1912 / 119 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 May 1912 18:00:01 GMT) scan diff

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von Zedlitz eine Rede, in der er dem Reichskanzler alle lichen Schmeicheleien sagt, auch, daß er sein Parteigenosse sei, also 36 genosse der Herren von der Post“. Mit diefen unheilvollen Zuständen wollen wir ein Ende machen durch Stärkung des Parlaments und durch Eroberung des Reichstagswahlrechts für reußen. Wir wollen nicht, daß Preu ßen noch länger das deutsche Sibirien bleibe. (Große Ün⸗ ruhe rechts; Praͤsident Dr. Kaempf ruft den Redner zur Ordnung. ) Ich werde mich gegen diese Ordnungsrufe beschweren. Nicht in lf es s? nge! zurück, sondern in Preußen vorwärts! Das muß die Losung sein. Das Eindringen der Polizei in den preußischen Parlamentssaal am 9. Mai ist die äußere Kennzeichnung eines ganz unhaltbaren Zustandes. (Vräsident Dr. Kae mp'f ersucht den Redner, preußische Angelegenheiten nicht in die Debatte zu iehen) Ich muß doch meine Verwunderung aussprechen über eine . Geschäftsführung. Stets ist es zulässig gewesen, diese Dinge hier zu erörtern, und jetzt soll es plötzlich nicht mehr zu⸗ lässig sein, weil ich unangenehme Dinge vorbringen muß? Wir wollen doch den Reichstag nicht zum preußischen Abgeordneten⸗ haus erniedrigen! Wirkliche Volksvertreter hat man gus dem Dreillassenparlament mit FPolizisten herausgebracht! Das ist das . wie es leibt und lebt. Die Handlungsweise des dortigen Präsidenten war die Handlungsweise einer Autorität, die jeden Boden unter den Füßen verloren hat. Das Eindringen der Polizei in das preußische Abgeordnetenhaus hat gewirkt wie ein . Wie ist dieses Eindringen mit den 88 105 und 106 des Strafgesetzbuchs in Uebereinstimmung zu bringen? Wie kann man sich einbilden, durch eine Geschäftsordnungsbestimmung reichsgesetzliche Be⸗ stimmungen außer Kraft zu setzen? Auf Grund welches Gesetzes sind denn jene Leute, die da Parlament spielen, in dem Haufe? Ueberhaupt nicht auf Grund eines 3. sondern auf Grund einer Verordnung, die vor 63 Jahren unter Bruch eines Königlichen Wortes . worden ist. In 19 deutschen bundesstaatlichen Landtagen sitzen 180 Sozialdemo⸗ krgten; haben Sie von solchen Szenen außerhalb Preußens schongehört? Wat war das Vergehen des Abg. Borchardt ? Der Abg. Schifferer hatte den Abg. Borchardt auffordern lassen, sich seine Rede anzuhören. Die Akustik des preußischen Abgeordnetenhauses ist au erordentlich schlecht. Wenn da ö mehr von links als von rechts erfolgen, erklärt sich das wahrscheinlich daraus, daß auf der Linken mehr 61 und Verstand vorhanden ist als auf der Rechten. Die Krone ist der , dadurch gufgesetzt worden, daß nun auch noch der widerrechtlich hinaus gebrachte Borchardt einen Prozeß wegen Hausfriedensbruchs und wegen Widerstandes gegen die) Staatz⸗ gewalt angehängt bekommt. Den reaktionären Parteien möchte ich zurufen: treiben Sie die Dinge nicht auf die Spitze; lernt, ihr seid gewarnt! Sperren Sie sich nicht gag die notwendige Entwicklung, geben Sie dem Volke endlich die Rechte, die ihm gustehen, die Rechte, die es stürmisch verlangt Sie pflegen immer mit Stolz zu seigen, daß der Appell an die 5 im deutschen Herzen keine Stätte findet. Dabei ist doch die Politk der Partei der Rechten weiter nichts als eine Spekulation auf die menschliche Schwäche. Wir haben kein Vertrauen zu dem Reichs kanzler und zu dem System, das er vertritt. Wir werden nicht auf⸗ 6 im schärfsten Kampfe zu seiner Politik zu stehen. Der Reichs⸗ anzler bekannte sich in seiner Einleitungsrede zu den Wehrvorlggen als ein Fanatiker der größten Zahl, aber nicht da, wo es das Volk

anbelangt, sondern nur da, wo es sich um Soldaten handelt. Die

ukunft wird lehren, wer richtig gerechnet hat, Sie oder wir. (Präsident Dr. Kaempf: Aus dem Stenog amm Ihrer Rede geht

London hat eine neue Besetzung gefunden.

en, daß die Einverleibung der Verlust der Ehrenrechte gleich⸗

5 emokraten: Daz ed reh ist in Ehrenrecht.. Wenn das der

st, rufe 51 zur Ordnung.) Auf die Vorgänge im preußischen t e e. Allerdings muß recht geben, daß auch wir in dicklung eintreten werden. Etwas gange in Elsaß⸗Lothringen. Der emacht und ist auch allein nur in

hervor, als ob Reichslande in Pr bedeutend sei. hen, das nn Ab

Dr a bac e , a 16 ich dem Abg. Scheide

wirklich gefallen wäre, da Er hat ja selbst zu dieser Was die inneren , wir uns hier schwerlich bereits vor den Vorbereit

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an⸗ ler war, und lehnten.

Der W betrug im Jahre 1905 rund 6 Milliarden, im Jahre 1911 dagegen s-25 Milliarden. Der Wert unseres gesamten Außenhandels betrug im Jahre 1905 13 Milllarden, im Jahre 19117 189 Milliarden Seit ,, des Zolltarif at sich die Landwirtschaft gehoben und ebenso die ganze Lebenshaltung des Volkes. Wenn die Lebens⸗ mittespreise gestiegen sind, so ist dies eine untrennbaie Begleit⸗ erscheinung des y,, Wohlstandes. Wer billige Lebensmittel. preise verlangt, verlangt aeg ein Zurückgehen der Landwirtschaft und des allgemeinen Wohlstandeg. Die Landwirtschaft hat gar kein Interesse an besonders hohen dLebengmittelpreisen, wir verlangen ledig⸗ lich n , der Preise. Höhere Preise als 169 für Roggen und 200 für Weizen wollen auch die Landwirte nicht. Das Ziel der Land— wirtschaft ist, den ganzen inländischen Bedarf durch die heimische roduktion zu decken, Uund wenn sie dieses Ziel erreicht hat, at sie, auch kein Interesse mehr an den Schutzzöllen. Tun wir alle, was wir können, um die Landwirtschaft esund zu erhalten, . tun damit das Beste . unser olk zur Erhaltung seiner Gesundheit und seiner Wehrkraft. Daß ein Bauernlegen zu konstgtieren ist, muß entschieden beffritten werden. Gerade eine Vermehrung des Kleingrund esitzes ist auf Kosten des Großgrundbesitzes eingetreten. In Bayern hät seit 1887 der Kleingrundbesitz auf Kosten des Großgrundbesitzes in den letzten 30 Jahren um 456 000 ha zugenommen. Das ist doch eine sehr er⸗= freuliche Erscheinung und beweist, f unsere Wirtschaftspolitik sich glänzend bewährt hat. Die Latifundienbildung ift eine Teil⸗ erscheinung von einer herabgehenden sandwirtschaftlichen Entwicklung, höhere Getreidezölle führen dagegen eine Vermehrung der bäuerlichen Wirtschaften herbei, denn nur dann ist ein intenstver Ackerbau wirklich lohnend, wenn sich Bauern davon ernähren können. (Wider- spruch links.) Das ist doch klar, Herr Gothein, das beweist uns doch England. (Widerspruch des Abg. Gothein. Zuruf des Abg. von Schu lze⸗Gaeyernäitz: Und Dänemark?) Gerade in Sänemark haben wir eine hohe Bodenrente. Deutschland ist imstande, mehr als 95 o der Futtermittel selbst zu decken. Von den 5 oo, die ein- geführt werden, geht auch dazu noch der größte Teil zollfrei ein. Wir müssen dahin kommen, dj wir unser Volk selbst ernähren, daß wir alles, was gebraucht wird, felbst erzeugen können, dadurch schaffen wir auch vermehrte Arbeitsgelegenheit. Diesen großen nationalen Gesichtspunkt soll man doch nicht vergessen. (In einer der Türen, die zu der bis jetzt ganz leer gebliebenen Bundesratsestrade führen, erscheint der Bundesrgtsbevollmächtigte Dr. Klügmann, ihn sich erstaunt um und verläßt unter schallender Heiterkeit der Linken sofort wieder den Saal.) Auf unser Vertragsverhältnis zu Amerika will ich nicht eingehen. Es genügt, wenn ich fefsstelle, daß unsere Vertragspolstik Amerika gegenüber vollkommen autonom bleiben muß. Ich hoffe, daß auf Grund dieser allgemeinen Andeutungen es gelingen wird, ein grundsätzliches Ein⸗ berständnis über unsere zukünftige Wirtschaftspolitik zu erreichen. Wir müssen jetzt schon solche Maßnahmen treffen, daß wir, sopwie die neuen Handelsverträge in Kraft treten, unsere althewährte Wirt⸗ schaftspolitik fortführen können. Es handelt sich dabei ja um ganz schwer wiegende Interessen unseres Volkes. Wir müssen uns auch unsere Kundschaft im Innern erhalten; deshalb haben wir ein großes Interesse an einer starken Industrie im eigenen Lande. Unsere Wirt⸗ schaftspolitik ist auf dem richtigen Wege. Es bedarf nur eines ent⸗ schlossenen Willens, um 6. festzuhalten. Unser Botschafterposten in Wir freuen uns alle, daß dieser Posten von einem so hervorra zenden Diplomaten besetzt worden ist. Und wir hegen alle den Wunsch, daß die lange Eifahrung dieses Herrn dazu beitragen möge, die , zwischen den beiden großen germanischen Völkern so freundschaf lich wie möglich zu gestalten. Ich möchte aber davor warnen, an diesen Wechsel zu weltgehende Hoff nungen zu knüpfen. Unsere auswärtige Politik wird ja nicht von den Botschaftern gemacht, sondern bel ung von der Zentralstelle aus, durch den Reichskanzler. In der Politik gibt es allgemeine Nicht · linien, won denen man nicht abweichen kann, zudem muß auf die Büdnisse Rücksicht genommen werden, die die Völker untereinander haben und die ja alle einen rein defensiven Charakter bewahren wollen. (Präsident Kaempf unterbricht den Redner und, macht ibn darauf aufmerksam, daß die auswärtige Politik hier nicht zur Sprache gebracht werden darf) Ich glaubte folche lere unh en mgchen zu können, weil sie mit dem vorher Gesagten in elnem ge—= wissen Zusammenhang stehen. Ich behalte mir vor, auf die Ausführungen . Reichskanzlers, die er bei den Wehrvorlagen gemacht hat, zurůück⸗ zukommen.

Präsident Kgempf: Ich habe mir vorher schon einmal die Rede des Abg. Scheidemann angef:hen und habe mir das Steno—⸗ . kommen lassen. Nun . ich aber darin noch folgendes;

er Abgeordnete hat gesagt; „Wir meinen aber noch, daß man mit solchen Drohungen, wie mit der Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes oder mit der Verfegzunz in die unterste Stufe eines

Staatsbůrgere · in . doch etwas vorsichtiger sein soll. Durch r

diese Aeußerung wird Preußen auf das schwerfie verletzt, und ich rufe den Abg. Scheidemann deshalb nachträglich noch zur OSrdnu ng. e, e. der folgenden Rede des nationalliberalen Abg. van Calker etreten die Bundesratsmjtglieder um 33 Uhr wieder den Saal, von den Solßialdemokraten mit Gelächter und ironischen Zurufen wie Arbeitswillige begrüßt.) bg. Dr. van Calker (nl): Als ich mich heute nachmittag zum Wort gemeldet habe, da war meine Abficht, sowohl als All⸗ deutscher, wie auch als e fer heute zu sprechen, und zwar von Angelegenheiten über das Elsaß, die ganz Deutschland interessieren. ch muß gestehen, durch die Worte des ersten Redners habe ich ganz vergessen, daß ich Elsasser bin, und es kam in mir auf die Erinnerung an die Jugendzeit, in der ich einst als kleiner Knabe das erste Lied gelernt habe „Ich bin ein pie, Allgemeines unaufhörliches Brabo! rechts und ironisches Lachen ei den Sozialdemokraten.) Ich bin sehr traurig darüber, daß Sie dazu lachen. Ich bin ein HBeutscher aus vollem . (Zuruf bei den Sozialdemokraten: „Aber kein Preuße !) Ich ühle mich auch als Preuße. Dag kann ich fest versichern. Als solcher fühle ich mich gerade in diesem Haufe. Mögen wir u einem Bundesstaate gehören, zu welchem wir wollen. wir aben immer das Gefühl gehabt, daß wir die. Verpflichtungen haben, uns bewußt zu sein, was ge n gn für das Reich getan hat. Ich bin nicht der Ansicht, daß man hier etwa wie auf einem in nationaler Begeisterung schwärmen soll, aber bei der Ftede des. Abg. Scheidemann haben wir das Gefühl gehabt, daß dagegen protestiert werden muß. (Allgemeines lebhaftes Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen. = Ironische . bei den Sozialdemokraten.) Lassen Sie mich einmal ganz Professor sein. (Zuruf von den Sozial⸗ demokraten Ich bin ein deutscher Volksvertreter, auch wenn ich die Ehre Preußens von dieser Tribüne verteidige. Obgleich in England auch Strafbestimmungen über die Majestätsbeleidigungen bestehen, wird doch drüben wegen Majestätsbeleidigung nicht verurteilt, weil nicht angeklagt wird, und es wird nicht angeklagt, weil ein Engländer seinen König als Vertreter des Staates nicht beleidigt, weil das dort nicht als gentlemanlikée gilt. (Zuruf bei den Sozialdemo⸗ kraten) Das ist die Auffassung, wie sie mir von einem englischen Anwalt mitgeteilt worden ist. (Abg. Ledebour: Sle haben ja keine Ahnung! Vizepräsident Dove ersucht, die immerwährenden Zwischenrufe zu unterlassen. Nochmaliger Zwischenruf des Abg. Ledeb gur. Stürmische Rufe rechts: Ruhe!) Die nationalliberale Partei will auch in der Frage der Wahlreform den Weg der Entwicklung gehen. Wir find auch gegen jede Ausbeutung des Gesetzes über das Vereins- und Verfam m lungsrecht, das zeigt Ihnen ja die von uns eingebrachte Resolution. Sie werden unsere Partei immer auf dem Wege einer gerechten Kritik sehen, aber einer Kritik, die ausgeht von einer heißen Liebe zum Vaterlande! (Ruf bei den Sozialdemokraten: Na, weine man nicht 9) Die , über Elsaß⸗Lothringen gehen ja außerordentlich auseinander. Als Neuelsässer wie ich hat man starke Aussicht, auf der einen oder der anderen Seite Mißfallen zu erregen, wenn man sich darüber äußert. Ich freue mich, daß wir in i n m n die Verfassung haben, weil dadurch und durch das Wablrecht die Möglichkeit fur eine fortschrittliche Entwicklung gegeben ist. Daß hier Ruͤckschläge eintreten würden, hat jeder erwartet; aber daß die Vorgänge, die wir igt. beklagen, anders verlaufen sein würden unter der Herrschaft des Reichs, muß ich bestreiten. Gerade in meiner Fraktion waren die Meinungen geteilt, ob man auf den Boden der Verfassungsvorschläge treten sollte; trotz mancher Bedenken haben wir es getan. (Der Reichskanzler erscheint wieder am Bundes⸗ ratstische; lautes Ah! bei den Sozialdemokraten; Ruf rechts: Politische Kinder) Damgls tauchte auch die Auffassung auf, ob es nicht richtiger wäre, die Reichslande in Preußen einzuberleiben oder sie auf die süddeutschen Bundesstgaten zu verteilen. Ich bin der Auffassung, daß eine solche Gestaltung zu unserer Zeit nscht richtig und nicht gerecht sein wurde, sondern daß Bismarck unz den richtigen Weg gewiesen hat. Auf diesem Wege sind wir durch den Erlaß der Verfaffung vorwärts geschritten. Auch

viele der früher Zwelfelhaften und Bedenklichen würden die Ver!

fassung heute nicht gern wieder ziehen lassen. Was in Elsaß in den letzten Wochen geschehen ist, wi man beklagen und bedauern. Als ich nach Elsaß Lothringen kam, kam ich hinein als ein . der von vielen Leuten dort hörte: Sie werden sehen, es if schwer, hier warm zu werden. Ich habe diese Erfahrung nicht gemacht. Ich gebe zu, ich bin in dieses Land gekommen von vornherein mit dem Willen, ein neuer Elsässer zu werden, mit dem festen Willen, zu arbeiten für das Land, für sein Wohl und für seine Intereffen. Die— jenigen, die sich kritisch über die Verhältnisse in Elsaß- Lothringen äußern, machen vielleicht manchmal den Fehler, deß sie nicht mit warmem Herzen an diese Fragen herantreten. Die Art und Weife, wie im Landtag manche Fragen behandelt worden sind, hat außerhalb des Landes und im Lande selbst zweifellos viel böses Blut ge— macht. Auch die Resolution, die der Landtag in der Gravenstadener Sache gefaßt hat, bedauere ich außerordentlich. Ich will gar nicht untersuchen, ob nicht auch vielleicht von seiten der Regierung manches nicht ganz richtig gemacht worden ist, ob nicht etwas ge⸗ schickter hätte verfahren werden können. Ich bin der Meinung, ganz offen gestanden, aber eine Volkevertretung muß außerordentlich auf ihre geren, halten, muß sich ihrer Verantworkung in hohem . bewußt sein, auch dann, wenn sie in Opposition steht. Ein . ament muß auch an die Wirkungen denken, die ein Beschluß haben ann. Jeder, der französische Zeitungen liest, weiß, was ich meine. In der französischen Presse herrscht die Auffaffung, daß in Elsaß⸗ Lothringen ein Volk in Fesseln schmachtet, das darauf wartet, baldmöglichst wieder in die Arme der Mutter Frankreich zu ellen— Vor kurzer Zeit hat mir einmal ein guter Elfaffer gefagt: Herr Professor, Sie wissen ja so gut wie ich, daß 8 nur noch ein pagr Narren sind, die heute noch französisch werden wollen. Auch ich bin der festen Ueberzeugung, daß derjenigen, die in fran⸗ zösischen Besitz zurückkehren wollen, ganz außerordentlich wenige sind. Es kommt darauf an, daß man das in Frankreich weiß. Auch von unserer Seite werden ja manche Fehler gemacht, Fehler, die ver⸗ mieden werden können und müssen. Bei meinem Aufenthast im Kreise Landau-Neustadt in diesem Frühjahr habe ich die Empfindung eines französischen Einschlags in , Beziehung in höherem Maße ge⸗ habt, aber auch diese Kreise fühlen sich vollkommen als Bayern, von ganzem Herzen als Deutsche. (Zuruf von inks: Preußen wollen sie Doch nicht sein) Fürst Bülow hat einmal zu mir gesagt: Die Jacke, die unseren Männern in Ostelblen ganz gut paßt, ist Euch im Elsaß und in Süddeutschland manchmal etwas zu knapp.“ Ich bin überzeugt von dem besten Willen unserer Organe, dafür zu sorgen, daß unser Land von Herzen ein deutsches Land wird, aber die Methode, in der das gemacht wird, ist manchmal nicht ganz richtig. Kleinigkeiten wirken manchmal viel stärker, als sie wirken follen. So kam einmal, als ich von einer Reise von Paris zurückkam, an der deutschen Grenze ein deutscher Gendarm auf mich zu und sagte; Wie heißen Sie? Wer sind Sie?“ Nachdem ich ihm meinen Namen esagt hatte, meinte er: Ich halte Sie für einen französischen 8 fizier'. Ich erwiderte ihm, daß ich ein deutscher Offizier sei. Da sah er mich groß an und sagte: „Ich sehe, daß Sie einen deutschen Offizier markieren wollen?‘. Darauf wurde ich fehr deutlich mit Aus⸗

drücken, die jedem preußischen oder bayerischen Exerzierplatz zur

Zierde gereicht haben würden, bis er dann endlich zu mir sagte: „Zu Befehl, Herr Hauptmann“. Den Gebrauch der . Sprache sollte man nur verbieten, wenn sie in absolut opposit ioneller Weise gebraucht wird, sonst sollte man wirklich Toleranz üben. Ich bin gestern an einem Laden vorbeigeraten, da stand: Aux cor- settes gracieuses. Das darf man im Elsaß nicht sagen, aber man darf wohl ein graziöses Korfett haben. Aber gerade diese kleinen Momente werden immer als große behandelt. an muß alles tun, um die Tradition zu ö. Ich achte das Wort Souvenir, well ich selber so innig alles fühle, was ich als Kind erlebt habe. Ich habe auch allemannisches Blut in meinen Adern. Der Elsässer stichelt gern ein wenig; das tut er heute, das hat er zur franzöfischen Zeit ebenso

gemacht. Wir müssen diese Verhältnisse richtig und gerecht betrachten. Damit komme stz zu dem Gründgedanken er. daß 6. draußen außerhalb unserer Grenzen keine alsche Meinung er⸗ regen über die Stimmung unseres Landes. So fehr ich tolerant bin gegenüber dem Souvenir, fo bin ich doch der Meinung, daß vir scharfe Stellung nehmen müssen gegen jede Maßnahme in Elsaß⸗Lothringen, die auf eine Annãherung an Frankreich hinzielt. Wenn eine solche Aeußerung eschieht, so ist unsere Regierung in vollem Recht, und es ist ihre Pflicht, ich gegen solche . zu wenden. (Zuruf von den Sozialdemokraten: erben zer⸗ schlagen) Ich bin der Meinung, daß es nicht gut ist, Aeußerungen des Kalserg, namentlich wenn sie unverbürgt sind, hier zu erwähnen. Aber es ist geschehen, und ich scheue uur nicht, sie zu besprechen. Sind Aeußerungen dieser Art geschehen, so ist das natürlich bedauerlich, weil die Wirkung nach außen viel schlimmer st, als die Aeußerung ihrem Inhalte na vielleicht gewesen ist. Aber wir wollen uns doch sagen: auch der Kaiser hat das Recht, unmutig zu fein, unmutig zu sein über eine Ent- wicklung, die all dem entgegensteht, was wir alle miteinander erhofft laben, als wir die Verfassung für Elsaß⸗Lothringen beschloffen. Denn die Resolution hat nach . anz anders gewirkt. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Das Parlament hat das Recht, eine Resolution zu fassen, aber auch in der Ausübung von Rechten muß man sich seiner Pflichten bewußt fein. Sie ganze Frage läßt sich in die Worte zusammenfassen: Souvenir ja, espérance nein, nein. niemals! Ueber allem steht unser deutsches Heer und unsere deutsche Flotte, wir durfen nicht nach außen Melnungen erwecken, die salsch wären und die gerade in Frankrel Stimmungen erzeugen und erjeugen müssen, die falsch sind. Wir müssen alle miteinander arbeiten in dem Bewußtsein, daß Elsaß· Lothringen seiner früheren Entwicklung nach, ein deutsches Land ist. Wir arbeiten ja nicht nur für den heutigen Tag, für morgen und übermorgen, sondern wir müssen alle miteinander arbeiten in heißer Liebe fuͤr unser Vaterland, für uns alle und unsere Kinder.

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Auf die Vorgänge, die mich und die Mitglieder des Bundesrats veranlaßt haben, eine Zeitlang den Saal zu ver— lasen, gehe ich selbstverständlich nicht ein, nachdem von dem Präͤsidium ein Ordnungsruf wegen der Aeußerungen gefallen ist, die der erste Herr Vorredner gebraucht hatte. Meine Herren, ein Mann, der von seinem Lande so spricht, wie es geschehen ist, verurteilt sich selbst. (Lebhafter Beifall rechts. Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemokraten) Ihre Zwischenrufe, meine Herren, machen mich nicht irre in meinen Gefühlen als Preuße und als guter Deutscher, der weiß, was Deutschland Preußen verdankt. (Lebhafter Beifall rechts. Unruhe bei den Sozialdemokraten.)

Ich will, wie ich das bereits in meiner Antwort auf die Anfrage des Herrn Abg. Colshorn gesagt habe, über die elsaß⸗lothringischen Angelegenheiten sprechen. Vorweg muß ich mit einigen Worten auf die Grafenstadener Angelegenheit eingehen, da die Resolution, die zu ihr gefaßt worden ist, wie der Herr Abg. van Calker eben ausgeführt hat, eine gewisse Bedeutung erlangt hat.

Der Sachverhalt in der Grafenstadener Angelegenheit ist kurz solbznder. Grafenstaden gehört der norddeutschen Lokomotipvereini⸗ zung an und hat deshalb Anteil an den Bestellungen für die Reichs⸗ eisnbahnen und für die preußischen Staatsbahnen. Der Wert der Bestellungen hat in dem letzten Jahrzehnt durchschnittlich 4 Millionen Mark pro Jahr betragen. Im Januar d. J. wurde die preußische Cisenbahnverwaltung durch Zeitungsartikel und durch ein mit Namens⸗ unterschrift versehenes Schrelben darauf aufmerksam, daß von der Leitung des Grafenstadener Werkes behauptet werde, sie wirke in direkt deutschfeindlichem Sinne. Danach hat die Eisenbahnverwaltung im Benehmen mit der Landesverwaltung eine Untersuchung angestellt, leren Ergebnis der Unterstaatssekretäör Mandel in der elsaß⸗ lothringischen Kammer mitgeteilt hat. Ich will aus den Mit— teilungen kurz folgendes anführen:

Die elsaß⸗lothringische Regierung erklärte, es sei für sie notorisch, döß der leitende Direktor des Werkes die Seele aller deutschfeind⸗ lichen Bestrebungen sei, die sich in und um Grafenstaden bemerklich machten. Alle persönlichen Beziehungen zwischen der Fabrikleitung und den Behörden hätten aufgehört, und daran trage jener Direktor die Schuld. Er benutze jede Gelegenheit, um sich über deutsche Ver⸗ hältnisse in abfälliger und gehässiger Weise zu äußern. Er habe die gesellihen Vereinigungen des Personals in französisches Fahrwasser gelenkt und bekämpfe auch in der Gemeinde alles, was dutch ist. (Hört, hört! rechtz. Lachen bei den Sozial⸗ demokraten. Auf Grund dieses Ergebnisses stellte die Jisenbahnverwaltung dem Werke die Einstellung weiterer Aufträge m Aussicht, falls nicht binnen bestimmter Frist dieser Direktor von seinm Posten entfernt würde (Bravo! rechts. Unruhe bei den Snaldemokratem, und falls nicht bis zu seiner Entfernung Gewähr dafür geboten werde, daß er seine Tätigkeit in deutschfeindlichem Sinne in der Fabrik und in der Gemeinde einstelle. (Lebhafte Zirufe von den Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten.) Neine Herren, das ist der Hergang. Es ist mir völlig unerfindlich, wie man daraus Vorwürfe gegen die Eisenbahnverwaltungen herleiten finn. (Sehr richtig! rechts) Für die Verwaltung der Reichseisen⸗ bahnen und der preußischen Staatsbahnen ist es ein Ding der Un⸗ möglichkeit, geschäftliche Beziehungen zu einem Werk aufrechtzuerhalten und ihm jährlich Millionenbestellungen zuzuwenden, dessen Leitung die Verachtung deutschen Wesens zur Schau trägt und in die Tat um— let. (Sehr richtig! rechts. Lebhafte Zurufe von den Sozial lemolraten Ich habe Ihnen mitgeteilt, daß es sich nicht um line anonyme Denunziation, sondern um eine Mitteilung mit Namens⸗ unterschrift handelt. (Lebhafte Zurufe von den Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten.)

Ich würde den Herren dankbar sein die Herren kommen ja ö. zu Wort —, wenn sie meine Ausführungen nicht stören vllten.

Die deutschen Eisenbahnverwaltungen würden pflichtwidrig ge⸗ lndelt haben, wenn sie diese Vorgänge ignoriert hätten. (Sehr ät rechte) Es ist nicht Gesinnungsschnüffelei gewesen dieser . ist in der elsässischen Kammer gebraucht worden —, sondern 64 die Verwaltung durch Vermittlung der Landesregierung jene hung einleitete, so war das ein Gebot staatlicher und ,, Notwendigkeit. (Sehr richtig! rechts) Kein Privatmann m ll geschäftliche Beziehungen ohne zwingende Notwendigkeit, an der andere Teil sich fortgesetzt darin ergeht, wichtige Inter⸗ 1 seines Auftraggebers zu schädigen. (Sehr richtig! rechts.) n hier, meine Herren, sollte eg der Staat tun, wenn naticnalen Interessen angegriffen werden? Davon kann gar

Der Staat ist dazu berufen, in allererster Linie die ssen zu schützen. (Sehr richtig! rechts.)

Dann ist auch der Vorwurf gemacht worden, die Eisenbahn⸗ berwaltung wäre von der rheinisch-westfälischen Großindustrie als Vorspann benutzt worden, um die Konkurrenz von Grafenstaden aus⸗ zuschließen. Man hat dag daraus geschlossen, daß zufällig auch die Rheinisch⸗Westfälische Zeitung auf die Treibereien in Grafenstaden aufmerksam gemacht hat. Dieser Vorwurf ist absolut widersinnig. Ich habe bereits mitgeteilt, in welchem Umfange nicht nur die Reichs⸗ eisenbahnen, sondern auch die preußischen Eisenbahnen Grafenstaden mit Aufträgen bedenken. Preußen besitzt Fabriken genug, um den Bedarf an Maschinen bei sich selbst zu decken; es würde nicht auf die reichsländische Fabrik zu rekurrieren brauchen. Preußen sieht es aber als seine Aufgabe an, die reichs ländische Industrie sopiel als möglich zu fördern, und ich setze mich dafür ein, daß das andauernd geschehen wird. (Bravo! im Zentrum) Also, meine Herren, das Konkurrenzmotiv, das angeblich für das Vorgehen der Eisenbahnverwaltungen mitbestimmend gewesen sein soll, lebt nur in der Phantasie derlenigen Personen, welche die An⸗ gelegenheit politisch gegen Preußen ausbeuten wollen. (Sehr richtig! rechts) Gegenwärtig hat Grafenstaden noch für die beiden Ver⸗ waltungen Maschinen im Werte von je etwas über einer Million, zusammen für zweieinhalb Millionen, zu bauen. Die Bestellungen sind für die erste Hälfte 1512 vergeben. Für die zweite Hälfte 1912 werden Bestellungen zum ungefähr gleichen Werte zurückgehalten für Gravenstaden, in der Hoffnung, daß noch eine Verständigung gelingt. Diese Verständigung ist bisher nicht zustande gekommen, weil das Werk sich weigert, den Direktor zu entlassen. Es ist selbstverständ— lich, daß die Eisenbahnverwaltungen auf ihrer Forderung bestehen. (Sehr richtig) Wenn die Arbeiter der Fabrik Not leiden sollten, was ich nicht hoffe, weil das Werk die Forderung nicht erfüllt, dann wird es das Werk sein, welches die ausschließliche und alleinige Ver⸗ antwortung dafür trägt. (Sehr richtig Denn, meine Herren, nichts Unbilliges wird von dem Werke verlangt, sondern nur das Selbstverständliche, daß ein geschäftliches Unternehmen, das Aufträge von deutschen Staatsverwaltungen haben will, nicht das im Staate repräsentierte Deutschtum bekämpfen darf. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen) Wenn man den Eisenbahnverwaltungen einen Vorwurf machen wollte, so könnte es vielleicht nur der sein, daß sie zu vorsichtig vorgegangen seien. (Sehr richtig! rechts) In manchem anderen Staate wäre die Ant⸗ wort auf ein Verhalten der Werksleitung, wie es hier vorliegt, die gewesen, daß einfach die Bestellungen aufhörten (sehr richtig! bei den Nationalliberalen, ohne daß man in Verhandlungen eintrat. Dann war die Angelegenheit erledigt, und es war kein Stoff zur Agitation gegeben. Hier ist man in Verhandlungen eingetreten. Zu wessen Gunsten? Zugunsten von Grafenstaden und der in Grafenstaden beschäftigten Arbeiter! Und aus diesen Verhandlungen hat man begierig Kapital zu schlagen versucht. In welcher Weise

Seiten als vertraulich. Sie sollten vertraulich geführt werden im industriellen Interesse der Fabrik und im Interesse der Arbeiter, um Agitation und Beunruhigung zu vermeiden. Die Vertraulich⸗ keit ist auf seiten der Regierung auf daß strengste ge⸗ wahrt worden, und auch dann noch, als vor einiger Zeit im preußischen Abgeordnetenhause die Sache zur Sprache kam, hat sich die Regierung auf eine ganz kurze Be⸗ merkung beschränkt. Der Herr Abg. Blumenthal war es, der in der Lage war, in der elsässischen Kammer zum ersten Male die Sache vor die Oeffentlichkeit zu bringen und in nationalistischem Interesse zu verwerten.

Damit komme ich auf die allgemein politische Bedeutung dieses Falles. Die elsässische Kammer hat, wie bekannt, für Grafenstaden und gegen die Regierung Partei genommen. Daraus und aus manchen anderen Vorkommnissen haben die Gegner der vorjährigen Verfassungsgesetzgebung den Schluß gezogen, daß diese Gesetzgebung verfehlt oder doch verfrüht gewesen sei.

Meine Herren, daß sich die neue Verfassung leicht und ohne Reibungen einleben würde, habe ich nicht erwartet. (Sehr richtig! bel der Fortschrittlichen Volkspartei) Ich möchte da auf Einzel⸗ heiten nicht eingehen, nachdem das hohe Haus die vortreffliche Rede des Herrn Abg. van Calker gehört hat. (Heiterkeit bei den Sozial⸗ demokraten.)

Herr van Calker hat in ausgezeichneter Weise das schwierige Milieu Elsaß-Lothringens gejeichnet. In seiner ganzen Ver⸗ gangenheit hat sich das Reichsland keiner Selbständigkeit zu erfreuen gehabt, wie die ist, die ihm jetzt gegeben ist. Die gesamte kulturelle, wirtschaftliche und politische Entwicklung, die Umwälzungen der letzten beiden Jahrhunderte aber hatten in Elsaß⸗Lothringen keinen einheitlichen Boden vorbereitet, der einem solchen selbständigen staatlichen Leben günstig wäre, weil bald der französische, bald der deutsche Einfluß überwog. Die Schwierigkeiten, die sich aus allen diesen Gründen, die ich heute nur andeute wir haben ja vor einem Jahre sehr ausführlich darüber gesprochen —, die Schwierig⸗ keiten, die sich aus allen diesen Gründen für das Einleben der neuen Verfassungszustände ergaben, sind zuerst drastisch hervorgetreten bei den ersten Wahlen zur elsaß⸗lothringischen Kammer im vorigen Herbst. Damals mußten sich eigentliche politische Parteien im Lande erst bilden, sie mußten ihr gegenseitiges Verhältnis feststellen. Charakteristisch für die verworrenen Zustände, die damals entstanden, waren auch die Gewissenskonflikte, in die ein Teil der deutschen Wählerschaft geriet, als sie vor die Frage gestellt wurde / ob sie mit Hilfe der Sozialdemokratie den Nationalismus überwinden (Hört, hört! bei den Soztaldemokraten) oder ihm durch Stimmenthaltung zum Slege verhelfen sollten. Und alle diese Zustände wie hätte es anders sein können haben ihre Rückwirkung auch auf die Tätigkeit der Kammer ausgeübt.

Ob diese Vorgänge eine andauernde politische Bedeutung haben, ob aus ihnen der Schluß gezogen werden darf, daß die Verfassung unzweckmäßig gewesen sei, meine Herren, das kann heute nicht entschieden werden. Aber unzweifelhaft und das hat auch der letzte Herr Vorredner zugegeben haben diese Vorgänge das nationale Empfinden weiter deutscher Krelse tief verletzt (sehr richtig) und einen verständlichen Unwillen hervorgerufen.

Nun, meine Herren, dieser Unwllle ist es dem Seine Majestät der Kaiser in seinem Gespräch mit dem Oberbürger⸗ meister von Straß burg Ausdruck gegeben hat. Wegen dieses Gespräches sind in der Oeffentlichkeit heftige Angriffe gegen den Kaiser gerichtet worden. Ich lege gegen diese Angriffe Verwahrung

ein. (3urufe von den Sozialdemokraten Wie war denn die Sache,

dafür eine kurze Bemerkung! Die Verhandlungen galten auf beiden

meine Herren? In einem Kreise geladener Gäste hat der Kaiser dem Unmute Worte geliehen, der in diesen Wochen viele deutsche Herzen erfüllt hat. Diese Worte sind durch eine bedauerliche, nicht auf⸗ geklärte Indiskretion (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten), an der, wie ich indessen ausdrücklich hervorheben möchte, der Herr nicht beteiligt war, an den die Worte gerichtet gewesen sind, in die Oeffentlichkeit geraten, und zwar, was peinlich ist und wag, wie ich aͤnnehme, auch von vielen Elsaß⸗Lothringern als peinlich empfunden werden wird (sehr richtig h, nicht in einer deutschen Zeitung, sondern im Pariser Matin“. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, trotz dieser Veröffentlichung ist keine Situation geschaffen, für die ich nicht die Ver⸗ antwortung trüge. (Bravo! rechts) Solange ich an dieser Stelle stehe, trete ich vor den Kaiser (Bravo! rechts und im Zentrum); nicht, meine Herren, aus höfischen Rücksichten, wie sie mir draußen in der Presse angehängt worden sind die kenne ich nicht sondern aus staatlicher Pflicht. (Bravo! rechts und in der Mitte.) Und wenn ich dieser staatlichen Pflicht nicht gerecht werden kann, dann werden Sie mich nicht mehr an diesem Platze sehen. (Bravo! rechts und Zuruf bei den Sozialdemokraten.)

Meine Herren, mit der Berufung auf Bundesrat und Reichstag werden offene Türen eingerannt. Es hat dem Kaiser völlig fern ge⸗ legen, den Rechten von Bundesrat und Reichstag irgendwie zu nahe zu treten. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Wen will man es denn glauben machen, meine Herren, daß der Kaiser, wenn er von einer Beseitigung der Verfassung gesprochen hat, nicht an einen Akt der Reichsgesetzgebung gedacht hat (Sehr richtig! rechts und Zurufe bei den Sozialdemokraten), der doch nur als ultima ratio in Betracht kommen könnte?

Meine Herren, der Kaiser hat auch nicht davon gesprochen, daß jetzt an eine Revision der Verfassungezustände in Elsaß⸗Lothringen herangetreten werden solle. Das hat er nicht getan. Aber verwunder⸗ lich ist es, daß elsaß⸗lothringische Politiker die Zeit für gekommen erachten, um die Verfassungsgesetzgebung vom Reich auf das Land zu übertragen. Meine Herren, daran ist nicht zu denken. (Bravo! bei den Nationalliberale.) Elsaß⸗Lothringen ist Reichsland. Bundesrat und Reichstag sind es gewesen, die dem Lande seine Verfassung gegeben haben, und nur Bundesrat und Reichstag werden darüber zu befinden haben, ob einmal die Zeit kommen sollte, wo die Verfassungszustände geändert werden müssen, und wie sie geändert werden müssen. Darum sind alle Konjekturen über die Richtung, in der sich Aenderungen bewegen könnten, völlig gegen⸗ standslos. Bundesrat und Reichstag werden, wenn ihnen solche Beschlüsse aufgenötigt werden sollten, sich nur von den Lebens—⸗ interessen des Reiches leiten lassen. (Sehr richtig! bei den National⸗ liberalen. Bei Elsaß⸗Lothringen steht es, ob diese Lebensinteressen die Erhaltung und Konsolidierung der dem Lande gegebenen Freiheit und Selbständigkeit oder ihre Einschränkung fordern werden. Das Land wird sich sein Schicksal selber schaffen. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen. Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Das Land wird, wenn es den Prinzipien folgt, die der Herr Abg. van Calker hier eben angedeutet hat, das erreichen und das behalten, was es jetzt hat, und wird es sichern. Wenn es einen anderen Weg geht, ja, meine Herren, niemand kann die Augen davor schließen, daß deutschfeindliche Bestrebungen im Lande vorhanden sind (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Wo denn ), welche aus dem Lande ein der Verbindung mit dem Reich widerstrebendes Grenzland machen möchten. Gegen diese Bestrebungen muß alles, was deutsch ist, zusammenstehen; dann werden sie überwunden werden. (Sehr richtig! bei den National= liberalen Das, meine Herren, und die Sorge für die Zukunft des Reichslandes ist Kern und Inhalt der ernsten Mahnungen des Kaisers gewesen. (Bravo! rechts. Abg. Ledebour: Eine faule Ausrede ) War es ein Unrecht, daß er diese Mahnung ausgesprochen hat?“ Nein, meine Herren, denn darüber ist sich die ganze Nation einig, Elsaß⸗Lothringen ist ein Land, das zu uns gehört wie jeder andere Teil des deutschen Vaterlandes. (Lebhaftes Bravo! rechts und in der Mitte) Sollten ich glaube es nicht Treibereien die Ueberhand gewinnen, welche diese Tatsache auch nur entfernt in Zweifel ziehen könnten, dann allerdings würde es Pflicht des Bundesrats und des Reichstags sein, nach Mitteln auszuschauen, um diese Treibereien zu schanden zu machen, und des bin ich gewiß, diese Pflicht würde dann erfüllt werden. Denn es wäre eine Pflicht deutscher Ehre. (Leb⸗ hafter Beifall, Zischen bei den Sozialdemokraten. Anhaltendes leb⸗ haftes Bravo! rechts, im Zentrum und links.)

Vizepräsident Dope: Ich muß den von dem Abg. Ledebour ge⸗⸗ machten . Faule Ausrede ganz enk sch lebe n Cru ,

Abg. Dr. Haas Baden (fortschr. Vollsp.): Ich hatte edacht daß der Reichskanzler, der doch mitgeholfen hat, die elsaß lothr gischẽ Verfassung zu schaffen, sich über jenes Wort des Kaifers andere und schwerere Gedanken gemacht hätte. Er hätte sich die Frage vorlegen müssen, ob denn durch diese Aeußerung nicht schwerer hren ö. Clsaß und in ganz Deutschland entftanben sei. Seine zweite Frage hätte sein müssen: Haben sich denn in Elsaß⸗Lothringen irgendwelche Dinge ereignet, die im Ernst eine r b ünf der Verfassung oder gar eine Ginberleibun von r e , n Preußen rechtfertigen könnten? Die allerschwerste . endlich wäre gewesen, ob es gut war, wenn der Kalser autokratisch einen Gedanken ausgesprochen hat, zu dessen Durchführung auch noch andere gesetzgebende Faktoren not⸗ wendig waren. Diese Gedanken müssen erwogen werden, auch dann. wenn man weiß, daß jenes Kaiserwort durch eine au erordentlich be⸗ trübende Indiskretion an die Oeffentlichkeit gelangt ist. Es war eine Schamlosigkeit, daß dies Gespraͤch ien g tee, worden ist, und eine doppelte Schamlosigkest, daß diefes espräch zunächst weiter- gegeben wurde an die franz fische Presse. Aber das Wort ift gefallen und es war ein gefaͤhrliches Wort. Ganz Deutschland hat Ver⸗ wahrung einzulegen gegen ie Kaiserliche Wort. Am 9. Mai Joo? hat der Kaiser die loyale i n des elsässischen Volkes ganz anders beurtellt. Als die Bepesche des Kaiserg an den Statthalter von Elsaß Lothringen kam, die diefen ermächti te, wegen Aufhebung des Diktatur en, mit 5 ir. in Ver⸗ treten, a

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