S1 stellt der Regierung 100 Millionen Mark zur Ver—
mg, um in den national gefährdeten Teilen der Provinzen
Pommern, Schlesien und Schleswig⸗-Holstein zur
chen Besitzstandes 1) ländliche Grundstücke
als Rentengüter an deutsche Landwirte und
nerᷣ 2) den Staat mit Stammeinlagen bei
gen ellschaften zu beteiligen, denen die Ver—
ttlung hei der Bildung der Rentengüter und die Sicherung
der Schadloshaltung des Staats übertragen wird. Fur größere
Güter bürfen nicht mehr als 25 Millionen, zu Stammeinlagen nicht mehr als 5 Millionen Mark verwendet werden.
R . damit wird der Antrag Aronsohn (fortschr. Volksp.), der guch von Mitgliedern anderer Parteien aus der Ostmark unterstüßt ist, beraten:
die Regierung zu ersuchen, zur Stärkung des Grundkapitals der t chen Pfandbriefanstalt in Pofen auf 6 Millionen Mark den Betrag von 5 Millionen Mark gegen höchstens 3,75 0/0 Zinsen zur Verfügung zu stellen.
mit
8. Viereck, be⸗ Form, daß statt
gn. hres e st⸗
wir . mein
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:
Meine Herren! Ich möchte bezüglich des Besitzfestigungsgesetzes auf die Ausführungen Bezug nehmen, die ich bereits bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs in diesem hohen Hause gemacht habe, und ebenso möchte ich in diesem Augenblicke nicht näher auf dasjenige zurückkommen, was ich anläßlich der Beratung der Denkschrift der Ansiedelungekommission in der Budgetkommission ausgeführt habe. Es liegt mir nur daran, gegenüber den Wünschen des letzten Herin Berichterstatters, die bereits von meinem Herrn Vertreter früher ab— gegebene Erklärung zu wiederholen, daß die Staatsregierung bereit ist, der Pfandbriefanstalt in Posen auch in ihrer jetzigen schwierigen Sltuation zu helfen, daß schon für ihren augenblicklichen Geldbedarf gesorgt ist, und daß ihr auch weiterhin die Mittel zur Verfügung ge⸗ stellt werden, die zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit erforderlich sind. Ueber die Höhe dieser Mittel kann gegenwärtig eine Erklärung noch nicht abgegeben werden; die bezüglichen Verhältnisse müssen noch einer weiteren Prüfung unterzogen werden.
Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern Holtz erklärt,
daß zurzeit das Material, das in dem Antrag Viereck gewünscht wird, der Regierung nicht zur Verfügung steht. Uebrigens ist dem Hause 1907 eine Denktschrift vorgelegt worden, welche einiges von diesem ge⸗ wünschten Material enthielt, aber ein umfassendes Material ist nicht vorhanden und auch nur sehr schwer zu beschaffen. Wir müßten die ganzen Steuerlisten durcharbeiten, wir müßten alle einzelnen Gewerbe⸗ treibenden prüfen. Der Minister glaubt, eine solche Statistik nicht in Aussicht stellen zu können. Auch ohne solche Denk chrift kann man es als Tatsache bezeichnen, daß der polnische Mittelstand in den Städten im letzten Jahrzehnt sehr erhebliche Fortschritte gemacht hat, und da der deutsche Hauzbesitzer, und Gewerbestand zurückgegangen ist. Die Urfache liegt wesentlich in der kulturellen Hebung der Be— Ukerung in der Ostmark und in der Abwanderung nach Westen, sie L guch zusammen mit dem Natlonalitätenhaß und mit der Parole Polen, für sich zu bleiben und die Deutschen zu meiden. In . preußischen Ressorts hat man versucht, Mittel zur Hebung des eutschtums durchzuführen, wie die . der Städte mit 8 onen, mit neuen Behörden, die inn, rung hyagienischer Ein⸗ cichtungen, Errichtung von Cisenbahnwerkstätten, Fortschritten auf dem Gebiete des Schulwesens, Errichtung der Akademie in Posen, örderung des Fortbildungeschulwesens, Ausbildung der Jugend, 1dung von Voltsbibliotheken, Abhaltung von Meiflerkursen, Ver⸗ . ung durch Gisenbahn i. Alle diese Maßnahmen en nur den betreffenden Berufszweigen, sondern dem Deutsch⸗
dien K
dient gerade
un . ö . inen. Die
6 n,, für die Städte, die mit Ansiedlungen um⸗ sind, dienen diese zur Hebung des Gewerbestandes in den Fngbrsondere zeigt sich gerade in den Ansiedlungestadten,
Stärkung des deutfg
erung geringer ist. Die
n Ansiedlungsstädten gegen⸗
ur 5 ondern a ht
hme von 11,28 0½ gegenüber ngasstädten von 2,5 /o. Der
er nochmals zu betonen, daß
gabe, den deutschen Hausbefitzer⸗ und zu stärken, , m, wird nen Mitteln dahin zu wirken, daß kötums lebensfähig bleiben und Interesse des Deutschtums zu er⸗
ᷣ 86 Besitzfestigungsgesetz liegt uns roch K. esetz * uns noch über Gesetze sprechen zu sollen, die amens meiner Freunde unterlasse ich igesetz mich zu äußern. Aber im
ch guch zu erklären, daß wir mit und auch mit der einzigen Aende⸗
daß der Rückgang
über den Nichtansie gewesen; es zeigt sie einem Rückgange in Antrag Viereck ist em die Regierung die
and Gewerbestand zu
Den Antrag zur Kräftigung der Deutschen
Pfandbriefanstalt in . haben meine Freunde gleichfalls unter⸗ stützt und sind auch mit der Aenderung der Kommission ein— herftanden, wonach eine Begrenzung nach Wünschen nicht stattfindet. Der Antrag Viereck ist im Rrelse meiner Freunde lebhaft begrüßt worden, gibt er uns doch Gelegenheit, durch einen Beschluß auß⸗ zusprechen, daß das utschtum auch in den Städten gestärkt werden muß. Der Regierungekommissar hat den Rückgang des deutschen Gewerbes in den Stäbten zugegeben. Wenn die Uebelstände so groß sind, so würde es kein vergebliches Bemühen sein, wenn die Regierung alleä Material, das nur beschafft werden kann, beschafft und uns in einer Denkschrift darlegt. Das Ergebnis kann nur ein fruchtbares sein. Zur J bemerke ich, daß in den 25 Jahren der Geltung des Anstedlungsgesetzes neben manchem Er—= freulichen auch manches Unerfreuliche gezeigt hat. Unerfreulich ist; daß die Verluste der Jeutschen Hand sich noch vermehren und recht schwer sind. GSrundfätzlich stehen wir bezüglich der Ansiedlungstätigkelt noch heute hinter der Regierung. Zur Fort— setzung des Werks . wir der Ansiedler und des Landes. An Ansiedlungglustigen besteht ein Mangel nicht, das Material der Ansiedler ist immer besser geworden, das Interesse an diesem großen nationalen Werte ift in immer weiteren Kreisen auf Anerkennung und Verständnis gestoßen, es werden immer mehr Studienreisen in die Anstedlungsprobinzen gemacht, mehr und mehr beschäftigen sich wiffenschaftiiche Werke mit der Ansiedlungs— tätigkeit; aber dem steht gegenüber die bedauerliche Tatsache, daß die Landbeschaffung immer mehr auf Schwierigkeiten stößt. Wir können nicht mit der Kritik zurückhalten, daß wir nach manchem, waß wir von dort hören, mit der Art der Land— beschaffung nicht 3, Wr sind nicht zufrieden mit der Zerschlagung von Domänen, um Land zu beschaffen. Wenn das Land nicht mehr beschafft werden kann, so ist es die i Folgerung, daß jetzt mit der Enteignung nach dem Zesetz von 1908 vorgegangen werden muß. Der Tandwirffchafts—⸗ minister hat in diesem Jahre die Bereitwilligkeit der Regierung dazu erklärt, und, zwar in bestimmterer Weife als in früheren Jahren. Die Regierung stellt dieses Mittel als ultima ratio hin; das entspricht dem Hergang bei der Beratung des Gesetzes, das Gesetz ist durch Kompromtß zustande gekommen. In den Grenzen der damaligen Beschlüsse müssen wir jetzt anerkennen, daß die Regierung, wenn sich die Verhältnisse anders gestalten sollten, um die Anwendung des Gesetzes herumkommen könnte. Aber die Vexhältnisse liegen jetzt so, daß der Minister in der Kommission erklärt hat, 3 die Regterung bei einem Besitzwechsel von der Enteignung Gebrauch machen will. Das hat dem Minister die Kritik der Presse zugezogen, weil die Presse von der irrtümlichen Meinung ausging, daß das Gesetz von 1968 ganz allgemein die Be— fugnis zur Enteignung gegeben hat. Das ist aber nur der Fall unter ganz bestimmten Vorgussetzungen. Wenn der Minister nun an die Fälle des Besitzwechsels denkt, so kann ich ihm aus guten Gründen zustimmen. Wir hatten 1908 gegen schwere, ethische Bedenken zu kämpfen, den Polen den Besitz zu nehmen, der durch Generationen bindurch in der Familie erhalten worden ist. Aber der Besitz ist durch die immer mehr steigenden Grundstückspreise mehr und mehr mobilisiert worden, sodaß jetzt die Fälle viel seltener sein werden, wo die ethischen Bedenken, geltend gemacht werden könnten. Gerade wenn nun eine Familie freiwillig auf ihren Besitz ver— zichtet, ist es nicht mehr bedenklich, die Enteignung anzuwenden. Ich würde es begrüßen, wenn die erstmallge Anwendung der Ent— eignung gerade in dieser milden Form sich vollziehen könnte. Ich hoffe, daß dann auch wieder andere Zeiten kommen, wie früher, wo die Polen sich nicht von den Deutschen abgeschlossen haben. (Wider⸗ spruch bei den Polen Sollte das nicht der Fall sein, dann möge auf das mildere Mittel ein schärferes folgen, aber jedenfalls ißt es gut, daß zuerst die milde Form angewendet wird. Meine Freunde stehen nach wie vor auf dem Boden des Gesetzes, das mit ihrer Zustimmung zustande gekommen und von jeher von ihnen getragen worden ist. Noch ein drittes gehört zur Durch— führung des Ansiedlungewerkes: die ruhige, besonnene, stetige Haltung der Regierung. Wir leben in einer Zeit hochgespannten Nationalgefübls und erfahren bedauerliche Erscheinungen in unserer Westmark. Solche Erscheinungen haben in manchen Kreisen trübe Empfindungen hervorgerufen. Hier steht r r Staat allein auf sich angewiesen, auch hier handelt es sich um ein eh, nationales Werk. Wenn die Regierung in ihrer nationalen Aufgabe fest und ruhig fortschreiten wird, wird sie nicht nur in diesem Hause der , der nationalen Kreise sicher sein, sondern auch das Vertrauen des ganzen deutschen Volkes haben. bg. Graf Spee (Zentr.): Die Zahlen über den . des deutschen Besitzes und die Zunahme des polnischen Besitzes zelgen nur zu deutlich, wie die Ansiedlungskommission dazu beigetragen hat, die nationalen Gegensätze zu verschärfen, sodaß. man von einem Fiasko der ,, sprechen kann. ie „Kreuzzeitung“ hat in einem Artikel im März d. J. geschildert, wie die Polen es verstehen, durch Umgebung der Städte mit polnischem Besitz Fortschritte zu machen. Die Frage ist zu einer politischen Machtfrage geworden, und die Pelen sind gejwungen, für die Erhaltung ihrer tammeseigentüm ; lichkeit zu kämpfen. Die tadikalen Bestrebungen der Polen, die sich bei den . Reichstagswahlen im Wessten gereigt haben, verurteilt niemand schärfer gig wir; wir verlangen ben den Polen und den Dänen, daß sie sich als loyale Bürger des preußischen Staates fühlen; wenn sie unrecht leiden, so erlangen sie dadurch noch lange nicht die Berechtigung, unrecht zu tun. ir haben früher erklärt, daß wir einem Entschuldungegesetz für den ganzen preußischen Staat, sympathisch gegenüerstehen würden, aber diefes G s hier ist ein Ausnahmegesetz gegen die Polen, und es wir nur den Erfolg haben, daß die Polen in andere Provinzen über⸗ gehen, und daß wir dann wieder auf neue Ausnghmemaßregeln sinnen müssen. Die Ausführungsvorschriften überläßt das Gese dem Landwirtschaftsminister; diefer mag noch so objelti sein, es wir
schwer sein, wirklich objektive Ausführungsvorschriften zu finden, und es wird schlleßlich nichts übrig bleiben, als daß wieder nach dem Schema F willtürlich gearbeitet werden wird. Druck erzeugt Gegen⸗ druck; das zeigt uns die Entwicklung in Oberschlesien, wo die Polen durchaus ruhige Staatsbürger waren und die Gegensätze erst durch die Ansiedlungspolitik hervorgerufen sind. 366 von Kardorff: Durch die große polnische Propaganda Auf die Frage, ob dieses Gesetz nicht der Verfassung widerspricht, wird mein Freund Marx näher eingehen. Dem Enteignungsgesetz haben die Konservativen seinerzeit nicht gerade gern zugestimmt; das bestätigen die Aus⸗ führungen meines Vorredners. Nur die Hakatisten verlangen nach wie vor die nachdrückliche Anwendung des Enteignungẽgeseßes. Man will von der Enteignung nur sehr vorsichtig Gebrauch machen, aber wenn man erst einmal diesen Weg beschritten hat, wird kein Halten mehr sein. Professor Bernhard sagt, von der Enteignung müsse, wenn überhaupt, gründlich Gebrauch gemacht werden, und er empfiehlt besonders die großen Güter, deren Besitzer im Auslande leben. Dabei handelt es sich also nicht mehr um Besitz, der von einer Hand in die andere geht, sondern um festen Besitz, und so wird es nicht nur zur Expropriation, sondern auch zur Expatri⸗ ierung kommen. Ist das Gesetz zur Anwendung gekommen, giht es kein Halten mehr; greifen Sie in die Speichen dieses Rades, solange es noch möglich ist! Die konfessionelle Frage will ich nicht berühren, aber wenn man in der Statistik die Epangelischen und die Juden zu den Deutschen rechnet, aber die Katholiken als Polen ansieht, so kann man sich nicht wundern, wenn die Polen die Empfindung haben, daß es sich um ihren Glauben handelt. Die ei , m der Ansiedlungspolitit geben uns recht, und wir können nur offen, daß man zur Umkehr kommt. Aus der „Königsberger Hartungschen Zeitung“ ersieht man, wie auch auf nationalliberaler Seite absprechend Über die Polenpolitik geurteilt wird. Im Auslande schüttelt man den Kopf über die preußische Politik.
Abg. Glatzel (ni.): Warum liest uns denn der Vorredner aus der „Hartungschen Zeitung“ vor, wie die Nationalliberalen denken? dazu bin ö. doch da, und ich will es Ihnen gleich auseinander⸗ setzen. Ich erinnere Sie nur daran, was früher unser Freund Hobrecht hier darüber gesagt hat. Wenn unsere Politik noch nicht genng Erfolge gehabt hat, so helfen Sie (zum Zentrum) uns doch, dann wird es n e. gehen. Daß unsere Politik, wenn auch langsam, Fortschritte macht, läßt sich nicht bestreiten. Wir wollen gar nicht, daß es den Polen bei uns schlecht geht, wir wollen nur die planvolle Massierung einer polnischen Majorltät verhindern. Die Erfahrung hat uns gezeigt, daß die ausgekauften Polen nicht in die Nachbar— provinzen gehen. Wenn die Polen nach dem Westen gehen, so liegt das an den natürlichen Ursachen, wie der Sachsengängerei im all— gemeinen. Wenn Graf Spee meint, im Auslande schüttele man den Kopf über unsere Politik, so möchte ich fragen, in welchen Kreisen im Auslande er sich bewegt. Die Polen sollten sich nur einmal in dem galizischen Spiegel besehen, wie sie gegen Ruthenen und Deutsche vorgehen. Die Enteignung wollen wir nur in milder Form, nur bei dem Besitzwechsel, wo der Grundbesitz die Eigenschaft des Persönlichen verliert. Da ist es gewissermaßen nur ein Einspruchsrecht der Regierung gegen den Uebergang deutschen Besitzes in polnische Hand. Auf die Preisfrage mu großes Ge⸗ wicht gelegt werden, es geht nicht an, wie Professor Bernhard meint, daß der Staat gleich mit 100 0600 ha derbe zugreifen soll. Denn wenn sich in einer landwirtschaftlichen Provinz die Treibereien mit den hoch gespannten Preisen so weiter fortsetzen wie bisher, so kann das zum vollständigen Ruin führen. Daßff bei den hohen Preisen nicht auf Vorrat gekauft wird, billige ich. In bezug auf die Domänen kann ich dem Abg. Winckler nicht zustimmen. Eine Freude ist uns die Zerschlagung der Domänen auch nicht, aber wenn kein anderes Land zur Verfügung steht, bleibt doch nichts anderes übrig, als die Domänen anzugreifen. Im Interesse einer stetigen Fortsetzung unferer Politik müssen wir auch die Domänen aufteilen, jedoch mit der Be⸗ dingung, daß eine Aenderung der Kreisordnungen vorgenommen wird. Wenn die Tätigkeit der polnischen Parzellierungsbänken ein— geschränkt werden könnte, würden wir in bezug auf die Güter— preise wieder zu normalen Zuständen kommen können. Die polnischen Parzelllerungsbanken ziehen die Leute fast bis auf das Hemde aus, und sie setzen ihre Leute, wie einmal ein früherer Land- wirtschaftsminister hier nachgewiesen hat, zu Bedingungen an, daß diese Leute vollkommen rechtlos werden. Wir werden uns viel— leicht überlegen können, ob wir uns nicht unserseits einmal dlseser armen polnischen Mitbürger annehmen sollen. Dem Antrag Viereck stimmen wir gern zu, ebenso dem Antrag Aronsohn. Die Klagen der Polen sind grundlos, sie haben doch von 1966 bis 1910 100 660 hba— gewonnen; die Frage also, wo die Polen bleiben sollen, braucht uns nicht zu beschäftigen. Mit dem vorliegenden Gesetz wird unsere Rüstung vollständig. Wenn die Regierung nur ihre Politik stetig fortsetzen will, werden wir die Majorität behalten und die Ostmark zur Blüte bringen können. . Abg. Dr. Pachnicke (fortschr. Volksp.): Selten hat die Opposition so recht behalten wie in der Polenpolitik. Die Miß— stimmung über die Mißerfolge tritt deutlich hervor. Herr Winckler sprach von manchen unerfreulichen Erscheinungen, und in der Kom⸗ mission sagte er noch schärfer, alle Partesen, welche seinerzest diese . mitgemacht hätten, ständen ihr heute mit Sorge gegenüber.
as Gegenteil des Zwecks ist erreicht worden, aber nicht, weil das Zentrum nicht geholfen hat, sondern aus tiefer liegenden Gründen. Gerade mit dem Strom unseres Geldes haben die Polen neues Land erwerben können, und in der Folge konnte auch der polnische Gewerbe= stand in den Städten erstarken. Das Polentum hat einen Aufschwung erlebt, numerisch und wirtschaftlich, wie es vor 25 Jahren nicht für möglich gehalten wurde. Gewiß ist die Bureaukratie mit schuld, sie ist nicht fähig, Eroberungen zu machen, das zeigt uns die Ostmark, das zeigt der dänische Landesteil, das zeigt Elsaß— Lothringen. Aber auch die Gesetze sind schuld daran. In der preußenfeindlichen Presse konnte man bei der 25. Wiederkehr des Jahrestages des Ansiedlungsgesetzes von 1886 lesen, daß der Tag dieses Gesetzes der Tag der Wiedererfebung der großen polnischen Be— wegung geworden ist. Daß die Regierung nicht wagt, das Ent⸗ eignungsgesetz anzuwenden, ist die beste Kritik an dem Gesetz. Das ist der Fluch der Ausnahmegesetze, daß man nichts damit erreicht. Und nun kommt ein neues Ausnahmegesetz. Wenn das vorliegen de Gesetz nur dazu dienen sollte, den bäuerlichen Besitz zu festigen, so würden wir es begrüßen, aber auch diese Vorlage ist ein Kampfgesetz. Be⸗ zeichnend war, daß der Abg. Glatzel von unserer, Rüstung“ sprach; ge⸗ rüstet bis an die Zähne, will man den Polen entgegentreten. Dem Bedanken der inneren Kolyonsation steht diese Vorlage so fern, daß sie sogar 25 Millionen für die Besitzfestigung größerer Güter verwenden will. Wenn der große Besitz erst e et ist, wird er zur Aufteilung eist recht nicht mehr bereit stehen. enn dieses Gesetz für den ganzen Staat den Gedanken der Besitzfestigung durchführte, könnten wir damit einverstanden sein, dazu müßie das Gesetz vollkommen um— gearbeitet werden. In der Form, wie es jetzt vorliegt, müssen wir dieses Gesetz ablehnen. Das . kennen wir noch nicht, aber nach allem, was wir bisher gehört aben, müssen wir ihm mit gtößtem Mißtrauen entgegensehen. Die Ent⸗ eignung will Herr Glatzel nur in der mildesten Form, ich weiß nicht, wie er eine Entelgnung überhaupt mit Milde vor— nehmen will, aber der Ostmarkenverein verlangt ein scharfes n. Wir erkennen die Gründe an, gus denen der Minister die Enteignung noch nicht angewendet hat. DSoffentlich schadet ihm das nicht. Bel den jetzigen hohen Pressen konnte die Regierung nicht Ankäufe erzwingen, denn wenn die Re ierung zu solchen Preisen Leute ansetzen wollte, würde ein schlechtes Jabr genügen, sie dem Ruin entgegenzuführen. Es ist also richtig, wenn die Regierung nur langsam vorwärts geht und bessere Zeiten abwarten will. ußerdem genügt i er Landvorrat t noch, und ferner , . noch Bomaͤnen, die wir sehr gut zerwenden könnten. er Abg. Gl ih hat in der Kommission auch mit Recht auf die Möglichkeit der Verwendung von Moor⸗ und Oedland hin⸗ gewiesen. Der Anwendung des a. egescßes können wir nicht zustimmen, wie wir seinerzeit auch de cf nicht zugestlinmt haben.
Dem Ansiedlungswerk im engeren Sinne könnten wir zustimmen,
aber nur in dem Sinne 6. Kulturwerkas, nicht eines politischen
Weikes gegen die Polen.
x ie Po ie innere Kolonisatlon hätte man mit Erfolg schon früher in Angri
nehmen können, wenn man sie nicht
auf zwei Provinzen, sondern guf den ganzen Staat ausgedehnt hätte,
ohne die Spitze gegen die Polen. idei ißgü ĩ Posen sind 3. e a. ane , ö el s gl an beschäftigt, das ist bezeichnend. Mit den Restgütern sind nach dem Zeugnis des Grafen Jedlitz-Trützschler traurige Erfahrungen gemacht worden. Man schaffe einen kräftigen, lebensfähigen und lebensfrohen Bauernstand. Besonderg gut sollte man die Schulen im Osten machen, und gerade dort sind sie besonders schlecht. Hier wäre die Simultanschule am Platze, um das Zusammengehörigkeits⸗ gefühl, zu stärken. Die Beamten könnten Zur Verbesserung der Verhältnisse beitragen; aber gerade in der Provinz Posen herrscht ein Kastengeist, wie er in der „Frankfurter Zeitung? treffend ge⸗ schildert wird; die Kavallerie verkehrt nicht mit der 2 das Landgericht nicht mit, dem Amtsgericht, der Beamte nicht mit dem Kaufmann, der Christ nicht mit dem Juden usw. Die Städte hat man bei der Polenpolitik ganz außer acht gelassen, sie haben darunter zu leiden. Deshalb sollte man endlich für, die Städte etwas tun, das ist der Sinn des Antrages Aronsohn. Lasse man der Provinz endlich Ruhe, dann wird eine Zeit der gedeihlichen Ent⸗ wicklung folgen.
Minister für Landwirtschaft, Domänen Dr. Freiherr von Schorlemer:
Meine Herren! Ich habe bei der ersten Beratung des Entwurfs des Besitzfestigungsgesetzes bereits kurz die Grundsätze zu kennzeichnen gesucht, welche die Stellungnahme der Königlichen Staatsregierung in der Polen und Ansiedlungspolitik bestimmen. Ich möchte darauf in einzelnen heute nicht zurückkommen. Aber es war mir doch inter⸗ esant und lehrreich, daß auch der Vertreter der Zentrumspartei Graf bon Spee mein über das Radikalpolentum abgegebenes Urteil im wesentlichen bestätigte. Ich bin sehr gespannt, in welcher Weise man seiner Aufforderung an die Vertreter der Polen, ihre Ansicht über die ndikalpolnische Richtung zu äußern, nachkommen wird. (Zuruf von den Polen: Sie werden sich vielleicht wundern ) Meine Herren, ich habe in meinen früher gemachten Ausführungen auch meinerseits ausdrücklich unterschleden zwischen dieser Richtung und denjenigen Polen, die ebenfalls ihrer Nationalität anhängen, aber nicht verkennen, daß sie Preußen und deutsche Staatsbürger sein müssen. Aber ich muß — und das gilt auch gegenüber den Ausführungen des Grafen Spee — doch nochmals darauf hinweisen, daß es für den preußischen Staat, fit die preußische Monarchie nicht gleichgültig sein kann, wenn in fröferem Umfange an den Grenzen der Monarchie Angehörige des preußischen Staates sich befinden, die nach ihrem eigenen Bekenntnisse dentsche Staatsangehörige im eigentlichen Sinne nicht sein wollen (Widerspruch bei den Polen), für die, wie die „Kölnische Volkszeitung“ sagt, Deutschland niemals das Vaterland sein wird. Und wenn in liesen von mir genannten Bezirken nun noch außerdem das Deutschtum nrückweicht, wenn es eine nicht wegzuleugnende Tatsache ist, daß seit Jahrzehnten der deutsche Besitz gegenüber dem polnlschen abgenommen ind die polnische Bevölkerung gegenüber der deutschen zugenommen at: ich glaube, selbst ruhig und vernünftig denkende Polen müssen dann zugeben, daß es Pflicht der Selbsterhaltung des preußischen Staates und der deutschen Nation ist, auf jedem zulässig erscheinenden Wege dieser Verminderung deutschen Besitzes und deutscher Be⸗ bölkerung entgegenzutreten. (Bravo! rechts und bei den National— liberalen. — Unruhe und Zurufe bei den Polen.) Verschiedene der herren Vorredner haben schon hervorgehoben, daß es sich keineswegs um eine Vertreibung des polnischen Volksteils und um die Frage landelt, ihnen den Aufenthalt im deutschen Vaterlande unmöglich zu machen. Ich möchte wiederholen und glaube die Zustimmung dieses hohen Hauses zu finden, wenn ich sage, daß die preußische Polen⸗ und Insiedlungspolitik nur darauf gerichtet sein kann, auf der einen Seite die sogenannte Massterung des polnischen Volksteils zu verhindern und uuf der anderen Seite dafür zu sorgen, daß auch gerade in den sogenannten polnischen Bezirken die Deutschen in größerer und kompakter Masse so angesetzt werden, daß sie dauernd dem polnischen Einflusse nicht mehr unterliegen können.
Meine Herren, wenn diese Ziele erreicht sind, dann ist im großen und ganzen auch das Ziel der Ansiedlungspolitik erreicht, und ich hof, daß dann sich auch die Autsichten verwirklicht haben, die der bg. Winckler namens seiner Partel zum Ausdruck gebracht hat.
Meine Herren, ich möchte bei dlesem Anlaß nur noch mit wenigen Worten auf die Ergebniffe der Ansiedlung im Jahre 1911, auf die Denkschrift der Ansiedlungskommission eingehen. Herr Abg. Winckler hat mit Recht darauf hingewiesen, daß zur Ansiedlung vor allem iwelerlei gehört: erstenz Ansiedler und zweitens Land. Aus der Denkschrift geht hervor, daß an Ansiedlern kein Mangel ist, aber ich llutbe, Sie werden aus den dort mitgeteilten Zahlen auch entnehmen müssen, daß die Ansiedlung in der Zahl auch ihre Begrenzung findet, daß es eben auch unter den günstigsten Verhältnissen nicht immer möglich sein wird, das Maximum der Siedlungen, die Zahl von etwa 2000 zu erreichen. Meine Herren, ich will außer den sonst dafür angegebenen Gründen nur noch auf eins hinweisen: zur Uebernahme elner Stelle, wie sie die Ansiedlungskommission als bäuerliche Besitzung auslegt, gehört, kan gering gerechnet, ein Kapital von 5o00 M6; nehmen Sie also Pod bäuerliche Ansiedler, so sind das 10 Millionen, die die An— sidler in die Provinz Posen mitbringen müssen, um überhaupt eine Insiedlerstelle bon der Ansiedlungskommission erwerben und besitzen zu können. Meine Herren, das ist eine große Summe, die zum Teil im Innern des Landes in anderen Gegenden und Bevölkerungsschichten piedet mobll gemacht wird. Auch aus diesem Grunde ist es erklär⸗ lic warum aus einzelnen Gegenden des deutschen Vaterlandes die klage widerhallt: warum gehen so viele unserer Kinder nach Posen ind Westyreußen, warum lassen sie das Geld, das die Eltern ihnen mitgeben müssen, nicht lieber in der engeren Heimat? Ich glaube, uch diese Gründe sprechen dafür, die Zahl der Ansiedlungen nicht . Grund und nicht ohne Berücksichtigung aller in Betracht zu siehenden Verhaͤltnisse zu vergrößern.
Meine Herren, was nun die Landbeschaffung angeht, so kann ich 3 mit gutem Gewissen sagen, daß es der Ansiedlungskommission ö . ist, den Bedarf für die Besiedlung in dlesem Jahre durch ö. Ankäufe im wesentlichen zu decken. Es sind augenblicklich el 2 000 ha zur Besiedlung vorhanden! Hiervon bleibt nach 3 . Bestedlung im laufenden Jahre wenigstens für boo Stellen . ätsarderliche Land für dag nächffe Jahr ur Verfügung. Ich führe ö. a elch an, um den Beweis dafür zu liefern, daß meine in . udgetkommijston gemachten Augflührungen richtig waren, daß in lem Jahre nur noch 1900 Ra für die Landbeschaffung dez laufenden
und Forsten
Jahres und nur noch etwa 6000 ha für die Landbeschaffung des nächsten Jahres nötig waren. P
Meine Herren, wenn unter dlesen Umständen trotzdem von mir — und ich sage ausdrücklich: im Namen der Staatsregierung — die Erklärung abgegeben worden ist, daß im Falle eines Besitzwechsels durch Veräußerung auch die Staatzregierung von der Maßnahme der Enteignung Gebrauch machen würde, und zwar in den Fällen, auf welche der 5 13 des Gesetzes vom Jahre 1908 zutrifft, so ist das, glaube ich, der deutlichste Beweis dafür, daß die Staatsregierung nicht die Absicht hat, in der Ansiedlungspolitik eine wesentliche Cinschränkung eintreten zu lassen, und es dürfte, glaube ich, auch nach dieser Richtung durch die Ausführungen, welche ich bereits in der Budgetkommission gemacht habe, jeder Zweifel geschwunden sein.
Meine Herren, ich gebe ohne weiteres zu, daß die Beschränkung der Enteignung auf die in melner Erklärung genannten Fälle eine mildere Form der Enteignung tarstellt; aber ich glaube, dabel auch sagen zu können, daß es auf diesem Wege möglich sein wird, noch auf eine Reihe von Jahren hinaus den Landbedarf der Ansiedlungs—⸗ kommission zu decken.
Meine Herren, Sle dürfen nicht vergessen, daß im Osten noch immer sehr viel Grundbesitz am Markte liegt. Es sind im Jahre 1911, wie die Denkschrift ergibt, noch 123 000 ha neues Land der An⸗ siedlungskommission angeboten worden. Wenn ich annehme, daß sich davon auch nur 20 000 ha für die Zwecke der Ansiedlungs— kommission eignen, so ist das immerhin ein Betrag, der für die Besiedlung eines Jahres völlig ausreichen würde! Meine Herren, diese Zustände werden sich im wesentlichen vorläufig nicht ändern, auch schon infolge der hohen Preise, und es ist deshalb auch anzu— nehmen, daß der Besitzwechsel in der Ostmark seinen Fortgang nimmt, und daß eben dieser Besitzwechsel auch für die Ansiedlungskommission die Möglichkeit bieten wird, wenn es nicht anders geht, sich im Wege der Enteignung den für sie geeigneten Befitz auszusuchen. Meine Herren, eine besondere Härte liegt in dieser Maßregel auch schon des— halb nicht, well sie sich nicht gegen den bisherigen Besitzer, sondern gegen den neuen Erwerber richtet, und der neue Erwerber sich schließlich von dem Standpunkt des Besitzenden aus nicht darüber beklagen kann, wenn in seinem Kaufvertrag der Staat als Erwerber eintritt. (Zurufe bei den Polen und Sozialdemokraten.)
Meine Herren, bei der Erörterung der Beschaffung des Land— bedarfs der Ansiedlungskommission ist nun auch Klage darüber geführt worden, daß auf der einen Seite so viel Domänen aufgeteilt und auf der andern Seite der Großgrundbesitz unnötig dezimiert würde. Ich kann, abgesehen von einzelnen Fällen, die ich, ohne daß mir das Material vorgelegt wird, nicht beurtellen kann, im allgemeinen diese Klage als berechtigt nicht anerkennen. Was die Domänen angeht, so ist einmal in den letzten 20 Jahren in erheblicher Weise Domänenbesitz in der Provinz Posen, ebenso in Westpreußen erworben worden, und es hat dabei schon von vornherein die Absicht bestanden, diesen Besitz nicht unter allen Umständen als Domänen zu erhalten, sondern ihn auch nach Bedarf für Ansiedlungszwecke zu verwenden. Und nun kommt hinzu, daß nicht ins Blaue hinein Domänen ausgesucht worden sind. Die Zahl der Domaͤnen, die für die Ansiedlungen mit Beschlag belegt worden sind, ist gegenüber dem Domänenbesitz des Staates in der Ostmark überhaupt nur verhältnismäßig gering. Es ist jedesmal, wenn eine Domäne für die Ansiedlung bestimmt wurde, sowohl Landrat wie Regierungspräsident und Oberpräsident gehört worden, und es ist außerdem auch berücksichtigt worden, ob durch die Zerteilung einer Domäne nicht in der Kreisvertretung des betreffenden Kreises zu ungunsten der Deutschen eine Stimme ver⸗ loren gehen würde. Dasselbe ist auch bezüglich des gekauften Groß⸗ grundbesitzes beachtet worden. Die Ansiedlungskommission hat immer Wert darauf gelegt, soweit es möglich war, auch Restgüter zu er⸗ halten und dafür zu sorgen, daß auch beim Erwerbe größerer Güter Stimmen im Kreistage nicht verloren gingen. Aber, meine Herren, unter allen Umständen das Prinzip aufrecht zu erhalten, keinen deutschen Großgrundbesitz mehr zu erwerben, ist einfach nicht an⸗ gängig. Die Ansiedlungskommission hat jahrelang an diesem Grund⸗ satz festzuhalten gesucht, und der Erfolg dieser Maßregel ist der gewesen, daß in einer Reihe von Fällen ein für Ansiedlungszwecke geeigneter Besitz durch Verkauf in polnische Hände gekommen ist. Meine Herren, da ist es doch wahrhaftig besser, daß die Ansiedlungt— kommission in solchen Fällen zugreift und an die Stelle des deutschen Besitzers, der wahrscheinlich auf seine Nationalität nicht allzu viel gehalten hat, eine Reihe neuer deutscher kräftiger Anstedler setzt; der gleiche Gesichtspunkt trifft auch auf solche Besitze zu, die nicht von ihren Eigentümern bewohnt, sondern durch fremde Personen verwaltet werden. Auch da ist der Einfluß des Deutschtums, der im Besitze liegt, ver⸗ hältnismäßig gering, und er kann sehr viel gesteigerter und besser werden, wenn die Ansiedlungskommission in solchem Falle von dem Gute Besitz ergrelft und es an Ansiedler auftellt, auch hier immer wieder mit der Beschränkung, daß es in der Ostmark, in den Pro— vinzen Posen und Westpreußen, sehr darauf ankommt, den Großgrund⸗ besitz nicht allzusehr zu verringern und auch dafür zu sorgen, daß die neuangezogenen deutschen Bewohner auch in den alten angesessenen deutschen größeren Besitzern ihre naturgemäßen Führer auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete finden. (Bravo! und sehr richtig) Ich glaube, wenn die Ansiedlungskommission auch ferner nach diesen Grundsätzen wirtschaftet, so werden berechtigte Klagen wegen der Art der Landbeschaffung nicht gegen sie erhoben werden können.
Meine Herren, ich bin wegen melnerüber die Polen⸗ und Ansiedlungs⸗ politik gemachten Aeußerungen von den verschtedensten Seiten angegriffen worden. Herr Dr. Pachnicke hat ja schon hervorgehoben, daß ich es manchem nicht recht gemacht habe, und es ist mir auch in erster Linie der Vorwurf gemacht worden, daß die jetzt für die Enteignung in Aussicht geuommene Formel unter keinen Ümständen der deutschen Sache irgendwie nutzen könne. Meine Herren, ich habe, wie Sie vielleicht aus den Verhandlungen des vorigen Jahres schon wissen, in dieser Beslehung ein gutes und ruhiges Gewissen! Ich habe mich in meinen Entschließungen und in den Vorschlägen, die ich dem Staatsministerium gemacht habe — ich möchte autdrücklich hervorheben, daß in den Fragen der Polen⸗ politik und in der Frage der Enteignung nicht der einzelne Minister, por allen Dingen nicht der Landwirtschaftsminister, sondern das ge— samte Staatsministerkum zu entschelden hat — nicht don außerhalb
der Sache liegenden Einflüssen bestimmen lassen, sondern ich habe
gesucht, nach Pflicht und Gewissen zu handeln und dementsprechend meine Vorschläge zu fassen. Aber es ist für mich doch einigermaßen gegenüber den von gewissen Seiten wirderholten Angriffen tröstlich,
daß in elnem in Danzig erscheinenden Blatt — ich bitte die Herren Polen, es zu entschuldigen, wenn ich es nicht richtig lese —, der „Gazeta Gdanska“, der Satz sieht: Das ist ein so raffinierter Plan — es ist die Rede von dem Vorschlage der Enteignung — auf den nicht einmal Bülow gekommen ist. (Heiterkeit. Ich glaube, mit dieser Ehrenerklärung dürften auch meine sonstigen Gegner sich zu⸗ frieden geben müssen. .
Herr Graf von Spee ist in selnen Ausführungen nochmals zurückgekommen auf den Vorschlag, der schon in der Budgetkommission gemacht worden ist, und den auch schon der Herr Abg. Dr. Pachnicke erwähnt hat, das Besitzfestigungsgesetz so zu ändern, daß es für dle ganze Monarchie und lediglich vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus für die Entschuldung des Grundbesitzes dienstbar gemacht werden könnte. Ich habe, wie Sie aus dem gedruckten Bericht der Budget⸗ kommission ersehen haben, bereits zu diesem Vorschlag Stellung nehmen müssen, und ich brauche das, was ich darüber gesagt habe, heute wohl nicht zu wiederholen. Aber gegen eine Bemerkung des
Herrn Grafen von Spee möchte ich mich doch noch wenden. Er hat
die Meinung ausgesprochen, daß die Verhältnisse in Oberschlesien, die ruhigen und friedlichen Verhältnisse zwischen Polen und Deutschen, erst andere geworden wären durch dle Tätigkeit der Ansiedlungs⸗ kommission. Ich glaube, jeder, der die Verhältnisse in Ober⸗ schlesien einigermaßen kennt — und ich rechne mich auch zu denjenigen, aus der Zeit meiner früheren amtlichen Tätig— keit in Schlesien — wird mir ohne weiteres darin beitreten, daß diese Auffassung des Herrn Grafen von Spee verfehlt ist. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen. Die polnische Bewegung ist nach Oberschlesien, wie ich neulich schon ausführte, wesentlich von außen hereingetragen worden. (Widerspruch bei den Polen. — Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen) Sie ist in Bezirke ge⸗ tragen worden, die früher nie daran gedacht haben, nach irgend einer Richtung, abgesehen von der Sprache, eine Zugehörigkeit zum Groß⸗ polentum zu haben. (Sehr richtigh
Der Einwand gegen das Besitzfestigungsgesetz, daß es gegen die Ver⸗ fassung verstoße, ist bereits in der Budgetkommissions von dem Ver⸗ treter des Herrn Justizministers zurückgewiesen worden. (Lachen bei den Polen.) Herr Graf von Spee ist auch darauf zurückgekommen; ich glaube ihn aber in dieser Richtung nicht weiter widerlegen zu brauchen. Er verkennt, daß es sich sowohl bei der Reichsperfassung wie bei dem Freizügigkeitsgesetz lediglich um die Frage handelt, daß der betreffende Bundes oder Staatsangehßrige einen Grundbesitz frei erwerben darf wie jeder andere, daß aber beide Bestimmungen, sowohl Verfassung wie Freizügigkeitsgesetz, keineswegs die Befugnis des einzelnen Eigen⸗ tümers einschränken, zu verkaufen oder den Verkauf mit gewissen Be⸗ dingungen zu belasten, und schon daran scheitert der Einwand, daß das Besitzfestigungsgesetz der Verfassung widerstreite. Soweit ich ö. erinnere, ist auch im Jahre 1968 in gleicher Weise entschieden worden.
Wenn dann von dem Grafen von Spee noch die Art der An⸗ setzung von Katholiken bemängelt und speziell auf einen Fall in Schneidemühl hingewiesen worden ist, der die Ansetzung von Forst⸗ arbeitern betraf, so bin ich ohne nähere Prüfung nicht in der Lage, mich darüber äußern zu können. Ich glaube mich aber zu entsinnen, daß in dem Falle von Schneidemühl die betreffende Zeitung — es war die „Germania“, welche diese Mitteilung machte — auch eine Berichtigung der zuständigen Regierung hat aufnehmen müssen und infolgedessen erklärt hat, daß sie zugeben müsse, daß in diesem Falle der der Regierung gemachte Vorwurf kaum aufrecht erhalten werden könne. (Hört, hört! rechts.) Nachdem nun die Frage der Ansiedlung von Katholiken berührt worden ist, habe ich auch kein Bedenken, darauf hinzuweisen, daß die vor⸗ wiegende Ansetzung von evangelischen Ansiedlern durch die Königliche Staatsregierung keineswegs auf konfessioneller Voreingenommenheit beruht, sondern daß sie notwendig geworden ist zum Zwecke der dauernden Stärkung des Deutschtums. Nicht als wenn die Katholiken schlechtere und minderwertigere Deutsche wären; aber das Connubium und das commercium, welches sie mit den polnischen Bewohnern zusammenführt und die gleiche Religion, welche Gelegenheit zu weiterer Berührung gibt, bringt es im Laufe der Jahre dahin, den Nationalitätenunterschied zu verwischen (Widerspruch im Zentrum). Wir haben in einer ganzen Reihe von Bezirken die Erfahrung machen müssen, daß zu Ungunsten des Deutschtums der früher deutsche Teil der Bevölkerung in einen polnischen umgewandelt ist. (Erneuter Widerspruch im Zentrum). Die das bestreiten, sind niemals in der Proyinz Posen ge⸗ wesen. Wir haben in Posen und Westpreußen zahlreiche Bewohner mit echt deutschem Namen, die durch die Frau und die Familie aus Deutschen zu Polen geworden sind (Große Unruhe und Widerspruch im Zentrum und bei den Polen), während weder ihr Name noch ihre Herkunft ihnen dazu die geringste Berechtigung gegeben hat. Das ist eine Wahrheit, der wir ruhig und offen ins Gesicht sehen müssen, die leider dazu hat führen müssen, auch bezüglich der Konfession einen Unterschied unter den Ansiedlern zu machen. (Lebhaftes Hört, hört! im Zentrum.)
Es kommt noch eine andere Schwierigkeit anf einem anderen sehr nahe liegenden Gebiet dazu. Die Gründung einer katholischen Pfarrei in einem neuen Ansiedlungsdorf erfordert nicht allein den Bau einer neuen Kirche und neuen Pfarrhauses, sie macht außerdem sehr schwierige Verhandlungen mit den bischöflichen Behörden notwendig, dle in vielen Fällen nicht zum Resultat führen, und hat außerdem noch zur Folge die Abfindung der bisher zuständigen polnischen Pfarrei! Infolgedessen kostet die Errichtung einer katholischen Pfarre beinahe das Dreifache von dem, was die Errichtung einer evangelischen Pfarre erfordert. Aber der Kostenpunkt dürfte zweifellos in dieser Frage nicht entscheidend sein. Es handelt sich im wesentlichen darum, die Erfolge der Besiedlung dauernd aufrecht zu erhalten und sowelt möglich dafür zu sorgen, daß eine Vermischung der Bevölkerung, die dem polnischen Element den Vorrang gibt, auch in Zukunft nicht ein · treten kann. (Hravo! rechts. — Zuruf bei den Polen: Der Minister soll auch katholisch sein) Meine Herren, ich glaube, ich brauche auf diesen Einwand nicht zu antworten. (Sehr richtig! rechts) Ich habe aus meiner katholtscherr Ueberzeugung niemals ein Hehl gemacht, aber ich muß Staatenotwendigkelten anerkennen, in deren Beurtellung aller · dings andere Gesichtepunkte wie einseitig konfessionelle maß - ö. gebend sein müssen! (Bravo! rechts und bei den Natlonalliberalen ; Wenn dann die hohen Preise der Ansiedlungskommission h . sind, so möchte ich datauf hinweisen, daß die hohen P . allein von der Anstedlungskommlsston, sondern in allen eilen der Ostmark und der anllegenden Problnzen gejahlt werden, und daß der