1913 / 138 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Jun 1913 18:00:01 GMT) scan diff

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erlangen gestellt, daß uf die preußische Re⸗

m Sinne des Abgeordnetenhauses instruiere. Wenn wir dem ein— zelnen Bundes staat ein solches Recht zugestehen, wieviel mehr haben wir dann ein Recht, darauf hinzuwirken, daß nicht Landtage bestehen, die in völlig reaktionärem, volksfeindlichemn Sinne zusammengesetzt sind auf Grund eines Wahlrechts, das in direktem . steht mit dem Geist der Verfaffung und dem Reichstag. Es sist ein unhaltharer Zustand, daß ein deutscher Bundesstaat' ein Wahl. recht hat; das im Gegensatz steht zur Anficht der Mehrheit des deutschen Reichtz tages. (Präsident Dr. Ka em pf ruft den Redner zur Sache. Ich muß dem Staatssekretär Delbrück entgegentreten, weil er die Legitimation des Reichs iags in dieser Frage bestritien hat. Ich weiß nicht, ob das dem Präsidenten bekannt gewesen ist. Wenn es ihm bekannk war, dann verstehe ich nicht sein Eingreifen. (Präsident Dr. Kae mpf ruft den Redner wiederholt zur Sache) Ich habe das Recht, den Aeußerungen des Staatssekretärs, die sich mit dem Sinn der Reichs⸗ verfassung nicht vereinbaren lassen, entgegenzutreten. Genau fo wie in der Wahlrechtsfrage, so bestehen auch in anderen Fragen unserer inneren und auswärtigen Polltik die verschiedensten Gegensätze zwischen der Auffassung der Reg erung und dem Geist der Verfassung. Wir wollen eine friedliche Aus söhnung mit Frankreich und England herbeiführen. Wenn ein ernster Wille vorhanden ist, läßt sich auch ein Weg finden. Den Weg dazu haben unsere Parteigenoffen und auch Abgeordnete der bürgerlichen Parteien aus Frankreich und Deutschland, die mit uns jusammen in Bein für die friedliche Verständigung und Aug— söhnung dieser Länder eingetreten sind, gewöiefen. Ich begrüße es mit Freuden, daß der Anfang selbst von bürgerlichen Parteien in Deutsch⸗ land gemacht worden ist. Wir werden alles aufbieten, um eine . der Perständigung und Freundschaft gegenüber Frankreich zu

etreiben. Indem wir das tun, arbelien wir besser für den Welt⸗ frieden, als Sie mit allen Ihren Rüstungen. Diejenigen Parteien, die für die Rüstungsvorlage eintreten, tragen dazu bei, daß wir eine Drachensaat säen, die geeignet ist, das größte Unheil herbei⸗ zuführen.

Präsident Dr Kaempf: Der Abg. Ledebour hat im Laufe seiner, Rede die Redewendung gebraucht, daß die Regierung elne Politik treibe, die nur die Geldsäcke der Agrarler fülle. Das ist elne Beleidigung einer Partet des Hauses und des Reichskanzlers. Ich rufe Sie deshalb zur Ordnung.

Preußischer Kriegsminister, von Heeringen:

Meine Herren! Es liegt mir ferne, auf die Rede des Herrn Abg. Ledebour in der Gesamtheit eingehen zu wollen (sehr richtig! rechts), nur einige Punkte möchte ich herausgreifen. Er hat davon gesprochen, daß unsere Waffenindustrie jetzt Milliarden aus dem Er— gänzungsetat bekäme. Sieht man der Fiage einmal etwas trocken ins Gesicht, so stellt sich heraus, daß von den 384 Millionen, die in dem Ergänzungsetat für 1913 darin sind, 52g Millionen für die Waffen⸗ industrie im ganzen bestimmt sind, und von dirsen 523 Millionen ent- fallen über 24 Millionen auf Aibeitslöhne. (Hört, hört! rechts.) So Jeht die Sache in Wirklichkeit aus. Sie können versichert sein, daß die deutsche Heeresverwaltung Vorsorge trifft, daß keine Heeres⸗ geheimnisse ans Ausland kommen.

Er ist dann weiter darauf eingegangen, uns wieder, wie seine Partelgenossen in der Budgetkommission es ja öfters getan haben, eine allgemeine Landes bewaffnung vorzuschlagen. Es ist uns ja wiederholt von den Herren entgegengehalten worden, daß ihr Ideal die Milizen wären. Ich glaube, über die Milizen werden wir uns noch später unterhalten. Ich möchte heute nur die Bemerkung machen, daß kein soezlaldemokratischer Arbeiter seine Arbeits stätte, an der er sein tägliches Brot findet, und seine Heimat gegenüber den Massenheeren, die unsere Nachbarn aufstellen und dle gut disziplin ert sind, dem lockeren Gebilde von Milizarmeen anvertrauen möchte. (Sehr wahr! rechts. Zuruf von den Sozialdemokraten: Und die Schweizer) In der Budgetkommlssion ist uns wiederholt, und zwar von den Herren Ihrer (der Sozialdemokraten) Partei gesagt worden, wenn wirklich diese Heeresvorlage lediglich zur Verteidigung des Vaterlandes dienen sollte, dann müßte allerdings die Verteidigungskraft auf den höchsten Gipfel gestellt werden. Ja, meine Herren, was wollen wir denn mit der Vor— lage anders als die Verteldigung unseres Vaterlandes? Heute hat der Herr Abg. Ledebour den Gedanken wieder gestreift, als ob da andere Zwecke mit unterliefen. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Das haben Sie ja zugegeben) Trauen Sle uns wirklich zu, daß der von Ihnen so oft in den Mand genommene innere Feind auch hierbei eine Rolle spielt? (Zuruf von den Sozialdemokraten: (Zweifellos) Ganz gewiß nicht! Zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung in Teutschland genügt die Polizei oder, wie einer meiner Amtsvorgänger vor Jahren schon sagte, die Feuerwehr. (Heiter⸗ keit rechts) Wenn wirklich der Ausnahmezustand eintreten sollte, den niemand mehr wie die Armee bedauert, daß das Heer aushelfen müßte, dann genügen dafür unsere Truppen, die wir jetzt haben, ganz sicher. (3urufe von den Sozialdemokraten: Mansfeld! Vor einem Jahr im Ruhrrevier! Glocke des Präsidenten) Der Herr Abg. Liebknecht ruft mir: Ruhrrepier zu. Da haben Sle ein Beispiel gewählt, welches für die Sache ausgezeichnet paßt. Da konnte die Polizei und Gendarmerie die Ordnung nicht aufrecht erhalten, da trat der bedauerliche Ausnahmezustand ein, den ich eben als möglich hinstellte. Aber wie verlief die Sache? In vortrefflicher Weise. Als die Truppe auf dem Plan trat, war mit ihrem Erscheinen Ruhe und Ordnung da, und gerade die Art und Weise, wie die Ruhe und Ordnung damals hergestellt worden ist, kann der Armee nur zum Lobe gereichen; keiner der deutschen Mitbürger ist verletzt worden, alle Arbeitewilligen sind geschützt worden durch unsere Truppen, und es war eine ganze Anzahl ven Parteigenossen von Ihnen, die damals sogar behaupteten, wenn ich mich recht erinnere, daß erst durch das Eintreten der Armee Ordnung geschaffen ist, sehr viel bessere Verhältnisse eingetreten sind, als sie vorher dort gewesen sind.

Aber es fragt sich nur, was versteht man unter Verteidigung des Vaterlandes. Der Herr Abgeordnete meint, daß wir lediglich in der

General der Infanterie

Verteidigung selen. Gewiß, Deutschland ist friedlich bis in die Knochen. Das zeigen die 42 Jahre, die hinter uns liegen, und das zeigt vor allen Dingen hier die Heeresvorlage (Unruhe bei den Sozialdemokraten); denn wenn wir offensive Absichten hätten, dann würden wir Ihnen eine ganz anders geartete Vorlage vorgelegt haben; keine, die Jahre braucht, bis sie zu ihrer vollen Wirkung gelangt. (Sehr richtig! rechts Wir haben durchaus nicht die Asbsicht, in irgendeiner Weise einen Krieg zu beginnen, sondern lediglich den Frieden deutscher Arbeit und deutschem Fleiß zu sichern. (Bravo! rechts.) Aber wenn Deutschland ich will den Fall bloß hypothetisch be⸗ handeln in der Zukunft gegen seinen Willen gezwungen sein sollte, das Schwert wieder einmal zu ziehen: glauben Sie denn, daß wir dann 36 abwarten müßten und sollten und dürften, bis der Feind über die Grenzen kommt und in unser Heimatland einbricht, sodaß unsere Heimat zum Schlachtfeld wird? Würden Sie das für richtig halten? In dem Moment wird, dessen bin ich sicher, die deutsche Heeresleitung sich auf die alte Wahrheit wieder besinnen, daß der Hieb die beste Deckung ist.

Dazu bedürfen wir einer Heerespvorlage, wie sie Ihnen jetzt vorliegt; dazu bedürfen wir u. a. auch der Kavallerie, die auf— klären muß, aber auch die Gefechte durchzuführen uns helfen muß. Es ist durchaus unrichtig, wenn immer wieder gesagt wird, daß die Rolle der Kavallerie in zukünftigen Kriegen ausgespielt sei. Nein, gerade umgekehrt witd es unter Umständen der Fall sein! Lassen Sie mich das in einigen Worten erläutern. Ueber die Erkundungs⸗ tätigkeit der Kavallerie ist ja schon wiederholt gesprochen worden, und ich glaube, das ist für jeden klar und einleuchtend gewesen. Aber nun das Gefecht! Gewiß, da sind große Kavallerkeattacken gegen unerschütterte Infanterielinien nicht mehr möglich. Das waren sie schon nicht, als die Infanterie noch sehr viel schlechter bewaffnet war; da ist es nicht notwendig, daß man dle Maschinengewehre und die modernen Geschütze heutzutage überhaupt in Rechnung stellt. Anderer— selts ist aber auch heute der Angriff gegen eine gut mit modernen Waffen Infanterie, Maschinengewehren, Artillerie auẽgerüstete Verteidigungsposition für die Infanterie und Artillerie sehr viel schwieriger als früher. Die Durchführung einer Schlacht erfordert das Heranziehen aller Reserven, das Ausbrennen der Angriffstruppen unter Umständen bis zur Schlacke. Es ist sogar sehr gut denkbar, ja von vielen eiwartet, die über diese Sachen geschrieben und nachgedacht haben, daß der Angreifer bls zu dem Momente, wo er in die Stellung des Verteldigers vermöge seiner besseren Ausbildung und vermöge des besseren. Geistes, der in ihm steckt, trotz aller Verluste eindringt, sehr viel mehr verliert als der Verteidiger. Die Früchte des Angriffs, die man nach der Erleidung so großer Verluste einheimsen muß, reifen erst hinterher, liegen erst in der Ver— folgung. Gerade die Verfolgung bringt heute eigentlich erst die Früchte, die ein Angriff mit all dem vergosseneu Blute zeitigen muß. Da ist die Kavallerie an ihrem Platz, und wenn die Infanterie durch ein langdauerndes Gefecht ausgebrannt ist zur Schlacke, so wird auch in Zukunft eine rechtzeitig gut geführte Kavallerie diejenige sein, die den halben Erfolg zum ganzen stempelt und unter Umständen Tausenden und Abertausenden neuer Opfer vorbeugt. (Hört, hört! rechts.) Denn derjenige Gegner, der, nachdem er von der Infanterie und Artillerie aus seiner Stellung herausgeworfen ist, dann auf dem Rückzug von Kavallerie angefaßt wird, der erscheint so bald nicht wieder im Feld, und darauf kommt es an. E kann also gerade das Vorhandensein von gut— geführter, zahlrelcher Kavallerie einen Feldzug nicht nur entscheiden, sondern vor allen Dingen beenden. (Sehr gut! rechts.)

Der Hetr Abg. Ledebour hat eingangs seines Vortrags darauf hingewiesen, daß der Herr Reichskanzler eigentlich gestern die Resolutionen gegenüber dem Herrn Abg. Dr. Müller (Neiningen) als eine quantits négligeable behandelt hätte. in vollster Ueberelnstimmung mit dem Herrn Reichs kan ler dies hier doch vernelnen zu müssen. Meine Heiren, ich habe mich über die Resolutionen, wie sie Ihre Budgetkommission gefaßt hat, eingehend bei den Verhandlungen ausgesprochen. Ich kann darauf hier nur nochmals wiederholt verweisen. Vorbehaltlich der Stellung der verbündeten Regierungen, denen ja Ihre Resolutionen, wenn sie hier angenommen sind, nachher zugehen werden, kann ich nur darauf hinweisen, daß ein großer Teil Ihrer Resolutionen meiner Auf⸗ fassung nach ohne weiteres annehmbar ist. (Hört, hört! links.) Bei einem anderen Teil der Resolutionen ist ez, wie ich das auch in der Budgetkommission ausgesprochen habe, in Rücksicht auf ihre Trag⸗ weite und in Rücksicht auf die große Bedeutung, die die Stellung⸗ nahme zu diesen Resolutionen hat, notwendig, zunächst Erwägungen und Erörterungen eintreten zu lassen. Erst davon kann es abhängig gemacht werden, wie die verbündeten Regierungen ihre Stellung nehmen. Ich kann also auch heute dazu nichts weiter sagen. Sie können aber versichert sein, meine Herren, daß die verbündeten Re— gierungen in eingehendster Weise prüfen werden, inwieweit den Wünschen des Reichstags entgegengekommen werden kann, und daß das auch in entgegenkommendster Weise geschehen wird. (Bravo!

rechts und im Zentrum)

Präsident Dr. Kaempf macht Mitteilung, daß über die Antraͤge, betreffend die Kavallerieregimenter, namentlich abgestimmt werden wird.

Abg. Fischbeck (fortschr. Volksp): Der Abg. Ledebour ist noch einmal auf die Ausführungen meines Freundes Müller gegenüber der Rede des Abg. Noske zu sprechen gekommen. Der Kernpunkt des ganzen Streites ist doch nur der, daß der Abg. Dr. Müller in seiner Rede darauf hinwies, daß in der Kommisston auch feitens der Sozialdemokratie anerkannt worden ist, daß jeder, dem das Wohl des Vaterlandes am Herzen liege, prüfen müsse, ob bei ung die Ver⸗ hältnisse so liegen, daß man allen Gefahren begegnen kann. Der Abg. Ledebour hat ja selbst von den Gefahren im Osten und Westen gesprochen. Auf diese Gefahren ist ja häufig e a hingewiesen worden. Man kann nur darüber streiten, in welcher Weise man ihnen am besten begegnet. Die Sozialdemokratie hat da einen anderen Standpunkt. Aber so, wie der Abg. Ledebour es hinstellt, liegen die Singe nicht. Ez handelt sich nicht um das Schützen von Geldsackinteressen. Der Abg., Ledebour hat ja selbst vor einigen Tagen geschrieben, daß die Sozigldemokratie niemals verkannt habe, daß die geographische Lage des Reiches eine sta ke Schutzwehr nötig macht. Die Sozialdemokratle hält dafür in Millzheer für genügend, andere aber nicht. Ez stehen also keine Geldsagtinteressen auf dem Splele. Nach dem Abg. Ledebgur haben, die Resolutionen keinen Zweck, man müffe stärkere Mittel anwenden und die Milttärvorlage ablehnen. Aber wir be— willigen die Vorlage ja nicht der Reglerung, fondern der Sicher heit des deutschen Volkes wegen. Verwunderlich war allerdings das Auftreten des Reicht kanzlers. Der Kriegsmintfter hat sich bemüht, in einer anderen Tonart zu sprechen, und ich hoffe. daß seinen Worten bald die Tat folgen wird. Der Abg. Müller⸗Meiningen

Ich glaube

erklärte im Namen meiner Freunde und in Uebereinstimmung mi der großen Mehrheit dieses Hauses, da seien, die . Lasten dieser Vorl Aber wir stellten au leich Es ist unverständlich, wie er der ion

dem, als seine ober

hinstellt? Wir nur Ersparnisse in der machen. Wir haben doch die Pflicht, bem Volke, solche Lasten auferlegen, guf der anderen Seite enn = diese etwaz leichter zu machen. Eg uner. klärlich, wie dadurch die Armee in ihrer Treue zum Kaiser und in ihrer Disziplin und Organisation geschäbigt werden kann. War es nicht Fürst Bülow, der auch auf Ersparniffe in dem Heer⸗ wesen binwirken zu wollen erklärte? Haben nscht aus allen Parteien sich Stimmen erhoben, die die schwere wirtschaftliche Belastung des Volkes durch diese neue Militärvorlage betonten und dafür Zu? , in dieser Richtung forderten? Der Kollege Müller keiningen forderte die Wehrhaftmachung der Jugend durch Turnen, Spiel und Sport; war das etwa der Grund für das brüske Auftreten des Reichskanzlers gegen ihn? Der Kollege Müller- Meiningen hat sich gllerdings mit großem Rachdruck für eine Reform der Rechtsverhältnisse der Olin und Soldaten ein- gesetzt; das ist doch nur eine Forderung derselben Disziplin, für die der Reichskanzler so energisch sich einlegte. Gerade wenn man in der Richtung auf die affung eines wirklichen Volks heeres vorgeht, muß man diese Forderung beachten und berücksichtigen. Die Armee ist keine abgeschloffene Weit für sich. Die Hebung des Schulwesens trägt doch dazu bei, den jungen Mann fähig zu machen, selbstaͤndig zu denken und Entschlüͤffe zu assen. Dte Armee braucht allerdings ihre eigenen Gesetze, aber diese Gesetze können von der Grundlage dessen, was Gerechtigkeit ist, nicht weichen. Die Armee muß auch ihrerseits den Fortschritten in der Rechtsbildung Rechnung tragen. Die Disziplin kann nicht erzwungen werden bloß durch Kommandieren und Strafen, wenn sie ein moralisches Flement sein soll. Darum fordern wir die Re orm, der Militärjustiz, für den gemeinen Mann wie für den Offizier, und mit dem steten Hinweis auf die in dieser Hinsicht noch bestehenden Mängel hat sich der Kollege Müller Meiningen ein großes Ber ich erworben. Ist in der Armee die Forderung der modernen Verfassung erfüllt, daß Rücksichten auf Rang, Stand und Glauben nicht genommen werden dürfen? Besteht nicht vielmehr in der Armee eine Bevorzugung derjenigen, die die drei Buchstaben vor ihrem Namen haben? Die Zurũcksetzung des bürgerlichen Elements erweckt , en, auch in den Offizters⸗ kreisen, und darunter muß die Disziplin, muß der ganze innere moralische Halt der Armee leiden. Ein hoher Offizier, der Heneralleutnant Litzmann, spricht in einem diefer Tage erschienenen Artikel ganz offen von diesem Mißvergnügen. Aus den Grenz⸗ regimentern in Graudenz oder Metz wandert der Adel aus und die 5 werden schließlich bürgerlich. Was konnte den Reichs⸗ kanzler veranlassen, hier dem Abg. Dr. Müller gegenüber in so schroffer Form auszurufen, es gelte die Treue zu Kalfer und Reich? Die Resolutionen, die die Kommission beschlossen hat, sollen in die Kommandogewalt des Kaisers eingreifen. Der Kriegs minister weise uns die Resolutionen nach, zu welchen wir auf Grund der Verfassung nicht berechtigt wären! Gerade die Verfaffung wollen wir beobachtet wissen; wenn Verfassungsgrundfätze nicht beachtet werden, kann man sich hinter keine Kommandogewalt zurückziehen. Wenn ein verantwartlicher Minister sich hinter den Kaiser zurückzteht, so entspricht das doch absolut nicht seiner Stellung, nach der er das verantwortliche Bekleidungsstück des Monarchen sein foll. Die Rechte hatte verlangt, die Regierung möchte sich doch endlich über die Deckungefrage aͤußern; ob sie mit der gestrigen Erklärung des Kanzlers sonderlich zufrieden ist, ist mir nech gz. Die Linke hat immer die Deckung für neue Ausgaben gefordert, wir halten für selbstverständlich, daß auch bei dieser großen Militãrvorlage für Deckung gesorgt wird; es kann uns nur erwünscht sein, wenn die Rechte sich daran beteiligt. Bedeutet die Erklärung des Grafen Westarp und die eri des Kanzlers viellescht noch etwas anderes? Der Kanzler erklärt die Erledigung der Militätborlage für das oberste Gesetz; das ist, genau dasselbe, was wir wollen, und unfere Taktik in dieser Beziehung ist doch ein Entgegenkommen gegen den Kanzler. Dann ist es freilich merkwürdig, daß er dieselben i . die, das gleiche mit ihm wollen, so unliebenswürdig be— andelt. Wir sind, bereit, eifrig an der Deckungsfrage mitzu⸗ arbeiten. Der Wehrbeitrag ist im großen und kene durchberaten; die nd, Ausgaben zu bewilligen, sind wir ebenfalls bereit, aber natürlich nicht so, wie es gerade die Konservativen wollen. Wie der Reichstag sich die Deckung dachte, zeigen ja die vorjãhrigen Beschlüsse über die Besitzsteuer, die eine große Mehrheit im Hause gefunden haben. Hier kann es fuͤr ung auch kein Rück— wärts geben; es wönd die allgemeine Besitzsteuer ge ordert, also eine Steuer vom Vermögen oder von den Erbschaften. Will die Reichsregiernng keine Vermögenssteuer, so bleibt nur die Erbschafissteuer übrig. Ueber die Form läßt fich sprechen; aber wenn die „Deutsche Tageszeitung“ erklärt, daß für die Konservativen jeder . der eine Steuer auf das Kindes erbe lege, unerträglich sei, dann werden sich eben unfere Wege trennen. Be solchen Erklärungen müssen doch Nebengedanken vorhanden sein. Für eine Besitzsteuer hat sich doch felbst auf der Rechten Stimmung gefunden. Wir würden das Ver— trauen des Volkes verscherzen, wenn wir ihm jetzt nicht gäben, waß wir ihm seit 1999 bei den Wahlen versprochen haben. Der Reichskanzler und der Kriegsminister haben wiederholt die Bewilligung der drel gestrichenen Kavallerleregimenter verlangt, jedesmal 'mit anderen Gründen. Wir glauben, auch jetzt noch ist die Kavallerie eine notwendige Waffe; aber aus vielen Kriegsgebleten, wo sie früher eine Rolle spielte, ist sie durch die moderne technische Entwicklung herauß— gedrängt worden. Wenn wir bedenken, daß, trotzdem die Verwendung der Kavallerie im Ernstfall ö eingeschränkt ist, heute schon 102 Kavallerieregimenter bestehen, dann glauben wir, daß wir uns doppelt und dreifach besinnen sollen, ehe wir die ge⸗ forderten Kavallerieregimenter bewilligen. Alle , en des bürgerlichen Elements und alle Bevorzugungen der Adligen spielen in keiner Truppe elne solche Rolle, wie gerade in der Kavallerie. Wenn der Reichskanzler nun in so . Form unsere diesbezüglichen Wünsche nach einer odernisierung der Armee zurückweist, kann ich nur fagen, daß einzelne Mit⸗ glieder meiner Fraktion, die bisher auf der Seite der Regierung gestanden haben, wahrscheinlich nunmehr eine andere Haltung innehmen werden. Wir werden aber, nicht ermüden, unsere Forderung immer wieder von neuem vorzubringen. Sie wird schließ⸗ lich auch zur Durchführung gelangen, denn auch die preußische Heeres⸗ verwaltung ist schließlich nicht stark genug, den Forderungen der Ge— rechtigkeit zu widerstehen.

Hierauf wird ein Vertagungsantrag angenommen.

Persönlich bemerkt der ö

Abg. Erzberger (Zentr.), daß er seine Ansicht aufre han me grün le lch die Rüstungen eher vorbereitet habe als Deutschland.

Abg. Ledeb our (Soz): Die Ausführungen des Abg. Eri— berger Eil ter nur meine Behauptung.

Schluß gegen Hi / Uhr. Nächste Sitzung 1 ure ch (Fortsetzung der Beratung; vorher kleinere

reit ag orlagen.]

Zweite Beilage

neichsameige und Königlich Preufischen Staatsanzeiget.

Berlin, Freitag, den 13. Jun

Preuszischer Landtag. Herrenhaus. 1. Sitzung vom 12. Juni 1913, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von. Wolffs Telegrayblschem Bureaun)

Der Präsident der vorangegangenen Session Herr von Wedel⸗Piesdorf eröffnet die Sitzung um J Uhr 20 Minuten mit folgenden Worten

Meine Herren! Als Präsident der vorigen Session eröffne ich die heutige Sitzung. Unserem. Brauche n beginnen wir unsere . Ramtt sdie Mitglieder deg Haufes erheben fich, daß nir Seiner Möajgstät unseres Königg, des Deutschen Kaiferg, geben ken! Wir tun es heute mit besonderer Freude, gehen wir doch dem fest⸗ sichen Tage entgegen, wo Seine Majestät auf 25 Jahre einer gesegneten Regierung zurückblickt. Wir sind erfullt von Dankharkelt für alles, was unser Allergnädigster Herr in diesen 25 Jahren für Deutschlands und Preußens Wohl getan und geleistet hat, und wir hoffen zu Gott, kaß es ihm beschieden sein möge, noch lange, lange Jahre in gleichem Seg'n wie hi her Deutschland und Preußen zu regseren. Lassen Sie uns diesen Gefühlen der Dankbarkeit und der Hoffnung dadurch Aus⸗ truck geben, daß wir rufen Seine Majestät anser König, Beutsch= lands Kaiser, lebe hoch! (Die Mitglieder stimmen dreimal begeistert in diesen Ruf ein.)

herrn Lucius

Neu in das

auf

Möglichkeit bieten,

wiedergewählt die Herren von Ballestrem, Graf von Hutten⸗C Klitzing, Graf von Seidlitz-⸗Sandrecz von Wedel⸗Gödens.

Haus eingetreten ist Graf von Schaffgotsch, dessen Vereidigung in einer späteren Sitzung erfolgen wird. istischen Zentralkommission werden chthofen die Herren urg⸗Grünthal wieder⸗

u Mitgliedern der Stat orschlag des F von Rochow und Graf von der Schulenb gewählt und Herr von Beseler neugewählt.

Präsident Herr von Wedel⸗P esdorf:

Jubiläum wird das des Hiuses Allerböchstenorts darzubringen.

von

reiherrn von Ri

Zu Schriftführern werden auf Vorschlag von Dr. Frei⸗ Ballhausen durch Akklamation Graf von Arnim⸗BVoitzenburg, Graf zapski, Dr. Johansen, von ki, Veltman und Dr. Graf

̃ Bei dem bevorstehenden räsidium die Ehre haben, die Glückwünsche Sollte sich noch die

daß auch ein größerer Teil des Vorstands des

Dauses an der Gratulation teilnimmt, fo wird dements fahren werden; aber das läßt sich mo

Der Präsident erhält auf seinen Vorschlagz die Ermächti⸗ gung, die nächste Sitzung ch . ö

Schluß 2 Uhr 25 Minuten; nächste Sitzung unbestimmt.

anzuberaumen.

prechend ver⸗

mentan noch nicht übersehen.

Zu provisorischen Schriftführern beruft der Präsident die Herren Graf von . Graf von Hutten⸗ Gzapski, Dr. Johansen und Graf von Seidlitz⸗ Sandreczki.

Der Präsident teist ferner mit, daß er Seiner Kaiserlichen ind in , Hoheit dem Kronprinzen zum Geburtstage die glückwünsche des Herrenhauses übermittelt habe, und daß darauf ein huldvolles Dankschreiben eingegangen sei.

Der Präsident stellt fest, daß die Mitglieder in beschluß⸗ sihiger Zahl versammelt sind, und daß deshalb von dem ge⸗ schäftsordnungsmäßig vorgesehenen Namengaufruf Abstand ge⸗ nommen werden kann.

Auf der Tagesordnung steht die Wahl der Prä⸗ siden ten und der Schriftführer.

Auf Vorschlag von Dr. Freiherrn Lucius von Ball— hau sen wird das bisherige Präsidium durch Aktklamation wiedergewählt, und zwar Herr von W edel⸗Piesdorf zum Präsidenten, Herr von Becker zum Ersten und Dr. Freiherr von Landsberg⸗-Steinfurt zum Zweiten Vize⸗ präsidenten.

Präsident Herr von Wedel Piesdorf: Ich nehme die auf mich gefallene Wahl mit Dank an und bitte auch fernerhin um Ihre Unterstützung und Ihre gütige Nachsicht.

Herr von Becker und Dr. Freiherr von Landsberg⸗ Stein furt erklären gleichfalls die Annahme der Wahl.

26. sind mittelgut. ist er im

Amtebezirke einen guten Mittelertraz,

fürchtungen, welche von den Landwirten

und stellenweise auch zu dichten Emporschießens des Getreides gehegt

werden, sich in der Folge als unbegruͤndet

In den einzelnen Gouvernements gestalten sich die Ernteaussichten

für das Winter und Sommergetreide foöͤlgendermassen: ver ria ich .

,

mehr als befriedigend in den Gouvernement Wolhy slen

und befriedigend in den Gouvernements Mohilew (Bericht des Kaiserlichen Kons

Peters burg, 13. Juni. und Industriezeitung Mai alten Stils all

Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand in Rußland.

Sowelt sich aus den von dem hiesigen Ravonkomitee der Süd— westbahnen zur Regelung des Güterverkehrs auf den Bahnen ein— . Erkundigungen hisher ersehen läßt, verspricht die bevor⸗ tehende Getreldeernte nach dem derzeitigen Stande der

vorausgesetzt,

erweisen.

Felder im daß die Be⸗

wegen des pielfach zu starken

im Goubernement Kiew, Poltawa,

und

(W. T. B) Nach d

und Podolien Tschernigow.

uls in Kiew vom 7. Juni 1913.)

er Handels⸗

ist der Saatenstand in Rußland vom gemein befriedigend. Die Ernteaussichten Der Winterweizen steht voll befriedigend. Gut üdwestrayon, im Süden, imm Nordkaukasut, im Dongebiet,

——

teilweise in Kleinrußland, im Zentralrayon und an der mittleren

Wolga

stellenweise im

No dwestrayon.

Unbeftiedigend ist er

nur stellenweise in Grodno. Sjediez und im sädlichen Teile von

Tambow, son gemein befriedigend. ist, und stellenweise im Uralgebiet, und im Zentralrayon, steht er gut.

im

Der

an

st überall befriedigend. Der Wintern oggen ist all⸗ Gut ist er dort, wo auch der Winterweizen gut Traneuralgebiet. teilwelse in Wjatka, stellenweise auch im Nor westen; Stand der Sommersaaten ist nur in

Unbefriedigend ist er der oberen Wolga sonst

Südrußland und Mittelrußland festgestellt und allgemein voll

befriedigend. im Nordkaukasus, teilweise im

Gut ist er im Säadwesten und

Süden, in Kleinraßland, entralrayon und an der mittleren

Wolga, stellenweise im Nordwesten von Polen und in einjelnen Bezirken des Nordostrayong, unbefriedigend nur stellenwelse im Ural⸗ gebiet, in Usg und Grodno, sonst befriedigend. In Wet sibirien

stehen die Wintersaaten allgemein befriedigend, die

voll befriedigend.

Schiffsliste für billige Briefe na

Staaten von Am eri ka (10 ßigung erstreckt sich nur auf Briefe, auf Post karten, Drucksachen usw., und gilt nur Vereinigten Staaten von Anerika,

Die Portoermã

icht . Cru f nach

VerkehrSõwesen.

den

nicht auch nach anderen

Kaiserin Au Rronprinzes

Som mersaaten

ch den Vereinigten 8 für je 20 g).

Gebieten Amerikas, . B. Canada. Kronprinz Wilhelm“ ab Bremen 17. Juni,

Cineinnati“ ab Hamburg 25. Juni, Feorge Washington! ab Bremen 28. Juni, Kaiser Wilhelm der

Amerika ab Hambu

guste Victoria ab Hamburg 18. Junt, sin Cecilie! ab Bremen 24. Juni,

Großen ab Bremen 1. Jul, rg 3. Jult,

Kaiser Wilhelm 1I. ab Bremen 8. Juli, „Imperator ab Hamburg 9. Juli, Cleveland“ ab Hamburg 10. Juli, Postschluß nach Ankunft der Frühzüge.

Alle diese Schiffe, außer die für eine bestimmte Zeit vor dem Ab

Schnell dampfer oder solche,

gange die schnellste Beförde Es empfiehlt sich, Weg“ oder „über Bre

Cineinnati/

und „Cleveland“, sind

rungsgelegenheit bieten. die Brtese mit einem Leitvermerke wie direkter men oder Hamburg“ zu versehen.

Nr. 19 des Eis im Ministerium der

öffentlichen Arbeiten,

enbahnverordnungzsblat ts“ herausgegeben vom 10 Juni 1913 hat

folgenden Inhalt: K des Reichskanzlers vom 13. Mai Mi

1913, betreffend Aenderung der

des Ministers der öffentlichen Ar IV. 46. 1153293, betre Bahnpolizeistrafen.

litärtransportord gung. Erlaß eiten: 21. vom 5. Juni 1913, ffend Niederschlagung rechtskräftig festgesehter Nachrichten.

Berichte von

preußischen Getreidebärsen und Fruchtmärtten.

Hauptsachlich gezahlte Preise für 1 t (10900 kg) in Mark

Markltorte

Roggen

Hafer

mittel

Danzig.

Berlin.. Stettin..

k . R Berlin, den 13. Juni 1913.

207, 50 - 211

Berichte von anderen d

162,50

160 - 162 173 - 178

Qualitãt

159 158 - 168 156 151 170 - 172

162

157 159

Kaiserliches Statistisches Amt

Delbrück.

gering

mittel

gut

Marktorte

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

niedrigster M

niedrigster höchster 1 63

hachster niedrige böchste

Verkaufte Menge

Doppelz,entner

46 3 ä

191 10

eutschen Fruchtmärkten.

Verkauft

wert

460.

Durchschnitts⸗

schnitts⸗

Am vorlgen Markttage

Durch⸗

preis

dem .

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) nach überschläglicher Schätzung verkauft Doppel zentner (Preis unbekannt)

12. ] Kaufbeuren. ..

12. J Kaufbeuten.. . .. 1700 1700 1750

Bemerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufgwert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. Der Durchs Ein liegender Strich ( in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Prels nicht vocgekom men ist, ein

Berlin, den 13. Juni 1913.

Roggen. 18,40

Safe r. 17,0 19,090

1840 1

J

19,00 1

Kaiserliches Statistisches Amt. Delbrück.

711

113

17, M 1

18,17

5. 6.

chnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet,. Pankt (.) in den letzten sechz Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.