1912 / 120 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 May 1912 18:00:01 GMT) scan diff

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ü ü nbelam. Rem ich lhn gekannt hätte, würde ich ihn auf

ö 2 der Derr Vorredner hat lauter Beschwerden an⸗ geführt, er hat aber zu meinem Bedauern dasjenige in dem Erlasse nicht mitaufgeführt, was er auch hätte nial loben können. (Heiter

. keit) Er hat sich wiederholt darüber beschwert, daß von

allen Seiten auf die Kommunen eingewirkt würde, sie möchten neue Ausgaben machen, das eine Ressort wetteifere mit dem anderen, um die Kommunen zu Ausgaben zu treiben, der Herr Gisenbahnminlster, der Herr Kriegsminister und andere drängten dazu und trieben die Ausgaben in die Höhe. Das gerade wollte aber dieser Erlaß zugleich abstellen. Es war der Staats- regierung aus den Beschwerden der Gemeinden bekannt geworden, daß allerdings oft das eine Ressort ohne Kenntnis des anderen von den Gemeinden Ausgaben verlangt und dadurch Unzutrãglichkeiten ent⸗ stehen, und deshalb schreibt der Erlaß ausdrücklich vor, daß in Zukunft der Kommunaldezernent der Regierung sich sofort mit dem anderen Ressort in Verbindung setzen möge, damit auch die Interessen der Gemeinden gewahrt werden und damit die Kommunalaufsichtsbehörde beteiligt werden und darauf hinweisen kann: in diesem Falle wird der Gemeinde etwas Unbilliges zugemutet oder es geht über ihre Kraft und muß anders gemacht werden, so kann nicht weiter vor— gegangen werden. Das ist ausdrücklich in diesem Erlaß des näheren auseinandergesetzt worden, und ich habe die feste Ueberzeugung, daß gerade diese Bestimmungen des Gesetzes klare Verhaäͤltnisse herstellen werden. Denn das hat jeder, der in der Gemeindeverwaltung tätig gewesen ist, unangenehm empfunden, daß von der Kommunalaufsichtsbehörde gesagt wird: du darfst keine Anleihe aufnehmen, du mußt solide wirtschaften, und daß die anderen Ressorts sagen: hier muß eine Kanalisation, dort ein Krankenhaus, dort eine Schule und wer weiß was noch gebaut werden. Um da das Gleichgewicht wieder herzustellen, einen Regulator in die Verhältnisse hineinzubringen, ist der Erlaß ergangen und damit die Kommunalaufsichtsbehörde sich auch damit befassen kann. So schlecht ist der Erlaß nicht, wie ihn der Herr Vorredner dargestellt hat, er hat nur die Schattenseiten und nicht die Lichtseiten gezeigt.

Wie ich schon zugegeben habe, gibt es Ausnahmefälle, die noch berücksichtigt werden müssen, und die bisher nicht unter den Erlaß zu bringen sind. Es soll eine Deklaration erfolgen, und ich hoffe, daß dann der Erlaß auch auf Seiten der Vertreter der großen Gemeinden Belfall finden wird.

11. Sitzung vom 18. Mai 1912, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Am Regierungstisch: Dr. Beseler.

Präsident von Wedel eröffnet die Sitzung um 12 Uhr 20 Minuten.

Auf der Tagesordnung steht zunächst der mündliche Be⸗ richt der Kommunalkommission über den vom Abgeordneten⸗ hause in veränderter Fassung angenommenen Gefetzentwurf über die Reinigung öffentlicher Wege.

Herr ö empfiehlt, dem Entwurf in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung die verfaffungsmäßige Zu⸗ timmung zu erteilen. Er weist darauf hin, daß der Entwurf Den Landtag schon zum dritten Male beschäftige. Die Herrenhaus⸗ kommission habe einmütig beschlossen, den vom Abgeordnetenhaufe vorgenommenen Aenderungen zuzustimmen, auch den vom Abgeord— netenhause heschlossenen Zusatz zu g 5, daß die Genehmigung (Be⸗ stätigung) eines Ortsstatuts versagt werden soll, wenn das Ortsstatut eine Ueberbürdung der darin verpflichtet Erklärten zur Fol haben würde, oder wenn diesen durch das Hrtsstatut Leistungen übertragen werden sollen, die nach den örtlichen Verhältnissen zweckmäßiger durch die Gemeinde bewirkt werden können. Andere Zusätze des Ab⸗ . erschwerten die Geschäftsführung, doch ständen hnen durchschlagende Bedenken nicht entgegen. Am besten wäre es, das Gesetz en bloc anzunehmen.

Das Haus beschließt nach diesem Vorschlage ohne Debatte.

Es folgt die einmalige Schlußberatung über den vom Ab— geordnetenhause unverändert angenommenen Gesetzentwurf, be⸗ effet die Bewilligung weiterer Staatsmittel zur Ver—⸗ besserung der Wohnungsyverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeam ten. Es werden in der Vorlage für diesen Zweck 14 Millionen gefordert.

Herr Dr. Oehler⸗Düsseldorf empfiehlt, dem Gesetzentwurf in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause zuzustimmen und die . gehörige Denkschrift durch Kenntnisnahme für erledigt zu er—

aren.

Die Kommissionsanträge werden ohne Debatte en bloe angenommen.

Darauf wird die Beratung des Staatshaushaltsetats für 1912 mit der Spezialberatung des Etats der Justiz— verwaltung fortgesetzt.

Berichterstatter Herr von Becker, empfiehlt namens der Finanzkommission folgende Resolution: „die Staatsregierung zu er⸗ suchen, die Anstellungs⸗ und Rangverhältnisse der etatzmäßigen Amts— anmwalte anderweit in einer der ie Stellung dieser Beamten ent⸗ sprechenden Weise und gemäß den bei Anstellung der Staatsbeagmten allgemein geltenden Grundsaͤtzen zu regeln. Der Berichterstatter weist darauf hin, daß die von dem Justizminister im Abgeordneten

ause und in der Herrenhauskommisston dargelegten Ideen über die usbildung der Juristen die vollständige Zustimmung der Kommission gefunden haben.

Der Justizetat wird ohne Debatte erledigt.

Ueber den Etat der Eisenbahnverwaltung berichtet Graf von Reich enbach-⸗Goschütz.

Zu dem Extraordinarium liegt folgende Resolution der Finanzkommission vor: .

„»die Staatsregierung zu ersuchen, auf möglichst baldigen Um⸗ bau des Bahnhofs Münster (Westfalen) Bedacht und dabei guf , einer den Bedürfnissen des öffentlichen Verkehrs

echnung tragenden Verbindung mit der westfällschen Tandes—

eisenbahn und dem projektierten Kanalhafen der Stadt Münster Rücksicht zu nehmen.“

Herr Graf zu Jsenburg: Ich möchte den Minister fragen, wie die Versuche mit einem Apparat ausgefallen sind, welcher das Ueberfahren der Haltesignale automatisch verhindern soll.

err Dr. von Burgsdorff: Wenn in den Eisenbahn—⸗

werkstätten Sozialdemokraten sind, so meine ich, daß die Mehrzahl von ihnen nur Ueberläufer sind. Diese müssen darauf hingewiefen werden, was der Staat alles für sie tut. Ich vertraue zu der Ne⸗ erung, daß sie die Disziplin aufrecht erhalten wird. elche Art

2 getrieben wird, zeigt der gestrige Vorgang im Reichs⸗ tage. Ich will dem Herrn die Ehre nich antun, seinen Namen zu nennen, freue mich aber, daß der Reichskanzler ihm seine Richt-

achtung zu erkennen gegeben hat.

Minister der offentlichen Arbeiten v on Breitenbach:

Herr Fürst zu Isenburg hat die Frage an die Regierung ge⸗ richtet, ob Vorsorge dafür getroffen sei, daß abgesehen, von der Sicherung des Betriebes durch unsere Signalein richtungen, den Führern auf der Maschine unabhängig von deren Willen noch ein weiteres Avertissement gegeben wird beim Herannahen an ein Signal oder weltergehend, durch Einwirkung auf die Maschine von außen her, dergestalt, daß der Zug zum Stehen gebracht wird. Dieses sind die beiden in Frage kommenden Möglichkeiten. Also lediglich ein Avertissement an den Führer oder eine Einwirkung auf die Maschine, auf die Bremgeinrichtungen, um den Zug zum Stillstand zu bringen. Meine Herren, es sind nach beiden Richtungen hin seit Jahren Ver— suche angestellt worden, auch haben sehr eingehende Erörterungen, Er⸗ wägungen stattgefunden. Man hat aber völlig davon Abstand ge⸗

nommen, eine Einrichtung zu schaffen, die den Zug unabhängig von

dem Willen des Führers zum Stillstand bringt, und zwar, wie ich

gleich feststellen darf, im vollsten Einverständnis mit dem gesamten Stande der Lokomotivführer. Der Führer fürchtet nichts mehr, als daß seine Aufmerksamkeit gemindert wird, und er fürchtet, daß, wenn er sich auf eine Einrichtung verlassen soll, die unabhängig von seinem Willen in Gang gesetzt werden kann, seine Aufmerksam keit nachläßt. Darum ist der Mann des praktischen Betriebs Gegner jeder Einrichtung, die einen Zug unabhängig von seinem Willen zum Stillstand bringt. Wir teilen diese Auffassung, aber für unsere Erwägungen kommt noch hinzu, daß bisher kein Apparat gefunden worden ist, der mit absoluter Sicher- heit wirkt. Alle Versuche, die nach dieser Richtung angestellt worden sind, sind mißlungen. Es ist nun aber dauernd weiter ver— sucht worden, ob man nicht einen Apparat finden könne, der dem Führer nichts weiter gibt als eine Mahnung dann, wenn er sich einem Signal nähert, durch Einwirkung von außen, die sich akustisch und optisch auf der Maschine bemerkbar macht. Derartige Erfindungen sind eine ganze Reihe gemacht worden. Ich darf aber feststellen, daß trotz der vielfachen Versuche, die wir im Be⸗ reiche der preußischen Staatseisenbahnen vorgenommen haben, sich noch keine dieser Erfindungen als so zuverlässig bewährt hat, daß wir sie im Betriebe einführen können. Sie haben namentlich in un— günstiger Jahreszeit, im Winter, versagt, zwar nicht regelmäßig aber doch so häufig, daß man nicht behaupten kann, es trete eine Mehrung der Sicherheit ein. Im Gegenteil, solange die Einrichtung so unvoll— kommen ist, wie sie sich heute darstellt, würde zweifellos eine Minde⸗ rung der Sicherheit eintreten. Ich habe mich über diese Frage im anderen Hause in der Budgetkommission eingehend geäußert und mit großer Genugtuung feststellen können, daß, was die Betriebs- sicherheit anbetrifft, die deutschen und unter diesen die preußischen Staatseisenbahnen an erster Stelle stehen, und daß wir von Jahr zu Jahr feststellen können, wie die Anzahl der Un— fälle aller Art, Zusammenstöße, Tötungen und Verletzungen heruntergeht, obwohl die Intensität des Verkehrs auf unseren Linien von Jahr zu Jahr zunimmt. Angesichts dieser günstigen Verhaltnisse, wie sie nun einmal bei den vorhandenen Sicherheitseinrichtungen auf

den Staatseisenbahnen bestehen, müssen wir um so vorsichtiger sein

gegen derartige Einrichtungen, weil alles vermieden werden muß, was dem Füher ein Gefühl der Sicherheit gibt, aber im gegebenen Moment versagt.

Fürst zu Isenburg fragte dann weiter, ab es erforderlich wäre, daß in denjenigen Relationen, für welche direkte Fahrkarten nicht aufliegen, beim Wechsel eines Zuges zweimal der Schnellzugzuschlag zu bezahlen sei. (Zuruf: Bei demselben Zugh Nun, ich darf fest⸗ stellen, daß nach unseren Tartfen diese Möglichkeit ausgeschlossen ist. Wenn der geschilderte Fall vorliegt, so hat der Reisende sich lediglich auf der Abgangsstation an den zuständigen Beamten zu wenden und eine Bescheinigung zu verlangen, die es ausschließt, daß der Zuschlag zweimal erhoben wird.

Herr von Burgsdorff wies, wie der Herr Berichterstatter, darauf hin, daß es zu den ersten Aufgaben der Staatseisenbahnverwaltung und ihres Chefs gehöre, für Disziplinhaltung im Personal zu sorgen. Ich habe es mit Genugtuung begrüßt, daß sowohl der Herr Bericht- erstatter wie Herr von Burgsdorff anerkennen konnten, daß das Vor⸗ gehen der Verwaltung in dieser Richtung zu keinen Anständen führe, daß es vielmehr als sachgemäß und nützlich anerkannt wird.

Herr von Burgsdorff wies auf die großen Gefahren eines Streiks hin, und die Sorge, die bestehen könne, daß die Staatseisenbahn⸗ verwaltung oder auch unsere Kaiserliche Marine im gegebenen Momente nicht das Feuerungsmaterial, die Kohle, zur Verfügung habe, wie dieses bei dem letzten englischen Grubenstreik der Fall war. Für die Staatseisenbahnverwaltung darf ich hier feststellen, daß für alle diese Fälle ausreichende Fürsorge getroffen worden ist und werden wird. Als der Streik im Ruhrkohlenrevier zu Beg inn dieses Jahres ausbrach, waren die Staatseisenbahnen für mindestens 60 bis 65 Tage mit Kohlen versehen, um ihren Betrieb ohne irgend eine Ein— schränkung zu führen. (Beifall.)

Herr Dr. von Studt: Ich habe schon früher auf das Ge— lände vor dem Potsdamerplatz, den früheren Friedhof, hingewiesen. Es entstand die Frage, ob die Kirchengemeinde das Gelände ver— äußern könne. Es meldete sich ein Konsortlum, um einen Bierpalast darauf zu errichten. Die Kirchengemeinde verzichtete aber auf den ie n Vorteil und ließ das Gelände in das Eigentum der Eisen⸗ ahnverwaltung übergehen. Das ist zu begrüßen. Die Schwierig⸗ keit ist, daß nun die Stadt, Einwendungen gegen die Errichtung eines Gebäudes macht. weil dies den Platz verunftalten würde. Der Platz ist n. schon durch das Café Piccadilly verunstaltet. Der Platz des Feländes sollte zu einem kleinen . ge⸗ macht werden. Was die Orthographie der Stationsnamen betrifft, so würde sich eine größere Einheitlichkeit r leg. Ich verweise z. B. auf die Unterschiede zwischen den Buchstaben „C“ und „KY. Es herrscht hier ein großer Wirrwarr und führt zu großen Uebelständen auch für Ausländer. Aus Verkehrsrücksichten sollte eine Ver⸗ einfgchung der Ortsverzeichnisse vorgenemmen werden. Es soll die Absicht bestehen, am neuen Opernhaufe ine Reihe von Privat- gebäuden zu errichten. Das würde dem Gesamtbilde schädllch und auch für den Verkehr hinderlich sein.

Präsident von Wedel bittet, auf den Opernhausbau beim Bauetat zurückzukommen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Die Verwaltung der Staatseisenbahnen ist in erster Linie eine Verkehrsverwaltung; das fiskalische Interesse muß insofern für sie zurücktreten, als sie die Hauptaufgabe hat, den Verkehr zu fördern. Das schließt aber nicht aus, daß sie auch wirtschaftlich verwaltet, und der Fall, den Herr Staatsminister Dr. von Studt vorgeführt hat, ist ein solcher, wo für die Eisenbahnverwaltung die

Verpflichtung vorgelegen hat, wirtschaftlich zu sein und fiskalisch zu

erscheinen. Die Staatseisenbahnverwaltung hat das Gelände vor dem Potsdamer Bahnhof vor jwei Jahren fuͤr den Preis von 600 000 M erworben; sie hat es getan, weil sie nicht wünschen konnte, daß ihr hier vor der Front des Potsdamer Bahnhofs ein gewaltiger mehr⸗ stöckiger Bau errichtet würde, und sie tat trotz der hohen Kosten gut

daran, das Gelände zu erwerben, weil die Verkehrsentwicklung nicht zu übersehen und noch nicht zu erkennen ist, wie der Platz

einmal verwertet werden kann. Nachdem dieser Entschluß gefaßt war, der uns nicht leicht geworden ist und auch dem Finanz⸗ minister nicht, mußte erwogen werden, ob wir dieses Kapital völlig zinslos liegen lassen sollten. Da hat man daran gedacht, diesen Platz mit elnem nur einstöckigen Hause, welches sich den architektonischen Formen der Umgebung anschlösse, zu bebauen und in dieses Haus zu ebener Erde ein Kaffee zu verlegen. Im Zusammenhange hiermit sollte der Platz vor dem Potsdamer Bahnhof in eine Gartenanlage verwandelt werden, nachdem die Reichspostverwaltung die Räume im Bahnhof, die sie dort jetzt inne hat, aufgegeben und uns übergeben hat. Wenn Herr Staatsminister von Studt von unseren Plänen Kemtnis nehmen will ich stelle sie ihm zur Verfügung würden vielleicht seine Bedenken beseitigt werden.

Es ist richtig, daß die Stadt Berlin unter dem Hinweis auf das Verunstaltungsgesetz Bedenken geltend gemacht hat, Bedenken, die nicht zutreffen, da es sich keineswegs um eine gröbliche Verunstaltung, son⸗ dern nach Ansicht der mich beratenden Architekten und Künstler um eine Verschönerung handeln wird. Ich habe seinerzeit ausgesprochen, daß ich nicht dazu zu gewinnen wäre, an solcher Stelle ich habe sie eine prominente Stelle genannt eine Verunstaltung vor⸗ nehmen zu lassen, und an dieser Auffassung halte ich heute noch fest. Die ganze Angelegenheit ist noch nicht ab— geschlossen, es wird noch mit der Stadt Berlin verhandelt. Ich hoffe, daß sie in einer Weise ihre Lösung finden wird, daß alle Bedenken dagegen schwinden.

Was den ferner ausgesprochenen Wunsch betrifft, daß ich mich für eine anderweite Regelung der Orthographie der Städtenamen interessieren möchte, die mit C und mit K anfangen, so ist schon hervorgehoben, daß diese Angelegenheit nicht zu meinem Ressort ge⸗ hört, sondern zu dem Ressort des Ministeriums des Innern. Aber ich möchte doch der Meinung Ausdruck geben, nachdem nun einmal diese Frage entschieden worden ist, und die einen Städtenamen mit C und die andern mit Ku geschrieben werden, und diese Schreibweise sich eingebürgert hat, sollte man auch nicht mehr daran rühren. Es bestand eine Unsicherheit, während heute zweifellos eine Sicherheit in der Schreibung besteht. Ich meine, man könnte sich mit dem Be— stehenden recht wohl abfinden. (Sehr richtig!)

Herr Graf zu Hoensbroech: Bereits 1910 hat die Landwirt⸗ schaftffammer der Provinz Sachsen sich darüber beschwert, daß ein Verbot des Abrufens der Station in den Wartefälen bei kleinen Stationen erlassen ist. Diese Beschwerde wurde von der Direktion abschlägig beschieden. In der Rheinprovinz wurde eine ähnliche Be— schwerde erhoben, die Wrektion Cöln hat ebenfalls diese Beschwerde abschlägig beschieden. In den kleinen Stationen sind die Bahnsteige oft nicht mit Schutzdächern gegen Wind und Wetter versehen, und da ist es besonders für die älteren schwerhsrenden Reisenden und Damen eine große Belästigung, wenn fie in die Lage verfetzt werden, daß sie vorzeitig in Wind und Wetter auf den Zug warten müssen. Man erblickt darin eine Zuruüͤcksetzung der ländiichen Gegenden. Wer die Verhältnisse kennt, muß sich sagen, daß es für das Dienstperfonal keine Erschwernis bedeutet, wenn sie den Zug abrufen. Ich bitte die Cisenbahnverwaltung recht dringend, daß dlese Verfügung allgemein zurückgenommen wird. In dem Bezirk Hannover . sie über⸗ haupt nicht.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Die Sachlage ist die, daß auf allen großen Stationen abgerufen wird und abgerufen werden muß, weil die Orientierung auf diesen für das Publikum schwer ist. Auf kleineren und mittleren Stationen soll nur nach Bedarf abgerufen werden. Wir haben seinerzeit geglaubt, eine solche Anordnung treffen zu können, weil wir den Wunsch hatten, daß sich das Publikum, wie auch in anderen Ländern, in dieser Beziehung selbständiger und von den Angestellten der Verwaltung unabhängiger mache. Es ist aber die Weisung an die Direktionen ergangen, daß da, wo ein Bedürfnis vorliegt, trotz alledem abgerufen werden solle. Sollten die Direktionen diese Weisung zu strikte auslegen, so muß eben abgeholfen werden, und ich bin bereit, für Abhilfe zu sorgen, sobald mir solche Fälle bekannt gegeben werden. Die einmal getroffene grundsätz liche Regelung

wieder zu beseitigen, habe ich doch Bedenken, weil sich bei der über

wiegenden Mehrzahl der Stationen das heutige Verfahren durchaus bewährt hat.

Herr Graf von Mirbach: Ich habe geglaubt, der Justizetat

würde die Sitzung ausfüllen, ich habe das Material für diesen Etat

nicht zur Hand. Ich möchte nur meine volle Uebereinstimmung mit dem Berichterstatter über die Relation der e nn,, zu den allgemeinen Ausgaben und zu den Steuern zum Ausdruck hringen. Herr Graf von Hutten-Czapski: Wäre es nicht richtiger, eine durchlaufende Stundenzahl bei den Kursbuͤchern durchzuführen? Es läßt sich dann leichter übersehen, ob ein Zug Vormittags oder Nachmittags fährt. Der Minister follte dahin wirken, daß das Reichs= kursbuch zu den Zeitpunkten, an denen durchgreifende Aenderungen statt⸗= finden, früher veröffentlicht wird. Das letzte Sommerkurtzbuch ist erst am 8. Mai herausgekommen. Für die Zusage des Ministers über den Abruf der Züge in kleinen Stationen bin ich dankbar, ebenfo dafür, daß er ir eine Aenderung der Schreibweise der Ortsnamen nicht zu haben ist. Solche Umänderung historisch bewährter Schreibweisen ist

vom Uebel.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Die fortlaufende Numerierung in den Fahr⸗ plänen, für den Kalendertag die Durchzählung von J bis 24 ist wohl erwogen, aber irgendwelche Entschließungen sind noch nicht gefaßt; von unseren großen Nachbarstaaten hat Frankreich das System akzeptiert; in Rußland schweben noch Erwägungen darüber. Unsere Fahrplantechniker sind bedenklich. Sie fürchten, daß, wenn die Eisen⸗ bahnen sich entschließen, ihre Fahrplaͤne in der Zahlenreihe von 1 bis 24 aufzustellen, sich Schwierigkeiten dann ergeben werden, wenn das gesamte bürgerliche Leben nicht folgt. Und hierüber wissen wir heute noch garnichts.

Was die Ausgabe des Reichskursbuches betrifft, so steht mir ja ein Einfluß darauf nicht zu, da das Reichskursbuch vom Reichspostamt herausgegeben wird; aber ich darf doch feststellen, daß das Reichs kursbuch nach unseren Erfahrungen zwei Tage vor dem betreffenden Ausgabetage erscheint. (Widerspruch) Wir sind jedenfalls immer zwei Tage vor dem betreffenden Ausgabetage im Besttz desselben.

(Schluß in der Dritten Beilage.)

zum Deutschen Reichsanzeiger und Nöniglich Preußischen Staatsanzeiger

M 120. (Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Herr Fürst zu Innhausen und Kn ist ebelstãr de im Verkehr mit glg hin yph au sen weist auf

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breit enb ach:

Ich hatte gehofft, daß der Fürst von Knyphausen anerkennen würde, daß die Staatseisenbahnverwaltung in den letzten Jahren für die Verbesserung des Fahrplans in Ostfriesland recht viel getan hat. Insbesondere ist gerade der Fahrplan im Verkehr mit Aurich sehr wesentlich verbessert worden. Auf eine gleichartige Anfrage im Ab⸗ geordnetenhause habe ich bereits mitgeteilt, daß die elektrischen Trieb⸗ wagen, die heute den Verkehr dort versehen, nur provisortsch dort untergebracht sind, weil die neuen Wagen nicht xechtzeitig fertiggestellt werden konnten. Es werden demnächst moderne elektrische Triebwagen

dort erscheinen, und ich hoffe, daß sie allen Ansprüchen genügen werden.

Herr Graf von der Recke bittet, bei Süßfischsendungen von

2

ein ö . ien 3. rf rf ö zu lassen. Derr Graf von Kor eschwert sich darüber, daß die Wagen der B⸗Züge nicht hinreichend beleuchtet werden. J

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenba ch:

Bis vor wenigen Jahren bestand die Bestimmung, daß unsere Züge beim Passieren von Tunneln zu beleuchten wären, wenn der Zug im Tunnel mehr als zwei Minuten verbleibt. Diese Bestimmung ist seit etwa drei Jahren dahin abgeändert worden, daß die Züge zu beleuchten sind, wenn die Fahrt durch den Tunnel mehr als eine Minute in Anspruch nimmt; für die D⸗Züge besteht die Be⸗ stimmung, daß sie, wenn völlig Verdunklung eintritt, sämtlich zu be— leuchten sind. Ueber diese Bestimmungen hinauszugehen scheint mir kein Bedürfnis vorzuliegen, es würde auch recht kostspielig sein, es scheint aber nach den Ausführungen des Herrn Grafen von Korff, daß auf einigen Strecken nicht den Bestimmungen entsprechend verfahren wird, und da müßte dann nachgeholfen werden.

Was den Wunsch des Herrn Grafen von der Recke betrifft, für die Beförderung von Süßwasserfischen Tari fermäßigungen zu gewähren, so tritt diese Frage zum ersten Male an mich heran; ich will sie einer Prüfung unterziehen.

err Graf von Seidlitz-⸗Sa . 6 wied t 86 mit der . ö. e rig e nner möglichst schonend vorzugehen. Sobald man die Ji. Klasse mitführt,

kann man auch die J. Klasse mitführen. Die bisherige Führung der JL. Klasse hat die Wirtschaftlichkeit der Eisenbahnen nicht 2 tigt.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenba ch:

Meine Herren! Wir haben durchaus nicht die Absicht, an der Klasseneinteilung der preußischen Staatseisenbahnen eine Aenderung vorzunehmen. Ich habe aber den dringenden Wunsch, daß die Zahl der Klassen in den einzelnen Zügen nicht mehr als drei ist; das würde das grundsätzliche Verlangen sein. Dieser Wunsch ist durchgeführt für alle unsere Schnellzüge und für unsere Eilzüge, in diesen führen wir die erste, zweite und dritte Klasse. Für die Personenzüge ist der Wunsch nicht rein durchgeführt, Die Verwaltung ist nur bestrebt, die Personenzüge auf die 2. bis 4. Klasse zu beschränken. Die gleichmäßige Durchführung ist nicht möglich, well eben Verhältnisse vorliegen, wie sie der Graf Seydlitz soeben geschildert hat. Die Beseitigung der ersten Klasse in den Personenzügen soll mit Vorsicht erfolgen, wir müssen aber die Be⸗ seitigung wünschen, weil es in hohem Maße unwirtschaftlich ist, sie in den Personenzügen zu führen, da sie ganz ungenügend ausgenützt wird. Die Strecken, auf denen ein Bedürfnis vorliegt, die erste Klasse in den Personenzügen zu führen, sind der Verwaltung im großen und ganzen bekannt. Stellt sich an dieser oder jener Stelle des Eisenbahnbereichs heraus, daß sich Härten bei der Beseitigung er⸗ geben haben, ist fast regelmäßig abgeholfen worden, und soll es auch für die Folge geschehen.

Herr Dr. von Böttinger: Ich bitte den Minister, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob nicht im Sommer auf den Eisen⸗ bahnen die Uhr um eine Stunde vorgerückt werden kann, wie man es in England beabsichtigt. Dann möchte ich anheimstellen, dafür . daß die Kursbücher auf den Bahnhöfen leichter zu er⸗

Herr Dr Waldeyer: Ich möchte eine Oertlichkeit zur Sprache bringen, welche man heute Abort nennt, oder auch Toilette. Man hat es für gut befunden, die Abteilungen nach Geschlechtern zu trennen und die Abteilungen für Männer zu teilen, je nach ihren Bedürfnissen. Ein Mann mit einem Winterüberzieher kann nicht durch die Tür, ohne ihn abzulegen. Das ist nicht hygienisch. In England und Amerika sind die betreffenden Einrichtungen wenigstens geräumig, sodaß man sich da anstandslos bewegen kann. Unsere deutschen Eifenbahnen sollten den anderen ECisenbahnen darin gleichstehen, Perfehlt, sind die Spucknäpfe auf dem Boden. Wenn der Zug schüttelt, ist es sehr schwer da hineinzutreffen. Es wãre richtiger, sich darauf zu beschränken; nicht hinspucken. Die meisten Menschen bedienen sich dazu ohnehin ihres Taschentuches.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Melne Herren! Die Anregung des Herrn Waldeyer wegen anderweiter Einrichtung der verschwiegenen Räume in den Zügen will ich prüfen. Ob aber der vorgeschlagene Weg der richtige ist, ist mir zweifelhaft. Die Zweiteilung ist gerade aus hygienischen und aus Sauberkeitsrücksichten eingeführt worden. Ob sich der Wunsch, etwas mehr Raum zu haben, mit unseren Absichten, hygienisch zu wirken und die Sauberkeit zu fördern, deckt, wird bestritten werden können.

Was den weiteren Wunsch betrifft, die Spucknäpfe zu beseitigen, so ist seit geraumer Zeit eine derartige Anordnung gegeben, und so⸗ bald die Wagen in die Werkstätten kommen, werden die Näpfe be⸗ seitigt. ;

Herr Körte dankt der Verwaltung für die Parkanlagen auf dem Königsberger Bahnhof. ,

Der Eisenbahnetat wird darauf genehmigt.

Zum Etat der Bauverwaltung hat die ö tan fn sich der Resolution des Abgeordnetenhauses an⸗

geschloffen:

Berlin, den 20. Mai

Neubau eines Königlichen Opern—⸗ enutzung der bisher geschafften Dinzuziehung weiterer Kreise der aufßustellen und dabei auch das An⸗ her Architekten vom 20. April d. J.

dabei die amtlichen ammskizzen als Grundlage dienen zu lassen, es den lern jedoch freizustellen, von dieser Program mskizze soweit das ihnen zweckmäßig oder aus künstleris nden nötig erscheint; III. die Entwurfskizzen er Königlichen Akademie des Bau—⸗ wesens begutachten zu lassen.“ Das Haug schließt sich diesem Vorschlage an. Bei dem Etat des J nzm inisteriums bespricht Herr von Batoeki-Friebe die steigende Last der Kom— munalabgaben. Der Finanzminister habe anerkannt, daß diese hohen Abgaben die Abwanderung in gänstiger gestellte Orte“ begüͤnstigen. Kommunale Leistungen und Lemnmmale Belaftungen ständen viel fach in einem umgekehrten Verhältniß. Gz sei notwendig, daß hierüber eine Denkschrift als Unterlage für eine künftige Gefetz= 66 zur Sparsamkeit allein könne n

erbieten des Bundes zu berücksichtigen;

gebung ausgearbeitet werde. D nicht die Kommunen zum Ziele . Die Konkurrenz zwinge auch ärmere Gemeinden zu gemissen Ausgaben. Den wohlhabenden, aufstrebenden Kommunen aber Beschränkungen in ihrer Entwicklung aufzuerlegen, sei unmöglich. zurch neue Struerquellen würde auch die Differenzierung zwischen ärmeren und reicheren Gemeinden nicht ausgeglichen, sondern eher noch verschärft werden. Ebenfö— wenig sei von der Einführung der Besoldungskassen für die Schulen zu erwarten oder von einer Erhöhung der Provinzialdotationen, die den Kampf einer Provinz gegen die andere zur Folge haben würden. Völlig verfehlt würde eine . zwischen dem Westen und

dem Osten oder zwischen Stadt und Land sein. Die Belastung der

großen Städte sei ebenso schlimm, wie die der kleinen. Fine Reform müsse deshalb alle Gemeinden gleichmäßig berückfichtigen. Die Ge— währung staatlicher il könne die Gemeinden unter Umständen in ihrer Selbständigkeit 4 Deshalb sel eine Lösung der Frage auf anderem ege zu suchen. Die Moderni⸗ sierung des Verwaltungswesend müsse auch in einem Autzbau der Selbstverwaltung bestehen. Dazu müßten aber die Abgabenverhältnisse einigermaßen befriedigend geregelt fein. Er schlage vor, analog der Regelung bei der Verteilung der Lasten für die Invalidenversicherung enen Teil der Einkommensteuer— zuschläge nicht in die einzelnen Kassen fließen zu lassen, fondern in einen Ausgleichsfonds, aus dem die Gemeinden, Kreife usw., die bedürftig sind, einen Anteil erhalten. Jedenfalls verdiene dieser Vor⸗ schlag eine Prüfung. Wenn die Kommunalfinanzen leiden, so müfssen guch die Staatsfinanjen leiden. Der Staat habe deshalb alle Ursache, die Sache nicht dilatorisch zu behandeln und recht bald eine Denkschrift darüber vorzulegen. Das würde dem Minister als früherem Kommunalpraktiker nicht schwer sein.

Finanzminister Dr. Lentze:

Meine Herren! Es unterliegt keinem Zweifel, daß die zu⸗ nehmende Belastung und der zunehmende Steuerdrud in den Kom- munen der allergrößten Aufmerksamkeit der Königlichen Staats- regierung bedarf. Als seinerzeit unter Miguel die Steuerreform durchgeführt wurde, hatte man die Hoffnung, daß man durch Ueber—⸗ weisung bestimmter Steuerquellen an die Kommunen es hintanhalten könnte, die Staatseinkommensteuer für die Kommunen in stärkerem Maße diensibar zu machen. Es wurden daher den Kommunen die Realsteuern vollständig überwiesen, die bis dahin zugleich dem Staat zugeflossen waren. Außerdem wurde es den Kommunen zur Pflicht gemacht, nach Möglichkeit indirekte Steuern einzuführen. Erst dann wurde es ihnen zugelassen, im übrigen ihren Bedarf durch Zu— schläge zur Einkommensteuer zu decken. Es wurde also der Autonomie der Gemelnden überlassen, durch Einführung besonderer Steuerordnungen, die sich gerade für kommunale Zwecke eigneten, sich ihre Einnahmen zu verschaffen. Es hat sich aber leider im Laufe der Jahre heraus⸗ gestellt, daß alle diese Maßnahmen nicht ausgereicht haben, bei manchen Kommunen ein ungewöhnliches Anschwellen der Steuerlasten zu ver— hüten. Zum Teil das will ich gern zugeben ist dieses An— schwellen durch Gesetze und Verordnungen des Staates und Reiches herbeigeführt worden, zum andern Teil haben aber die Kommunen selbst dazu mit beigetragen in dem Bestreben, aus den Kommunal verwaltungen etwas Richtiges und Ordentliches zu machen. Die Aufgaben der einzelnen Kommunen sind ja durchaus flüssige. Es gibt keine Begrenzung für Aufgaben, welche die Kommunen nicht übernehmen könnten, wenigstens auf wirtschaftlichem Gebiete. Es glbt keine Grenzen, und infolgedessen haben die Kommunen gerade in kultureller Hinsicht überall mit Ausgaben übernommen, die früher den Gemeindeverwaltungen vollständig fremd waren. Das ist aber immer so, daß nach Staatshilfe gerufen wird, wenn die Lasten größer werden, und daß gesagt wird, der Staat muß den überbürdeten Gemeinden helfen und ihnen die notwendigen Mittel zuwenden, damit der Steuerdruck nachläßt. Ich habe mich in der Finanzkommission hierüber näher ausgelassen und ausgeführt, daß der Staat, wenn er den Kommunen in aus— giebigem Maße helfen sollte, zunächst mit seinen eigenen Finanzen rangiert sein müßte, weil er sonst außerstande ist, erheblichere Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Weg, den der Herr Vorredner in seiner überaus beachtenswerten Studie angedeutet hat, wird eingehend bearbeitet werden. Die ganze Frage ist aber ein sehr weittragendes und schwerwiegendes Problem; denn ohne Erschließung weiterer Geld⸗ mittel ist es überhaupt nicht möglich, die Ueberlastung wieder zurück⸗ zuschrauben. Die Ausgaben sind vorhanden, und die Deckungsmittel müssen dafür auf andere Weise beschafft werden. Also daß ein Steuer⸗ druck nach einer anderen Seite hin dafür an die Stelle treten muß unterliegt keinem Zwelfel. Der Herr Vorredner will ja allerdings durch Schaffung eines Ausgleichsfonds nach Maßgabe der Bestimmungen,

wie sie für die Invalidenversicherung getroffen waren, eine Ver. teilung innerhalb der einzelnen Teile der Monarchle und

der einzelnen Gemeinden in der Monarchie herbeiführen.

Der Weg mag gangbar sein, er soll eingehend geprüft werden, und wir müssen sehen, wie wir damit weiter kommen.

Aber in einem Punkte kann ich dem Herrn Vorredner nicht bei⸗ pflichten. Ich glaube nicht, daß diese Regulierung der Kommunal⸗ finanzen ohne elne gewisse Beschränkung der Selbstverwaltung durch⸗ führbar ist. Wenn den Kommunen aus allgemeinen Fonds, aus

Staatsfonds usw. Mittel überwiesen werden, muß dafur gesorgt

19012.

werden, daß diese Mittel nicht indirekt zu anderen Ausgaben wiöeder verwendet werden; daß sie direkt zu den Zwecken verwendet werden, zu denen sie bestimmt sind, unterliegt keinem Zweifel, aber indirekt kann dies sehr leicht geschehen, indem die Kommunen andere Auf gaben übernehmen, welche diese Mittel wieder verschlingen. Ohne eine gewisse Hineinmengung der Staatsregierung in die verschiedenen Verhältnisse der Kommunen läßt sich das nach meiner Auffassung nicht durchführen. Aber, wie gesagt, die Frage ist so schwierig und so weittragend, daß sie nur zu gleicher Zeit mit der Revision des ganzen Kommunalabgabengesetzes gelöst werden kann. Sie läßt sich nicht ohne weiteres als Einzelfrage erörtern, und da die Revision des Kommunalabgaben⸗ gesetzes auch in Erwägung gezogen werden muß, muß die Frage bei dieser Gelegenheit mit zur Erledigung kommen.

Ich möchte nur noch elnes bemerken. Daß die Kommunalsteuern überall steigen, ist Gott sei Dank nicht der Fall. Ich habe in diesem

Jahre wiederholt gelesen, daß eine Reihe von Kommunen mit ihren

Steuern und zwar zum Teil in ganz beträchtlichem Umfange heruntergegangen sind, und ich hege den Wunsch und die Hoffnung, daß diese glückliche Periode sich weiterhin fortsetzen möge.

Herr Dr. Wil ms⸗Posen: Die Erhöhung der Besoldungen für Beamte und Lehrer oder andere soziale und wirtschaftliche Tragen haben die Kommunen zu erhöhten Aufwendungen veranlaßt. Die Inangriffnahme aller dieser sozialen Aufgaben hat insofern eine Gefahr, als da ein. Rückwärtsbremsen nicht möglich sst. Die Konkurrenz; der Städte untereinander und die Ueber- weisung einer Menge von staatlichen Aufgaben hat das Wachstum der Kommunallasten herbeigeführt. Von einer Revision des Kom⸗ munalabgabengesetzes verspreche ich mir nicht allzuviel, ich fürchte, es könnte eine reformatio in pejus sein, nach den Erfahrungen, die wir mit dem anderen Hause in dieser Frage gemacht haben. Die Kommission hat allerdings die Zuschläge zur Einkommensteuer nicht in das Gesetz hineingearbeitet. Das ist ein Glück für die Kommunen, die sonst noch mehr belastet sein würden. Die Kirchensteuerbelastung wächst auch von Jahr zu Jahr. Alle diefe Lasten müssen die wohlhabenden Leute aus solchen Gemeinden weg⸗ treiben. Nicht die Höhe des Zuschlags ist das Drückende, sondern die Ungleichheit der Zuschläge in den verschiedenen Ge⸗ meinden. Vielleicht ist es möglich, nach Ablauf von drei Jahren einen Ausgleich herbeizuführen, daß die Zuschläge den Gemeinden zur Erleichterung der Armen⸗ und Schullasten üͤberwiesen würden. Im Abgeordnetenhause ist bei der Beratung der Steuernovelle ver⸗ langt worden, daß die gesamten Gebäude⸗ und Gewerbesteuern und die vollen Amortisationsquoten von der Einkommensteuer abzu 6⸗ berechtigt sein sollen. Das würde zu einer großen Gefahr für die Staats. und Kommunalsteuern führen. Auf hygienischem Gebiete, dem der Kanalisation, werden jetzt an die Kommunen sehr hohe An⸗ forderungen gestellt, und die Regierung ist nicht davon freizusprechen, daß sie in dieser Beziebung einen gewissen Druck ausgeübt hat. J

Der Etat wird angenommen, benso die Ctats der Ver⸗ waltung der direkten Steuern, der Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern, der Lotterieverwaltung, der Königli Seehandlung, der Münzverwaltung, der Zuschuß zur Rente Kronfideikommißfonds und der Staats schuldenverwaltung.

Ueber den Etat des . wurde in der Finanz⸗ kommission des Herrenhauses der . zur Sprache gebracht, der im Abgeordnetenhause von einem ertreter der äͤußersten Linken wegen angeblicher Mißstände, die sich eingeschlichen haben sollten, vorgebracht worden war. Der Spezialbericht⸗ erstatter Herr Dr. Oehler ist . beauftragt worden, diese Angriffe im Plenum zurückzuweisen. Diese Angriffe haben, wie der Berichterstatter 5 sich auf Grund der angestellten Untersuchungen als unbegründet, übertrieben oder falsch erwiesen. . .

Der Etat des Herrenhauses wird genehmigt, ebenso der Etat des Abgeordnetenhauses und der Etat der allgemeinen Finanzverwaltung.

Ueber den Etat der Handels- und Gewerbeverwaltung be⸗ richtet Herr Delbrück. ;

Der Etat wird ohne Debatte genehmigt, ebenso der Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung und eine Reihe kleinerer Etats.

Ueber den Etat der landwirtschaftlichen Verwaltung be⸗ richtet Herr Graf von Zitzewitz.

Minister für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlem er:

Meine Herren! Ich möchte in dieser späten Stunde auf die allgemeine Frage der Moorkultur und Mo orbesie delung nicht mehr eingehen. Diese ist schon im andern Hause augreichend meinerseits erörtert worden, und ich kann nur mit Freude konstatieren, daß die allgemeine Teilnahme, welche den Bestrebungen der Staatg⸗ regierung auf diesem Gebiete zuteil geworden ist, auch in diesem Hause Anklang gefunden hat. Was den speziellen Wunsch des Herrn Berichterstatters wegen der Lebaregulierung angeht, so war ich bereits in der Budgetkommission in der Lage, die Mitteilung machen zu können, daß augenblicklich noch die Verhandlungen zur Finanzlerung dieser Melioration fortgesetzt werden und daß die landwirtschaftliche Verwaltung ihrerseitgß alles tun wird, um die Verhandlungen zu einem guten Ende zu führen. ö

Der Etat wird ohne weitere Debatte genehmigt, ebenso der Etat der Domänenverwaltung.

Zum Etat der Forstverwaltung bemerkt

Herr von Salisch: Der Unterbau von Buchen unter die von der Nonne gelichteten Kiefernbestände ist von der Staatgforst. verwaltung in weitem Umfange in die Hand genommen worden, und auch sonst hat man schon viel Buchen zum Unterbau verwendet. bitte aber, diese Maßnahme noch viel weiter auszudehnen, stände, die mit Buchen unterbaut sind, steigen um eine anze klasse im Wert. Den großen Gewinn an Bulteßf a ent nur nebenbei erwähnen.

Beim Etat der Gestütsverwaltung bemerkt ö Minister für Landwirtschaft, Domänen und Dr. Freiherr von i rn, .

Ich hatte bereits in der Budgetkommission Gelegenheit, e t, Herrn Berichterstatter mich über die Frage der Ver u

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Dengststationen zu unterhalten. Die landwirtse

steht im großen und ganzen selbstredend diesen