme des Ministeriums angelegen sein lassen, ihre Lage zu ver— bessern. Das wird auch anerkannt. Die Besoldungen dieser technischen Hilfsbeamten sind hoch, schon in jungen Jahren, sodaß es oft schwierig ist, tüchtige Hilfstechniker in etatsmäßige Beamtenstellen überzufübren, weil sie in diesen Stellen mit dem Mindestgehalt anfangen müssen. In diesem Jahre sind in den Etat nicht weniger als 113 technische Eisenbahnsekretärstellen und 100 technische Bureauassistentenstellen aufgenommen worden, ein Teil dieser Stellen fällt bewährten tech— nischen Hilfsbeamten zu.
Dann hat der Herr Abg. Dr. Schroeder ganz allgemein die Frage aufgeworfen, die sich ja jeder vorlegen muß, der mit den Personalien einer großen Verwaltung zu tun hat: woher die ungezählten Wünsche, nachdem erst vor kurzem eine so umfassende Besoldungsverbesserung durchgeführt ist, die den Staat in toto mit annähernd 200 Millionen, die Staatseisenbahnverwaltung mit 55 bis 58 Millionen belastete. Ver Herr Abg. Dr. Schroeder empfindet die Regelung in ihrer Ge— samtheit als eine unbefriedigende. Er führt dies überwiegend darauf zurück, daß die Gruppierung der Beamtenschaft unzweckmäßig erfolgt sei, und welter darauf, daß eine Deklassierung zahlreicher Orte bezüg⸗ lich des Wohnungsgeldzuschusses erfolgt sei. In letzterer Beziehung bin ich durchaus geneigt, seinen Ausführungen zu folgen. Ich glaube aber, wenn wir in der Besoldungsordnung eine ganz andere Gruppie⸗ rung vorgenommen hätten, wenn wir schließlich für jede Beamten— gruppe einen besonderen Gehaltssatz zurecht gemacht hätten: die Zu— friedenheit wäre niemals zustande gekommen. Das liegt in der heutigen Zelt, meine Herren. Die Beamtenschaft wird dauernd in Erregung gehalten durch die Presse, nicht zuletzt auch durch die Parlamente So sehr ich als Chef einer sehr großen Verwaltung und eines großen Personals bemüht sein muß, die Lage des Personals dauernd zu ver— bessern und der jeweiligen wirtschaftlichen Lage anzupassen, so sehr muß ich aber doch darum bitten, daß die Ansprüche kritisch geprüft werden.
Es hat mich gefreut, aus dem Munde des Herrn Abg. Dr. Schroeder zu hören, daß die von mir im Vorjahre in Aussicht gestellte Regelung des Akkordlohnverfahrens, die Einführung des sogenannten Stückzeitverfahrens, Anklang gefunden hat und als befriedigend angesehen wird vorbehaltlich der Bewährung in der Praxis. Wenn der Herr Abg. Dr. Schroeder meinte, hieraus ergebe sich ja nun unzweifelhaft, daß das alte Verfahren sehr wesentliche Mängel gezeigt habe, so kann ich das nur bedingt anerkennen. Ich freue mich aber sehr, daß das neue Verfahren eine Vervollkommnung bringen wird und daß berechtigte Wünsche der Arbeiterschaft Berücksichtigung finden. Daß die Arbeiter trotz ihrer Mitbeteiligung an den Vor— beratungen mit Mißtrauen an die ganze Angelegenheit herangehen, verstehe ich; das liegt nun einmal in uns allen, nicht bloß im Arbeiter, auch in der ganzen Beamtenschaft: wenn wir etwas Neues, Ungewohntes bringen, wird es mit Mißtrauen angesehen, es muß sich erst einleben. Ich möchte nochmals bestätigen, daß kein Arbeiter durch die Einführung des neuen Verfahrens eine Einbuße erleiden soll. (Bravo) . .
Dagegen kann ich dem Wunsche des Herrn Abg. Dr. Schroeder, seitens der Verwaltung eine Verbindung der Arbeiterausschüsse zu organisieren, nicht entsprechen. Die Arbeiterausschüsse haben keinen anderen Zweck, als für die einzelnen Dienststellen die Möglichkeit zu schaffen, ihre Wünsche an die richtige Adresse zu bringen, und wir
Auch eine Frage von allgemeiner
Frage der Anrechnung der
wünschen, daß die Arbeiterschaft in keiner Weise behindert wird, dies zu tun. Wir wünschen namentlich auch, daß sie sich nur über die Lohnfragen im allgemeinen und nicht über den Lohn jedes einzelnen unterhalten, und daß diese ihre Wünsche protokollarisch festgestellt und zur Kenntnis der Behörde, nämlich der Eisenbahndirektion — gebracht werden.
Nicht möglich ist es, den weiteren Wunsch zu erfüllen, daß 50jährige Arbeiter, die bisher im Akkordverfahren beschäfligt gewesen sind, auf den Tagelohn gebracht werden. Das würde uns wahr⸗ scheinlich das gesamte Akkordverfahren umwerfen, würde die weit— gehendsten Berufungen zur Folge haben, zumal es sich um eine sehr große Zahl von Arbeitern handelt; denn wir haben, wie ich zu unserer großen Befriedigung feststellen kann, 80 000 Arbeiter unter unseren Angestellten, die über 50 Jahre sind.
Auch der Wunsch der Kolonnenführer, in Beamtenstellungen übergeführt zu werden, wird sich nicht erfüllen lassen. Wir haben ja vor zwei Jahrzehnten Werkstäftenvorarbeiter herausgegriffen und sie zu Werkführern gemacht; das sind die beaufsichtigenden Beamten. Die Kolonnenführer fassen eine Gruppe von Arbeitern zusammen, aber sie arbeiten mit, sie verdienen mit. In dem Augen— blicke, wo wir sie zu Beamten machen, haben wir erlebt, daß sie, wie wir das in der Praxis schon öfters festgestellt haben, nicht mehr mit⸗ arbeiten wollen.
Endlich hat der Herr Abg. Dr. Schroeder dem Wunsche Aus— druck verliehen, daß bei der Berechnung des Lohndienstalters die An— rechnung der Militärdienstzeit ohne Vorbehalt erfolgen möge. Dieser Wunsch scheint mir nicht unberechtigt zu sein; ich will ihn jedenfalls einer wohlwollenden Prüfung unterziehen.
Auch der weitere Wunsch, daß die Arbeiter, die in unseren Betriebswerkstätten arbeiten und die Arbeiter, die in Hauptwerkstätten beschäftigt sind, in ihren Löhnen nicht so stark differenziert werden, wie es heute der Fall ist, kann einer Nachprüfung unterzogen werden. (Bravo!) Die Offferenzterung ergibt sich ja daraus, daß die
1 während die der Hilfswerkstätten ausschließlich im Tagelohn arbeiten; aber ihre Tätigkeit ist wesentlich die gleiche, und darum liegt der Wunrsch der Arbeiter nahe, hier einen größeren Ausgleich herbeigeführt zu sehen.
Der Abg. von Woyna hat durchaus mit Recht darauf hin— gewiesen, daß das Lokomotivpersonal eine besondere Berücksichtigung verdient angesichts der großen Verantwortung und der Schwere ihres Dienstes. Wir haben in Anerkennung dessen diesjährig nicht weniger als 800 neue Stellen für Lokomotivführer und ebenso viele Stellen sür Heizer vorgesehen. Die Anstellungsverhältnisse beider Gruppen — die Führerstelle ist ja eine Beförderungsstelle — sind nicht un— günstig. Der Heizer, der aus dem Werkstättendienst hervorgeht, wird mit 26 Jahren im Durchschnitt etatsmäßiger Beamter und der Führer mit 34 bis 35 Jahren etatsmäßiger Führer; er erreicht sein Höchst— gehalt im Durchschnitt bereits mit 48 Lebensjahren. Damit steht er sehr erheblich besser, als alle anderen Beamtengruppen.
Den weiteren Wunsch des Herrn Abg. von Woyna, die X bemessung unserer gesamten Arbeiterschaft — er hatte ganz über— wiegend die Rottenarbeiter im Auge —, so eintreten zu lassen, daß die großen Erwerbszweige des Landes, insbesondere die Landwirtschaft, darunter nicht Schaden leiden, läßt sich die Staatseisenbahn verwaltung durchaus zur Regel dienen; die Verwaltung ist aber nicht in der Lage anzuerkennen, daß der ortsübliche Tagelohn für sie ein Gradmesser für die Bemessung der Löhne sein kann, der ortsübliche Tagelohn, der unter ganz besonderen Gesichtspunkten gefunden wird, von einer Verwaltungsbehörde, demnächst von den Oberversicherungs— ämtern, die gar keinen Zusammenhang mit den großen Betriebsverwal⸗ tungen haben. Wir passen unsere Löhne den wirtschaftlichen Si tuationen jedes Ortes, unter Umständen jedes einzelnen Bezirks unter Berücksichtigung der Löhne, die die Arbeiter der großen werbsgruppen des Landes unter gleichartigen Verhältnissen beziehen. Wir nehmen alljährlich eine sehr sorgfältige Nachprüfung vor, ob die
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Löhne angemessen gestaltet sind, und greifen sofort ein, wenn wir feststellen, daß dieses nicht der Fall ist, wie sich das ja aus den Mit— teilungen bei Einbringung des Etats ergeben hat. Wir haben im laufenden Etatsjahr nicht weniger als rund 14 Millionen Mark zur Aufbesserung unserer Arbeiter verwenden können. Der ortsübliche Tagelohn ist der Lohn für gewöhnliche Handarbeiter, nicht für ständig beschäftigte Arbeiter. Es leuchtet ein, daß unter Umständen der Lohn für einen gewöhnlichen Handarbeiter, Tagearbeiter höher sein muß als für den ständig beschäftigten Arbeiter. Im großen ganzen würde für unsere Arbeiterschaft, wenn wir den Grundsatz an— wenden wollten, der gar keine Berechtigung hat, den orts— üblichen Tagelohn als Mindestlohn einzuführen, keine Ver— besserung herauskommen; an vielen Orten würde eine nennenswerte Verschlechterung eintreten. Unter allen Umständen müssen wir aber daran festhalten, daß die Lohnbemessung in der Hand der Betriebs— verwaltung bleibt und nicht in die Hand anderer übergeht, auch nicht anderer Behörden, auf die wir keine Einwirkung nehmen können.
Die Löhne unserer Werkstättenarbeiter haben eine ganz gleich mäßige Entwicklung gezeigt; sie sind bekanntermaßen unsere best— besoldeten Arbeiter. Auch die Löhne dieser Arbeitergruppen haben in den letzten 10 Jahren um rund 22 bis 240½ zugenommen.
Aus allen diesen Ausführungen, meine Herren, mögen Sie ent— nehmen, daß die Staatseisenbahnverwaltung wie in den früheren Jahren so auch in dem abgelaufenen Etatsjahr und in den kommenden die Sorge und die Pflege ihres Personals durchaus im Sinne hat.
Abg. Beyer⸗Dortmund (Zentr.): Die Arbeiterschaft wird durch nichts mehr erregt als durch ungleichmäßige Festsetzung der Löhne. Ueber diese Ungleichmäßigkeit werden aber vielfach Klagen laut. Die Handwerker, die in den Staatsdienst übertreten, müßten wenigstens ebenso bezahlt werden wie vorher in der Privatindustrie. Ich bitte den Minister, der Lohnfrage die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das neue Lohnsystem hat unbedingt den Vorteil, daß es nicht mehr so große, Schwankungen zuläßt wie das alte. Ein endgültiges Urteil läßt sich aber erst dann abgeben, wenn es eingehend erprobt ist. Es besteht vor allen Dingen bei den Arbeitern die Besorgnis, daß das neue Lohnsystem eine Kürzung ihler Einkünfte bringen wird, und zwar gründet sich diese Be— sorgnigz darauf, daß man nicht Probearbeiten vorgenommen hat, sondern einfach das frühere Stücklohnsystem in das Zeitlohn— system umgewandelt hat. Allerdings hat man zugesagt, daß man, wenn dieses Vorgehen Mißstände zeitigen würde, die Probe— arbeiten vornehmen lassen würde. In den Betriebswerkstätten wird darüber geklagt, daß fast die Hälfte der Putzer zum Fahrdienst herangezogen werde, sodgß die zurückbleibenden Putzer ohne eine Gu sch ati ng die ganze Mehrarbeit leisten müßten. Die Ruhepausen nach dem Dienst lassen viel zu wünschen übrig. Besonders sollte den Arbeitern eine genügende Sonntageruhe gewährt werden. Trotz
werden. venn die Diplomingenieure tommen
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1 hältnismäßig hoher Besoldung an. r
der Anweisung des Ministers sind Arbeiterausschüssen unterstellt. Die
sich zu Instituten des sozialen Friedens ausbilden. Die große. Menge der Staatsarbeiter muß ein ihren besonderen Verhältnissen angepaßtes Staatsarbeiterrecht erhalten. In den Reihen Ter Wagenmeister bestehen Vakanzen, aber Frotzdem ist seit Jahren kein Hilfswagenmeister als Wagenmeister angestellt worden. In der Gewährung der Unterstützungen soll den Beamten möglichst entgegengekommen werden, aber in einem Falle wurde ein Unterstützungegesuch erst erfüllt, nachdem die Begründung desselben gcändert worden war. Zwischenrufe des Abg. Hoffmann.) Abg. Hoffmann, Sie verstehen von Eisenbahnangelegenheiten gar nichts, also schweigen Sie. Ich habe dem Minister im vorigen Jahre für die Erfüllung einiger Wünsche gedankt, und dann habe ich n einer Nede in Münster gesagt, daß die jungen Leute ihren Verdienst nicht allein in Kleiderluxus anlegen, sondern ihren Eltern helfen sollten. Für diese beiden Todsünden hat mich die sozial— demokratische Presse heftig angegriffen (Zwischenrufe des Abg. Hoffmann), aber, Abg. Hoffmann, durch meine westfälische Saut dringt so leicht nichts durch. Die Sozialdemokratie ist ohn— mächtig, die Interessen der Eisenbahnangestellten zu vertreten. Diese werden am besten vertreten durch die nationalen Verbände der Cisenbahnangestellten und durch die bürgerlichen Parteien die ses
nicht, alle Arbeiter den Arbeiterausschüsse müssen
Abg. Dr. Maurer (nl): Dem Abg. von Woyna erwidere ch, daß bei den Wünschen des Abg. Schroeder nicht allein der nzielle Effekt maßgebend sein kann, sondern es auf die Ge— keit ankommt. Der Vorwurf des Herrn von Woyna ist un— chtigt, daß mein Freund Schroeder Wünsche ins Blaue hinein vorgebracht habe. Herr von Woyna ist in die Details nicht so ein— zeweiht, um so urteilen zu dürfen. Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, für die Wünsche der Eisenbahnangestellten einzutreten. Nach Lage der Verhältnisse ist es erklärlich, daß solche Wünsche aut werden. Allerdings hoffen auch wir, daß wir über die Wünsche virtschaftlicher Interessen wieder hindurchkommen werden zu großen dealen Gesichtspunkten. Es sollen 100 neue Stellen für Bureagu— geschaffen werden, aber keine einzige Stelle ist davon Hilfsbureaudiener übrig, sie werden mit Militär-
besetzt werden; aber die Hilfsbureaudiener haben den Wunsch, in die Klasse der Unterbeamten hinein—
Die Beamten, die von der Pike auf gedient haben,
lange warten, ehe sie zu Zugführern gemacht werden; da—
en werden die Militäranwärter nach kurzer Zeit zu Schaffnern Zugführern befördert. Wie sich der Zeitlohn bewährt, darüber ich nicht sprechen, mir fehlt dazu die Sachkenntnis, aber meine, daß, die Arbeiterschaft sich nicht unberechtigter nzufriedenheit hingeben, sondern erst einmal abwarten sollte, sich die Sache bewähren wird. Der Arbeiter muß sich auf die ren Zeiten einrichten und kann nicht nur den Anspruch erheben
aß sein Lohn erhöht werden muß. (Abg. Leinert: Das hätten Sie bei der Zipilliste auch sagen können (7 Es haben aber tatsächlich erhöhungen stattgefunden. Ein berechtigter Wunsch der Arbeiter
zt sich auf die Anrechnung der pensionsberechtigten Dienstzeit. Das ganze Pensionsgesetz paßt nicht mehr auf die heutigen Verhält— nisse und bedarf in dieser Hinsicht einer Revision. Die Werkführer müssen bessergestellt werden, sie stehen im Maximalgehalt hinter
ren, ähnlichen Beamten weit zurück. Die W
8 l
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der ive ü Man sollte an Beamten denken.
von 180 , macht im Jahre nur Die akademisch ge⸗ Techniker müssen auch in ibrer Rangstellung gehoben Es liegt nicht im Interesse der Eisenbahnverwaltung, alsbald suchen, wieder wegzu⸗ in bessere Privatstellungen einzutreten. Schließlich ist
Ingenieur gewesen, der diese große Maschine, die
21 60 6 16. bil deten
ez doch der Cisenbahn, erfunden hat, der die großen, stolzen Brücken gebaut hat, da sollte man auch diesem Stande eine größere Hochachtung tgegenbringen.
Ministerialdirektor Hoff: Es ist allerdings eine Anzahl Diplom⸗
ingenieure bei der Cisenbahnverwaltung beschäftigt, aber die Verwaltung
beabsichtigt, sie überhaupt nicht mehr anzustellen. Für die Diplom— ingenieure ist eigentlich kein rechter Platz bei uns, wir haben es dauernd nur mit den anderen Technikern, den Privatingenieuren und Hrivatarchitekten zu tun. Für diese ist 1909 eine allgemeine Regelung des Besoldungswesens erfolgt; früher bezogen sie ein Tagegeld, jetzt ein Monatsgehalt. Es ist wohl möglich, daß bei dieser Regelung, die sich nur auf abgerundete Summen belaufen konnte, der eine oder andere Beamte ungünstiger gestellt wurde als bei den Tagessätzen.
Soweit dies der Fall ist, wird selbftverständlich ein Ausgke ich bor— agenbommen;
n; es erhält niemand weniger, als er vorher erhalten hat. Im übrigen sind die gewährten Sätze durchaus angemessen; wir tellen die Techniker in verhältnismäßig jungen Jahren mit ver— l Selbstverständlich werden wir alür sorgen, die Beamten recht bald in etatsmäßige Stellen zu
bringen, und es sollen jetzt neue Stellen geschaffen werden. Für die
Prin) si ĩ sioni Hri hriwalbeamten regelt sich die Pensionierung nach der neuen Privat⸗ beamtenversicherung.
ö 9. Beamten werden durchaus mit Jerschtigkeit behandelt, und die Regierung hat aus eigener Puitiative ihr Wohlwollen, bekundet; es, bedurfte dazu der Aniegung dieses Hauses nicht. Dieses fürsorgliche Verhalten
9
h, Fon 8 Abg. Tuercke (kons.): Die
. der Regierung wird sicher gute Früchte tragen und wird dazu bei⸗ . tragen, daß das seit Jahren von Vertrauen getragene Verhältnis Rischen der Eisenbahnverwaltung und der Beamtenschaft und Arbeiter schaft weiter erhalten wird.
Daß nicht alle Wünsche erfüllt sind, ist
begreiflich. Wenn man die Flut von Petitionen sieht, mit der das
DHaus nnr r* h ü n ⸗. Dar alljährlich überschwemmt wird, und wenn man anderseits sieht, daß die Beamten mit guten Bezügen bedacht sind und daß Regie—⸗
ung und. Parlament gemeinsam und freudig daran mitgewirkt haben, , . der Beamten so hoch zu normieren, als die Steuer— . des Landes es irgend gestatten, Io möchte man sich wohl wen l wundern. Dig Zuschlaͤge zur Einkommiensteuer, die not⸗ , um die Gehälter zu erhöhen, sind von der steuer— on e e Höltkerung durchaus nicht freudig aufgenommen worden, und r . Steuerkraft der Bevölkerung nicht weitzer heranziehen. ungeht dag diese, Petitionen Auch nicht als den rin, einer n n en eren lichteit der Beamten auffassen. Die Beamten be ö n. dankbar die Wohltaten der neuen, Besoldungsordnung, ihre e be n nh der Beamtenverbände fühlen es geradezu, als iberhan ae alles zusammenzutragen, was man für (ine Petition die He ers nn en kann. Die Beamten sind sich darüber lar, ga ihter N ir bent mung feststeht, und, daß ein erheblicher Teil ⸗ . z überhauyt nicht realisierbar ist, aber. sie halten
deg Flvell, wenn sie ihre Wünsche zur Kenntnis der Regierung pa u Parlaments bringen, um gewissermaßen für die Zukunft spällorgen, damit sie dann nicht ins Hintertreffen geraten, wenn
einmal an eine Reform der Besoldungsordnung heran⸗ eg, rn kann. Das Recht zu diesen Petitionen kann man 6 . nicht bestreiten, aber die Beamten sellten nicht pere lttiff ere zum Vergleich heranziehen. Die Besoldungs= hafteste sind bei der Besoldungsordnung uf das gewissen⸗ Hrunsackprüft worden und es ist durchweg nach dem alfpreußischen
DCGrundsa ; J satz verfahren worden, einem jeden das Seine zu geben.
Auch kann es ja bei einem so großen Werke nicht ausbleiben, daß Unstimmigkeiten eintreten. Das * wird sich niemals ganz ver⸗ meiden lassen. Die Forderung der Eisenbahnassistenten halten wir für durchaus berechtigt. Wir haben uns auch im vorigen Jahre den Wünschen des Hauses voll angeschloßsen. Die jetzigen WG'Uhältnisse können nicht als ausreichend angesechen werden. Wir müssen Mittel und Wege finden, wie den Forderungen der Effen— bahnassistenten Gerechtigkeit werden kann. Wir müssen anerkennen, 34. die Staatsregierung den Etat durchaus wohlwollend für die Beamtenschaft aufgestellt hat. Es sind rund 6000 neue Stellen geschaffen worden. Hoffentlich wird es möglich sein, da, wo die Wun sche der Beamtenschaft berechtigt sind, auf diesem Wege e m nung der Stellen den Wünschen gerecht zu werden. Das er fi ba heffahrph z ongl wünscht eine gleichmäßigere Negelung der e ezüge. Bei Den Lademeistern, den. Unterassistenten und den Bahnhofs meistern, die sehr oft die Dienste von Assistenten leisten, wären Remunerationen am Platze. Dadurch könnten viele Wünfche dieser Beamten hefriedigt werden. Meine politischen Freunde würden nichts dagegen haben, wenn nach diefer Richtung der Fonds für Nemunnergtionen eine Erhöhung finden würde. Die Löhne der Eisenbahn— gibetter sind um 14 Millionen erhöht worden. Das ist äußerst erfreulich. Wenn der Minister die Eisenbahnarbeiter durch einen Erlaß auf ihre Pflichten, welche sie dem Staate und der Nation gegenüber haben, hingewiesen hat, so sind wir damit durchaus einverstanden. Dieses Vorgehen des Ministers liegt auch im Interesse der Arbeiter selbst. Die bürgerlichen Parteien haben auch die Pflicht, in ihrer Uursorge für die Arbeiter nicht zu erlahmen und alles zu tun, was um. Wohle der, Arbeiter möglich ißt. einrichtungen müssen immer weiter ausgebildet werden. Es besteht der Wunsch, daß die Arbeiter sich in der Pensionskaffe B in einer höheren Klasse, als sie ihrem Lohn entspricht, versichern lassen können. Hei der Ueberführung in das Beamtenverhältnis werden oft tüchtige Arbeiter wegen ihres vorgeschrittenen Lebensalters zurückgewiesen; diesem Mißstande muß abgeholfen werden. Ich hoffe, daß die Ar⸗ beiter sich des Wohlwöllens, das ihnen entgegengebracht wird, würdig zelgen.
ö. Abg. Dr. König Gentr. : Daß eine einheitliche Regelung des Böeamtenrechts möglich ist, zeigt das Beispiel von Bayern. Ich möchte den Minister bitten, im Staatsministerium dahin zu wirken, Daß, eine eingehende Nachprüfung des Ortsklassensystems erfolgt. Die Wünsche der Bahnhofsaufseher und der Magazinaufseher sind lebhaft zu unterstützen. l
Besonders die Wohlfahrts⸗
ützen. Es ist zu begrüßen, daß der Minister den Ministerial— direktor Hoff mit der Leitung der Kommission, die die Frage der Gisenbahnhandwerker und arbeiter zu prüfen hat, betraut' hat. Ministerialdirektor Hoff hat die Geschäfte der Kommission in vor- nehmer und wohlwollender Weise geführt. Alle Wünsche haben leider nicht erfüllt werden können. Das neue Lohnsystem wird aber hoffent— lich die darauf gesetzten Erwartungen erfüllen. Die guten Absichten der Zentralinstanz mit den Arbeiterausschüssen werden oft durch das Vorgehen der unteren Instanzen zunichte gemacht, indem die ÄAn— gegungen einfach gar nicht beantwortet werden. Darauf muß der Minister ein wachfames Auge haben. .
Um 47 Uhr schlägt Präsident Dr. Freiherr von Erffa vor, noch einige Zeit weiter zu verhandeln, damit nicht am Freitag eine Abendsitzung notwendig wird.
Abg. Dr, Pachnicke (fortschr. Volksp.) beantragt die Ver— tagung der Sitzung, da der nächste Redner, der Abg. Belius, beim besten Willen seine Rede nicht so kurz fassen könne, daß das Haus nicht weit über die gewohnte Zeit zusammenbleiben müsse. s
Präsident Dr. Freiherr von Erffa hält an seinem Vorschlage fest. Er glaube doch nicht daran, daß die Herren bei gutem Willen sich nicht kürzer fassen könnten.
Der Vertagungsantrag wird abgelehnt.
Abg. Delius (fortschr. Volksp.): Es gibt jetzt in der Eisen— bahnperwaltung nur noch 388 technische Betriebs fekretäre, um so herechtigter ist der Wunsch, daß ein Teil dieser Beamten zu Eisenbahnsekretären befördert wird. In diesem Jahre werden die Stellen der Eisenbahnsekretäre um 200 vermehrt, um besseres Avaucement zu schaffen. Die älteren Be hnhofsvorsteher sollten zu. OherhahnhofshKzorstehern befördert werden. Der Wohnungsgeld— zuschuß der Kanzleidiätare ist ganz verschieden bemessen, manche Eisenbahndirektionen gewähren 200 S, andere nur 40 „,; darin sollte doch Einheitlichkeit herrschen. Die Zugführer wünschen, bei der Anrechnung des pensionsfähigen Einkommens ebenso behandelt zu werden wie die Lokomotivführer. Wenn die Lokomotivführer aus dem Dienst gezogen werden, verlieren sie ihre Nebeneinkünfte; man Fsollte ihnen wenigstens einen Teil, derselben belassen. Die Bahnhofsaufseher in selbständigen Stellungen wünschen eine Stellenzulage. Die Stationsassistenten wollten kürzlich elne Audienz beim Minister nachsuchen; der Minister, der seine Beamten immer sehr freundlich empfängt, war leider nicht da, und sein Stell dertreter empfing die. Deputation unfreundlich und fertigte sie in 15 Minuten ab. Die Beamten sollen doch zu ihrer porgesetzten Behörde. Vertrauen haben, das ist aber bei solcher Behandlung nicht möglich. Für die Lademeister sind nur 36 neue Stellen vorgesehen, das genügt für die Beförderung nicht. Die Stellen der Wagenmeister sind sogar verrinßert worden. Die Fahrkartenausgeber sind die einzige Kategorie der Unterbeamten, die nicht unkündbar angestellt wird; ich bitte den Minister, die Anstellung unkündbar zu machen und auch für die älteren Beamten Beförderungsstellen zu schaffen. Die Magazinaufseher werden geradezu als Stieskinder behandelt. Die Rangierer wünschen eine Stellenzulage und eine bessere Vorbildung für den Rangierdienst, damit nicht mehr so piele Unglücks⸗ fälle vorkommen. (Inzwischen hat sich das Haus so weit geleert, daß kaum noch 30 Abgeordnete im Saale anwesend sino.) Die älteren Stationsgehilfen sind nicht so berücksichtigt worden, wie sie es zu beanspruchen hätten. Die Tagegelder der noch nicht angestellten Eisenbahngehilfen sind zu gering. Die angestellten Eisenbahngehilfen müßten den Telegraphisten der Reichs verwal⸗ tung gleichgestellt werden. Von den Weichenstellern haben manche nur eine Aufbesserung durch die Besoldungsordnung von ß2 ις erhalten. Die letzte Besoldungsregullerung hat eine Menge ben Härten gezeitigt, die unbedingt beseitigt werden müssen; vor allem die Unterbeamten haben unter dieser Besoldungsordnung ge— litten. Ueber kurz oder lang wird man doch zu einer Aenderung kommen müssen. Der Redner bringt weiter die Pensionsangelegenheit eines Rottenführers zur Sprache, bittet Len Minifter Um Prü— fung der Angelegenheit und fährt fort: Die Ärbeiterlöhne müssen unbedingt aufgebessert werden. Für Streckenarbeiter kommen Löhne von 1,89 A6 vor. Als Mindestlöhne für die Arbeiter muß der ortsübliche Tagelohn gelten. Die Arbeilerausschüsse werden in der Regel nur als Dekorgtionsstücke benutzt; nur die unwichtigsten Forderungen werden erfüllt, alle wichtigen Forderungen werden aber unbeantwortet gelassen. Die Einberufung der Arbeiterausschüsse Leschieht in manchen. Direktionen erst nach wiederholtem Drängen. Gegen eine Einschränkung des Vereinsrechts der Eisen— bahnheamten muß ich entschleden protestieren. Die Vorsitzenden Rr Vereine werden in jeder Weise schikansert. Der Teiter?' einer i g n nnn, in der ich gesprochen habe, wurde mit einer Geldstrafe von 5 S belegt, weil er bei der Eröffnung gesagt haben soll, daß von der Eisenbahnverwaltung Spottlöhne gezahlt würden. Abg. Hoffman n: Löhne von 1,86 (6 sind auch Spottlöhne!) Ich habe diese Aęußerung nicht gehört, die Strafe ist auf Grund stenographischer Notizen eines Schutzmanns ausgesprochen worden. Ich habe Sie lange in Anspruch nehmen müssen, aber noch nicht so lange, wie die beiden Zentrumsredner, die stundenlange Reden gehalten haben. (Abg. Hoffmann: Nachdem sie die Vertagung abgelehnt haben, sind sie ausgelniffen.) Ich erkenne an, daß die Eisenhahnverywaltung sozialyolitische Fortschritte gemacht hat, aber es bleibt noch viel zu tun übrig.
Um 5 Uhr wird die Weiterberatung des Eisenba ts auf Freitag 11 Uhr vertagt. 9 senbahnetats
Handel und Gewerbe.
Reichsamt des Innern zusammen⸗ In dust rie und
(Aus den im ; . gestellten „Nachrichten für Handel, Landwirtschaft“ ).
Schweiz.
Verzollung des Abfalls von raffiniertem Zucker. Den durch den fruheren schweizerischen Zolltarif hervrrgerufenen fort— währenden Schwierigkeiten bei der Verzollung von Zucker sollte der neue Tarif dadurch abhelfen, daß Abfall von raffiniertem Zucker ohne Rücksicht auf die Form dem Hutzucker gleichgestellt wurde. Als Abfallzucker wurde der unter der Benennung „gros déchets und vpetits 46chets“ eingehende, beim Zersägen von Hüten und Blöcken zu Würfeln sich ergebende natürliche Abfall verstanden. Anderseits wurde im Interesse der einheimischen. Zucker ver— brauchenden Industrien (Schokolade, kondensierte Milch usw.) der sogengnnte Pils (Stampf⸗JZucker ohne Einschränkung mit Bezug auf den Grad der Raffinierung der Position 68 zu 5 Fr. für 1' 4 zu— geteilt. Diese veränderte Sachlage machte sich der Zuckerhandel insofern zu Nutzen, als die Einfuhr von „gros déchets“ plötzlich nachließ, indem man die Abfälle von raffinlertem Zucker den Pilé⸗ brecher passieren beziehungswesse in Maschinen zertrümmern ließ, um die Ware zum Satze von 5. Fr. für 1 4 einführen zu können. Um zu verhindern, daß die gesetzliche Bestimmung der Position 69 „Abfall von raffiniertem Zucker“ nicht illusorisch werde, hat es sich nach dem Geschäftsbericht des eidg. Zolldepartements als notwendig erwiesen, die Begriffe Pils und Abfall von raffiniertem Zucker, wie folgt, zu bestimmen:
Pils der Position 68 besteht in der Hauptsache aus nußgroßen Stücken, vermischt mit solchen kleinerer Abmeffungen bis zum pulver— förmigen Staube.
Als Abfall von raffiniertem Zucker der Position 69 gllt da— gegen: 1) Zucker der vonrbeschriebenen Art mit verhältnismäßig vielen großen Stücken zerschlagener Hüte, die herausgelesen und als „gros déchets“ verkauft werden könnten; 2) Zucker in kleinen Stücken, denen entweder kein Staub mehr oder bloß sehr wenig beigemischt ist, bei denen also Staub und kleine Stücke durch Absieben entfernt sind; 3) Zucker in kleinen Stücken, die einerseits von größeren Stücken, anderseitß von Staub durch Sieben getrennt wurden (petit déchets). (Schweizerisches Handelsamtsblatt.)
Dänemark.
Vorläufige Beibehaltung von altem Maß und Ge— wicht im Handel mit Wein und Spirituofen. Ein Gesetz vom 4. Mai 1997 sieht die Einführung des metrischen Maß- und Gewichts spstems in Dänemark vor. Nunmehr ist durch ein Gesetz vom 1. April 1912 für den Wein und Spirktuosenhandel die Weiter benutzung von Maß und Gewicht nach den alten Systemen bis zum 1. Juli 1912 zugelassen worden. Sollte die dem Reichstag zuge— gangene Vorlage über die Branntweinbesteuerung usw. Gefetz werden, so können altes Maß und Gewicht auch noch weiterhin, bis zu dem Tage des Inkrafttretens des letztbezeichneten Gesetzes, verwendet werden. ¶Lovtidenden.)
Einfuhr von Eisenwaren nach Britisch Indien.
Die Lage der Einfuhren von Eisen, und Stahlprodukten hat auch im Jahre 1910 11 wiederum weitere Fortschritte zugunsten des Stahleg gemacht, denn während der vorjährigen Einfuhr von Eisen im Gewicht von 282 485 Tonnen nunmehr eine solche von 280 043 Tonnen gegenübersteht, war das Verhältnis beim Stahl gerade umgekehrt; hier hob sich die Einfuhr von 319 799 Tonnen auf 362 908 Tonnen.
Während nach der Lage der Verhältnisse Eisenprodukte, wie Träger, Schienen, Bleche, Röhren, Nägel, Schrauben u. dergl, vornehmlich aus England bezogen werden, nehmen dagegen Deutschland und Belgien den größeren Teil der Lieferungen von Stahl für sich in Anspruch. Bei der Gesamteinfuhr von Eisen im Gewichte von 280043 t lieferten England 216 372 t, Deutschland und Belgien 46206 t, von Stahl im Gewichte von 362 908 Eng⸗ land 168 783, Deutschland und Belgien 182576 t. Besonders leistungs fähig ist die englische Industrie in Wellblechen, ver— zinkten Blechen, Röhren und Bandeisen. Sehr schwer scheint es besonders der deutschen Industrie zu werden, den eng⸗ lischen Wellblechfabrikanten konkurrenzfähig gegenüberzutreten. Denn von den angefahrenen 127365 t im Werte von etwas über 33 Millionen Mark lieferte England allein 124759 t für 32 394 000 Æ„, während Deutschland und Belgien zusammen nur 475 t oder für 112189 4 anbrachten. Bei diesen Zufuhren ist es besonders am Platze, die belgischen und deutschen zusammen anzu. führen, da sie nach den vorliegenden Statistiken der indischen Zoll⸗ behörde nicht derart getrennt angeführt werden, daß auch tatsächlich die über Antwerpen verladenen deutschen Erzeugnisse immer als deutsche Ware figurieren. Häufiger dürfte gerade das Gegenteil der Fall sein, nämlich daß sie als Waren belgischen Ursprungs erscheinen, da die Handhabung der indischen Statistik nicht immer nach dem Ursprungglande, sondern vielmehr nach dem Verschiffungslande ausge⸗ führt wird.
Infolge der allgemeinen schlechten Lage der indischen Industrien hatte auch im Jahre 191011 die Einfuhr von Maschinen, Ar— maturen, Betriebseinrichtungen u. dergl. einen weiteren Rück. gang zu verzeichnen. Ihr Wert ging von 69 Millionen im Vor— jahre auf nunmehr 64 Millionen Maik zurück. Dabe ist es jedoch erfreulich, berichten zu können, daß der deutsche Anteil sich von 86 000 6 im Vorjahre auf nunmehr 1 911570 6 hob. Werden dann bei dieser Einfuhr noch die über Antwerpen verladenen Maschinen, worunter sich noch manche deutsche befinden dürfte, berücksichtigt, so hob sich der Wert von zusammen 1 466 140 auf 3 942 120 S.
Es ist zu hoffen, daß dleser Fortschritt den deutschen Maschinenbauer zu weiteren Anstrengungen anspornen wird, um auf diesen großen Absatzgebieten neue Erfolge für die heimische Industrie zu erzielen. Am meisten beteiligt ist England, das für sich in diesem Jahre den gewaltigen Antell von 563 Millonen Mark ge⸗ sichert hatte. Aber auch Nordamerika (Ver. St.) betätigt sich rũhrig in diesem Lande und hat gute Fortschritte gemacht. Der deutsche Fabrikant sollte besonders sein Augenmerk auf die Lieferung von Dampfmaschinen, Lokomobilen, Petroleum ⸗ und Gas⸗ moteren, Oelpressen, Druckereimaschinen, Pumpen, Ballenpressen und Einrichtungen für die Zuckerfabri— kation, Zündholzfabriken u. dergl. richten. In allen diesen Fabrikaten dürfte das Absatzgebiet von Jahr zu Jahr zunehmen.
Die Einfuhr der Gegenstände, welche in die Rubrik der Eisernen Kurzwaren fallen und ü. a4. Gegenstände, wie Messer⸗ waren, landwirtschaftliche Geräte, Emaillewaren, Lampen, Nähmaschinen u. dergl., umfassen, hob sich von 37 Millionen im Vorjahre im Jahre 1919,11 auf 453 Millionen Mark. Erfreulicherweise beteiligte sich auch die deutsche Industrie mit einer entsprechenden Erhöhung bei dem Absatz dieser Fabrikate. Ihr Anteil hob sich von 5 Millionen auf 6z Millionen Mark; wird dagegen die Zufuhr von Deutschland und Belglen zusammengenommen, so stellt sich die Erhöhung von 7 auf 10 Milllonen Mark, der eine englische Einfuhr von fast 28 Millionen Mark gegenäbersteht.
Neben England kommt vornehmlich bet landwirtschaftlichen Geräten und bei Werkzeugen Nordamerika in Frage, dessen Einfuhr sich auf 91 200 bezw. 346 170 6 in diesen Artikeln bewertete. Für Emaillewaren kommt besonders Oesterrelch (1937 000 „) mit seinen billigen Waren in Betracht. Aber auch in Lampenwaren sind Oesterreich und Nordamerlka scharfe Mitbewerber. Die über England eingeführten Nähmaschinen dürften zum größten Teil amerikanischen Ursprungs sein. (Aus einem Bericht des Handels⸗ sachberständigen bel dem Kaiserlichen Generalkonsulat in Kalkutta.)