Und, meine Herren, noch Eins! Bedenken Sie, daß bei der Schweinehaltung die kleinen und die kleinsten Wirtschaften beteiligt sind! (Sehr richtig! rechts) Bei unserer Schweinehaltung entfallen 25 0 auf die Wirtschaften unter 2 ha (hört, hört! rechts und 75 0o auf die Wirtschaften unter 20 ha. (Hört, hört! rechts.) .
Meine Herren, ich glaube, es ist doch eine sehr ernste Pllicht der Staatsregierung, diese wirtschaftlichen Verhältnisse zu schůten und für die Zukunft zu sichern. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen, Ich kann jedenfalls für meine Person nicht die Hand zu einer Maßregel bieten, die vielleicht im Moment einen starken Druck auf unsere Preise ausüben könnte, die aber . die Zukunft unserer Entwicklung verderblich ist. Sebr richtig! rechts Ich weiß sehr wohl, meine Herren, daß, wenn ich dies ganz offen und freimütig ausspreche, man mir daraus einen Strick drehen wird; man wird mir wieder vorwerfen: ich hätte kein menschliches Mitgefühl mit den Armen und Aermsten. Meme Herren, welche und wie viel Existenzen von den hohen Ileischpreisen jetzt bedrückt werden, schwer bedrückt werden, das weiß ich sehr gut. Ich kenne die praktischen Verhältnisse des Lebens dazu genau genug, und auch genau genug, um sagen zu können: ich habe menschliches Mitgefühl mit den Bedrängten ebenso gut wie irgend; einer. Aber trotzdem kann ich nicht bloß auf den Augenblick, sondern ich muß auf die Zukunft sehen, und ich babe Ihnen aus⸗ einandergesetzt: in nationaler und in wirtschaftlicher Beziehung warne ich vor jedem Schritt, der unsere Unabhängigkeit, die Starte die feste Fundamentierung unserer Landwirtschaft irgendwie in Grage stellen kann. (Bravo )
Wir haben deshalb versuchen müssen, auf anderem Wege dem in der letzten Zeit auf zahlreichen Marktorten ungenügenden Angebot an Fleisch abzuhelfen und es zu erleichtern. Diesem Zwecke dienen die Tarifermäßigungen und dient die Erleichterung der Zufuhr von frischem Fleisch und von Vieh über unsere Grenze.
Die finanzielle Bedeutung der Tarifermäßigungen erhellt daraus, daß die Tarifermäßigungen, welche wir im vorigen Jahre beschlossen haben, der Staatsbahnverwaltung rund 33 Millionen Mark gekostet
aben. — ; r Bei der Zulassung von Vieb und von frischem Fleisch über unsere Grenzen kam es darauf an, Vorsorge dafür zu treffen, daß die zu⸗ geführten Mengen nicht verzettelt würden, da ein Massenimpori, der das ganze Land erfaßt haben würde, nicht ins Auge zu fassen war. Diese Vorsorge ist jetzt noch viel notwendiger als zur Zeit des Erlasses der Anordnungen, weil der inzwischen ausgebrochene Balkan⸗ krieg die Zufuhrmöglichkeiten verringert hat.
Es kam weiter darauf an, eine zweckmäßige Verwertung der zu⸗ geführten Mengen im Interesse der Konsumenten zu sichern. Das war nur möglich, indem wir uns an die Mitwirkung der groen Kommunen an Marktorten wandten, welche für den gesamten Narkt⸗ preis bestimmend sein können. Um den Kommunen diese Mitwirkung zu erleichtern, sind ihnen dte Tarifermäßigungen bewilligt, sind die. jenigen Zollrückerstattungen geplant, über die der Reichz tag demnächst u beschließen haben wird. 4 , . Herren, ist der Grundgedanke der Sie ist von beiden Seiten angegriffen worden. .
Von agrarischer Selte hat man in unseren Maßnahmen einen Bruch mit unserem Veterinärschutz und mit unserer Zollpolitit erkennen zu müssen geglaubt. Mit Unrecht, meine Herren! Ich gebe zu, daß wir bei der Erleichterung der Zufuhr von Vieh und Fleisch über unsere Grenzen bis an das Aeußerste dessen gegangen sind, wat wir gegenüber unserer Pflicht des Vererinärschutzes verantworten können. Wir haben nach sorgfältiger Prüfung des Seuchenstandes in den Nachbarländern Erleichterungen gewährt, soweit wir irgend konnten, Erleichterungen, die wir wegfallen lassen werden, sobald der Seuchen⸗ stand in den Nachbarländern dies notwendig erscheinen läßt. Von einem Bruch mit unserer Zollpolitik kann gleichfalls nicht die Rede
sein. Es bandelt sich nicht um Zollaufhebungen, um Zollsuspension; es bandelt sich um eine zeitlich und sachlich streng begrenzte Stundung von Zöllen und ihre teilweise Rückerstattung nicht zu⸗ gunsten jeglichen Imports, sondern nur an diejenigen Kommunen, welche unter Erfüllung der dafür gesetzten Bedingungen durch die Zufuhr von Fleisch oder von Vieh auf die Marktlage regulierend einzuwirken bereit sind.
Von der anderen Kommunen seien nicht dazu da, völkerung mit Lebensmitteln dauernd einzugreifen und auf Wirtschaftspolitik gutzumachen. Schwierigkeitsfrage J. 66 Theorien an, sondern auf die Frage, r 9 durch ihr Eingreifen einen Druck auf übermäßig hohe Fleisch⸗ preise auszuüben. (Sehr richtig! rechts). Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, daß das sehr wohl möglich ist, und ich bin überzeugt, daß es auch jetzt der Fall sein wird. z .
Die Kommunen haben sich deshalb — und dafür weiß die Staatsregierung ihnen aufrichtigen Dank — auf den praltischen Boden gestellt, haben sich bereit erklärt, diejenigen Aktionen ein⸗ treten zu lassen, die wir für zweckmäßig gehalten haben. Schon bevor die Erleichterungen der Königlichen Staatsregierung be⸗ kannt waren, haben das zahlreiche Kommunen aus eigenem Antriebe getan. So ist das namentlich der Fall gewesen in Cöln, in Frank⸗ furt a. M. in Halle, in Magdeburg, in Hannover, in Cassel und an anderen Orten. Nach Bekanntwerden der Erleichterungen ist die Zabl dieser Städte außerordentlich gemachsen. Es sind Einfuhrgenehmigungen bisher erteilt für holländische Schlachtrinder, abgesehen von außerpreußischen Städten, an Aachen, Frankfurt am Main, Cöln, Düsseldorf, Duie burg Essen, Elberfeld, Barmen, Grefeld, Hannover, Dortmund, sowie ferner an Hamborn, Ober⸗ hausen, Remscheid, Solingen, München ⸗ Gladbach, ; Hagen. Sie sehen, meine Herren, doch eine sehr stattliche und zahl⸗ reiche Anzahl von großen Kommunen!
Aktion.
Seite ist der Einwand erhoben worden, die in die Versorgung der Be⸗ einzugreifen, jedenfalls nicht diese Weise Fehler unserer Meine Herren, bei einer akuten
meiner Ansicht nach nicht auf ob die Kommunen imstande
und Vororte, Königẽberg, Danzig, n fleisch aus Rußland an Bromberg und Elbing.
Die Preise r Stadtverwaltungen selbständig
gebühren, nicht aber etwaige antellige Verwaltungskosten zu rechnen sind
Saarbrücken und
Für frisches Rindfleisch und
Schwei ĩ i i Berlin Schweinefleisch aus Rußland sind die Genehmigungen erteilt an Ber 2 Thorn und Posen, für Schweine⸗
für den Vertrieb des Fleisches werden von den festgesetzt, und zwar nach dem Selbst⸗
kostenpreise, wozu Einkaufspreis, Fracht, Zoll und Untersuchungs⸗
liegen, in allen Fällen unter den sonstigen Marktpreisen für Fleisch
gehalten, an einzelnen Orten bis zu 40 pro Pfund. Im ganzen liegen Berichte von mehr als 40 preußischen Städten aus allen
Teilen der Monarchie vor; fast überall wird gemeldet, daß der unter
städtischer Mitwirkung eingerichtete Verkauf sich ohne Schwierigkeiten ; volljogen hat und von der Bevölkerung mit Dank begrüßt worden ist.
(Sehr richtig) Daß Ausnahmen vorgekommen sind, wissen wir aus Berlin. (Heiterkeit rechts.)
Nun bin ich gefragt worden, welche Einwirkung diese Maß ⸗
nahmen etwa auf die allgemeine Preislage ausgeübt haben. Meine Herren, bei einer Aktion, die soeben eingesetzt hat, die noch nicht überall durchgeführt ist, werden Sie nicht erwarten können, daß diese Einwirkung sich sofort und in großem Maße geltend macht; wir werden in dieser Beziehung wohl noch einige Zeit vergehen lassen müssen. Immerhin kann ich Ihnen mitteilen — es ist eine Mitteilung, die eben in meine Hände gelangt 2 daß Cöln, Bonn, Mülheim, Tilsit, Dortmund, Barmen, Duit⸗ burg, Düsseldorf, Elberfeld, Essen, Hamborn, Sollngen, Halle, Posen ein Herabgehen der allgemeinen Fleischpreise infolge der Mabnahmen der Kommunen melden. Ich will hieraus keine großen Schlüsse weder für die Gegenwart noch für die Zukunft ziehen. Denn, meine Herren, wie ich sagte, wir können nicht schon jetzt erwarten, daß sich der Erfolg unserer Maßregeln unmittelbar zeigt. Für verfrüht möchte ich es aber halten, wenn, wie es Herr Abg. Dr. Wiemer getan hat, und wie es von anderer Seite in der Oeffentlichkeit geschehen ist, schon jetzt das Verdikt abgegeben wird: was wir gemacht haben, hätte keinen Erfolg und sei unzureichend. Meine Herren, wir wollen doch nicht der Zeitentwicklung vorgreifen, sondern wir müssen zunaͤchst einmal abwart n, was für Erfolge sich hieraus ergeben werden, und ich kann es als einen außerordentlichen Gewinn schon jetzt betrachten, daß zahlreiche, gut verwaltete Kommunen sich bereit erklärt haben, tatkräftig einzugreifen, um einer übergroßen Höhe der Marktpreise entgegenzuwirken. (Bravo!)
Meine Herren, neben diesen vorübergehenden Maßregeln haben mannigfach Stadtverwaltungen übrigens auch dauernde Maßnahmen teils selbständig getroffen oder in Aussicht genommen, teils sind sie bei ihnen angeregt. Es handelt sich dabei beispielsweise um Schweine⸗ mästereien im großen. Aus der Presse wissen Sie, daß man in Cöln, wenn ich nicht irre, mit diesem Gedanken umgeht, und auch andere Städte haben ihn ins Auge gefaßt. Ich rechne weiter dahin folgendes. Mehrere landwirtschaftliche Viehverwertungsgenossen⸗ schaften — namentlich die pommerschen — haben großen Städten — soviel ich weiß Berlin und Stettin — das Angebot gemacht, diesen Städten wöchentlich eine bestimmte Anzahl von Schweinen auf den Markt zu liefern, und jwar zu Preisen, die auf die Dauer von 5. Jahren jetzt festgesetzt werden. Diese Angebote sind bisher
von den Stadtverwaltungen noch nicht angenommen worden. (Hört, hört! rechts Ich gebe zu, daß es sich dabei für die Stãdte vielleicht um Fragen handelt, die noch nicht nach jeder Richtung hin geklärt sind. Aber ich bin der Ansicht, daß man es sic wirklich ernstlich überlegen soll, ob nicht durch eine derartige Ver bindung von landwirtschaftlichen Genossenschaften mit den Stãdten eine wesentliche Verbesserung unseres Fleischmarktes herbeigeführt wird. (Sehr richtig! Ich sagte, das ist vielleicht noch eine ungeklärte Frage. Es gibt auf unserem Fleischmarkt noch eine gauze Anzahl welterer auch ungeklärter Fragen. Meine Herren, unsere Fleischpreise, namentlich die Preise von Sa bẽinefleisch, zeichnen sich durch ganz außerordentliche Schwankungen in den einzelnen Jahren aus (sehr richtig! links), durch Schwankungen, die ihre Erklärung meiner An⸗ sicht nach nicht in den natürlichen Schwankungen zwischen An⸗ gebot und Nachfrage, in den Schwankungen der Kosten der Preo⸗ duktion in den einzelnen Jahren sinden. Ich glaube, daß diese Schwankungen noch darüber hinausgehen. Daher kommen denn auch die sich immer wiederholenden Klagen über unnatürliche Span⸗ nungen zwischen Vieh⸗ und Fleischpreisen. Man führt zum Teil diese Er⸗ scheinung mit zurück auf Kredit⸗ und Abhängigkeitsverhältnisse, die sich namentlich auf den großen Märkten zwischen den am Geschäft beteiligten Personen, zwischen den Kommissionären, den Händlern und den Fleischern usw., ergeben haben. Ich halte es für erforderlich, daß allen diesen Fragen, über die seit Jahren gesprochen und geschrieben wird, auf den Grund zu gehen versucht wird. (Sehr richtig! rechts) Es wird zu diesem Zweck binnen kurzer Zeit im Reichsamt des Innern eine Kommission zusammen⸗ treten, in der alle Beteiligten vertreten sein werden (Bravo), und ich hoffe, daß die Arbeit dieser Kommission manches bisher Unklare aufhellen und dadurch Nutzen für die Gesamtheit bringen wird. ; Meine Herren, ich komme zu den Maßregeln, mit denen die Regierung die Viehzucht fördern will. Die fortschrittliche Inter⸗ pellation fordert in dieser Beziehung die Aufhebung der Futtermittel zölle. Meine Herren, auch das ist eine Reichsangelegenbeit, und ich muß Anstand nehmen, mich zu ihr hier in extenso zu äußern. Ich kann um so mehr darauf verzichten, als ich meine Stellung zu der Frage der Zollsuspensionen und Zollaufhebungen wiederholt im Reichstage und zuletzt jetzt vor einem Jahre dargelegt habe. Ich habe mich bei all diesen Gelegenheiten als ein Gegner von Zoll⸗ suspensionen, als ein Gegner auch der Aufhebung der Juttermitteltolle ausgesprochen, und ich habe das im vorigen Jahre zu einer Zeit getan, wo wir bekanntlich unter einem empfindlichen Futtermangel für das Vieh litten. Heute stehen wir glücklicherweise einer reichen Futtermittelernte gegenüber, und außer den gewonnenen Futtermitteln ist ja leider manches sonstige Getreide so schlecht geerntet worden, daß es nicht mehr eine verkaufsfähige Ware darstellt (sehr richtig!), sondern verfuttert werden muß. Also, meine Herren, wir befinden uns in der Beziehung heute jedenfalls in einer sehr viel günstigeren Position alt im vorigen Jahre (sehr richtig! rechts), und deohalb sind die prinzipiellen Bedenken, welche ich gegen jede Aenderung dieser Zölle, gegen jede Sutpension oder stärker als im vorigen Jahre. unter dem Vorbehalt, daß ich wahrscheinlich im
(sehr gut! rechts.)
wenigen Worte beschränken. Meine Herren, ich glaube also,
werden einen anderen Weg gehen müssen.
Mit der Einfuhr des zugelassenen Fleisches ist sofort begonnei worden. Die Verkaufspreise haben sich, soweit bisher Berichte vor
—
Es sind diese ö. graswüchsig; sie sind im wesentlichen über alle Provinzen des Staates
verteilt; sie befinden sich sehr vielfach in ö . solchen Niederungsmooren sind — und zwar auf geno senschaftlichem Wege — rund ; ᷣ
sind die Entwässerungsprojekte fertig oder in Vorbereitung. einem großen Teile der entwässerten Moore fehlt es aber noch an den erforderlichen Folgeeinrichtungen, Keimbettes durch Umbrechen und Eggen,
Aufhebung habe, heute noch sehr viel Ich möchte mich Reichstage demnächst noch mehr über diese Sache zu sprechen haben werde, heute auf diese
daß dies kein Weg ist, welcher geeignet sein würde, unsere Viehzucht noch weiter zu fördern; wir Dabei spielt zunächst im Hinblick auf eine Vergrößerung unseres Viehbestandes die Kultivierung unserer Moore und Dedländereien eine sehr wichtige Rolle. Neue große Futtermengen können unzweifelhaft gewonnen werden, wenn
Niederungsmoore zumeist ihrer Natur nach
Von
bãuerlichem Besitz.
50 000 ha bereits entwässert, für weitere 300 . u
an der Herstellung eines guten an neuer Besamung usw. Wir werden in dieser Beziehung sowohl von Staats wie von Provin; wegen mit sehr viel größeren Mitteln eingreifen raüssen, als es bis ber geschehen ist. (Bravoh Wir werden deshalb eine betrachtliche Erhöhung der dafür bestimmten Fonds von Ihnen im Etat erbitten (Bravo!) und hoffen auf Ihre Zustimmung. Für die nötige Aufsicht über diese entwässerten Wiesen soll durch eine vermehrte Anstellung von Kreiswiesenbaumeistern gesorgt werden. Wir werden Sie außerdem um eine nicht unerhebliche Erhöhung fast aller derjenigen Fonds bitten, welche zu einer direkten Unter— stützung der Viehzucht bestimmt sind. (Bravo rechts.)
Für eine Hauptaufgabe halte auch ich die Förderung der inneren Kolonisation. (Bravo) Es ist bekannt und erwiesen, daß für die Mengenproduktion von Schlachtvieh die deistungsfähigkeit des Grund⸗ besitzes ungefähr im umgekehrten Verhältnis zu seiner Größe steht. Ueber den Anteil, den unser Kleinbesitz an der Schweinezucht hat, habe ich Ihnen die Zahlen vorhin gegeben. An der Grenze seiner Leistungsfähigkeit ist der Kleinbesitz meiner Ueberzeugung nach noch lange nicht angelangt. Es ist nur erforderlich, daß er sich der Schweinezucht unter gesicherten Verhältnissen widmen kann (sehr richtig! rechts), und ohne daß ihm enne übermäßige überseeische Konkurrenz entgegengestellt wird. (Sehr richtig! rechts.) Geschähe das letztere, dann würde auch der Antrieb, die Viehzucht zu vergrößern, schwinden. Vermehren wir nun noch den Kleinbesitz außerdem durch Neugründung von Stellen, so stehen wir in bezug auf den Umfang unserer Fleischproduktion einer Entwicklung gegenüber, die sich in einer stark ansteigenden Kurve bewegen kann.
Wir werden Ihnen eine Reihe von Maßregeln vorschlagen, mit denen wir glauben, die innere Kolonisation fördern zu können.
Die Hauptsorge ist die Beschaffung des dazu nötigen Landes. Zu diesem Zweck werden wir zunächst etwa 12 Millionen Mark von Ihnen erbitten, die uns in den Stand setzen sollen, die staatlichen Hochmoore in Ostfriesland, die über 16 000 ha umfassen, urbar zu machen. Wir werden außerdem geeignete Domänen reichlicher als bisher den Siedlungsgenossenschaften für Zwecke der inneren Kolonisation zur Verfügung stellen. (Bravo! links.) Außer den Domänen, welche der Ansiedlungskommission überwiesen worden sind, find im Jahre 1912 rund 4000 ha Domanialland zur Besiedlung verkauft worden. Aber, wie ich sagte, ich bin der Ueberzeugung, daß wir in dieser Beziehung mehr tun müssen, als wir bisher getan haben ssehr richtig! links), namentlich in denjenigen Landesteilen, wo der Klein- und Mittelbesitz schwach vertreten ist.
Wir beabsichtigen ferner, den bestehenden Siedlungsgesellschaften den Laudankauf dadurch zu erleichtern, daß wir ihr Stammkapital durch Uebernahme größerer Staatsanteile vermehren. Wir wollen weiter für den Zwischenkredit, der in der Zeit zwischen der Ueber nahme des Gutes und seiner Besiedlung liegt, stärker sorgen, als es bisher geschehen ist. Es wird sich ferner empfehlen, daß die Be⸗ leihung neu zu bildender Rentengilter mit Rentenkapital bis zu Neunzehntel des Taxwertes gestattet, und daß die Schwierigkeiten beseitigt werden, welche sich dem Abverkauf besiedlungsfähiger Guts⸗ anteile aus der Hypotbekenbelastung entgegenstellen. Wir werden Ihnen in allen diesen Beziehungen demnächst Vorlagen machen, und ich hoffe, daß Sie diese Vorlagen annehmen werden.
Den bestehenden Kolonisationsgesellschaften beabsichtigen wir eine neue in Schlesien hinzuzufügen, in Angliederung an das Besitz⸗ befestigungeinstitut, das dort gegründet wird. . Sie ersehen hieraus, wir wollen das bestehende System für unsere innere Kolonisation stärken und verbessern. Ich halte das für zweckmäßiger, als wenn wir etwa mit dem Projekt der Gründung einer neuen staatlichen Ansiedlungsbehörde an Sie heran⸗ treten wollten, die wir ja vielleicht mit einer sehr großen, nach außen hin in die Augen fallenden Summe ausstatten könnten, und die dann Aà tout prix kolonisieren sollte. Einem solchen Projekt würde entgegenstehen, daß wir damit den Grundbesitz noch mehr mobilisieren würden, als er es leider schon ist, daß wir die Güter⸗ preise weiter in ungesunder Weise steigern würden, und daß es uns wahrscheinlich sehr schwer werden würde, auf diesem Wege leistungs—⸗ fähige Neusiedlungen zu schaffen. Und darauf kommt es doch an, daß die Neusiedler unter wirtschaftlich gesunden Bedingungen, daß sie nicht zu teuer wirtschaften.
Mir scheint auch, daß unser bisheriges System der inneren Kolonisation sich doch nicht so schlecht bewährt hat, wie man es vielfach aussprechen hört. Neben den 20 009 Stellen, die die An⸗ siedlungskommission neugeschaffen hat, stehen rund 15000, die in den letzten 20 Jahren unter Mitwirkung der General—⸗ kommissionen entstanden sind. Unsere Siedlungdgesellschaften in Ostpreußen, Pommern und Brandenburg, von denen die letztere noch ganz jung ist, haben im Jahre 1911 rund 600 Stellen neugegründet. Daneben geht die ohne behördliche Mit⸗ wirkung erfolgende Privatkolonisation, die nicht unbedeutend ist. Ich erwarte mit Bestimmtheit, daß die Ansiedlungskommissionen mit den Maßnahmen, von denen ich sprach, und die zum großen Teil von den in den Siedlungsgesellschaften selbst tätigen Personen angeregt worden sind, besser und umfangreicher als bisher arbeiten und wirken können. Diese Sledlungegesellschaften können und müssen im Laufe der Zeit dahin kommen, ihre Tätigkeit — ich will einmal sagen — in jedem Jahre zu verdreifachen. Geschieht das, dann werden wir in der Zeit eines Menschenlebens — es handelt sich um eine Frage, die nicht an einem Tage gelöst werden kann — doch zu Resultaten kommen, die sich sehen lassen können. —
Anlaß zu diesen Bemerkungen über die innere oloni⸗ sation ist die Frage einer Vermehrung unserer Fleisch versorgung gewesen. Die innere Kolonisation ist für das Wachsen unserer Fleischproduktion von allergrößter Wichtigkeit. Die ganze Bedeutung der inneren Kolonisation reicht aber weit darüber hinaus. (Sehr richtig) Wir stehen seit Jahren einer starken Abwanderung der Bevölkerung vom platten Lande, einem Stillstand, ja Rückgang vieler kleineren Landstädte und einer Zu⸗
wir diese Niederungsmoore
in entsprechender Weise kultivieren.
sammenpressung großer und immer größerer Menschenmassen in den
erzielt worden.
Allgemeine Heiterkeit links; lebhaftes Sehr richtig! rechts.. Da
Preise sehr oft keineswegs diese Verschiedenheit rechtfertigen.
und Fleisch zu liefern, wie das tatsächlich der Fall gewesen ist. Es
großen Stadtzentren gegenüber. Diese neue Völkerwanderung, die sich in der Verschiebung unserer Bevölkerung volljieht, bringt Um— nälzungen mit sich, die man verfucht sein könnte, clementar zu bezeichnen. Phypsisch und moralisch, wirtschaftlich und sozial wandelt sich der Volkscharakter und die Stiultur des Vollke⸗ körpers um. Man sagt mit Recht, daß ein Staat alt wird, der sich nicht immer wieder auftz neue aus seinem Landvolk verjüngen kann. (Sehr richtig! rechts.) Unsere stark wachsende, vielfach allein auf den Auslande⸗ erport angewiesene Industrie bedarf mit ihren Hunderttausenden von Arbeitern eines Gegengewichts in einer kräftigen, fest fundierten und vom Auslande möglichst unabhängigen, ackerbautreibenden Bevölkerung. Sehr wahr! rechts.) Menschenmassierung zu kolonisatorischer Wohnungspolitik in dem Bezirk der Städte und ihrer Vororte. Für den gesamten Staat erwächst die Aufgabe, der Abwanderung vom Lande und dem Auf
saugungsprozeß, der von den großen Städten ausgeht, ein Paroli zu
bieten. Der Abfluß vom Lande steht in engem Zusammenhang auch nit der Grundbesitzverteilung. (Sehr richtig! links) Das ist, wie ich glaube, durch die Arbeiten namentlich des Professors Sehring unwiderleglich nachgewiesen. (Sehr richtig! links.) Der Abfluß hat sich als besonders stark dort gezeigt, wo der Groß⸗ grundbesitz eine absolut vorherrschende Stellung einnimmt. (Sehr
richtig! links) Wollen wir die Landbevölkerung stärken, so können
wir das nur tun durch eine Verstärkung und Vermehrung unserer Bauernstellen. (Sehr richtig! links.) Diese Aufgabe steht hoch über allen parteipolitischen Gegensätzen. (Sehr richtig! links) Wer innere Kolonisation treiben will, weil ihm der Stand der Großgrundbesitzer politisch zuwider ist, weil er ihn am liebsten ausrotten möchte, der denkt unhistorisch (Sehr richtig! rechts), der würde unserer Landwirt⸗ schaft und unserem Staat nur Verderben und Uebel zufügen. (Sehr richtig! rechts.) Praktisch jagt er einer Utopie nach. Worauf es ankommt, ist die Mischung des Groß,, des Mittel, und des Klein⸗ hetriebes. Sie kommt allen, auch dem Großgrundbesitz zugute. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, es ist unmöglich, im Rahmen der heutigen Debatte das Problem der inneren Kolonisation auch nur in seinen Hauptzügen oder auch nur andeutungsweise zu behandeln. Aber wir stehen vor einer Aufgabe, an der der Staat mit allen seinen Beamten und an der alle Parteien freudig und tatkräftig mitarbeiten sollen. Friedrich der Große sagte: Menschen erachte für den größten Reichtum! Und wie er diesen Satz verwirklicht wissen wollte, das hat er durch seine großartige kolonisatorische Tätigkeit gezeigt. (Sehr richtig) Aus dem friderizianischen Preußen mit seinen 6 Millionen Ginwohnern ist ein Staat von 40 Millionen Einwohnern geworden. Sorgen wir dafür, daß immer zahlreichere Existenzen in diesem Staat mit dem heimischen Boden fest verankert werden! Damit verden wir unsern Staat gesund und stark erhalten. (Lebhafter Heisall rechts, in der Mitte und bei den Nationalliberalen.)
Auf Antrag der Abgg. von Pappenheim (kons.) und Dr. Pach icke lfortschr. Volksp. findet eine Besprechung der
.
Interpellationen statt.
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.): Es ist nicht meine Absicht, auf alle Punkte, die hier erührt worden sind, näher einzugehen, das wird mein Partei— steund, der späterhin das Wort ergreift, nachholen. Bei dieser ganzen Angelegenheit stellt man sich meist auf den Stand⸗ sunkt des Konsumenken. Das muß ich offen anerkennen, daß die Rgenwärtige Preissteigerung über das ir dessen nicht unerheblich linausgeht, was im Vergleich mit anderen Preisen richtig wäre. Die Fleischpreise sind eine Kalamität. Das erkennen wir an. Und ich kenné es als eine Pflicht unserer Staatsregierung und bin dankbar zafür, daß sie in dieser großen politischen Frage mit allen Mitteln, die ihr zu Gebote stehen, alles tun will, um hier Erleichterungen zu schaffen. Wir erkennen auch an, daß die Wege, die die Staats⸗ regierung uns gewiesen, zur Verbesse rung der Lage geeignet sind. Ich muß es als gut bezeichnen, daß die Heranziehung der Kommunen in einer Weise in die Wege geleitet ist, die nur günstig wirken kann. Ich bin karüber erstaunt, daß ,. dieser Kommunen dieser Initiative gegenüber doch nicht die Bereitwilligkeit an den Tag gelegt hahen, die man erwarten mußte. Hierdurch sind überraschend af, Erfolge zielt Ich kann mir sehr wohl denken, daß seitens der stäßttischen Kommunen eine ganze Reihe von Schwierigkeiten zu über⸗ winden war. Es ist gesagt worden, . es nicht die erste Aufgabe der Kommunen sein kann, an der Preisgestaltung der Lebensmittelpreise mitzuwirken. Wir sehen aber doch auch, daß schon die Städte durch die Einrichtung ihrer Markthallen und Schlachthöfe bereits den Be— reis geliefert haben, daß sie erkennen, wie notwendig es 9. sich in dieser Weise zu betätigen. Aber die Städte haben 6 ier durch alleilej politische Schlagworte beeinflussen lassen, sodaß sie glaubten, die Maßnahmen von ihrem freisinnigen Standpunkt aus bekämpfen u müssen. Die Staatsregierung hat vollkommen ihre Pflicht getan, daß sie diesen Weg beschritt. Ich und meine Freunde sind auch damit nberstanden, daß die Staatsregierung dazu übergegangen ist, durch ermäßigung der Tarife die Zufuhr des Fleisches und Viehes wirk⸗ amer zu gestalten, als es bisher möglich war. Wenn der Staat iert urch wirklich manche Einbuße zu erleiden hat, so spielt es bei der Wichtigkeit der Frage gar keine Rolle. Doch hat meiner Meinung nach die Staatsregierung noch nicht alles getan. Vielleicht hätte sie mehr tun können, was hanf geeignet gewesen wäre, die außerordent⸗ lich große Erregung, die doch die ganze Frage in unserem Volke her⸗ Vrgerufen hat, zu mildern. Wir sehen, daß durch die Arbeit gewisser Organe und gewisser Kreise diese schwere Frage in eine Aufhetzung einzelnet Berüfsstände gegeneinander übergekeitet worden ist. Es ist außerordentlich tief zu bedauern, daß wir in den Städten fast überall e Auffassung finden, als handle es sich hier um einen Raubsug der Ugrarier gegen die Städte und Kommunen. Wer diese . Fiage einigermaßen durchschaut, der muß sich sagen, daß mit der⸗ ftigen Schlagworten solche Fragen nicht gelöst werden können, Ich glaube, es ware Aufgabe der Staatsregierung gewesen, aufklärend
Ihnen das nicht paßt, daß diese Verhaltnisse voll kommen klargeleg werden, das kann ich mir denken. Wir haben ja gesehen, welche Konse⸗ juenzen ö ergeben, wenn derartige Verhältnisse nicht klar dargelegt verden können. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung; hat zwar uch dazu Stellung genommen, die einige Beachtung gefunden hat; Ver ich meine, daß der Staatsregierung g noch andere Mittel zur Seite gestanden hätten, um diese Aufklärung zu schaffen. Die Frage 3 f sehr verwickelt, weil die Preisfeststellungen und das Ver— iltnis der Beteiligten in dieser Frage keineswegs so flar liegt; daß an sie überall übersehen kann. Es ist doch sehr auffällig, 2 ier nüßeté ein Ausgleich angebahnt werden. Deshalb ist die Anregung es Deutschen Landwirtschaftsrates mit . zu begrüßen. Das st der Punkt, in dem j und meine polikischen Freunde das Wesent⸗ ich der ganzen Frage sehen. Sie meinen, daß unsere deutsche und Pfßiell die preußeische Jleischprozuktion durchaus derartig ist, daß eine be. Steigerung der Preise, wie sie jetzt bestehen, nicht gerechtfertigt L. Ich habe bei der ganzen bisherigen Besprechung kein Wort des Vankes für unsere , . . Ich muß ihr deshalb den , daflt gussptechen, das sie imstgnde gemgsen ists fiotz zer, ge Altigen Verluste des Vorjahres und der Seuchen noch so diel Vich
als
In den großen Stadtzentren zwingt die
muß hier konstatiert werden, daß das * von Fleisch, welches unsere heimische Landwirtschaft auf den arkt brachte, auch heute noch nur wenige Prozent binter dem Kensum und dessen Bedarf zurüd⸗ bleibs. Der Fehler liegt nun daran, daß das tatsachlich vorhandene Angebot nicht in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Es fehlt Ka die einheitliche Organisation, 3 unbedingt notwendig ist. Das ist der g, auf den man diefe ganze Frage leiten muß. Troßdem kann aber 1 auf diesem Gebiete unendlich viel anderes geschehen. Ich freue mich, daß der Hert , , ident selbst darauf hingewiesen hat, wie die landwirtschaftlichen Genossenschaften bereit sind, ihie Pro—⸗ duktion auf längere Jeil den Stäbten zuzuführen. Es sind Pro— i en vorhanden, wo Hunderttausende von weinen auf vier bis fünf Jahre den Konfumenten zu Preisen angeboten worden find, die bis 109 Prozent hinter den gegenwärtigen Preisen zurückbleiben. Unsere deutsche 2 entfaltet eine gieoff eistungsfähigkeit; aber das kann sie nur bei, einer Wirtschaftspolitik, die ihr sowohl i Seuchen Schutz gewährt, als ihr auch inen sicheren nig sg ohn für ihre Arbeit ermöglicht. Deshalb ö. es bedenklich, ö. nahmen zu treffen, die diese bertrauensbolle Sicherheit der Landwirt⸗ schaft für die weitere Zukunft beunruhigen können und tatsächlich schon beunruhigt haben. Nun konstatiere ich mit großer Freude, daß der Ministerpräsident heute ausgesprochen 9 daß er an der gegenwärtigen Politik des Seuchenschutzes und der Schutzzölle nicht rütteln werde. ch bin ihm aufrichtig dankbar dafür, daß er 3 fe ür das GHefrierfleisch und die Abänderung des Fleischbeschaugesetzes oder der Zölle nicht machen will. Es würde auch sehr schwemwiegend sein, etwas daran zu ändern. (Zwischenrufe links. Ja, nicht um unserxer Interessen willen, sondern um der Interessen willen, die Sie (links) eute als die Ihrigen anerkannt haben, nämlich der Interessen der e , n, Wenn man die Sache näher ansieht, sieht man, daß es mit dem Gefrierfleisch nicht so einfach ist. Die preußische Militär⸗ verwaltung hat Ende der 8er und Anfang der 90er Jahre umfassende K mit Gefrierfleisch, und zwar mit inländischem, das sie also genau kannte, und das einer g lle Kontrolle unterworfen war gemacht. Dabei hat sich gezeigt, daß in dieser . ein Fleisch zu produzieren ist, das für den Geschmack unserer Bevölkerung ange⸗ messen ist. Dazu läßt sich dieses leisch nicht in kleinen Portionen bearbeiten, es setzt vielmehr große Anlagen voraus. Wir machen uns also nicht nut abhängig von dem Ausland, sondern auch von ganz He Geldmächten, wie wir es in Amerika sehen. Wir haben große edenken, unsere Volksernaͤhrung von der Geldmacht abhängig zu machen. Das gebe ich auch den Sozialdemokraten zu bedenken. Die Aufhebung oder Einschränkung des Fleischbeschaugesetzes kann ich mir gar nicht anders denken, und der Ministerpräsident hat auch schon auf die rätselhafte Ausdrucksweise des Abg. Wiemer hinge⸗ wiesen, daß man damit die Aufhebung des § 12 des Gesetzes meint. Der Abg. Wiemer mag auf dem Gebiete der Landwirtschaft sehr gut Bescheid wissen, aber die Kommunen haben doch nicht ausreichende Kenntnis dabon. Durch . Maßnahmen würde die Landwirt⸗ schaft unbedingt den schwersten Seuchen ausgesetzt werden. Wie will der Abg. Wiemer, wie will ein Freund der Landwixtschaft es ver— antworten, die außerdeuntsche Landwirtschaft von der Verpflichtung zu befreien, ihre 6 derselben Kontrolle zu unterwerfen, der die deutsche Produktion unterliegt? Wenn unsere Landwirtschaft einen 3 Prozentsatz von Fleisch verwerfen und der Nahrun muß, dann können wir nicht zugunsten des Auslandes Ausnahmen machen. Mit dem k kommen wit nicht meiler. Nun bat der Ministerpräsident gesagt, daß er 23 niemals die Hand bieten wolle, ich nehme dabon ganz entschieden Akt, aber schon das, was der Ministerpräsident zugelgssen hat, gibt zu 6. Bedenken Anlaß. Benn wir in ken Situation die Möglichkeit konstruieren, den Seuchenschutz zu erleichtein, so wird es bei zukünftigen Verhand⸗ lungen sehr schwer sein, energisch an manchen Dingen festzu⸗ halten, wenn man gezeigt hat, daß man unter Umständen davon auch absehen kann. Der Min terpräsident hat gezeigt, wie ernst er über die Sache denkt, aber anderseits ist der Gegenstand doch , genug, um berechtigt zu sein, einige Bedenken zu äußern. Der Ministerpräsident hat zu meiner Freude auch geäußert, daß er ein Gegner auch nur einer zeitweiligen Zollsuspension sei. Das hat er mit vollem Recht getan. Denn wo, man zeitweilig einen Zoll suspendiert hat wie in Frankreich, hat sich eich daß der Konsum nicht den Vorteil gehabt hat, sondern daß andere das i abgeschopft haben. Wir stehen dem i it , energisch zur Seite. Wenn auch nur eine beschränkte Zollsuspension stattgefunden hat, so können sich die Verhältnisse wieder ändern, und dann kann es bei neuen Zollabmachungen schwer sein, das wieder voll einzubringen, was man auch nur zeitweise hingeben zu können geglaubt hat. Die Stellung der Regierung wird also durch die Maßnahmen nicht er⸗ leichtert. Besonders betonen muß ich das Wort, das der Minister⸗ Hrisident ganz offen vor dem Lange aussprach, daß er mit den jetzigen Maßregeln bereits bis an die Grenze des Möglichen gegangen 3 und daß er es ablehnen würde, weiterzugehen. Diese Erklärung kann der Landwirtschaft das Vertrauen zurückgeben, daß die Voraussetzungen ihres schweren Erwerbs nicht n werden. Die Herren von der Linken haben zum Schutz und Gedeihen der Landwirtschaft Maßregeln empfohlen wie Mittel zur Förderung der Viehzucht und vor allem die innere Kolonisation. Da scheiden wir uns von Ihnen llinks). Unsere ganze Partei erkennt die Notwendigkeit und die Bedeutung der inneren Kolonisation, und aus unseren Kreisen ist mustergültig damit er geen gen und wir freuen uns ir, r, daß wir in dieser Beziehung in diesem Hause keinen , finden. Aber was nützt es alles, wenn Sie fortgesetzt kleinen zundbesitz schaffen, der weit entfernt von jedem 3 ertum und von jeder Latifundien⸗ bildung ist, wenn nicht die Voraussetzungen geboten werden, daß dieser kleine Besitz auch bestehen kanns Was nützen Ihre ganzen läne über innere Kolonisation, wenn Sie nicht die Viehzucht so icherstellen, daß der Kolonist sicher weiß, daß sein Vieh gegen die auswärtigen Seuchen geschützt ist und er einen mäßigen Lohn für seine Arbeit findet?? Wenn Sie aber in einem Atem damit ö. regeln treffen, die diesen Schutz in Frage stellen, so mag Ihre Liebe zut Landwirtschaft noch so . sein, sie hat keinen Wert mehr; dann haben Sie Leute, die auf der Scholle sitzen und Proletarier werden, und die die großen nationalen Gesichtspunkte nicht betätigen können, von denen der Ministerpräsident sprach. Wollen Sie Ernst machen mit Ihrer Freundschaft für die Landwirtschaft, dann ziehen Sie auch die Konsequenzen. Ich verstehe es sehr gut, daß Sie bei dem Verhältnis der Freisinnigen zu den Sozialdemokraten in den Städten für die Landwirtschaft ine gewisse Propaganda machen wollen, und ich habe nichts dagegen. Wir haben für die andwirtschaft unsere flicht getan, und wenn Sie tun, was ihr wirklich frommt, dann inden Sie uns 2. Ihrer Seite, selbst auf die 6 hin, daß Ihnen das eine oder andere Mandat zufällt. Dazu sind wir zu wahre . der Landwirtschaft und tun uns mit, denen zusammen, die Maßregeln von . für sie vorschlagen. Die Erklärung des Abg. Schiffer, daß die Nationalliberalen mit uns auf dem Boden des Schutzes der nationalen Arbeit stehen, habe ich gar nicht anders erwartet, aber es wäre besser gewesen, wenn er eine ganze Reihe von kleinen Spitzen unterlassen hätte, die so schienen, als ob er sich vor den Städtern ,, wollte, daß er hin und wieder einen roduzenten⸗ und landwirtschaftsfreundlichen Standpunkt einnimmt. Meine Ueberzeugung ist die, und die muß eigentlich jeder verständige Mann im pteußischen Volke teilen, die Versorgung unseres Volkes mit gesunder, ausreichender, vom Auslande unabhängiger e eren ist eine nationale Frage allerersten er , Zustimmung rechte) un es ist eine heilige Pflicht der preußischen Landwirtschaft, sich durch nichts abhalten zu lassen. sondern alf den beschrittenen Wegen sort= zufahten, das preußische Volt weiter. . gut mit Nahrungsmitteln zu dersorgen, wie es nür irgend möglich ist. Es ist aber auch eine heilige und nationgle Pflicht unserer n,, fortzufahren auf dem Wege, der ihnen durch die Anregung der sierung gewiesen 9. Selbstverstéandlich ist es auch die Pflicht der Megie 7 ihre and über der Erzeugung unserer Lebengmittel zu halten, Sie hat es vollkommen in der ö damit nicht bloß die 53 rung des, Volkes sicherzustellen, sondern auch unseten nationalen . atrio
entziehen
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ieder Pt teirightung in Stadt und Land bereit sein, mitzuwirken. Au diese Weise können wir dem vorbeugen, daß ähnliche Verhaltnisse wieder vorkommen. Wenn dag das (ergebnie der jetzigen Situation ist, dann wird sig, so beklagenswert sie auch sein mag, lich ll, doch am letzten Ende zum Segen unseres Volfes gereichen. — g. 6 ntr.): Meine politischen Freunde begrüßen die Interpellation insofern, als dadurch Helegenheil gegeben worken ist, in 6 — Bevölkerung Klarheit Und Beruhigung herbei⸗ zuführen. daß durch die enorme feissteigerung viele Familien in he e Bedrängnis gebracht worden sind, unterliegt keinem Iweifel. zun ist es ja eine bekannte Erscheinung, daß man sich in solchen Notlagen nach Hilfe vom Auslande umsieht. Denigegenüber muß fest⸗ ef, werden, daß auch in anderen Ländern die e gr is ganz erheblich gestiegen sind. Selbst in dem schwach bevölkerten Nord⸗ amerika trägt man sich schon mit der Erwägung, ob man nicht Ge⸗ y aus Argentinien beziehen solle. Nun sind die Iölle ein⸗ geführt zum Schutz unserer heimischen Landwirtschaft. Die Sperr— maßregeln . dazu bestimmt, unsere ganze Bevölkerung gegen Seuchengefahr zu schützen. Die Untersuchung des Fleisches ist aus Veterinären Gründen notwendig, damit die Ge sl erung gie Fleisch erhält. Dieser Gesichtspunkt muß in den Vardergrund ge⸗ stellt werden. Darum muß die , in erster Linie unseren Bedarf decken. Wir müssen dahin streben, daß durch die Inlandproduktion allein unser Konsum gedeckt wird. Dabei handelt es sich um eine vorwiegend nationale Frage. Mit Kanonen und Bajonetten allein kann man unser Vaterland nicht schützen, dazu treten muß die Ernährung des deutschen Volkes durch die einheimische Pro⸗ duktion. Unsere gie fe n kann viel leichter, sicherer und früher durchgeführt werden als die Versorgung mit Getreide. Die Getreideproduktion ist in viel stärkerem Maße an die Fläche ge⸗ bunden, als die Viehproduktion. Wer 25 Stück Rindvieh hält, kann ohne große Veränderung des , Betriebes auch 27 oder 28 Stück halten. Dann haben wir schon eine Steigerung von 10 R, 5 X en nur an der Produktion, und daß diese leicht gedeckt werden önnen, ergibt sich aus der i en Entwicklung der deutschen Land wirtschaft in bezug auf die Flei ke m, Von 1816 bis jetzt hat sich die Produktion annähernd verzehnfacht. Daraus eigibt 3 daß die l chproduktion ohne Mühe noch weiter gesteigert werden kann. Diese Vermehrung ist in erster Linie eine Preisfrage. Gewiß sind die jetzigen Preise ungesund, aber die Produktion kann nur e ert werden, wenn den Webhaltern wenigstens ein geringer 6 uß bleibt. Stehen die Preise ungesund niedrig, dann wird die Vieh— produktion wesentlich eingeschraͤnkt, weil sie unrentabel ist. Dann steigen die Preise wieder, bis sie eine unnatürliche Höhe erreichen, dann folgt Line Ueberproduktion, und diese drückt die Preise wieder herunter. Es ist nicht richtig, daß bei einer stärkeren Viehhaltung die Getreideproduktion abnehmen müsse, eine starke Viehhaltung ge⸗ staltet den ganzen Betrieb intensiver. Es kann durch die Vieb⸗ haltung auch die Getreideproduktion noch wesentlich gesteigert wer⸗ den. Wenn man Gefrierfleisch zulassen will, so muß man es ebenso den Bedingungen der Fleischschau unterwerfen wie das inländische. Wenn es der n e in t, die Bedingungen des § 12 des Fleisch⸗ beschaugesetzes zu erfüllen, dann könnte . unter den ir igen ze⸗ stimmungen Gefrierfleisch 3 werden. Wir müssen aber darauf besteben, daß das Fleischbeschaugesetz nicht abgeändert wird, denn es ist unhaltbar, daß wir die inländische Produktion einer stärkeren Kontrolle unterwerfen, als es mit dem ausländischen Fleisch geschieht. So hat sich denn auch u. a. der Reichsverband der deutschen Tier⸗ . aus sanitaären Gründen für die Aufrechterhaltung des § 12 aus⸗ gesprochen. Was nun die Interpellationen selbst betrifft, so erklärt die fortschrittliche die von der Regierung getroffenen , d für unzureichend, die nationalliberale fragt porsichtiger, wie diese Maß= nahmen gewirkt haben. Wenn aber die freisinnige Interpellgtion in Abrede stellt, daß die Gemeinden dauernd die überwiesenen Auf— aben übemehmen können, so ist das ein rückständiger Standpunkt. Daß eine Reihe von Kommunen jetzt dazu übergehen, in großzügiger Weise Verträge mit landwirtschaftlichen Geno 2 abzuschließen, beweist, daß die Städte doch einen weiteren Blick haben, als sich aus der fortschrittlichen Interpellction erkennen läßt. Die Städte haben keineswegs bloß Straßen zu bauen und dergleichen, sondern eine ihrer vornehmsten ö. ist es, bei der Ernährung ihrer Bevölke⸗ rung mitzuwirken, nicht im Gegensatz zur landwirtschaftlichen Be⸗ völkerung, sondern in Verbindung mit ibr. Die Abgeordneten Wiemer und Genossen verlangen weiter die Aufhebung der Futtermittelzölle. Die eigentlichen Futtermittel sind ja ö für dieses Verlangen kommen nur Mais und Futtergerste in Betracht. Darauf aber ist der Abg. Wiemer die Antwort schuldig geblieben, wie der Ausfall der Reichskasse an diesen Zöllen gedeckt werden soll. Dieser Ausfall beträgt 57 Millionen. Wer soll sie ersetzen? Der geringe 5 von 1,30 46 für die Futtergerste bringt allein 45 Millionen Mark; würde er beseitigt, dann würde der ganze Zollbetrag vom Auslande auf die Ware geschlagen und dem Ausland geschenkt werden. Noch merk⸗ würdiger aber . daß diese Partei in diesem Jahre noch diesen Antrag stellt, wo so viel Getreide verdorben ist, daß es nur noch als Futter verwendet werden kann. Für die innere Kolonisation treten die Nationalliberalen ae lg ein; wir stehen auf, dem gleichen Standpunkt, und auch die Regierung will ja erfreulicherweise jetzt hier energischer vorgehen. Geschieht dies aber, dann dürfen nur wirt schaftliche Gründe die Triebkraft bilden, politische Nebenzwecke haben dabei außer Betracht zu bleiben. Neben der inneren Kolonisation, der Neuschaffung von Bauernstellen, darf man nicht vergessen, die bestehenden kleinen und mittleren Bauernstellen in ihrem Besitzstande zu erhalten und sie nicht von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Beide Aufgaben müssen gelöst werden; hier heißt es, das eine tun und das andere nicht i Auf den unlösbaren Widerspruch in der Interpellation der fortschrittlichen Volkspartei, einmal die Deckung des gesamten Bedarfs vom Inlande und anderseits möglichst freie Einfuhr vom Auslande zu fordern, hat zu meiner Freude der Reichs⸗ kanzler schon hingewiesen. Der Abg. Wiemer meinte, in bezug auf die Zollpolitik sei die Stellung seiner Partei klar; sie wolle eine schrittweise Herabsetzung der Zölle. Ich hätte sehr gewünscht, er hätte hinzugesetzt, wie schnell dieser Schritt sein soll, er hat uns aber bloß auf das Gemeinwohl verwiesen. — Was nun die von der Regierung angekündigte Erleichterung betrifft, so mag es ja zweifelhaft sein, ob jeder einzelne das Richtige trifft. Es scheint, als wenn für die Regierungsmaßnahmen der Hauptzweck gewesen ist, gerade die Stäbte zu veranlassen, ihrerseits den Absatz des Fleisches in die Hand zu nehmen; sie hat die Frachtvergünstigung für Fleisch nur dann gewährt, wenn die Städte selbst für die Fleischversorgung ef en, sie hat die Rückerstattung des Zolles nur den Städten zugebilligt, welche selbst den Einkauf übernehmen. Gegen die Rückerstattung der e. bühren habe ich doch gewisse Bedenken. Vom Standpunkt einer rm, aus würde sie sich allerdings rechtfertigen lassen. Aber die Fassung, nach der sie gewährt werden, ist nicht ganz richtig. Man hätte sich nicht allgemein, sondern bestimmt ausdrücken 6. nämlich daß sie Alle m olles nur 2
die Städte erhalten, die aus dem Auslande Fleisch s.
Grunde genommen ist aber die Rügerstattung des Prämie auf die Einführung ausländischen Fleisches. Ich würde wün⸗ chen, daß sich noch eine ändere Form finden ließe. Zu empfeblen wäre es bielleicht, eine ständige Kommission , . die die eee der , , und die , n, n, ittel ständig im Auge zu behalten hat. Wenn die Bevölkerung im Lande und die Par teien hier im . emeinsam arbeiten, dann kann etwas Er⸗ sprießliches su age . werden. Es j jedoch nicht richtig, wenn einmal Notstände eintreten, diese politisch auszunützen. Mir müssen deshalb zuerst insgesamt auf ein gedeihliches 5 hinwirken. Wenn man immer von einer Teuerung redet und schreibt und die Gemüter qufregt, so wird dahurch die Teuerung nicht g hohen, im Gegenteil, sie wird immer fühlbarer und ie, uf 1 Gebiete sollten deshalb alle Parteien gemeinsam * gleiche Jiel zu erreichen suchen, wie angemessene erreichen sind. . Aufgabe mu ö werden. Da a. Ke hat 1! 9 immer imstande geleigt, große Probleme zu lösen. Es witd au
und unabhängig zu machen. Ju diesem Zwecke muß jeder
diesmal dazu imstande sein.