der mir
Pröäsident gegen den Vorwurf der Lüge nicht schützt, Jo kann i a.
Beweis für die Wahrbeit meiner Behauptung an; wenn . nicht helfen. (Große Unruhe; Ruf rechts: D
er Rufer so
meiden! Abg. Pe i rotes meldet sich; Präsident Ka em pf ruft den
Abg. Peirotes zur Ordnung.) daß es gerade der Abg. Landsleute ist es, auf den ich mi tischen Parteitage 1910 hat der Abg. Emmel diese Mitteilung ge⸗ macht. Es ist auch darüber debattiert und beschlossen worden, die Steuerfrage auf die Tagesordnung des nächsten Partei⸗ tages zu ahn, als es aber soweit war, erschien eine. Mit teilung des Parteivorstandes, daß Vorkehrung getroffen sei, die Frage auf die Tagesordnung eines späteren Parteitages zu fe en. Ueber die Ausdehnung der Erbschaftssteuer guf Kinder und Ehe⸗ 86 hat allerdings 1909 unser r n ef Am Zehnhoff einen ntwurf ausgearbeitet, aber dieser Entwurf ist angenommen, sondern abgelehnt worden. Nichts hätte uns gehindert, darauf einzugehen, auch kein taktischer Grund dagegen lag vor, Es war also eine prinzipielle Entscheidung, die die Fraktion fällte. Auch unter den führenden Personen der anderen Fraktionen befanden und befinden sct doch zahlreiche Gegner dieser Ausdehnung der Erb⸗ schafte teuer; erinnere nur an die Erklärungen und Artikel der Abgg. Dr. Wiemer und Dr. Müller⸗Meiningen. Das alles läßt sich doch nicht durch die geradezu verblüffende Mitteilung des letzteen aus der Welt schaffen, daß er gescheiter geworden sei. Seinerseits spricht er jetzt von der Drehkrankheit des Zentrums! Das „Berliner Tageblatt! hat im Februar 1912 mit großer Offenheit geschrieben, daß der schwarz⸗blaue Block unter das iaudinische Joch der Erbschaftssteuer gejwungen werden müsse, das sei erst die Krönung der Wahlschlacht vom 12. Januar. Die Erbschaftssteuer wird eben nicht aus inneren Gründen, sondern aus politischen Momenten angestrebt. Angesichts der Riesenüberschüsse von 1911, angesichts der Schätzung der Einnahmen und Ausgaben liegt ein Zwang zur Einführung einer neuen Steuer an Stelle der Beseitigung der Liebesgabe nicht vor. Ich komme zum Schluß. 96 links: So, doch schon? Der Redner spricht bereits annähernd . Stunden) Ja, alles muß einmal ein Ende nehmen. Von den neu auferlegten Lasten muß die Landwirtschaft wieder den größten Teil tragen; sie ist wieder am meisten vor— belastet, sie muß also auch eine Berücksichtigung ihrer be⸗ rechtigten Wünsche erfahren. Die Einberufung der Reservisten und Landwehrleute zu Uebungen darf nicht zur Erntezeit er⸗ folgen, diese Uebungen müssen auf eine andere Zeit verlegt werden. Für den Kleinbauern bedeutet es schon sehr viel, wenn er eine Arbeitskraft behält. Ferner bitten wir den Kriegsminister um eine Statistik über die Lieferungen der Landwirtschaft, wieviel von einzelnen und wieviel von Genossenschaften gekauft worden ist. Auch eine stärkere Berücksichtigung des Handwerks und seiner Berufs⸗ genossenschaften ist eine berechtigte Forderung. Ein zufriedener Mittelstand liegt auch im Interesse der Militärverwaltung. Die Behandlung der Duellfrage behalte ich mir für die Kommissions⸗ verhandlung vor. Jedenfalls ist die bekannte Kabinettsonder, wonach derjenige, der sich in Uebereinstimmung mit dem göttlichen Gebot und den Gesetzen des Staates nicht duellieren will, nicht würdig sein soll, dem Sffizierkorps anzugehören, ein direkter Schlag in das Gesicht des katholischen Volkez. Hier muß unter allen Um— ständen eine Remedur eintreten. Aufgefallen ist mir, daß in der Oeffentlichkeit Prozesse bekannt geworden sind, aus denen man auf eine Zunahme der Soldatenmißhandlung schließen könnte. Auch darüber biite ich um Aufklärung in der Kommission. Wir sind ja auf diesem Gebiete vorwärts gekommen, aber die Verwaltung muß darauf hinwirken, daß auch der letzte Rest systematischer Soldaten⸗ mißhandlung aus dem deutschen Heere ausgerottet wird. Die Zukunft des deutschen Volkes ist begründet auf dem Fundament eines christ⸗ lichen Staates und eines christlichen Lebens.
Preußischer Kriegsminister, General von Heeringen:
Meine Herren! Nur zwei Worte! Der Herr Abg. Erzberger hat selbst gesagt, er behalte sich das Weitere für die Kommission vor, er hat aber hier betont, daß die Allerhöchste Order, die gegen Dr Sambeth ergangen ist, als ein Schlag gegen die Gesinnung des katholischen Volkes empfunden werde. (Zuruf: Gegen das christliche Volk) Dagegen möchte ich Verwahrung einlegen. Die Kabinettsorder sagt ausdrücklich, daß eine ehrengerichtliche Untersuchung, sobald jemand aus religiösen Gründen das Duell ablehnt, nicht am Platze wäre, d. h. mit anderen Worten, hier handelt es sich nicht um würdig oder um nicht würdig, sondern hier handelt es sich lediglich darum: Jemand, der Auffassungen bekundete, wie es der betreffende Herr getan hat, paßt unter den vorliegenden Umständen nicht mehr in die Verhältnisse, in denen er bisher war. (Stürmischer Widerspruch im Zentrum. — Abg. Gröber: Unerhört! — Große Unruhe.) Ich werde mir erlauben, in der Kom⸗ misston später alles im einzelnen anzugeben. (Zurufe und andauernde Unruhe.)
Abg. Dr. Pa asche (ul.): Der Kriegsminister wind aus der Aufnahme, die seine Worte gefunden haben, ersehen, wie wenig er das Empfinden des deutschen Volkes getroffen hat. ch will mich dann mit einigen Worten mit der Art der Deckung beschäftigen, wie sie vorgeschlagen ist. Der Abg. Erzberger hat auf die Ueberschüsse in Höhe von 230 Millionen Mark hingewiesen. Wenn man aber bedenkt, daß in diesen 230 Millionen noch 217 Millionen Mark Anleihe stecken, so erhält man höchstens einen Ueberschuß von 13 bis 14 Millionen. Der Staatssekretär hat da sehr recht, wenn er die Finanzlage als nicht erade sehr rosig ansieht. Wenn wir so verfahren, wie der Abg. Erz⸗ erger vorschlägt, werden wir dann wirklich im nächsten Jahre ohne Anleihe außkommen? Wenn man daß alles betrachtet, so muß man sagen, daß das keine Grundsätze sind. Das ist keine solide Finanzpolitik. Der neue Staatssekretär Kühn hat seinem Amtsvorgänger hohe Anerkennung gezollt und erklärt, daß er dessen Grundsätze nicht verlassen wolle. Er hat es aber doch getan. Auch darin stimmen wir ihm zu, daß die Budgetkommission sich immer das Recht enommen habe, Einnahmetitel herauf⸗ oder herabzusetzen. Es fragt 6 nur, ob man bei der Festsetzung der Einnahmen zu optimistisch Nicht schön war es von dem Abg. Erzberger, nachträglich an dem Amtsvorgänger des jetzigen Schatzsekretärs eine so scharfe Kritik zu üben, indem er sagte, Wermuth sei durchaus nicht die Zahlenautorität, als die ihn jetzt eine gewisse Presse hinstellen möchte. Das haben wir nie behauptet, und das hat auch Wermuth nlcht beansprucht. Jedenfalls hat sich der Staatssekretär Wermuth als ein treuer und zuverlässi er Hüter der Reichsfinanzen erwlesen, er hat eine Gesundung und Sanierung der Finanzen herbei⸗ geführt, was leider seinen Amtsborgängern nicht möglich war. Sollten die Schätzungen des jeßzigen Schatzsekretärs sich als richtig erweisen, so werden wir uns nicht genieren, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Jedenfalls sind solche Schätzungen immer sehr unsicher, mit Wenns und Abers verbunden. Wenn der Abg. Erzberger gemeint hat, if von 45 Millionen Steuern 25 Millionen Besitzsteuern wären, so ist doch zu 1 daß es sich bet diesen viel mehr um den Verkehr belastende als um eigentliche, . handelt. In der Budgetkommission können wir die Mllitärvorlagen nur unter dem Gesichtspunkte beraten, daß auch in bezug auf die Deckungsfrage über den letzten Groschen Klarheit geschaffen wird. Die Frage, ob die Aufhebung der Liebesgabe berechtigt ist, bedarf einer eingehenden sachlichen und fachmännischen Prüfung. Schen deshalb gehört diese Sache in eine besondere Kommission, nicht in die Budgetkommission. Daß wir in bezug auf die Liebesgabe unsere ltung geändert haben, ist unrichtig. Für Wahlflugblätter ind wir nicht verantwortlich. Wir stehen genau auf dem⸗
bin noch mehr verwundert, Peirotes ist, denn einer seiner engeren berufe. Auf dem sozialdemokra⸗
der Infanterie
oder zu pessimistisch vorgegangen ist.
vom Zentrum nicht
esagt: wenn
Liebes gabe. Au der anderen Selte haben wir uns 6 onsums ein⸗
die Liebesgabe fällt, dann wird elne Belastung des treten, wie a der Abg. Kreth die Meinung ausgesprochen hat, daß die ganze fferenz auf den Preis geschlagen werden würde. Die ö. ist nun allerdings, ob nach dem . der Spannung von 30 ½ die Preissteigerung eine starke Beschränkung des Konsums zur Folge baben wird; unter Umständen kann die Verteuerung des Trinkbranntweins geradezu zu einer drückenden Belgstung des Konsums werden. Diese ernste Frage bedarf r n. Prüfung. Auch die Betriebtzauflage ist ein ö. zu den Konsumtionskosten. Eine ruhige und gründliche Prüfung kann nnr in einer besonderen Kommission stattfinden; auch der Abg. Erzberger sollte selne Bedenken ede fallen lafssen. Diese Spezialkommission kann sehr wobl neben der Budgetkommission ihre Arbeit erledigen. Wir sind also bereit, mitzuarbeiten; uns liegt vor allen Dingen daran, die Opfer, die ebracht werden müssen, auf die Schultern zu legen, die sie am esten , können. Wir denken auch nicht daran, dem Volke mit Gewalt elne neue Steuer aufzubürden, aber die 14 bis 16 Millionen, die höchstwahrscheinlich aus der Liebesgabe nur aufkommen, decken längst nicht den wirklichen Bedarf. Hätten wir eine reine Besitz« steuer, wie es die Erbschaftssteuer ist, dann würden die allgemeinen Intereffen des Reichs besser gewahrt sein. Die Erbschaftssteuer hat ihre Schwächen so gut wie jede andere Steuer, das ist zuzugeben; aber das Streben, eine sozial ausgleichende Steuer zu schaffen, ist nur auf diesem Wege zu erreichen. Darum wäre es uns guch lieber gewesen, die Regierung hätte eine Erbschaftssteuer vorgeschlagen, die 60 bis 70 illionen gebracht hätte; der Etat wäre dann nicht so blutleer gemacht worden. Wir unser⸗ seits haben keine Veranlassung, sie in Vorschlag zu bringen. Wir hoffen, daß es auch mit den Deckungsvorschlägen der Regierung . wird, geht es damit nicht, so wird die Eventualttät neuer teuern von selbst in den Vordergrund treten. Ueber das Bedürfnis einer weiteren Stärkung unserer Wehr und. Waffen besteht für uns kein Zweifel. Die genaue Prüfung im einzelnen müssen wir uns vor⸗ behalten und lassen uns auch nicht vom Abg. Erzberger auf die be⸗ schränkte Lehre vom beschränkten Untertanenverstande verweisen, wonach das von der Regierung Geforderte für uns unbedingt das Maximum zu sein hat. Der Flottenverein hat doch auch seine großen Verdienste. Er hat Verständnis und . über die Flotte weit hinein in das deutsche Volk getragen. nd auch der neu⸗ gegründete Wehrverein, dessen stellvertretender Vorsitzender ich bin, hat seine Berechtigung und geht den rechten Weg der Aufklaͤrung des VolkeJz über die Gefahren, die ihm durch die Rüstungen der fiemden Staaten drohen,. Alle diese Bestrebungen solcher Verbände liegen, wenn sie sich in berechtigten Grenzen halten, im vaterländischen Interesse. Das Ausland wird aus den Wehr⸗ vorlagen und ihrer Annahme erkennen, daß das deutsche Volk stark ist und stark sein will, daß es sich von den großen Zielen seiner Politik nicht abwendig machen läßt, die notwendig heute eine Welt⸗ politik sein z Wir müssen sie treiben können und müssen dazu auch die Mittel haben. Um 63/ Uhr wird die Fortsetzung der Beratung auf Donnerstag 1 Uhr vertagt, Außerdem Interpellation Bassermann, betreffend die Ausführung des Jesuitengesetzes.
Preusßischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
55. Sitzung vom . April 1912, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Das Haus el Iunächst die erste Beratung des Gesetz entwurfs, een die Anlegung von Spar kassenbeständen in Inhaberpapieren, fort.
Minister des nnern Dr. von Dallwitz:
Meme Herren Ne erste Mitglied dieses hohen Hauses, welches gestern gegen . . läßt das Wart ergriffen hat, Herr Abg. Rein⸗ hard, hat sich im esentlichen den Standpunkt zu eigen gemacht, den auch die Mehrzahl der Gegner des Entwurfs im Herrenhause ver⸗ treten hat, nämlich daß für die Einbringung des Gesetzentwurfs bei der Staatsregierung maßgebend gewesen sel der finanzpolitische Effekt, der Zweck, den Kursstand der Staats- und Reichspapiere zu erhöhen. Er ist zu meiner Freude nicht so weit gegangen, wie das von einer Seite im Herrenhause geschehen ist, wo behauptet worden war, daß der Gesichtpunkt der Liquidität der Sparkassen rein nebensächlicher Art sei und nur aus dekorativen Gründen in dieses Gesetz aufge⸗ nommen worden sei. Im übrigen hat er sich aber im wesentlichen, soweit ich seinen Ausführungen habe folgen können, diejenigen Ein⸗ wendungen zu eigen gemacht, die auch im Herrenhause aus finanz⸗ politischen Gründen gegen den Entwurf geltend gemacht worden sind.
Sie gipfelten in der Hauptsache darin einerseits, daß es mißlich, nicht angemessen, nicht gerechtfertigt sei, wenn der Staat durch Gesetz auf die Sparkassen einen Zwang ausübe, bei der Anlage ihrer Be⸗ stände Staatspapiere anzukaufen, solange diese Papiere in gleicher Weise wie andere Effekten Kursschwankungen ausgesetzt selen. Anderer⸗ seits liefen sie darauf hinaus, daß der finanzpolitische Zweck der Vorlage nicht erreicht werden könne, weil erstens der Betrag von schätzungs⸗ weise 60 Millionen Mark, der alljährlich an Konsols uud Reichs⸗ effekten aus dem Markte genommen werden würde, nicht ausreichend sei, um eine Aenderung des Kursstandes herbeizuführen, und weil zweitens besonders in kritischen Zeiten die Sparkassen infolge des an sie herantretenden Geldbedarfs gezwungen sein würden, ihren Effekten⸗ besitz zu veräußern, und gerade dadurch einen besonderen Druck auf die Staatspapiere ausüben würden, zu einer Zeit, wo dem Staate daran am wenigsten gelegen sein könne.
Meine Herren, soweit diese Einwendungen finanzpolitischer Art sind, möchte ich mich zunächst enthalten, darauf einzugehen, weil dies demnächst von besser berufener Seite geschehen dürfte, sodann aber auch deshalb, weil die Annahme, daß für die Staatsregierung bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfs der finanzpolitische, der fiskalische Effekt in erster Reihe maßgebend gewesen sei, tatsächlich un⸗ zutreffend ist.
Ich glaube, zur. Begründung dieser Behauptung anführen zu dürfen, daß der Entwurf nicht wie vor 6 Jahren im Finanzministerium ausgearbeitet, auch nicht vom Finanzministerium angeregt worden ist, sondern daß die Anregung zu dem Entwurf und seine Ausarbeitung auf die Initiative des Ressorts des Innern erfolgt ist, und zwar aus folgenden zwei Gründen: weil das Ressort des Innern sich überzeugt hatte, daß die unausgesetzten Bemühungen der Aufsichtshehörden in den letzten 6 Jahren, bei denjenigen Sparkassen, die in Bezug auf ihre Liquidität rückständig waren, eine Besserung der Verhältnisse herbeizuführen, erfolglos geblieben waren, daß sogar das Gegenteil eingetreten war, wie sich aus der Begründung ergibt, worin Sie aus⸗ geführt finden werden, daß der Durchschnittsbesitz an mündelsicheren Papieren in den letzten 6 Jahren, d. h. in den Jahren 19604 bis 1910, herabgegangen war von etwas über 270jo der Bestände der
selben Standpunkte wie früher, wir wollen die Beseitigung der
Sparkassen auf 24 und einen Bruchteil Prozent, mithin um rund zo so.
Es war mithin nicht nur der gewünschte Erfolg nicht eingetreten, sondern das Gegenteil.
Sodann aber zweitens, weil mit der Steigerung der Einlagen der Sparkasse die Verantwortung der Aufsichtsbehörden und der Staatsregierung dafür, daß die Sparkassen nach wie vor den Sparern volle Sicherheit gewähren, in der Zunahme begriffen ist, weil für die Staatsregierung meines Dafürhaltens angesichts der Tatsache, daß das
Sparkassenwesen in den letzten Jahrzehnten einen ungeahnten Aufschwung
genommen hat, daß die Einlagen in den Sparkassen von 400 und einigen 70 Millsonen — Sie finden die Zahlen Seite 11 und 12 der Be— gründung — sich jetzt auf 11 Milliarden, also um das 22fache erhoͤht haben, die Verantwortung für die Sicherheit und Liquidität dieser Bestände gewiß außerordentlich gestiegen ist und die Staatsregierung garnicht in der Lage ist, dem noch länger zuzusehen, daß Miß stände, wie sie sich tatsächlich bei einer nicht ganz unbeträchtllchen Anzahl von Sparkassen gezeigt haben, fortdauern und sich noch weiter entwickeln können. Ich will nur darauf hinweisen, daß 70 Sparkassen ja überhaupt noch keine Inhaberpapiere besitzen (hört, hört! im Zentr.), sondern ihre Anlagen fast ausschließlich auf den Realkredit basiert haben, daß bei 300 Sparkassen der Besitzstand an Inhaberpapieren jedenfalls ganz unzureichend ist, da er vielfach nicht über Ho, in einzelnen Fällen nicht über 10060 des ganzen Besitz standes hinausgeht.
Nun hat Herr Abg. Schroeder gestern gefragt, welcher Art denn die Bemühungen der Aufsichtsbehörden gewesen seien, die rückständigen Sparkassen in friedfertiger Weise zu einer Aenderung ihrer verfehlten Anlagepolitik zu bewegen. Meine Herren! Ich brauche wohl auf die zahlreichen Einzelerlasse, die nach dieser Richtung ergangen sind, hier nicht welter einzugehen. Ich möchte aber ausdrücklich darauf hinweisen, daß zwei allgemeine Runderlasse — einer im Jahre 1963 und einer im Jahre 1911 — ergangen sind, in denen den Sparkassen gewisse Vergünstigungen für die Verwendung ihrer Ueberschüsse zu gemeinnützigen Zwecken geboten worden sind, falls sie den Wünschen der Aufsichtsbehörden in bezug auf die Liquidität ihrer Anlagen in etwas weitergehendem Maße nachzukommen sich bereitfinden ließen. Tatsache ist, daß dieses Entgegenkommen zwar von etwas über 200 Sparkassen, jedenfalls nicht von einer allzu großen Zahl, benutzt worden ist — nicht aber etwa von denjenigen, bei denen es besonders notwendig war, von den westlichen und den schleswig⸗holsteinischen Sparkassen, sondern von Sparkassen im Osten, die ja mit ihrer Liquidität auch im Rückstande waren, deren Verhältnisse aber doch nicht derart waren, daß von Aufsichts wegen dagegen hätte ein⸗ geschritten werden müssen.
Ich möchte noch erwähnen, daß natürlich auch die provinziellen Aufsichtsbehörden aus eigener Initiative nach dieser Richtung das Ihrige getan haben, und schließlich noch mitteilen, daß auch der Referent für Sparkassenangelegenheiten im Ministerium des Innern im Jahre 1910 eine eingehende Besprechung speziell mit Vertretern des schleswig⸗holsteinischen Sparkassenverbandes gehabt hat, um ihnen die Ueberzeugung beizubringen, daß eine Erhöhung der Liquidität in Schleswig⸗Holstein unbedingt notwendig sei, wenn anders die dortigen Sparkassen in schwierigen Zeiten den an sie eventuell herantretenden Anforderungen gerecht zu werden in der Lage sein wollen. Der Erfolg einer langstündigen Unterhaltung mit etwa 25 Herren war der, daß sie alle erklärten, an ihren Verhältnissen könne nichts geändert werden, daß aber, um eine bessere Liquidität herbeizuführen, seitens der Staatsregierung doch angestrebt werden möge, daß auf gesetzlichem Wege die Lombardierungspflicht der Reichsbank auch auf Hypo—⸗ thekenbriefe ausgedehnt werde. (Hört! hört! und Heiterkeit) Immerhin liegt ja darin ein Eingeständnis, daß eine Besserung der Verhältnisse in Schleswig⸗Holstein notwendig ist. (Sehr richtig! rechts) Der vorgeschlagene Weg wird aber, wie mir, glaube ich, alle anwesenden Herren bestätigen werden, die sich mit Sparkassen⸗ und Finanzwesen näher befaßt haben, als ungangbar bezeichnet werden müssen.
Nun, meine Herren, ist ja gestern auch ausgeführt worden, daß Sparkassen, denen hundert Jahre lang nichts passiert sei, für ewige Zeiten immun seien, daß also bei ihnen eine Aenderung nicht not— wendig sei. Ja, meine Herren, speziell für Schleswig⸗Holstein, worauf sich das wohl bezieht, weil dort die Sparkassen zum Teil älteren Datums sind, allerdings nicht als eigentliche Sparkassen, sondem als kleine Privatsparkassen, oft in sehr beschränkter örtlicher Tätigkeit, läßt sich daraus doch insofern kein Schluß ziehen, als beispielsweise im Jahre 1866 in Schleswig⸗Holstein überhaupt nur Hö öffentliche Spar— kassen existierten, heutzutage 137, also mehr als das Doppelte. Dann möchte ich darauf hinweisen, daß damals die Höhe der Einlagen auch erheblich niedriger war als heute. Denn es ist Tatsache, daß im Jahre 1866 die Einlagen in ganz Preußen nicht über 471 Millionen hinausgingen, und daß heute — im Jahre 1910 — die Einlagen allein in Schleswig-Holstein weit höher sind als damals in der ganzen preußischen Monarchie. Sie werden mir zugeben, daß man unt r diesen Umständen heute mit den Verhältnissen von vor 50 oder 100 Jahren nicht wird rechnen können und sich vielmehr zur Er—⸗ kenntnis wird duichcingen müssen, daß manche Aenderung notwendig sein wird und daß Auffassungen und Maßnahmen, die vor 100 odr 50 Jahren vielleicht noch am Platze gewesen sein mögen, heute nicht mehr am Platze sind.
Nun hat Herr Abg. Reinhardt vor allen Dingen an di— Spitze seiner Ausführungen über das Sparkassenwesen selbst den Satz gestellt, daß deren Liquidität ja überhaupt nicht deingend notwendig sei. Er hat ausgeführt, daß es bei Runs schließlich nicht darauf an— komme, die Leute zu befriedigen, man müsse sie, soweit ihre Forde— rungen an gewisse Kündigungsfristen gebunden seien, auf die Einhaltung dieser Fristen verweisen, und im übrigen würden sich ja immer noch Mittel finden lassen, die Sparer, wenn auch nicht gleich, jedenfall in absehbarer Zeit zu befriedigen; jedenfalls würde ein Verlust ihrer Beträge ausgeschlossen sein. Er hat ferner ausgeführt, in gewissen Gegenden würde ja vielleicht eine höhere Liquidität am Platze sem weil dort die Sparer leicht erregbar seien, der Nationalcharakter dahin gehe, alle Sachen tragisch zu nehmen und sofort alle Einlagen zurllc⸗ zuziehen, wenn irgendwelche Wolken am Hortzont sich zeigen, daß das aber gerade in den Provinzen, wo die Liquidität sehr gering sei, in Schleswig -Holstein und Hannover, nicht zu befürchten stehe weil dort die Bevölkerung ruhigen Charakters sei (Helterkeln und vielleicht solche Anstürme gegen die Sparkassen überhaupt nicht unternehmen werde. Diese Spekulation auf persönliche Momente, auf den Charakter der Bevölkerung in einzelnen Gegenden scheint mir
doch etwa vage zu sein, und ich glaube auch, daß Herr Abg. Rein=
„ot mit selner Auffassung, daß die Liquidität an sich nicht be⸗ unders wichtig sei, doch sehr vereinzelt dastehen dürfte. (Sehr richtig! lan) Ich kann darauf hinweisen, daß ja auch der Vorstand des parkassenverbandes in diesem Punkte mit der Regierung Hand in hand geht, lediglich gegen den Zwang sich aufgelehnt, andererseits „zer anerkannt hat, daß die Verhältnisse, die teilweise in Hannover, kilwelse auch in Westfalen, der Rheinprovinz und Schleswig⸗Holstein hesteben, tatsächlich nicht gut haltbar seien; er gibt sich nur ch immer der Hoffnung hin, daß eventuell im Wege der sicberredungekũnste und der Güte diese Verhältnisse geändert werden könnten. Nun, meine Herren, wenn bei einem Run eine gpalkasse die Anforderungen der Sparer, die ihr Guthaben teils aus gugst, teils zu wirklichem Bedarf abheben wollen, nicht befriedigt, dam erleidet der Nimbus der Sparkasse eine derartige Einbuße, ssehr richtig) wird eine derartige Diskreditierung nicht bloß dieser einzelnen Sparkasse, sondern auch des ganzen Sparkassenwesens ein⸗ kerlen, daß wir dann eine Nevolution in unserm ganzen Sparkassen⸗ pesen erleben können (sehr richtig!), die doch füglich besser zu ver⸗ meiden sein würde.
Meine Herren! was den Nationalcharakter anbetrifft, so möchte ch doch darauf hinweisen, daß auch gar nicht die Frage der Runs alein die Liquidität zu einer conditio sine qua non stempelt, sondern daß bei ernsten Situationen, ich setze den Fall — ich will hier nicht darauf eingehen — einer Mobilmachung, der doch schließlich nicht gänzlich außerhalb des Bereichs der Mög⸗ lichkeit liegt, ein wirklicher Notbedarf zu decken ist, der zur massen⸗ hasten Zurückziehung von Spareinlagen führen muß. Da werden ungefähr 2 Millionen Menschen ihren Familien, ihren bisherigen Berhältnissen, ihrer Beschäftigung entzogen. Es handelt sich darum, deß diese Leute dann die Auslagen, die ihnen im Moment der Mobil⸗ machung entstehen, bezahlen wollen. Sie brauchen Geld, es ist nicht Angst vor wirtschaftlichen Verlusten, sondern es ist das Bedürfnis nach dem augenblicklichen Besitze genügender Geldmittel, um den an sie herantretenden Anforderungen gerecht zu werden. Ferner, meine herren! müssen für die eingezogenen Wehrmänner Knechte angenommen werden zur Fortführung der Wirtschaft; auch hierdurch entstehen Kosten, deren Deckung die Einlagen bei den Sparkassen in Anspruch ge— ronmen werden müssen. Es sind also nicht bloß vorũbergehende, auz Angst hervorgerufene Momente, die zu einer Abhebung von Spar— kasengeldern in solchen Momenten führen, sondern es ist ein dauernder Notbedarf, der nicht so ohne weiteres befriedigt werden kann.
Nun, meine Herren, ich glaube, daß es demgegenüber die Pflicht der Staatsregierung ist, Ihnen Vorschläge zu machen, die sie für ge— eignet hält, eine Besserung bei rückständigen Sparkassen herbeizuführen, und ich kann nur das wiederholen, was auch von Seiner Exzellenz dem Herrn Präsidenten von Dombois im Herrenhause ausgeführt worden st, daß die Regierung auf Maßnahmen nach dieser Richtung hin nicht
wird verzichten können, und daß, wenn das Abgeordnetenhaus eventuell,
was ich nicht hoffe, zu einer Ablehnung der Vorlage kommen sollte, die Regierung dann jedenfalls im Aussichtswege, soweit sich irgend⸗ welche Mittel bieten, jwangsweise gegen die Sparkassen zur Ver— mehrung ihrer Liquidität wird vorgehen müssen. (Hört! hört! im Zentrum,) Ich glaube, daß das für die Sparkassen viel empfindlicher sein wird als eine gesetzliche Regelung in der Fassung der Vorlage.
Meine Herren, bedeutsamer als die Einwendung, daß die Liqui⸗ ditt der Sparkassen an sich nicht unbedingt notwendig sei, scheint mir der weitere und auch von Herrn Dr. Schroeder, wenn ich ihn richtig deistanden habe, geteilte oder jedenfalls zur Sprache gebrachte Ein⸗ wand zu sein, daß unter Umständen die Sparkassen genötigt sein würden, bei schweren Krisen ihre Bestände zu veräußern, weil die Reichsbank nicht in der Lage sein würde, die lombardfähigen Paplere n vollem Umfange zu lombardieren. Was zunächst vorübergehende Runs und derartige Dinge anbetrifft, so, glaube ich, wird nach der Richtung kein Zweifel obwalten können. Es wird sich in der hauptsache darum handeln, ob im Laufe eines etwa länger an⸗ dauernden Kriegszustandes die Reichsbank nach dieser Richtung würde dersagen können. Der Herr Abg. Dr. Schroeder hat schon erklärt, daß er nähere Aufklärungen über diesen Punkt von der Kommissions⸗ dechandlung erwartet. Auch ich möchte betonen, daß es mißlich sein vürde, hier in diese Details einzugehen, daß ich mich daher nur darauf beschränken will, darauf hinzuweisen, daß der Praͤsident der Reicht bank, eine melnes Erachtens nach dieser Richtung hin mtoritative Persönlichkeit, wiederholt die Erklärung abgegeben hat, daß die von den Sparkassen in Mobilmachungsfällen zur Lombardie⸗ rung eingesandten staatlichen und Reichseffekten von der Reichsbank unter allen Umständen honoriert werden würden. (Hört! hört! bei den Natlonalliberalen Die Maßnahmen, die dazu führen können, werden, wie gesagt, demnächst bei den Kommissionsverhandlungen näher erörtert werden können.
Meine Herren, ich möchte bei diesem Anlaß auch auf ein Bei⸗ sviel hinweisen, das ziemlich aktuell ist und nicht ganz der Lehr haftigkeit für unsere Entschließungen entbehrt, nämlich auf die Ver⸗ hältnisse, wie sie jetzt momentan gerade in Italien vorliegen. Bekanntlich — die meisten der Herren werden darüber auch orientiert sein — haben die Sparkassen in Italien die überwiegende Mehrzahl ihter Bestände in italienischen Rentenpapieren, in staatlichen Papieren angelegt; in Hypotheken dürfen die dortigen Sparkassen iberhaupt nur ein Sechstel ihrer Bestände anlegen. Nun hat Jkalien jetzt seit sieben Monaten einen Krieg zu führen, der zwar nicht gerade an den Lebensnerv des Staates heranreicht, ihm aber dech außerordentliche wirtschaftliche und finanzielle Aufwendungen auferlegt und wirtschaftliche Störungen herbeiführt, die wohl in der dage sein könnten, den Kursstand der Staatspapiere ungünstig zu
beeinflussen. Die Wirkung des reichlichen Staats paplerbesitzes der
ttalienischen Sparkassen ist indessen die, daß jetzt nach sieben
Monaten die italienischen Konsols immer noch annäherd 7 o/o höher
stehen als die meines Dafürhaltens weit besser fundierten deutschen Reichzpapiere und Konsols.
Nun ist Herr Abg. Reinhardt gestern in seinen Ausführungen ganz besonders auf die vermeintlichen positlven Schädigungen ein gegangen, welche das Gesetz für die Sparkassen im Gefolge haben würde. Er hat da in erster Reihe, sowelt ich ihn habe verstehen können, ausgeführt, daß Zinsverluste für die Sparer eintreten würden, weil die Sparkassen, wenn sie weniger lukrative Effekten, mündel⸗ sichete Papiere, kaufen müssen an Stelle von Hypothekenanlagen, auch nicht in der Lage sein würden, den Zinsfuß in der bisherigen Höhe
lu erhalten. Nun hat aber der Abg. Reinhardt gleichfalls, und zwar
bei Beginn seiner Ausführungen der Auffassung Ausdruck gegeben,
daß die Zinstreiberei der Sparkassen untereinander ein Mißstand sei, (sehr richtig ), dem die Staatsregierung unbedingt entgegentreten müsse; wie die Staatsregierung das tun solle, hat er nicht ausgeführt. Ich glaube, daß da mangels gesetzlicher Bestimmungen doch große Schwierigkeiten hervortreten würden. Wenn dieses Gesetz aber über⸗ haupt eine Herabsetzung von Einlagezinsen herbeiführen sollte, was doch nur in ganz beschränktem Umfange der Fall sein wird, wird es naturgemäß gerade diejenigen Sparkassen treffen, welche jetzt durch gewaltsame Zinserhöhungen versuchen, anderen solide bestehenden Sparkassen illegitime Konkurrenz zu machen, und die, um das zu er⸗ reichen, nicht den Lokalrealkredit befriedigen, sondern in weit abgelegene Gegenden gehen und dort zu möglichst hohem Zinsfuß Hypotheken erwerben, um ihrerseits ihren Zinsfuß, den sie den Sparern gewähren wollen, zu erhöhen und die anderen lokalen Sparkassen in der Gegend zu übertrumpfen. Ein solches Verfahren hat zweifellos schwere Be⸗ denken. Einerseits wird dadurch der Realkredit geschädigt, denn die Hypothekennehmer werden durch das Bestreben der Plusmacherei von Sparkassen, die sich gegenseitig den Rang abzulaufen suchen, mit zu hohen Zinsen belastet, da die Sparkassen, die besonders hohe Zinsen zahlen wollen, ihrerseits auch hohe Zinsen von ihren Schuldnern sich ausbedingen müssen. Es wird mithin gerade der minderbemittelte ländliche und städtische Besitzerstand, es werden die produ⸗ zierenden Schichten, die an die Sparkassen aus kleineren Kreisen herantreten, durch die Zinstreibereien bei dem Ein—⸗ lagezinsfuß geschädigt. Die Erhöhung überträgt sich auf weitere Verhältnisse, sie drückt auf den Kursstand, sowohl der städtischen wie auch der staatlichen Papiere und stellt sich dadurch im Endeffekt als ein Geschenk an die wohlhabenden Schichten dar, zu ungunsten derer, die den Kredit in Anspruch nehmen, und sich Geld borgen müssen, um ihr Durchkommen zu finden.
Nun ist aber tatsächlich garnicht daran zu denken, daß eine sehr wesentliche Beeinflussung des Zinsfußesz der Sparkassen durch die hier vorgeschlagene Maßnahme erfolgen könnte. Ich möchte zunächst darauf hinweisen, daß die sämtlichen bestehenden Ausleihungen weiter bestehen bleiben, daß nicht eine Hypothek gekündigt zu werden, daß nicht bei einer Hypothek der Zinsfuß ermäßigt zu werden braucht, sondern daß die ganze Maßnahme nur pro futuro wirken soll, nur insoweit, als ein verhältnismäßig ge⸗ ringer Bruchteil des jährlichen Ueberschusses, des Vermögens⸗ zuwachses, statt — wie bisher bei einzelnen Sparkassen zu neuen Anlagen ausschließlich in Hypotheken verwendet zu werden — in mündelsicheren Effekten angelegt werden soll, und zwar handelt es sich nur um 25 bis höchstens 35 0so dieses jährlichen Zuwachses. Also nur für die Zukunft wird eine geringe Verschiebung ganz all⸗ mählich nach der Richtung hin herbeigeführt, daß der Zustand, der doch wohl von allen Sachverständigen als der wünschenswerte an⸗ erkannt wird, erreicht wird, daß ein gewisser Prozentsatz des Spar- kassenvermögens, der zur Liquidität der Kasse notwendig ist, in mündel⸗ sicheren Papieren statt in Hypotheken angelegt sein wird.
Sie finden auf Seite 17 der Begründung ein praktisches Beispiel. Es ist da zu Grunde gelegt, daß eine Sparkasse mit einem Einlage⸗ bestande von 6 Millionen in Zukunft einen entsprechenden Bruchteil ihres Vermögenszuwachses in Effekten wird anlegen müssen, und da stellt sich heraus, daß die Mindereinnahme an künftigen Zinsen, nicht etwa an jetzigen Zinsen, sich pro Jahr auf 270 „S höchstens beläuft, gegenüber einem Jahresüberschuß von 36 000 6. Diese Zinsenabnahme fällt in der Tat nicht in das Gewicht.
Die zweite Schädigung, die für die Sparkassen aus diesem Gesetz von dem Herrn Abg. Reinhard ewartet wird, bezog sich darauf, daß der Realkreditbedarf innerhalb des Sparbezirkes künftighin nicht mehr in wünschenswertem Maße würde erfüllt werden können. Ich glaube, auch das ist nicht zutreffend, denn, wenn Sie Seite 36/7 der Begründung nachsehen, werden Sie finden, daß von ungefähr 63 Milliarden in Hypotheken angelegter Sparkassenkapitalien nur 4 Milliarden innerhalb des Garantiebezirkes angelegt sind, daß mithin 23 Milliarden Sparkassenkapitalien außerhalb des Garantie⸗ bezirkes in anderen Kreisen und Provinzen, zum Teil in anderen Bundesstaaten, angelegt sind,: daß daher der etwaige Geldbedarf für Vermehrung des Inhaberpapierbesitzes in Zukunft schon dadurch ge⸗ wonnen werden könnte, daß man die auswärtigen Hypotheken⸗ beleihungen einschränkt. Ich glaube mithin, daß die Befürchtung, daß nach dieser Richtung die Kunden der Sparkassen innerhalb des Garantiebezirkes geschädigt werden könnten, nicht zutrifft.
Bei der Frage der Herabsetzung des Zinsfußes habe ich vergessen, darauf hinzuweisen, daß Herr Reinhard noch meinte, es wäre not⸗ wendig, daß die Sparkassen einen recht hohen Zinsfuß gewährten, weil sonst die kleinen Sparer zu leicht der Versuchung anheim fallen würden, auf Anregung von Agenten der Banken ihre Papiere in exotischen Werten anzulegen. Die Spielwut, die Spekulationssucht des Publikums wird man, glaube ich, niemals vollkommen unterbinden können. Wenn aber bis jetzt die Sparkassen im großen und ganzen glücklicherweise derartigen erotischen Anlagen seitens der kleinen Sparer vorgezogen worden sind, so beruht das einerseits darauf, daß das Geld in unmittelbarer Nähe angelegt wird: daß der kleine Sparer das Vertrauen hat zu den) ihm bekannten Persönlichkeiten des Vor⸗ standes der Sparkasse, daß sie seine Ersparnisse gut anlegen werden, und daß er das Gefühl hat, daß er jederzeit ohne Schwierigkeiten und Verluste in den Besitz der von ihm der Sparkasse anvertrauten Er⸗ sparnisse gelangen kann, während bei den exotischen hochverzinslichen Papieren dies Vertrauen in der Regel fehlen wird. Es ist dagegen nicht gut möglich, daß die Sparkassen eine Konkurrenz in bezug auf die Höhe des Zinsfußes exotischer Wertpapiere machen; denn so hohe Zinsen, wie derartige Papiere sie gewähren, werden die Sparkassen den Sparern nicht gewähren können. Das Interesse des Sparers erfordert, daß seine Einlagen durchaus sicher angelegt sind, und daß er das Vertrauen hat, daß er keine Einbuße an seinen Einlagen erleiden werde, und daß er jederzeit, wenn er das Geld braucht in den Besitz desselben in vollem Umfange gelangen werde, und das ist nur möglich, wenn eine entsprechende Liquidität der Sparkassenbestãnde herbeigeführt wird.
Nun ist der letzte Gesichtspunkt, der als eine besondere Schädigung der Sparkassen von dem Abg. Reinhard bezeichnet worden ist, die Möglichkeit, daß Kurtverluste entstehen könnten, die allerdings nicht ganz ausgeschlossen ist. Ich möchte darauf hinweisen, daß diese etwaigen Kursverluste, die bei mündelsicheren Papieren und bei anderen Effekten genau so wie bei Staatspapieren eintreten können,
Verwendung von Uebeischüssen zu gemeinnützigen Zweden würden beschränken können. Derartigen Kursverlusten gegenüber pflegen aber mindestens alle größeren Sparkassen sich durch besondere Kursreservefonds zu schützen, sodaß nach dieser Richtung hin natur⸗ gemäß Kursverluste, die sich ja in einem Jahre wieder auszugleichen pflegen, auf die Verwendbarkeit der Ueberschüsse zu gemeinnützigen Zwecken nicht einzuwirken vermögen. Es ist aber auch bei anderen Sparkassen in dieser Beziehung bereits insofern Vorsorge getroffen, als seitens der Aufsichtsinstanz nachgelassen ist, daß Kursverluste auf den Reservefonds insoweit angerechnet werden können, als dieser Reservefonds 5H o/ der Einlagebestände erreicht. In diesem Fall wird also eo ipso eine Verminderung der verwendbaren Ueberschüsse auch bel Kursverlusten nicht eintreten.
Meine Herren, ich möchte dann noch darauf hinweisen, daß Sparkassen, wenn sie sehr vorsichtig sein wollen, gerade bei Staats⸗ papleren die Möglichkeit haben, sich vor Kursverlusten dadurch zu schützen, daß sie die in Höhe von etwa einer Milliarde um⸗ laufenden kurzfristigen Schatzanweisungen kaufen, wobei sie vor Kursverlusten nach menschlichem Ermessen geschützt sind, es müßte denn sein, daß der Staat in kurzer Frist Bankrott macht. Es würde somit ja auch hier keine unbedingte Garantie geboten sein; aber im allgemeinen werden die Sparkassen doch wohl in der Lage sein, sich vor Kursverlusten zu schützen, wenn sie kurzfristige Schatzanweisungen anschaffen. ;
Im übrigen möchte ich noch darauf aufmerksam machen, daß der Kursstand der Staatepapiere gegenwärtig so niedrig ist, daß aller Wahrscheinlichkeit nach kaum anzunehmen sein wird, daß ein erheb⸗ liches weiteres Sinken stattfindet. Wenn man es also für nötig hält, eine solche Regelung gesetzlich zu treffen — und ich halte sie aus den dargelegten Gründen für unbedingt notwendig, da im Wege der Güte nichts zu erreichen sein wird —, dann könnte meines Erachtens kein Zeitpunkt günstiger und geeigneter sein als der gegenwärtige, um eine derartige Maßnahme durchzuführen. Denn alle An⸗ lagen, die in Staatspapieren, mündelsicheren Effekten usw. erfolgen, haben aller menschlichen Voraussicht nach die Chance, Kursgewinste zu bringen, aber nicht Kursverluste zu verursachen. Meine Herten, es hat der Regierung fern gelegen, mit diesem Gesetzentwurf irgendwie schlkanöse Maßnahmen zu befürworten, welche kleine, neu entstehende Sparkassen hemmen oder bestehende in ihrem Betrieb belästigen sollen, sondern die Regierung ist lediglich bestrebt gewesen, Maßnahmen vorzuschlagen, welche bestimmt und geelgnet sind, die in dieser Beziehung gleichlaufenden Interessen des Staates und der Sparkassen gleichermaßen zu fördern. Ich hoffe, daß Sie in der Kommission die Ueberzeugung gewinnen werden, daß die Spar⸗ kassen tatsächlich nicht werden geschädigt werden, sondern daß das Sparkassenwesen durch diesen Entwurf dadurch auf einen besser ge⸗ sicherten Boden gestellt werden wird, daß derjenige Teil der Spar⸗ kassen, der aller Bemühungen ungeachtet in bezug auf eins der Haupt⸗ erfordernisse der Sparkassen, nämlich in bezug auf die Liquidität rück⸗ ständig geblieben ist, angehalten werden dürfte, diesen Mangel zu beseitigen. Ich möchte Sie bitten, an die Prüfung des Entwurfs ohne Voreingenommenheit und auch mit Wohlwollen heranzutreten. (Bravo)
Abg. von Kardorff lfreikons): Gegen den Gesetzentwurf ind ernste Beschwerden geltend gemacht worden. Ich möchte keinen weifel darüber lassen, daß der Entwurf in der vorliegenden Form ür die Gesamtheit meiner Freunde unannehmbar ist. Ungnnehmbar
ift der Entwurf, weil die Grenze von 265 og zu hoch ist. Diese Grenze bedeutet eine schwere Fessel für die Sparkassen. Wenn be⸗ hauptet wurde, daß die meisten Sparkassen von diesem Gesetzentwurf nicht betroffen würden, weil sie schon Inhaberpapiere haben, so * das vollständig falsch. Wenn eine Sparkasse 25 ½9. ihrer. Bestände in Inhaberpapieren angelegt hat, so muß sie darüber hinaus noch hoo zur Verfügung haben für die laufenden Geschäfte, wenn keine Einlagen kommen oder Einlagen zurückgezogen werden, Das würde einer Bindung von 30 o gleichkommen, diese Bindung ist aber unmöglich. Es wird immer die Notwendigkeit der Liguidität der Sparkassen im Kriegsfall betont, aber in Kriegszeiten tritt das ein, was Freiherr von Rheinbaben im Herrenhaus sagte: „Wenn eine Panik eintritt, greift sie wie eine Krankheit um 6 und macht nicht an den Mauern großer Städte Halt, sondern geht darüber hinaus und führt. zu Konfequenzen, die nur einer ihrer Besinnung kaum noch mächtigen Bevölkerung zugetraut werden können.“ Ich glaube, es liegt gar nicht im Interesse der Beteiligten, wenn die Sparkassen so liquid find. Was wird denn mit den zurückgezahlten Geldern gemacht werden? Sie werden verschwinden, in den Strumpf gesteckt, vergraben werden aus Angst davor, 5 verloren gehen könnten. Auf solche Umstände kann man keine Rücksicht nehmen, auf diese Weise wird man das Ziel nicht erreichen. Im Kriegsfall werden wir mit Sicher⸗ heit damit rechnen müssen, daß der Kurs stark fällt. Wollen die Sparkassen lombardieren, dann ist der Kurs bereits gefallen. Will man überhaupt eine finanzielle Kriegsbereitschaft der Sortassen als notwendig ansehen, dann muß man einen ganz anderen Weg wählen, dann muß man die Sparkassen veranlassen, erstklassige kurzfristige ausländische Fonds zu nehmen. Zu einer wirklichen Not der Sxar⸗ kaffen wird es doch nicht kommen; an der Spitze stehen doch die Bürgermeister, und wo eine wirkliche Not ist, wird auch in Kriegs⸗ zeiten geholfen werden können und werden die Sparkassen stark genug sein, das Erforderliche zu leisten. Aber ich kann mich doch auf den Standpunkt stellen, daß für normale 89 eine beschränkte Liquidität im Interesse der Sparkassen liegt. er deutsche Sparkassenverband hat immer darauf hingewiesen, daß dies der Fall ist. Die Sparkessen werden diesem Gesichtspunkt Rechnung tragen müssen. Die Statistit zeigt doch, daß in einigen Gegenden Zustände bestehen, die man prima Vista als erfreulich nicht bezeichnen kann; ich sage; prima Vister denn es kommt bei den Sparkassen immer auf die lokalen Verhältnisse an. Was bei einer ö ungesund ist, braucht es doch nicht bei der anderen zu fein. Die Geschäfte in Hypotheken halte ich für außer⸗ ordentlich bedenklich und bedauerlich; damit entfernen sich die Spar⸗ kassen aus den gesunden Grenzen. Eine Sparkasse darf nicht riskante Geschäfte machen, sondern muß solide Anlagen haben. Ich glaube, daß meine Freunde bereit sein werden, für derartige Sparkassen ei e Zwangsbestimmung zu treffen, wie sie in den FS 1 und 2 im allgemeinen getroffen wird. Dann werden wir immer noch die Möglichkeit offen halten, Ausnahmen zu machen. Die Hebung des Xe der Staatspapiere ist zweifellos ein höchst wünschenswertes und erstrebenswertes Ziel, aber man kann zweifelhaft sein, ob es auf diesem Wege sich erreichen 6 ch will nicht das ganze Problem erörtern, die Konkurrenz der O ö. onen und der sonstigen Dinge, die Art. wie wir ö Staatsankeihen begeben, scheint mir auch mit schuld an dem Kursstand zu sein. Ein gewisser Zwang zum Ankauf, von Staatzpapieren ift mindestens wünschend wert. Im Herrenhause ist angeregt worden, die Regierung solle in diesen Fällen einen besonderen Typ von Anleihen bestimmen. Ich lasse dahingestellt, ob das möglich ist. Ich persönlich (, offen, a; wenn die Sparkassen ver⸗ anlaßt werden, die Staatspapiere zu kaufen, dieß zur Hebung der Staats papiere , kann. Ganz von der n diefe Beftrebungen nicht. Ob sie zum Ziele führen werden, muß e die Erfahrung entschelden. Von aufferorbentlichem Wert i
in der Praxis nur buchmäßiger Art sind, daß sie die Sparer nicht
treffen, sondern höchstens die Garantieverbände in bezug auf die
ti im ? über die Erleichterung der Verwendung der K Zwecken. Hi haben Gemeinden, die
er Hand zu weisen sind ö