1912 / 259 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 Oct 1912 18:00:01 GMT) scan diff

glieder, welche ins Feld rücken, Geld haben, auch diejenigen, welche zurückbleiben, müssen Geld haben, und daß dann ein Ansturm auf die Sparkassen stattfindet, ist ganz unausbleiblich. Davon werden auch die kleinen Sparkassen, die Herr Abg. Reinhard im Auge hat, in keiner Weise verschont; auch bei diesen Sparkassen ist der reelle Bedarf dann ein ganz erheblich höherer, als er bis dahin gewesen ist. ;

Dann hat Herr Abg. Reinhard gesagt, diese Sparkassen seien dadurch gesichert, daß sie größere Beträge nicht auszu⸗ zahlen brauchen, daß vielmehr auf Grund der Sparkassenstatuten zur Auszahlung größerer Beträge immer eine Kündigung erforderlich sei. (Zuruf im Zentrum) Meine Herren, eine derartige Kündigung mag vielleicht juristisch vorgeseben sein, aber in solchem Augenblick ist es überhaupt unmöglich, auf Kündigungsfristen sich zu stützen. In einem solchen Moment muß jeder bares Geld haben, und es muß auch ausgehändigt werden. Es ist ja schon in friedlichen Zeitläuften so; schon heute haben die Sparkassen alle in ihren Statuten eine Bestimmung, daß zur Auszahlung gewisser Beträge eine Kündigungs⸗ frist notwendig ist, aber ich möchte die Sparkasse einmal sehen, welche davon einen erheblicheren Gebrauch macht: die Sparkasse würde sofort ihre Einleger verlieren. Nach meiner Kenntnis der Verhältnisse machen die Sparkassen von dieser Bestimmung fast niemals Gebrauch, sie zahlen die Beträge fast regelmäßig aus, weil sie sagen: es ist un⸗ möglich, und unser eigenes Ansehen leidet darunter.

Nun hat Herr Abg. Reinhard erklärt, die Sparkassen hätten auch auf anderem Wege die Möglichkeit, jederzeit Geld zu bekommen, sie brauchten sich nur an ihren Garantieverband zu wenden, oder sie hätten auch Einlagen in binreichender Zahl bei Korporationen oder bei anderen Sparkassen. Meine Herren, wie es mit dem Geldvorrat der Garantteverbände zu solchen Zelten aussieht, überlasse ich Ihrem Urtell. Nach meiner Ansicht haben die Garantieverbände in solchen Zeiten auch nicht flüssiges Geld übrig, sie sind gar nicht imstande, den Sparkassen noch Geld zur Verfügung zu stellen. Auch in fried⸗ lichen Zeiten ich bin sehr lange in Sparkassen tätig gewesen sind die Gemeinden in der Regel nicht diejenigen, die den Spar— kassen das Geld liefern, sondern fast regelmäßig nehmen die Ge— meinden bei ihren Sparkassen Darlehen auf, aber nicht um⸗ gekehrt dotleren die Gemeinden noch ihre Sparkassen. Ferner, wenn die Sparkassen bei anderen Sparkassen Einlagen ge⸗ macht haben Herr Abg. Reinhard hat auch darauf hingewiesen —, so verschärft das nach meiner Auffassung noch die Situation. Denn dadurch, daß die kleinere Sparkasse bei der größeren ihre Einlagen kündigt, und zwar zur sofortigen Zurückzahlung, macht sie die größere Sparkasse noch mebr illiquide gegenüber den Ansprüchen, die an die große Sparkasse gestellt werden.

Infolgedessen liegen die Verhältnisse doch nicht so harmlos, nicht so golden bei den kleinen Sparkassen, wie Herr Abg. Reinhard es hingestellt hat. Auch die kleinen Sparkassen müssen unter allen Um⸗ ständen die Möglichkeit haben, bares Geld zu beschaffen, denn in kriegerischen Zeiten, wenn mobil gemacht wird, tritt zweifellos ein größerer Bedarf an alle Sparkassen heran, und die Sparkassen können sich dann nicht gegenseitig aushelfen, sondern jede muß dann dafür sorgen, daß sie selbst Geld hat. Und das ist nur dadurch möglich, daß die Sparkassen Inhaberpapiere in ausgiebigem Maße besitzen. Der Herr Abg. Reinhard hat allerdings gesagt: ja, wohin führt das dann? In solchen Fällen werden die Inhaberpapiere ver⸗

äußert, und die Gemeinden und die Sparkassengarantie verbände er⸗ leiden dann erhebliche Ausfälle an ihren Papieren. Meine Herren, es wird ia gar nicht daran gedacht, daß in solchen Fällen die Papiere

verkauft werden sollen. Ich bin auch überzeugt, daß sich in größerem Umfange gar keine Käufer für diese Papiere finden würden. Die Maßnahmen der Staatsregierung gehen vielmehr darauf hinaus, daß sie Papiere besitzen, mit Hilfe deren sie sich auf Grund eines Lombard darlehns Geld verschaffen.

Die Zahlen, die der Herr Abg. Reinhard weiter angeführt hat, um zu beweisen, daß eigentlich genügende flüssige Mittel bet den Sparkassen vorhanden wären, sprechen nach meiner Ansicht ganz eminent gegen seine eigenen Ausführungen. Denn, meine Herren, wenn nur O49 Barmittel und nur O90 s sonstige sofort realisier˖ bare Mittel vorhanden sind, so besagt das eigentlich gar nichts; mit so geringen Beträgen läßt sich überhaupt nicht operieren, wenn große Ansprüche an die Sparkassen gestellt werden. Und die Beträge, welche bei öffentlichen Instituten und Korporationen angelegt sind, sind gerade die aller illiquidesten Beträge, die es gibt. Es handelt sich da um Darlehne, die an Gemeinden, Garantieverbände, Kirchen, Stiftungen usw. gegeben werden, und zwar meist in Form von Amortisationsdarlehen, das sind also absolut festliegende und langfristige Anlagen (sehr richtig rechts, und es ist ausgeschlossen, daß aus diesen Anlagen in kritischen Fällen irgend etwas herauszubekommen ist. Wir haben also damit zu rechnen, daß auch die allerkleinsten Sparkassen genötigt sind, für gewisse Zeiten einen größeren plötzlichen Geldbedarf zu befriedigen, und das ist nicht anders möglich, als daß diese Sparkassen sich in ausreichendem Maße in den Besitz von Inhaberpapieren setzen.

Nun hat der Herr Abg. Reinhard gesagt, daß diese Maßregel, wenn sie tatsächlich durchgeführt werde, doch sehr verderbliche Folgen nach sich ziehen könne. Zunächst hat er behauptet, daß die Sparkassen erhebliche Vermögenteinbußen dadurch erlitten, daß bei diesen Papieren Kursverluste eintreten. (Sehr richtig! links und im Zentrum.) Meine Herren, ich kann das in dieser unbedingten Form keinesfalls zugeben. Die Kurse sind allerdings in den letzten Zeiten sehr stark gesunken (Zurufe und Lachen im Zentrum und links), sie sind auch schon früher gesunken. Aber, meine Herren, man muß damit rechnen, daß auch wieder Zeiten kommen, in denen die Kurse

erheblich in die Höhe gehen; in diesen Zelten machen dann die Spar— kassen, wenn sie billig gekauft haben, beträchliche Kursgewinne an diesen Papieren. (Zuruf links: Sie dürfen ja nicht verkaufen.)

Aber, meine Herren, ich möchte auch noch auf eins hinweisen, was ich schon in der ersten Lesung ausgeführt habe. Die Sparkassen können sich absolut dagegen sichern, Kursverluste zu erleiden, wenn sie ihre Gelder statt in Konsols in Schatzanweisungen anlegen. Die Schatzanweisungen werden etwa zu pari ausgegeben, und sie werden zu pari wieder zurückgezahlt; sie sind überall auf dem Markt zu haben, die Kursschwankungen sind, da sie zu pari wieder eingelöst werden, naturgemäß nur gering, und so können wesentliche Kursverluste bei diesen Anlagen nicht erlitten werden. Ich möchte deshalb an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, daß

Schatzanwelsungen kaufen möchten, die ebenso sicher sind wie die Konsols, und bei denen die Möglichkeit von Kursverlusten nicht so groß ist. Die Schatzanweisungen sind sehr zahlreich im Umlauf, und wir haben in ihnen alsor ein Papier, welches dem entspricht, was wiederholt gefordert worden ist: ein amortisables Staatspapier. Ich möchte deshalb den Sparkassen zum Ankauf dieser Schatz⸗ anweisungen raten.

Maßnahme die Kreditnot, welche momentan überall bestehe, noch weiter gesteigert. Meine Herren, ich muß auch diese Behauptung nach jeder Richtung hin bestreiten; ich glaube, auch da irrt sich Herr Abg. Reinhard durchaus. kassen in Zukunft nicht mehr in der Lage wären, Hypotheken aus⸗ zugeben, weil das Geld durch Inhaberpapiere absorbiert würde (sehr richtig), so kann das ja in ganz geringem Umfange zutreffen. Ich nehme deshalb diese seine Voraussetzung an die erste Stelle.

Geld für Hypotheken zur Verfügung stellen könnten. Herren, in dem Umfange, wie Herr Abg. Reinhard es dargestellt hat, ist das doch nicht der Fall. die Sparkassen nicht sofort den gesamten Betrag in In⸗ haberpapieren verschaffen, sondern sie sollen nur allmählich von dem, was neu ein gezahlt wird, einen bestimmten Prozent⸗ satz alljährlich in Inhaberpapieren anlegen. Bestand an Inhaberpapieren nur ganz allmählich angesammelt, und es bleibt ein sehr großer Betrag der jährlichen Einlagen für Hypo⸗ theken übrig. Es ist also nicht der Fall, daß sofort sprungweise und überall sämtlichen Sparkassen die Begebung von Hypotheken unter⸗ bunden wird, sondern die Sparkassen haben durchaus die Möglichkeit, fast in dem bisherigen Umfange Hypotheken weiter auszugeben.

Maßregel sofort eine Schwierigkeit dadurch schaffe, daß nun die bereits ausgegebenen Hypotheken gekündigt werden müßten und die Hypothekar⸗ schuldner in die Lage versetzt würden, sich neues Geld zu beschaffen, so trifft diese Befürchtung in keiner Weise zu, es ist das eine Ver— kennung des Gesetzes. Das Gesetz will in keiner Weise in die bisherigen Anlagen eingreifen; die bisherigen An— lagen bleiben vollkommen unberührt, es braucht nicht eine einzige Hypothek, wenn dieses Gesetz erlassen wird, gekündigt zu werden. Im Gegenteil, die bisherigen Anlagen bleiben so, wie sie waren; nur für die zukünftigen Anlagen ist Vorsorge getroffen, nur für einen Teil des jährlichen Zuwachses sollen Obligationen angeschafft werden.

haberpapieren die Kreditnot in keiner Weise irgendwie verstärken kann. Die Sparkassen beleihen ja bekanntlich nur bis zu 500 /o der Taxe. Für solche Hypotheken gibt es zurzeit überhaupt keine Kreditnot (sehr richtig! rechts Widerspruch) ich habe noch nichts davon gehört und noch nichts darüber gelesen, daß für die sogenannten ersten Hypo⸗ theken eine Kreditnot besteht (Widerspruch bei der fortschrittlichen

Umfange. theken (Abg. Wald ste in: Es ist eine Zinsenfrage!) und die Kredit⸗ not hat ganz andere Ursachen, als Herr Abg. Reinhard andeutete.

Nirgendwo hat der Staat sich so weit zugunsten der Beleihung des Grund und Bodens zurückgezogen als bei uns in Deutschland. Wir haben für die Beleihung des Grund und Bodens die Sparkassen, die Hypothekenbanken und die Landschaften.

des Staatskredits verwendet werde. betonen, auch unser Staat hat alle Veranlassung, dafür zu sorgen,

die Sparkassen, welche Bedenken tragen, sich Konsols zu kaufen,

Der Herr Vorredner sagte dann, es würde durch eine solche

Wenn er hat sagen wollen, daß die Spar⸗

Es ist allerdings möglich, daß die Sparkassen in Zukunft weniger Aber, meine

Nach Erlaß des Gesetzes sollen sich ja

Infolgedessen wird der

Wenn Herr Abg Reinhard aber vielleicht gemeint hat, daß die

Im übrigen möchte ich aber bemerken, daß die Anlage in In⸗

Volktpartei und im Zentrum) jedenfalls nur in ganz geringem Die Kreditnot besteht lediglich für die späteren Hypo⸗

Meine Herren, unser deutsches Hypothekenrecht ist ja in einer Welse ausgebildet wie kaum in irgend einem anderen Lande.

Ein großer Teil der so an⸗ gelegten Gelder wird von anderen Staaten für Staatszwecke beansprucht. Andere Staaten gehen bei weitem nicht so weit, daß sie solchen Anlagen die Mündelsicherheit gewähren; andere Staaten verlangen, daß das hierin angelegte Geld zum großen Tell zugunsten Und, meine Herren, ich möchte

daß auch seinem Staatskredit gedient wird. (Lebhafte Zustimmung rechts) Auch der Staatskredit ist eine absolute Staatsnotwendigkeit. Jahr ein, Jahr aus sind wir genötigt ich habe das schon mehr⸗ mals ausgeführt immer wieder mit neuen Anleihen auf den Markt zu treten, und wir sind nur dann imstande, dies durchzuführen, wenn wir auch Abnehmer für unsere Anleihen haben. Da unsere preußir schen Anleihen so absolut sicher sind, würde es sich in keiner Welse rechtfertigen, daß sie zu einen Zinsfuß ausgegeben werden müßten, der unnatürlich ist (Aha! bei der fortschr. Volksp.), zu einem Zinsfuß, der unseren Staat in erheblichem Maße belastet und in gar keinem Verhältnis zu der inneren Sicherheit steht. (Aha! bei der fortschr. Voltsp.) Wenn wir jetzt schon bei dem 40, Zinsfuß, der herrscht, alle Veranlassung haben, den Markt zu schonen, so nötigt uns das dazu, darauf zu sinnen, wie wir regelmäßige Abnehmer für unsere Konsols schaffen können.

Auf dem Bankiertag, den Herr Abg. Reinhard erwähnt hat, ist ja auch ausführlich über die Frage verhandelt worden, ob dieses neue Sparkassengesetz geeignet wäre, zur Hebung des Kurses der Staats—⸗ papiere beizutragen. Ich habe schon bei der ersten Lesung betont, die Staatsregierung wäre weit dabon entfernt, anzunehmen, daß eine solche Maßnahme geeignet wäre, eine Heb ung des Kurses herbei⸗ zuführen; ich habe aber immer betont, daß dieses Gesetz neben seinem Hauptzwecke, der Sicherung der Liquidität der Sparkassen, auch dazu bestimmt wäre, den Kurs nach Möglichkeit zu schützen und vor allen Dingen einen Kreis von Abnehmern für unsere Staatsanleihen zu schaffen. (Hört, hört! links.) Das ist nach meiner Ueberzeugung eine absolute Staats notwendigkeit, an der auch dieses hohe Haus mitzuarbeiten genötigt ist. (Sehr richtig! rechts) Meine Herren, wir haben bisher schon ungefähr 10 Milliarden an Staatspapieren ausgegeben, und wenn wir jährlich mehrere hundert Milllonen neue Staats⸗ anleihen aufnehmen müssen, so ist es unbedingt notwendig, daß diese neuen Staatsanleihen auf bisherigen Kurs nicht zu stark drücken. Es ist deshalb unbedingt erforderlich, daß wir den Abnehmerkreis für diese Staatspaptere vergrößern, und dazu ist dieses Gesetz sehr wohl geeignet. Wenn dieses Gesetz erlassen wird, hoffen wir doch, daß jaͤhrlich für etwa 60 Millionen Staatsanleihen mehr von den Spar kassen gekauft werden müssen. Für diese 60 Millionen haben wir dann wohl immer Käufer, und sie drücken nicht so sehr auf unseren Markt, als sie es tun würden, wenn noch dafür andere Käufer be⸗ schafft werden müßten. Deshalb ist dieses Gesetzt im Interesse der Staatsfinanzen und des Staatskredits absolut notwendig. Denn es

anleihen in Zukunft zu einem erheblich höheren Zinsfuß als 4 cso herausgeben.

Bet den Ausführungen des Herrn Referenten auf dem Münchener Bankiertag, die ja außerordentlich schön zu lesen waren, habe ich allerdings eins als einen gewissen Widerspruch empfunden. Der Heir Referent sagt: Es ist ein durchaus untaugliches Mittel, daß die Sparkassen zu diesem Ankauf von Inhaberpapieren herangezogen werden sollen, fährt aber in seinem dritten Teile, in dem er Mittel anführt, die geeignet sind, den Kurs der Staatspapiere vielleicht zu bessern oder überhaupt den Markt der Staatspapiere zu heben, fort: es ist unbedingt notwendig, daß der Markt, der Kreis der Käufer für derartige Staatspapiere vermehrt wird. Meine Herren, die Maß⸗ nahme, die die Staatsregierung hier vorschlägt, geht ja neben ihrem Hauptzwecke auch darauf hinaus, daß der Kreis der Käufer, der Markt für die Staatspaplere erweitert wird. Infolgedessen liegt nach meiner Ansicht doch ein gewisser Widerspruch in den Aus⸗ führungen des Herrn Referenten auf dem Bankiertage. Er schlägt dann sogar auch vor, um den Kreis der Käufer zu vermehren, daß automatisch, sobald Spareinlagen eine gewisse Höhe erreicht haben, für diese Spareinlagen Staatspaptere gekauft werden sollen. Er will also, daß die Sparkassen selbst auch erheblich mit dazu beitragen, Staatspapiere unterzubringen, aber nicht auf Kosten der Sparkassen selbst, sondern auf Kosten der Spareinleger; das ist der wesentliche Unterschied. Aber, meine Herren, der Endeffekt ist doch beide Male derselbe, ob nun die Sparkassen oder die Spareinleger so und so vlele Millionen jährlich kaufen. Der Markt wird dadurch gestüßzt, der Kreis der Abnehmer vermehrt. Die Ausführungen auf dem Münchener Bankiertage können infolgedessen nicht gegen, sondern müssen nach meiner Ueberzeugung für die Stellung der Königlichen Staatsregierung angeführt werden.

Herr Abg. Reinhard hat dann ferner gesagt, die Kreditnot würde insofern verschärft, als die Sparkassen in Zukunft weniger Einnahmen hätten und infolgedessen genötigt wären, ihre Hypotheken höher auszugeben. Meine Herren, ich glaube, das ist auch nicht zutreffend. Die Sparkassen gehen leider bis jetzt zu einem Teile dazu über, für Spareinlagen einen unnatürlich hohen Z3insfuß zu gewähren (sehr richtig! rechts); es ist darüber hier im hohen Hause schon geredet worden. Man kann auch heute noch oft in den Zeitungen des Westens der Monarchie lesen, daß für Spareinlagen ein sehr hoher Zinsfuß gegeben wird. Wenn die Sparkassen nun so hohe Zinsen geben, werden sie natur⸗ gemäß genötigt sein, um sie wieder herauszuwirtschaften, Hypotheken zu einem sehr hohen Zinsfuß auszugeben. (Sehr wahr!) Für eine gute Hypothek ist es aber ungerechtfertigt, einen hohen Zinsfuß zu verlangen, und infolgedessen würde dieses Geschäftsgebahren der Sparkassen den Hypothekarkredit ungebührlich verteuern. (Sehr richtig) Die Maßnahmen der Staatsregierung aber würden dazu dienen, den Hypothekarkredit entsprechend zu verbilligen, und ich glaube, das liegt auch in der Absicht des ursprünglichen Sparkassengesetzes, und daß liegt auch im Interesse aller Spareinleger; denn auch sie sind zum großen Teil solche, die auf den Hypothekarkredit zurück— kommen müssen. (Sehr richtig!

Daß die Spareinleger in Zukunft, wenn die Sparkassen den Zinsfuß ermäßlgen sollten, aber zu den Banken übergehen sollten, kann ich in keiner Weise zugeben. Meine Herren, die Banken zahlen für kurzfrlstige Depositen nicht einen derartig hohen Zinsfuß; die Banken sind gar nicht imstande, mit den Sparkassen auf die Dauer in bezug auf den Zinsfuß für kurzfristige Darlehen zu konkurrieren. Daß also ein Abzug der Spareinlagen nach den Banken statt⸗ finden würde, ist in kekner Weise bewiesen und in keiner Weise an⸗ zunehmen.

Nun hat der Abg. Reinhard gemeint, der Antrag Winckler ginge noch erheblich über die Regierungsvorlage hinaus. Ich habe ver⸗ geblich versucht, den Beweis dafür zu verstehen. Meine Herren, der Antrag des Herrn Abg. Winckler bewegt sich doch noch unter der Regierungsvorlage. Die Reglerungsborlage fah die Vorschrift vor, daß 20 bis 300½ Inhaberpaptere von den Sparkassen angekauft werden müssen. Der Antrag Winckler beginnt damit, daß 150. als Minimum für eine große Kategorie von Sparkassen vorgeschrieben wird. Meine Herren, daß das mehr sein soll, als die Regierungd⸗ vorlage verlangt, habe ich nicht verstanden, und da die Regierungs— vorlage im übrigen als Höchstziffer 30 0 vorgesehen hatte, der Antrag Winckler aber als Höchstziffer 26 0/0 vorsieht, muß ich ihn entschieden als eine Herabminderung der Regierungevorlage erklären, kann aber nicht zugeben, daß er über die Regterungs vorlage hinausgeht. Wir haben uns nur mit schwerem Herzen dem Antrage des Abg. Winckler geneigt zeigen können. Da uns aber wesentlich daran liegt, die auf dem Sparkassengebiete herrschenden Uebelstände zu beseitigen, haben wir, um die Vorlage zur Verabschiedung zu brlngen, doch dem An— trage zugestimmt. Aber, meine Herren, weiter zu gehen, ist der Staatsregierung ganz unmöglich; die Zwecke, welche mit dem Gesetze verfolgt werden, würden sonst nach jeder Richtung hin ver⸗ eltelt werden. Schon die Statistik zeigt ja, daß in fast allen Provinzen und bet fast allen Sparkassen höhere Bestände an Inhaber⸗ papieren vorhanden sind, als sie der Antrag Winckler verlangt; also da noch welter herunterzugehen, würde so sehr die bisherigen Ver⸗ hältnisse verschlechtern, daß die Staatsregierung unter allen Umständen es dann lieber bel dem bisherigen Zustande lassen würde. Ich möchte Ihnen deshalb dringend empfehlen, den Antrag Winckler und Gen. anzunehmen. (Bravo!)

Abg. Dr. Iderhoff lfreikonß): Meine Freunde billigen mit großer Mehrheit die Absichten der Vorlage sowohl in der Richtung der Hebung des Kurses der Reichs und Staatspapiere als auch in der Richtung, die Sparkassen liguid zu erhalten, Das Haus hat bereits 19160 bei dem Gesetz über die öffentlichen Feuerversicherungsanstalten denselben Schritt getan, die Regierung entipricht also mit dieser Vorlage nur dem damaligen Standpunkt des Haufes. Dann hat auch das Reich dieselbe Maßnahme für die Versicherungsanstalten getroffen, Die Kursverluste können allerdings für die Sparkassen ein drohendes Moment sein, aber sie können durch die Anschaffung von Schatz⸗ anweifungen vermieden werden, und sie sind außerdem um deswillen weniger gefährlich, weil die Papiere bei den Sparkassen lange Zeit stegen werden. Daß es für die Sparkassen nicht nötig sei, ihre Liquidität zu erhöhen, können wir in unserer Mehrheit nicht an⸗ erkennen; die Sparkassen müssen mehr Barmittel erhalten, um auch einem plötzlichen Ansturm gewachsen zu sein. Man kann bei solchen Gelegenheiten die Sparer nicht. gut auf die Innehaltung der Kündlgungsfrist verwelsen. Die Kommission war ker Meinung. daß es nicht zweckmäßig sei, die Angelegenheit dem Statut der Spar= kassen zu' überlassen, sondern befürwortete, sie durch dag Gesetz selbst

u ordnen; dabei glaubte die Kommission mit der Schonung der. kseinen Sparkassen möglichst weit geben zu sollen, weil gerade die

wird wohl kein einziger von Ihnen wünschen, daß wir unsere Staatsz⸗

Sparkassen geeignet sind, den kleinen Realkredit zu befriedigen, und

deshalb möglichst große Bestände dafür zur Verfügung haben müssen. So ist man in der Kommission dazu gekemmen, ö der Sparkassen. die nur einen Einlagebestand bis zu 2 Millionen haben, und deren Geschäftskreis auf den Kreis ihres Sitzes beschränkt ist, nur 10 90 für die Anlage in Inhaberpapieren vorzuschreiben. Die Kommissions⸗ beschlüsse in diefer Richtung find namentlich im Interesse der inneren Kolenisgtign gefaßt worden, und wir würden am liebsten die Kom⸗ mifflonsbeschlüsse zum Gesetz machen und bedauern deshalb die ab⸗= lehnende Grklärung der Regierung. Et bleibt mg danach nur übrig, är den Antrag Winckler zu stimmen. Den Antrag Faßbender müssen wit . Sch

Abg. Dr. roeder⸗Cassel (nl): Gegen ein unpopuläres Gesetz zu sprechen, ist leicht, dafür bier, schwer. Ich werde trotzdenm es verfuchen, dafür zu sprechen. Der Abg. Reinhard hat Veranlasfung genommen, nebenher auch unsere Interpellation, betr. . zur Besserung des Realkredites, zu erwähnen, und gemeint, sie befinde sich mit unserer Stellungnahme zu der Vorlage in Wider⸗ spruch. Ich kann dag nicht zugeben; derjenige Teil der Sparlassen, fapitalien, der in Zukunft nicht mehr für diesen Kredit zur Verfügung stehen wird, ist weitaus nicht ausschlaggebend. Im übrigen kommt es, wenn die Interessen miteinander in Widerstreit steben, daranf an, wohin das Hauptinteresse neigt. Die Frage der Annahme oder Ab⸗ lehnung des Gesetzentwurfs muß ganz allein aus den Bedürfnissen und Verhältnissen der Sparkassen selbst beurteilt werden. Auszu⸗ scheiden hat auch die Frage des höheren Kurses der Staatspapiere, und daher bedaure ich, daß der Finaniminister nochmals so aus⸗ führlich darauf eingegangen ist; ich glaube nicht, daß das im Interesse des Zustandekommens, der Vorlage liegt, Heht sich der Kurs nachher tatsächlich, um so besser; aber mit der Vorlage hat diese Frage nach meiner Ueberzeugung nichts zu tun. Die Vor⸗ lage ist notwendig im Interesse der Liquidität der Spatkassen. In ihnen ist gerade das Vermögen der kleinen Leute investiert, sie sind Depositenbanken, und die Ansprüche an die Sicherheit dieser Bestände müssen so hoch wie irgend möglich geschraubt werden. Die Vermögen und ihre Zugänglichkeit müssen auch in den schwersten Zeiten gesichert sein. Gewiß ist ja die Anlegung völlig sicher, und in ruhigen Zeiten kann, der Einleger jederzeit darüber verfügen; aber in schweren Zeiten, in Kriegszeiten steht es damit doch anders. Wenn man auf 1866, auf 1870571 verweist, wo die Sparkassen⸗ bestände sich trotz der Kriegszeiten noch vermehrt hätten, so ist das richtig, aber die Richtigkeit der Parallele mit der Jetztzeit kann ich nicht anerkennen. 1869 waren in den Sparfassen 171 Millionen in⸗ vestiert, heute sind es 11 Milliarden. Die Erfahrungen von damals und heute lassen sich also nicht in Vergleich stellen. Und welche Summen würden heute für Kriegszwecke nötig sein! Die Bestände des Jullusturms werden in den ersten Tagen aufgebraucht sein, und dann sind, Hunderte und aber Hunderte von Millionen zu beschaffen. Daß die Sparkassen einen gewissen Bestand an Wertpapieren haben, halte ich für unbedingt notwendig, der Satz von lombardfähigen Papieren darf auch nicht zu niedrig sein. Andere Mittel für die Liquidität sind nicht vorhanden. Ein reicher Barbestand ist ja noch viel besser, aber die Auferlegung einer dahingehenden Verpflichtung würde eine noch viel weiter gehende Be⸗ lastung der Sparkassen sein. Die Sparkassen sind nicht dazu da, den großen bankmäßigen Verkehr zu pflegen, sie sollen auch nicht den Wechselverkehr pflegen, weil das über die Urteilsfähigkeit der nicht banktechnisch gebildeten Leute geht, die meistens an der Spitze stehen. Die Frage der Lombardfähigkeit der Hypotheken sollte hier ganz indiskutabel sein. In ruhigen Zeiten mag ja wohl einmal ein Bankier eine Summe auf Linen Hypothekenbrief geben, aber in schweren, in Kriegszeiten ist es ganz ausgeschlossen, daß eine Bank auf Hypethekenbriefe auch nur einen Pfennig gibt. Wenn man endlich den Sparer von der Sparkasse an den Garantieverband weist, so kann der Sparer damit nichts anfangen. Wo sind denn in schweren Zeiten die Verbände, die noch über große Barmittel verfügen? Nicht die Kommunen werden dann den Spar⸗ kassen Mittel überweisen können, das Gegenteil wird die Regel sein. Der größte Teil der Sparkassen besitzt übrigens schon heute den ge—⸗ forderten Bestand an Wertpapieren; einzelne Kassen, speziell in Schleswig⸗Holstein, Rheinland und Hannover haben einen solchen Bessand in dem notwendigen Umfange noch nicht aufzuweisen, und hier muß gerade nach der AÄnsicht eines Teiles meiner Freunde für größere Liquidität Sorge getroffen werden. Wenn der Abg. Reinhard hervorhebt, die Sparkassen wirtschafteten so vorsichtig, daß sie die Auszahlung größerer Barbestände von einer dreimonatigen Kündigung abhängig machen, so hat der Finanzminister schon dar⸗ getan, daß solche Fristen nichts nützen. Wenn Not am Mann ist, kann sich die Sparkasse auf Kündigungsfristen nicht berufen. Wenn bei einem Run auf eine Sparkasse keine Schwierigkeiten entstanden sind, so nur deshalb, weil die Kasse sich nicht hinter die Kündigungs⸗ flausel zurückzog, sondern jedem auszahlte, der die Auszahlung forderte. Nur dadurch wurde eine Kalamltät vermieden. Wie würde s da aussehen in Kriegszeiten bei einem allgemeinen Run? Mit einem Moratorium kann, man auch nicht operieren, das kann bei öffentlichen Sparkassen niemals in Frage kommen, wo es sich nicht um eine Frist, sondern um die Beschaffung von Bargeld handelt. 8 ] ist dazu bestimmt, einen gewissen Ausgleich zu schaffen. Es wird dadurch den Garantieverbänden außerordentlich erleichtert, von den lieberschüffen in den Sparkassen reichlicher als bisher Gebrguch zu machen. Bisher konnten nach dem S arkassengesetz von 1838 die UÜeberschüsse nur für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Nach diefem Gefetz sind sie für öffentliche, dem gemeinen Nutzen dienende Zwecke verfügbar. Außerdem 6 die Garantieverbände insofern besser gestellt als bisher, als die Genehmigung der Aufsichtsbehörden im allgemeinen nicht mehr erforderlich sein soll. Der Antrag Winckler, den ich für meine Person mitunterschrieben habe, will den hren lffag der den Sparkassen vorgeschriebenen Wertpapiere etwas erweitern. Ander⸗ seits sollten wir so weit, wie es ursprünglich die Regierung be⸗ absichtigte, nicht gehen. In unserem Antrage liegt eine erhebliche Besserstellung gerade der kleineren Sparkassen. Es werden die⸗ jenigen Sparkassen, deren Wirkungke kreis auf den Bezirk des Garantle⸗ verbandes oder wenigstens auf einen abgegrenzten Kreis erstreckt, wesentlich günstiger gestellt. Durch die neue Be⸗ stimmung foll; der unleidlichen Zinstreiberei bei den Sparkassen Ginhalt' getan werden, die wirklich auf die Dauer unerträglich ge⸗ worden ist. Es werden in kurzen Zwischenräumen neue r uffn als Konkurrenzsparkassen gegründet gegen seit Jahrzehnten bestehende Sparkassen, nur weil die betreffenden Kommunen sich auch eine milchende Kuͤh verschaffen wollen. Die neuen Kassen geben dann bessere Zins⸗ bedingungen als die alten bestehenden ar, und alles, was damit im Zu⸗ fammenhange steht, führt dann zu einer erheblichen Verteuerung des Real⸗ kredits. Wir würden der Staatsregierung außerordentlich dankbar sein, wenn sie auf die Zinstreiberel bei den Sparkassen ein wachsames Auge hielte und init allen Mitteln dahin wirken wollte, daß dieser Zins treiberei und diefer Konkurrenz der Sparkassen endlich einmal ein Ende bereitet würde. Die Anträge Faßbender und Hoff können wir als zweckenisprechend nicht anerkennen. Es ist gegen den Entwurf eingewendet worden, es sei nicht erwünscht, einen eie lichen Zwang auf die Sparkassen auszuüben, sondern man solle es der Staatsregierung als Aufsichtsbehörde überlassen, auf solche Spar⸗ kassen, bei denen ein solcher Bestand an Staatepapieren nicht vor⸗ handen wäre, einen Druck auszuüben. Diesen Weg halte ich doch für bedenklich. Da ist es doch viel erwünschter, durch Gesetz die Voraus- setzungen zu bestimmen, unter denen die Sparkassen einen bestimmten Prozentsatz in Inhaberpapieren vorrätig haben. Eine derartige Regelung liegt nicht im Interesse der Sparkassen. Ich persönl ich und mit? mir ein großer Test meiner Freunde sind der Meinung, daß die Beschlüsse der Kommission, vor allem aber auch der Winckler, die Sache so regeln, daß namentlich die kleinen Sparkassen ö werden. Dlese Ftegekung entspricht nicht nur dem all⸗ gemelnen Staatswohl, sie bedeutet auch eine große Sicherung für den Fall der Mobilmachung.

Abg. Mom m sen (fortschr. Volkp.) Ich spreche nur für den-

jenigen Teil meiner Freunde, der sich nicht grundsätzlich ablehnend bem Geseßentwurf gegenübeistellt. Ein Teil meiner Freunde frei⸗

6 verhält sich auch nach den Kommissionsverhandlungen grundsätz⸗ lich ablehnend, u. 4. deshalb, weil sie in dem Entwurf einen gesetz lichen Eingriff in einen Zweig der Selbstverwaliung erblicken und eine Schädigung des Realkredits befürchten. Einig sind wir uns alle in meiner Partei, daß dieser Entwurf mit der Hebung des Kurses der Staalspapiere nichts zu tun hat. Alle künstlichen Mittel, den Kurs der Staatspapiere zu heben, werden versagen und baben verfagt. Die Kurse und die Verzinsung auch der Staatspapiere richten sich und müssen sich richten nach der Lage des allgemeinen Geldmarktes, und wenn der Finanz- minister mit Recht immer wieder betont, daß die preußischen Staatspaptere, die Papiere des Reichs und der anderen Bundes staaten ine der sicherften Anlagen find, die es gibt, so ist dies natürlich durch⸗ aus richtig, aber es hat mit der Verzinsung dieser Anlagen nichts zu tun. Wenn wir trotzdem dazu kommen, der Vorlage zuzustimmen, so geschiebt das lediglich aus dem Interesse der Sparkassen selbst beraus. Wir halten die' Vorlage nach den Vorgängen der letzten Jahre, nachdem alle Versuche, auf dem Wege der Freiwilligkeit etwas zu tun, gescheitert sind, für notwendig. Wir müssen dafür sorgen, daß die Sparkassen säratlich liquide sind, soweit es überhaupt bei solchen Instituten möglich ist. Die Gegner der Vorlage bestreiten, daß Tberhaupt Mißstände bei den Sparkassen vorgekommen seien. Der Regierungsvertteter hat in der Kommission bestritten, daß im allgemeinen. Mißsflände im Bankwesen Hhestehen, die einen weiter gehenden Eingriff erforderten, als es die Vorlage vorschlage. In der Kommission sind diese Eingriffe ja wesentlich verringert worden. Aber die schwersten Bedenken gegen die Sparkassen haben doch die Vertreter der Regierung in der Kommission außdrücklich anerlannt. Das eine ist die immer schlimmer werdende Zinstreiberei bei den Spar⸗ kaffen, die ihren Grund hat in der Konkurrenz der Sparkassen unter⸗ eingnder, namentlich der neubegründeten gegenüber den alten, aber auch gegenüber den Banken. Das eine will ich hier feststellen, daß die Vorlage, wie sie hier vorliegt, mit der Frage der Konkurrenz der Banken gegen die Sparkassen meines Erachtens überhaupt nichts zu fun hat. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß die Ban ken. wenigstens soweit sie solid und verftändig geleitet werden, niemals in der Lage sind, für täglich abhebbare Gelder diejenigen Zinsen zu zahlen, wie es die Sparkassen tun. Sie bleiben weit unter 3 oder 34 oo, an Sätze von 40lο ist nicht zu denken. Schon aus diesem Grunde scheidet die Frage der Konkurrenz ganz aus, die Einlagen der fremden Gelder bei den Banken betragen etwa 6— Milliarden, worunter sich Gelder von großen industriellen Unternehmungen befinden, während die Einlagen der Sparkassen 11 bis 12 Milliarden betragen. Schon daraus sehen Sie, daß das keine Konkurrenz ist und auch feine sein soll. Es ist richtig, daß die Sparkassen nicht mehr das sind, was sie eigentlich sein sollen, eine Anlegestelle für die Gelder der kleinen Sparer, um sie sicher zu verwahren und zu verzinsen. Sie haben sich immer mehr zu Ge⸗ schäftsunternehmungen entwickelt, und das ist ein Krebsschaden für unser Sparkassenwesen. Ich begrüße jeden Schritt mit Freuden, der geeignet ist, dem vorzubeugen. Ein zweites Bedenken, das angeführt wurde gegen die jetzige Lage der Sparkassen, ist Vergebung von Real⸗ kredit außerhalb ihres Bezirkes. In demselben Moment, wo die Spar⸗ kassen sich darauf berufen, daß sie den lokalen Realkredit pflegen, sollten fie auch keine Gelder außerhalb ihres Bezirkes ausleihen. Es gibt Zeiten, wo die Sparkassen gar nicht in der Lage sind, in ihrem eigenen Bezirk diese Gelder unterzubringen. Das geht ja auch anderen Instituten so. Dann dürfen sie aber nicht mit dem Geld, wie es die Sparkassen zum Teil tun, außerhalb ihres Bezirkes gehen, sondern müssen dieses Geld so anlegen, daß sie es später für hren Zweck benutzen können. Dazu dienen am besten Staats⸗ anleihen, Wechsel üsw. Ich will auf die Sicherheit der in den Spar— kassen angelegten Gelder nicht eingehen, aber aus den Verhandlungen der Bankenquete hat sich doch gezeigt, daß es auch bei, diesen In⸗ stituten manches Bedenkliche gibt. Es kann deshalb nicht schaden, wenn man hier dafür sorgt, daß die nötige. Sicherheit vorhanden ist. Ich gebe zu, diese ganze Frage steht hier nicht zur Debatte. Und gerade die Frage der Liquidität eines solchen einzelnen Inftituts, einer Sparkasse, einer Bank, ist eine Frage nicht des einzelnen Unternehmens, sondern der Gesamtheit. Dafür spricht die Ersahrung. Wenn an irgendeiner Stelle der Stein ins Rollen kommt ünd an einer Stelle wegen Mangels an Liquidität die Forderungen nicht befriedigt werden können, so wird von dieser einen Stelle aus auch die Gesamtheit in Mitleidenschaft gezogen. Deshalb muß dafür gesorgt werden, daß, wenn eine derartige Stelle glaubt, ein Auznahme machen zu dürfen, sie zu ihrer Pflicht angehalten wird. So gut wie auf das Kreditbankwesen von Aufsichts wegen ge⸗ drückt werden kann, so muß es auch bei der einzelnen Sparkasse eschehen können. Da aber die Staagtsaufsicht vielfach nichts genutzt 5 fo bleibt eben weiter nichts als das Gesetz übrig. Der Spar⸗ kassenberband, auf den wir uns berufen haben, hat das selbst an⸗ erkannt. Aber er hat nichts erreicht. Er stand noch auf dem Stand⸗ punkt, daß eine Anlage von 200o mindestens gerechtfertigt ist. Wenn Sie sich die Staristik ansehen, so werden Sie sehen, daß die geforderten Mindestsätze im allgemeinen unter dem bleiben, was das Gesetz verlangt. Die vorliegende Art der Gesetzgebung ist nicht die schlechteste. Wenn die Sparkassen sich bar Geld hinlegen, dann sind sie ja immer liquide. Aber das bare Geld ist von allen Geld⸗ mitteln das einzige, was überhaupt keine Zinsen bringt. Das beste ist immer, wenn man Lie nötige Liquidität aus dem saufenden Betrieb, decken kann. Daß ist auch bei dieser Vorlage gewährleistet. Dadurch ist für die Sparer die größte Sicherheit geschaffen, denn eine größere Liquidität bedeutet zugleich eine größere Sicherheit. Denn tatsächlich ist derjenige am aller⸗ wenigsten gefährdet, der am meisten über liquide Mittel ver— fügt. Das liegt auch im Interesse derer, die von den Sparkassen Geid leihen, ganz besonders im Interesse der ländlichen Hypothekenschuldner, soweit keine Amortlsationshypothek in Frage ommt. Befteht eine Liquidität nicht, so kommt eine Sparkasse in die Lage, Hypotheken kündigen zu müssen. Und das erfolgt meist in einer Zeit, wo die Rücksahlungen in der Regel den Ruin der Grund⸗ besitzet bedeuten. Die Sparkassen müssen deshalb auch in kritischen Zeiten durchhalten können. Dazu ist es notwendig, , ein erheb⸗ sicher Prozentfatz der Anlagen jederzeit in Bargeld umgesetzt werden kaun. In der Kommission sind diese Befürchtungen . worden, daß im Falle einer Mobilmachung die Staatgzanleihen nicht schnell genug in Geld umgesetzt werden iönnen. Allerdings würde das dann größere Kosten perursachen. Aber in. diesem Punkte können die Spar⸗ kassen nicht günstiger als andere Institute ge kellt werden. Der Staat muß darauf sehen, daß die in den Spartassen angelegten Gelder richlig angewandt werden, und deshalb müssen wir dieses Gesetz schaffen.

Abg. Tou rnęgu (Zentr) ändert seinen Eventual antrag zu dem Antrag Winckler dahin, daß die Bestimmung dieses Antrags über die Genehmigung der Äufsichtsbehörden nicht ge— strichen, sondern ausdrücklich bestimmt wird:

Die Verwendung der Jahresüberschüsse bedarf der Genehmigung der AÄufsichtsbehörde nicht.“

Abg. Kur zawski Pole); Wir stehen diesem Gesetzentwurf mit erheblichen Bedenken gegenüber, weil wir grundsätzlich gegen jede unnötige Beschränkung der bürgerlichen Freiheit sind, nachdem wir an unserem eigenen, Haupte sehr oft Erfahrungen gemacht haben, Es ist nicht angängig, gerade Tie Sparkgssen als Ausbeutungtzobjekt oder Zielscheibe anzusehen, Die Sparkassen sind schon der Ver⸗ pflichtung der Mündelsicherheit und der Staatsaufsicht unter⸗ worfen und sollen sich nun noch gefallen lassen, durch den Kurs, rückgang der Staatspapiere Verluste erleiden zu müssen. Was uns Polen ün besonderen anlangt, so ist unsere frühere Kolonisation niemals staalsfeindlich gewesen. Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen.

Abg. Leinert (Sor): Die Kommissionsbeschlüsse bringen zwar Verbesferungen im Intereffe der Sparkassen, aber diese Verbesserungen baben nur problematischen Wert, denn sie sind an Bedingungen ge⸗ knüpft, die keine Sparkasse erfüllen kann, Sobald eine Oer tf über ihren Kreis der ihren Rachbarkrels hinguegeht mit, ihrer Hypothekenbeleihung, so iritt ohne weiteres der Satz von 259 ein.

Punkt.

Als die Kommission die staatliche Genehmigung für die Verwendung der Jabresgüberschüffe strich, erklärte die Regierung das für ungnnehm= bar, und nun traten die Verschlechterungsräte zusammen. Wir sehen in keinem der jetzigen Anträge eine Verbesserxung; die Anträge kommen nur dem Standpunkt der Regierung sehr nahe oder übertreffen ihn noch. Wir werden sie sämtlich ablehnen. Das Allerschlimmste in dem Kompromißantrag ist der Versuch, irgendwie die staatliche Ge⸗ nehmigung wieder einzuführen. Daß unter diesem Antrag au ein Freisinniger steht, ist ganz besonders bedenklich. Die Kommissions⸗ mitglieder, die diesen Antrag gestellt haben, scheinen also Angst vor ihrer eigenen Courage bekommen zu haben, mit. der sie zunächst in der Kommission die Staatsaufsicht beseitigt batten. Im übrigen beschränken auch die Kommissionsbeschlüsse die Selbssverwaltung der Sparkassen sehr wesentlich. Was hier von den Sparkassen an Anlegung in mündelsicheren Papieren verlangt ist, ist eigentlich in der Praxis schen erreicht, aber die Hauptsache ist, daß nach dem §z 2 drei Fünftel dieser Papiere in Staats⸗ oder Reichspapieren bestehen müssen. Das ist gerade der springende Dle ersten Hypotheken sind ebenso sicher oder noch sicherer als Staatspapiere. Es handelt sich hier viel mehr um die Hebung des Kurses der Staatspapiere als darum, die Sparkassen liquid zu erhalten. Von einer ungesunden Zinstreiberei der Sparkassen kann keine Rede sein. Die Regierung hätte den umgekehrten Weg gehen und die Spareinlagen bei den Banken sicherstellen sollen; die großen und mittleren Banken, die Spareinlagen annehmen, follten solider und liquider gemacht werden. Um die Kursverluste aus⸗ zugleichen, sollen die Sparkassen einen großen Reservefonds anlegen; damit wird die Behauptung widerlegt, daß die Sparkassen durch die Anlegung in Staatspapieren liquider gemacht werden sollen. Die Großbanken werden den ganzen Nutzen von diesem Gesetz haben. Will man die Liquidität der Sparkassen für den Kriegsfall, so müßten sie die gefamten 100 09 flüssig machen; ob die Sparkassen im Mobilmachungsfalle die Einlagen zurüczahlen können, ist eine Frage, die man nicht beantworten kann. Worauf es dem Finanz⸗ minfster in erster Wnie ankommt, ist die Hebung des Kurses der Staatspapiere. Diese soll aber nur geschehen auf Kosten der kleinen Spareinleger. Die Anleihen werden doch nicht im Interesse der kleinen Leute, sondern im Interesse des Militarismus auferlegt. Da wäre es doch nur gerecht, wenn diejenigen Leute, die durch den Militarismus in ihrer Kapitalentwicklung geschützt werden, zu den Staatsanleihen herangezogen würden. Tatsächlich wird der Zweck der Vorlage, den Kurs der Staatspapiere zu heben, nicht erreicht werden. Der Kreis der Wirksamteit dieses Gesetzes müßte zum mindesten erweitert werden. Daß die Sparkasseneinlagen bei einem Ansturm auf die Sparkassen ohne Kündigung zurückgezahlt werden würden, möchte ich doch bezweifeln. Die Sparkassen haben immer erklärt, daß das eine freiwillige Leistung sei, auf die der einzelne Einleger keinen Anspruch habe, An die Erklärung des Finanzministerß sind die Sparkassen nicht gebunden. Warum sollen denn gerade die kleinen Leute die Opfer bringen, warum nicht das Kapital, die Großindustrie? Das Gesetz gibt den Sparkassen nicht die mindeste Gegenleistung für die Schädigungen, welche die kleinen Einleger erleiden. Der Antrag Waldstein füllt diese Lücke aus, er will die Sparkassen gegen Kursverluste schützen. Von der An— nahme dieses Antrages müßten eigentlich die Parteien die Annahme des ganzen Gesetzentwurfes, abhängig machen, aber die Regierung denkt nicht daran, einem solchen Antrage zujzustimmen. Wir haben beantragt, einen Teil der Ueberschüsse den Spareinlegern zugute kommen zu lassen. Es würde ein Unrecht sein, wenn die kleinen Leute sich mit einem geringen Zinsfuß zufrieden geben müssen, die großen Kapitalbesitzer begünstigt werden. Sollten die Kommissions⸗ beschlüsse nicht aufrechterhalten werden, dann können wir das Gesetz nicht annehmen. Unsere endgültige Stellung behalten wir uns bis zur dritten Lesung vor.

Von den Abgg. Reinhard und Gen. ist inzwischen der Antrag eingegangen, die Vorlage an die Kommission zur noch⸗ maligen Prüfung zurückzuverweisen.

Abg. Dr. Arendt (freikons): Ich bin selten in der Lage, mit dem Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion in so viel Punkten übereinzustimmen, wie in diesem Fall. Namens einer Minderheit meiner Parteigenossen habe ich zu erklären, daß wir zwar in den Beschlüffen der Kommission eine erhebliche Verbesserung des . entwurfs sehen, daß aber auch diese Verbesserung uns nicht in die Lage versetzt, für den Gesetzentwurf, zu stimmen,. Die Gründe, aus denen früher das Sparkassengesetz hier nicht zustande kam, sind auch gegenwärtig nicht weggefallen. Was sich geändert hat, ist die Begründung des Entwurfs von seiten, der Regierung. Diese Begründung ist allerdings diesmal eine vielseitigere und geschicktere, ob aber auch eine zutreffendere, ist mir zweifelhaft. Wir können nicht einfehen, weshalb gerade bei den Sparkassen der Anfang gemacht werden soll. Wenn in jeder Weise für die Liquidität der Sparkassen Vorforge zu treffen ist, so muß man doch anerkennen, daß gerade bei den Sparkassen erheblich weniger Schwierigkeiten im praktischen Leben entstanden sind als bei anderen Institutionen, insbefondere bei Banken und Depositenbanken. Die großen Bank⸗ brüche der letzten Zeit beweisen, daß eine Fürsorge nach dieser Richtung eine der allerwichtigsten Aufgaben der Gesetzgebung sein müßte. Ernste Bedenken gegen die Liquidität der Sparkassen sind nicht am Platze. Die fir loge für die Liquidität der Sparkassen ist auch nicht der wirkliche Grund für die Vorlage. Nach meiner Ueber⸗ zeugung entziehen sich die Umstände, die im Kriegsfalle eintreten, jeder Voraussicht. Die Sparkassen sind die wichtigsten Kreditbanken des kleinen Mannes. Im Reichstage sind die Postsparkassen abgelehnt worden, weil man fürchtete, daß durch diese das Kapital der kleinen Leute vom platten Lande in die großen kapitalistischen Neservoirs übergeführt würde. Mit dieser Vorlage beschreiten wir denselben Weg. Es würde ebenso das Geld der kleinen Leute vom platten Lande, aus den kleinen Städten in die Bankreserpvoirs der Großbanken übergeführt werden. Es würde aber auch der Real⸗ kredit auf dem platten Lande und in den kleinen Städten durch diese Vorlage gefährdet werden. Ich bin deshalb verwundert, daß die große konservative Partei so gut, wie geschloßen für diese Vor⸗ lage eintritt. Vielleicht tritt noch im Hertenhause eine Umstimmung ein. Durch den 5]? hat man Vorteile in Aussicht gestellt, die viel⸗ leicht hier und da über die Bedenken hinweggeholfen haben. Aber wir müssen uns doch darüber klar sein, daß der Realkredit heute überaus schwer bedroht ist, nicht bloß für zweite, sondern auch für erste Hypotheken. Die Natignalliberalen hatten einen Antrag ge⸗ stellt zugunsten des stäͤdtischen Realkredits, und sie haben ihn in die Form einer Interpellatson umgewandelt; wohl mit der sicht, ihn so schnell wie möglich zur Verhandlung zu bringen. Wir müssen uns fragen, ob wir gegenüber einem Notstande, der den stadtischen Realkredit zu einer Katastropbe zu führen droht, Maßregeln ergreifen, können, welche diesen Notstand unter allen Umständen verschärfen müssen. Ich meinerseits kann einem Gefetzentwurfe, wie dem vorliegenden, por einer Regelung der Realkreditverhältnisse unter keinen Umständen zustimmen. Der wirkliche Grund fur die Vorlage ist die Hebung des Kurses der Staattzanleiben. Diesen Schritt zur Hebung des Kurses halte sch aber für verfehlt. Der Kurs der Staatspapiere ist maßgebend für die ganze Bewegung des Zinsfußes, und letzterer ist von ein⸗ schneidender Bedeutung für unfere ganze Produktion und wirtschaft⸗ liche Entwicklung. Wodurch ist denn der Kurs herabgedrückt worden? Nicht wegen Mangels an Nachfrage ist der Kurs gesunken, nicht in heimischen Verhältnissen liegt der Grund hierfür; es handelt sich um eine große internationale Bewegung, wir sehen dieses Sinken gleichmäßig in England, in Frankreich. Es handelt sich überhaupt nicht um ein Sinken des Kursniveaus, sondern um eine Steigernng des Zinsfußes. In eine solche Aera sind wir eingetreten; und die Ur- sache dafür liegt in den allgemeinen wirischaftlichen Verhältnissen, die ein Steigen aller Preife herbeigeführt haben. Wo steigende Prelse, da steigender Zinsfuß; bei steigenden Preisen dehnt sich die Pro⸗ duktion aus und erfordert mehr Kapital, und die bei der steigenden Pteduktion gemachten Gewinne gestatten, einen höheren Zins fuß an⸗