1912 / 254 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Oct 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Meine Herren, ich glaube auf die Einzelheiten dieses Gesetz⸗ entwurfg erst in der jedenfalls stattfindenden Kommissionsberatung eingehen zu sollen. Ich möchte nur auf eins aufmerksam machen. In dem Gesetzentwurf soll ein bestimmter Plan nicht ohne weiteres festgelegt, sondern die nähere Feststellung des Planes und andere Einzelheiten sollen der zu bildenden Genossenschaft und ihren Organen unter Zustimmung der zuständigen Minister überlassen werden. Sie sehen aus der dem Gesetzentwurf beigefügten Begründung und der ihm anliegenden Karte, daß für den Augenblick noch verschiedene Linien für die Vorflut in Aussicht stehen: eine direkte Entwässerung nach dem Rhein, eine Entwässerung durch die Niers nach der Maas und eine Entwässerung direkt nach der Maas. Die Frage, welche Entwässerung zweckmäßig zur Ausführung gebracht werden kann, hangt nicht allein von der weiteren sachverständigen Beurteilung, sondern vor allen Dingen auch davon ab, ob sich Holland, in welchem das Maasgebiet und auch ein Teil des Gebiets der Niers gelegen ist, mit einer Entwässerung nach diesen Flüssen einverstanden erklären kann. Hierüber schweben noch Verhandlungen, deren Ende und Er⸗ gebnis nicht abgesehen werden kann.

Meine Herren, im übrigen ist der Gesetzentwurf in den Haupt⸗ bestimmungen ähnlich gestaltet wie der Gesetzentwurf, der bezüglich des Rawagebiets vorgelegt ist, selbstredend unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse. Das Herrenhaus hat in einer Reihe von Bestimmungen Abänderungen vorgenommen, die aber zu grundsätzlichen Bedenken der Staatsregierung keinen Anlaß geben. Ich möchte aus diesem Grunde auch Ihnen die Bitte aussprechen, diesem Gesetzentwurf, der ein bedeutendes und großes, für Industrie und Landwirtschaft gleich wichtiges Werk rechtzeitig zum Abschluß bringen soll, Ihre Zustimmung nicht versagen zu wollen. (Bravo! rechts.)

Abg. West erm ann (ul); Ich stimme dem Minister darin bei, daß derartige genossenschaftliche Wasserangelegenheiten besser im Rahmen eines Sondergesetzes als im Rahmen eines allgemeinen Wassergesetzes geregelt werden können. Da das Gesetz im übrigen nicht bemängelt worden ist, so beschränke ich mich auf die, Erklärung, daß meine politischen Freunde mit der Ueberweisung beider Gesetz⸗ entwürfe an eine Kommission von 21. Mitgliedern einverstanden sind. Wir hoffen, daß die Kommission diese Gesetzentwürfe bald verab⸗ schieden wird., . 3 ; .

Abg. Freiherr von Los (Zentzr); Wir können cs nut billigen, daß die an der Emscher gemachten Erfahrungen in diesem Gesetz für die linksniederrheinischen Industriegebiete nutzbringend verwertet werden. Die Emscherentwässerung kostete 80 Millionen Mark, heute hofft man, mit dem zehnten bzw. dem achten Teile auszukommen. Ein großes industrielles Wirtschaftsgebiet bedarf einer Wasserführung, und die Industrie hat klug und richtig gehandelt, wenn sie hier die

Iniftative ergriffen hat und zeitig mit geringeren Kosten das ausführen will, was ihr später doch zugefallen wäre. Im Herrenhause hat der Oberpräsident der Rheinprobinz auf das gute Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Industrie hingewiesen, wie es in der Rheinproyinz besteht. Ich kann das nur unterstreichen; wenn man aber beide Pro⸗ duktionsgruppen in ihren großen Maßnahmen zusammenführen will, dann müssen die kleinen Reibungsflächen, welche oft Aerger und Zank

hervorrufen, verhütet und beseitigt werden. So fordern auch die Land⸗ wirté des Niederrheins, daß in diesem Gesetz dafür gesorgt werde, ß Schädigungen der andwirtschaft unter allen Umständen hintan⸗ gehalten werden. Wenn die Landwirtschaft dem mit einiger Vorsicht

gegenübertritt, so darf man ihr das nicht verübeln, denn sie hat durch Die betrüblichen Verhältnisse an der Niers gelernt, sich zeitiger zur Wehr zu setzen. Seit 20 Jahren verlangt der Niederrhein eine Sanierung der Niers, und erst jetzt scheint die Regierung in der Frage affiv und energisch einzugreifen. Die Niers ist geradezu zu einer welche das Wohnen an ihr unmöglich macht.

t leidet außerordentlich unter der Verschmutzung

die die Viehhaltung schwer geschädigt wird.

zur Entwässerung des Niederrheins würde

irtschaft mit sich bringen. Eine

ird bei dem Fortschreiten der

4 bewiesen.

Die Ge⸗

schaften.

Industrie,

pflichtmäßig besorgen muß, und an

durch die Entwässerung Schaden erleiden könnten. Teil genügend Raum bekommt, um sich gegen. Schädigungen zu wehren, ist eine Grundbedingung der Gerechtigkeit. Die Industrie mag das nicht als Mißtrauen der Landwirte betrachten, sondern als einen Ausfluß der natürlichen Gerechtigkeit. Es ist, daher zu er⸗ wägen, ob in Vorstand und Generalbersammlung nicht die Land⸗ gemeinden ebenso stark vertreten fein müßten wie die Industrie; ein Ausgleich könnte vielleicht dadurch erzielt werden, daß ein Landrat den Vorfitz übernimmt. Endlich wäre noch zu erwägen, ob nicht auch den Deichschauverbänden und den Wassergenossenschaften eine passende Mitwirkung eingeräumt werden könnte.

Abg. Vorster ffreikons. : Jeder, der die örtlichen Verhält⸗ nisse kennt, muß von der Notwendigkeit überzeugt sein, die Schäden, die wir im Emschergebiet beobachtet haben, dadurch zu vermeiden, daß eine durchgreifende Entwässerung eingerichtet wird. Durch die nur wenig höhere Lage über dem Rhein ist die Entwässerungsfrage fehr schwierig. Deshalb sind große kostspielige Einrichtungen in der Zukunft nötig. Es ist also ein eminentes allgemeines Interesse für Rine solche Entwässerung vorhanden. Die seitens der Landwirtschaft geäußerten Bedenken sind hinfällig, weil ja, falls Schãädi⸗ gungen durch Schmutzwasser entstehen, eine volle Ersatzpflicht vor⸗ gesehen ist, die sogar noch für 15 Jahre nachverlangt werden kann. Die Frage der Stimmverteilung wird wohl auch in der Kommission geprüft werden müssen. Dort wird man ja auch abwägen müssen, in welchem Maße vielleicht die Interessen der einen oder anderen Gruppe kollidieren. Ich halte deshalb eine en r n en n für nötig und schließe mich dem Antrage an, dieses Gesetz gleichzeitig mit dem Rawagesetz einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen,

Abg. Schulze⸗Pelkum (kons ):; Meine Fraktion schließt sich dem Anträge auf Ueberweisung der Vorlagen an eine Kommission pon 21 Mitgliedern an.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Der Gesetzentwurf über das Rawagebiet zeigt uns deutlich, daß dort schon seit einigen Jahrzehnten die unglaublichsten Mißstände herrschen. Infolge dieser sind dort Epidemien ausgebrochen, und man hat das Rawagebiet geradezu als eine Kloake bezeichnet. Nach den Ausführungen des Ministers ist dieses Spezialgesetz notwendig, damit den Uebelständen zur rechten Zeit entgegengetreten werden kann. Ebenso hat er es als ein be⸗ friedigendes Gesetz angesprochen. Ich muß demgegenüber betonen, daß das Gesetz nicht rechtzeitig, kommt, sondern Jahrzehnte zu spät. es absolut nicht befriedigend, Von den, beteiligten Kreisen ist in 5 Punkte bisher nicht ihre Schuldigkeit getan worden. Wir haben in der Begründung und auch in den Reden der Vorredner von vielen Mißständen gehört, die sich für die Industrie und die Land⸗ wirtschaft herausgebildet haben. Aber es ist fast gar nicht dabon ge⸗ sprochen worden, daß es sich um eine Sache der Allgemeinheit handelt.

Bort wohnt gerade die ärmste Bevölkerung, die Deutschland aufzu⸗

Auch ist

weisen hat. Solange das Proletariat in Betracht kam, hat sich gegen diese himmelschreienden Mißstände kein Finger gerührt. Erst als die Interessen der herrschenden Klassen in Betracht kamen, da griff man zu Abwehrmaßregeln. Es liegt ja in der heutigen Entwicklung, daß die Industrie unsere Erdoberfläche in rüchsichtsloser Weise um⸗ gestaltet, wenn auch nicht nur die landschaftlichen, sondern. auch die hygienischen Interessen darunter leiden. Es wird keine Rücsicht auf das Gemeinwohl genommen und aus dem Boden herausgeholt, was nur frgendwie möglich ist. Wenn sich die Industrie nun noch über die Lasten beschwert, die das Gesetz ihr bringt, so ist das ein betrüben⸗ des Zeichen für das Verantwortlichkeitsgefühl in den Kreisen, die sich als Führer der Nation dünken. Das Gesetz dient doch nur in erster Linie den Interessen der Industrie, die gerade an. diesen Dingen die Schuld trägt. Bei der Zusammensetzung der Körperschaften, die nun darüber entfcheiden sollen, ist nicht genügend darauf acht gegeben worden, daß ihre Zusammensetzung eine richtige ist. Es ist doch nicht richtig, daß dieses Gesetz wieder den Industriemagnaten die Ent⸗ scheidung in die Hand gibt, die doch ebenso selbstbewußt und rücksichts= los wie unsere Junker sind. Bei dieser Art der r en e n, wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als daß die Regierung als Aufsichtsorgan immer hinter den Genossenschaften steht und sie an treibt, ihre Pflicht zu tun. Deshalb müssen wir großes Gewicht darauf legen, daß der Verband anders zusammengesetzt wird, als es di- Vorlage will. Es muß sich doch ein Ausweg finden lassen, daß auch in ihm die ärmsten Schichten vertreten sind. Das hygienische Inter⸗ esse der Allgemeinheit und ganz besonders der Arbeiterbepöl kerung stecht uns am höchsten, und dagegen wird hier in der, unerhörtesten Weise gesündigt. Es ist nötig, das Interesse der öffentlichen Meinung einmal auf diese Zustände zu lenken; denn nur so kann eine Arbeit geschehen, aus der etwas Vernünftiges herauskommt. Ich weise moch einmal darauf hin, daß hier mit den öffentlichen Interessen und denen der armen Bevölkerung geradezu Mißwirtschaft getrieben worden ist. Das Gesetz ist nur eine ganz geringe Abschlagszahlung.

Abg. Dr. Beumer (al): Der Vorredner meint in bezug auf die Abwässer, daß. da Raubbau an den Natur⸗ kräften betrieben wird. Aber mir scheint, daß er mit der Technik der Kohlenförderung nicht vertraut ist. Die Kohlen müssen ange⸗ feuchtet werden, und es ist deshalb nötig, auch die Schmutzmwässer mit abzuführen. Sonst müßten wir die Kohlen in der Grube lassen. Der Abg. von Los meint, daß auch bei diesem Gesetz der Grundsatz zur Geltung kommt, daß diejenigen, die am meisten zahlen, auch am meisten mitzureden haben. on einem leidenden Teil ist hier keine Rede, sondern von Bestimmungen, die dem allgemeinen Interesse dienen. Wenn die Landwirtschaft die größeren Kosten bezahlt, so würde ich es für selbstverständlich halten, daß die Satzungen so kon⸗ struiert werden, daß die Landwirtschaft den entsprechenden Einfluß hat. Nun ist darauf hingewiesen worden, daß speziell im rheinisch⸗west⸗ fälischen Industriebezirk eine Senkung des Dochwasserspiegels ein⸗ getreten ist. Das kann ich ohne weiteres nicht zugeben. Aber es wäre fnimerhin wünschenswert, wenn die Regierung durch ihre Kommissare in der Kommission uns diese Frage klarlegt.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz): Ich weiß wohl, daß der Berg⸗ werksbelrieb das Ableiten der Schmutzwässer notwendig macht, aber es ist doch nicht notwendig, daß die Industrie dies in so rüchichtsloser Weise tut und sie nun ohne weiteres in die öffentlichen Flußläufe ab⸗ führt. Ich habe mich nur dagegen gewandt.

Beide Vorlagen werden einer Kommission von 21 Mit— gliedern überwiefen.

Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung der rheinischen Zusam⸗ menlegungs⸗ und Gemeinheitsteilungs⸗

gesetze.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlem er:

Meine Herren! Der Gesetzentwurf zur Abänderung der rheinischen Zusammenlegungs⸗ und Gemeinheitsteilungsgesetze ist nicht allein dem Bedürfnis entsprungen, einige veraltete und in der Praxis nicht be⸗ währte Bestimmungen dieser Gesetze für die Rheinprovinz zu beseitigen oder abzuändern, sondern vor allen Dingen auch dem Wunsche, durch stärkere Zusammenlegung und Aufforstung in den gebirgigen Teilen der Provinz die Wiederkehr solcher Hoöchwäasserschäden zu verhindern,

welche die Rheinprovinz im Kaufe der. Jahrg mehrfach, und ganz be⸗ sonders wie noch in Ihrer aller Erinnerung stehen wirs daß

Ahrtal im Jahre 1910 heimgesucht haben.

Die Bedeutung der Zusammenlegung für die Rheinprovinz brauche ich kaum besonders hervorzuheben. Ihnen allen und gewiß den Vertretern der Rhelnprovinz ist bekannt, wie die fran⸗ zösische Gesetzgebung und die gleiche Teilung in Erbfällen seit mehr als einem Jahrhundert dazu beigetragen hat, den Grund⸗ besitz zu zersplittern und ihn vielfach in solche Teile zu zerlegen, daß eine gute und erfolgreiche Bewirtschaftung kaum mehr möglich er⸗ scheint. Diesen Uebelständen soll die Zusammenlegung in erster Linie abhelfen, und es sind nach dieser Richtung hin auch bereits vorzüg⸗ liche Resultate erzielt worden. Aus der Begründung des Gesetz⸗ entwurfs ist ersichtlich, daß seit dem Jahre 1886 bis zum Jahre 1911 über 163 800 ha zusammengelegt worden sind, und daß gegenwärtig noch über 85 700 ha sich vor der Ausführung der Zusammenlegung befinden. Auch in Zukunft kommen noch ganz gewaltige Flächen in Betracht, deren Zusammenlegung für die weitere Entwicklung der bäuerlichen Wirtschaften von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ich glaube, Sie alle teilen mit mir die Empfindung, daß es nicht allein wünschenswert, sondern geradezu notwendig ist, in dieser Beziehung die Bestimmungen der teilweise ja schon etwas veralteten Zu⸗ sammenlegungsgesetze so zu ändern, daß sie sich den Bedürfnissen der Gegenwart nach Möglichkeit anpassen und die Zusammenlegungen so⸗ weit wie möglich auch erleichtern,

Meine Herren, einen wesentlichen Raum in dem Ihnen vor⸗ gelegten Gesetzentwurf nimmt der Artikel V des Gesetzes ein, der sih mit der Zusammenlegung und Aufforstung in gebirgigen Gegenden befaßt, soweit deren Zusammenlegung und Aufforstung dazu beitragen kann, Hochwasserschäden zu verhindern oder zu verringern. Ich will auf die Einzelheiten der dort vorgeschlagenen Bestimmungen nicht eingehen; ich möchte nur hervorheben, daß es sich als unausführbar erwiesen hat, mit den bestehenden Vorschriften Maßnahmen zu treffen, die im Interesse der Allgemeinheit und vor allen Dingen der durch Hochwasser bedrohten Gegenden unumgänglich notwendig er⸗ scheinen. Es ist ja leider bei dem Widerstreben der Eigentümer in vielen Fällen bisher nicht möglich gewesen, allgemein nützliche Vorkehrungen in dieser Beziehung ju treffen. Aus diesem Grunde ist in Artikel V des. Gesetzeg vorgeseben, daß unter Umständen auch ein Zwang auf die Beteiligten, wenn auch in mildester Form, ausgeübt werden kann! Ich glaube, daß der Gesetzentwurf auch insoweit die Interessen der Beteiligten genügend wahrt, als er bei der Ausübung des Zwanges nicht allein die Ge— nehmigung der zuständigen Minister, sondern vor allen Dingen auch die Mitwirkung des Kreisausschusses, des Kreisverbandes und des Provinzialverbandes vorsieht und selbstredend, wo er Rechte entzieht, es nur gegen volle Entschädigung in Land oder Geld tun will.

*

Ich werde, da ich annehme, daß auch dieser Gesetzentwurf einer Kommission überwiesen werden wird, ja in dieser noch Gelegenheit haben, die gemachten Vorschläge eingehend zu besprechen und zu he⸗ gründen. Ich hoffe, meine Herren, daß Sie dem Grund gedanlen auch dieses Entwurfes sich freundlich gegenüberstellen und durch seine Annahme die Bestrebungen der Staatsregierung auch auf diesem Gebiete unterstützen werden. (Bravo! rechis.)

Abg. Klocke (Zentr.) Der anfänglich in weiten Kreisen der Rheinprovinz aufgetretene Widerstand gegen die Zusammenlegung, als man sie einführte, hat sich allmählich verflüchtigt, nachdem man an der Hand der Praxis erkannt hatte, daß die Zusammenlegung ein Segen war. Wir sind auch unserseits bereit, an einem zweckmäßigen und sachlichen Ausbau der rheinischen Gesetzgebung mitzuarbeiten. Mehrere der neuen Vorschläge verfolgen den Zweck, das theiniiche Recht in dieser Beziehung an das in den übrigen Provinzen geltende Zu⸗ sammenlegungsrecht anzunähern; darüber wird in der einzuse zenden Kom mifssion näher zu reden sein, Auch gegen die Neuabgrenzung der Bezirke der Generalkommissionen Düsseldorf und Münster wid nichts zu erinnern sein. Der Entwurf enthält aber auch manches andere, das bei meinen Freunden auf Bedenken stößt. Bis jetzt war es z. B. Rechten, daß alle diejenigen, die eine Zusammenlegung wünschten, einen Antrag auf Zusammenlegung unterschrieben, und daß nach diesen Vor⸗= schriften die vorgeschriebenen Mehrheiten ermittelt wurden. Je t soll ein anderer Weg eingeschlagen werden, wonach auch die Wider⸗ fprechenden zu unterschreiben häben. Das mag ja vielleicht zweckmäßig sein; aber sind es denn spezifisch rheinische Verhältnisse, die eine solche Aenderung nötig machen? Wenn nicht, so sollte man auch nicht ein solches Sonderrecht für eine Provinz schaffen, sondern das neue Verfahren allgemein einführen. Der neue Abschnitt V bringt allerdings eine erhebliche Erweiterung des bisherigen materiellen Rechts. Der Gesichtspunkt, auf diesem große wirtschaftlichꝛ Schäden zu verhüten ist wohl ernster und eingehender Erwägung wert; auch erscheint es zweckmäßig, die Möglichkeit systematischer Abhilfe zu eröffnen gegen die Ge⸗ fährdung der unterliegenden Gegenden. Es sollen nun zwei Mittel in Anwendung gebracht werden: Umlegung und Aufforstung. Durch den Bau von' Stauwerken usw. kann dafür gesorgt werden, daß das Wasser langsam zu Tal geführt und so, den unterliegenden Gegenden eine genügende Sicherheit geboten wird. Aber die großen Koften, die durch diese Art der Umlegung crwachsen, können von den Interessenten, hier den Besitzern von Parzellen geringster Größe, nicht getragen werden; es müssen vielmehr auch öffentliche Mittel in ganz erheblichem Umfange herangezogen werden. Die Vorlage sieht ja auch einen Dispositionsfonds vor; dieser oder irgend ein anderer muß aber für die Kosten der eigentlichen Umlegung in weit höherem Grade nutzbar gemacht werden, denn aus den gewöhnlichen Etatsmitteln wird man diese Kosten nicht decken können, während den Eigentümern, hier den armsten Landesteilen, ganz besonders entgegengekommen werden muß. Nach dem Gefetzentwurf kommt häufig die Aufforstung in Frage. Ich vermisse aber, daß eine Mitwirkung der Eigentümer an der Auf⸗ stellung des Aufforstungsplanes vorgesehen ist. Es muß doch den Interefsierten irgendwie die Möglichkeit gegeben werden, ihre An⸗ schauungen auszusprechen. Es fragt fich überhaupt, ob die Aufforstung bas Allheilmittel ist, oder ob man nicht lieber Weiden und Wiesen anlegen soll, wo diese Kultur zweckmäßig und wirtschaftlich möglich ist. In einer Zeit, in der man auf Vermehrung der Viehzucht drängt, müssen wir auch bei diesem Gesetzentwurf erörtern. ob wir nicht die Weiden und Wiesen vermehren sollen. Nur wo Wiesen⸗ und Weidebetrieb wirtschaftlich unrentabel ist, sollte man zur Aufforstung übergehen. Gute Weiden und Wiesen halten schließlich das Wasser ebenso zurück wie der Bald. Gerade die kleineren Besitzer sollten wir durch die Möglich⸗ eit der Vermehrung der Viehzucht wirtschaftlich kräftigen. Die sog. Bauernpolitik findet ja auf allen Seiten dieses Hauses Zustimmung. Den 8 und 9, wonach hei der Zusammenlegung jum Zweck der Aufforstung der Kreisausschuß die Grundstücke der Grundbesitzer, die nicht zugestimmt haben, dem Kreisverbande zu Eigentum überweisen kann, können meine Freunde nicht zustimmen, denn danach kann der Kreisautschuß den Grundbesitz enteignen. Wir müssen in der, Kom⸗ mission erwägen, ob die Zwecke nicht auf anderem Wege erreicht werden können, etwa nach den Bestimmungen über die Zwangsgenossenschaften im Wassergesetz oder nach den Bestimmungen des bestehenden Enteignungsgesetzes. Diese Frage geht weit über die. Grenzen der Rheinprovinz hinaus. Deswegen muß die Vorlage einer besonders eingehenden und ge⸗ wissenhaften Prüfung in der Kommission unterzogen werden. Oh das

wis zum 1. Icruar 191 8 n dem das Gesetz in Krazt treten soll, möglich..

sein wird, bezweifle ich. Die Regierung hätte uns die Vorlage etwas früher bringen sollen. Ich beantrage die Ueberweisung der Vorlage an eine besondere Kommission von 21 Mitgliedern.

Abg. Glaßel (al): Ich kann der Vorlage um eine starte Nuance freundlicher und optimistischer gegenüberstehen, wenn ich auch die gewichtigen Bedenken des Vorredners nicht unxerschätze. Der Entwurf will die Zusammenlegungsgesetze der verschiedenen Gebiete der Rheinprovinz in einzelnen Punkten verbessern, und di se Verbesserungen begrüße ich mit großer Freude. Ich kann allerdings bei der kurzen Zeit, seit der uns der Entwurf vorliegt, noch kein völlig abschließendes Urteil abgehen, namentlich nicht für alle meine Freunde, aber dieser Teil des Entwurfs wird einen wesent⸗ lichen Widerspruch bei uns nicht finden. Die Anregung des Vor— redners, daß die Bestimmung, wonach auch die Minderheit, welche der Zusammenlegung nicht zustimmt, mitunterschreiben soll und danach die Mehrheit festgestellt werden soll, nicht auf die Rhein⸗ probinz heschränkt bleiben, fondern allgemein auch auf die anderen Landesteile übertragen werden soll, begrüße ich mit Freuden. Be⸗ stimmungen von allgemeiner Bedeutung soll man nicht nur für ein Provinzialgebiet vorsehen. Die Bestimmungen in dem Art. V hillige ich in ihrem Ziel, aber die Bedenken des Vorredners gegen die 58 8 und 5 find doch sehr erheblich und können vielleicht in der Kom⸗ mission durch Aenderung der Vorlage berücksichtigt werden. Auch in der Frage, ob die Aufforstung allein in Betracht zu zieben ist, oder ob nicht in vielen Fällen statt deren die Weiden und Wiesen zu vermehren sind, kann ich dem Vorredner in gewissem Grade zu⸗ stimmen. Ich nehme jedoch an, daß die Kommission, die aus Sach⸗ verständigen aller Art zusammengesetzt ist, sorgfältig jeden einzelnen Fall prüft und die Flächen, die sich nicht zur Aufforstung eignen, nicht dazu bestimmt. In unserer Kommission müssen wir uns namentlich damit beschäftigen, ob die berechtigten Privatinteressen gegenüber dem Zwang im gemeinen Interesse genügend geschützt sind. Wenn die Bedenken gegen den 3 9 nicht beseitigt werden, kann das Gefetz allerdings start gefährdet werden. Es wird aber möglich sein, genügende Kautelen zum Schutze der Minderheit in das Gesetz hinein⸗ zubringen. Wir werden das alles in der Kommission zu erwägen haben. Alleß in allem habe ich den Eindruck, daß wir auf dem Wege der Vorlage wohl, zu einem Ziele gelangen werden, und ich bin damit einverstanden, sie in einer besonderen Kommission von 21 Mit⸗ gliedern zu prüfen.

Abg. Weissermel (kon): Wir stehen dem Grundgedanken des Ennvurfs durchaus fympathisch gegenüber, allerdings haben auch

wir gegen ihn einige Bedenken, aber diese sind nicht so schwerwiegend,

daß wir deshalb den Entwurf . möchten. In der Rhein⸗ provinz hatte man zuerst gegen die Zusammenlegung große Bedenken. Doch hat man sich allmählich von der Nützlichkeit dieser Maßnahme überzeugt. Durch diesen Entwurf wird dag Verfahren außerordentlich vereinfacht, es werden Termine erspart usw. Ver zwelte Teil des Entwurfs mit seinen Zwangsbestimmungen ist allerdings von prinzipiell weittragender Bedeutung, und es läßt sich manches dagegen einwenden. Wenn man aber die großen Zwecke des Gesetzes will, so läßt sich auch ein gewisser Zwang nicht vermeiden. 8. Zwangs⸗ bestimmungen sind auf der anderen Seite mit so vielen Kautelem umgeben, daß man sie wohl mit in Kauf nehmen kann. War stimmen der Ueberwelsung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern bei, wenn wir auch eine solche von 14 Mitgliedern für ausreichend halten.

Wege

Der Gesetzentwurf wird einer Kommission von A Mit⸗ sedern überwiesen. o gaht die erste Beratung des Gesetzentwurfs, treffend en w altfchafi.

Justizminister Dr. Beseler:

Neine Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf bezweckt eine nderung der Dienstverhältnisse der etatmäßig angestellten Amts- mnäͤlte, die von diesen Beamten gewünscht wird, die dieses hohe us durch eine bel Gelegenheit der letzten Etatberatung an⸗ hummene Resolution für angezeigt erklärt hat und die die Staats⸗ ietung für gerechtferligt hält. Es handelt sich um die Beseitigung é Widerruflichkeit der Ernennung jum etatmaäßigen Amtsanwalt.

Alz die Amtzanwaltschaft nach Erlaß des deutschen Gerichts=

fassungsgesetzes im Jahre 1879 geregelt wurde, ist dies in Preußen ut geschehen, daß mit der Wahrnehmung der Am tẽanwaltschaft nöhnlich Beamte der Kommunalverwaltungen und solche geeignete sasonen betraut werden sollten, die an ihrer Stelle von der Ge⸗ edebehörde in Vorschlag gebracht wurden. Diese Amtsanwäãälte hien ihre Tätigkeit lediglich im Nebenamt aus und unterstanden, wet sie ein anderes Hauptamt bekleideten, im wesentlichen der Fiplin der ihnen in diefem Hauptamt vorgesetzten Behörde.

Nun ergab sich mit der Zeit, daß die Erledigung der amtaanwalt⸗ hen Geschäfte, wenn sie ordnungsmäßig geschehen sollte, in vielen Ellen die volle Kraft eines Beamten erforderte. Deshalb wurde es zig, Amteanwälte auch im Hauptamte zu beschäftigen, und die usttzwwerwaltung ging dazu über, etatmäßige Stellen für Amts⸗

nälte zu schaffen. Das ist zuerst im Jahre 1889 geschehen. Die

otwendigkeit hierzu lag nicht nur darin, daß die Geschäfte der mtzanwaltschaft durch die Vermehrung der Einwohnerzahl in stetigem hteigen waren, sondern auch darin, daß durch die schnelle Entwicklung ler Einrichtungen, auf dem Gebiete des Verkehrs und Wirtschafts⸗ bens und durch die Gesetzgebung selbst, welche den Schöffengerichten 1d damit den Amtsanwaltschaften immer größere Aufgaben zuwies, Ie Tätigkeit der Amtsanwälte eine erböhte Bedeutung gewann.

Cg sind zurzeit etwa 100 etatmäßlge Amtsanwaltsstellen prhanden. Die Inhaber dieser Stellen stehen sonst in der Hinsicht den anderen Justizbeamten gleich: sie sind lediglich die Justiz tätig, und sie werden auf Grund des Etats ngestellt. Trotz dem gilt auch für sie noch immer die Bestimmung, ß ihre Anstellung jederzeit widerrufen werden kann. Das gibt zen natürlich im Vergleich mit den anderen Justizbeamten ein wises Gefühl der Unsicherheit. Dieses zu beseitigen, ist eine Auf⸗ ne, der wir uns nicht werden entziehen können.

Geschieht das aber, so müssen auf der anderen Seite der Justiz⸗ waltung alle die Befugnisse gegeben werden, die sie ihren anderen emten gegenüber hat, die aber jetzt auf Grund der bestehenden säplinargesetzlichen Bestimmungen zum großen Teil der Verwaltung 6 Innern zustehen. Das Gesetz beabsichtigt also gleichzeitig, zu be⸗ Enmen, daß an die Stelle der Bezirksregierung die für die übrigen Justiz⸗ unten bestehenden Disziplinarbehörden treten. Das ist nötig, weil die Istiberwaltung, da ihr mit der Beseitigung der Widerruflichkeit ne genügende eigene Handhabe fehlen würde, einen etatmäßigen Intsanwalt, der sich disziplinarisch vergangen hat, aus dem Amte zu stfernen. Diesem Zwecke dienen die weiteren Bestimmungen der borlage, sie besagen welter nichts, als daß fortan die etatmäßigen untzanwälte in disziplinatet Hinsicht den übrigen Justizbeamten

heichgestellt werden sollen.

Meine Herren, ich glaube, daß das Gesetz die richtige Regelung ffn wird (sehr richtig!, und gebe mich der Hoffnung hin, daß das „he Haus dem Gesetzentwurfe zustimmen wird. Ich glaube auch, i dann den berechtigten Wünschen der etatmäßig angestellten untzanwätte an vollem Umfang Rechnung getragen wird. (Brgvo).

Abg. Boehmer fkons): Wir sind dem Justizminister dafür mnlbar, . durch dieses Gesetz die Verhältnisse der Beamten der umts anwaltschaft geregelt werden sollen. Die alte Organisation t ich nicht mehr als haltbar erwiesen, infolge der Zunahme der Beschäfte, die die Vermehrung der gesetzlichen Bestimmungen im Mutz und Verwaltungswesen mit sich gebracht hat. Im Reichstag it der Wunsch ausgesprochen worden, daß für alle Amtsanwaltstellen n Juristen in Aussicht genommen werden sollen. Das halte ich für möglich, denn die bisherige re, für die kleineren Amtsanwalt—⸗ sästen die Vorsteher der emeindeverwaltungen zu nehmen, ist ans richtig . Zudem handelt es sich ja vielfach um Personen mit mristiicher Vorbildung. Besonders zu . ist die lebentlängliche Instelung der Amtsanwälte. Auch gegen die Art ihrer Ernennung nichts einzuwenden. Es dürfte sich empfehlen, die Zahl der its mäßigen Anwaltstellen allmählich zu vermehren. Das Amt eines mtsanwalts ift fehr wichtig und kann unsere Nechtsprechung nur des Ich beantrage, den Entwurf der Justizkommission zu überweisen. Abg. Witz ma nn (ul.: Es ist mancher der vielen Wünsche ffillt worden, die in dieser Beziehung gehegt wurden. Bis dahin rden die Amtsanwälte allein von der Staatsanwaltschaft ernannt. . darin vorgenommene Aenderung ist ebenso zu begrüßen, wie die Intellung auf Lebenszeit. Jedoch möchte ich noch einige Wünsche n Beainten der Amtsanwaltschaft unterstützen. Der eine geht ih. ihnen ebenso, wie den anderen Gerichtsbeamten Cine. Amte ut zu verleihen, ebenfo wünschen sie eine Aenderung des Disziplinar⸗ bees, indem es im 8 19 des Disziplinargesetzes anstatt Staats⸗ 4 einfach heißen soll: „Beamte“. Aber daß sind Dinge, die ö desonders für eine , der Kommission eignen. Viel⸗ ät empfiehlt es sich auch, die Amtsanwälte in ihrer Rangstellung nfiubessern. Ich möchte dabei auf die Petition des Amts anwalts sse aufmerksam machen, die die Gleichstellung der Amtsanwälte nit den Polizeiassessoren und Polizeiräten fordert. . ) Abg. Reinhard (entr.): Auch ich bin mit der Kommissions⸗ nutunn einberstanden. i Abg. Dr. Schr ock (freikons.): Die Ziele der Vorlage sind uns raus sympathisch, denn die Amtsanwälte verdienen es, daß man ñ her annimmt. z . Wadste in (fortschr. Voller); Das Gesetz will die * ung der Amttzanwälte festigen, Daß ist dringend nötig. Aber e. notwendig ist es, daß man die Bezüge der Amtsanwälte einiger⸗ 9. aufbessert. Denn die bisherige Art der Remuneration ist zu ng Die übrigen Wünsche der Amtsanwälte nach Aufbesserung 4 Rangez und nach Erteilung eines Amtgkleldes können wir ja in t Kommission näher prüfen.

Der Gesetzentwurf wird der Justizkommission überwiesen. Das Haus geht dann zur Beratung von Petitionen über.

9e 7. Deutsche Verlegerverein hat sich in einer Petition gegen die a ügung des Ünterrichteministers vom 13. Februge 191! gewandt, 6 welche die Ein führung von. Lehr ü cherY in den 6 rrichts gebrauch geregelt wird. Nach diesem Erlaß ö. g luft gg der vorhergehenden Genehmigung des Ministers, die au u olen ist, wenn eine neue Auflage so fark von den früheren ab⸗ ct, daß die alte Ausgabe dan chen, nicht mehr gebraucht werden 1. Es' soll mögsichste Einheitlichkeit der Lehrbücher in den ein.

ienstverhältnifse der Beamten der

mehreren Teilen, so kann es zur Einführung erst vorgeschlagen werden, wenn alle Teile vorliegen. Der petitionierende Verein be⸗ fürchtet das Entstehen eines Mongyols für Volksschulbücher infolge diefer Verfügung. Die Fommission beantragt Ueberweisung der Petition an die Regierung als Material. 285 . Abg. Eickhoff. (fortscht. Volke): Der Gegenstand, den die etition behandelt, ist durchaus unserer ufmerksamkeit wert. In esterreich hat ein solches Vichermondchol hestanden und besteßt de facto dort vielleicht noch. In Preußen erklärte 1892 allerdings der Kultusminister Graf Zedlitz, ihm sei ein solcher Unsinn noch nie⸗ mals in den Sinn gekommen, Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, daß tatsächlich eine Anzahl von ganzen oder halben Privat⸗ monopolen besteht, die ebenso schädlich sind, wie ein Staats⸗ monopol. Der Kommissar deg Ministers hat in der Kommission beruhigende Erklärungen abgegeben, auch der Minister hat in einem Schreiben die Beforgnisse des Verlegervereins zu zerstreuen versucht. Es ist auch weniger der Wortlaut des Ministerialerlasses als die . erfügung durch die nachgeordneten Behörden, die zu Bedenken Veranlassung gibt. Der Redner führt eine Reihe von Fällen an, in welchen das Provinzialschulkollegium in Magdeburg und die Negierungen in Schleswig und Trier feiner Anficht nach über den Erlaß noch zuungunsten der Verleger hinausgegangen sind; in Schlesten sei ahniiches vorgekommen und seien Anordnungen getroffen worden, die auf eine katfäͤchliche Begünstigung des Verlages von . Hirt in Breslau zum Nächteil von Büchern aus anderen

erlagsgeschäften hinausliesen. Damit sei eine Art Zentralisierung und Moönopolisierung des Schulbücherwesens in Sicht gekommen, die im Intereffe weder der Schule noch des Buchhandel liege; dabei gingen viele Tausende verloren. In einigen Fällen habe der Minister Remedur eintreten lassen, aber immerhin nur eine vorläufige. In dem Beftreben, der Gefahr zu großer Jersplitterung im Schulhücher⸗ wesen zu entgehen, sei man aus der Charybdis in die Scylla geraten. In Bayern hätten zwei Firmen den ganzen Schulbücherperlag monopolisiert, dort könnten sich nur noch in Nürnberg andere Schul⸗ bücher halten. Die Firma Oldenbourg in München, eine dieser

irmen, überweise einen Teil des Reinertrages der Lehrbücher den ehrervereinen; das 6 aber, der Korruption Tür und Tor öffnen. In Preußen sei ja die Gefahr eines Staatsmonopols nach dem Aus⸗ spruch des Grafen Zedlitz nicht so groß, aber die Besorgnis bestehe, baß nach dem bayerlichen Beispiel ganze oder halbe Privatmongyhole geschaffen werden. Darum solle die Unterrichts verwaltung der Vor⸗ stellung des Verlegervereins die verdiente Beachtung schenken.

Abg. Dr. Wagner⸗Breslau (freikonf : Daß für Preußen Lie Gefahr eines Privgkmonopols nicht groß ist, hat der Vorredner selbst zugestanden. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die Anordnung des Ministers im allgemeinen sehr zweckmäßig ist. Außer den Verlegern kommen doch hier auch noch die Eltern der Schüler und dann die Sortimenter in Betracht. Gerade aus den Kreisen der letzteren habe ich die allerlebhafteste Klage gehört über die unausgesetzte Folge neuer Auflagen, die sie beschaffen müssen, um nachher mit ihren großen Vorräten sitzen zu bleiben. In Breslau ist ein Schullehrbuch der Erdkunde in einer Ausgabe X und in einer Ausgabe B erschienen, die verschiedene Preise haben, sich aber nur dadurch unterscheiden, daß die Ausgabe A mit Deutschland beginnt, die Ausgabe B mit Deutsch⸗ land schließt. Ist das ein Grund für eine neue Ausgabe? Ich halte daher die Vorschrift des Ministers, natürlich wenn sie vernünftig gehandhabt wird, für durchaus am Platze, Hierzu kommen die Inter- essen der Eltern, die die Schulbücher für ihre Kinder anzuschaffen haben und immerfort die massenbasten Neuauflagen kaufen müssen. Man soll hier doch nicht das Interesse einer kleinen Anzahl von Großunternehmern mit den Interessen der Allgemeinheit identifizieren. Es liegt hier im Gegenteil eine echte und rechte Mittelstandsfrage vor, die im praktischen Sinne gelöst werden muß, und ich vertraue darauf, daß der Minister sich auf die Seite der Eltern stellen wird, die sich mit Recht gegen solche n nn Aufwendungen sträuben.

Ag. Eickhoff ffortschr. Volksp.). Der Vorredner hat mich mißverstanden. Ich habe gerade die Gefahr betont, daß Privat⸗ monopole sich herausbilden könnten, Mongpole einiger großen Firmen, neben denen dann die mittleren und kleinen . mehr bestehen können. Es bandelt sich da alfo auch nach meiner Auffassung um eine Mittelstandsfrage.

Die Perttign wird der Regierung als Material üäherwiöesen. 3wölf Petitionen aus Oberlehrer kreisen wünschen eine Ab änderung der Prüfungserdnung dahin, daß an Stelle von sech Semestern acht Sem ester als Mindest dauer des philolog ifchen Studiums festgesetzt werden. Die Unter⸗ richtskommission beantragt, über diese Petitionen zur Tagesordnung überzugehen.

e Abg. Dr. Bre h nn, Diese Petitionen sind in der Kom leicht behandelt worden, und der Bericht 4

mission außerordentli erstatter Dr. Krüger hat in seinem Bestreben, nach allen Seiten Ent⸗ gegenkommen zu beweisen, den Beschluß des Uebergangs zur Tages⸗ ordnung durchgesetzt. Wir sind aber Vertreter des ganzen Volkes und dürfen uns nicht von Sonderinteressen leiten lassen. Wer die Verhält⸗ nisse einigermaßen beurteilen kann, muß zugeben, daß kein Oberlehrer⸗ kandidat die Prüfung schon nach sechs Semestern ablegen kann. Die n. Ausbildung des , hat sich vertieft, und das bringt schon rein äußerlich eine Ausdehnung des Studiums mit sich. Wenn jetzt geschrieben stebt, daß das Studium sechs Semester dauert, so richten sich die Väter und die Söhne darauf ein; später stellt sich aber immer herauß, daß diefe Dauer des Studiums den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Wenn statt sechs acht Semester vorgeschrieben werden, so steht das im Einklang mit den wirk⸗ lichen Verhältnissen. Wenn es feststeht, daß es nicht möglich ist, nach sechs Semestern das Examen zu machen, so muß die Be⸗ stimmung geändert werden. Für besondere Fälle können ja die Prüfungekommissionen Ausnahmen machen. Wir sind nicht mit dem Uebergang zur Tagesordnung einverstanden, und ich stelle namens meiner Freunde den Antrag, diese Petitionen der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Abg. Dr. Hintzm ann (ul): Meine Freunde haben sich davon überzeugt, daß der Kommissionsbeschluß nicht haltbar ist, und wir schließen uns dem Antrage auf Ueberweisung zur Erwägung an— Es ist fest⸗ gestellt, daß durchschnittlich vom Abiturienteneramen bis zum Staats⸗ examen 11565 Semester gebraucht werden. Besondere Fälle können nur als Ausnahmefälle angefehen werden, und für diese kann die Möglichkeit bleiben, das Examen früher zu machen. Der Regierungs⸗ vertreter sagte in der Kommission, daß auch während der letzten dreisehn Jahre (unter der, neuen Din re , von allen Kandidaten die Prüfung bestanden nach sechs Semestern: 7,5 fn Philologen und 76 on Mathematiker und Naturwissenschaftler, nach jeben Semestern 8,7 oo Phllologen und 17,14 0/0 Mathematiker und aturwissenschaftler. Ich weiß nicht, woher der Regierungs⸗ vertreter diese Zahlen genommen hat, aber es ist auffallend, daß in der Statistik der Landesuniversitäten sich genau dieselben Ziffern befinden, aber in ganz anderer Weise, denn da beziehen sie sich auf n . die nach fechs oder sieben Semestern die Universität ver— laffen haben; ob sie aber die Prüfung bestanden oder auch nur ver⸗ fucht haben, davon ist dort nichts gesagt. Gerade diese Angahen des Regierungsbertreters haben aber wobl die Kommission zu dem Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung bestimmt. Wir müssen diese Petitionen mindestens zur Erwägung Überweisen. Durch die jetzige Vor— schrift werden die Eltern irregeführt, und es wird keinen Vater geben, der fich nicht sagt, 4 gerade fein Sohn das Examen schon nach sechs Semestern machen werde. In Stiftungskuratorien bin ich vielfach auf die Frage gestoßen, warum denn ein Stipendium weiter gẽgeben werden soll, da die Philologen doch nur sechs Semester brauchten, der Betreffende alfo wohl seine Schuldigkeit nicht, getan hahe. Abg. Br. Krüger⸗Marienburg (kons.): Ich muß die Kommission gegen den Vorwurf in Schutz nehmen, daß sie diese Petition nicht eingehend genug geprüft habe. Ich für meine Person habe die Sache weder ng Gunsten noch nach Ungunsten behandelt, sondern mit der⸗ jenigen Objektivität, die meine . war. Abg. Dr. Dirt rich (Zenkr. : Es ist. keine Schande, acht Se⸗

nen Provinzen bestehen; befteht ein einzuführendes Buch aus

VIII. Bergwerksanteil⸗

gibt sehr viele Studenten, die einfach nicht di. Mittel haben, so lange auf der Universifät zu verweilen. Man sollte es doch denen nicht erschweren, nach sechs Semestern ins Examen zu gehen.

Nach westeren Bemerkungen der Abgg. Dr. Bredt und Dr. Krüger wird unter Ablehnung des Antrages auf Ueberweisung der Petitionen zur Erwägung der Antrag der Kommission angenommen.

Die Petitionen der Landwirte mr u. Gen. in Warru um Eindeichumg der zwischen dem Skirwieth- und dem Pokallna⸗ strom belegenen Warrusser Wiesen wird entgegen dem Antrage der Kommifsion, welcher auf Ueberwelsung an die Staatsregierung als Material geht, auf Antrag des Abg. Dr. Gaigalat (kons.) der Staats reglerung zur Berücksichtigung üͤberwiesen.

Der Katafterzeichner Gallien in Berlin⸗ Lichtenberg bittet um 1) Herbeiführung einer beschleunigten Vermehrung ger erats— mäßigen Katasterzeichnetstellen, 2) andere Festsetzung des Besoldun gs dienst alters der Katast er zeichner. 3 Gleich. stellung der Katasterzeichner mit den Ajsistenten im Reich bezüglich des Anfangsgebalts, 4) Anrechnung der vollen Militärdienstzeit auf das Besoldungsdienstalter der Katasterzeichner, 5) Verbesserung der Anstellungẽ ver bãltnisse der geprüften und notierten Oilfszeichner.

Berichterstatter Abg. Schmed ding Münster Zenttr.) beantragt namens der Budgetkommisston, den ersten Punkt zer Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überwejsen, über die Purkte 2 bis 4 zur Tagesordnung überzugehen, bezüglich des Punktes 5 die Staatsregierung zu ersuchen, die Petenten nach Möglichkeit zuzulassen, im Übrigen aber die durch Nichtanstellung entstehenden Härten durch Uebergangsmaßnahmen zu mildern.

Ein Regierungsvertreter teilt mit, daß die Verwaltung beabsichtige, bereits im nächsten Etat eine größere Anzahl von Stellen ein⸗ zustellen und mit dieser Einstellung noch eine Reihe van Jahren fortzufahren.

Abg. Klocke Sate beantragt, die Petition, soweit es sich um Gebhalteaufbesserungen handelt, an die Kommission zurückzuverweisen.

; tz, von Arnim-Züsedom (kons.) bittet den Antragsteller, seinen Antrag zurückzuziehen, eventuell nach dem Antrage der Kom⸗ mission zu beschließen mit dem Zusatz: „unter Berücksichtigung der Erklärung des Regierungskommissars“.

Der Antrag Klocke wird abgelehnt.

Abg. Dr. Sch rock (freikonf.): Nach den Ausführungen des Regierungskommissais wird hoffentlich Beruhigung in die Kreise der Katasterbeamten einziehen.

Abg. He i ne nl): Der Antrag Klocke ist abgelehnt worden. Wir werden deshalb bei der Etatsberatung auf diese Angelegenheit noch elnmal zurückkommen.

Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Delius Gfortschr. Volksp.) und Bartscher (Zentr.) wird der Kommissionsantrag mit dem vom Abg. von Arnim vorgeschlagenen Zusatz angenommen.

Ueber eine Petition, betr. Vorschläge über die Ausführung der Vermessungarbeiten in der Katasterverwaltung durch Katasterzeichner, und eine Petition um Uebernahme der bei den Töniglichen Cinkommen⸗ steuerveranlagungskommissionen Staatsdienst wird nach dem Äntrage des Berichterstatters der Budget- kommission, des Abg. Schmedding Münster), zur Tagesordnung über⸗

egangen. Dasselbe geschieht mit der Petition der technischen Zoll⸗

eamten um Beseitigung der Härten, die sich bei der Durchführung der neuen Besoldungsordnung ergeben haben, wobei der Abg. Wollkowski (kons) das Schicksal dieser Petition bedauert, das diese auch diesmal in der Kommisston wieder ereilt bat.

Ueber eine Petition der Königsberger Terrainaktiengesellschaft Ober⸗ teichMaraunenhof in Königsberg i. Pr., betr. Ankauf eines anderen Grundstücks für den Neubau eines Geschäftsgebäudes der Justiz⸗ verwaltung in Königsberg, wird mit Rücksicht darauf, daß schon bei der Ctatsberatung der Ankauf eines Bauplatzes beschlossen worden ist, ebenfalls zur Tagesordnung übergegangen. Petitionen von Ober⸗ landesgexichts sekretaͤren, betr. andere Regelung der Vorschriften über die Skellenzulagen und über die Erreichung des Höchstgehalts, werden gleichfalls durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.

Hierauf vertagt sich das Haus. Schluß 5 Uhr,

. Nächste Sitzung Freitag vormittag, 11 Uhr, (Wahl des Präsidenten und Inlerpellationen der Nationalliberalen und der Freisinnigen, betr. die Fleischteuerung.)

beschäftigten Privatbeamten in den

Statistik und Volkswirtschaft.

Nach weisung

der Rohsolleinnahme an Reichsstempelabgabe für Wertpapiere

mr, m, nn ol e bis Seytbr. e an . 156 151

16 3 4 3 6

Wertpapiere

Aktien 3 022 418 4018 229 263 05115 304 329 69

9a 153 7o er xo io

Inlãändische und Interimsscheine Anteilscheine der deutschen Kolonial⸗ gesellschaften und der ihnen in, ,

1,149 6o s oo ho

deutschen 17565 60

1241 98770

unter V genannten,. 588 81170 Inländische auf den Inhaber lautende und auf Grund staatlicher Genehmigung aus⸗ gen. Renten⸗ und Schuldverschreibungen der Kommunalver⸗ bände und Kommunen, der Korporationen laͤndlicher oder städti⸗ scher Grundbesitzer, der Grundkredit⸗ und Hypothekenbanken oder der Eisenbahn⸗ esellschaften sowie Interimsscheine .. Renten⸗ und Schuld⸗ verschreibungen und Interimsscheine aus⸗ ländischer Staaten, Kommunalverbände, Kommunen und Eisen. bahngesellschaften Ausjlandische Renten⸗ und Schuldverschrei⸗ bungen und Interimt⸗ scheine außer den unter VI genannten

b õg86 S68 50 4592 bos 25

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2 883 652 20 3 323 989

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22 027 45 813

scheine und Einzah⸗ lungen auf solche. ITX. Genußscheine . 2957 zusammen . 4231 287

Berlin, den 24. Oktober 1912.

147 828 795 193

1113296 30 444 681

677721 2929

27 197 784

mester zu ssudieren, namentlich wenn man sie gut ausnutzt. Aber es

Kaiserliches Statistischeß Amt. Delbrück.