1913 / 86 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

mülssen ihn andere, nichtkapitalkräftige Leute, in letzter Linie wieder die Arbeiter. Der Wehrbeitrag zeigt in seiner jetzigen Gestaltung eine unglaubliche, eine brutale 1 gegen den Mittel stand. (Präsident Dr. Kae m pf rügt diesen Ausdruck) Ich harre des Augenblicks, wo die Vertreter anderer Parteien einen milderen, mit der parlamentarischen Ordnung noch verträglichen Ausdruck für diese Rücksichtslosigkeit der Vorlage finden und gebrauchen werden. Der Schatz sekretar meinte, um die Sache so einfach wie möglich zu machen, habe man von der Progression abgesehen. Das wird er felbft nicht glauben, daß wir ihm das glauben; es handelt sich da doch um eine reine Veranlagungsformel. Nein, man hat Angst vor den In⸗ habern der großen Vermögen, man will den patriotischen Bewilli⸗ gungseifer der Reichen und der deutschen Fürsten nicht auf eine zu harte Probe stellen. Die land- und forstwirtschaftlich genützten Be— sitztümer sollen nach dem Ertragswert herangezogen werden, nicht nach dem gemeinen Wert. Selbst ein Herr wie der Oberverwaltungs⸗ gerichtsrat Strutz hat das eine Ungerechtigkeit genannt und es mit Worten verurteilt, die unter dem Präsidium des Herrn Kaempf eine Rüge eintragen würden. Nur der Verkehrs-, der Verkaufswert liefert den richtigen Maßstab. Die Abschätzung nach dem Ertragswert ist lediglich eine Begünstigung der Gutslnhaber. Es wird eine Herauf⸗ setzung der Vermögensgrenzen notwendig sein, es wird eine Pro⸗ gression, und es wird die Ausmerzung der agrarischen Begünstigung notwendig sein. Nach diesen Korrekturen müßte sofort die Verewigung der Abgabe, mindestens aber ihre Erhöhung für 3 Jahre beschlossen werden. Vermögen in Deutschland ist mindestens 306 Milliarden vor— handen; mit diesen Korrekturen würde der Regierung eine ganz er— heblich höhere Summe zur Verfügung stehen, als sie lt heraus⸗ rechnet. Zuerst und vor allen Dingen müßten diese Mittel benutzt werden zur Verstaatlichung der Kriegsmaterialindustrie, womit zugleich das ewige Kriegsgeschrei und die Kriegstreibereien aus der Welt ge— schafft wären. Diese Industrie ist zudem eine durchaus internationale; an den englischen Werken von Vickers, Armstrong usw. ist ein großer Teil des hohen Adels und aller möglichen Bevölkerungskreise beteiligt und zieht davon Riesenprofite. Aber auch die deutschen Waffen⸗ fabriken geben 32 7 Dividende und haben ihre sämtlichen Gebäude und Werkzeuge bis auf 1 A abgeschrieben. Die „Dillinger Hütte“ hat in ihrem Aufsichtsrat mehrere Franzosen, die auf diese Weise genauen Einblick in unsere Bestellungen für die Landesverteidigung erhalten! Die „Dillinger Hütte“ würde von der Rüstungsmilliarde den Löwenanteil einheimsen. Dem Aufsichtsrat sitzt vor der General von Schubert, der Schwiegersohn des Königs Stumm, bis vor weni— gen Jahren Mitglied dieses Hauses; der sitzt da mit jenen Franzosen zusammen, um die Preise für deutsche Panzerplatten zu kalkulieren ... ein solches Bild möchten wir für die Zukunft Deutschland und der Welt ersparen. Von Reichs wegen muß sich auch die Veranlagung des Vermögens organisieren lassen; die Einschätzung darf nicht, wie es die Vorlage will, in die Hände der Einzelstaaten gegeben werden. Die Fürsten sind nach unserer Ansicht gerade deshalb steuerpflichtig, weil sie nicht in der Vorlage stehen; wenn sie nicht ausdrücklich aus— genommen sind, müssen sie bezahlen. Anderseits kann man dann aber auch nicht mit der Begründung sggen, es sei ihr Beitrag eine Jubi⸗ läumsspende. Ich möchte den Reichstag sehen, der an diesen Mil⸗ lionenbermögen vorbeizugehen wagte, das gibt's ja gar nicht! In der jetzigen Zeit kann man unmöglich die Fürsten frei lassen. (Zuruf: Sie werden abwandern) Wenn sie abwandern! Das wäre en Ge⸗ danke. Man tut sich viel darauf zugute, daß jetzt die Besitzenden Auf einmal eine Milliarde zahlen sollen. Das Volk muß jedes Jahr infolge des Brotwuchers mehr als eine Milliarde zahlen. Das Volk trägt seine Lasten schweigend, insofern hier nicht Sozialdemo⸗ kraten darüber sprechen. Auch das System der Einfuhrscheine kann jetzt nicht unbeachtet bleiben. Wir werden beantragen, den Identitäts⸗ nachweis wieder einzuführen. Es ist in der Begründung auf die Selbständigkeit der Einzelstaaten B zug genommen worden. Früher

. sprachen diese vom Bundesratstisch oft das entscheidende Wort. Jetzt erlaubt sich höchstens noch einmal Bayern, hinter der Front ein bißchen zu donnern. Der zentralistische Gedanke hat also obgesiegt. Die kulturelle Notwendigkeit der Einzelstagten ist allerdings so lange nötig, ehe nicht Pas n Tel nmen einführt. Die Schatz sekretäre Jon liaich ji 6] ö ? no iiagihis he berstan den, die Finanzen

gon sirzg öh eh] wall, nin ons bendigkeit eiheischt. Dez. amn . ans tages, dies zu tun. Die zugewiesenen Kunstauftrag, , ng n, den Zeiten finanzieller Schwie— bon Stoß eine MIrkunde, gefälszen konnen. Benutzen wir also auch diese schwere Zeit zum Ausbau unserer Freiheiten. Verlangen wir die direkte Besteuerung des Besitzes. Dann kann aus den toten Zahlen dieser Vorlage blühendes Leben sprießen.

Präsident Dr. Kaempf: Sle haben von einer hinterlistigen Beeinträchtigung der Minderbemittelten seitens des Staates gesprochen und haben dabei Preußen genannt. Ich rufe Sie wegen dieses Aus— drucks zur Ordnung.

Abg. Speck (Zentr): In manchen Kreisen ist der Glaube ber— hreitet, daß wir durch die Finanzreform auf lange Zeit von neuen Steuerlasten befreit bleiben werden. Run sind aber kaum 4 Jahre nach der Finanzreform ins Land gegangen, wir sind noch nicht einmal in den Beharrungszustand eingetreten, da werden diese Steuern ver⸗ langt. Beim Vorredner scheint allerdings das Steuerbewilligungs⸗ bedürfnis noch weiter zu gehen. Er will noch weitere Besitzsteuern haben. Ueber diese Wandlung der aͤußersten Linken können! wlr uns nur freuen. Wir müssen jedoch nach Lage der Dinge die Vorlagen ge⸗ nau prüfen, zumal ihre Notwendigkeit weder durch die Ausführungen des Reichskanzlers noch des Kriegsministers erwiesen zu sein scheint. Wehr- und Steuervorlagen bilden ein einheitliches Ganzes. Deshalb müssen beide von derselben Mehrheit verabschiedet werden. Der Abg. Sildekum will eine Reichspermögens- oder Reichserbschaftssteuer. Wir sind nicht geneigt, die Wehrvorlagen zu verabschieden, ohne für die Deckung gesorgt zu haben. In gewissen Kreisen scheint man aller⸗ dings auf die Deckungsfragen weniger Wert zu legen. Auf keinen Fall darf die Deckung durch Belastung von Massenkonsumartikeln er⸗ folgen. Die Sozialdemokratie bucht es auf ihr Konto, daß hier der Anfang einer Besitzsteuer gemacht ist. Ich verweise auf den Antrag Bassermann, den auch wir unterstützt haben. In den Mittelpunkt des Ganzen müssen wir die einmalige Vermögensahgabe stellen. Der Gedanke einer solchen ist ja bei seinem Bekanntwerben sehr gepriesen worden. Man glaubte das Ei des Kolumbus gefunden zu haben. Ich las sogar einen Vorschlag, man solle auf diese Weise auch sofort unsere ganze Reichsschuld beseitigen. Die Schätzungen über ben Er— trag des Wehrbeitrags gehen weit auseinander. Dlese einmalige Abgabe ist in einem halb offiziösen Blatte eine Tat von weltgeschichtlicher Be⸗ deutung genannt worden. Auf den ersten Blick hat der Gedanke etwas Bestechendes und Großzügiges. Aber Großzügigkeit allein tut es nicht, namentlich nicht auf dem Gebiet der Steuergesetzgebung. Es heißt, daß der Anleiheweg nicht den Grundlagen unserer Finanzgebarung ent⸗ spricht. Ist dies etwa bei dem Wehrbeitrage der Fall? Zu solchen Maßregeln greift man nur in Fällen der Rot, wenn der Krieg un⸗ mittelbar vor der Tür steht und man sich am Ende feiner Mittel be— findet, Daß aber ein Krieg unmittelbar vor der Tür fleht, ist nach den Ausführungen des Kanzlers nicht anzunehmen. Dlefer Weg ist ein Ausweg mit Rücksicht auf die Notlage des Geldmarktes. Aber dann wäre es besser gewesen, sich der übermäßigen Lobpreifungen des Gedankens zu enthalten. Die normale Besteuerung ist die Erfassung des Vermögens. Diese Abgabe ist ein Eingriff in die Vermögens— substanz. Dieser neue Weg hat begonnen mit der Wertzuwachssteuer und wird mit dem Wehrbeitrag, dem Erbrecht des Staates und der Vermögenszuwachssteuer fortgesetzt, und das ist bedenklich. Das ist ein Gesetzgebungserperiment. Die sozialdemokralische Presse hat verlangt, daß die einmalige Gabe recht oft und ausgiebig erhoben wird. Die Vorlage steht also auf dem Boden der sozialdemokratischen Grund⸗ sätzg. Ihr Grundsatz Czu den Sozialdemokraten) ist ja: Gigentum ist Diez sehl! Wir aber möchten uns sehr bedenken, diesem Vor— schlage näherzutreten, Auch steuertechnische Bedenken find geltend zu machen. Die steuerliche Leistungsfähigkeit hängt nicht nur dom Ver⸗ mögen, sondern auch vom Einkommen ab. Man hat nun eine Köm— bination von Vermögens⸗ und Einkommensteuer vorgeschlagen, wobei pie Einkommensteuer nur ergänzend eintritt. Die Vorlage erfaßt nur

die Einkommen von 50 C0 4 an. Es wird aber erheblich niedriger zu greifen sein. Maß die Veranlagung dabei etwas unbeguem sein wird, ist nicht zu bestreiten, aber diese Schwierigkeiten müssen überwunden werden, wenn gs sich um die steuerliche Gerechtigkeit handelt. Es ist ungerecht, ein Einkommen von 49 000 M steuerfrei zu lassen, während ein. Vermögen von 10 000 „,, welches 400 „M Zinsen abwirft, steuer⸗ pflichtig sein soll. Das sind steuerliche Ungeheuerlichkeiten. Sich des⸗ wegen auf die Schwierigkeiten der Veranlagung zu beziehen, zeigt, daß das Verständnis für ausgleichende soziale Gerechtigkeit noch nicht überall vorhanden ist. Die Kommission wird hier bessernd eingreifen müssen. Ich gehöre gewiß zu denen, die die Selbständigkeit der Einzel⸗ staaten auf dem Gebiete der direkten Steuern verteidigen. Aber eine so entschiedene Verteidigung der einzelstaatlichen finanziellen Selb— ständigkeit hätte ich nicht in den Motiven vermutet, denn tatsächlich ramponiert die Vorlage die einzelstaatliche Selbständigkeit, die Vor⸗ lage ist der Anfang vom Ende der einzelstaatlichen Selbständigkeit auf dem Gebiete der direkten Steuern. Da ist es mir nicht begreiflich, wie der. Schatzsekretär behaupten konnte, der föderative Charakter des Reiches würde nicht angetastet. Noch niemals ift der föderative

Charakter des Reiches so angegriffen worden wie durch diese Vorlage. Dazu kommt, daß diese Vorlage wie keine andere geeignet ist, einer dauernden Reichsbermögenssteuer die Wege zu ebnen. Hat man erst die, Grundlage, so wird sie auch weiter ausgebaut werden. Die Rüstungsfanatiker kriegen es fertig, von lumpigen Millionen zu sprechen; wir müssen uns auf manches gefaßt machen. Der Schgtz⸗ sekretär bersicherte, daß es durchaus ein einmaliger Wehrbeitrag sein werde. Sein Wort in Ehren, aber wird ein Nachfolger von ihm die nötige Widerstandskraft haben? Es handelt sich nur noch darum, wie weit der Eingriff in die Selbständigkeit der Einzelstaaten gehen soll. Bei den Einkommen einen Schritt weiter nach unten zu gehen, ist uns ein Gebot der ausgleichenden Gerechtigkeit. In derselben Richtung möglichster Schonung geht das Verlangen näch Heraufsetzung den Mindestgrenze der der Steuer zu unterwerfenden Vermögen. Jetzt soll sie bei 10 000 „MS gezogen werden. Zwischen den Besitzlofen Und den Besitzenden steht die große Schicht unseres Mittelstandes in S

und Land, der mehr als je gerade heute der Schonung bedarf und eine steuerliche Erleichterung erfahren soll. Der Abg. Südekum hat einen Exkurs auf die Armenunterstützungen gemacht, der an sich nichts

der Vorlage zu tun hatte; aber er hatte wohl dabei übersehen,

1 1

nirgends der Pauperismus verbreiteter ist als in dem freihändlerischer England. Die Grenze für die Vermögen müßte auf 50 000 (s herauf⸗ gesetzt werden; jedenfalls sollte man nicht unter 30 000 Sl

Gewiß bedeutet das einen viel Reichskasse; der aber

er lung. Nichts ist der

at das ganze deutsche ? 8 hoi tor Arbeiter,

ĩ

des einzelnen nicht außet Betracht lassen. Bei der Besteuerung des Einkommens hat man ein solches Bedürfnis der gleichmäßigen Er— sassung offenbar nicht gehabt, denn man will erst von 50 600 „½ an das Einkommen erfassen. Man versteht es nicht, daß nach Ansicht des Bundesrats ein Mann ohne Vermögen mit einem Einkommen pon 30 000 bis 40 0h00 S von dem Beitrag frei bleiben soll, während ein Handwerker, dessen ganzer Besitz nur 100600 5 beträgt, und der sich mit seiner Familie vielleicht nur kümmerlich durchschlägt, herangezogen wird. Diese Erwägung hat im Volke denn auch sehr ernüchternd ge wirkt. Die Leistungsfäͤhigkeit der Famiste muß richtig erfaßt und be rücksichtigt werden, und wenn die Schwierigkeiten noch fo groß sind. die Vorlage hineinzt 2

lch

1 2 8 ö XI I J Mo

.

J 6

Y

3 De

1 5 (* M . & 1 2 96 wen. Verfassung und die Reichsgesetze begründen

Für den jetzigen Fall ist ja nach der Angabe der Begründung diese Untersuchung ohne jede Bedeutung. Ein zwertes Mal darf ein solcher Wehrbeitrag dem deutschen Volke nicht zugemutet werden. Das würde das deutsche Wirtschaftsleben schwer schädigen. Die Besitzsteuer sollen nach der Vorlage die Bundesstaaten in der Form veredelter Matrikularbeiträge durchführen; 1916 soll der vor⸗ gelegte Eventualentwurf wegen der Vermögenszuwachssteuer in Kraft treten, wenn die Bundesstaaten das nicht getan haben. Der Umweg über die Einzelstaaten giht zu denken. Es ist des Reiches unwürdig, in dieser Weise die Einzelstagten in Anspruch zu nehmen. In Bayern entstehen zudem große Schwierigkeiten. Da wir dort alle Steuer— klassen gleichmäßig in Anspruch nehmen müssen, so kann der in diesem Gesetz enthaltene Gedanke nicht zum Ausdruck kommen, und Bayern wird die Vermögenszuwachssteuer einführen müssen. Bedenklich ist es auch, eine neue Form der Matrikularbeiträge zu der schon vorhandenen zu gesellen. Man hätte gut getan, als einheitliche Grundlage über haupt die durch den einmaligen Wehrbeitrag gefundene Suinme zu nehmen. In einer Broschüre wird auf die schweren Lasten der Hansa⸗ städte hingewiesen, die infolgedessen die neuen Lasten nicht tragen könnten. Aber andere Einzelstagten sind wohl mit Steuern noch viel mehr belastet. Es ist auf die Wichtigkeit einer Ermäßlgung der Zucker— steuer hingewiesen worden. Davon hat aber nicht der Konsument, sondern nur der Handel Vorteil. Etwas anderes ist es beim Umsatz⸗ stempel. Gerade bei landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Be⸗ trieben ist es ebenso wie bei dem städtischen Hausbesitz nötig, die Be⸗ steuerung nach dem wirklichen Wert vorzunehmen. Bei Einführung der Wertzuwachssteuer wurde uns versprochen, daß die Erhöhung des Umsatzstempels fortfallen würde. Sonst hätten wir nicht zugestimmt. Die Berichtigung des Einnahmesolls, die 1912 vorgenommen worden ist, ist durch die Tatsachen gerechtfertigt worden. Der Abg. Südekum hat bezüglich der Hochkonjunktur zu schwarz gemalt. Die Verhältnisse auf unserem Geldmarkt sind ja schwierig. Ich erinnere aber nur an das Jahr 1907. Damals bestand keine Kriegsgefahr, trotzdem war der Bankdiskont viel höher. Maßnahmen, auch unferen Silberbestand zu schützen, sind notwendig. Aber die Maßnahmen darf man nicht allein dem Kanzler überlassen. Und hier muß auch für den Reichstag ein Mitbestimmungsrecht geschaffen werden. Den schwersten Bedenken muß die Bestimmung über das Erbrecht des

Staates begegnen. Das Konfiskationsgelüst tritt hier in seiner häßlichen Nacktheit zutage. Die kleineren und mittleren Leute werden es in der Hauptsache sein, die die Kosten zu tragen haben werden. In Bayern gibt es schon ein Intestat⸗ recht, aber es kommen für den Staat nur kleine Beträge heraus; Dienstboten, kleine Handwerker unterlassen es, T estamente zu errichten. Daß auch nur einer pon ihnen den Fiskus zum Erben hätte einsetzen wollen, ist nicht anzukehmen. In anderen Bundesstaaten wird es ähn⸗ lich sein. Wie soll es mit denjenigen gehalten sein, die wegen Minder— jährigkeit ein Testament nicht errichten dürfen? Der Zug des Fis⸗ kalismus geht durch alle diese Vorlagen. Was soll er mit dem Erbe an Kleingrundstücken, Häusern usw. machen? Sie werden veräußert werden müssen, aber sollen die Gemeinden die Verwaltung der Erb⸗ schaften übernehmen? Das wäre eine undankbare Aufgabe. Wie soll es mit den Hypotheken werden, die der Staat erbt? Lohn es sich wirklich, wegen der geringen Beiträge einen solchen Eingriff in das Erbrecht vorzunehmen? Ganze 15 Millionen follen dabei heraus⸗ kommen. Den Hauptvorteil werden die Rotare, Winkelkonsulenten und Agenten haben, die die Versilberung der Erbschaften vorzunehmen baben werden. Wir haben alfo die schwersten Bedenken gegen diese Bestimmung. In dem . und Versicherungsstempel soll eine Vereinheitlichung erfolgen. Von einer Besitzhbesteuerung kann bei der Versicherung nicht die Rede sein. Der größte Grundbesitz in

Preußen ist jedenfalls gegen Feuer nicht versichert. Wird der Stempel

zu groß gegriffen, so wird die Zahl der Versicherungen zurückgehen. Aug) die Lebensbersicherung ist noch kein Maßstab für die Höhe det Besitzes. Die Heeresborlage erscheint als eine nationale Notwendig keit, ihre Ablehnung und Verzögerung würde eine schwere Veran wortung auf uns laden. Nicht die Hurrastimmung ist für uns maß gebend. Daraus ergibt sich für uns die Pflicht, diese und die Deckung. vorlagen genau zu prüfen, ob bei Verteilung der Lasten in richtiger Wei bdorgegangen ist. Der Schatzsekretär hat wohl selbst gefühlt, daß der Vorlage sehr wenig Lob gespendet werden würde, Bas Recht der Nritik wird zur Pflicht, wenn es sich um so offensichtliche Ungerech . tigkeit handelt. Das Bewußtsein der schweren Verantwortung ruhl auf jedem einzelnen von uns. Dies Bewußtsein zu wecken, bedarf es keiner großen Worte und deplacierter Vergleiche mit 1813. Da Volk hat für ein Phrasengeklingel kein Interesse, besonders nicht in diesem ernsten Momente. Man täuscht sich über die wirkliche Stim. mung des Volkes, es hat keine große Begeisterung für neue Heere. lasten, wer das behauptet, täuscht sich und andere. Mit schwerer Sorge sieht das Volk in die Zukunft. Auch in den Kreisen, in denen di Hurrabegeisterung Orgien feiert, scheint die Rüstungsbegeisterung un Eiferfreudigkeit abgeflaut zu sein. Das Zentrum ist auch heute noch bereit, Opfer für das Vaterland zu bringen, wenn ihre Notwendigkeit nachgewiesen ist. Sb die Steuervorlageb in der jetzigen Form ange⸗ nommen werden, erscheint uns sehr zweifelhaft. Wir fordern eine ge⸗ rechtere Verteilung der Lasten. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß wenn die bürgerlichen Parteien ihre Schuldigkeit tun, diese Vorlage dazu dienen werden, die Parteien zu einer gemeinsamen Arbeit u sammenzuführen.

Abg. Dr. Paasche (nl): Wir heffen, daß wie wir für die

Wehrvorlage voll und gan; eintrten, sich auch eine Mehrheit finden

wird, die für die von ihr bewilligte Wehrvo lage die Deckung schafft.

Bed uern muß ich, daß der Vorredner der lebenden Generation di Opferfreudigkeit von 1813 nicht zutraut. Klar bin ich darüber nicht geworden, worauf der Vorsedner in einzelnen Punkten hinsichtlich der Es mag politisch recht klug sein, sich nicht

Finanzfrage hinaus will festzulegen, und ich will diesem Vorbilde in gewisser Beziehung folgen. Der Abg. Dr. Südekum hat hier zu Unrecht ein traurige Biid von der Vermögenslage des deutschen Volkes entrollt; das Au

land muß dadurch eine ganz falsche Vorstellung bekommen. Wie oft hat man nicht schon jenseits der Vogesen geglaubt, Deutschland sei am Ende seiner Leistungefähigkeit! Man tut mit solchen Dar— legungen dem deutschen Volk keinen G fallen. Gewiß gibt es Rot bi uns, wie ande swo; aber deswegen ist Deutschland nicht am Ende seiner K istungsfähigkeit. Es ist viel richtiger, zu zeigen, wie stark und kräftig und wie entschlossen das deutsche Volk ist, die neuen Opfer zu bringen, die seine Wehrhaftigkeit erfordert Fur manchen mag es überraschend gewesen sein, daß der Vater der Wehr— beitragsvorlage der sozialdemokrgeische Abg. David ist, der fogar der Vorlage den Namen gegeben hat Fürst Bülow hat da

damals als perfide und phantastische Politik der Sozialdemokraten bezeichnet. Ich selbst aber und meine polttischen Freunde haben den Gedanken an sich von jeher durchaus Fur die großen einmaligen Ausgaben bleibt doch sonst nur der Weg der Anleibe übrig. Auch für eine Anleihe von 1 Milliarde würden wir jährlich za. 79 Millionen zu zahlen haben! Und für eine solche

Riesenanlzihe ist heute auch mirklich nicht die Zeit; die Beunruhigung auf dem Geldmaikt trifft ja heute nicht nur die Börsen, sondern auch ö

das ganze Verkehrs- und Gewerbsleben. Dem Verkehr werden auf dem einen wie auf dem andern Wege die Beträge genau ebenso ent—

zogen. Die Vermögengatgabe von einem h

unzweifelhaft den Staate kredit wicht schädigen, und des könner wir

froh sein; eine Milliaide neue Anleihe würde den Kurs der Staats .

anleihen daue nd ungünstig beeinflussen. Unter den Angehörigen der besitzenden Klassen kaben wir ja nicht nu Lute, die nickt mehr 31 ö arbeiten brauchen, sondern die meisten arbeiten, um mit ihrem Besitz ein Einkommen zu erwerben. Und welchen Gefahren sind die ihrem Besitz Wirtschaftenden ausgesetzt! Sie müssen das Rifiko tragen und tragen es, obwohl ihre Verluste oft weit höber sind, als was hier an dasz Reich als einmaliger Wehrbeitrag enirichtet werden soll! Deshalb soll man die Opferfreudigkeit nicht nachträglich ver— kleinern, indem man die Zahlung des halben Piozents Unerhörtes hinstellt. Auch die Vermögensgrenze über heraufzusetzen, scheint mir nicht empfehlenswert,

soll auch diejenigen, die von ihrem kleinen Vermögen freudi ihren Wehrbeitrag leisten wollen, nicht daran verhindern. Da— gegen ist kaum ein daß die Grenze für die Ein— kommen heruntengesetzt werden muß, meinetwegen auf Darüber wird sich in der Kommission weiter reden

10 000 SG, denn man

. Zweifel,

eintreten? Für eine starke Staffelung bin ich nicht; aber bei den g oßen Vermögen, die aus sich selber wachsen, weil das Einkommen

1

gar nicht verbraucht werden kann, muß eins Staffelung, ses es in der .

Form einer Progression o er einer Degression eintreten. Wir werden vielleicht oben bis zu 6 bis 7 pro Mille gehen können und dann unten mit 2 bis 3 pro Mille auskommen. Den Grundgedanken des janzen Vorschlages halten wir jedenfalls für berechtigt und halten ihn st. Was die deutschen Bundesfürsten betrifft, so schließt der Wortlaut ö. des Gesetzes nach mn iner Ansicht, die auch von bedeuten den Autoritäten .

geteilt wird, ihre Steuerpflicht in sich; in den Motiven steht aber

*

aus rücklich der Satz, daß sie sich zu b teiligen bereit sind, und des. halb werd in der Kommission

kann ich nicht zugeben.

Wir b arüßen es freudig, daß sie sich bereit

erklären, zu dem pattiötischen Opfer ihrerseits Beiträge zu leisten;

wenn aber das Gesetz so ausgelegt wird, daß sie eigentlich steuerfrei sind, wie soll es dann g halten werden? Es fordert doch geradezu zur Kritik heraus, wenn bekannt wird, auch der Fürst oder König von soundso habe soundsopiel an Wehr beitrag beigesteuert. Wir wünschen also, daß in dem Gesetz bestimmt wird, daß sie nach demselben Maßstab beisteuern. Es muß doch Klarheit darüber sein gegen wen sie sich „bereit erklärt“ haben und wie hoch. Bei der Abschätzung des Vermögens sollte man nicht allzu kleinlich sein, und vor allen Dingen jede unnütze Schikane vermelden. Viele Vermögen lassen sich nicht so genau auf Heller und Pfennig angeben. Man sollte sich da mit der eidesstattlichen Versicherung begnügen. Unangebracht ist es natürlich diese einmalige Sieuer ven on, als einen Eingtiff in das Privatvermögen zu bezeichnen. Der Staatz— sek etär sag e, es wäre solider, die Schätzung aus den Einnahmen der einzelnen Lisel zu erhöhen, als eine Anleihe aufzunehmen. Ei hat sich also zu meiner Auffassung bekehrt, die er seinerzeit b kämpft hat. Mit der Zuckersteuer könnte man sich auch weiter befreunden, da sie am be⸗ guenisten zu erheben ist und sie sich schon engebümgert hat. Zudem wird duch den wachsenden Zuckerkonsum die Produktion für den etwaigen Aus all entsckädigt. Anders ist es mit der Besitzwechselsteuer. Diese hat nirgends Sympathie gefunden, da alle von ihr gleichmäßig ge⸗ troffen werden, ob Leistungs ähige, ob Nichtleistungsfähige. Der Wertzuwachssteuer haben auch wir seinerzeit zugestimmt. Bas hätten wir jedoch nicht getan, wenn wir die schweren Schäden hätten voraus. sehen können, die sie angerichtet hat. In den veredelten Matrikular— beiträgen will die Rrgierung ein Besitzsteuergesetz geschaffen haben. Wir haben damals allerdins eine Vermögens- oder eine Reichs⸗ erbschaftssteuer darunter verstanden. Diesen direkten Weg hätten wir jetzt auch lieber als den indisekten über die Bundessiaaten geschen. Ich glaube, daß. wenn wir darauf bestehen, der Bundesrat nicht mehr sein Unannehmbar dem entgegensetzn wird. Man wollte die Finanzhoheit der Einzelstaaten wahren. Das tut aber dfese Vorlage nicht, die die Einzelstaaten zwingt, bessimmte St uern einzuführen, und eventuell eine Strafitener androht. Würde sich z. B. nn,, diese Steuer aufoktroyieren lassen? Oder sind nur die kleinen Staaten gemeint? Wenn der Einzelstaat Ver mögengzsteuern erhebt und an das Reich abführt, was tut er dann für . Kulturaufgaben? Es it dann schon gescheiter, wir führen eine Reichtvermögenssteuer ein. Wir kaprtzieren uns nicht auf eine be— stimmte Form; geht es nicht mit der Besitzsteuer, dann ist uns di

Erbanfallsteuer ebenso lieb. Es ist ein offenes Geheimnis, daß

anerkannt.

zen Prozent wird aber

als etwa

20 000 M. x lasten. Und warum soll nicht auch bei den schweren Vermögen eine Staffelung

noch naͤher darüber zu sprechen sein. Daß sie nach volk rrechtlichen Grundsätzen“ steuerfrei sein follen,

Bundesrat eine große Mehrheit dafür vorhanden ist, aber man

fürchtet den Reichstag. Wir werden bereit sein, einer Erbanfallsteuer zuzustimmen, aber es müßten höhere Sätze sein. Wir kaprizieren uns nicht auf eint Form, ein anderer Weg ist uns ebenso lieb, wenn er zum Ziele führt. Die Anschauungen des Bundesrats sind wie gesagt wandelbar. Wir hatten uns seinerzeit auf die lex Gamp geeinigt, dann kam der Widerspruch der Einzelstaaten, und in zweiter Lesung ist die lex Gamp oder Herold abgelehnt. Wir würden es borziehen, nicht den Umweg über die Einzelstaaten zu nehmen. An der Reichszuwachssteuer ist das Gute, daß die e, , in ihr steckt. Ueber die Einzelheiten der übrigen Steuern läßt sich in der Kom⸗ mission sprechen. In dem Erbrecht des Staates fehl der Abg. Gamp eine Konfiskation. Ich finde die vorgeschlagene Form auch nicht besonders glücklich, aber der Vorschlag hat sicherlich einen gesunden Kern. In der Kommission wird ernsthaft zu prüfen sein, ob nicht die Vermögen der toten Hand zur Steuer heranzuziehen sind, ebenfo die großen Gewerkschaften, und wie die Abzüge zu machen sind, um eine Doppelsteuer zu vermeiden. Die Wehrbeiträge müssen besonders sorgsam geprüft werden, weil sie den Maßstab für andere Steuern bilden sollen.

Abg. Graf Wesst arp (oökons.): Die Vorlage, mit der wir uns beschäftigen, ist von . Umfange, und es steckt in ihr ein gut Teil wissenschaftlicher Arbeit. Dem Vorwurfe, daß die Vorlage nicht genug begründet sei, kann ich mich nicht anschließen. Wir haben bei der Durcharbeitung von Gesetzen in der Kommission oft den Eindruck bekommen, daß auch kurze Sätze der Begründung auf sehr eingehenden Erwägungen beruhen. Noch etwas anderes möchte ich anerkennen. Dem Justandekomnien der Vorlage haben ganz gewiß Schwierigkeiten entgegengestanden, wie sie in der dornenreichen Finanz⸗ geschichte des. Deutschen Reiches nicht häufig vorgekommen sind. Der Abg. Südekum hat in Abrede gestelltz daß die Vorlage in das System der deutschen Finanzen hineinpasse. Das ist eine außer— ordentlich schwierige Frage. Es handelt sich dabei um eines der schwersten Probleme der Gesetzgebung des Deutschen Reichs, um die Abgrenzung der Finanzgebiete der Einzelstaaten und des Reichs, und die Schwierigkeiten dieser Abgrenzung sind vielleicht im vorliegenden Falle größer gewesen denn je. Es handelte sich ferner bei dem großen Widerstreit der Interessen und Meinungen sowohl der ein⸗ zelnen Bundesregierungen wie ganz besonders dersenigen Parteien, die für die Bewilligung der Steuerborlage ausschlaggebend in Frage kommen, um einen Ausgleich der Interessen. Wir glauben, daß die Reichsregierung ehrlich bestrebt gewesen ist, einen solchen Ausgleich zu treffen und diesen Ausgleich zwischen den Meinungen der betreffen⸗ den Parteien zu finden. Wir halten also die Vorlage für durchaus geeignet als Unterlage für weitere Verhandlungen und sind ent⸗ schlossen, auf dieser Grundlage daran mitzuarbeiten. Das überhebt uns aber nicht der Verpflichtung, unsere grundsätzlichen Anschauungen und unsere mehr oder weniger schwerwiegenden Bedenken zur Geltung zu bringen. Was nun den Finanzbedarf betrifft, so ist bemängelt worden, daß die Regierung uns über 1915 hinaus keinen bestimmten Finanzplan vorgelegt hat. Ich glaube, man kann sich auch für die Jahre 1916/17 aus den mitgeteilten Zahlen sehr wohl ein Bild von den Absichten der Reichsregierung machen, wenngleich ich zugebe, daß die Zahlen nicht auf den ersten Blick klar sind. In den Jahren 1916 und 1917 handelt es sich um einen fortlaufenden Bedarf von etwa 1865 Millionen. Für diesen Bedarf werden alsdann zur Ver⸗ fügung stehen die Besitzsteuer mit 80 Millionen, die Stempelsteuer mit . Millionen, die Einnahmen aus dem Erbrecht des Staates mit 15 Millionen, die Aufschiebung der Herabsetzung der Zuckersteuer mit 40 Millionen und der Umsatzstempel mit 20 Millionen, wozu noch einige weitere Einnahmen treten, sodaß wir für beide Jahre es mit einer Mehreinnahme von 223 Millionen zu tun haben. Gegenüber dem Bedarf bleibt noch eine Reserve von 37 Millionen übrig. Ganz anders und viel komplizierter freilich ist das Bild für den Zeitraum von 1913 bis 1917, weil die Einnahmen erst allmählich zu flie en anfangen. Hier handelt es sich um einen Fehlbetrag von 157 Mil—⸗ lionen. Da kommt nun die höhere Einschätzung der Zölle und Steuern der Jahre 1914 und 1912 in Betracht. Ich kann mich in dieser Beziehung den Ausführungen des Abg. Speck anschließen. Von einer Frisur kann, wie der Schatzsekretär richtig ausgeführt hat, nicht die Rede sein. Auch die Tilgungsgrundsätze sind durchaus aufrecht er— halten. Der größte Schönheitsfehler in dem Finanzplan liegt darin, daß in den Jahren 1913 bis 1915 157 Millionen an fortdauernden Ausgaben fehlen. Das beruht darauf, daß die Einnahmequellen erst allmählich fließen. Es erscheint mir ein erstrebenswertes Ziel, diesen Fehler herauszubringen. Das Charakteristische an der ganzen Vor⸗ lage scheint mir nun, daß die ungeheuren neuen Lasten ausschließlich oder so gut wie ausschließlich auf den Besitz gelegt werden, auf eine berhältnismäßig geringe Anzahl von Staatsbürgern, die ein Vermögen ihr eigen nennen. Das einzige, was man allenfalls als eine Belastung des Konsums ansehen könnte, wäre die Hinausschiebung der Zucker⸗ steuer. Der Staatssekretär Kühn hat gestern mit Recht hervor⸗ gehoben, daß die breiten Massen des Volkes in einer Weise geschont werden, wie es niemand erwartet hat. Wir müssen uns auch darüber klar sein, daß die breiten Massen, die handarbeitenden Klassen ein ausschlaggebendes Interesse an der Versicherungsprämie haben, als welche man die Kosten der Rüstung bezeichnen kann. Sie haben von der Militärvorlage sogar direkt einen Vorteil, weil der Arbeitsmarkt jährlich um 120 oder 140000 Kräfte entlastet wird. Wird also der Besitz in einseitiger Weise zu den großen, neuen Lasten herangezogen, so meinen wir, daß das Reich nicht auf die indirekte Belastung verzichten kann; das tut auch Frankreich nicht. Bei der ganzen Agitation gegen die indirekten Steuern betrachtet man immer nur die Belastung durch das Reich und nicht auch die durch die Bundesstaaten und die Kommunen. Wir werden deshalb beantragen, daß ähnliche Unterlagen geschaffen werden, wie sie damals bei der Reichsfinanzreform waren, um festzussellen, wie sich jetzt die allgemeine Steuerbelastung verhält. Es ist auch nötig, daß hier Aufklärung geschaffen wird. Es ist Pflicht der Regierung, hier für die Aufklärung des Volkes zu sorgen. Es muß verhütet werden, daß unwahre Darstellungen immer wieder ins Land hinausgehen. Die sogenannte lex Bassermann und Erzberger war ja nur dazu bestimmt, einen einmaligen Fehlbetrag von 190 Millionen Mark zu cken, der durch die Abschaffung der Zuckersteuer entstehen würde. Dadurch sollte doch micht für alle Zu— kunft festgelegt werden, daß jeder Mehrbetrag einseitig auf den Befitz gelegt werden muß. Trotzdem sind wir bereit, die jetzige Belastung des Besitzes in diesem Umfang zu bewilligen. Dainit wollen wir jedoch nicht zugeben daß bisher, das deutsche Steuersystem als Ganzes genommen, der Besitz ungebührlich geschont worden ist. Wir wollen nur unser gegebenes Wort einlösen. Die konservatipe Partei hat sich nie der Bereitwilligkeit entzogen, Steuern zu bewilligen. Steuer⸗ egoismus und Steuerscheu ist bei uns nicht vorhanden. Gerade die Sonjal⸗ demokratie hat am wenigsten Ursache, uns solche Vorwürfe zu machen. Wir sollen die hinter uns stehenden Wählermassen vor Steuern pvoll— ständi! bewahren wollen. Das darf doch k ine Partei b haupten, die die hinter ihr stehenden Arbeitermassen mit Steuern belegt. Diese Partei erhebt Beiträge zu den Gewerkschaften, und zwar in einer so rigorosen Weise, daß die, die sich der Steuer entziehen wollen, einfach auf die Straße gesetzt werden. Wo es ii dagegen um Steuern für das Vaterland handelt, sind die Sozialdemokraten es, die vollständig versagen. Von der Notwendigkeit des Wehrbeit ages sind wir vollkommen überzeugt. Schon deshalb, weil wir nicht wieder in die alte Schuldenwirtschaft hineinkommen wollen. Würde man die Kosten des Quinquennats auf die einzelnen Jahre verteilen, so, kämen zu den schen vorhandenen dauernden Ausgahen von jährlich 20 Millionen Mark weitere 209 Millionen Maik. Durch den Wehrbeitrag werden nun dem Reiche jährlich große Summen erspart. Es handelt sich um ein ganz außergewöhnliches Bedürfnis desha b müssen auch die Maßnahmen guß rgewöhnlich sein. Das Drückt ja schon die Bezeichnung „einmaliger außererdentlicher Wehrbeitrag“ aus. Er ist aber auch eine Zwecksteuer. Die Af gg. Südekum und Speck haben sich ja die Köpfe rarüber zerbrochen, was mit einem etwaigen Mehrertrage geschehen soll. Ich glaube, diese Sorge ist unnütz. Aber man kann ja eine Bestimmung einfügen,

die auch hierfür eine Verwendung vorsieht. Zu einer fortlaufenden Einrichtung kann dieser Wehrbeitrag nicht werden, da er ja dann zu einer Reichs vermögenssteuer wärde. Außerdem geht es nicht dauernd an, den Beitrag aus rer Vermözensfubstanz selbst zu nehmen. Den Entschluß der Landesfürsten, sich an dem Beitrage zu beteiligen, haben wir mit Freude begrüßt. Wir halten aber an unserem Stand⸗ punkt fest, daß die Fürsten nicht zu den direkten Steunrn herangezogen werden, dürfen. Dag Reich leitet feins Be— fugnis nur von den Einzelßtaaten ab, und diese lassen die Fürsten von der Besteurung frei. Die Besteurung der juristischen Personen wollen auch wir. Wir werden dabei ernstlich zu erwägen haben, ob der Kreis nicht über den der Aktiengesellschaften auszudehnen ist. Soweit es sich um öffentlich- rechtliche Körperschaften handelt, ist zu berücksichtigen, daß solche, die ein öffentliches Be⸗ steuerungsrecht haben, nicht in Frage kommen können. Dagegen müßte man prifen, ob Vereine, die nicht Korporationsrechte haben, so die Gewerkschaften der Arheiterorganisationen, nicht der Be⸗ steuerung unterworfen werden sollen. Es ist gefordert worden, daß man die landwirmischaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebe nicht allein nach dem Eitraaswert besteuert. Der Verkaufswert kann aber nicht in Frage kommen, weil fie Arbeitsinstrumente und keine Handelsware sind. Ich halte es fogar für richtig, die städtischen Besitzungen, die ländlichen Charakter haben, hier einzubeziehen. Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit darf aber allein nicht das Ver⸗ mögen, sondern auch das Gesamteinkommen als Maßstab heran— gezogen werden. Hier ist der Weg der Einzelstaaten meiner AÄnsicht nach der richtige, wo das Vermögen mit dem Einkommen in organi iche Verbindung gebracht wird, also eine Ergänzungsbesteuerung besteht. Man wird bestr bt sein müssen, den Mängeln des Gesetzes nach diefer Richtung hin abzuhelfen. Die Grenze von 10000 scheint auch uns reichlich niedrig gegrfffen. Man darf allerdings dabei nicht vergessen, daß der Wehrbeitrag ja den Charakter eines möglichst allgemeinen Opfers tragen soll. Einen Ausfall könnte man durch eine schärfere Anfassung der Einkommen zu decken suchen. Man könnte die Deklarations pflicht ver— schärfen, die Auskunftspflicht der Banken usw. Für die dauernden Einnahmen kommt in erster Linie die Besitzstener in Betracht. Dabei liegt sicher ein Eingriff in das Finanzgebiet des einzelstaatlichen Rechts vor. Aber der Wehrbeitrag bedeutet ja schließlich auch einen solchen. Erwünscht muß es nun wenigstens sein, daß die Selbständigkeit der Einzel⸗ staaten wenigstens in der Ausgest iltung dieses Besitzsteuer⸗ gesetzes erhalten bleibt Alle solche Erwägungen zeigen, daß der Regierungsborschlag des Umlegens auf die Ginzelstaaten richtig ist und ihm der Vorzug vor einer Reichseinkommensteuer zu geben ist. Zudem würde auch eine Reichscinkommensteuer wohl weniger bringen als eine Besitzsteuer. Dagegen können wir nicht dem zustimmen, daß auf die Einzelstaaten ein Zwang ausgeübt wird. Die preußische Einkommensteuer- und Ergänzungssteuerstatistik beweist, daß ein geringer Prozentsatz der wohlhabenden Bevölkerung das größte Kontingent der Steuer aufbringt. (Der Redner weft dies durch ein ein⸗ gehendes Zahlenmaterial im einzelnen nach) Daraus ist zu ersehen, daß das sogenannte Geldsackparlament doch fehr stanke Leistungen aufbringt. HVazselbe gilt auch von den Zeschlägen zur Einkommen steuer und Ergänzungösteuer. Dazu kommt noch, daß der Volksschul⸗ besuch in Preußen unentgeltlich ist. Das preußische Parlament kann auf dem Steuergebiet den Vergleich mit sedem anderen Parla⸗ ment aushalten. Das müssen auch diejenigen anerkennen, die sich auf den Standpunkt stellen, daß das Dreiklassenparlament nicht gewillt sei, der steuerlichen Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen. Was die Zuwachssteuer in ganzen bringen wird, ist noch nicht abzusehen, denn der Maßstab ist hier ein ganz anderer als hei den Matrikularbeiträgen. Das ganze Risiko des Ertrages wird hier auf das Reich gelegt. Das Zuwachssteuergesetz foll erst am 1. April 1916 in Kraft treten, weil die Zuwachssteue roeranlagung einen zweijährigen Veranlagungezeitraum braucht. Meines Er— achtens liegt fein Grund vor, das Gesetz nicht schon früher in Kraft treten zu lassen. Man wülde dann den Vorteil haben, daß der Neichskasse 80 Millionen Mark früher zufließen und dadurch der Fehlbetrag von 157 Millionen wesentlich herabgemindert wird. Wir haben ja seinerzeit dem Zuwachssteuergedanken beigestimmt. Aber damals wurde der Versuch gemacht, den verdienten und unver— dienten Wertzuwachs zu sondern. Das vorliegende Gesetz verzichtet darauf. Daß wir den Wertzuwachs bei den Erbschaften bon den Eltern auf die Kinder nicht steuerlich erfaßt sehen wollen, versteht sich von selbst. Wir sehen das Vermögen als ein Vermögen der Familie an, die Eltern als Verwalter des Vermögens der Kinder. Deshalb sehen wir hier keinen Zuwachs, der Anlaß zu einer besonderen Besteuerung geben könnte. Der Vorzug, auf den der Staats— sekretär hingewiesen hat, daß die Besteuerung nicht zu der Zeit des Todes eintritt usw,, fällt hier nicht ins Gewicht; sie können uns von unserem ablehnenden Standpunke nicht abbringen. Das Erb— recht des Reiches kann ebensowenig unsere Billigung finden. Daß man gezwungen ist, in den hier in Frage kommenden Todesfällen mit dem ganzen Apparat der Behörden nach ganz entfernten Ver— wandten zu suchen, kommt doch nur ausnahmsweife vor. Es handelt sich hier um eine Abänderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, und das sollte man nur ändern aus Erwägungen des bürgerlichen Rechts heraus. Das Bürgerliche Gesetzbuch ift synematisch auf. gebaut, die Bestimmungen, die sich mit dem Familiengedanken be⸗ fassen, bilden ein bestimmtes System, und es ist nicht zu billigen, daß man aus diesem wohldurchdachten System bloß zum JZ recke der Begründung einer Einnahmequelle ein einzelnes Stück herausgreift. Der Gesetzeniwurf greift hier in den Bestand der Familie ein. Der Familienzusammenhang ist denn doch nicht in dem Umfange aufgelöst, wie es die Vorlage annimmt. Ueherdies wird das Erbrecht des Staates berhältniemäßig wenig einbringen. Die Leute mit größerem Vermögen werden fich nicht scheuen, in sehr viel größerem Umfange ihr Testament zu machen als bisher. Es bleiben dann im wesentlichen übrig nur Erblasser mit verhältnismäßig kleineren Vermögen, die die Kosten des Testaments scheuen. und solche, die eine unberechtigte Scheu vor der Beschäftigung mit dem Todesgedanken haben. Es ist des Reichs nicht würdig, hierauf eine Einnahme zu gründen, wozu noch kommt, daß der Staat noch eine ganze An⸗ zahl von Prozessen zu führen hat usw. Bei der Hinausschiebung der Verabsetzung der Zuckersteuer und des Umsatzst mpels liegt allerdings keine Zusage, kein Versprechen der verbündeten Re— gierungen vor, aber in den interessierten Kreisen hat man doch das Gefühl, daß eine Zusage gemacht worden ist und nicht g halten wird oder nicht hat gehalten werden können. Aus diesem Gesichtspunkt fällt es uns überaus schwer, den vorgeschlagenen Weg zu betreten.! Es handelt sich hier um eine Vorausbelastung des landwirtichaftlichen Ge⸗ we bes. Was den Versicherungsst mpel anbetrifft, so wird in die bis— herige Steuerfreiheit der öffentlich- rechtlichen Feuersozietäten kurzerhand eingegeiffen. Auch bei der Heranziehung der land airtschaft— lichen Mobilien, des landwirtschaftlichen Inventars findet eine Voraus—⸗ belastung statt. Es ist in diefer Beztehung ein Ausgleich notwendig durch eine größere Heranziehung, namentlich der aus ländischen Papiere. Das erfordert die ausgleichende Gerechtigkeit. Aus der Erhöhung der Stempelabgabe ließe sich ein Ertrag von 10 bis 15 Millionen erzielen. Bei dieser Gelegenheit müssen die Mängel der Talonsteuer aus- geglichen werden. Den Maßnahmen, die eine Erhöhung des sogen. Reichskrie sschatzes bezwecken, stimmen wir grundsãätzlich zu. Die Aufgabe, die uns hier gestellt wird, ist eine außer— ordentlich bedeut nde. In den ersten drei Jahren kommt ein Be⸗— darf von. über 1300 Millionen in Frage, für die ganzen 5 Jahre 1680 Millionen, und dies Geld müß aufgebracht werden, nachdem wir vor kurzer Zeit genötigt waren, die Steuerlast um 47 bis o00 Millignen zu erhöhen. Die uns gestellte Aufgabe ist mit großen Schwierigkeiten verbunden, aber sie muß gels! werden, und zwg gelöst werden unter allen Umständen gleichzeitig mit der Be— willigung des Heeresborlage. Es wäre die schärsste Abtehr von der besonnenen Finanzwirtschaft des Amtsvorgängers des jetzigen Staate sekretärs, wenn wir auch nur die Deckung der laufenden

Ausgaben hinausschieben wollten. 2090 Millionen jährlich spricht sich leicht aus, aber es ist eine Belastung von ungeheuerer Tragweise, und wir können nicht die Verantwortung dafür übernehmen, daß wir dafür nicht die erforderlich! Deckung finden. Es würde auch auf das Ausland den giößten Eindruck machen, wenn das deutsche Volk seine Opferwilligkeit nicht nur dadurch bekundet, daß es die Heeresvorlage annimmt, sondern auch die 206 Millionen aufbringt. Wir werden unserseits ehrlich an di⸗sem Ziele mit⸗ arbeiten und rechnen dabei auf ein Entgegenkommen der anderen Parteien.

Hierauf wird gegen 71 Uhr die Fortsetzung der Beratung auf Freitag 1 hr pünktlich vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 162. Sitzung vom 10. April 1913, Vormittags 10 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau“)

Ueber den Beginn der Sitzung, in der die zweite Be⸗ ratung des Etats des Ministeriums der geist⸗ lichen und AUnterrichtsangelegenheiten, und zwar die allgemeine Besprechung des Elementarunterrichts⸗ wesens, fortgesetzt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Auf die daselbst aus zugs weise wiedergegebenen Ausführungen des Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch (freikons.) ent⸗ gegnet der

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz:

Meine Herren! Es ist in der Tat richtig, wenn der Herr Ab⸗ geordnete Freiherr von Zedlitz seine Ausführungen damit schloß, daß er eine Reihe von Anregungen für das Volksschulwesen gegeben hat. Wenn ich auf alle diese Anregungen auch heute im einzelnen nicht eingehe, so werden Sie das verstehen. Ich werde sie aber würdigen und bei etwa später zu treffenden Maßnahmen voll in Erwägung ziehen. (Bravo! Freilich, meine Herren, in der Kritik, die der Herr Abg. Freiherr von Zedlitz an den Verhandlungen vor dem Zu⸗ standekommen des Lehrerbesoldungsgesttzes geübt hat, möchte ich ihm nicht folgen (sehr richtig) um so weniger, als ich ja an den Verhand— lungen selbst noch nicht teilgenommen habe. (Sehr gut!) Ich will auch nicht eingreifen in den Streit, der sich ent⸗ wickelt zu haben scheint zwischen dem Herrn Abg. Freiherrn von Zedlitz und dem Hern Abg. von Campe. Ich denke, das werden die beiden Herren untereinander ausmachen. (Heiterkeit, Wenn aber der Herr Abg. Freiherr von Zedlitz nicht nur Kritik an jenen Verhandlungen geübt hat, sondern, wie mir schien, auch eine recht herbe Krimik an dem Lehrerbesoldungsgesetz, so möchte ich ihm darauf doch ent— gegnen. Wir haben im vorigen Jahre uns eigentlich immer darüber einperstanden gefunden, daß durch dieses Gesetz ein hocherfreulicher Fortschritt für unser gesamtes Volkschulwesen erreicht worden sei, daß dieses Gesetz von den besten Folgen gerade auch für unsere Lehrer— schaft gewesen ist, daß die Unzufriedenheit, die früher zum Teil in der Lehrerschaft nicht ohne Grund bestanden hat, nun im wesentlichen doch beseitigt sei, und daß wir zu geordneten und befriedigenden Ver⸗ hältnissen gekommen sind. (Sehr richtig) Das möchte ich doch hier noch einmal mit aller Entschiedenheit festlegen. Gewiß lassen sich an dem Lehrerbesoldungegesetz Ausstände machen. Aber glauben Sie, daß es je gelingen wird, auf diesem Gebiet eine nach allen Richtungen hin befriedigende gesetzliche Regelung herbeizuführen? Das halte ich einfach für unmöglich, unmöglich wegen der außerordentlichen Schwierig⸗ keit der Verhältnisse, unmöglich, weil es sich um ein so großes Staatsgebiet handelt, für das das Gesetz in Kraft treten soll, wo die Verhältnisse außerordentlich verschieden sind, denen in einem solchen Gesetz Rechnung getragen werden muß. Alles läßt sich nicht gleich machen auf diesem Gebiet. Wir müssen der Verschiedenheit der Ver⸗ hältnisse Rechnung tragen, und wenn Sie das tun, meine Herren, werden Sie immer wieder der Kritik unterworfen sein, daß es hier besser als dort geregelt sei, und das wird stets leicht eine Quelle der Unzufriedenheit sein können. Das werden Ste nicht aus der Welt zu schaffen vermögen. Ich möchte doch davor warnen, daß wir jetzt schon wieder in eine Agitation zur Abänderung des Lehrerbesoldungs⸗ gesetzes eintreten. (Sehr richtig! Denken Sie an die heißen Kämpfe, die haben ausgefochten werden müssen, um zu diesem Gesetz zu gelangen. Wollen Sie nun derartige Kämpfe jetzt schon wieder hervorrufen, indem Sie die Parole ausgeben: das Lehreibesoldungsgesetz muß geändert werden? Davor möchte ich doch dringend warnen, obgleich wir vor den Wahlen tehen. (Große Heiterkelt.)

Der Herr Abg. Freiherr von Zedlitz ist im Anschluß an diese Ausführungen eingegangen auf die starke Belastung der Kommunen durch Schulabgaben, namentlich auch auf die Belastung der größeren Kommunen. Ueber diese Frage haben wir uns in diesem hohen Hause im vorigen Jahre unterhalten. Es ist von der Staatsregierung anerkannt worden, daß an manchen Stellen eine solche Belastung vorliegt, daß sie aber nicht allein zurückzuführen ist auf die Schulunterhaltungskosten, son⸗ dern daß auch andere kommunale Aufgaben mitsprechen, deren Er⸗ füllung die hohen Lasten herbeiführt. Die Königliche Staatsregierung hat sich bereit erklärt, diese Angelegenheit einer eingehenden Unter⸗ suchung zu unterwerfen, und Herr von Zedlitz hat mit Recht her— vorgehoben, daß die statistischen Arbeiten, die unerläßlich sind, um diese Aufgabe zu lö5sen, bereits im Gange sind, und daß das eine große Arbeit verursacht; erst wenn sie vollendet sein wird, wird die Staateregierung in der Lage sein, sich über etwaige Maßnahmen, die zur Abhilfe der beklagten Uebel⸗ stände dienen sollen, sich schlüssig zu machen. Die Staatsregierung ist also mit dieser Aufgabe beschäftigt. Die Herren werden bereit sein, zu warten, bis wir so weit sind, um an das hohe Haus mit entsprechenden Vorschlägen heranzutreten.

Wer wie Sie, meine Herren, unserem Volksschulwesen eine be— sondere Aufmerksamkeit widmet, wird bemerkt haben das ist auch von Herrn von Zedlitz heivorgehoben —, daß die Unterrichts verwal⸗ tung sich in den letzten Jahren vornehmlich mit der Aufgabe be— schäftigt hat, die Lehrerausbildung und die Lehrerfortbildung zu fördern. Nachdem das Volksschulunterhaltungegesetz die äußeren Ver. hältnisse der Volksschullehrerschaft neugeordnet und wesentlich verbessert hatte, trat jene Aufgabe von selbst heivor, denn es ist in der Tat von allergrößter Wichtigkeit sür das Blühen und Gedeihen unseres Volksschulwesens, daß die Ausbildung der Lehrer und ihre Fortbildung so ist, wie es notwendig erscheint, um die geeigneten Kräfte für den Vollsschulunterricht zu finden und zu