Verleihung nicht gehindert werden dürfe. Der Regierungsentwurf hat aus diesen Erwägungen heraus, daß die Verleihung von Gerecht⸗ samen nur mit äußerster Vorsicht erfolgen dürfe, nur die eigentlichen Wassernutzungsrechte im Sinne gehabt, also die Einleitung von Wasser, die Ableitung von Wasser und den Stau. Die Kommission hat geglaubt, weiter gehen zu sollen; sie hat eine größere Zahl von Gerechtsamen der Verleihung unterwerfen wollen, sich im Lauf der Verhandlungen aber davon überzeugen lassen, daß es zweckmäßig wäre, einen Teil der Gerechtsame in die Vorschriften über die Zwangsrechte zu verweisen. Immerhin sind nach der Fassung des Entwurfs, wie er aus der Kommission hervorgegangen ist, als zu ver⸗ leihende Gegenstände die Häfen, die Anlagestellen und die Bade⸗ anstalten geblieben. Es freut mich — und ich habe es als ein Ent—⸗ gegenkommen gegenüber der Auffaffung der Regierung angesehen —, daß der Antrag von Kries auf Nr. 751 der Drucksachen vorsah, daß die Badeanstalten gestrichen und unter die Zwangsrechte versetzt, auch die Anlegestellen von nicht erheblicher Verkehrsbedeutung von der Liste gestrichen werden sollten. Wenn ich recht verstanden habe, ist dieser Antrag aber soeben zurückgezogen worden. Es bestehen dann also die Bedenken der Regierung bezüglich des Kommissionsbeschlusses, soweit er über den Regierungsentwurf hinausgeht, in voller Stärke fort. Ich glaube, mich enthalten zu sollen, hier diese Bedenken heute noch einmal des näheren darzutun. Sie beruhen eben auf der grundlegenden Erwägung, daß die Verleihung von Gerechtsamen nur insoweit erfolgen darf, als allgemeine Interessen keine Schädigung erfahren.
Meine Herren, wenn Sie den Bedenken, die ich hier nochmals zur Geltung gebracht habe, Rechnung tragen sollten, so würde der Wert Ihrer Arbeit nach Auffassung der Regierung keine Minderung erfahren. Ich wünschte daher, daß das Plenum dieses hohen Hauses sich mit diesen Fragen, auf deren Erledigung in ihrem Sinn die Staatsregierung Wert legt, recht eingehend befassen möge.
Abg. von Brandenstein (kons.) schlägt zur Geschäfts⸗ ordnung vor, nachdem der Minister über die ganze Frage der Zu⸗ ständigkeit der Verleihungsbehörden gesprochen. habe, mit der Be⸗ ratung des 5 45 die der 88 49 und 71, die sich auf denselben Gegenstand beziehen, zu verbinden. .
Abg. Ecker⸗Winsen (nl) erhebt dagegen Bedenken und will die
einzelnen Paragraphen für sich behandelt wissen, schlägt aber, nachdem die Abgg. Dr. xon Woyna freikons.) und Lippmann ortschr. Volkspartei) sich dem Vorschlag des Abg. von Brandenstein ange⸗ in. haben, seinerseits vor, dann auch den S 60 mit zur Debatte zu stellen. g 14 von Branden stein (kons.) bemerkt, daß für den 8 49 auch das Verzeichnis der Wasserläufe erster Ordnung in Frage komme, weil in Tiesem diejenigen Wasserläufe mit einem Stern versehen seien, auf welche sich das Velorecht des s 49 beziehe. Er bleibe jedoch bei seinem früher gemachten Vorschlag, dieses Verzeichnis nicht jetzt, fondern am Schluß der ganzen Beratung zu erledigen.
Das Haus ist damit einverstanden, es werden die 88 46, 49, 66 und 71 gemeinsam zur Debatte gestellt.
Berichterstatter Abg. Bitta (Zentr.) erläutert den Gang der Kommissionsverhandlungen und bebt hervor, daß die Kommission davon ausgegangen sei, daß auch das Landeswasseramt eine voll⸗ kommen unabhängige Behörde sein und eine Beschlennigung Ter Arbeiten ermöglichen werde. Allerdings habe man gemeint, daß auch das Oberverwaltungsgericht schlennig arbeiten könne, wenn es nur über Rechtsfragen zu urteilen habe, aber wenn nur dies der Fall sein folle, so gehe ein großer Teil der Bedeutung des Ober⸗ verwaltungsgerichts verloren, da es sich hier weniger um Rechte fragen als um wafferfechnische und wirtschaftliche Fragen handele Gerade mit Hilfe des Landeswasseramts werde sich die Einheitlichkeit der Nechtsprechung und die Fortbildung des Wasserrechts erreichen lassen. Drei Instanzen seien um so weniger ,, als es sich nur darum handle, ob und wie eine Verleihung zu erfolgen habe, und ob das private oder öffentliche Interesse überwiege.
Abg. Lip pm ann (fortschr. Volksp.): Wir stehen hier vor dem grogen gesetzgeberischen Fortschritt, die volle Ausnutzung unserer Wasserkraft und die volle Ausnutzung der Benutzung möglichkeiten unferer Wasserläufe zu erreichen. Allerdings werden Rechtsgrundsätze des Eigentums befeitigt zugunsten des großen Grundjatzes, daß das öffentliche Interesse und der wasserwirtschaftliche Vorteil überall durchgesetzt werden soll. Das ist ein großes Ziel, aher, anderfeits ist es eine große Umwälzung der Rechtsverhältnisse. Es gilt hier, den guten neuen Boden zu schaffen, ohne das gute Alte zu verletzen, es gilt — was das ganze Gesetz beberrscht — einen Ausgleich zu schaffen zwischen den Interessen, die neu gefördert werden sollen, und den alten Intereßsen, die möglichst geschützt werden sollen. Von allen Parteien ist bei Anerkennung aller Vorzüge des Gesetzes, besonders des Vorzugs der Freiheit der wirtschaftlichen Auffassung, die das Gesetz beherrscht, schon bei der ersten Lesung bekundet worden, daß dafür gesorgt werden muß, daß das heutige Recht an den Wasser⸗ läufen geschützt wird, und daß insbesondere diese voll⸗ kommene Verfügung über alles Eigentum, und alle Rechte an Wasserläufen, die durch Verleihung eingeführt wird, in
Hände gelegt wird, denen das Volk und diejenigen, in deren Rechte eingegriffen werden soll, volles Vertrauen schenken können. Selbstverständlich kann davon keine Rede sein, daß die Ministerial⸗ instan; nicht das Vertrauen verdiene; aber nach dem unser ganzes Rechtsleben beberrschenden Grundsatz soll über eine Enteignung, eln Aufgeben eines Privatrechts zugunsten des öffentlichen Vorteils eine unabhängige richterliche Instanz befinden. Alle Parteien wollen diesen Rechtsgrundsatz nicht verlassen und wollen deshalb, daß über die Ver⸗ leihung eine richterliche Instanz befindet. Bei diesem Vorhahen ist die Kommifsion trotz des Strebens der Ministeriglinstanzen geblieben, und nur über die Wege dazu ergeben sich Differenzen. Die eine Partei in der Kommisston wollte als diese Zentralinstanz das Landes⸗ wasseramt schaffen, die andere Partei war für das Oberverwaltungs⸗ gericht. Es fragt sich nun also nur, welcher von beiden Wegen den 6 Vorteil bietet. Auf dem einen Wege kommen drei Instanzen fn Frage, der Bezirksausschuß, ein provinziell zu gestaltender Strom⸗ ausschuß und das Oberverwaltungsgericht. Man könnte meinen, daß gerade für den Schutz des Cigentums drei Instanzen größere Sicherheit gewähren, aber sachlich richtiger ist es doch, nür zwei Instanzen zu schaffen. Der Stromausschuß und das Qberverwaltungsgericht waren als so— genannte Nevisionsinstanzen gedacht. Wer im Rechtsleben steht, weiß, daß eine Revistonsinstanz nur ein Verlegenheitsprodukt ist, der weiß aber auch, daß die Rexisionsinstanz oft vor falschen Entscheidungen Halt machen muß. Eine solche Instanz, die sich der vollen Prüfung der tatsaͤchlichen Gründe zu enthalten hat, ist aber hier von Schaden. Es sind 13 Stromausschüsse vorgesehen, deren Rechtsprechung eine letzte Instanz bilden soll; deren Rechtsprechung wird ja immer
lokal beeinflußt fein und kann deshalb keine einheitliche sein. Laffen wir nur zwei Instanzen zu, dann wird nicht nur das Verfahren gerürzt, sondern das Tan dec mwasseramt kann als einbeitliche Instanz die großen Grundsätze herausarbeiten, nach denen sich später die nachgeord⸗ neten Instanzen richten können. Wir kommen so rasch zu einer ein⸗ heitlichen Rechtsprechung. Deshalb balte ich es für das Richtige, wenn man am Bezirksausschuß und am Landeswasseramt festhält. Außerdem halte ich die Zusammen setzung des Landeswasseramts für eine glückliche. Es sitzen in ihm unabhängige Richter, Verwaltung? heamte und eine An⸗ zabl sachkundiger Laien. Dadurch, daß nur Richter im Hauptamt darin sind, sind Kautelen genug. geschaffen. Und wenn noch dazu Laien mit ibrer wirtschaftlichen Erfahrung treten, jo werden wir sicher an diesem Landeswasseramt unsere Jreude erleben. Meine Freunde
wollen ja das Ministerium gar nicht ausschalten. Sie wollen nur,
daß es ohne die nötigen Kautelen nicht über private Nechtẽansprũche verfügen darf. Wir halten es sogar für unerläßlich, daß das Ministerium im Rahmen seiner Sachr erständigkeit beteiligt wird. Aber es soll nur zu entscheiden haben, ab die betreffende Verleihung mit dem Zweck unserer Ströme und u nserer öffentlichen Interessen im Widersßruch steht. Meine Freunde siehen deshalb auf dem Boden der Kommissionsbeschlüsse zweiter Lesung. Nur so ist ein gelunder Ausgleich möglich zwischen dem allgemeircen öffentlichen Interesse und dem Privatinteresse, das gerade durch ein selbstãndiges Gericht geschützt werden soll.
Abg. Dr. von Kries (kons.): Man kann über die Beteiligung der Laien in den einzelnen Instanzbehö eden verschiedener Ansicht sein. Das Wesen und die Wichtigkeit des Laienelements liegt vor allem darin, daß die Laien den Beamten am grünen Tisch praktische Kennt⸗ nisse und die lokalen Wünsche vermitteln. Diese vermittelnde Taͤtigkelt trägt natürlich dazu bei, das Vertrauen des Volkes zur richtigen Anwendung der Gesetze und zur richtigen Bebandlung der verschiedenen Interessen zu stärken. Eine richtige Selbstverwaltung muß fo konssituiert sein, daß die praktische Kenntnis von den Laien geleistet wird, ohne daß auf der anderen Seite diese Laten den ein⸗ selnen Verhältnissen persönlich so nahe stehen, daß sie jenen Fragen nicht objektiv genug näher treten können. Nach den von uns bei der ersten Lesung gestellten. Anträgen war nicht nur in der ersten, sondern auch in der zweiten Instanz die Mehr⸗ heit des Laienelements gewährleistet, Bir verschlossen uns der Auf= fassung nicht, daß es im Wassergesetz Rechtsfragen gibt, die unabhängig sind von den praktischen Bedürfnissen und Verhältnissen, und welche einheitlich gestaltet und beurteilt werder müssen. Zur Prüfung und Entscheidung dieser Rechtsfragen, welche die überwiegenden Interessen des öffentlichen Wohls berühren, sollte das Qberwerwaltungsgericht berufen fein. Cbenfo wie bei dem 3weckverbandsgesetz kommt es auch beim Wassergesetz auf einheitliche Regelung an— Die Regierung hat durch ihre Kommissare Verwahrung gegen das Oberverwaltungsgericht eingelegt. Die Regierung hat gesagt. daß wir im Interesse des Geletzes auf das Oberverwaltungsgericht verzichten und Line andere Instan; wählen müßten. Diese andere Instanz ist das Wasseramt. Ich habe eine viel höhere Achtimg vom Wert der Nevxisionsinstanz als der Abg. Lippmann. Die Revisionsinstanz soll die einheitliche Handhabung der fundamentalen Rechtsgrundsätze in allen Instanzen gewährleisten. Das Für und Wider bezüglich des Landes wasseramtes muß hier im Plenum nochmals erörzert werden, schon deswegen, weil wir hier bisher die Ansicht der entscheidenden Minister nicht gehört haben, sondern nur diejenige ibrer Kommissare. Es sind ja gewiß ganz ausgezeichnete Leute, und sie hahen auch gans Ausgezeichnetes zeleistet. Aber es sind doch nur Menschen. Gegen das Ober⸗ berwaltungsgericht wird von der Rezierung zunächst die Ueberlastung des Oberberwaltungegerichts ins Feld geführt. weiter die unertrãgliche Ver⸗ langsamung des Verfahrens und der Mißstand, daß man hier jetzt wiederum drei Instanzen einführen wolle, während gleichzeitig die Ver⸗ wastungsreorganisation dahin gerichtet sei, durchaus mit zwei Instanzen auszukommen. Wenn auch tatsächlich neben den vraktischen nur wenig eigentliche Rechtsfragen in Betracht kommen, so sind diese doch gerade von überwiegender allgemeiner Bedeutung, handelt es sich dech um die Rechtsfragen des öffentlichen Wohls und des allgemeinen Interesses. Die große Mehrzahl der Sachen würde auch beim Oberverwaltungs⸗ gericht ohne nennenswerte Mehrbelastung und Zeltaufwand entschieden werden können. Auch gegen die befürchtete Verlangsamung der Recht⸗ sprechung hatte die Kommission entfnrechende Kautelen vorgesehen. Auch die Interessenten sind in ihrer Mehrheit für das Ober⸗ verwaltungsgericht, obaleich sie die Vorzüge des Wasseramtes auch nicht verkennen. Das Landeswasseramt wird auf die Dauer zur un⸗ erträglichen Uniformierung samtlicher Entscheidungen führen. Ich bitte, unsere Abänderungsanträge anzunehmen.
Minister des Innern Dr. von Dallwitz:
Der Herr Vorredner hat seine sehr interessanten Ausführungen damit begonnen, daß es notwendig sei, eine so wichtige neue Insti⸗ tution, wie die Verleihung im Wassergesetz es ist, mit den ent⸗ sprechenden Rechtskautelen zu umgeben. Ich möchte hinzufügen, daß es auch unbedingt notwendig ist, solche neuen Institutionen so vor⸗ zusehen, daß sie nicht an formalen Schwierigkeiten scheitern, daß man in der Praxis auch in einer dem praktischen Bedürfnis entsprechenden Weise davon Gebrauch machen kann.
Dazu gehört vor allem, daß die Zeitdauer, die durch das Ver⸗ leihungsverfahren in Anspruch genommen wird, keine ũbertrieben lange, keine so lange ist, daß sie die Unternehmer, die von diesem Institut Gebrauch zu machen wünschen, von vornherein von ihrem Vorhaben abschreckt. Im Interesse der Vereinfachung und der Beschleunigung des Verfahrens muß daher bei Verleihungsanträgen, deren Eilbedürftigkeit die Kommission ja selbst durch den von ihr zu 8 60 beschlossenen Zusatz ausdrücklich anerkannt hat, unbedingt an der Beschränkung auf zwei Instanzen festgehalten werden. (Sehr richtig! links.)
Wenn nun aber das Oberverwaltungsgericht als dritte Instanz eingeführt wird, so ist es ganz unvermeidlich, daß das Verfahren nicht nur kompliziert, sondern auch beträchtlich verlangsamt wird. Denn bei der notorischen Ueberbürdung des Oberverwaltungsgerichts muß unbedingt regelmäßig, ja bei jeder Entscheidung eine sehr erhebliche Verzögerung eintreten; und diese Verhältnisse werden sich fast unerträg⸗ lich gestalten in den Fällen, in denen durch Zurückverweisung an frühere Instanzen noch mehr als drei Entscheidungen mit dem dadurch bedingten Zeitaufwand erforderlich werden würden.
Dagegen hilft auch der von dem Herrn Vorredner zitierte 8 72 Abs. 2 nicht, nach welchem die Möglichkeit gegeben ist, schon vor desinitiver Entscheidung den beantragten Gebrauch eines Wasserlaufs gegen entsprechende Sicherftellung zu gestatten. Denn es werden nur in den seltensten Fällen Unternehmer bereit sein, kostspielige Ein⸗ richtungen zu treffen, solange sie nicht sicher sind, daß ihnen auch das Recht, das sie beanspruchen, dauernd verliehen wird.
Aber, meine Herren, auch im Interesse des Oberverwaltungs⸗ gerichts selbst und seiner Rechtsprechung scheint mir die Neubelastung desselben mit dieser umfangreichen, ihm blsher fernliegenden Materie angesichts seiner jetzt schon bestehenden Ueberbürdung absolut un⸗ durchführbar zu sein; es würde dies auch in einem grellen Gegensatz stehen zu dem Ersuchen, welches dieses hohe Haus im vorigen Jahre bei Beratung des Hilfsrichtergesetzes an die Staatsregierung gerichtet hat, daß für tunlichst
baldige Entlastung des Obeiperwaltungègerichts Sorge getragen werden möge.
Meine Herren, die Annahme, daß, da es sich um eine Revifione— klage handle, nur ein geringer Bruchteil der Verleihungssälle bis ans Oberverwaltungsgericht gelangen werde, ist irrtümlich. Denn ganz sicher wärde bei der großen Anzabl von Interessenten, die in jedem Beleihungsfalle vorhanden sind, und bei der Döhe und finanziellen Bedeutung der in Frage stehenden Interessen sich in jedem einzelnen Falle mindestens ein Interessent finden, der gewillt sein wird, die Sache durch alle Instanzen durchjutreiben. Dem würde guch dadurch nicht abgeholfen sein, daß die Begründung der Revision beschtãnkt ist auf die Fälle der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung der Bestimmungen des Wassergeseßes. Wenn der Herr Vorredner der Ansicht war, daß die Zurũckweisung derartiger unbe⸗
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gründeter Revisionsklagen das Oberverwaltungsgericht nicht sehr be⸗ läͤstigen würde, so will ich zugeben, daß es dadurch nicht in dem gleichen Maße in Anspruch genommen werden dũrste, als wenn begründete Nevistonsanträge gestellt werden; aber eine sehr erhebliche Mehrbelastung liegt bei der großen Anzahl von Klagen, die an das Oberverwaltungsgericht kommen werden, auch denn unzweifelhaft vor; und ebenso eine entsprechende Verlanglamung des Verfahrens. .
Nun würde ja noch in Frage kommen können, ob eine Abhilfe durch Bildung neuer Senate beim Oberverwaltungsgericht geschaffen werden könnte; aber auch dieser Ausweg ist nicht gangbar, weil, wie hier im vorigen Jahre bei Beratung des Hilfsrichtergesetzes dargelegt und auch in diesem hohen Hause anerkannt worden ist, eine Bildung neuer Senate im Interesse der Einheitlichkeit der Recht⸗ sprechung beim Oberverwaltungsgericht nicht möglich sein wird. Ganz besonders schwer fällt gegen das Oberverwaltungsgericht als dritte Instanz ins Gewicht, daß es, wie der Herr Vorredner schon angedeutet hat, seiner ganzen Struktur nach nicht für derartige Fälle geeignet ist. Es handelt sich hierbei nicht um streitige Rechtsfragen. Denn die
Geltendmachung der Entschädigungsansprüche ist durch das Gesetz dem
ordentlichen Rechts wege vorbehalten, und auch nicht um die Anwendung bestehender Rechtsnormen, vielmehr handelt es sich hier in den vor⸗ liegenden Fällen um die Konstituierung neuer Rechte unter Aus⸗ gleichung konkurrierender Interessen nach den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und der Billigkeit (Abg. Lippmann: Sehr richtig!) und unter tunlichster Berücksichtigung der Forderungen, die aus
Gründen des öffentlichen Wohls zu stellen sind. Nun hat der Herr
Vorredner geglaubt, daß die Gründe des öffentlichen Wohls als Rechtsfragen anzusehen seien. Dieser Auffassung kann ich nicht bei⸗ treten, denn die Bedeutung des Begriffs des öffentlichen Wohls ist in jedem einzelnen Falle nach den tatsächlichen Verhältnissen ver⸗ schieden. Es ist auch im Enteignungsverfahren stets anerkannt worden, daß der Begriff des öffentlichen Wohls zu denjenigen geböre, die durch die Tatsachen bestimmt werden, mithin zu den Tatfragen. Es handelt sich also in all diesen Fällen nicht um Akte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, sondern um Verwaltungsakte, die ihrem Wesen nach nicht in der Form des Verwaltungsstreitverfahrens entschieden werden können, sondern für welche das Verfahren vor Beschlußbehörden das gegebene ist.
Wenn nun gesagt worden ist, daß das Oberverwaltungsgericht als Revisionsinstanz über materlelle Fragen nicht werde zu entscheiden haben, so ist das insofern nicht zutreffend, als bei spruchreifen Sachen das Revisionegericht in seiner Revisionsentscheidung auch über die materielle Frage mit zu entscheiden hat. Es gehören aber zu derartigen Entscheidungen meines Dafürhaltens zweifellos nicht nur recht⸗ liche, sondern auch technische und masserwirtschaftliche Kennt⸗ nisse und Erfahrungen, und über diese wasserwirtschaftlichen Kennt⸗ nisse und Erfahrungen verfügt das Oberverwaltungsgericht nicht. Das wird ganz wesentlich zutreffen bei den in der Mehrzahl der Fälle sehr wichtigen Entscheidungen über diejenigen Maßnahmen, die zur Verhütung befürchteter Schädigungen anzuordnen sein werden. Dem würde nur dadurch abgeholfen werden können, daß auch Laien den betreffenden Senaten des Oberverwaltungsgerichts hinzugefügt würden, daß sie mithin für Wasserrechtssachen anders gestaltet würden wie die sonstigen Senate des Gerichts. Ich glaube aber, daß das ernstlich nicht in Frage kommen kann, denn wenn das Ansehen, die Vertrauens⸗ stellung, deren sich das Oberverwaltunge gericht mit Recht erfreut, aufrecht erhalten werden soll, ist es notwendig, daß ihm der Charakter als eines Verwaltungsgerichts, den es bisher gehabt hat und hat, auch künftig erhalten bleibt. Aus allen diesen Sründen kann ich die Zu⸗ stimmung der Königlichen Staatsregierung ju dem Antrage Nr. 692 nicht in Aussicht stellen und muß Sie bitten, ihn abzulehnen. Abg. Dr. von Wovna lfreikons. . Die gegenwärtige Fassung des 5 45 war Gegenstand lebhafter Verhandlungen. Hieran im gegenwärtigen Stadium zu ändern, sind meine politischen Freunde nicht geneigt. Ich möchte daher den Minister der öffentlichen Arbeiten bitten, uns in diesem Punkte entgegenjukommen. Was wir verlangt haben, ist verhältnismäßig , Der Minister kann auch, nachdem von uns das Vetorecht so weit ausgestaltet worden ist, seine Zustimmung gehen. Bei, der ersten Lesung der Kommiffion war Neigung für das Oberverwaltungsgericht vor⸗
banden. Aber die Abfassung des Wassergesetzes hat die Sachlage
so verschoben, daß die Mehrheit für das Landeswasseramt eintrat. Es ist ja Tatsache in Preußen, daß, wenn der Fiskus in Frage kommt, aller Argwohn, alles Mißtrauen, aller Verdacht zur Sprache kommt. Es ist dech eigentümlich, daß der Fiskus, der so herunter⸗ gesetzt zu werden pflegt, doch derselbe Staat ist, der das, was er eben nicht aus den fiskalischen Nutzungen und Rechten einnimmt, auf⸗ bringen muß aus der Steuerkasse seiner Mitglieder. Das Ober⸗ verwaltungegericht ist beiseite gelassen worden, nicht weil es un⸗ e t ist, sondern weil es seiner Konstruktion nach nur immer die Rechtslage prüfen kann. Dieser Mangel hat sich ja auch beim Zweckverband geltend gemacht. Auch das Vetorecht ist Gegenstand sehr langer Verhandlungen gewesen. Die Kommission hat sich auf die jetzige Fassung geeinigt. Auch auf die künstlichen Wasserstraßen das Verleihungsrecht auszudehnen, geht nicht an. Der Eigentümer solcher Wasserläufe muß volle Verfuͤgungsfreiheit behalten. So wäre ja das Schleppymonopol unmöglich. Die Schaffung des Landeswasser⸗ amts liegt, im Interesse der Landwirischaft. Ob die Konstruftien, die ihm die Kommission gegeben hat, ideal ist, will ich dahingestellt sein lassen. Ich bin kein Freund von Laien in der Nechtsprechung. Aber wenn die anderen großen Parteien hier Laien haben wollen, so sind wir bereit, darauf einzugehen. Als erste Instanz gilt der Be⸗ zirksausschuß. Dieser muß aber auf jeden Fall eine Zusammensetzung erhalten, die der Bedeutung seiner neuen Aufgabe entspricht. Schweren Herzens nd meine Freunde dahin gekommen, von den Kreisausschüssen, die die Negierungsvorlage vorsieht, abzusehen. Daß die Sache an die Bezirksausschüsse verwiesen worden ist, ist nach unserer Meinung eine Abdrängung der Bevölkerung von ihrer natürlichen Obrigkeit. Aber da nur zwei Instanzen geschaffen werden sellten, so gaben wir nach. Es muß jedoch in Zukunft vermieden werden, daß der Kreis⸗ Wẽschyß einen derartigen taubenschlagähnlichen Charakter beibehält. Der Gang der Verhandlungen berechtigt zu der Annahme, daß das
Gesetz zu stande kommt. Das ist auch für die jetzige Nahrungs⸗
mittelnot mit Freuden zu begrüßen, da ja durch dieses Gesetz die innere Kolonisation erst möglich wird. Die Regierung wird nächstens Vorschläge machen, um die Oedländereien und die Moorflächen nutzbar zu machen. Das werden aber alles nur balbe Maßregeln sein, wenn wir nicht vorher dieses Wassergesetz verabschiedet haben.
Abg. Ecker Winsen (nl): Wir wünschen eine gleichmäßige Bebandlung der. Wasserläufe erster Ordnung, gleichviel ob sie natür- liche oder künstliche sind, und haben einen entsprechenden Antrag ge⸗ stellt. Die großen Schiffabrtékanäle sind ja doch nicht dem Staat als Eigentum angewiesen; der Staat übt auf ihnen wohl Hoheits⸗ rechte aus, aber y zu ibren Kesten haben doch auch kom⸗ munale und andere Verbände. Unsere Resolution gründet sich darauf, daß zwischen der Verleibung im Sinne der Gewerbeordnung und der jenigen im Sinne des Wassergesetzes ein großer Unterschied besteht, indem die Verleihung auf Grund des 5 46 ein Recht auch gegenüber
nalen gibt. Die prohinziellen Stromgußschüsse zur endgültigen wöeidung zu berufen, ist nach unserer Auffassung irrtümlich; wir ann 13 koordinierte Beschwerdeinstanjen, die ganz verschieden nsclben Fragen entscheiden könnten. Daß die Uebertragung dieser hnonen auf das Oberberwaltungsgericht gleichbedentend wäre mit imnger Hingusschiebung der Entscheidung, halten wir für ausgemacht. Landeswasseramt aber in der Ausgestaltung und mit dem Ver⸗ een, wie es die Kommission vorschlägt, wird allen berechtigten An⸗ reringen Rechnung tragen und kommt dem vraktischen Bedürfnis cchaus entgegen. Ein Zusammenhang mit der Ministerialinstanz äter unker allen Umständen erhalten bleiben, und dazu dient der H, insbesondere dessen Absatz 4. .
4g. Styczynski (ole): Den Antrag ven Kries zu. 8 49 n wir als eine Verschlechterung der Kommissionsbeschlüsse ab. stimmen überhaupt gegen den ganzen Absatz 4. weil wir mit der wändigkeit des Ministers die schlimmsten Erfahrungen gemacht un, weil nur zu oft nicht die Interessen der Allgemein eit, sondern res Unternehmers das Uebergewicht haben. Ebenso stimmen wir ten den Antrag von Brandenstein; nicht die Stromausschüsse bilden
. gläckliche Lösung der Frage der Beschwerdeinstanz, sondern das
Dderwasseramt, das uns auch unparteiisch erscheint,.
bg. Serold Jentr.): Das Landeswassergmt ist allerdings nene Behörde. Da aber zwölf Stromausschüsse gebildet werden an, so wird die Zahl der neuen Behörden noch wesentlich erhöht
2 — 2
en. Die Stryomausschüsse sollen für alle Tatsachen höchster
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En von den. Interessentengruppen gewählt, so würde ihre zbbängigkeit in Frage gestellt sein. Sie würden auch von der
ablenntnis, haben. Ich mache auch darauf aufmerksam, daß fach diese Laien durch das Oberverwaltungsgericht nur m disziplinarisch ihres Amtes für verlustig erklärt werden Bae, wenn sie eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei⸗ kin Dauer erlitten hätten, Wie anders dagegen könnten wen im Stromausschuß wirken. Wir wünschen, die Strom⸗ iche an die bestehenden Provinzialräte anzuschließen. Dann bre auch nicht zwölf neue Behörden gebildet, sondern es würden m jrölf bestehende Behörden in ihrer Befugnis ausgebildet werden, Db zwar in einer Weise, daß eine Mehrbelastung beim Oberver⸗ ntengsgericht als letzter Instanz nicht eintreten wird. Ich halte a Weg durchaus für gangbar und um so mehr für notwendig, die Laien, die hier in Berlin an der Zentralstelle sitzen, unmög⸗ nit den örtlichen Verhältnissen in Ostpreußen oder in der knprovinz oder sonstwo vertraut sein können. Unter Laien ver⸗ ä ich auch nur solche Männer, die von einem Wahlkörper ge⸗ ut werden; wir haben uns aber in der Kommission ver= benz bemübt, einen Wahlksrper so auszugestalten, daß er 2 Interessen gerecht werden und unabbängig sein kann. fentlich gewinnen wir auch die Nationalliberalen für unseren Vor= a, wenn wir zu einer zweckmäßigen Ausgestaltung der Provinzial⸗ 2 kemmen können. Eine Ueberlastung des Oberverwaltungsgerichts n sehr wohl vermieden werden, denn es soll nur in den Fragen kändig sein, die diesen Gesetzentwurf betreffen. Durch die Zweck= Hände ist das Oberverwaltungegericht auch noch nicht übermäßig in Errich genommen worden. Für die genügenden technischen Kennt⸗ des Oberverwaltungsgerichts kann durch die Heranziehung von chrerständigen gesorgt werden. Ich sehe also keine übermäßigen Hrierigkeiten und keinen Grund, von dem Oberverwaltungsgericht gehen. Wenn wir das Oberverwaltungs gericht überhaupt nicht mehr mien wollen, dann dürfen wir überhaupt keine Gesetze mehr machen, m müssen wir die Gesetzgebungsmaschine etwas einstellen., Lediglich ' dem Grunde, weil das Oberverwaltungsgericht überlastet werden mte Gesetze, die zweckmäßig sind, nicht zu machen, geht doch nicht Tenn das Oberverwaltungsgericht seinen Arbeiten nicht mehr ct werden kann, dann müssen wir neue Senate bilden. Jeden⸗ müssen wir die Gesetzesauslegungen, die beim Wassergesetz vor⸗ amen, unter die Nechtskontrolle des Oberverwaltungẽsgerichts stellen. er die Bedingungen, unter denen eine Verleihung erfolgen kann, äsen wir eine einheitliche Rechtsauffassung herstellen. Innere finde gegen das Oberverwaltungsgericht liegen zweifellos tt vor; es ist gerade das Gericht, das vom Volke mit säizem Vertrauen angesehen wird, und das Volk wird nicht verstehen, wenn wir in diesem Falle lediglich aus ören Gründen das Oberverwaltungsgericht beiseite schieben und nich eine neue Zentralbebörde in Berlin ersetzen wollten. Zentrum hat ursprünglich auch dem Gedanken des Ober⸗ maltungsgerichts freudig Folge gegeben, und erst der Widerspruch Vierung hat es umgestoßen. Wasserwirtschaftliche Verbände, Nägistrat der Stadt Breslau und viele andere Behörden haben b fir das Oberverwaltungsgericht guegesprochen. Der Antrag der wäonalliberalen scheint mir ein solcher Eingriff in das Recht an den serläufen zu sein, daß wir ihn ablehnen werden. Unser Antrag . Abs. 4 geht von der Erwägung aus, daß die Rechtswirkungen eltibung so weitgehend sind, daß den Behörden darin gewisse Frinkungen auferlegt werden müssen. Ich bin kein Freund des gehenden Vetorechts, und wenn wir den Ministern das Vetorecht en, so können wir auch das Verleihungsrecht selbst den
mn
mnistern geben. Bei der , . muß man beachten, 9
das Verfahren viel einfacher, sodaß eine Verzögerung nicht eintritt.
54 in Verbindung mit dem s 71 entspricht nicht den An- derungen des praktischen Bedürfnisses. Es wäre besser, wenn an wobersten Spitze das Oberperwaltungsgericht stände. Das liegt
Ech im Interesse der Rechtssicherbeit. Wir müssen darauf sehen,
ö. Rechte bewußtsein dem Volke erhalten bleibt. ö ; 6g. Dr. Röchling (ul.): Die künstlichen Wasserstraßen, die
in Siaat gehören, sind nicht dazu da, Einnahmequellen dem Staat
i Eerschassen. Sie follen dem Verkehr dienen. Deskalb baben wir 6 beantragt, bei den dem Staate gehörenden künstlichen Wasser⸗= ben die Befugnis des Staates auf Einspruch auszuschalten. e müssen ebenso behandelt werden. Den Antrag Kries bitten wir
bulehnen. Bezüglich der Schaffung des Landeswasseramts bitten
es bei den Kommissionsbeschlüssen zu lassen. Das Ober⸗
verwaltungegericht ist unserer Meinung nach auch viel zu überlastet, als daß es sich noch dieser großen Aufgabe unterziehen könnte.
Inzwischen ist von den Abgg. Borchardt (Soz) u. Gen. noch der Antrag eingegangen, im 5 71 den Zufatz zu machen:
Die Entscheidung guf die Beschwerde ergeht auf Grund einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.“ ; -
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Ich bin kein begeisterter Ver⸗ ehrer dieses Wasseramtes. Ich begrüße jedoch die Zuziehnng des Vaienelementes mit Freuden. Da aber diese Laien nur im Nebenamte in diesem Amte tätig sein sollen, so ist immerhin die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß sie aus Personenkreisen entnommen werden, die zwar in ihrer richterlichen Stell ung, aber nicht in ihrer Privat- stellung unabhängig sind. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar überlastet, aber dies wäre schließ ich kein Grund, daß man ihm nicht auch diese Aufgabe zuwiese. Es muß sich mit so viel Dingen befassen, daß es sich auch in diese Frage bald einarbeiten würde. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die große Begeisterung auf der rechten Seite dieses Hauses ihren guten Grund hat. Man don daß das Oberverwaltungegericht den Wünschen der Rechten willfährig gegenüberstehen wird. Merkwürdig ist, daß Freiherr von Maltzabn plötzlich hier Register gezogen hat, die man sonst nicht auf dieser Seite des Hauses zu ziehen pflegt. Sie müssen die Grund⸗ lagen ihrer Existen; beseitigen, wenn sie beseitigen wollen, was das preußische Volk nicht verstekt. Die Herten von der Rechten haben keine Abnung von dem Volk, sie wissen nur etn as von den oberen
ehntausend. Bei dem 8 71 handelt es sich um ein großes Stück nationalen Eigentums. Die ganze Deffentlichkeit hat ein großes Janteresse daran, was an diesem Stück nationalen Eigentums geschieht. Es ist nicht gut, wenn
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derartige Entscheidungen über so wichtige Fragen im dunklen Kämmer⸗ lein getroffen werden. Wir müssen fordern, daß die Entscheidungen auf Grund einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen. Des⸗ halb ist unser Antrag, den wir zum 5 71 gestellt haben, durchaus zweckmäßig. Wir stehen auf dem Standpunkt, das daß gesamte Wasser⸗ recht dem öffentlichen Wohle dienstbar gemacht wird.
Abg. Freihert von Eynatten Zentr) tritt den Aus—⸗ führungen des Abg. Freiherrn von Maltzahn entgegen. Die Strem⸗ ausschüsse ständen auf ganz verschiedenen Grundlagen und hätten ganz verschiedene Ansichten. Ihre Entscheidungen würden geradezu einen Rechtswirrwarr erzeugen. Das QOberverwaltungsgericht, wenn es auch über Tatfachen zu entscheiden gehabt hätte, wäre auch dem Zentrum recht gewesen, nicht aber in der von den Konservativen gewollten Einschränkung.
Abg. Lip pm ann ffortschr. Voll): Der zuletzt eingebrachte Antrag Borchardt, wonach im Landeswasseramt öffentlich und münd⸗ lich verhandelt werden soll, gehört an eine andere Stelle, wo von dem Verfabren und der Zusammensetzung des Landeswasseramts die Rede ist. Der konservattwe Antrag läuft schließlich darauf hinaus, daß in allen diesen Dingen in der Provinzialinstanz entschieden werden foll, und das wollen wir nicht. Der Abg. von Maltzahn hat sehr launige Ausführungen über die Laien im Landeswasseramt gemacht; nach kurzer Zeit seien es keine Laien mehr. Nun, die Laien im Strom⸗ ausschuß werden immerzu Lgien bleiben.
Abg. Freiberr von Malt ahn (kons): Ein Zwiespalt in meinen Ausführungen ist gar nicht vorhanden, denn die Voraus setzungen sind verschieden. Beim Tandeswasseramt werden die Laien ernannt, beim Stromausschuß gewählt. Man hat auf das Volk hingewiesen, das sich wundern werde. Das Volk wird sich wundern, wenn hier nachher diese ehrwürdigen alten Meergreise sitzen.
S A46 wird unverändert angenommen, nachdem die Anträge Ecker⸗Winsen dazu für jetzt zurückgezogen worden sind.
53 49 Aba 1 wird mit dem Antrage von Brandenstein angenommen. Absatz 2 bleibt nach Ablehnung des Antrages Ecker⸗Winsen unverändert. Zu AÄbsatz 4 wird der Antrag Ecker ⸗Winsen, betreffend die Umgestaltung des letzten Satzes, und der Antrag von Kries und mit diesen beiden Aenderungen Absatz 4 und 5 49 im ganzen angenommen. ü
S 60 wird unverändert angenommen.
Der Antrag von Brandenstein zu 5 71 wird gegen die Stimmen der Konservativen und vereinzelter Freikonservativen abgelehnt, ebenso der Antrag Borchardt.
S 71 gelangt in der Kommisstonsfassung mit großer Mehr⸗ heit zur Annahme.
Nach 5 47 darf die Verleihung nur aus den in diesem Gesetz bezeichneten Gründen versagt werden. Sie kann dauernd oder auf Zeit erteilt werden; wird die Verleihung auf Zeit erteilt, so kann der Unternehmer die Verlängerung der Ver⸗ leihung unter den durch die Zeitverhältnisse gebotenen Ab⸗ änderungen beanspruchen, soweit nicht überwiegende Rücksichten des öffentlichen Wohls oder andere Rücksichten von überwiegender
wirtschaftlicher Bedeutung entgegenstehen. (Der letzte Satz ist.
Zusatz der Kommission.)
Abg. Dr. Röch ling (ul) befürwortet einen Antrag Ecker⸗ Winsen, die Worte: „unier den durch die Zeitverhältnisse gebotenen Abänderungen“ zu streichen, weil durch diese eine Unklarheit in das Gesetz hinetngebracht werde. .
Abg. Dr. Wagner⸗Breslau (freikons beantragt, diese Worte durch die Worte zu ersetzen: mit den inzwischen erforderlich gewordenen Veränderungen“, und bemerkt: Meine politischen Freunde halten es nicht für wohl getan, dem Wunsche des Vorredners entsprechend jene Worte ganz zu streichen. Sie sind aber mit ihm der Ansicht, daß sie anfechtbar sind. Um ihm entgegenzukommen, schlagen sie eine andere Fassung vor, welche den unbestimmten Begriff Zeitverhältnisse durch die Worte inzwischen erforderlich gewordene Veränderungen“ ersetzt. Der Vorredner wird doch wohl selbst nicht wollen, daß Zustände, wie sie vielleicht vor 40 Jahren am Platze waren, auch jetzt noch genau so erhalten bleiben.
s 47 wird mit dem Antrage Wagner angenommen.
Nach 5 54 der Kommissionsbeschlüsse darf ein Entgelt für die Benutzung der Wasserläufe dem Unternehmer nicht auf— erlegt werden.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.); Nach der Vorlage waren Ge⸗ bühren dorgesehen. Der Widerstreit der Interessen in der CLommission hat schließlich zur Statuierung der Unentgeltlichkeit geführt. Damit wer⸗ den den großen industriellen Ünternebmungen Privilegien und Vorrechte gegeben, während an anderer Stelle dem Mittelstande, nämlich der Flößerei, Gebühren auferlegt werden. Ich habe es für meine Pflicht gehalten, auf diesen Widerspruch hinzuweisen.
Zu Sz G wird auf Antrag Ecke r⸗Winsen, den Abg. Lieber (nl) begründet, folgender Zusatz angenommen:
„In den Fallen des 3 53 (Befugnis des Eigentümers eines fremden Grundstücks, zu verlangen, daß der Unternehmer das Grundstück gegen Entschädigung erwirbt, wenn es durch Benutzung des Wasfserlaufs unbrauchbar wird) ist auf Antrag des Unter⸗ nehmers die Entscheidung über die erhobenen Ansprüche einem spaäͤteren Verfahren vorzubebalten, falls sich nicht bestimmt vor⸗ aussehen läßt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.“ Nach 8 79 kann die Verleihung wegen überwiegender Nach⸗
teile oder Gefahren für das öffentliche Wohl jederzeit zurück- genommen oder beschränkt werden.
Ein Antrag Borchardt will auch den durch die Ausübung des Klagerechts Betroffenen das Recht auf einen entsprechenden Antrag geben. Der Antrag wird von dem Abg. Dr. Liebknecht befürwortet, von dem Abg. Lipp⸗ mann bekämpft und vom Hause abgelehnt.
Nach 4 Uhr vertagt das Haus die weitere Beratung des Wassergesetzes auf Freitag, 12 Uhr.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Möglichkeit soztalen Aufstiegs für den deutschen Arbeiter.
Bisher war es vielfach in der Literatur und zum Teil auch in der Wirtschaftswissenschaft üblich, die Lage des deutschen Arbeiters als sehr ungünstig zu schildern und insbesondere die Möglichkeit e nes sozialen Aufstiegs far ihn zu verneinen. Die Arbeiter sollen danach außer⸗ stande sein, ihren Anteil an der Kultur zu erhöhen; die Nachkommen⸗ schaft des Arbeiters soll an den Stand des Vaters gekettet sein. Wenn eine solche Ansicht in der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft vertreten worden ist, kann man sich nicht darüber wundern, daß die Sozialdemokratie sich diese zu eigen gemacht hat. Man braucht nur an das Eherne Lohngesetz⸗ von Lassalle oder an die Schilderung, die Kautsky in seinen Erläuterungen zum Erfurter
Programm“ gibt, zu denken. Dieser sagt, daß es dem Proletarier, s
wenn es ihm auch gelinge, durch Sparsamkeit etwas zu erübrigen, doch unmöglich sei, dadurch sich oder seine Kinder aus der proletarischen Gxisten; emvorzuheben. Jede Aussicht soll nach Kautsky „für den einzelnen Proletarler verschwunden sein, sich auf eigene Faust, durch eigene Kraft aus dem Sumpfe herauszuarbeiten, in den ihn die heutige Produktionsweise stößt. Er kann seine Erhebung nur erreichen durch die Erhebung der ganzen Klasse, ker er angehört. Es ist erfreulich, daß hervorragende Männer der neueren Wirtschafts⸗ wissenschaft — Ehrenberg, Julius Wolf, Pohle u. a. — diesen Be⸗ hauptungen kritisch entgegengetreten sind. In letzter Zeit bat Professor Dr. Richard , sich wieder mit der Frage der Entwicklung und der Entwicklungsfaktoren des Arbeiterstandes in einer umfang- reichen Untersuchung über Kruppsche Arbeiterfamilien“ befaßt, deren Ergebnisse in der vom Verlag nationaler Schriften heraus⸗ gegebenen Wochenschrift . Die Arbeiterbewegung mitgeteilt sind. Ehrenberg und fein Schüler Racine haben Eimittlungen bei 682 Arbeitern angestellt, die mindestens 30 Jahre in der Kruppschen Guß⸗ stahlfabrik in Effen tätig gewesen sind. Von 196 Familien haben die Väter bereits bei Krupp gearbeitet. Da die Söhne don diesen Familien meist auch bei Krupp beschäftigt sind, war es möglich, die Lebens⸗ verhältnifse von drei Generationen von Arbeitern zu untersuchen, die auf denselben Werken gearbeitet baben, also unter verhältnismäßig gleichen Bedingungen lebten. Die Eimittlungen haben ein ganz anderes Bild von der Entwicklung des Arbeiterflandes gegeben, als es die Wirt⸗ schafgwissenschaft bisher vielfach bot. Die wirtschastliche Lage der Arbeiter war, bevor sie in Krupps Werk eintraten, meist recht ungünstig. Die erste Generation kam entweder aus selbstãndigen Berufen her: Landwirte, Handwerker, oder es waren kleine Beamte oder gelernte, zumeist aber ungelernte AÄrbeiter. Da sie meist erst spät bei Lrupy eintraten, hatten sie nicht die Möglichkeit, selbst in eine wesentlich höhere soziale Stufe emporzusteigen. Sie konnten aber wenigstens ihren Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen. So haben fie denn durch ihre Stetigkeit dazu beigerragen, daß ihre Kinder unter günstigeren Lebensbedingungen arbeiten konnten, als sie es selbst vermochten. Die dritte Generation gar hat sich außerordentlich gut entwickelt. Man kann die Zahlen, die in der Untersuchung hierfür angegeben werden, nur mit freudiger Ueberraschung lesen:
eruf Mãnnliche Nãnnsiche Deibliche de brillen Generation J 3 8 1 1
Gelehrte Berufe.. 34 3,8 22 Sandelsstand . 42 135 349 Techniker und Zeichner. 13,8 10,5 6,0 Bureaubegmte.. 11,1 9.6 13,9 Volksschullehrer.. 3.35 10 0.9 Gelernte Arbeiter.. 46,2 49,3 37,7 Angelernte Arbeiter. 7,0 6,2 12,5 Ungelernte Arbeiter 160.8 13. 22,9 TD To Tov;
Man sieht also, daz etwa 30/9 der Enkel jener Arbeiter, die in den 50er Jahren des vorigen Jahrhundetts in das Werk Alfred Krupps eintraten, bereits in gelehrten Berufen tätig sind. Es ist ziemlich richtig, wenn Kautsky sagt: Hoffnungslos ist heute der Versuch des Proletariers, seinen Sohn studieren zu lassen. Ein derartig schneller fozialer Aufstieg kann auch von keinem vernänftigen Wirtschafis fritiker verlangt werden. Man siebt aber, daß sehr wohl der Arbeiter daran mltarbeiten kann, daß wenigstens der Enkel in erheblich höhere soziale Schichten emporsteigt.
Auch die weiteren Ergebnisse dieser Tabelle sind erfreulich. 10 bis 13050 der dritten Generation sind bereits Techniker und Zeichner. Dies wird wohl der am ebesten mögliche Aufstieg sein, der auch in⸗ sofern von der Firma Krupp unterstüßt wird, als sie in erheblichem Umfang das Studium von gelernten Arbeitern auf Fachschulen durch Gewährung von Beihilfen begünstigt. Auch die Bureaubeamten sind in der dritten Generation sehr stark vertreten. Eifreulich ist, daß besonders in der männlichen Hauptlinie die ungelernten Arbeiter ganz verschwindend vorhanden sind. Hierin scheink der wichtigste Beweis für die soziale Fortentwicklung zu liegen.
Weniger gut hat sich die weibliche Seitenlinie entwickelt, die die Töchter der ersfen und der zweiten Generation umfaßt. Man darf wohl annehmen, daß deren Ehemänner vielfach nicht bei Krupp beschäftigt sind, sodaß bier wiederum ein Beispiel für die Wirkung der Ständigkeit als sozialen Entwicklungsfaktors zu sehen ist. ö
Man darf nun keineswegs annehmen, daß sämtliche Fälle, die Ehrenberg anführt, ein günstiges Bild geben. Leider muß er auch über eine Anzahl von Familien berichten, in denen eln sezialer Ab—⸗ stieg, bisweilen fogar eine Degeneration eintrat. Dies wird vielfach verschuldet durch persönliche Untüchtigkeit, oft auch durch Krankheiten. Zuwellen kommt der Arbeiter auch durch ungehöriges Benehmen gegen einen Vorgesetzten in eine weniger günstige Lage. In manchen Familien läßt sich geradezu ein Verbrauchen der Kräste wahrnehmen. Es ist aber doch erfreulich, daß in der übergroßen Mehrzahl der Fälle eine bemerkenswerte Energie in den Familien festzustellen ist, sodaß die Lebenslinie des Gesamtbildes eine aufwärtssteigende Tendenz hat.
Die Zahl der Kinder hat keineswegs ein unü hersteigbares Hindernis für die Fortentwicklung der Familien gegeben. In den meisten Fällen war es möglich, daß die Sohne wenigltens izr Lehrjahr in der Fabrik durchmachen konnten. Bei manchen Familien sind die ersten Kinder nur angelernt worden; sse haben aber durch ihr treues Zusammenhalten den jüngeren Söhnen ein Lebrjabr ermöglicht. Die große Kinderzahl bat nur in seltenen Fällen dazu geführt, die Arbeiter zu einer wirk⸗ sichen proletarischen Existen; zu verurteilen. In den meisten Fällen hat sie nur einen Druck auf die Sparmöglichkeit ausgeübt. Wenn aller⸗ dings die Kinder erwachsen waren und ihren Verdienst an den Vater ablieferten, dann gestaltete sich die Lage dieser Familien wieder ganz erheblich besser.
Einen wesentlichen Einfluß auf die gute Entwicklung haben jedenfalls auch die Wohlfahrtseinrichtungen der Firma ausgeübt, be⸗ sonders insoweit, als sie die Ständigteit der Arbeiterschaft erhöhten. Der Einfluß der Konjunktur auf die Verdiensthöhe ist gegen früher wesentlich geringer geworden. So starke Schwankungen, wie sie in den 70 er Jahren des vorigen Jahrhunderts eintraten, sind heute nicht mehr möglich. Dies gebt mit Deutlichkeit aus den Kurvenzeichnungen über die Verdienstveränderung für die gesamte Kruppsche Arbeiter⸗ schaft, für die einzelnen Arbeiterfamilien und die verschiedenen soztalen 3 hervor, die in dem Ehrenbergschen Buche geboten werden.
Es ist zu begrüßen, daß Ebrenberg neben den sonfligen Entwicklungs⸗ faktoren: der Produktionsweise, dem Angebot von rer fre. der wirtschaftlichen Organisation, der staatlichen Sozialpolitik, der wirt⸗ schaftlichen Konjunktur usw. besonders das eine Moment betont hat, das gewöhnlich in der Betrachtungsweise der Sozialdemokratie und auch der meisten Wirtschaftswissenschaftler in den Hintergrund tritt: das persön⸗ liche Moment im Leben des Arbeiters. Ehrenberg und Rgeine sagen in ihrer Untersuchung sehr richtig, daß es die persönlichen Gigen⸗ schaften des einzelnen Arbeiters sind, die innerhalb aller in der Außzen⸗ welt liegenden auf⸗ und abwärtgführenden Entwicklungsfaktoren den Ausschlag geben. Ob ein Arbeiter einer tüchtigen Familie an⸗
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