1913 / 27 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Jan 1913 18:00:01 GMT) scan diff

der Rechtsanwalt Bindewald in Karlshafen zum Notar fn den Bezirk des Oberlandesgerichts zu Cassel mit Anweisung eines Amtssitzes in Karlshafen ernannt worden.

Dem Notar Dr. Schotten in Bitburg ist der Amtssitz in Mayen angewiesen.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.

Dem Privatdozenten und Konstruktionsingenieur an der Königlichen Technischen Hochschule in Berlin Dr. Stephan Löffler und dem Geschäftsführer des Westpreußischen Fischerei⸗ vereins Dr. phil. Arthur Seligo in Danzig ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Finanzministe rium.

Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Han au, Regierungsbezirk Cassel, ist zu besetzen.

Ministe rium für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten.

Der Rittmeister a. D. Graf zu Dohng-⸗Schlodien ist . des Landgestüts Kreuz bei Halle a. S. ernannt worden.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 31. Januar 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König besuchten gestern vormittag den Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg.

In der am 30. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück abge⸗ haltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde dem Entwurf eines Gesetzes über die Verlegung der deutsch⸗öster⸗ reichischen Grenze bei Hammerunterwiesenthal—Weipert die Zu⸗ stimmung erteilt. Der Entwurf einer Bekanntmachung über Lohn⸗ bücher für die Kleider und Wäschekonfektion wurde genehmigt. Dem zuständigen Ausschuß überwiesen wurde die Vorlage, betreffend den Entwurf von Bestimmungen für die land⸗ und forstwirt⸗ schaftlichen Aufnahmen im Jahre 1913. Die Wahl von höheren Beamten der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte wurde vollzogen. Demnächst wurde über eine Reihe von An⸗ trägen auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem Versicherungsgesetze 39 Angestellte sowie über verschiedene Ein⸗ gaben Beschluß gefaßt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 29. d. M.

S. M. S. „Em den“ in Kelung (Formosa) nnd S. M. Tpdbt.

*

„Taku“ in Schanghai n h

( ] J ; ; . 369 Oesterreich⸗ Ungarn.

Das österreichische Abgeordnetenhaus hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern das Epidemie—⸗ gesetz in zweiter Lesung angenommen. Der slovenische Ab⸗ geordnete Verst ovsek brachte eine Interpellation an den Ministerpräsidenten ein, in der betont wird, daß das bisherige Verhalten der Großmächte zur Entwirrung der Balkanfrage bedeutend beigetragen und weitere Verwicklungen verhindert habe. Es sei auch in dem bulgarisch- rumaͤnischen Streit Pflicht der österreichisch⸗ungarischen Monarchie, alles zu ver⸗ hindern, was als eine einseitige Parteinahme ausgelegt werden könnte, und alles zu tun, um eine friedliche Beilegung dieses Konflikts in die Wege zu leiten. Das Haus vertagte sich sodann auf den 10. Februar.

Großbritannien und Irland.

Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, beschäftigten sich die Botschafter in ihrer vorgestrigen Konferenz allein mit der Frage der Grenzen des zukünftigen autonomen albanesischen Staates und mit der durch den Abbruch der Friedensverhand⸗ lungen geschaffenen Lage. Die Beratung über die finanziellen und wirtschaftlichen Abmachungen, die durch die Gebiets⸗ abtretungen an die Balkanverbündeten notwendig werden, wurde ö a der am nächsten Montag stattfindenden Zusammenkunft vertagt.

Der bulgarische Bevollmächtigte Dr. Danew erklärte gestern nach einem Besuche im Auswärtigen Amte einem Ver⸗ treter des „Reuterschen Bureaus“ im Namen der Verbündeten, daß die Antwort der Türkei nicht geeignet sei, die Grundlage für neue Verhandlungen zu bilden. Die Ver— handlungen würden ohne die Abtretung Adrianopels und der Inseln nicht wieder aufgenommen werden. Im übrigen müsse die Abtretung vor der Wiederaufnahme des Krieges stattfinden. Der erste Kanonenschuß werde die Bedingungen der Ver— bündeten ändern.

Von den Mitgliedern der griechischen, serbischen und monte⸗ negrinischen Mission werden, obiger Quelle zufolge, Skuludis, Wesnitsch und Popowitsch noch einige Zeit in London bleiben, um mit dem Auswärtigen Amt und den Botschaftern Fühlung zu behalten. Der bulgarische Bevollmächtigte Madjaroff wird über die bulgarischen Interessen wachen.

Das von dem rumänischen Gesandten Mischu und dem bulgarischen Bevollmächtigten Dr. Danew über die Forderungen Rumäniens und die Zugeständnisse Bulgariens . Protokoll ist von beiden Vertretern unterzeichnet und gestern nach Bukarest gesandt worden.

Im Oberhause wurde gestern die Homerule Bill nach viertägiger Beratung mit 526 gegen 69 Stimmen ab⸗

gelehnt.

Nach dem Pericht des „W. T. B.“ bot die Besprechung an den drei vorhergehenden Tagen nichts Ungewöhnliches; gestern griff Lord Curz on die Bill lebhaft an, indem er erklärte, für jedes Uebel, das die Bill heilen würde, schaffe sie ein Dutzend andere, . jedes Gefühl, das sie hefriedige, verletze sie ein anderes, und für jedes Recht, das sie bewirke, verübe sie zwanzigfacheß Unrecht. Die Bill werde kein endgültiges Ergebnis haben und nicht zum Frieden und zu einer Lösung der Frage führen. Der Viscount Morley,

Verhandlungen über ein Konkordat zwischen Serbien und dem Heiligen Stuhl im Gange sein sollen, schreibt der „Osservatore Romano“ in einer redaktionellen Notiz: wissen nichts Gange wären.

über die Verfassungsrevision fort.

Vandervelde, daß die Arbeiter nötigenfalls bereit seien, nach dem Vorschlag des Liberalen Hymans die Wahlrechtsfrage einer Kom— mission zu unterbreiten, um einen Generalstreik zu verhüten. velde appellierte auch an den König, sich für eine Verständigung ein— zusetzen. Der Abg. Woeste lehnte aber ein Kompromiß ab, da alle Bemühungen zu dem gleichen Wahlrecht führen müßten, das er grundfsätzlich verwerfe.

bündeten

. 7 Uhr Abends ab gekündigt. er

Sawoff, dem Generalissimus Mahmud Schewket Pascha

, , des Waffenstillstandes mitteilte, hat folgenden ortlaut:

abgebrochen sind. Ich habe die Ehre, darauf hinzuweisen, daß die Feindseligkelten gemäß Artikel 4 des Waffenstillstandsprotokolls vier Tage nach Ueberreichung der Kündigung, das heißt am nächsten Montag, Abends 7 Uhr, wieder aufgenommen werden.

der Mitteilung Kenntnis genommen habe.

grafen Pallavicini als Doyen des diplomatischen Korps über— reichte Antwort der Pforte auf die gemeinsame Note der Mächte lautet, wie „W. T. B.“ meldet:

der gemelnsamen Note, die die Botschafter Oesterreich-Ungarns, Englands, am 17. d. zur Kenntnis genommen. anzuerkennen, daß der Abschluß des Friedens den Interessen der Allgemeinheit entspricht, und sie gibt sich Rechenschaft darüber, daß es geboten sei, so schnell als möglich dem Kampfe ein Ende zu setzen, den sie keineswegs hervorgerufen hat.

der Türkei Adrianopel an und für die Sorge zu Kaiserliche Regierung glaubt hervorheben zu berelts dadurch stimmte. Da Adrianopel eine Stadt ist, die vermöge ihres be— sonderen Charakters in untrennbarem Zusammenhange mit dem türkischen Reiche steht, hat das bloße Gerücht einer Abtretung dieser Stadt im ganzen Lande eine derartige Erregung hervorgerufen, daß sie die Demission der früheren ö herbeigeführt hat.

Es war Mitternacht vorüber, als die Abstimmung vorgenommen wurde, deren Ergebnis oben mitgeteilt ist.

Im Unterhause standen gestern Anfragen auf der Tagesordnung. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Sir Edward Grey erklärte, obiger Quelle zufolge, in Beantwortung mehrerer Anfragen, daß die Note der Vereinigten Staaten von Nordamerkka wegen des Panamakanals sorgfältig erwogen werden würde, bevor die Antwort abgesandt würde. Die britische Regierung wäre mit Bezug auf die Wiederaufnahme der Verhandlungen wegen des englisch⸗amerikanischen Schiedsgerichtsvertrages noch zu keiner Ent— scheidung gekommen. Der Konservative Jate fragte, ob Rußland von der persischen Regierung eine Konzession für den Bau einer Eisfenbahn von Dschulfa nach Täbris erhalten habe und ob eine ähnliche Konzession . den Bau einer Eisendahn von Muhamra nach Choramabad Großbritannien gewährt worden sei. Grey ant⸗ wortete, daß, soweit er unterrichtet sei, diese Konzessionen noch nicht erteilt seien, daß er aber erfahren habe, es bestehe gute Hoffnung, daß sie demnächst erteilt werden würden. Bei dem Fest mahl, das gestern in Dundee aus Anlaß der Perleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt an den Premierminister Asquith vom Oberbürgermeister gegeben wurde, sagte in Beantwortung eines Trinkspruchs auf die Flotte der ö . der Admiralität Churchill, wie „W. T. B.“ meldet: Wenn er demnächst den Etat dem Unterhause unterbreiten werde, so werde er zuversichtlich zeigen können, daß die Flotte absolut und relativ stärker werde. Es sei keine Gefahr, daß Großbritannten von der hohen Stellung, die es erreicht habe, im Laufe der Zeit oder durch Umwälzungen in der Schiffsbautechnik herabgedrückt werde. Auch die Armee sei kriegstüchtig und arbeite immer enger mit der Flotte zusammen. Dies bedeute aber nicht, daß man auf Unterdrückung und Eroberung ausgehe. Es sei der erdrückende Beweis geliefert worden, daß, wie stark auch immer die Macht Großbritanniens sein werde, sie nur zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens benutzt werden würde. ‚Unser Antagonismus mit Frankreich in früheren Tagen“, fuhr Churchill fort, „hat zur Befestigung der Südküste und zu ihrem Ausbau für Flottenzwecke geführt. ger aber hat sich die inter⸗ nationale politische Lage geändert, und die Buchten und Häfen der Ostküste haben besondere Bedeutung erlangt. Unser Zwist mit Frankreich ist glücklicherweise zu Ende, und wir dürften einer Zeit entgegensehen, wo wir, ohne daß der Frieden der Kulturnationen gestört wird, auf dem besten Fuße mit einer jeden der europäischen Großmächte stehen werden.“

Frankreich.

Die Deputiertenkammer setzte gestern die Beratung über den Budgetposten „Pulver“ fort.

Nach dem ö. des. W. T. B.“ bekämpfte der Abg. Danie lou das Fabrikationsrsynopol und übte lebhafte Kritik an den der Marine gelieferten Pul xten. Der Marineminister Baudin unterbrach ihn und wider h energisch. Er versicherte, daß in der Fabrikation Fortschritte gehlccht worden seien, und fügte hinzu, wenn anßer— gewöhnliche Verhältnisse es erforderten, werde die französische Marine imstande sein, mit ihrem Pulver zu kämpfen und wirksame Dienste zu leisten. Feststellungen, die in der Vergangenheit wahr sein konnten, selen es jetzt nicht mehr.

Rußland. K Min sterrat hat den Handels⸗, Marine⸗ und Kriegs⸗ minister sowie en Minister für Verkehrswege ermächtigt, einen Ergänzungsgesegintwurf auszuarbeiten, durch den der Gesetz⸗ entwurf, betreffend Lieftrung von Schiffen für Kriegs— zwecke, auf Finland ansgedehnt wird.

Italien. Zu der von „W. T. B.“ verbreiteten Meldung, wonach

Wir

davon, daß derartige Verhandlungen im

Belgien. Die Deputiertenkammer setzte gestern die Beratungen Nach dem Bericht des erklärte

, . der Sozialist

Vander⸗

Türkei. Laut Meldung des „Reuterschen Bureaus“ haben die ver⸗ Balkanstaaten den Waffenstillstand von Die Depesche, mit der Oberkommandierende der bulgarischen Armee, General

Ich teile Eurer Exzellenz mit, daß die Verhandlungen in London

Mahmud Schewket Pascha antwortete darauf, daß er von Die gestern demösterreichisch⸗ungarischen Botschafter, Mark⸗

Der unterzeichnete Minister des Aeußern hat den Inhalt Frankreichs, Rußlands, Deutschlands, und Italiens M. seinem Amtsvorgänger zu übermitteln beliebten, Die ottomanische Regierung zögert nicht

ünschen und

In ihrer Mitteilung haben es die

kächte für nötig erachtet, den Rat zu erteilen,

der Abtretung der Stadt die verbündeten Balkanstaaten zuzustimmen wichtigsten ägäischen Inseln den Mächten die überlassen, deren Schicksal zu bestimmen. Die sollen, daß sie ihrer versöbnlichen Haltung den unermeßlichen Opfern zu—

Beweise daß sie

unzwerfelhafte gegeben hat,

Nichtsdestoweniger ist die Kaiserliche Regierung, um den

der die Debatte Über die Bill schloß, erklärte, Re Regierung sei der Meinung, daß die Cine lle wegen Ulster n

äußersten Beweis ihrer friedfertigen

neigt, sich dem Wunsche der Mächte hinsichtlich jenes Adrianopels zu fügen, der am rechten Ufer der M gelegen ist, während sie den am linken Ufer dieses i gelegenen. Stadtteil mit seinen Moscheen, Mausoleen anderen historischen und religiösen Denkmälern behielte. Die i haltung, dieses Teiles der Stadt, unter der direkten aufongu? Souveränität ist für die Kaiserliche Regierung eine Notwend: 1 der sie sich nicht entzihen könnte, ohne das Land einer EGrschu tt auszusetzen, die die schwersten Verwicklungen mit sich bringen kon Was die ägäischen Inseln betrifft, gestattet sich die Reglern mitzuteilen, daß, während ein Teil derselben infolge der unmitkespos Nachbarschaft der Dardanellen für die Verteidigung der Hanpts unerläßlich ist, der Besitz der übrigen einen integrterenden Besltn der asiatischen Besitzungen des Kaiserreichs bildenden Inseln an minder unerläßlich ist für die Sicherheit Kleinastens.“ 1. Lösung, die dahin ztelen würde, die Autorität der Fiegi auf diesen Inseln zu verringern, würde das Ergebnis hern sie, in ebenso viele Agitatlonsherde zu verwandeln, . Wirkung auf das benachbarte Festland übergreifen würde. z Folge wäre, die Schaffung eines Zustandes der Zerrüttung zig demjenigen in Mazedonien, der die Ruhe Europas bedrohte und e. immer bedroht. n

Abgesehen von den bedauerlichen Wirkungen, die eine derart Lösung auf die öffentliche Meinung in der Türkei ausüben mij würde sie den Ansichten der Großmächte zuwiderlaufen, denen die dauer in Herbeiführung der Konsolidierung und des Gedeihens des Kaiserreih; am Herzen liegt. Infolgedessen könnte die Pforte zustimmen, daß Mächte das Schlcksal der von den verbündeten Balkanstaaten besehtn Inseln festzustellen belieben. Indem sie, die Mächte, den Fo, stehenden Erwägungen Rechnung und, dafür Sorge tragen, daß . Position der Dardanellen unberührt bleibt, was die ha Pforte als eine in den höchsten Interessen Europas gelehen Angelegenheit betrachtet, ist die Kaiserliche Regierung überzengt, . die Mächte im Geiste der Gerechtigkeit und Billigkeit wohl genen sein werden, anzuerkennen, wie groß die Opfer sind, denen die Reglerm zu bringen bereits zugestimmt hat, und zuzugeben, daß die Pfon im Recht sei, wenn sie alle neuen Forderungen zurückweist, die po den Verbündeten erhoben werden könnten. Die Pforte nimmt n wahrer Befriedigung Akt von den wohlwollenden Dispositionen in Mächte und ihren Versprechungen, der türkischen Regierm ihre moralische und materielle ÜUnterstützung zu leihen, damn sie in die Lage versetzt werde, die Schäden des Kriegez 1 hellen und die natürlichen Quellen des Reiches für dieses nutz zu machen. Zu diesem Behufe ist es unerläßlich, daß die Mach der Türkei schon jetzt das Recht zugestehen, in voller Frelhth einen autonomen Zolltarif einzuführen, ferner auf den Prinzipnn des modernen Rechts beruhende Handelsverträge abzuschließen, endliz die fremden Staatsangehörigen den ottomanischen Steuergesetzen i unterstellen, denen die kürkischen Untertanen unterworfen sind und seh werden, und daß die Mächte inzwischen einer vierprozentigen Erhõöhim der Zölle zustimmen.

Für nicht weniger unerläßlich hält es die Pforte, daß die aut ländischen Postanstalten unter Bedingungen aufgelassen werden, Re leicht festzusetzen wären in dem Sinne, daß dem Handel alle Garen tien für die notwendige Schnelligkeit und Sicherheit des Postverkchn geboten werden.

Die Pforte ist weiter der Ansicht, daß eine Erklärung M Mächte, in der sie ihren Wunsch zu erkennen geben, dem Regin der Kapitulationen in der Türkei ein Ende zu setzen, und die Gi, öffnung von Verhandlungen nach dem Abschluß des Frieden um gemeinsam zur Durchführung dieses Zieles geeignete Mittel n studieren, zusammen mit den früher aufgestelllen wirtschaftlichn Maßnahmen eine Gesamtheit von Maßregeln bilden würden, die n Durchführung der von den Mächten in ihrer Note gemachten Vn sprechungen ermöglichen.

T ell

Amerika.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus New York hal der Handelsminister Nagel die Verfügung der Einwanderung behörde, betreffend die Ausschließung des früheren Präsidente, Castro, bestätigt.

Der chilenische Staats rat hat einem Gesetzentwur betreffend die Verbesserung der Haupthäfen Chile und der Zuführungs bahnen, zugestimmt. Die Kosten der Arbeiten belaufen sich, obiger Quelle zufolge, auf 4 300005 Pfund Sterling, die in Staatsscheinen zahlbar sind.

Asien. Die Lage in Asserbeidschan bessert sich. We „W. T. B.“ meldet, ist die Agitation gegen die Zentrzh regierung im Erlöschen begriffen, und die Agitatoren, die sih in der Hauptmoschee in Täbris versammelt hatten, sind nat Hause zurückgekehrt.

Afrika. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Tanger gärt es unter den Marokkanern der spanischen Zone, namentlich in der Gegend von Elksar. Die spanischen Behörden beschlagnahmten in Arzila mehrere hundert Gewehre, d Raisuli für den geeigneten Augenblick in Bereitschaft hielt.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen de Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (102.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn beiwohmte, wurde die zweite Beratung des Gesetzentwurfs wegen vorüber— gehender Zollerleichterung bei der Fleischeinfuhr mi den dazu eingebrachten Anträgen und Resolutionen der Sozidl— demokraten und der Fortschrittlichen Volkspartei fortgesetzt. Zu den sozialdemokratischen Anträgen ist inzwischen noch folgende Resolution gekommen:

„Für den Fall der Ablehnung dieser Anträge den Reichskanzler i ersuchen, het den verbündeten Regierungen dahin zu wirken, daß in derselben Weise wie für die großen Städte die Einfuhr vof frischem Fleisch und Schlachtvieh in allen Gemeinden zugelassen wird, in denen die erforderlichen Schutzeinrichtungen gegen Verbreitung der Viehseuchen vorhanden sind.“

Abg. Freiherr von Gamp (Rp.) begann unter großer Umm des Hauses, sodaß seine ersten Ausführungen unverständlich blieben, Ich muß mich darüber beschweren, in welcher Form der Abg. Wender das Referat über die Kommissionsfitzung erstattet hat. Er ha uns Mitteilungen gemacht, die seitens des Bundesrats oder eln Kommissarg der verbündeten Regierungen abgegeben sind. EC wum uns aber nicht gesagt, wer sie mitgeteilt hat; wir können also nit prüfen, welcher Wert darauf zu legen ist. Auch erfuhren wir nicht darüber, ob die Kommission sich damit einverstanden erklärt bet Im übrigen nehmen wir zu der Frage keine andere Ele n, als früher ein. Unsere Zollpolitik muß gegen jeden Ang eschützt werden. Wir halten dag ganze Gefetz nicht für nölh, Infolge der getroffenen Maßnahmen sind die iindsle che ja etwas zurückgegangen, dagegen sind die Schweine flei hy leich hoch geblieben. Es sind Angriffe gegen die Verl i leischer gemacht worden. Aber diese richteten sich wohl wenin⸗

esinnung zu geben, ge—

gegen die Schlächter selbst als gegen die Berliner Bie hkommissionin

2

Abg. Fischbeck hat die Schlächter verteidigt. Es ist . weshalb man dann nicht diesen den Verdienst hat zukommen lassen, sondein mit einem Herrn abgeschlossen hat, der allein davon großen Vorteil hat. Der Magistrat entschuldigt sich jwar gegen die wider ihn erhobenen Vorwürfe, daß der Vertrag ja nur bis 1. April geschlossen sei.

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (122) i n, des k der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister des Innern Dr. von Dallwitz beiwohnte, wurde die zweite Beratung des Staats—⸗ haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1913 bei dem Spezialetat für das Ministerium des Innern fortgesetzt.

Referent der Budgetkommission ist der Abg. Winckler kons.), für das Medizinalwesen der Abg. von der Osten skons. ). Die Kommission hat eine Resolution vorgeschlagen, die für die geplante Revision des Kommunalahgabengesetzes gewisse Fingerzeige gibt. Auf Vorschlag des Präsidenten werden die

äesolution und diejenigen zu diesem Etat gestellten Anträge, die nicht eng mit dem Etat selbst in Zusammenhang stehen, erst nach Erledigung des Etats beraten werden. 2.

Die Einnahmen werden ohne Debatte bewilligt.

Eine allgemeine Debatte findet bei dem ersten Titel der dauernden Ausgaben, „Gehalt des Ministers“, statt.

Referent Abg. Winckler: Die Kommission ist in eine längere Erörterung über die Grundwertsteuer eingetreten, über die ich nach dem eben gefaßten Beschluß des Hauses später zu berichten haben werde. Im übrigen ist in der Kommission beim Ministergehalt u. a. über die Handhabung des Versammlungs⸗ und Vereinsrechts und über einheitliche Wahlurnen verhandelt worden.

Abg. von Kard orff (freikons.); Ich habe nur die Absicht, mit einigen wenigen Worten die Frage des Schutzes der Arbeits willigen und 'die Frage, ob und, mit welchen Mitteln der Sozialpemokratie bisher entgegengetreten ist und ob ihr in Zukunft nicht mit anderen Mitteln entgegengetreten werden muß, zu erörtern. Man wird mir den Einwand machen, daß es sich hler um eine Reichssache handele; aber ich habe schon früher gesagt: wir werden die Bahnen des Fürsten Bismarck verlassen müssen, wir werden mehr als bisher die Angelegenheiten des Reiches auch vor unser Forum ziehen mässen, wir werden das tun müssen, um die Stellung der preußischen Regierung im Bundesrat gegebenenfalls zu stärken. Wir haben um so mehr Veranlassung dazu, als sich neuerdings, ich kann wohl saͤgen, in ganz unerbörter Weise der Reichstag in innerpreußtsche Angelegen⸗ beiten eingemischt hat. Gestern haben offene und verkappte Reichs⸗ seinde zu meinem lebhaften Bedauern sich mit dem Zentrum zusammen⸗ getan und die Resolution angenommen, die dem Reichskanzler ein Mißtrauensvotum autstellt. Ich bedaure daß die Herren vom Zentrum diese Aktion mitgemacht haben. Ich habe aber nicht die Äbsicht, mit Ihnen zu polemisieren; ich bedauere nur aufrichtig, daß Sie, meine Herren vom Zentrum, sich in Hiese Gesellschaft begeben haben, daß die Achtung vor der Mehrheit dieses Hauses, vor der Mehrheit des anderen Hauses, vor der Regierung nicht davon ab⸗ gehalten hat, eine derartige Aktion zu insßenieren. Ich hätte nur einen Wunsch: Ich weiß nicht, ob Herr Wetterlé auch dabei war, in diefe Gesellschaff von Reichsfeinden gehört er hinein. Ich will hoffen, daß diese Aktion auf die Regierung kelnen Eindruck macht.

„Ich will auf die Materie des Enteignungsgesetzes heute nicht ein; Jehen. Man kann zu dieser Frage, als reine Zweckmäßigkeitsfrage

betrachtet, stehen, wie man will, man kann bedauern, daß es an⸗ gewendet worden ist, aber es handelt sich um ein preußisches Gesetz, und für die Ausführung preußischer Gesetze ist der Ministerpräsident uns und nicht dem Deutschen Reichstage verantwortlich. Wir weisen diese Einmischung aufs entschiedenste zurück, wir lassen uns in dDieser Frage von niemandem hineinreden. Mein eigentliches Thema, die Frage des Schutzes der Arbeitswilligen, ist ja im Reichstage anläßlich der von den Deutschkonservativen beantragten Resolution eingehend erörtert worden, die zu unserem lebhaften Bedauern gegen eine, wie das Berliner Tageblatt“ sagt, klägliche Minderheit abgelehnt worden ist. Begründet wurde sie vom Grafen Westarp so eingehend, so sachlich, daß Graf Westarp sich um die Klärung dieser Frage ein bleibendes und dauerndes Verdienst erworben hat. Jedem von Ihnen kann ich nur den Rat geben, diese Rede durchzuarbelten und ihr Material zu prüfen. Graf Westarp hat auf die Umfrage bei den Handelskammern aufmerksam gemacht. Das Ergebnis dieser Umfrage ist deshalb außerordentlich inter⸗ effant, weil die Handelskammern der Linken näher stehen als der Rechten. Von 66 befragten Handelskammern haben sich 4], also J, für gesetzliche Maßnahmen zum Schutze der Arbeits willigen aus⸗ gesprochen. Auch die Organisationen der Werks, und der Vater laͤndischen Verbände haben dringend nach diesem Schutz verlangt. Die zweite sächsische Kammer hat eine ähnliche Resolution angenommen, und dort haben auch Nationalliberale dafür gestimmt. Da it es tief bedauerlich, daß ein angesehenes nationalliberales Blatt, die National⸗ zeitung‘, die sachlichen Auslassungen des Grafen Westarp eine sunkerliche Demagogie nennt und im Gegensatz dazu von den sachlichen und maßvollen Ausführungen des Sozialdemoktaten spricht. Nun hat der Staatssekretär des Innern in dieser Frage eine Stellung eingenommen, von der ich sagen muß, daß meine politischen Freunde sich sehr darüber gewundert haben. Er hat u. a. ausgeführt, daß eine wirksame Bekämpfung der Sozialdemokratie nur durch eine systematische Aenderung unserer strafgesetzlichen Bestimmungen ge— schehen könne, und daß im übrigen die gesetzlichen Bestimmungen nach feiner Meinung ausreichen würden, um den Ausschreitungen gegen Arbeitswillige zu begegnen. Wenn aber die Staatsgewalt nicht mehr für den Schutz der Arbeitswilligen sorgt, dann sind sie den Sozialdemokraten wehrlos preisgegeben. Der Staatssekretãr hat selbft in dankenswerter Weise den Beweis dafür geliefert, indem er mitteilte, daß anläßlich des Streiks im Ruhrrevier 2000 Fälle von Bestrafungen vorgekommen sind und daß in jenen Tagen Stöße von Depeschen ihm jeden Tag auf den Schreihtisch geworfen worden sind, worin über mangelhaften Schutz der Arbeittwilligen geklagt worden ist. Bedenken Sie, welches Maß von Verwüstung an der Volks⸗ seele die Sozialdemokratie anrichtet. Die Sozialdemokratie hat das Gefühl für Recht und Ordnung im Volk untergraben. Wenn wir eine Besserung herbeiführen wollen, dann müssen wir schůrfere gesetz⸗ liche Bestimmungen einführen. Das „Berliner Tageblatt‘ hat sich neulich mit der Rede des Staatssektetärs befaßt und auf die Gegensätze hingewiesen, die = zwischen dem Staatssekretär des' Innern und dem preußischen Minister des Innern bestehen. Ich Doffe, daß unfere Staalsreglerung sich unserer Auffgssung an⸗ schließt, Wenn die Arbestswilligen sich selbst nicht mehr schützen können, dann ist es die Aufgabe und Pflicht der Staatsregierung, die Arbeiter gegen den Telrorismus, der Sozialdemokratie zu schützen. Um ' den Kampf gegen die Sozialdemokratie kommt die bürgerliche Gesellschaft nicht herum. Der Kampf. muß durchgefochten werden mit allen Machtmitteln. des Staates. Man hat früher gesagt, der Sozialismus sei eine geistige Bewegung, und eine geistige Bewegung sei nur mit geistigen Waffen zu bekämpfen. Das sst aber unrichtig. Die Macht der Solialdemo— kratie beruht nicht auf Geist, sondern auf dem organisierten Terror. Die Sozialdemokratie ist nicht durch Reden zu überwinden, sondern ein ig und allein dadurch, daß die bürgerliche Gesellschaft bezw. der Staat alle zu Gebote stehenden Machtmittel gegen die Sozialdemokratie anwendet. Daz eine gute Zeugnis muß man der Soglaldemofratie lassen. daß fie ihre Endztels in der denkbar größten Dffenheit bekennt. Jeder, der die Geschichte der Sozialdemokratie kennt, welß, daß die Sozial⸗ demokratie ihrem Jiele it allen Möltteln zusttebt, Bas bleibt ihr iel, was Liebknecht einst gesagt hat: der Sozialismus ist keine

heorle, sondern (ine Machtfrage, die kein Parlament entscheiden kann, sondern die nur auf der Straße und auf dem Schlachtfeld zum Autztrag kommen kann. Noch vor einigen Wochen hat in der „Neuen. Zeit etwas gestanden, das auch, darauf hinausläuftz;. nämlich: die Sozialdemokratie muß ihre

Machtmittel den Machtmitteln der Regierung gegenüberstellen.

Zu ganz besonderem Bedenken gibt uns der Umfang Anlaß, in dem

die Sozialdemokratie heute in die Gemeindevertretungen eintritt

Ich glaube, nur wenig Zahlen werden genügen, um einen Begriff

zu bekommen von dem Umfang, in dem dies bereits geschehen

ist. Ich mache darauf aufmerksam, daß in den Landgemeinden

die Sozialdemokratie bereits 7500 Gemeindevertreter hat und

daß in den städtischen Gemeinden 25600 sozialdemekratische Gemeindevertreter sitzen. Das gibt zu den allerernstesten Be⸗ denken Anlaß, weil dieser Umstand die Gefahr in sich birgt, daß weite Kreise des Volks damit der Gefahr einer sozialdemo⸗ ktatischen Infizierung ausgesetzt sind. Ich möchte der Regierung dringend ans Herz legen, nach dieser Richtung die Augen offen zu halten. Ich bin sonst kein Freund ven einer allzu großen Ausdehnung der Staatsaufsicht, aber in diesem Punkt muß die Staatsaufsicht am Platze sein und dafür sorgen, daß in den Gemeindevertretungen die sozialdemokra⸗ tischen Tendenzen sich nicht allzu breit machen. Von seiten des Zentrums ist bei allen früheren Debatten gesagt worden: Geben Sie der katholischen Kirche volle Freiheit, und sie wird in der Lage sein, den Kampf gegen den Umsturz erfolgreich zu führen. Dem— egenüber erinnere ich Sie daran, daß sie in Belgien volle Teiheit haben. Sie werden aber nicht bestreiten können, daß Sie in Belgien mit dem Sozlalismus nicht fertig geworden sind. Sie haben ja auch bei uns ein großes Maß von Freiheit. Gewiß haben Sie noch Wünsche, die Ihnen nickt erfüllt worden sind. Aber Sie können nicht bestreiten, daß Sie große Freiheit bei uns ge⸗ nießen. Was haben Sie aber in den Städten erreicht, wo Sie die Mehrheit haben? Denken Sie an Cöln und München; dort sind Ste nicht imstande gewesen, die Sozialdemokratie zu bekämpfen. Die Sozial⸗ demokratie wächst hauptsächlich in den großen Industriezentren. Da sind Sie ebensowenig in der Lage gewesen wie wir, die Sozial⸗ demokratie erfolgreich zu Derr fen. Der Liberalismus bat oft gesagt: man mache eine volkstümliche Politk, man gebe der Freiheit eine breite Gasse, das sel die beste Art der Bekämpfung der Sozial⸗ demokratie. Diese Wege ist man gegangen, erfreulicherweise nicht bei uns. Aber im Großherzogtum Baden hat man sich auf die schiefe Ebene der demokratischen Wahlordnung begeben. Was ist der Erfolg? Seit 1903 sind im ganzen Reich die Stimmen der Sozialdemokratie um 3006 gewachsen, aber im Groß— herzogtum Baden sind sie um 650 gestiegen. Da ist die Sozialdemokratie zu einer ausschlaggebenden Partei geworden. Der Ansturm der Demokratie richtet sich gegen Preußen und dieses Jaus, weil Preußen nahezu der einzige Staat ist, der mit Energie an seinem Wahlrecht festhält. Dieser Ansturm gegen das Wahlrecht und den Staat wäre nicht so groß, wenn nicht eine Reihe von deutschen Staaten sich auf die schiefe Ebene des demo—⸗ kratischen Wahlrechts begeben hätte. Wenn Bismarck noch wäre, hätten diese Staaten wohl kaum eine solche Politik getrieben, die sich letzten Endes gegen den preußischen Staat richtet. Unsere Landesvertretung ist noch ein Wall gegen die Sozial⸗ demokratie. Wir fordern eine energische Bekämpfung der Sozial demokratie. Für das Sozialistengesetz haben auch maßgebende Zentrums⸗ führer gestimmt. Der nationalliberale Abg. Oechelhäuser sagte im Reichstag einmal, der Einfluß des Sozialistengesetzes auf die Besserung des Verhältnisses zwischen Arbeiter und Arbeitgeber sei so eindringlich gewesen, daß man ihn nicht leugnen könne. Diese Aktion hat auch auf die Sozialdemokratie Eindruck gemacht. Der „Vorwärts“ hat anerkannt, daß das Sozialistengesetz eine schwere Bedrückung für die Sozialdemokratie gewesen ist. (Ruf rechts: Auch Bebel) Ja, auch Bebel hat es anerkannt, und der Reichstagsabgeordnete Richard Fischer hat lebhaft den Einfluß dieses Gesetzes geschildert, wie die Tapferen sich vor der Gewalt beugten, die Feigen sich beiseite drückten. Die Wirkung des Gesetzes war ganz ausgezeichnet. Wenn die Sozialdemokratie von 1887 1890 einen so großen Aufschwung genommen hat, so darf man nicht vergessen, daß die Wahlen von 1890 sich unter eigenartigen Umständen vollzogen; es waren die Februarerlasse er— schienen, Bismarck drohte zu stürzen, man wußte, daß die Reichs⸗ politik keine Unterdrückung der Sozialdemokratie mehr wollte. Ich frage die Sozialdemokraten: Wenn Sie im Staate die Mehrheit, wir die Minderheit hätten und wenn wir diesen Staat umstürzen wollten, würden Sie uns das Maß von Freiheit geben, das Sie haben? Die Selbstachtung zwingt die Staatsgewalt, diesen Kampf aufzu⸗ nehmen. Eine der bedauerlichsten Erscheinungen ist es, daß die Re⸗ gierung und die Parteien das Gefühl von der Gemeingefährlichkeit der Sozialdemokratie verloren haben. (Abg. Hirsch (Soz.): Diese Reden sind gemeingefährlich) Die Sozialdemokraten sind staats— gefährlich und arbeiten auf den Umsturz der Gesellschaftsordnung hin. Das kann man nicht bekämpfen mit einer Politik des „laisser faire, laisser aller“, nicht, indem man von der Hand in den Mund lebt, sondern nur durch energische Offensive. Die Offgensive ist die Stärke unserer Armee, in der es heißt: Greifen wir an! Ich wünschte, daß ein HYauch dieses Geistes einer energischen Offensive auch bald in die Reichsregierung einziehen würde. Ich weiß, es ist leicht, von dieser Stelle hier eine Marschroute anzugeben Herr von Heydebrand bestätigt mir das —, aber es ist schwer, an verantwortlicher Stelle zu stehen; doch unsere Aufgabe ist es, zu warnen und zu mahnen (Zwischenruf bei den Sozialdemokraten: scharf zu machen), ja, sehr richtig: scharf zu machen, die Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß man Parlamenten nicht nachlaufen darf, daß man Parlamente führen muß. Wenn Fürst Bismarck immer der Mehrheit nachgelaufen wäre, das Deutsche Reich wäre noch nicht gegründet. Es ist nicht die Absicht meiner Freunde, nach irgendeiner Richtung zu verletzen, sondern wenn ich daß namens meiner Freunde hier offen ausgesprochen habe, so haben wir die Pflicht gegen unser Gewissen und das Land erfüllt. Ich wünschte, wir sähen die Dinge falsch, es wäre alles unbegründet, wat ich sagte. Aber die Gefahren sind so groß, wie ich sie geschildert habe, und ich hoffe, daß über kurz oder lang die starke Hand sich finden möge, um das Land zu befreien von denjenigen, von denen es unzweifelhaft bedroht ist.

(Schluß des Blattes.)

Kunst und Wissenschaft.

Die internationale Erdmessung konnte im September v. J. auf ein fünfzigsähriges Bestehen zurückblicken. Der Geheime Ober⸗ regierungsrat, Professor Dr.-Ing. Helmert, der an ihren Arbeiten hervorragenden Anteil hat, veröffentlicht in der „Internationalen Monatsschrift für Wössenschaft und Technik“ eine, Darstellung der Entwicklung, die die Erdmessung in dieser Zeit genommen hat; ihr sind die nachstehenden Angaben entnommen. Die Inter nationale Erdmessung wurde im Jahre 1862 in Berlin unter dem Namen „Mitteleuropäische Gradmessung! begründet. Es handelte sich zunächst um eine Anregung . der Sachsen und Oesterreich folgten und die sich auf Arbeiten einer Gradmessung bezog, die das Geblet von etwa 20 Längengraden zwischen den Breitenparallelen von Cbristiania und Palermo umfassen sollte. Noch in demselben Jahre konnte der Leiter der damals gepflogenen Verhandlungen, der Generalleutnant z. D. Baeyer, berichten, daß auch Bayern, Mecklenburg, Hannover, Baden, Sachsen⸗Coburg Gotha, ferner Italien, die Schwei, Ruß⸗ land für Polen, Belgien, die Niederlande, Dänemark. Schweden und Norwegen ihre Beteiligung zugesagt hätten. Als Haupt⸗ aufgabe galt die Ermittlung der Kruͤmmungsverhältnisse einer Anzahl von Meridian- und Parallelbegen in dem bezeichneten Gebiet. Im Jahre 1864 tagte dann in Berlin emne erste allgemeine Konferenz, zu der 13 Staaten Vertieter entsandt hatten; nämlich außer den meisten der obengenannten . Kurhessen und Hessen⸗ Darmstadt. Die wissenschaftliche Leitung der mittel- europäischen Gradmessung wurde einer permanenten Kommission von

sieben Mitgliedern übertragen, die sich jährlich wenigstens einmal zu versammeln hatte. Als ausführendes Organ dieser Kommission wurde ein Zentralbureau begründet, das zugleich die Landesberichte zu einem Generalbericht kritisch verarbeiten sollte. Die preußische Fr r en übernahm die Kosten dieser Einrichtung, die im April 1866 förmli erfolte. Aber schon im folgenden Jahre beantragte Baeyer bei der Staatsregierung die Gründung eines allgemeinen wissenschaftlichen geodä⸗ tischen Instituts, das neben den Gradmessungsarbeiten in Preußen und der Fortbildung der höheren Geodäsie auch die Obliegenheiten des Zentralbureaus übernehmen sollte. Dem Antrag wurde Folge gegeben, und das Geodätische Institut konnte bereits im Jahre 1869 eröffnet werden. Inzwischen waren Spanien, Portugal und Rußland beigetreten, und die Bezeichnung ‚Mitteleuropäische Gradmessung“ war in „Europäische Gradmessung“ umgewandelt worden. Auf einer in Berlin 1867 abgehaltenen Konferenz wurde auch die Gründung eines internationalen Bureaus für Maß und Gewicht sowie die Herstellung eines neuen Normalmeters angeregt; ein Wunsch, der später durch die Meterkonvention und durch die Errichtung kes Bureau inter- national des Poids et Mesnres in Breteuil bei Paris in Erfüllung ging. Die erfreuliche Entwicklung der europäischen Grad⸗ messung zeigten der reiche Inhalt der jährlichen Generalberichte und der stetig wachsende Umfang der Verwaltungsberichte. Auf einer 1883 in Rom abgehaltenen Konferenz wurde bereins angeregt, die Lage der Erdachse im Erdkörper durch Beobachtungen auf ihre Unveränderlich⸗ keit zu prüfen. Baeyer war i. J. 1885 gestorben; seit 1886 leitete Helmert das Geodaͤtische Institut und wandelte es zweckentsprechend um. Neben dem Astrophysikalischen Observatorlum auf dem Telegraphenberge bei Potsdam erhielt das Institut ein eigenes Dienstgebäude. Während bisher die internationale Vereinigung ohne eine schriftlich festgelegte Uebereinkunft der Staaten bestanden hatte, machte jetzt die von den leitenden Männern der Vereinigung erkannte Notwendigkeit, die permanente Kommission mit eigenen Geldmitteln auszustatten, die Aufftellung einer Uebereinkunft notwendig. Auf einer 1886 nach Berlin einberufenen Konferenz wurde eine, Jahresdotation von 160090 6 auf zunächst 10 Jahre beschlossen, die, nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer abgestuft, von den beteiligten Staaten aufzubringen war. In der Folge traten immer weitere Staaten der Vereinigung bei; so 1888; Chile, Griechenland, Japan, Mexiko und Serbien; 1389 die Vereinigten Staaten von Amerika. Seit 1887 war der Fortschritt in der Erledigung der Grundaufgaben der Erdmessung ganz bedeutend gewesen. Die Einführung des Metermaßes und die Mitwirkung des Internationalen Maß und Gewichtsbureaus hatte Einheitlichkeit in die linearen . der Dreiecksnetze der verschiedenen Länder ge⸗ bracht; die Ergebnisse für die Erdgestalt in einigen Gebieten Europas konnten abgeleltet werden; die Einführung des Neysoldschen unpersön⸗ lichen Mikrometers erhöhte die Genauigkeit der astronomischen Messungen; in der Frage der Einheitlichkeit des mittleren Meeres—⸗ niveaus ergaben sich durch Beobachtung der. Mittelwasser und ihre Vergleichung durch Feinnivellements erhebliche Fortschritte; großartig war der Aufschwung in der Ausbreitung der Schwerkraftsmessungen in⸗ folge der Einführung der kleinen Pendelarxparate von R. von Sterneck. Auf Professor Foersters Anregung wurde ferner der oben erwähnten Frage über die Unveränderlichkeit der Erdachse nähergetreten. Es wurden zunächst in den Jahren 1889 und 1890 Beobachtungen der geographischen Breite auf der Nordhalbkugel der Erde in mehreren nicht weit voneinander abstehenden Observatorien (Berlin, Potsdam, Prag und Straßburg) ausgeführt. Als diese eine Schwankung der Brelte von mehreren Zehntelsekunden bei annähernd jährlichem Verlauf ergaben, entschloß man sich zur gründlichen Pruͤfung der Sache durch gleichzeitige Beobachtungen in Berlin und in Honolulu sowie in Prag und Straßburg. Sie ergaben, daß kein Zweifel an der Lagen⸗ änderung des Nordpols ban his r etzt wurden, um ihren zeitlichen Ver⸗ lauf zu bestimmen, vier Beobachtungsstationen auf einem und dem⸗ selben Breitenparallel der Nordhälfte der Erde eingerichtet. Die dazu erforderlichen Geldmittel im Betrage von etwa 440090 jährlich wurden durch Erhöhung der Jahresbeiträge der beteiligten Staaten gewonnen. Im Jahre 1895 wurde eine neue, noch jetzt geltende Uebereinkunft geschlossen, durch die die Jahresbeiti age erheblich erhöht wurden (500 66. bei einer Bevölkerung bis ju 5 Millionen, 1600 1 bei 5 10 Millionen, 3090 M bei 109-29. Mil- lionen und 6000 ½Æ . für mehr als 20 Millionen). Als Mindest⸗ jahres dotation wurden 60 000 4K angenommen. Nach der neuen Uebereinkunft ist die Permanente Kommission aus je einem Vertreter für jeden Staat gebildet; sie hat mit der Rissen⸗ schaftlichen Leitung der Arbeiten nichts mehr zu tun, sondern ist vom Präsidium nur bei besonderen Fragen der Verwaltung zu hören. Die oberste Leitung hat die Allgemeine Konferenz, die in der Regel alle 3 Jahre zusammentritt. In der Zwischen zeit hat das Präsidium die administrative Leitung und die Aufsicht über die dem Zentralbureau übertragenen wissenschaftlichen Unter⸗ nehmungen. Dieses Bureau erstattet jährlich einen gedruckten Tätigkeitsbericht. Dieser neuen Uebereinkunft traten 21 Staaten bei: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Japan, Mexiko, die Niederlande, Norwegen, Oesterreich, Portugal, Rumänien,. Rußland, Schweden, die Schweiz, Serbien, Spanien, Ungarn und die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Verlauf trat Serblen zurück, während Argen⸗ tinien, Chile und Australien beitraten. Gegenwärtig sind also 23 Staaten an der internationalen Erdmessung beteiligt und die jährliche Dotation beträgt rund 70 909 66. .

Auf der Tagung, die aus Anlaß des 50 jährigen Bestehens der Internationalen Erdmessung im September v. J. in Hamburg abgehalten wurde, konnte über weitere interessante Ergebnisse der angestellten Untersuchungen berichtet werden. Zunächst interessierte wieder die Frage der Breitenvarigtion. Bald nach der Konferenz in Berlin i. J. 1895 war der internationale Breitendienst ausgebaut worden. Vier neue Stationen wurden in Carloforte (Italien), Mizusawa (Japan), Gaithersburg und Ukiah (Amerika) eingerichtet; zu ihnen traten je eine Station in Buchara und Cincinnati; die Stationen haben Ende 1899 ihre Arbeit auf- genommen. Sie schicken monatlich ihre Driginalbeobacht unge bücher nach Potsdam, wo sie im Zentralbureau verarbeitet werden. Die Ergebnisse werden in ve , alljährlich in den „Astro⸗ nomischen Nachrichten“ veröffentlicht; schärfer berechnete Ergebnisse der Breitenvarlationen werden für mehrere Jahre zusammen band⸗ weise herausgegeben. Obwohl das Ergebnis dieser Untersuchungen bisher einigen AÄufschluß gewährte, fehlt es noch immer an vollständiger Kenntnis des Verhaltens des Breitengrades unter verschiedenen Um⸗ ständen. Auch sonst noch bedarf das Auftreten systematischer Einflüsse unbekannter Herkunft in den Beobachtungen der Aufklärung. Indessen hat doch anscheinend das eingeschlagene Verfahren zu einem nahezu richtigen Gesamtergebnis für die Ablestung einer interpolatorischen Darstellung der Breitenvarigtionen e . Jedenfalls ist so viel er⸗ reicht, daß es z. 3. möglich ist, alle Breitenbestimmungen, die seit 1900 angestellt sind, sehr nahe richtig auf eine mittlere Lage des Nordpols zu beziehen. Von allgemeinem Interesse ist auch vor allem die Beobachtung der Intensität der Schwer⸗ kraft auf dem Weltmeer. Die erzielten Ergebnisse bilden eine wichtige Stütze der Lehre vom Gleichgewicht der Erdkruste (Isostasie), wonach diese so zum Erdinnern = . ist, als ob sie darauf schwämme. Festländer und 5 gebirge bedeuten somit für die Erde als Ganzes keine Massengnhäufungen. Im großen und ganzen muß dann die . im Meeresniveau auf der Tiefsee dieselbe Stärke haben wie auf den ausgedehnten Flachländern. Neben den genannten Arbeiten, zu denen noch Schweremessungen auf dem . traten, sind auch die ur= sprünglich ins Auge gefaßten Arbeiten zur Ermittlung der spezifischen Erdgestalt aus Gradmessungen fortgeführt worden.

Ferner hat das Zentralbuseau Berechnungen sogenannter Lot⸗ abweichungen für Europa und Nordafrika ausgeführt und ein schon fast ganz Europa umfassendes Linien spstem, das eine Grund⸗ lage zur Zusammenfassung der Einzelarbeiten der verschiedenen

Länder geben wird, angefertigt. Sehr eingehende Lotabweichungs⸗ . haben auch die Sngländer in Indien und die Amerlkaner ausgeführt, welch letzteren es nicht nur gelungen ist,