der gegen die Gesetze verfstößt, ein Strafverfahren eröffnet werden muß,
so weit er nämlich die nötige Einsicht besitzt, um das Strafbare seiner Dabei berücksichtigt diese Regelung nicht, daß Straftaten Jugendlicher nach deren Eigenart grundsätzlich eine andere Beurteilung erheischen als die Straftaten Erwachsener, und daß da, wo einem Erwachsenen gegenüber zwelfellos Strafe angezeigt ist, einem Jugendlichen gegenüber nicht selten Erziehungsmaßregeln weit besser angebracht sind; und ferner, daß Strafverfahren und Strafe unter Umständen vlel mehr Schaden anstiften als Nutzen.
Handlung zu erkennen.
(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)
Gewiß sind die Mängel des geltenden Rechts dadurch wesentlich gemildert worden, daß von der Einrichtung der bedingten Begnadigung, die etwa seit dem Jahre 1895 besteht, in weitem Umfange Gebrauch Auch haben die Anordnungen der Landes⸗ schädl ichen die sich aus der Berührung der Jugendlichen mit herabzumindern. Sie werden sich entsinnen, meine Herren, daß derartige Anordnungen 1. B. dahin getroffen worden sind, daß bei den Amtsgerichten die Strafsachen gegen Jugendliche und die Vormundschaftssachen in der Aber eine durchgreifende Besserung ist nur durch die Aenderung der gesetzlichen Vorschriften zu erzielen, und nur auf diesem Wege kann auch herbeigeführt werden
und darin erblicke ich den größten Vorzug dieser Vorlage — daß dort, wo in der Straftat des Jugendlichen ein Mangel in der Er— ziehung zu Tage tritt, sofort und ohne Verzug mit wirksamen Er—
gemacht worden ist. justizverwaltung erfolgreich Einflüsse, den Strafgerichten
dahin gewirkt, die
ergeben, nach Möglichkeit
Hand eines Richters vereinigt sind.
ziehungs⸗ und Besserungsmaßregeln vorgegangen werden kann.
Selbstverständlich, meine Herren, sind wir nicht in dem Wabn begriffen, als ob nun die Bestimmungen dieses Entwurfs geeignet
wären, die Ursachen der Kriminalität der Jugendlichen zu beseitigen. Die Wurzeln dieses Uebels liegen so tief, daß ihnen mit gesetz lichen Maßregeln überharpt nicht beizukommen ist. Auf dem strafrechtlichen Gebiet und dieses steht doch nur allein hier in Frage — kann nichts anderes geschehen, als daß die staatliche Reaktion auf die Straf⸗ taten Jugendlicher in die richtigen Wege gelenkt und daß sichergestellt wird, daß nicht die Straftat eines Jugendlichen eben durch die Art der staatlichen Reaktion, durch die Art des staatlichen Eingrelfens, zu einer Quelle weiterer Gefahr für den Jugendlichen selbst, für seine Entwicklung und dadurch zum Schaden für die Allgemein heit wird.
Es ist der Vorlage das Bedenken entgegengestellt worden, daß sie geeignet sei, den Ernst der Strafrechtspflege abzuschwächen. Dieses Bedenken halte ich für unberechtigt. Die Vorschläge des Entwurfs gehen keineswegs darauf hinaus, daß der Staat sich gegen Straftaten jugendlicher Uebeltäter passiv verhalten soll; nur die Art der Reaktion soll geändert und zweckmäßiger gestaltet werden. In jedem Falle, in dem nach diesem Entwurf auf Strafe verzichtet wird, müssen nach den Vorschriften des Entwurfs Erziehungs- und Besserungsmaßregeln getroffen werden. Damit wird in zahlreichen Fällen dem Jugendlichen wie der Allgemeinheit weit besser gedient werden als durch eine Strafe, die da, wo nach Lage des Falles eine Strafe nicht angebracht ist, vom Richter doch naturgemäß nur gelinde bemessen werden kann. Auch hierfür möchte ich einige Zahlen an— führen, die für Sie von Interesse sein werden und für die Be⸗ urteilung des Entwurss maßgebend ins Gewicht fallen.
Von den vorher erwähnten 51 315 Jugendlichen, die im Jahre 1910 wegen Verbrechens oder Vergehens verurteilt wurden, sind ver— urteilt worden zu einem Verweise 14 849 Jugendliche, also über ein Viertel dieser sämtlichen Verurteilten; zu Geldstrafe sind verurteilt 957 Jugendliche, also rund ein Fünftel, und zu Freiheitsstrafe von weniger als 8 Tagen sind verurteilt 11 844, also auch wieder rund ein Fünftel aller Jugendlichen. Nun, meine Herren, daß derartige Strafen, Verweis, Geldstrafe, Gefängnisstrafe unter 8 Tagen, nicht geeignet sind, elnen verwahrlosten Jugendlichen auf den rechten Weg zurückzu⸗ führen, das bedarf keiner Erörterung. Selbstverständlich bleibt, wenn Sie sich diese Zahlen vergegenwärtigen, elne erhebliche Zahl von Jugendlichen übrig, die zu schwereren Strafen rerurteilt werden. Derartige Jugendliche können und sollen natürlich auch in Zukunft mit strengen Strafen geahndet werden, und es entspricht durchaus der Tendenz des Entwurfs, daß in wirklich strafwürdigen Fällen, daß namentlich dort, wo bei frühreifen und bei frühzeitig verderbten Jugendlichen ein verbrecherischer Hang zu Tage tritt, auch in Zukunft den Jugendlichen gegenüber das Strafrecht mit allem Nachdruck ge⸗ handhabt wird. (Biavo! rechts.)
In einer Zeit, meine Herren, wo die Reform det gesamten Strafverfahrens bereits in einer Vorbereltung begriffen ist, drängt sich weiter die Frage auf, ob es jetzt noch angezeigt ist, das Strafverfahren
gegen Jugendliche auf neue Grundlagen zu stellen. Es kann zweifel⸗ haft erscheinen, ob dadurch nicht die Einheitlichkeit der Gesamtreform gefährdet wird. Auch diese Frage ist von den verbündeten Re— gierungen einer eingehenden Wärdigung und Prüfung unterzogen worden. Sie sind dabei zu der Ueberzeugung gelangt, daß innerhalb der Grenzen, die der Entwarf einhält, eine Gefahr für die Einheit⸗ lichkeit der Gesamtreform nicht besteht. Wir glauben, eine Vorweg⸗ nahme dieses Gebietes innerhalb der Grenzen der Vortage verantworten zu können, weil über die Richtlinien, in denen sich eine zweckentsprechende Reform des Jugendstrafverfahrens zu bewegen hat, im wesentlichen all⸗ gemeines Einverständnis besteht. Auf der andern Seite aber kann ich schon jetzt nur die dringende Bitte aussprechen, die Grenzen der Reform nicht weiter zu stecken, als sie in diesem Entwurf gezogen sind. Denn wollte man Fragen einbeziehen, die dem materiellen Strafrecht angehören, die für Jugendliche und Erwachsene zugleich geregelt werden müssen, so würde in der Tat der Gesamtreform in der mißlichsten Weise vorgegriffen werden.
Ueber die Einzelheiten der Vorlage glaube ich mich hier nicht verbreiten zu sollen. Es wird genügend Gelegenheit sein, in der Kommission darüber zu sprechen. Die Vorschläge über Bildung der Jugendgerichte, über die Aufhebung des Verfolgungszwanges, über Sccherstellung erzieherischer Maß⸗ nahmen, über Verteidigung und Beistandschaft, Beschränkung der Oeffentlichkeit —, alle sonstigen Bestimmungen sind den Mitgliedern des hohen Hauses seit langem vertraut. Denn die Vorlage wiederholt in ihren Grundzügen nur, was bereits in den Strasprozeßentwürfen vorgeschlagen war. Jene Vorschläge haben im allgemeinen auch in der Kommission des hohen Hauses Zustimmung
erfahren, und alle die Anregungen und Wünsche, die damals in der Kom mission laut geworden sind, sind bei dem jetzigen Entwurfe im
Aufgabe erfüllt. (Beifall.)
dieser Materie ist ja durchaus billigenswert. außerordentlich wenig, beinahe nichts. Kriminalität der Jugendlichen,
Die Jugendlichen sollen nicht bꝛstraft, sondern Grundsatz stellt die Vorlage zwar auf, führt
auch erkennen, daß die Schuld weit weniger di
das leugnen. bestehenden Zustand so gut wie nichts ge soll keine Einheitlichkeit für die Schaffung von
errichtet werden.
nach der Angehörigkeit zu einem bestimmten Gesellschaftsschicht gemacht werden, Schöffen werden können, ebenso müssen den willigt werden. Hierüber war bei der früher zwischen Reichstag und
lehrern als Schöffen verlangt. Von alledem Rede. Das staatsanwaltschaftliche In Bremen sst der unglaubliche
Begnadigung empfohlen war,
holt wurde, und warum? Weil sie einen heiratet hatte! Wenn ein Staatsanwalt punkten von seiner Befugnis Gebrauch macht, i daß bet Jugendlichen einfach eine Prämie fü Straftaten ausgesetzt wird, wenn sie nur Gesinnung zu heucheln. Wird in dieser Umgestaltung der Vorlage vorgenommen, so haften Wert. Zu untersuchen wäre auch,
lichen zu Verbrechern.
weisung nicht aussprechen. Ebenso verwerf lichen selbst. Jugendliche gefällt werden, würden noch fallen, wenn die Oeffentlichkeit ausgeschlossen wü muß für die Jugendlichen in allen Will man das Strafverfahren,
llte sämtliche Jugendliche unter 18 Jahren
(. endliche soll als Person, als Mensch, nicht stü
Abg. Dr.
gegenüber vom Standpunkt einer als nicht halthar erwiefen. Der nun alle Halbheiten, die einer Vorlage anhaf einem
reform mit der besonderen Dringlichkeit. gemacht, wenn Mehrkosten damit verbunden g
Widerspruch gestoßen. Regierung etwas, als wichtige Fragen gibt der Entwurf aber gar
lungen gegen Jugendliche gehalten werden? gestattet sein, Bildnisse von jugendlichen Verbrech
Erhebliche Bedenken habe
des Legalitätsprinzips, wie sie im § 3 festgesetz
Diese Gefahr erblicken wir gehens gegen politische Vergehen. keiten, namentlich in bezug auf klage, die in der Kommission beseitigt Grundgedanke des Entwurfs und werden von uns geteilt. Besonderen Dan eigennützige Tätigkeit der Jugendfürsorgevere ein weiteres Gebiet eröffnet wird, so
a 3 die
freihät von Härten und Ungerechtigkeiten. Abg. D Wunsche, Meine Freunde begrüßen den Entwurf und d
Vorlage ist vom Reichstag an sich, auf lange ordnung Problem
ein Rest nicht
daß wir Zeit
worden gewissem Regelung
erledigt damit in auf eine ist ein wichtiges und seine Voischriften gewissem Sinne enttauscht. Regelung in dem Umfange verzichten, wie Kindergesetzgebung herbeigeführt worden ist; dr Rahmen der Vorlage doch gezogen
abe
der Strafe allein kann man weder für die
sagte, in diesem Gesetz wäre vielleicht etwas
daß unser lieber Kollege Liszt sehr hat, daß wir diese Vo slage heute vor nicht zu billigen, daß die Entscheidung, ob
Diese Bestimmung ist ein kleiner Fehler. die Hände der Gerichte gelegt werden.
wesentlichen berücksichtigt worden.
mag der Staatsanwalt die Entscheidung haben,
Abg. Stadthagen (Soz.): Der Gedanke der Vorwegnahme Aber die Vorlage bietet Für namentlch der Staat und die Gesellschaftsordnung in erster Linie verantwortlich.
Man hak den Ursachen der Straftaten nachzugehen, dann wird man
Gesellschafts ordnung trifft; nur ein pharisäisch Angehauchter wird Wie der Entwurf beschaffen ist, wird an dem
greifen; es sollen Jugendgerichtsabteilungen nur nach Bedürfnis?“ j Die Errichtung von Jugendgerichten muß obliga⸗ torisch sein, ebenso die Zuziehung von Schöffen auch bei den Land— gerichten. Bei der Berufung zum Schöffen darf auch kein Unterschied bestimmten Berufe oder zu einer
Reichsverwaltung vorhanden; Reichstag ganz allgemeine Zulässigkeit der Berufung ist in der Vorlage keine Anklagemonopol muß fallen. S Fall vorgekommen, daß ein Dienst— mädchen, welches wegen einer Straftat verurteilt, aber der bedingten — ng drei Wochen nach ihrer Hochzeit bon einem Polizisten zur Verbüßung der Strafe aus' ihrer Wohnung ge⸗
nach solchen
vorgeschriebenen w zweckmäßig Ueberweisung zur Zwangkerziehung kann man auf Grund der Er— fahrungen in Preußen nur ganz enischieden abraten, diese Erziehung ist schlimmer als Zuchthaus, sie macht erst eine große Anzahl von Jugend⸗ Man hat früher mit demselben Unrecht auch das Arbeitshaus als eine humane Maßnahme betrachtet. Solange wir kein Reichszwangserziehungsgesetz haben, dürfen wir diese Ueber—
Ausschließung der Oeffentlichkelt, gerade im Interesse der Die abscheulich harten Urteile,
Fällen wie es ist, bestehen lassen, so ist eine r e des Strafmündigkeitsalters unbedingt erforderlich; man o
mündig erklären, mindestens aber diejenigen unter 135 Jahren. Der
und als eine bloße Nummer betrachtet werden. Ueberweisung des Entwurfs an eine Kommisfion von Pfleger (Sentr.): Die Schematisierung des Straf⸗ verfahrens nach dem geltenden Recht hat sich den Jugendlichen gerechten vorgelegte
ᷣ größeren einheitlichen Ganzen herausgeschnitten ist. Regierung begründet die Vorwegnahme dieses Teils der Strafprozeß⸗ Hätte sie die Vorlage auch
bei manchen Führern der Jugendbewegung ist der Entwurf auf Schließlich ist es immerhin besser, wenn die wenn sie gar nichts vorlegt.
soll es mit der Veröffentlichung von Berichten über die Verhand⸗
weiß, wie auch das zur Demoralisation der Jugend beitragen kann. Soll den Volksschullehrern als Schöffen schon bei der Voruntersuchung und auch noch bei der Strafpollstreckung eine Mitwirkung zustehen? ich gegen die schrankenlose Durchbrechung
Gefahr, daß die Staatsanwaltschast dem Verdacht der Klassenjustiz noch mehr ausgesetzt sein wird, als es bisher schon der Fall ist. namentlich auf dem Gebiete des Vor—
Zulässigkeit der i werden seine Ziele
bedeutet weiteren Fortschritt auf dem Gebiete des Strafrechts. Wir werden hoffentlich ein Strafverfahren gegen Jugendliche erhalten, das sich
r. van Calker (nl): Die Vorlage entspricht einem den der Reichstag noch im Frühjahr ausgesprochen hat.
für den Versuch, diese schwierige Materie vorweg zu behandeln. der Strafprozeßo dnung,
Sinne
im ganzen werden verzichten müssen. Regelung
Wenn wir seinerzeit den Strasprozeßordnungsentwurf mit begrüßt haben, so hat mich die heutige Vorlage doch in Allerdings müssen wir wohl auf eine sie durch die englische
werden Wunsch, bald zu einer Regelung zu kommen, ist allgemein. Jugendlichen noch für die Allgemeinheit etwas Durchgreifendes erreichen. nun, was an die Stelle der Strafe treten soll.
Ja, es ist Liszt darin, und das wollen wir dankbar anerkennen, viel dazu
uns haben. ͤ Strafe oder Erziehung eintreten soll, in die Hand der Stgatsanwalischaft gelegt werden fol. Die Entscheidung muß in In geringfügigen Dingen
Indem ich den Entwurf dem hohen Hause zur Annahme empfehle, möchte ich es nicht unterlassen, an dieser Stelle den Dank der Reichsberwaltung allen denen auszusprechen, die aus der Praxis und der Wissenschaft heraus dazu beigetragen haben, diese Materie so weit zu fördern, daß wir sie nunmehr einer gedeihlichen Lösung entgegenführen können. Ich möchte auch denen danken, die durch werktätige Liebe die Härten des geltenden Rechtes gemildert haben und dem Vertrauen darauf Ausdruck geben, daß, wenn dieser Ent— wurf Gesetz wird, es dann nie an Menschenfreunden fehlen wird, die durch freiwilliges und vertrauensvolles Zusammenarbeiten mit den staatlichen Bebörden dazu helfen werden, daß diese Vorlage ihre
das Anwachsen der rückfälligen, sind der
erzogen werden; diesen ihn aber nicht durch.
e Straffälligen als die
ändert werden. Es Jugendgerichten Platz
damit auch die Arbeiter Schöffen Diäten be⸗ en Beratung Einigkeit eben o hatte der von Volksschul⸗
Sozialdemokraten ge⸗ Gesichts⸗ st darauf zu wetten, r die Begehung von verstehen, nationale Richtung nicht eine hat sie nur zweifel⸗ ob die im Entwurf sind. Von der
eventuelle Jugend⸗ die jetzt gegen schlimmer aus⸗ Die Verteldigung obligatorisch sein.
e ich die
viel rde.
als noch nicht straf⸗
als ein bloßes Akten—⸗ Ich beantrage 21 Mitgliedern.
Rech isprechung Entwurf enthält ten müssen, die aus
Die
ewesen wären?
Auch
Ueber einige keine Auskunft. Wie
Soll es der Presse ern zu bringen? Man
t ist. Es besteht die
enthält Unstimmig— Privat⸗ müßten. Der sind gesund und k verdient die un⸗ ine. Wenn ihnen das einen
— —
anken der Regierung Die leider Ich bedauere wahrscheinlich der Strafprozeß⸗ Das vorliegende zeitgemäß. ähnlichen
d die ist.
r etwas weiter hätte können. Der Mit
Das Problem ist Der Vorredner zu viel Liszt darin.
beigetragen Es ist
In vielen Fällen ist der Staatsanwalt der Amtsanwalt, und diesen darf man doch die Entscheidung nicht überlassen. Es wird Aufgat⸗ der Kommission sein, einen Weg zu finden, wonach der Vormund. schaftsrichter an die Stelle des Staatsanwalts tritt. Der Staal sekretär empfahl uns Veorsicht in der Hineinbeziehung anderer Materjt in dies Gesetz. Auch ich möchte das Gesetz nicht unnütz belaste Es gibt aber spruchreife Materien, die wir in den Entwurf añ nehmen können und müssen. Wir können ohne weiteres an di⸗ Stelle der bedingten Begnadigung die bedingte Verurteilun⸗ und die Rehabilitation des Verurteilten treten ; Bei der Art der Regelung, wie sie der Entwurf vorschlägt, können wir auch das Jugenz gericht in vollem Umfange in die Vorlage a. nehmen. Die Tätigkeit der vorhandenen Organisationen auf dem G. biete der Jugendpflege können auch wir nur aufs dankbarste anerkenne) wir hoffen und vertrauen, daß besonders unsere Frauen und Mãdchen hier auch in Zukunft das Entiprechende leisten werden. Würde eg 1 nicht empfehlen, wenn Mädchen als Angeklagte erscheinen, auch wenigstens eine Frau als Schöffen heranzuziehen? Die Frau ist in der Lage, so auf diesem Gebiete etwas besonders Gutes zu leiste sie ist besser als der Mann in der Lage, die P'iyche des Kindes zu verstehen. Haben wir aber diese Ueberzeugung, dann můũsse / wir sie auch in dem Entwurf zum Ausdruck bringen. Wir bedůrse⸗ der Strafe als staatliche Reaktion noch weiter, von schwach licher Milde darf nicht die Rede sein; ich glaube aber auch nicht daß hier die Frau mehr als der Mann zur Milde neigen würhh Es wäre also nicht nur gerechter, sondern auch zweckmäßiger, Frau mitsprechen zu lassen. Das Problem muß, soweit es überhaurt lösbar ist, mit möglichst guten Mitteln gelöst werden. ⸗ Abg. Dr. Giese (dkons.): Auch wir stimmen der Ueberweisung an
eine Kommission zu. Wir sind erfreut, daß aus der alten Strasprore ordnungsvorlage, an der ich auch mitzuarbeiten berufen war, diesn Abschnitt herübergerettet worden ist. Wir begrüßen die Vorlage geradt in der Gestalt, wie sie jetzt an uns kommt, und halten ihre Bepackung für bedenklich. Es muß auf dem Gebiet der Aburteilung Jugendliche bald etwas geschehen. Es ist gewiß richtig, daß vielfach Besserungt und Erziehungsmaßregeln der Bestrafung Jugendlicher vorzuziehen sinz. Auch wir wuͤnschen, daß das Amt des Vormundschaftsrichters mög; lichst mit dem des Jugendrichters vereinigt werde, auch wir wünschen daß als Schöffen besonders Personen hinzugezogen werden, Erfahrung in der Jugendpflege haben, so Handwerksmeister und Volksschullehrer. Ich bedauere aber, der Zuziehung von Frauen als Schöffen nicht das Wort reden zu können. Den Frauen soll ein so schweres, strenges und rauhes Amt wie das Richteramt nicht anvertraut werden; oft möchte auch das Herz und Gemüt der Frauen mit dem Verstande durchgehen. Mit den sonstigen Be stimmungen der Vorlage sind wir vollständig einverstanden, begrüßen auch mit Freuden, daß die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werde und der Jugendliche unter Umständen felbst aus der Verhandlung entfernt werden kann, wenn eine Gefährdung der Sittlichkeit davon für ihn zu besorgen ist. Wenn die Staatsanwaltschaft von der Verfolgungszwange entbunden werden sosf, sofern Besserungs⸗ und Erziehungsmaßregeln vorzuziehen sind, so sind wir an sich nicht Gegner der Einschränkung des Legalitätsprinzips, und auch der Vor⸗ redner will sie, soweit es sich um Lappalien handelt; aber die Gin; schränkung nach dem Entwurf geht auch uns etwas zu welt. Die Grenzen des jugendlichen Alters sind in dem Entwurf für uns etwa zu weit gezogen; wir meinen, jeder, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, befindet sich in einem Alter solcher Reife, daß da die Anklag— nicht unterbleiben darf. Gerade jn dem Alter zwischen 16 und 18 Jahren werden die allermeisten und bösesten Roheitsdelikte, Verbrechen begangen, wie sie kaum einem Menschen in diesem Alter zuzutrauen wären. Bei der Fürsorgeerziehung sollten für die Mädchen in erster Linie Fürsorgerinnen bestellt werden. Voffentlich kommt aus der Kommissionsberatung etwas wahrhaft Ersprießliches herant. Abg. Dr. von Liszt (fortschr. Volksp.): Meine politischen Freunde haben die Einbringung der Vorlage mit befonzerer Freude und Genugtuung begrünt, da wir im vorigen Frühjahr die Vor— legung eines solchen Gesetzes durch einen Antrag gefordert haber. Aber unsere Freude minderte sich erheblich ab, als wir den Inhalt der Vorlage vor uns sahen. Wir unsererseits hatten uns ja auch in unserem Antrage Beschränkung auferlegt, weil wir uns in einer Zwangslage befanden. In dieser Zwangolage befanden sich aber die verbündeten Regierungen nicht. die früheren Kommissionsbeschlüsse wiederholt. Von der ganzen Ent⸗ wicklung der Gesetzgebung in den letzten Jahren weiß die Vorlage
und die Begründung noch nichts, von der englischen, österreichischen, französischen usw. Gesetzgebung.
f Auch die deutschen Vor schläge hervorragender Juristen sind nicht berücksichtigt worden, auch nicht die Beschlüsse des Deutschen Jugendgerichtstaze in Frankfurt. Von alledem enthält die Begründung nichts. Welche Erfahrungen hat man mit den Jugendgerichten' gemacht? München gibt es einen Jugendstaatsanwalt. Wer weiß davon? Das ganze Gebiet des materiellen Jugendstrafrechls ist ja in dem Entwurfe nicht geregelt. Der Staatsfekretär bertröstet uns auf dad allgemeine Strafgesetzbuch. Vor 1917 kommt es sicherlich nicht, und wenn es kommt, wird die Kommission mindestens zwei Jahre damit zu tun haben. Ebenso zweifelhaft ist es, ob ein Reichstag mit dem Strafvollzugsgesetz usw. fertig werde, sodaß das 1925 herankommen wird, ehe das Ganze vollendet ist. Wie Feuse gegen die Jugendlichen verfahren wird, muß jedenfalls als ein grober Unfug bezeichnet werden. Es ist zu verlangen die Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters auf das 16. Lebensjahr. Eine Denkschrift über die bedingte Begnadigung ist schon lange nicht mehr veröffentlicht worden; das ist zu bedauern. Die Fürsorg⸗ erziehung ist gerade im Falle der Strafaussetzung am Platze. Bie Bestimmungen über die bedingte Begnadigung sind durch Und durch verhesserungsfähig. Ferner ist notwendig die Rehabilitation der be straflen Jugendlichen; der jetzige Zustand ist eine unnötige Härte für die Jugendlichen. Der jetzige Strafvollzug gegen Jugendliche int höchst bedenklich. An der Mosel ist ein Gefängnis für Jugend⸗ liche errichtet worden, das ist aber auch das einzige. Was soll denn überhaupt ein Jugendgericht sein? Wodurch unterscheiset es sich von anderen Schöffengerichten und Strafkammern? ist nicht zweckmäßig, daß die Landesjugendgerichte die Vor mundschaftsrichter zu Vorsitzenden der Jugendschöffengerichte ernennen. Im Gesetz selbst muff die Einrichtung de— Jugendgerichte obligatorisch gemacht werden, bis zu einem gewissen Umfange wenigstens. Den Landesjustizbehsrden darf das jedenfall nicht überlassen werden; soweit können wir wenigstens gehen, wie es in Bayern geschehen ist. Mit der Durchbrechung des Legalitäte⸗ prinzips können auch wir uns nicht einverstanden erklären, die Staats anwälte würden dem Vorwurfe der Klassenjustiz nicht entgehen. Die Entscheidung müßte in die Hand des Vormundschaftsrichters gelegt werden. Auch damit sind wir nicht einverstanden, daß es dem Er messen des Staatsanwalts überlaffen bleibt, darüber zu entscheiden, von welchen Gesichtspunkten auszugehen ist bei der Wahl der gegen den Jugendlichen anzuwendenden Wittel. Es müssen hier ganz be⸗ stimmte Vorschriften im Gesetz stehen. Ich möchte empfehlen, daß in die Kommission nscht 21, sondern 28 Mitglieder entsandt werden. Es handelt sich hier um eine sehr ernste Frage. Man kann annehmen, daß jährlich etwa 260 000 Jugendliche mit dem Strafgesetz, in Konflikt kommen. Hunderte und Tausende von Jugendlichen, die wegen der geringsten Uiebertretungen mit 3 oder 5 6 Geldstrafe polizei ich belegt werden, können nicht zahlen und sitzen die Strafe ab. Auf diese Weise wird mit dem kostharsten Besitztum, das wir haben, mit unserer Jugend, geradezu Raubbau getrieben; dem muß auf jeden Fall Einhast getan werden. Wir hoffen, daß die Regierung ihren Widerstand gegen die Hineinarbeitung dieser wichtigen Gesichtepunkte aufgeben wird.
Abg. Po spiech (Pole): Den Polen gegenüber ist der preußischen Verwaltung bekanntlich jedes Mütel recht; und so hat sie auch die Gesetzgebung über die Jugendlichen, sowent eine solche besteht, benutzt, um an der Entnationalisierung der polnischen Jugend zu arbeiten. Auch diese neue
. 6 Jahr
Es
aber nicht weiter.
reichs rechtliche Vorlage wird demselben Zwecke dienstbar
lassen.
Die Vorlage hat im wesentlichen nut
acht werden, namentlich wird von dem Mittel der Färsorge⸗ . in dieser Richtung Gebrauch gemacht werden,. Wir haben Hie Erfahrung, machen müssen, daß Kinder den Eltern nur aus nationalen Erwägungen weggenommen worden sind, daß die Kinder den Eltern entzogen wur-en, nicht um die Kinder zu bessern, sondern um die Eltern zu strafen. Ich verweise bloß auf die Wirkungen des Wreschener Schulstreiks. Alles muß der preußischen Regierung helfen, ihr Ziel zu erreichen, den polnischen Kindern die Muttersprache und die Nationalität zu entreißen. Die diebe und Für⸗ forge, mit der man 1 mit aller Macht die ane Leute umgeben 91 sind von sehr zweifelhaftem Erfolge; mit aller staatlichen Jugend⸗ pflege wird man den gewollten Zweck nicht erreichen. Die preußische Re⸗ gierung mißbrauchtauch die Jugenopflege zu ihren Germanisierungszwecken. Hit folchen Schikanen wird man die Jugend nimmermehr auf den richtigen Weg führen. ⸗ — . .
Abg Warmuth (Hospitant der Reichspartei): Mit der Kon⸗ struktion des Entwurfs kann man sich im allgemeinen einverstanden erklaren, insbesondere auch mit der Zusammensetzung der Jugend⸗ gerichte. Die Frauen als Schöffen hinzuzuziehen, haben schon früher die Sozialdemokraten empfohlen. Ich halte meinerseits die Frauen nicht für geeignet, Richter zu werden, da sie im Illgemeingn mehr als der Mann Gefühlserwägungen zugänglich sind. In dem ,, versicherungsgefetz sind den Frauen weitgehende Rechte. eingeräumt, aber auch dort hat man sie ganz bewußt vom Richteramt ausgeschlossen. Ich verkenne nicht, daß die Fürsorgeerziehung für die Jugendlichen in dem Alter von 14 bis 18 Jahren nicht durchweg das Allheilmittel sein kann; anderseits wird man ihrer aber um so weniger entraten können, als die im Publikum weit verbreitete absällige Auffassung über die⸗ selbe von irrigen Voraussetzungen ausgeht. Gewiß sollen die jungen Leute zur Zucht in diesen Anstalten herangezogen werden, sie sollen auch die Arbeit schätzen lernen; es ist aber doch eine maßlose Ueber⸗ treibung, zu behaupten, daß die Fürsorgeerziehung die Jugendlichen zu Verbrechern erzieht. Der Dank an alle, die in der Jugendpflege fätig sind, ist doch gewiß auch an die Leiter und Erzieher dieser An⸗ stalten gerichtet gewesen. Für die Bestimmungen, die der Ent— wurf hinsichtlich der Oeffentlichkeit der Verhandlungen. treffen will, lassen sich doch gute Gründe anführen. Auch ich hoffe auf ein ge⸗ deihliches Ergebnis der Kommissionsverhandlungen.
Die Vorlage geht darauf an eine Kom mission von 28 Mitgliedern. ⸗ K
; lgt die erste Beratung der am 2. Juni 19 in ie,, unterzeichneten revidierten Pariser Uebereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums und des Gesetzentwurfs zur Ausführung der genannten Ueber— einkunft.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Innern Dr. Delbrück:
Meine Herren! Ich glaube mich bei dieser Vorlage auf ein kurzes Begleitwort beschränken zu sollen. Die allgemeinen Ziele der Konvention und der Gesetzesvorlage lassen sich mit wenigen Sätzen darlegen. Die technischen Details der beiden Vorlagen sind für eine eingehende Erörterung im Plenum wenig geeignet. Sie alle wissen, daß die Grundlagen für die Entwicklung eines internationalen Ver⸗ tragtrechts auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes liegen, und zwar in der Pariser Uebereinkunft vom Jahre 1883. Dieser Uebereinkunft ist vor neun Jahren das Deutsche Reich beigetreten. Die in der Uebereinkunft festgelegten Grundsätze sind periodischen Re⸗ visionen und Erweiterungen unterzogen. Die letzte derartige Re⸗ vision, bevor das Deutsche Reich der Union bꝛitrat, hat im Jahre 1900 in Brüssel stattgefunden. Die letzte unter unserer Mitwirkung bewirkte Revision hat sich in der Konferenz von Washington voll— zogen, die ihren Niederschlag in der revidierten Uebereinkunft vom 2. Juni 1911 gefunden hat, die jetzt Ihrer Beschlußfassung unter— breitet wird. Als Ergebnis dieser letzten Verhandlungen in Washington ist zunächst festzustellen, daß man mit Erfolg bemüht gewesen ist, die bestehenden Vereinbarungen redaktionell und sachlich neu zu ordnen und zu einem Ganzen zu vereinigen.
Von den Neuerungen möchte ich, nur kurz streifend, hier be—
Staatssekretär des
merken: die grundsätzliche Gleichstellung der Angehörigen der Verbandsstaaten mit den eigenen Bürgern jeden Staates ist durch den Satz verstärkt und gesichert, daß in keinem Land der Anspruch auf gewerblichen Rechtsschutz davon abhängig gemacht werden darf, ob der Bewerber im Inlande wohnt oder nicht. Ferner hat man in bezug auf die Förmlichkeiten, die mit der Geltendmachung des durch die ausländische Anmeldung eines Patents, eines Musters oder Warenzeichens erworbenen Prioritäts rechts verbunden werden, sich über eine obere Grenze verständigt, über die in keinem Lande hinaus— gegangen werden darf. Die Frist, innerhalb welcher die Nachanmel · dung bewirkt werden muß, ist einem deutschen Wunsche gemäß, für Gebrauchs muster von 4 Monaten bis auf ein Jahr erhöht. Auch sonft sind die Gebrauchsmuster in der unionsrechtlichen Behandlung äberall den Patenten gleichgestellt. Ferner hat man im Interesse klaren und einheitlichen Anwendung des Satzes, daß in der Heimat eingetragene Make telle quelle An⸗ spruch auf Schutz in allen Verbandsländern hat, . der neuen Uebereinkunft die Fälle autdrücklich aufgezählt in denen dieser Schutz versagt werden darf. Die hier getroffenen Regelungen entsprechen im wesentlichen den deutschen Wünschen und Bedürfnissen. Endlich haben sich die Unionsländer derpflichtet so⸗ genannte Verbandszeichen durch ihre Gesetzgebung einzuführen, und schließlich hat man sich, da es streitig war, inwieweit die Kolonien der Verbandsländer der Union angehören oder nicht, dahin geeinigt, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen die Unionsstaaten für ihre Kolonien und Besitzungen der Union beitreten können, und unter welchen Förmlichkeiten und Voraussetzungen der Austritt er— folgen kann. Das sind in großen Zügen die Hauptmomente der Konvention. Die Ratifikationen der Konvention sollen spätestens am 1. April dieses Jahres in Washington hinterlegt werden. Als Tag des In⸗ krafttretens ist der 1. Mai dieses Jahres in Aussicht genommen. Es ist also dringend erwünscht, daß die Konvention alsbald auch die Zu⸗ stimmung des Reichstags findet. - Mit dleser Vorlage hängt eng zusammen die Gesetzes vorlage, die lediglich den Zweck hat, das innere Recht in Einklag zu bringen mit den in der Konventton getroffenen Vereinbarungen. Die Artikel 1 und I enthalten allgemeine Bestimmungen, auf die ich hier nicht ein⸗ gehen möchte. Ich verweise die Herren auf die diesbezũglichen ge⸗ druckten Ausführungen der Begründung. Der wichtigste für uns, insofern er die wichtigste Neuheit bringt, ist der Artikel I, der die sogenannten Verbandszeichen auch im Deutschen Reiche einführen will. Die Einführung der Verbandszeichen entspricht auch einem im deutschen Verkehr seit Jahren immer stärker aufgetretenen Bedürfnis. Meine Herren, Sie wissen, daß es zahlreiche Verbände gibt, die sich in der Weise zusammengeschlossen haben, daß sich ihre Mitglieder
einer
J eine
stimmten Eigenschaften herzustellen. Vielfach basieren diese Verbände auch auf den industriellen oder wirtschaftlichen Eigentümlichkeiten be⸗ stimmter Bezirke. Es können dahin fallen Marken für die Waren bestimmter Industrievereinigungen; es fallen darunter aber auch zahl⸗ reiche Marken von landwitrtschaftlichen Vereinigungen, beisplelsweise der Brand eines Stutbuchs, das Abzeichen eines Herdbuchs, die Marken bestimmter provinziell zusammengeschlossener Molkereigenossen⸗ schaften und dergl. mehr. Diese Verbandszeichen konnten bisher im Inlande gesetzlich nicht geschützt werden, weil die betreffenden Ver— bände in der Regel einen Geschäftsbetrleb oder eine wirtschaftliche Niederlassung nicht haben, dies aber nach unserem geltenden Recht die Voraussetzung der Eintragung eines Zeichens war. Der Art. III ordnet nun die Voraussetzungen, unter denen derartige Verbands⸗ zeichen eingetragen werden können, und beseitigt insbesondere — entsprechend den in der Konvention getroffenen Vereinbarungen die im geltenden Recht enthaltene Bestimmung, wonach die Ein— tragung zur Voraussetzung das Vorhandensein eines Geschäfte⸗ betriebs hat.
Das ist das Wesentliche, was ich Ihnen aus diesen Vorlagen vorzutragen habe. Die vorgeschlagenen Aenderungen fügen sich leicht in den Rahmen des geltenden Rechts ein. Unter diesen Umständen ist es nach der Meinung der verbündeten Regierungen unbedenklich, diese Punkte zu regeln, obwohl wir, wie ich schon bei einer anderen Gelegenheit mitzuteilen die Ehre hatte, vor einer Umgestaltung nicht nur unseres Patentgesetzes, sondern auch unserer gesetzlichen Be—⸗ stimmungen über Zeichen- und Musterschutz stehen. Der Entwurf ist, wie Ihnen ebenfalls bekannt sein wird, bereits im vorigen Sommer der Oeffentlichkeit übergeben worden. Von Seiten der Interessenten sind eine Reihe von Ausstellungen erhoben worden. Diese Ausstellungen sind geprüft worden und haben zum größten Teil berücksichtigt werden können. Ich gebe mich also der Hoffnung hin, daß es keine Schwierigkeiten haben wird, mit Ihnen über die
Vorlage alsbald zur Einigkeit zu gelangen.
Abg. Dr. Junck (nl): Wir beantragen Kommissionsberatung. Wir ah überzeugt, daß die Kommission so rasch arbeiten wird, daß der Inkraftsetzung der Konvention zum 1. April nichts im Wege stehen wird. Wir müssen aber immer wieder auf die große Wichtig⸗ keit solcher internationalen Verträge hinweisen. Namentlich auf dem Gebiete des Markenschutzes werden jetzt wesentliche Neuerungen ge— schaffen. Das letzte und mögliche Ideal, die Gegenseitigkeit der Staaten untereinander, wird aber mit diesen Abmachungen immer noch nicht erreicht. Es bleibt immer noch die Aufgabe, ein ein⸗ heitliches internationales Recht zu schaffen. Das Verdienst derer, die sich um das Zustandekommen der Konvention bemüht haben, wird dadurch natürlich nicht geschmälert. Zu einer Aenderung unserez jetzt unbefriedigenden Verhältnisses zu England bezüglich des Ausführungszwanges ist es ja auf dieser. Washingtoner Konferenz nicht gekommen; ich will aber jetzt auf diesen Schmerz nicht näher eingehen. Im übrigen wird es auf dem Wege der Konvention möglich sein, bezüglich der Freizeichen manche Härte zu vermeiden. Auch die Regelung der sogenannten Perbandszeichen ist eine liberale. Jedenfalls dürfen wir unsere Vefriedigung aussprechen darüber, daß es gelungen ist, hier auf dem Gebiete des internationalen Rechts einen Fortschritt zu machen. .
Die Konvention und der Gesetzentwurf werden an eine Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.
Darauf tritt das Haus in die zweite Lesung des Reichshaushaltsetats für 1913 und zunächst in die Spezialberatung des Etats für das Reichsamt des Sn nern. .
Die Beratung beginnt mit den ordentlichen Ausgaben Kapitel „Reichsamt des Innern“, Besoldungen; erster, Titel „Gehalt des Stgatssekretärs 50 000 6.“ Es liegen dazu bis jetzt 6 Resolutionen vor. .
Abg. Fischer⸗Berlin (Soz); Mit der Sozialreform ist es in der , . nichts mehr; ir die sozialreformerische Phraseo⸗ logie läßt die Regierung ietzt fallen. Wer spricht heute noch von den Februarerlassen des Königs, von Preußen von 13907 Es ist damit gegangen wie mit den Königlichen. Viersprechungen in bezug auf die Wahlreform in Preußen; der König bezeichnete diese Aufgabe als eine der dringlichsten, und die königstreuen Parteien treiben mit diesen Königlichen Versprechen — ich will einen parlamentarischen Ausdruck gebrauchen. — Fußball. Heute wird den Arbeitgebern die Macht des Staats bei Streits und Aussperrungen zur Verfügung gestellt; heute können die Arbeiter um ihr Koalitionsrecht gebracht werden durch Privatverträge, so hat der Staatssekretär Delbrück unter dem Beifall aller bärgerlichen Parteien erklärt. In Bayern hat die Rechtlosmachung der Staatsarbeiter durch die Staatsregierung geradezu auf Befehl des Zentrums erklärt werden müssen! Ueberall soll in den Staagtswerkstätten der Kadavergehorsam herrschen; wenn man das bei dem Subordinationshorizont des Kriegsministers noch verstehen kann, so doch nicht bei einem sog. Arbeitervertreter wie dem Abg. Behrens. Allerdingẽd steht die Entwicklung nicht still. Das beweisen, auch die 119 Sozial⸗ demokraten in diesem Hause und die 44 Millionen für sie abgegebenen Stimmen. Der Staatssekretär Delbrück hat neuerdings eine mili⸗ tärische Rangerhöhung erfahren. Ich weiß nicht, ob dies ine Be⸗ lohnung für die Stillstellung der Sozialreform oder Lin Anzeichen der Anwartschaft lauf den Reichskanzlerposten sein soll, denn be⸗ kanntlich ist auch der Reichekanzler von Bethmann Hollweg als Stagts⸗ sekretär des Innern majorisiert., worden. Nach der An schauung der feudalen Kreise bis 6 hoch hinauf geht es jetzt den Arbeitern gut; das ist eine besondere Blüte konservativer Staatskunst, eine solche Behauptung in der Zeit der allge= meinen Teuerung und der Lebensmittel mucherzölle aufzustellen. Aber trotz alledem soll es nur denjenigen Arbeitern, die Methylalkohol saufen, nicht gutgehen. Im Bezirke der Generalkommission zu Münster beziehen die Bureau beamten im Durchschnitt unter 1090 0 Monateègehalt. Nach einer Anordnung des Ministers gehen selbst diese Gehälter noch über das normale Maß hinaus, und es wird an— heimgegeben, die verheirateten Beamten zu entlassen und junge ledige mit geringeren Bezügen einzustellen! Soll so etwa das Hespenst des Geburtenrückganges gebannt werden? Beim Germanischen Museum zu Nürnberg wird ein Mitarbeiter gesucht, der eine abgeschlossene Uni⸗ dersitätsbildung nachweisen muß; sein Monatsgehalt beträgt 100 4. Es wird notwendig sein, die Reichssubvention für dieses Institut zu erhöhen, damit nicht solche Hungerlöhne gezahlt zu werden brauchen. Der bekannte Erlaß aus dem vorigen Sommer, der die Zurück⸗ drängung der berechtigten Ansprüche der Ingenieure innerhalb des Seeoffizierkorps betraf, ist charakteristisch für die feudale Hochnäsigkeit, der jeder zuwider ist, dessen Hände vielleicht durch ehrliche Arbeit geschaͤndet sind. Man kann eine Blütenlese reaktionärer Aeußerungen des Staatssekretärs anführen. Offenbar hat das bekannte Wort von Utemann von dem Auf⸗das⸗Auge⸗drücken auf, das Reichsamt ein—⸗ gewirkt. Das Reichsamt des Innern hat sich um die Wünsche und Anregungen des Reichstages nicht das geringste ge⸗ kümmert. Graf Posadowsky hatte einen ganzen Sack sozial⸗
olttischer Pläne auf den Tisch des Hauses ausgeschüttet. dicht ein einziges Versprechen ist erfüllt worden. Der jetzige Staats⸗ sekretär hat gesagt: Ein Reichsberggesetz gibt es nicht. Warum nicht? Weil der preußische Minister es nicht will. Nicht das Reichsinteresse und der Beschluß des Reichstags ist entscheidend für die Reichsregierung, sondern Preußen mit seinem rassereinen ost⸗
schämenden Abhängigkeit wie die jetzige. Auch einheitliche Wahlurnen scheitern an dem Widerspruch des preußischen Ministers des Innern. Auch der Reichskanzler e. als preußischer Ministerpräsident vor den konservativen Kanalrebellen zurückweichen. Derselbe Neichs⸗ kanjler stellt sich dann hier hin und erklärt: Meine Regierung steht über den Parteien und erhält von niemand Instruktionen. Dieser gottgewollten Abhängigkeit: müßte man sich vor Deutschland schämen. Bezeichnend ist, daß der Staatssekretär in der Frage der Wahlurne ein Votum für die preußische Regierung ausgearbeitet hat. Die Landräte pfeifen auf Ministerialerlasse und wissen, wie sie gemeint sind: nur nicht erwischen lassen. Darum lassen sie sich ungestraft die unerhörteste Wahlbeeinflussung zuschulden kommen. Bis zur Stunde ist es der preußischen Verwaltung nicht gelungen, die preußischen Landräte politischen Anstand zu lebren. In letzter Zeit scheint die Stimmung für die einheitliche Wahlurne sich in Re—= gierungskreisen etwas verbessert zu haben. Aber ganz sicher bin ich der Sache noch nicht, denn es heißt, daß alle vorgeschlagenen Urnen erst der preußischen er ng zur . vor⸗ gelegt werden sollen. Jedenfalls hat der Staats sekretär in der Sozialreform vor Preußen die Segel i,. zumal da auch die anderen Parteien zurückgewichen sind— r ist nahe daran, ein Staatsseknetaͤr gegen die Sozialpolitik zu werden. Für die Eisen bahnarbeiter gilt heute tatsächlich nicht die Gewerbeordnung; so hat das Oberlandegsgericht in Frankfurt 4. M. 1905 entschieden, und diese Entscheidung scheint mit der Entscheidung des Reichsamis des Innern . Eigentümlich ist es, daß der Staatssekretär den Unternehmern hier den Weg gewiesen hat, wie sie sich über das Koalitionsrecht der Arbester hinwegsetzen können. Die Juristen sind ihm darin bereitwilligst zu Hilfe gekommen. Das Reichsgericht war immer nur das Instrument, das der Reichs⸗ regierung die gesuchten Gründe lieferte. Darum wurde das Reichsgericht in das Leipziger Milieu gelegt. Wenn das Ge—⸗ setz wirklich so lautet, wie der Staatssekretär es inter⸗ pretiert, so müßte er seine Aenderung unverzüglich beantragen. Eisenbahnreparaturanstalten sollen nicht als wirtschaftliche Einrichtungen behandelt werden! Es ist ein schreiendes Unrecht, daß diese staatlichen gewerblichen Betriebe nicht der Gewerbeaufsicht unterstehen. Der Staat beschränkt seinen Arbeitern das Koalitionsrecht ebenso, wie die Krupp und Stumm es getan haben, die sich sogar zu einem Eheverbot ver⸗ stiegen. Ist es nicht wunderhar, daß das Zentrum das ruhig mit ansieht, trotz der traurigen Erfahrungen, die es selbst gemacht hat? Die Zentrumsarbeitersekretäre haben kein Wort des Tadels gegen den Staatssekretär gefunden! Das Zentrum wirft uns Terrorismus vor. Dazu fehlt ihm wie den anderen bürgerlichen Parteien jedes sittliche und formale Recht. Diese haben den Grundsatz, kein Sozialdemokrat darf in einem Staatsbetriebe beschäftigt werden, und sie jubeln, wenn ein solcher aufs Pflaster gesetzt wird. Das steht doch auch im Einklang mit der Erklärung des preußischen Handelsministers im Abgeordnetenhause bei seiner Stellungnahme gegenüber der von den Arbeitern eingesetzten Kommission. Die Enz vklila des Papstes ist auf denselben Ton gestimmt. Sie ist nur im Interesse der Arbeitgeber erlassen, denen auch die christlichen Gewerk⸗ schaftnn ein Dorn im Auge sind. Das muß doch den katholischen Arbeitern die Augen öffnen, wenn sie sehen, daß man nur ihnen gegenüber so vorgeht und meint, daß die Arbeitgeber keinen Schaden an ihrem Seelenheil nehmen, wenn sie mit Protestanten, Juden, Atheisten oder selbst Freimaurern in Ver— einigungen zusammen sind. Der Regierung ist es allerdings unan⸗ genehm, wenn diese Gewerkschaften dadurch gefährdet werden, sie braucht sie, um die unberechtigten Forderungen der Sozialdemokraten zurückweisen zu können. Wir begrüßen die. Enzyklika, weil sie Klärung bringt, indem der Papst sich auf die Seite der Aus⸗ beuter stellt.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück:
Meine Herren! Es liegt nicht in meiner Absicht, heute auf die Ausführungen des Herrn Vorredners im einzelnen einzugehen, ich halte es für richtiger, daß ich ihm erwidere, wenn auch die anderen Parteien des Hauses zu Worte gekommen sind. Ich möchte bloß eins feststellen: . .
Der Herr Abg. Fischer hat sich in seinen Ausführungen sätze⸗ weise auf ein Votum gestützt, das ich in meiner Eigenschaft als preußischer Staatsminister an das preußische Staatsministerium ge richtet habe; er hat also hier ein Material benutzt, das nur durch einen groben Vertrauensbruch (Widerspruch und Zurufe links . Hört! hört! rechts) in seine Hände gelangt sein kann. Ich muß mich dagegen verwahren, daß Material, das in dieser Weise in die Hände von Mitgliedern des Reichstags gelangt, in der Debatte gegen die Regierung verwandt wird (Bravo! rechts), ich muß mich dagegen verwahren in Ihrem und in unserem Interesse. (Erneutes Bravo rechts.) ö
Es entspricht nicht der Achtung, die wir vor Ihnen haben, und der Achtung, von der wir hoffen, daß Sie sie vor uns haben, wenn Sie uns mit so gewonnenem Material bekämpfen. (Lebhafter Bei⸗ fall. — Tachen und Zurufe bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Fischer (Soz.): Diese Erklärung habe ich vorausgesehen und sie . mich deshalb gar nicht. Der Vorwurf des Ver= trauensbruches betrifft nicht mich. Ich weiß nicht, will auch nicht wissen, von wem ich das Material habe. Der Staatesekretär verwahrt sich dann dagegen, daß auf diese Weise erlangte Schrift⸗ stücke hier gegen ihn verwertet werden. Ich würde das Recht der Regierung zu einem solchen Ausspruch anerkennen, wenn er nicht von einer Regierung, die jährlich Tausende und Zehntausende benutzt um solche Aktenstücke sich zu verschaffen, käme, wenn ich nicht schon selbst im Reichstage hätte Verwahrung dagegen einlegen müssen, daß mit den Steuergroschen der geheimen Fonds bezahlte Elemente der Polizei bis in unsere eigenen Geschäftsräume hincindrinßhen.
Präsident Kaempf erklärt die letzten Ausführungen für nicht zum Diskussionstbema gehörig. .
Gegen 6 Uhr wird die Fortsetzung der Etats beratung auf Dienstag 1 Uhr pünktlich vertagt. Vorher Anfragen.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 110. Sitzung vom 13. Januar 1913, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau“. ) Ueber den Beginn der Sitzung, in der die erste Beratung
es Nachtrags zum Staatshaushaltsetat für das ,, . und des Staats haus haltsetats für das Rechnungsjahr 1913 fortgesetzt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. .
Nach dem Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch sfreikons.) ergreift das Wort der
Finanzminister Dr. Lentze:
Meine Herren! Die bisher hier zum Wort gekommenen Redner der verschiedenen Fraktionen haben die Ihnen zugegangenen Etats verschieden beurteilt. Während die Herren Redner der konservativen Fraktion und des Zentrums vorbehaltlich einer eingehenden Prüfung in der Kommission bisher den Etat im großen und ganzen gebilligt haben, hat der Herr Redner der nationalliberalen Fraktion den Etat
verpflichten, bestimmte Produkte nach bestimmten Grundsätzen und be— —
elbischen Junkertum. Keine Regierung befand sich in einer so be⸗
in verschiedenen Punkten ziemlich scharf kritisiert, und auch der Hern