1912 / 97 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Apr 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Tarif⸗ ab⸗ schnitt

Warengruppe

Spezialhandel Deutschlands nach Warengruppen.

2 Werte.“)

Einfuhr Aus fuhr ;

März

Januar / März

Januar / März

Tarif⸗ ab⸗

1912

1912 1911

19

1911 schnitt

1000 4

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Warengruppe

Einfuhr

AuRtss fuhr

Januar

März

Januar / März

1912

1911

1912

1911

1000

66

Erzeugnisse der Land⸗ und Forstwirtschaft und andere tierische n. pflanzliche Natur⸗ erzeugnisse; Nahrungs⸗ und 1

Erzeugnisse des Acker⸗, Garten⸗ und Wiesenbaues...

Erzeugnisse der Forstwirtschaft

Tiere und lier sche Erzeugnisse

Erzeugnisse landwirtschaftlicher Nebengewerbe ...

Erzeugnisse der Nahrungs⸗ u. Genußmittelgewerbe, in den Unterabschnitten A bis D nicht inbegriffen..

Mineralische und fossile Roh⸗ stoffe; Mineralöle. Erden und Stein... Erze, Schlacken, Aschen .. Fossile Brennstoffe .. Mineralole und sonstige fos Mehl gfftfcf.. Steinkohlenteer, Steinkohlen⸗ teeröle und Steinkohlen⸗ ö

silẽ

Zubereitetes Wachs, feste Fett⸗ säuren, Parafsin und ähnliche Kerzenstoffe, Lichte, Wachs⸗ waren, Seifen und andere unter Verwendung von Fetten, Oelen oder Wachs herge⸗ .

Chemische und pharmazentische Erzeugnisse, Farben und ö,

Chemische Grundstoffe, Säuren, Salze und sonstige Verbindungen chemischer Grundstoffe, anderweitig n nne,

. und Farbwaren .. e ssse, Mack Ritt.

Aether; Alkohole, anderweitig nicht genannt oder inbe⸗ griffen; flüchtige 6h. rische Oele, künstliche Riechstoffe, Riech⸗ und Schönheitsmittel. ( Par⸗ . und kosmetische

ö,,

Künstliche Düngemittel ..

Sprengstoffe, Schießbedarf und ö e,

Chemische und pharmazeutische Erzeugnisse, anderweitig ,

Tierische und pflanzliche Spinn⸗ stoffe und Waren daraus; Menschenhaare; zugerichtete Schmuckfedern; Fächer und Hilte * 1 1 1 1 2 2 1

a

Wolle und andere Tierhaare . Ausnahme der Pferde⸗

zaare aus der Mähne und dem Schweife) .

Baumwolle k

Andere pflanzliche Spinnstoffe

Buchbinderzeugstoffe, Paus⸗ leinwand, wasserdichte Ge⸗ webe, Gewebe mit aufge⸗ tragenen Schleif⸗ oder 5. liermitteln; Linoleum und ähnliche Stoffe....

Watte, Filze und nicht genähte ,,

Pferdehaare (aus der Mähne oder dem Schweife) und Waren daraus....

Kleider, Putzwaren und sonstige

enähte Gegenstände aus h , oder Filzen, anderweitig nicht genannt

Künstliche Blumen aus Ge— spinstwaren, Regen⸗ und Sonnenschirme, Schuhe aus Gespinstwaren oder k

Menschenhaare und Waren da⸗ raus, zugerichtete Schmuck⸗ federn, Fächer und Hüte.

Abfälle von Gespinstwaren

und dergleichen...

bil 146 3607 829 54 712 192791

52778

3030

77 666 12777 36211

16337.

11 530

831

34398 1913 387

4225 3 460

76

13 150 21 173

23 422 16 647 5 135

161

3 822

1347

1œ⸗756931 924738 43 580 38 903 141 806

1543262 7865 986 139778 493 392

114916

9 904

212 6807 32 295 89 564 53 315

35 327

169 4532 28 533 69 756 5b 819

33 zy

2306 1974

III 030

60 563 4 852 831

74 399 5174 924

gos ze! 62 3569

213724 60 627

68 461 49953 16 242

9 8265 3 986

133 761

124 195 48431

7465 30743

31918

5648

59 5 324 1904

48161

1076

3 291

29743 19744 618

1901

2928 4124

341 171 140 814 22 107 S0 602

81 718

15 930

171 571 12 580 5328 141 206

2936

9 h21

195 085

S0 234 b9 828 1643

368 769 61 866

106611 130 874 10850

1075

27961

h 399

6 585 10501

4

75 i 136 880 36 355 b⸗

135 784

.

14

nr:

ö

1486 3565 10 568 4237 120 696

3 984

8873

190 J66

7071 11191

10291

179185

109 963 121 3755 10 8566.

26 613

1901

1 817 8 665

Leder und Lederwaren, Kürschner⸗ waren, Waren aus Därmen RJ J Kürschnerwaren. .. Waren aus Därmen . w

I,, Waren aus weichem Kautschuk Hartkautschuk und Hart⸗

kan th green

Geflechte und Flechtwaren aus pflanzlichen Stoffen mit Aus⸗ nahme der Gespinstfasern

Geflechte (mit Ausnahme der ö Flechtwaren (mit Ausnahme der Hüte und Sparterie⸗ J Sparterie und Sparteriewaren

Besen, Bürsten, Pinsel und , .

Waren aus tierischen oder pflanz⸗ lichen Schnitz⸗ oder Former⸗ ,

Waren aus tierischen Schnitz⸗ . . . k Waren aus anderen pflanz⸗ lichen Schnitzstoffen als Holz und Kork oder aus anderweitig nicht genannten ,

Papier, Pappe und Waren daraus Bücher, Bilder, Gemälde

Waren aus Steinen oder anderen mineralischen Stoffen (mit Ausnahme der Tonwaren) sowie aus fossilen Stoffen.

Don eren Glas und Glaswaren.

Edle Metalle und Waren daraus Gold (Gold, Platin u. Platin— metalle, Bruch u. Abfälle

von diesen Metallen, Gold—⸗

und Platinwaren) ... Silber (Silber, Silbergekrätz, Bruchsilber, Silberwaren)

Unedle Metalle und Waren JI Fisen und Eisenlegierungen. Aluminium und un wn eg rn, . Blei und Bleilegierungen Zink und Zinklegierungen inn und Zinnlegierungen (einschließl. des Britannia⸗ , Nickel und Nickellegierungen. Kupfer und Kupferlegierungen Waren, nicht unter die ib. schnitte A bis G fallend, aus unedlen Metallen oder aus Legierungen unedler lle,

Maschinen, elektrotechnische Er⸗ zeugnisse, Fahrzeuge.. k Elektrotechnische Erzeugnisse. k Feuerwaffen, Uhren, Tonwerk⸗ zeuge, Kinderspielzeug

Fe waffen

H . uge Kinderspielzeue ...

liuvollständig angemeldete Waren

Zusammen ... Davon Reiner Warenverkehr .. Gold (769 a— d) .... Silber (7722 —«—) .

März 1911 zus.

Reiner Warenverkehr.

k

, Gegen 1911 mehr (4)

13 526 5051 2159 6258

1

57 2297 2211

27034 2832 50 9649 9670 1660

1588 1971

1349 35 28 155

2083

l0o 375 7 357 716 225

2 644 174 2059 344 87

3

8 326

136 041

26 312

5005

4330

b6 511 16797

109 1563 23 235

2587 4663 6036

10747 2855 56 592

2438

19115 12 590 2211 4317

71191 37 5796 800 224

152

136 14 106 255

1143

23960.

8 857 2397

45 939

22 597

221785 137 441 49 965 34 382

ge goꝛ dh 29 17 754 14877

14 1449, 2120 2339 6124

368 5851 3 6511 17768

3 do 10 821

ü 862119

2364

2190 828

1345 17

2 96

29 529

3379 13 760 1038

13 724 12100

349 606 2652 487

2299 4821 17 800

8 896 2226

.

41819

213 325 116327 60 096 36903

37781 3292 6 625

222

16373

11491 5 406

942 289

914 550 25 481 2 258

26368 50

2580 640) 51 449 8636

2 346 105

2282 129 51 129

1 15 447

171 zs 2112455 hs 718 2 067 324

38213 83530

13 8471) 35 80163)

1 960472 1965794

J

6055 8 623

27739 838 zh .

20 046

1665

P 290 245

58 310

66 576

710014

17 668 45131 d, 7s

2314

3115

4131983

14 678

Die Einfuhrwerte werden, soweit sie nicht anzumelden sind, nach den für das Vorjahr festgesetzten Einheitswerten berechnet. Für Getreide und Mehl sind besondere Einfuhrwerte festgesetzt. Die Ausfuhrwerte sind anzumelden. Wertzahlen für die Einfuhr von Wertpapieren (674 d) sind noch nicht festgestellt, für die Ausfuhr werden die angemeldeten Werte noch nicht veröffentlicht.

3) einschl. Abfälle von der Silberverarbeitung, Bruchsilber und Barren daraus.

1) ohne Abfälle von der Goldverarbeitun

einschl..

Berlin, den 20. April 1912.

n.

g und Bruchgold, nicht

in Barren.

. 10.

9) ohne ( K

Kaiserliches Statistisches Amt.

Delb rück.

. . J

Denutscher Reichstag. 2. Sitzung vom 20. April 1912, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tages ordnung steht zunächst die Beratung des semmiden Antrags des Mitgliedes des Reichstags Dr,. Arendt, reffend Vornahme von Erhebungen über die Sicher⸗ it der Passagiere und Mannschaften auf deutschen hiffen.

Nach der in der vorgestrigen Nummer d. Bl. mitgeteilten searündung des Antrags durch den Abg. Dr. Arendt (Np.) mrift das Wort der

Stellvertreter des Reichskanzlers, mern Dr. Delbrück:

Meine Herren! Wir sind uns wohl alle einig in dem Empfinden screr aufrichtigen und unserer herzlichsten Teilnahme für alle die— ger, die von dieser furchtbaren Schiffskatastrophe betroffen worden ö ssehr richtig! auf allen Seiten des Hauses), einig in dem mrsinden der herzlichsten Teilnahme für die betroffenen Nationen E ihrer einzelnen Mltglieder, die durch diese Katastrophe in Mit— denschaft gezogen sind. Wir werden aber auch darüber einig sein, falle, die es angeht, verpflichtet sind, aus dieser Katastrophe ihre hren zu ziehen. (Lebhaftes Sehr richtig) Aber, meine Herren, nicht für angezeigt, heute an dieser Stelle öffentlich eine materielle Erörterung der Sache einzutreten (leb— fte Zustimmung links), eine Erörterung, die nicht abgehen kann ne eine Kritik von Vorgängen, die uns noch gar nicht hinreichend ant sind. (Wiederholtes lebhaftes Sehr richtig! links.) siese Erörterung wird vorzunehmen sein, wenn die Ursachen festgestellt d, die zu dieser Katastrophe geführt haben, und wenn sich annähernd rsehen läßt, ob und welche Mittel gefehlt haben und geeignet ge⸗ Fen wären, die Zahl der Opfer zu beschränken. Herren, dle von unserer Seite sannschaften und Passagieren unserer Dampfer 1 seinerzeit erlassen unter sorgsamer s damaligen Standes der Technik. Ich fer mit Rücksicht darauf, daß die Technik im Schiffsbau ja eher dauernden und gewaltigen Fortentwicklung hegriffen ist, un⸗ ttelbr nachdem die ersten Einzelheiten über den Untergang der t bekannt geworden waren, meinerseits eine Revision der lenden Bestimmungen in die Wege geleitet (hört, hört), und ich min der Lage, hinzuzufügen, daß auch schon unsere großen Schiff— hrtJgesellschaften und die Seeberufsgenossenschaft ihrerseits seit nigen Tagen am Verhandeln über diesen Gegenstand sind. (Bravo!) hh werde mich mit den beteiligten Kreisen in allerkürzester Zeit zu ner gemeinschaftlichen Erörterung dieser Frage zusammenfinden. Ich nie die Ueberzeugung, meine Herren, daß es der Regierung, unseren witänen, unseren Reedern und Schiffbauern, deren Umsicht und sberlässigkeit in der Fürsorge für Schiff, Mannschaften und sagiere von der ganzen Welt anerkannt ist (lebhaftes Sehr richtig!), ngen wird, gemeinschaftlich die Mittel und Wege zu finden, um

Vorschriften zu kommen, die nach dem Stande der Technik möglich

d erfolgver sprechend sind. Frage, ob eine internationale Regelung dieser An— heit angezeigt sei, ist bereits erwogen worden, und das Deutsche aich wird bereit sein, jeder in dieser Beziehung an es herantretenden mung Folge zu geben. (Bravo!) meine Herren, ich hoffe, daß der Herr Abg. Dr. Arendt seraus ersieht, daß alles das, was er wünscht, bereits in die Wege leitet ist. Die Regierung würde nichts taugen, die sich an so selbst⸗ srständliche Pflichten durch die Volksvertretung erinnern lassen müßte. ubhafter Beifall links.)

Abg. Haase (Soz.) (zur Geschäftsordnung): Mit Rücksicht auf Erklärung des Staatssekretärs beantrage ich, diesen Gegenstand der Tagesordnung abzusetzen.

3. Dr. Arendt (Rp.): Da nach den Erklärungen des Staats— hretärs eine weitere Verhandlung irgendwelche Ermittlungen kaum äbeiführen würde, ziehe ich unseren Antrag zurück.

Damit ist dieser Gegenstand erledigt.

Staatssekretär des

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) halte e686 m

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zum Schutz von gegebenen Vor⸗ Berück⸗

habe

Meine

9 6! ane

Nss, Also,

Es folgt die erste Beratung des von sämtlichen Fraktionen Es Reichstags eingebrachten Gesetzentwurfes zur Aenderung 85 Strafgesetzbuchs, der die vom vorigen Reichstage icht erledigte, sogenannte kleine Strafgesetzbuchnovelle unter lusscheidung einiger strittiger Materien wieder aufnimmt. lbg. Well ste in (Zentr.), der an der Spitze der Antrag— sieller steht, verzichtet aufs Wort. Abg. Dr. Arendt (Rp.): (Ruf links: Schon wieder!) Es muß doch öchst befremdlich bezeichnet werden, daß ein solcher Antrag nicht det wird. Er bedarf einer sehr gründlichen Erörterung, denn tzerordentlich schwierige Fragen stehen darin zur Entscheidung. die Vorarbeiten dazu hat eine Kommission des vorigen Reichstags macht. Es ist das erste Mal, daß ein neuer Reichstag, der eine nz andere Zusammensetzung hat als sein Vorgänger, die Kommissions⸗ beit des letzteren übernimmt. Diesen außerordentlichen Präzedenzfall süssn wir ausdrücklich feststellen. Die Annahme des Antrags kann icht so kurzerhand vorgenommen werden, wenn auch eine Anzahl zutisten sich darüber verständigt haben, denn in allen Fraktionen sind cgner desselben vorhanden. Der Antrag enthält nur einen Teil der Regierungsvorlage. Der wichtigste Teil, um deswillen sie ahl überhaupt gemacht wurde, ist in dem Antrage nicht enthalten. sh halte die Annahme des Antrags für eine Niederlage der ver— bindeten Regierungen, insbesondere des Staatgsekretärs des Reichs⸗ ltiamts, denn alles, was den Parteten der Linken dapon nicht am eien lag, ist weggefallen. Der Staatssekretär ließ sich ruhig die Ronen aus dem Kuchen nehmen; wie es nachher mit dem Kuchen perden wird, ist eine andere Frage. Gewiß ist das Strafgesetzbuch, s 4 Jahre in Kraft steht, revifionsbedürftig, und wir stehen vor nner Nepision. Da erscheint es mir zweifelhaft, ob ein Bedürfnis zu [. Teilrevision vorhanden ist; das Zustandekommen des neuen Straf—

9

Rietztuchs wird dadurch nicht erleichtert, sondern erschwert. Solche ohen Arbeiten können nur auf dem Wege des Kompromisses durch— iht erden. Die Gesamtrevision ist eine große und wichtige Aufgabe. ind bstteite gar nicht, daß die vorgeschlagenen Reformen dringlich sind, nd ich werde auch dafür stimmen, aber andere auch außerordentlich dichtige Revisionspunkte werden dadurch in den Hintergrund gedrängt. nd st denn die Vorsage fo durchdacht und fertig, daß man bon jeder endung und Diskussion absehen kann? Die Parteien haben uber, daß von jeder Diskussion abgeschen werden soll. Ist, das h leichstage überhaupt erhört? Diskussionen des vorigen Reichs hs sind doch für diesen Reichstag nicht maßgebend. Wir haben ja un diem Reichstage, zwei, hervorragende. Strafrechtslehrer, ich dieß. und van Calter; ich hoffe daß die beiden Herren sich uh außern werden, Der Parlamentarismus besteht doch darin, daß anri jeder Vorlage Stellung nimmt. Wer das in Abrede ell i damit die Grundlggen des Parlamentarismut Das Land gan b dariiber sein Urteil abgeben. urufe links.) Ich fille gegen⸗ . Abg. Heckscher fest, daß ich das Recht und Lie Pflicht habe,

ker Generaldebatte diese allgemeinen Gesichtspunkte zu erörtern.

Die Art, wie hier in die Redefreiheit durch solche Zwischenrufe ein⸗ Eesriffen wird, trägt zur Erhöhung des Niveaus des Reichstags nicht ei. In den Einzelheiten des Gesetzentwurfs sind Bestimmungen enthalten, die mir sehr bedenklich erscheinen. Die neue Fassung des sz 365 soll so umgestaltet werden, daß auch Telephonnachrichten unter das Amtegeheimnis gestellt werden, und es wird da für Vergehen da— gegen Gefängnisstrafe angedroht sowie mildernde Umstände ausge— schlossen. Das mag für die Großstädte passen, aber nicht für das platte Land, wo die Leute, Gastwirte usw., die eine Nebenstelle inne⸗ haben, gar keine Ahnung haben, was die Beamtenqualität, die sie hier gegebenenfalls ausüben, von ihnen fordert. So etwas wollen Sie ohne Diskussion beschließen und lachen, wenn man dagegen auftritt. Sie wahren ja nicht einmal mehr das Dekorum. Unter diesen Um—⸗ ständen kann ich nicht für die fofortige zweite Lesung stimmen; ich beant age die Verweisung an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Abg. Dr. Wel stein (Sentr.) : Ich habe bei Eintritt in die Beratung auf das Wort verzichtet im Einverständnis mit sämtlichen antragstellenden Fraktionen und mit Rücksicht darauf, daß die Materie dem ganzen Reichstage bekannt ist. Im Namen der Mitantragsteller erkläre ich, daß es nicht unsere Absicht ist, auf die Ausführungen des Abg. Arendt etwas zu erwidern. Die schleunige Verabschiedung des Entwurfs ist im Interesse der deutschen Rechtspflege geboten. Ich widerspreche der Einsetzung einer Kommission und glaube auch damit zer Gesinnung des Reichstags in seiner ganzen überwiegenden Mehr— heit zu entsprechen. Damit schließt die erste Ber schließt die erste Beratung.

Für die Einsetzung einer Kommission stimmen nur die an—

wesenden Mitglieder der Reichspartei.

ur Jeschäftsordnung bemerkt der .

„Abg. Schultz- Bromberg (Rp.): Ich babe die Empfindung,

5 inn Hause wenigstens bei einem Teil die Bedenken, die der Abg. r. Arendt vorgetragen hat, nicht ohne Eindruck geblieben sind, daß

man vielleicht geneigt sein würde, wenigstens den 5 355 einer Kom—

n . zu üiberweisen. ö ; .

gu n , . Dr. Paasche: Der Antrag ist jetzt nicht mehr

Abg. Wel! ste in (Zentr. : Ich widerspreche auch diesem An⸗— trag; und konstatiere, daß die fragliche Bestimmung vom vorigen Reichstage in zweiter Leung ohne Debatte angenommen worden ist, und daß der Abg. Dr. Arendt damals nicht anwesend war.

. Das Haus tritt in die zweite Lesung ein und nimmt die einzelnen Nummern des Entwurfs ohne Debatte an.

Zu der letzten Nummer, den § 355 betreffend, verlangt der Abg. Dr. Arendt das Wort zur Geschäftsordnung. Nach einer Auseinandersetzung mit dem Vizepräsidenten Dr. Paasche darüber, ob diese Wortmeldung verspätet war oder nicht, wird dem Antrage des Abg. Dr. Arendt, über die neue Fassung des 8 355 eine besondere Abstimmung herbeizuführen, statt— gegeben. Für die neue Fassung stimmt das ganze Haus mit Ausnahme der Mitglieder der Reichspartei.

Darauf setzt das Haus die zweite Lesung des Reichs-

haushaltsetats für 1912 fort, und zwar bei dem Spezialetat für die Verwaltung der Reichseisenbahnen. Neferent der Budgetkommission ist der Abg. Em mel (Soz.). Die Kommission hat u. a. eine Re solutzion vorgeschlagen, wonach der Reichskanzler ersucht werden soll, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, durch welche die in der Verwaltung der Reichseisenbahnen beschäftigten Personen und Beamten dieselben Aufbesserungen erhalten, die der Reichstag für die entsprechenden Kategorien der Reichspostverwaltung gefordert hat. Die Erörterung beginnt mit den Fortdauernden Aus— gaben für die Zentralverwaltung. Dazu liegen vor die Resolutionen Albrecht (Soz.) auf Zahlung des Arbeitslohnes für Wochenfeiertage, und die Resolution Behrens (Wirtsch. Vgg.), betreffend Verleihung der Wählbarkeit für die Arbeiter— ausschüsse an alle Arbeiter über 25 Jahre.

Referent Emmel (Soz.) empfiehlt die Annahme der von der Kommission vorgeschlagenen Resolution.

Abg. Fuchs (Soz.): Der Reichseisenbahnetat zeigt wiederum eine erfreuliche Vorwärtsentwicklung. Die Einnahmen aus dem Personen- und Güterverkehr sind bedeutend gewachsen, dementsprechend auch die Ueberschüsse. Sie erreichen mit 37 Millionen Mark im Jahre 1911 6 Millionen mehr als das Vorjahr, aber die Reichs⸗ eisenbahn soll ja nicht Plus machen, sie soll kein Finanzinstitut, sondern ein solches des Verkehrs sein. In diesem Punkte laßt nun die elsaß⸗lothringische Eisenbahn viel zu wünschen übrig, speziell die vierte Wagenklasse ist in ihrer Einrichtung außerordentlich dürftig. So weisen die Nachbarstaaten auf diesem Gebiete etwas bessere Ein⸗ richtungen auf, wo sich die Wagen vierter Klasse wenig von denen dritter unterscheiden. Man wüͤnscht auch darin Sitzgelegenheit für mindestens z der Passagiere. Auch ist es nötig, daß man sie nicht nur in Personenzügen, sondern auch in Eilzügen mitführt. Einen Teil des Ueberschusses sollte man auch zur besseren Fürsorge für die Beamten und Arbeiter verwenden. Trotz der Zunahme des Verkehrs ist ihre Zahl stabil geblieben oder sie ist sogar zurückgegangen. Der einzelne Mann wird also in seiner Arbeitskraft mehr aus— gebeutet. Wo eine kleine Vermehrung wirklich stattgefunden hat, da handelt es sich nur um Aufsichtsbeamte. Auch die Arbeitszeit ist nicht besser geworden, sie beträgt bei vielen immer noch 16 Stunden. Eine Verkürzung der Arbeitszeit ist ganz besonders für das Fahrpersonal im Interesse der Sicherheit des Verkehrs nötig. Die Lohnverhältnisse sind fast die niedrigsten aller Verwaltungen, nur in Preußen sind sie gleich und vielleicht noch niedriger. So erhalten 279 weniger als 3 MS. Für die Arbeiter bestreitet die Regierung eine Lebensmittelteuerung, gibt sie jedoch in einer Denkschrift, in der es sich um die Erhöhung der Beamtengehälter handelt, zu. Mit dem Akkordsystem muß gebrochen werden. Ebenso sollte man die Ueberstunden abschaffen. Die Verwaltung stellt es gewissermaßen als eine Wohltat hin, daß sie die Ueberstunden bezahlt. Ueberstunden müßten beseitigt oder auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Was. wir aber besonders fordern müssen, ist die Lohnfortgewährung an den gesetzlichen Wochen⸗ feiertagen. Dies bescheidene Verlangen ist in großen Teilen der Privatindustrie bereits erfüllt. An Badeeinrichtungen sind in den Werkstätten von Bischheim viel zu wenig vorhanden. Für die Schlosser usw. genügt es nicht, nur alle drei Wochen einmal zu baden. Auch die Lüftungselnrichtungen lassen noch immer viel zu viel zu wünschen übrig. Eine wirkliche Ventilation kennt man in Bischheim nicht. Ein Wunder ist es, daß in den Werkstätten in Mülhausen nicht Epidemien ausgebrochen sind; die Zahl der Krankheiten ist dort sehr hoch. Es ist dort schlimmer als in den Priyatbetrieben. Ueber die Betriebskrankenkassen werden berechtigte Beschwerden erhoben. Die Arbeiter haben nur die Hälfte der Rechte, und auch diese stehen nur auf dem Papier. Leider läßt sich die Verwaltung zur Aufhebung der Karenzzeit für den Bezug des Krankengeldes nicht herbei. Es ist ein Unfug, wenn erkrankte Arbeiter gezwungen werden, von Straßburg nach Colmar zum Obervertrauensarzt zu fahren. Sie be⸗ kommen keine Spesen und verlieren mindestens einen Arbeitstag. Hier müßte Wandel geschaffen werden. In Bischheim ist in der Behandlung der Kranken in den letzten Jahren eine Ver⸗ schlechterung eingetreten. Zu der Gewährung der vollen freien Arztwahl will sich die Verwaltung nicht verstehen. Es gibt dort nur eine beschränkte Aerztewahl. In einem Falle hat ein Vorgesetzter erklärt, ein Diebstahl. der Eisenbahnarbeiter sei milder zu beurteilen als das Lesen sozialdemokratischer Zeitungen. Zur Wahl zum Arbeiterausschuß ist augenblicklich das vollendete 30. Lebensjahr notwendig. Es sollen „keine Hitzköpfe“ in den Aus⸗ schuß gewählt werden. Sind denn die jungen Leute, die mit 25 Jahren in den Neichstag wählen, Hitzköpfe? Es liegt kein Bedenken vor,

i Vlt

werden.

. * Jahr zur Wählbarkeit für die Eisenbahnarbeiter zuzulassen. Die Hauptsache ist aber, daß die Rechte der Ausschüsse erweitert erden. Deute sind sie nur eine Dekoration, nur Scheinausschüsse. Das Arbeits verhältnis der Ausschußmitglieder muß fest geregelt werden. Die Verwaltung will das nicht zügestehen. sie will die Möglichkeit haben, die Mitglieder zu schikanieren. Wegen dieser Recht osigkeit haben die Mitglieder in Bischheim ihre Aemter niedergelegt. Die Ver⸗ waltung berief nun die bei der vorigen Wahl Durchgefallenen als ö 2 waren n, ,. diejenigen die der Ver⸗ . 1 ,. das nennt . ee Vahl! Die Verwaltung nutzt e Ang ten aufs äußerste aus. Ein Packmeister, der mit einer sehr geringen Pension verabschiedet wurde, erhielt eine Beschäftigung, die ihn 131 Stunden in Anspruch nimmt, und er bekam dafür keine 430 jährlich. Später erhielt er für sich und seine Frau wenigstens 600 6. Dafür wurden ihm aber 150 ν für die Wohnung abgezogen! Daz Koalitionsrecht sehen die Herren von der Verwaltung recht gern, wenn es sich um Kriegervereine usw. handelt, aber nicht wenn die Arbeiter lhre Rechte erweitern wollen. In brutalster Weise wurden fünf Arbeiter auf die Straße gesetzt, weil sie in bescheidener Form die Interessen ihrer Kollegen wahrgenommen hatten. Selbst die Zentrums pnesse nannte dies eine Vergewaltigung des Koalitionsrechts. Aber die Verwaltung setzt gegen den Elsässer Gisenbahnerverband, der auf das Streikrecht verzichtet hat und nur das Petitionsrecht in An— spruch nimmt, ihre Nadelstiche fort. Die Arbelter dürfen mit keinem Abgeordneten in Verbindung treten. Selbst der Versuch, die Ab⸗ geordneten von Straßburg Land und Straßburg Stadt zu einem Referat über den Eisenbahnetat einzuladen, führte zu einer Maß— regelung des betreffenden Versammlungsleiters. Zu der Zeit der Reichstagswahlen hat sich ein Fall ereignet, der zeigt, daß die Ver⸗ waltung das Koalitionsrecht der Arbeiter mit Füßen tritt. Es wurde ein Erlaß herausgegeben, daß die Arbeiter sich von der Teilnahme an deutschfeindlichen und sozialdemokratischen Bestrebungen, Vereinen und Versammlungen fernzuhalten haben ufw. Jasbesondere dürfen sie dem Transportarbeiterverband nicht angehören und keine sozialdemokratischen Zeitungen halten und verbreiten. Zuwiderhandlungen werden mit Kündigung bedroht. Dieser Erlaß wurde durch den Baurat Berg—⸗ mann noch dadurch ergänzt, daß nicht nur sozialdemokratische Wähler— versammlungen, sondern auch liberale Versammlungen unter das Verbot fallen, sofern in ihnen auch sozialdemokratische Redner zum Wort kämen. Merkwürdigerweise ist diese Verordnung auf Zentrumgz⸗ persammlungen nicht ausgedehnt worden. Mit diesem Erlaß setzt sich die Verwaltung über die Selbstverständlichkeit hinweg, daß in jedem Betriebe die Rechte der Leiter mit den Grenzen der Fabrik aufhören. Der Erlaß ist ein Akt des Terrorismus in der schlimmsten Gestalt. Der Eisenbahner hat doch mit seiner Arbeitskraft nicht auch seine freie Meinung an die Verwaltung verkauft. Was kann man nicht alles unter Deutschfeindlichkeit verstehen! Man kann darunter außer den Nationalisten auch die Dänen und Polen verstehen, früher verstand man darunter auch das Zentrum, heute können unter Um⸗ ständen auch die Liberalen bei den Stichwahlen dazu gerechnet werden. Für die Eisenbahner wird das Koalitionsrecht in einem eigenen Paragraphen verboten! Gegen das brutale Vorgehen der Straßburger Generaldirektion hat in der Zweiten Kammer von Elsaß⸗Lothringen nicht nur die Sozialdemokratie, sondern auch die Vertretung der bürgerlichen Parteien einstimmig Protest erhoben und die Aufhebung des Erlasses verlangt; leider ist ein weiterer Antrag, der das straf— rechtliche Einschreiten gegen die Urheber des Erlasses wegen Er— pressung forderte, gegen eine erhebliche Minorität abgelehnt. Wir verlangen, daß auch den Eisenbahnern die Staatsbürgerrechte zu⸗ gestanden und auch sie als Menschen behandelt werden. Abg. Kuckhoff (Zentr.): Die Eisenbahnunterbeamten in ge⸗ hobenen Stellen, die uns ihre Schmerzen in einer großen Zahl von Petitionen vorgetragen haben. sind von der Kommission nicht be⸗ sonders gut weggekommen; die Kommission beantragt Ueberweisung zur Erwägung nur insoweit, als sie Aenderungen im Amtstitel oder in der Dienstkleidung, die Höhe der Nebenbezüge, Verbesserung der An⸗— a zum Gegenstande haben; soweit sie die Erlangung von Gehalts⸗ sätzen bezwecken, die in der zweiten Lesung der Besoldungsordnung be⸗ schlossen sind, sollen sie durch die Annahme der von der Kommission vor⸗ geschlagenen Resolution als erledigt angesehen werden, und soweit sie eine anderweitige Reform der Besoldungsordnung bezwecken, soll über sie zur Tagesordnung übergegangen werden. Auch ich gedenke keineswegs an der Besoldungsordnung rütteln zu lassen, aber im übrigen kann den Wünschen einer großen Anzahl der hier in Betracht kommenden Beamtenkategorien die Berechtigung nicht abgesprochen werden. Die Zugführer wünschen die Erhöhung ihres Endgehalts auf 2500 46, erreichbar in 15 Jahren. Dle Lademeister erstreben die Einreihung in die Klasse der mittleren Beamten; in Ansehung des Umfanges ibrer dienstlichen Obliegenheiten und der von ihnen zu tragenden Verantwortung ist es durchaus begreiflich, daß ihnen ihre jetzige soziale Stellung nicht genügt. Der mittlere Beamte in Elsaß-⸗Lothringen hat im Kleinbürgertum eine sehr geachtete Stellung, und es besteht in diesen Kreisen auch keine Abneigung gegen das Deutschtum; wo eine solche doch auftritt, ist daran nur das verkehrte Vorgehen der Regierung schuld. Die Regierung soll auch auf diesem Wege in den Reichslanden moralische Eroberungen machen. Die Eisenbahnver⸗ waltung kann in dieser Rücksicht auch Erfolge erzielen, wenn sie gegen den Schmutz in Wort und Bild energisch einschreitet. Daß wir den „Simplizissimus“ haben, ist kein Ruhmesblatt in der Entwicklung des deutschen Kulturlebens, es ist aber ein Ruhmesblaft für die Eisen⸗ bahnverwaltung, daß sie dieses Blatt von den Bahnhöfen hat ver⸗ schwinden lassen.

Abg. Schwabach (nk): Wir sind befriedigt, daß die Reichseisenbahnen einen Ueberschuß von je 10 Millionen für 1910 und 1911 ergeben haben. Betriebs koeffizient ge⸗ staltet sich auch bei den Reichseisenbahnen allmählich günstiger. Zur Schaffung eines Ausgleichsföonds auch für die Eisenbahnver⸗ waltung der Reichslande behalten wir uns unsere Stellungnahme vor. Der Chef der Verwaltung hat uns ja darüber eine Denkschrift in Aussicht gestellt. Die Spezial⸗ und lokalen Wünsche der einzelnen Beamten- und Arbeiterkategorien lasse ich beute unerörtert, nachdem erst vor wenigen Tagen mein Fraktionskollege Schroeder⸗Cassel im preußischen Abgeordnetenhause sie ausführlich besprochen hat. Wir begrüßen es, das der Minister in Aussicht gestellt hat, zu erwägen, ob sich die Ungleichheiten der Entlohnung der Arbeiter in den Betriebs⸗ und den Hauptwerkstätten werden beseitigen lassen. Soweßt es erforderlich ist, wird sich im übrigen der Abg. Ickler zu den Arbeiterwünschen äußern. Das Akkordsystem hat Ab⸗ änderungen erfahren, die gezeigt haben, daß man den Wünschen der Arbeiter auch ohne Beseitigung dieses Systems entgegenkommen kann. Die materiellen Grundlagen des Akkordsystems sind auf Grund der Vorschläge einer von der Verwaltung niedergesetzten Kommission aus Beamten und Arbeitern besonders hinsichtlich der Berechnung des Stücklohns umgestaltet worden. Ob sich die neue Art der Ent⸗ lohnung bewähren wird, muß abgewartet werden; jedenfalls dürfte der Versuch gemacht werden können, das neue Zeitlohnsystem auch für die Güterbodenarbeiter zu erproben. Die Resolution, die die Lohnzahlung für die Wochenfeiertage verlangt, entbehrt in dieser Allgemeinheit der tatsächlichen Unterlagen. Die Hauptwerkstätten⸗ arbeiter arbeiten alle in Akkord; die Betriebsarbeiter erhalten im allgemeinen auch für die Feiertage Lohn, es bleiben also nur die Bahnunterhaltungsarbeiter. Hier böte sich für die Verwaltung wohl eine Gelegenheit, den Wünschen der Arbeiter entgegenzukommen. Bei Beratung des Arbeitskammergesetzes, als es sich um die eventuelle Einbeziehung der Eisenbahnarbeiter in dieses Gesetz handelte, ist ja von unserer Seite erklärt worden, es sei besser, wenn es nicht geschieht. Diesen Arbeitern sollte dafür ein anderes Aequivalent ge⸗ geben werden. Es ist seinerzeit in der Kommission beschlossen worden, daß ein Arbeiter aus dem Dienst nur dann entlassen werden kann, wenn ein Grund vorliegt, der bei einem Beamten zur Dienstentlassung be⸗ rechtigt. Die Klagen der Arbeiter in der Richtung der Arbeiter⸗ ausschüsse müssen beseitigt werden. Sie legen Wert darauf, daß in den Ausschüssen nur solche Arbeiter sitzen, die feste Kautelen für ihre Anstellung haben. Ihnen muß das Gefühl der Sicherheit gegeben werden. Wir bitten deshalb um Einrichtungen, daß die Arbeiter ihre

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