Bekanntmachung.
Gemäß 8 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (G⸗-⸗S. S. 152) wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der im laufenden Steuer jahre zu den Kommunal⸗ abgaben einschätzbare Reinertrag aus dem Betriebsjahre 1911/12 bei den Kreis Altenaer Schmalspurbah nen auf 93 500
festgestellt worden ist. Elberfeld, den 1. August 1912. Der Königliche Eisenbahnkommissar. Hoeft.
Aichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 6. August.
Seine Majestät der Kaiser und König nahmen gestern in Swinemünde an Bord der Jacht „Hohenzollern“ den Vortrag des am Nachmittag dort eingetroffenen Reichskanzlers Heute hörten Seine nach Pasewalk Admirals
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Dr. von Bethmann Hollweg entgegen. Majestät auf der Fahrt von Swinemünde den Vortrag des Chefs des Marinekabinetts, von Müller.
Das Staatsministerium hat beschlossen, den von dem Metropolitankapitel in Cöln zum Kapitularvikar gewählten Dom⸗ kapitular Dr. Kreutzwald zur Ausübung der ihm als Kapitularvikar zustehenden bischöflichen Rechte und Verrichtungen zuzulassen.
Der Königlich großbritannische Botschafter Sir Edward Goschen ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Botschaft wieder übernommen.
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 4. d. M. S. M. S. „Brem en“ in Bahia, S. M. S. „Scharn horst“ mit dem Chef des Kreuzergeschwaders und S. M. S. „Gneisenau“ sowie die Torpedoboote S. 90“ und „Taku“ in Nagasaki eingetroffen.
In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ ist eine Bekanntmachung, be— treffend die Erhöhung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft „Grundkreditbank in Königsberg i. Pr.“ sowie die Aenderungen ihrer Satzung, veröffentlicht.
Pots dam, 6. August. Am gestrigen Todestage weiland Ihrer Majestät der Kaiferin Friedrich war das Mausoleum an der Friedenskirche in gewohnter Weife festlich geschmückt. Am frühen Morgen legte, wie, W. T. B“ meldet, der Hofmarschall Graf von Bismarck-⸗Bohlen im Namen Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin und später Seine Königliche Hoheit der Prinz Eitel-⸗Friedrich im Auftrage seiner Kaiserlichen Eltern 1. Sarkophage der verewigten Kaiserin einen Lorbeerkranz nieder.
Italien.
Der „Osservatore Romano“ veröffentlicht eine an die Bischöfe von Südamerika gerichtete Enzyklika „Lacrimabili statu“, die sich mit der Lage der Indianer in Süd— amerika beschäftigt. Wie „W. T. B.“ meldet, erinnert der Papst an die Enzyklika Benedikts XIV. „Sub argumento“ und hebt die Maßnahmen rühmend hervor, die bereits zur Besserung der Lage der Indianer getroffen seien, insbesondere die Abschaffung der wirklichen Sklaverei in Brasilien und anderen Ländern, betont indessen, daß noch viel zu tun übrig bleibe angesichts der Gewalttätigkeiten und Uebeltaten, denen die Indianer noch immer ausgesetzt seien. Er bitte Gott, heißt es in der Enzyklika weiter, ihm Mittel und Wege zu weisen, um diesen schweren Mißständen abzuhelfen, und er sei glücklich über das Vorgehen der südamerikanischen Regierungen zugunsten der Indianer, obgleich in jenen ausgedehnten Ge— bieten die Bemühungen der Behörden nicht selten wirkungslos blieben. Der Papst ermahnt die Bischöfe insbesondere, Missionsstationen zu schaffen, und erklärt es für ein unge— heuerliches Verbrechen, die Indianer zu Sklaven zu machen oder sie ihrer Freiheit zu berauben. Datiert ist die Enzyklika vom 7. Juni 1912.
Spanien.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ haben die An— gestellten der Eisenbahnen im südlichen Spanien der Regierung mitgeteilt, daß sie am 12. August in den Ausstand treten werden.
Türkei.
In der Deputiertenkammer erklärte gestern der Präsident, daß eine außerordentliche Sitzung angesetzt worden sei auf die Nachricht, daß die Regierung eine geheime Sitzung des Senats einberufen habe. Die Kammer werde im Hinblick darauf, daß es sich um eine für das Bestehen des Staates ernste Frage handle, ihre Pflicht tun. Hierauf ergriff Dschawid Pascha das Wort und hielt in großer Erregung eine sehr heftige Rede.
Wie . W. T. B. berichtet, erinnerte er an den Drohbrief, den der Präsident erhalten hatte, und verglich ihn mit den Ereignissen im April 1909. „Heute wird die Kammer-, führte Dschawid Pascha aus, „bon denselben Kugeln bedroht, die Gesichter sind andere geworden, aber die Mittel sind noch dieselben. Aber so wie wir damals unsere Feinde zersprengt haben, so werden wir auch heute noch die Reglerung sprengen, die aus Würdenträgern des Regimes Abdul Hamids bestebt, und die bewiesen hat, daß sie kein ß Kabinett ist,
Kabinetts eine Resolution gegen das Kabinett, diesfem das Mißtrauen auszusprechen. Diese Handlungsweise, die mir von dem früheren Prãä⸗ ,. der Kammer mitgeteilt wurde, hat mein Bedauern hervorge⸗ rufen. das im Einklang mit der Verfassung gebildet worden ist und fort« fährt, für das Wohl der Nation und die arbeiten. strengungen machen wird, damit die Wahlen zur Kammer, die am 14. November wieder zusammentreten muß, frei von jeder Inter⸗ vention, von jedem Druck und von jedem Mißbrauch vor sich gehen.
stantinopel für 40 Tage den Belagerungszustand. Der Kriegsminister hat weitgehende Maßnahmen ergriffen, um jeden Versuch von Ruhestörungen zu unterdrücken. Starke Kavallerie⸗
worden. Der Klub des Zentralkomitees wird seit der Ver— lesung des Schließungsdekrets streng überwacht. Von einer 6 Versammlung der Abgeordneten ist bisher nichts bekannt.
er morgen von den Dardanellen in Konstantinopel eingetroffen und hat vor der Kammer Anker geworfen. Der Großwesir hat die Herausgeber der Zeitungen aufgefordert, der Bevölkerung zu raten, Ruhe zu bewahren.
aufständischen Albanesen der Gendarmeriekommandank von Kumanowo mit 16 Gendarmen und 162 Mann des Gendarmerie— bataillons in Prizrent angeschlossen. schaft Kaliadodes geführt und dort entlassen worden. Prizrent erscheint bedrohlich. zum Teil bewaffnete Albanesen aus Ljuma in die Stadt ein. Ruhestörungen werden dort befürchtet. Infolge einer Meuterei e,. der Garnison Mitrowitza sind 6960 Reservisten entlassen worden. Städten Nordalbaniens eingezogen. türkischen Truppen in Seltsché, Leutnant Ferhad, Montenegro geflüchtet.
türkischen Angriffe an der montenegrinischen Grenze erneuert.
trauen ausgesprochen, das Kabinett aber hat das Vertrauen mißbraucht, und es wird noch Schlimmeres tun nach der Auflösung der Kammer. Die Regierung hat den Belagerungszustand aufgehoben, dafür aber eine , Jeder Minister ist ein Knecht in der Faust des ilitärs, und der Belagerungszustand besteht in noch schrecklicherer Form weiter. Kavallerie, Infanterie und Gendarmen sind auf allen Straßen, die Klubs des Komitees werden umzingelt und überwacht. Der größte Fehler des Komitees war es, die Organe des alten Regimes, die die Liberalen in fo schlimmer Weise gequält haben, nicht zu bestrafen. Aber die Union für Freiheit und Fortschritt fürchtete sich nicht vor Abdul Damid. Sie wird sich auch vor dieser Regierung nicht fürchten. Die Union wird niemals sterben. Als man glaubte, das Komstee sei ge⸗ storben, erlangte es neues Leben wieder. Es ist bereit, vor dem Tribunal der Geschichte und vor dem obersten Gerichtsbofe Gottes zu erscheinen. Der Redner, dem lebhaft und häufig Beifall gezollt wurde, griff die Senatoren an, die die Veifaffung verletzt hätten, und sagte, die Regierung habe ihnen Geheimniffe anvertraut, die sie den Deputierten nicht habe sagen wollen. Aber die Geheimnisse würden ans Licht kommen. Ein einziger Mann, Mahmud Schefket Pascha, habe gewagt zu reden und habe hervorgehoben, daß alles. was die Regierung gefägt habe, über⸗ trieben wäre. Er habe den Krlegsminister gefragt, was er gegen die Offiziere, die Politik trieben, getan hätte. Alle Juristen der Welt würden über das Votum des Senats lachen. Ber Redner sagte weiter, indem er sich in bewegten Worten an die Armee wandte: „Heilige ottomanische Armee, die du von der Höhe der rumelischen Berge aus den . solutismus zerstört hast, komm und sieh dein Werk als Spielball in der Hand von Menschen, die sich Retter des Vaterlandes nennen. Aber du wirst ohne Zweifel die Verbrecher bestrafen. Heute sind die Rebellen nicht in Albanlen, sondern sie belagern die Pforte selbst. Der Sultan steht unter Drohungen. Aber die Kammer wird nicht aufgelöst werden. Die Befehle einer solchen Regierung, die die Ver⸗ fassung mit Füßen trat, werden nicht angehört werden.“ Schließlich, schlug der Redner, wie bereits gestern ge⸗ meldet, ein Mißtrauensvotum für die Regierung vor, das fast einstimmig angenommen wurde, worauf sich die Kammer auf unbestimmte Zeit vertagte. Durch die“ Ab⸗ stimmung hat sich die Kammer der Verlesung des Dekrets über die Schließung der Kammer entzogen. Der Präsident der Kammer teilte dem Kabinett den Be— schluß der Kammer, sich zu vertagen, mit und begab sich zum Sultan, um ihm das Tadelsvokum gegen das Ministerlum bekannt zu geben. Dieser lehnte es aber ab, ihn zu empfangen. Darauf richteten die Abgeordneten eine Depesche an den Sultan, in der sie ihm von dem JBeschlusse der Kammer Mitteilung machten. Auch die Depesche wies der Sultan zurück. Die Regierung hetrachtet den Beschluß der Kammer als ungültig, da der Großwesir dem Präsidenten der Kammer vorgestern abend die Entschließung des Senats mitgeteilt habe. Am Nachmittag verlas der Großwesir in Gegenwart von elf Abgeordneten und sechs Senatoren in der Deputierten⸗ kammer und im Senat das Dekret, wodurch die Kammer a t wird. Der Text des vom 4. d. M. datierten Dekrets autet: Wegen der zwischen dem früheren Kabinett Said Pascha und der früheren Kammer entstandenen Differenzen über eine Äbanderung der Verfassung ist die alte Kammer aun, und die neugewählte Kammer am 18. April einberufen worden. Nach einem Beschlusse des Senats ist die neue Kammer ausschließlich dazu bestimmt gewesen, sich als Schiedsrichter über den Streitpunkt, den der Ärtikel 35 der Ver— fassung bildet, auszusprechen. Nachdem diese Aufgabe erfüllt worden ist,; muß das Parlament geschlossen und Neuwahlen müssen ausz— geschrieben werden. Nachdem dieser Beschluß verlesen worden ist, ordnen wir die Schließung des Parlaments und Neuwahlen gemäß der Verfassung an. (gez): Mehmed Reschad. Der erste Palastsekretär hat auf der Pforte gestern ein , des Sultans verlesen, das dem Gebrauch nach an den Großwesir gerichtet ist und, obiger Quelle zufolge, besagt: Der Senat, der verfassungsgemäß für die Interpretation der Verfassung zuständig ist, war der Ansicht, daß die nach der Auf— lösung der alten Kammer gewählte neue Kammer ausschließlich das Mandat hatte, als Schiedsrichter über den Konflikt zu urtellen, der zur Auflösung der alten Kammer geführt hat. Daher ist auch gestern nacht ein Irade des Sultans herausgekommen, das die Schließung der Kammer und Neuwahlen anordnet. Ob! schon der Großwesir am Vormittag dem Kammer⸗ und dem Senats präsidenten mitgeteilt hatte, sie sollten für den Nachmittag die Ver⸗ lesung dieses Irades abwarten, trat die Kammer bereits am Vormittag zusammen, machte Einwendungen gegen das Recht des Senat zur Interpretation der Verfassung und beschloß in Abwefenheit des
Ich habe nach wie vor volles Vertrauen zu meinem Kabinett,
öffentliche Ordnung zu
Ich erwarte, daß das Kabinett auch weiter die größten An⸗
— Ein Irade des Sultans verhängt über Kon—
und Infanteriepatrouillen
ziehen auch nach Stambul ist
durch die Kavallerie
Stadt, geschickt
Torpedobootszerstörer „Nemune⸗i-⸗Hamieh“ ist gestern
Meldungen des „W. T. B.“ zufolge haben sich den
Die Besatzung der Ort— bei Liuma hat kapituliert, ist nach Gostivar Die Lage in der Stadt Am 31. Juli zogen vierhundert
In Mitrowitza sind 5000 Albanesen aus verschiedenen Der Kommandant der ist nach
Montenegro. Gestern morgen haben sich, wie ‚„W. T. B.“ meldet, die
Die Regierung hat deshalb den General Wukotitsch
: großes sondern ein recht kleines. Die Freiheit und
; ᷣ Union für Fortschritt, die der Notwendigkeit, im Lande Lie Ordnung
an die Grenze geschickt, ü Er soll noch in letzter Stunde ein Einvernehmen mit den wieder herzustellen, Rechnung trug, hat dem Kabinett ihr Ver türkischen Behörden zu erzielen suchen.
um die Ordnung wiederherzustellen.
Der türkische Gesandte hat gegen die Zwischenfälle an der Grenze mündlich Einspruch erhoben und später eine Note über- reicht, in der binnen 24 Stunden Genugtuung verlangt wird, anderenfalls werde er Cetinje verlassen und die diplomatischen Beziehungen abbrechen.
Amerika.
Der amerikanische Senat hat gestern laut Meldung des „W. T. B.“ die Wolltarifbill mit den Aenderungen angenommen, die auf dem von Lafollette Underwood vor⸗ geschlagenen Kompromiß beruhen. Durch diese Aenderungen ist die Bill mit der Maßnahme identisch, gegen die Taft im Jahre 1911 sein Veto eingelegt hatte. Die Bill geht un— mittelbar dem Präsidenten zu.
Mit Ruͤcksicht auf bie Unruhen in Nicaragua sind, obiger Quelle zufolge, hundert Seesoldaten von dem amerikanischen Kanonenboot „Annapolis“ in Corinto gelandet und in Managua einquartiert, um die amerikanischen Bahnen, den Dampfschiffverkehr und das Eigentum der Amerikaner zu schützen. Die Landung geschah auf Wunsch der Regierung in Nicaragua.
— Wie „W. T. B. aus Buenos Aires meldet, ist Enriquez Perez zum Finanzminister ernannt worden.
Afrika.
Nach einem zwischen dem Kommandanten des Liby⸗ schen Operations korp, dem Kommandanten der Division in Ferug und dem Kommandanten des Schiffsgeschwaders vorher festgelegten Plan hat gestern eine Operation gegen die Oase von Zuara begonnen. Nach Meldungen der „Agenzia Stefani“ war es zunächft das Bestreben des Operationskorps, den Gegner zu beschäftigen und ihn zu hindern, sich zu konzentrieren. Das Kommando des Armeekorps von Tripolis bestimmte dazu einen Teil der Truppen von Ainzara und von Gargaresch. Die Maßnahmen gelangen. Starke Gruppen von Türken und Arabern zogen sich nach Ainzara und Gargaresch zusammen, traten jedoch bald den Rück⸗ weg an und ließen nur eine Linie Posten zurück. Die italienischen Truppen blieben während der Nacht in ihren Stellungen, um am Morgen die Bewegungen fortzusetzen. In den frühesten Morgenstunden des gestrigen Tages erschien das Landungs⸗ korps vor Zuara und begann alsbald die Landung. . gingen ein Bataillon Matrosen, sodann die unter efehl des Generals Tassoni stehenden Truppen an 3 Die Landung des gesamten Korps war um in Uhr beendet. Das gelandete Bataillon Matrosen besetzte ein Heiligtum, und die Kolonnen Tassoni marschierten auf Zuara los. Die von Sidi Ali kommende Kolonne hat nach einem langen Marsche den von den Feinden geleisteten Widerstand gebrochen und den westlichen Rand der Oase erreicht.
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der gestrigen Reichstagsersatzwahl im Wahl⸗ kreise Niederbayern 4 erhielten, wie „W. T. B.“ meldet, nach amtlichen Ermittlungen der Landwirt Bauer Bayerischer Bauernbund) S650, der Landwirt und Bürgermeister Gerauer 8 5798 Stimmen. 12 Stimmen waren zersplittert. auer ist somit gewählt.
Nr. 36 des Zentralblatts für das Deutsche Reich“ herausgegeben im Reichs amt des Innern, vom 2. August, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennung; — Ermächtigung zur Vor⸗ nahme von Zivilstandshandlungen; — Exequaturerteilung; — Ent⸗ lassung. 2) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reiche gebiete.
Nr. 63 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus gegeben im Minssterium der öffentlichen Arbeiten, vom 3. August 1912 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Richt⸗ amtliches: Das Königliche Realgymnasium in Elberfeld. — Die aufgelöste Bauweise der Staumauern im Vergleich zum dreleckförmigen Querschnitt. — Vermischtes. Wettbewerb zur Erlangung eines 69 bauungeplans der Stadt Düsseldorf. — Im Bau befindliche Staats bahnen in Transkaukasien und im Permer Bezirk des Ural. — Regierungs- und Baurat Unger 4. — Büũcherschau.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Christliche Metallarbeiterverband Deutschlands hat, wie die Köln. Ztg. berichtet, am 4. d. M. in Töln in einer außerordentlichen , ,, der Verwaltungsstätte Cöln zu der bevorstehenden allgemeinen ewegung Stellung genommen, mit der eine Verkürzung der Arheitszelt in den Betrieben der— Metallindustrie im Cöln⸗Mülheimer Bezirk erzielt werden soll. Es wurde folgende Entschließung einstimmig gefaßt: Die Versammlung erklärt: Anschließend an die Beratungen vom 19. Mai, bekundet die Versammlung ihre Zustimmung zu den Vorschlägen zur Neuregelung der Verhältniffe in“ den Betrieben der Metallindustrie im Cöfn⸗Mülheimer Bezirk, die lauten: 1) Einführung der 93 stündigen Arbeitszeit an den ersten fünf Wochen⸗ tagen, Sonnabends 35 Stunden, für die Woche 55 Stunden. 2) Zahlung eines Zuschlags von 25 0½ für die drei ersten Ueberstunden am Tage und 50 6sg für Nacht und Sonntagsarbeit; Zahlung eines Zuschlags von 10 3 für die Stunde für Nachtarbeit bei wechselnder Schicht, 3) Verdienstausgleich für die Verkürzung der Arbeitszeit und 4) Auslöhnung wöchentlich, möglichst am Freitag. Die Versammlung. hält in Berücksichtigung der Lage der Industrie die Durchführung dieser Forderungen für möglich und verspricht, tatkräftig für ihre Ver⸗ wirklichung einzutreten.“
In Frankfurt a. M. sind, der Köln. Ztg. zufolge, die Fuhr— leute in eine Lohnbewegung eingetreten. Sie fordern Anfangslöhne von 27 S für die Woche und Festlegung der Arbeitszeit auf 12 Stunden. Sie drohen mit dem Ausstand, wenn die schom seit einiger Zeit , n,. Verhandlungen nicht noch in diefer Woche zu einem sie befriedigenden Ergebnis kommen.
SGestern ist. wie der pz. Ztg.“ aus Greiz gemeldet wird, in sämtlichen Betrieben der Kondention säch sisch⸗thüringischer Färbereien, in denen ein Ausstand ausgebrochen war, die Arbeit wieder voll aufgenommen worden als Folge des n , der od stündigen Arbeitswoche und der in Aus sicht gestellten Lohnerhöhung. vom 1. September ab.
In Dünkirchen haben, wie W. T. B. erfährt, die letzten noch streikenden eingeschriebenen Seeleute beschloffen, die Arbeit wieder aufzunehmen.
gestaltete Vögel in symmetrischer Paarung aufwer
das sonst als Tuntcella anzusehen wäre.
ir nicht zu fuchen.
Kunst und Wissenschaft.
Das Kaiser Frie drich⸗Museum hat Lurch mehrere mittel⸗ alterliche italienische Skulpturen wieder eine Bereicherung erfahren, die sämtlich willkommene Ergänzungen für den systematischen Ausbau unserer nach dieser Richtung schon so vielseirigen Sammlung bringen. Von den Neuerwerbungen, die er auf den Zeitraum von ungefähr sinf Jahrhunderten und auf verschiedene Kunstkreise verteilen, sei zu⸗ nächst eine Zierplatte aus weißem Marmor erwähnt, die an⸗ geblich aus Salerno herrühren soll. Nach den Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen besitzt das Mused Barracco in Rom ein bis auf geringfügige Abweichungen übereinstimmendes Gegenstück von etwas feinerer Ausführung, dessen Herkunft aus Sorrent außer Zweifel steht. Auf beiden Stücken bilden zwei sym⸗ metrisch gepaarte, am Schwanzende verwachsene Enten das Haupt⸗ motiv der dekorativen Komposition. Ihre Füße sind ane , und zwischen den zusammenstoßenden Flügelspitzen in eine rechteckige Dese binaufgezogen, über der sich, durch eine aufsteigende Feder (oder eine
Art Schilfblart?) getrennt, zwei große Federschwänze fächerförmig
ausbreiten. Den unteren Zwickel des Kreisrahmens, in den diese Gruppe eingeschlossen ist, füllt auf dem Relief in Rom ein Blüten⸗ motiv mit abzweigenden Eicheln an geringelten Stielen, auf dem des Kaiser Friedrich⸗Museums hingegen ein gestielter und von je zwel Kleebläktern mit gekrümmten Stengeln u gere r, Pinienzapfen. Die letztgenannten Motive aber finden si wieder auf. zwei weiteren Sorrentiner Platten, von denen die eine, auch im Museo Barracco befingliche, zwei trinkende Flügelpferde, die andere noch an Ort und Stelle zwei einander . fabel⸗ t. Sämtlichen Platten gemein aber ist der Kreisrahmen mit seiner ornamentalen Füllung sowie das viermal wiederholte Füllmotiv der äußeren Ecken, das aus zwei symmetrisch entfalteten Akanthushalbblättern und einem gestielten Pinlenzapfen dazwischen besteht. Sowohl das letztere wie dor allem der Perlstab auf dem Kreisrahmen haben auggesprochen közantinischen Charakter. Und so wird man die besseren Sorrent ner Platten wohl geradezu als Arbeiten griechlscher Kunstler aus der Zeit der makedonischen Renaissance ansehen müssen, wie sie auch sonst noch im Gebiet von Neapel und Amalfi damals nachweisbar sind. Aber hinter diesen byzantinischen dekorativen Reliefkompositionen ann man noch weiter zurückliegende Vorbilder erkennen. Die vmmetrische Paarung der Vogel. und Tierfiguren und die kreis⸗ sörmige Umrahmung weisen auf die tppische Musterbildung der Seidengewebe jassanldischer Tradition zurück. Und gerade das über⸗ anstimmende Motiv der beiden Platten des römischen und des Kaiser Friedrich ⸗Museums verrät diesen Zusammenhang recht deutlich. Ist schon die Ente eine beliebte Gestalt der sassanidischen Kunst, so er⸗ klären sich die eigenartigen Schlingen, die die Vögel hier wie dort um den Hals tragen, wohl am ungezwungensten aus der unver⸗ standenen Nachbildung der breiten Bänder mit auseinanderflatternden Enden, mit denen allerlei Getier in den Königlichen Tiergärten ge⸗ schmückt zu werden pflegte, wie die Reliefs von Tak. i⸗Bostan bezeugen. In der ursprünglichen Komposition der Seidengewebe wird wohl auch das uns noch auf byzantinischen und orientalischen Stoffen begegnende Perlenhalsband der Sassanidenkönige den Kreisrahmen gebildet zaben. Die ungleich flüchtigere und zum Teil sogar verständnis lose Arbeit der neuerworbenen Platte im Kaiser Friedrich ⸗Museum entspricht mehr dem Gbarakter lokaler Nachahmung eines byzantinischen Bildwerks, läßt sie doch vor allem den klaren ornamentalen Zusammenhang der Vogel⸗ beine mit den Federschwänzen vermissen, wie er auf dem Sorrentiner Relief noch deutlich ist. Aber gerade ein solcher Mangel sowie der technische Befund des Stückes, dessen Oberfläche etwas verwittert ist und besonders am unteren Füllmotiv des Kreisrahmens . Be⸗ schädigungen und an den gefalzten Rändern Mörtelreste aufweist, ver⸗ scheucht jeden Verdacht moderner Entstehung.
Eine viel primitivere Kunst aus einem ganz anderen Gebiet ver— tritt ein angeblich aus Aquila ausgeführtes Kalksteinrelief von stattlicher Größe, das nach den beiden Schlüsseln in der linken Hand der Figur Petrus oder einen Papst datstellt. Die, thronende Wiedergabe macht aber nach den genannten Berichten die Beziebung auf Petrus unwahrscheinlich, und aus⸗ geschlossen wird diese Deutung vollends bei näherer Betrachtung der unvollständig erhaltenen Kopfbedeckung, die man beim Apostel über⸗ baupt nicht erwarten darf. Sie hatte, nach dem erhaltenen Stück zu
schlleßen, zweifellos Kegelform, also die Gestalt der päpstlichen Mitra
des hohen Mittelalters, und weist anscheinend sogar zu unterst den ihr eigentümlichen Kronreif (regnum) auf, datüber aber noch eine Art Borte, von deren Mitte ein Streifen von gleicher Breite senkrecht aufsteigt, wie bei erhaltenen bischöflichen Mitren des XII. Jahr⸗
hunderts. Die Bestimmung der Kleidung bleibt bei einem Denkmal dieser
Entwicklungsstufe unsicher. Daß in dem weitärmeligen Untergewand die Dalmatika zu erkennen ist, läßt sich kaum bezweifeln, wohl aber, ob auch das faltige, den Unterkörper umhüllende Gewandstück dazu gehört eder vielmehr das unter ihm scharf abgesetzte glatte Unterkleid, Das erstere könnte auch ein Teil eines mantelartigen Umhangs sein, von dem nur noch die oberen Enden auf beiden Schultern, und zwar auf der linken ganz unver⸗ kennbar zipfelartig aufliegend, wiedergegeben sind. Man wird dabei
sbwerlich an die Casula oder an das Pluvtale denken dürfen, viel eber an das Mantum, das als ein vorn offener Ueberwurf geschildert
wird und wie die Tiara als Abzeichen der päpstlichen Würde galt. Der schmale Bandstreifen, den die Rechte des Dargestellten oben faßt, wird
ielleicht für das Palltum genommen werden dürfen, von dem dann
allerdings nur der herabhängende Tell verdeutlicht wäre. Daß es eben abzubrechen und infolgedessen das Aussehen eines Spruchbandes anzunehmen scheint, ist nur die Folge einer Beschädigung. Die obere Begrenzung ist vielmehr der aufliegende Daumen der Hand, dessen Wurzel ausgebrochen ist. Eher spricht das untere, scheinbar auf⸗ gerollte Ende dieses Bandstreifens dafür, daß der Steinmetz damit ein Schriftblatt wiedergeben wollle. Es könnte dann eine Urkunde
Lemeint sein, und wenn die Herkunft des Steines aus Aquila ge—⸗ sichert wäre, so würde sich dadurch vielleicht ein Anhaltepunkt bieten, Un die Persönlichkeit seines päpstlichen Gönners herauszufinden.
Jedenfalls aber vereinigt sich alles zur Deutung unseres Bild⸗ werks als Papstdarstellung. Den Doppelschlüssel führt z. B. noch die stühgotische Statue Honorius, III. an der Fassade der Kathedrale von
Anagni. Wer aber der Dargestellte sei, das wird sich schwerlich ent⸗ fatseln lassen. Für die Zeitbestimmung hleibt man auf die stilistische Beurteilung des Denkmals angewiesen. Die Gestalt ist mit gutem Raumgefühl in das 5 em tiefe Relieffeld hineingefetzt — ihre Mittel⸗ achse weicht nur in leichter Neigung nach links aus — und in einen FPofllierten Rabmen eingeschlossen. Zu diesem haben wohl antike Hrabstelen das flüchtig nachgeahmte Vorbild abgegeben, wobei das Biebelfeld unbedenklich nach unten verfetzt, d. h. wahrscheinlich nur in vertikaler Symmetrie wiederholt wurde, da die Mitra auf eine entsprechende obere Umrahmung schließen läßt. Die flaue und un—⸗ plastijche Ausführung der Rahmenprofile und der Füllrosetten schneidet di, Vermutung ab, daß geradezu ein antikes Werkstück oder unaus⸗ geführtes Grabmal benutzt worden sei. .
Nach einer Vorlage für die figürliche Darstellung selbst brauchen Ganz verkehrt wäre es, die Komposition einer wzantinisierenden Kunstrichtung zuweisen zu wollen. Die reprãäsentative Frontalste ung der Sitz figur ist nichts ausschließlich Byzantinischesz, ndern Gemeingut der gesamten mittelalterlichen Kunst die silistische Behandlung aber ist nichts weniger als byzantinisch. Das Relief läßt in der Anordnung und in der Formen⸗ gebung nicht einmal so viel von mittelbarem Einfluß der Niechichen Kunst spüren, wie einzelne ungeschickte und rohe Reliefnachbildungen byzantinischer Muttergottes bilder in Sulmonag, Thieti und Aquila auß dem XIII. und XIII.. Jahrhundert. Innerhalb des allgemeinen mittelalterlichen Schemas ist diese Papst⸗ arstellung eine freie Schöpfung ihres Urhebers. Ihre Reliefgestaltung beruht in jedem Zuge auf der in den Stein umgesetzten primitiven eichnung, wie sie uns in der Miniatur etwa durch die Exultetrollen des XII. Jahrhunderts gegeben ist. Schon die Art, wie der Thron
leichsam in der Luft schwebt, sodaß man verfucht ist, seine schwäch⸗
lich gebildeten Beine für herabhängende befranste Bänder zu halten, und wie die tiefer herabreichenden Füße der Gestalt allein die reale Standfläche berühren, entspricht der damaligen zeichnerischen Perspek⸗ tive. Eine Reihe weiterer Verlegenheiten erwuchs dem Stein⸗ metzen bei der Wiedergabe aller otive, bei denen die unentwickelte Zeichnun das Problem der Verkürzung umgeht und die deshalb in hfastis cher Ausgestaltung den Fehler noch viel deutlicher erkennen lassen. Dahin gehört die Drehung der Füße nach auswärts, die starke Spreizung der Knie und vor allem die ge— zwungene Haltung des rechten Armes, dessen Biegung geradezu an Kinderzeichnungen erinnert. Endlich trägt auch die ganze Falten— gebung mit ihrem teils auf Parallelismus, teils auf Symmetrie be⸗ gründeten Schematismus zeichnerischen Charakter, wenn sie auch nur auf den. Aermeln durch bloße Gravierung, im übrigen aber schon reliefmäßig durchgeführt ist. Gegenüber der Tatsache, daß man hier eine Probe der beginnenden mittelalterlichen Reliefbildung vor Augen hat, ist die Feststellung der näheren Herkunft des Stückes von untergeordneter Bedeutung, wenngleich noch wicht g genug. Diese Entwicklungsstufe des Reliefstils ist in ganz Mittelitalien etwa in der ersten Hälfte des XII. Jahrhunderts erreicht. Sie wird durch die einigermaßen ausgeglichenen Proportionen der Figur und durch den nicht mehr ganz strengen Faltenschematismus gekennzeichnet. Da⸗ für bietet sich in der Abruzzenkunst ein noch etwas primitiveres Gegen⸗ beispiel in einem um 1150 entstandenen Amhanenrelief, das den Märtyrertod des hl. Victorinus darstellt, in S. Vittorino bei Aguila. Der figürliche Schmuck der Ambonen von S. Clemente in Casauria u. a. m, aus den folgenden Jahrzehnten zeigt hingegen schon eine reifere Formengehung. Von einem provinzialen Meister aber dürfte das Bildwerk jedenfalls herrühren, selbst wenn es in Rom entstanden sein sollte. Zur Cosmatenkunst steht es in keiner Beziehung. Im Kopf der Figur tritt das Bestreben, die typischen Züge eines römischen Oberhirten herauszuarbeiten, deutlich hervor. Die Form des Kinnes ist so klar modelllert, eine von der Nasenwurzel nach beiden Seiten herablaufende Furche so stark eingegraben, daß offenbar , Untergesicht damit verdeutlicht werden sollte, während der Bildhauer Augen und Ohren nur in allgemeinster Bildung wiederzugeben wußte. Die noch erkennbare Bemalung der Figur kann nicht wohl die ur— sprüngliche sein. Sie ist äußerst grob und hesteht nur aus einem fleischfarbenen Rosa an Gesicht, Händen und Füßen, einem Braunrot, das nicht nur die ganze Kleidung bedeckt, sondern anscheinend zum rößten Teil auch die Umrahmung färbte, und einem schwärzlichen 3 Das letzlere ist über Kinn und Backen verteilt, soll also wohl einen. Bart bezeichnen, was zur Formengebung nicht stimmt und sich vielleicht aus späterer mißverständlicher Auffassung der Figur als Petrus erklärt. Sie findet sich ebenso sinnwidrig auch auf dem Pallium vor. Immerhin ist diese Bemalung auch nicht ganz jung, da sie stellenweise unter Resten einer wieder abgefallenen weißen Tünche zum Vorschein kommt. — — .
Auf die Epoche der entwickelten Gotik entfallen zwei der neu⸗— erworbenen Denkmäler. Das Kaiser Friedrich ⸗Museum gwinnt mit dem bedeutenderen von diesen eine Marmorarbeit der r6mischen Cosmaten⸗ schule, die stilistisch den Papstgrabmälern in S. M. in. Aracoeli und S. M. in Trastevere nicht fernsteht. In gegenständlicher Hinsicht verdient sie besondere Beachtung und fordert zunächst ihre nicht so leicht zu findende Erklärung. Die liegende Gestalt der Gottes⸗ mutter mit dem Kin de von ungefähr halber Lebensgröße ist voll— kommen rundplastisch ausgearbeitet, wenngleich auf der Ruͤckseite nur im groben durchgeführt. Dementsprechend zeigt das Lager auf beiden Schmalseiten dieselbe sorgfältige Fältelung des Linnens wie vorn. Folglich muß die Gruppe zwar an eine Wand angerückt gestanden haben, kann aber nicht wohl allzu eng von einer Nische umschlossen gewesen sein. Aber sie kann nicht einmal Bestandteil eines zusammenhängenden Hochreliefs gewesen sein, vielmehr muß das Ganze eine Art Freigruppe gebildet haben. Denn, daß man nur einen Teil davon, wenngleich das Hauptstück, vor sich hat, geht aus den Motiven klar hervor. Die Gottesmutter in liegender Stellung pflegt in der Geburtsdarstellung, an die man unwillkürlich zunächst denkt, das Kind, nicht im Arm zu halten. Das ist nur in dem Fall üblich. wenn in diese Szene, wie schon im byzantinischen mittelalterlichen Kollektiv⸗ typus, die Anbetung der Könige mit hineingezogen wird. Nach den amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen gehörte die Figur des Kaiser Friedrich⸗Museums fraglos zu einer solchen Komposition, hält doch das Kind, unnterstützt von der Linken der Mutter, ein edelsteingeschmücktes, mit Goldstücken gefülltes kostbares Gefäß in beiden Händen. In der duzentistischen Plastik ist eine solche Szenengestaltung durch das entsprechende Relief an der Kanzel des Fra Guglielmo in Pistoja (8. Giovanni fuorcivitä) be- legt, aber der technische Aufbau und Zusammenhang ist eben dort ein ganz anderer. Die volle Zuwendung der beiden Gestalten unserer Gruppe jum Beschauer fordert unab— weislich ihre Vervollständigung durch einen vor ihr knienden König, der seine Gabe hereits überreicht hat, alsg durch eine mehr oder weniger vorgeschobene Freifigur. Daß aber eine solche Frei—⸗ gruppe für das Ducento keineswegs eine Unmöglichkeit bedeutet, dafür hat eine glückliche Entdeckung Venturis unlängst den Beweis erbracht. Es ist uns noch ein unvpollständiges Denkmal erhalten, das zur Gruppe des Kaiser Friedrich⸗Museums in viel näherer Beziehung steht, ia das wohl ihr eigentliches Vorbild enthielt; das Präsepe, das Arnolfo di Cambio für die altehrwürdige Reliquienkapelle von S. Maxia (Maggiore) ad Praesepe bei ihrer Erneuerung unter Honorius IV. geschaffen hat und dessen Ueber— reste Venturi in der Cappella del Sacramento. wieder⸗ eikannte. Zu den fehlenden Bestandteilen desselben gehört leider die Hauptgestalt der Gottesmutter mit dem Kinde; erhalten sind Joseph, die Köpfe von Ochs und Esel und die drei Könige. Und von diesen kniet der älteste tatsächlich mit gefalteten Händen in ausdrucksvollstem Aufblick, während die anderen beiden noch mit ihren Geschenken in Händen im Gespräch dabeistehen. Ihr Platz war sicher rechts vom Lager Marias in nächster Nähe des Knienden, den man sich nach dem in der Gruppe des Kaiser Friedrich⸗Museums liegenden Hinwels vor dem Kopfende des Bettes aufgestellt zu denken hat, und jwar im Profil oder in schräger Zuwendung. Links stand den Königen Joseph, auf seinen Stab gestützt, gegenüber, wahrscheinlich in Begleitung eines Engels, vielleicht auch zweier Hirten, wie Venturt vermutet, die Tierköpfe aber streckten sich am ehesten über das Fußende des Bettes vor. Denn die beiden Hauptfiguren der Freigruppe in Rom wird man sich nunmehr der Skulptur des Kaiser eg e er e, entsprechend vorzustellen, wie wir die letztere umge⸗ kehrt mit Hilfe ihrer Nebengestalten zu ergänzen haben. Das Ganze aber war wohl in beiden Fällen in eine nicht allzu tiefe Nische einge⸗ schlossen und also immer noch hochreliefartig aufgebaut. Daß die Neuerwerbung des Kaiser FriedrichMuseumß nur das Werk eines Nachahmers ist und nicht etwa die verlorene Mariengestalt des Präsepe von S. Maria Maggiore, wird, von allen Größenunterschieden abge⸗ sehen, bei der stilvergleichenden Betrachtung klar. Um von jener Gestalt eine richtige und den römischen Ueberresten ent sprechende Vorstellung zu gewinnen, muß man die des Kaiser Friedrich⸗ Museums in den Stil der toten Gottesmutter aus dem Giebel⸗ feld des nördlichen Nebenportals der alten Florentiner Dom⸗ e. übersetzen, die sich heute dem Mrseumsbesucher in der hiesigen
ufstellung daneben zum bequemen Vergleich darbietet, oder noch besser in den Stil der noch beute in Florenz befindlichen liegenden Maria aus der Geburtszene des anderen Nebenportals (vgl. F. Schott⸗ müller, Arnolfo di Cambios Skulpturen am Florentiner Dom. Jahrbuch d. K. Preuß. Kunstsamml. 1909, XX. S. 291 ff. und Tafel). Was diesen beiden aus Arnolfos eigener Werkstäͤtte hervor. gegangenen Gestalten ihren höheren und lebensvolleren Reiz gibt, ist außer der frischeren Naturauffassung vor allem der ungleich stärkere Einschlag antiker Formensprache und stoffbelebter Faltenbildung. Der Unterschied ist um so fühlbarer, als die Anordnung der liegenden Figur in der kleinen Gruppe des Kaiser Friedrich Maseums der Lage der überlebensgroßen in Florenz äußerst nahe kommt, nur liegt bei ihr der Unterkörper bis zum Gürtel hinauf noch mehr auf dem Rücken,
die unorganische Umwendung des Oberkörpers, der seine Hauptstütze
am linken Ellenbogen findet, jum Beschauer wirkt daher bedeutend härter und ist viel weniger durch die Gewandung verhüllt und ver⸗ mittelt. Das linke Bein ist unter dem stärker gestreckten rechten durchgeschoben und in ziemlich flacher Wiedergabe nur flüchtig an⸗ gedeutet. Der Artikulation der etwas kurz geratenen Arme fehlt vollends die fein empfundene Belebung jenes Meisterwerks. Das hartflächige Antlitz blickt ziemlich leer, obgleich die Augenbildung mit ringförmiger Iriß hier wie dort die gleiche ist. Die Gewand⸗ behandlung der Figur des Kaiser Friedrich⸗Museums zeigt vollends jene Trockenheit, die den Cosmatenstil mit seiner Vorliebe für die geraden Faltenzüge und spitzen Brüche kennzeichnet. Diese typischen Motive, die auch ein Arnölfo bei der toten Maria in Berlin be— wahrt, bei der Florentiner Figur aber in feinerer Berechnung an jedem Bein gesondert durchführt, reichen bei dem Werk des Nachahmers zi tief herab und stoßen unvermittelt mit den langen Faltenzügen, die sich über den rechten Fuß spannen, zusammen. Sie entstammen genau so wie die schematlsch regelmäßige Fältelung des Paradebetts, dem nicht einmal das quastengeschmückte Kopfkissen fehlt, der gotischen Grabplastik. Darin steht die Gruppe des Kaiser Friedrich Museums den Gräbern der Savelli u. a. m. viel näher, obgleich sie sich durch ihre oberflächliche Behandlung einer schwierigen und wohldurchdachten Aufgabe als jüngere Nachschspfung verrät. Sie ist eben die Arbeit eines echten Vertreters der Cosmatenschule, die zwar Arnolfos Kunst stark beeinflußt hat — so z. B. im Grabmal des Kardinals Braye in Orvieto (S. Domenico) — die aber nur ein Element seines ungleich gehaltvolleren Stils bildet. Von antiker Formauffassung ist hingegen kaum noch ein Hauch in der Figur zu spüren. Zum Schluß sei bemerkt, daß die Nasenspitze Marias und der Kopf des Kindes ergänzt sind, der letztere aber anscheinend nicht erst neuerdings, sondern wohl schon im XVII, eder XXIII. Jahr- hundert, wie Augen⸗ und Haarbehandlung schließen lassen. Seine Haltung ist dabei zweifellos ziemlich unverändert geblieben. .
Die ihrer Entstehungezeit nach jüngste Neuerwerbung des Kaiser Friedrich⸗Museums ist ein größeres figur iertes Doppelkapitell aus weißem Marmor von leider recht mangelhafter Erhaltung. Seine Bedeutung liegt mehr auf der ikonozraphischen als auf der stilistischen Seite. Die vier Szenen, welche seine nach oben schwach ausladenden Flächen schmücken, schildern die letzten Ereignisse des Marienlebens. Auf der einen Schmalseite erblicken wir die Todes⸗ verkündigung durch den Engel, der mit dem Palmzweig in der Linken in das Gemach hineingeflogen kommt, in dem die Gottesmutter mit ge⸗ kreuzten Händen vor einem gemusterten Vorhang am Betpult sitzt. Es ist der schon von Orcagna am Tabernakel von Or S. Michele angewandte gotische Bildtvpus, dessen Herkunft auch der Kleeblattbogenfries in der Außenarchitektur des Hauses deutlich ausspricht. Die zweite Schmalseite schildert den Abschied der Apostel von der Gottesmutter in ahnlicher bvzantinisierender Auffassung wie ein Predellen⸗ stück Duccio. Johannes reicht der auf. dem Bette Liegenden den Palmzweig hin, während sich die auf wunder⸗ bare Weise an das Sterbebett versetzten Apostel unten umarmen und begrüßen. Auf der links anschließenden Breitseite folgt die eigentliche Szene des Entschlafens, die ziemlich genau nach dem bpzantinischen Ikonographischen Schema der „Koimesis“ komponiert ist. Hinter dem Lager, auf dem Maria aufgebahrt liegt, steht Christus segnend mit der (verstũmmelten) kleinen Gestalt der Seligen im linken Arm, um⸗ drängt von den Aposteln, von denen Johannes sich zur Toten vor⸗ beugt, ein anderer hinter ihm den Palmzweig erhebt und die übrigen ihrem Schmerze Ausdruck geben, einzelne wohl Bücher halten und einer rechts oben ein gotisches Spruchband. Die andere Breitseite führt uns mit der Krönung Marias wieder zurück zu rein gotischer Ikonographie. Maria neigt vor dem rechts neben ihr sitzenden Christus das Haupt, auf das er die Krone drückt, über beiden aber halten zwei schwebende (größtenteils zerstörte) Engel anscheinend ein Kreuz im Kranze, — dieselbe Gruppe wiederholt sich auch über der ‚„Koimesis. — während ringsum die übrigen Heer⸗ scharen anbeten und lobsingen. Der Stil der Figuren ist in allen Szenen derjenige der reifen Gotik des späteren XIX. Jahrhunderts. Will man aus diesen ikonographischen und stilistischen Tatsachen auf die Herkunft des Kapitells schließen, so sprechen die bvzantinischen und sienesischen Beziehungen für Neapel Und in Neapel ist eine solche kleinfigurige Kapitellplastik als Fortsetzung der sizilisch- kampanischen des XII. Jahrhunderts, die schon in Monreale ähnlich gestaltete Doppelkapitelle hervorgebracht hat, auch in der gotischen Stilepoche am ehesten zu suchen.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Für die landwirtschaftliche Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, die vom 5. bis 10. Juni 4913 in Straßburg i. Els. stattfindet, gelangt jetzt die Schau⸗ ordnung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lilfs⸗ mittel zur Ausgahe. Ste enthält die Preisausschreiben für Samen, Tlachs, Hanf, Tabak, Weidenkultur, Gemüse der Ernte 1912 und Dauerwaren für In, und Ausland und für den Schiffsbedarf. Ferner ist ein Preisgusschreiben für Sisalfaser aus der in deutschen Kolonien gebauten Sisalagave erlassen. Die Preisausschreiben können von der Hauptstelle der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, Berlin sW., Dessauer Straße 14, bejogen werden.
Amtlicher Bericht des Landwirtschaftsamts von Ohio über den Stand des Ackerbaus und der Viehzucht, Juli 1912.
Der folgende Bericht ist aus Mitteilungen, die von den amtlichen Korrespondenten dieses Amts empfangen wurden, zusammengestellt: Weizen — Aussicht, mit einer Normalernte ( 106 ö
v. H.) verglichen A3 v. H., — beschaͤdigt durch Würmer (joint worm) 4 — abgeschätztes Areal, für die Ernte in Betracht kommend 1079 894eres; — Aussicht, mit einer Normalernte ver⸗ glichen.. H.; — Aussicht, mit einer Normalernte ver⸗ glichen 78 5. 5 Aussicht, mit einer Normalernte ver⸗ 98 v. H.; .. 3 038194 Acres,
glichen k n, für 1912 abgeschätztes Gesamtareal . 3197 884 Acres, Areal, im Vergleich zum Vorjahr. 105 v. H. Zustand, verglichen mit dem Durch⸗ schnitt 77 h. H. durch Keimwürmer (eut worm) be— schãdigt ⸗ .. durch weiße Kornkäfer (white grub wn, enn, 83 durch Maden beschädigt 5 6 Areal im Jahre 1911 4 Acres, Areal im Vergleich zum Vorjahr v 8. abgeschätztes Areal für 1912 .. 104 541 Acres, Zustand, verglichen mit dem Durch⸗ . schnitt 93 v. H.; Areal, im Vergleich zum Vorjahre. ö Timothee Aussicht, mit einer Normalernte ver⸗
glichen Weide — Zustand, im Vergleich
Durchschnitt Pferde — Zustand, verglichen mit dem Durch⸗ schnitt
Hengstfüllen — rg verglichen mit dem Durch⸗ schnitt
Rindvieh — m verglichen mit dem Durch⸗ nitt
12
Klee Kartoffeln
Tabak
mit dem
I
Kälber — Anzahl, verglichen mit dem Durch⸗ schnitt
Wolle — geschoren, im Vergleich mit dem Vor⸗