1913 / 90 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

mit dieser verblüffenden Nacktheit offenbart wird, so 6 wir von einem Versöhnungsziele leider noch sehr weit entfernt. ir bedauern das; wir wollen von Frankreich nichts, wir sind nach dem Westen hin . Wir verurteilen gewiß manche Ausbrüche, die aber nur als Echo von uns über die Vogesen herübertönen. Wenn wir be— denken, was in der ö militaire“, im schen . zu lesen ist, so müssen wir zugeben, daß das, was bei uns 9 rieben wird, nur ein lindes k. ist gegenüber dem Aprilsturm jenseits der Grenze. Das wird auch in anderen Ländern durchaus anerkannt. Wenn wir mit Frankreich gute Be⸗ iehungen erhalten können, wirklich aufrichtige, dauernde Beziehungen, 9 würde niemand froher sein als wir. ir haben allerdings die Neigung, etwas zu zeitig und zu stark froh zu werden. Als das Zeppelinluftschiff gezwungen war, in Luncville niederzugehen, hat sich die französische Regierung und zum Teil auch die französische Be⸗ völkerung loyal, korrekt, vielleicht sogar freundlich verhalten. Das hat uns Veranlassung gegeben, af, Dank öffentlich auszusprechen. Ich habe nichts gegen solche Höflichkeiten, als Sachse bin ich von Hause aus für Höflichkeit, aber die Höflichkeit erreichte beinghe die

renze dessen, was zu vertreten war. Ich möchte den Staatssekretär dringend bitten, zu veranlagssen, daß in n bald eine amtliche Auf⸗ klärung erfolge über die Vorgänge in Luncville und, namentlich über die Art, wie das Luftschiff durchsucht und durchschnüffelt worden ist. Die Oeffentlichkeit wartet darauf, sie wartet seit langem darauf, Es sollte eigentlich genügende Zeit verstrichen sein. Die Sache hat noch einen besonderen Haken. In einer Korrespondenz, die in der Regel gut unterrichtet ist, haben wir heute früh gelesen, daß man in Frankreich drauf und dran sei, Zeppelinzerstörer zu bauen. Diese schon früher erhobene Forderung soll durch die Durchsuchung des Zeppelin einen ganz besonderen Anreiz bekommen haben. Ich weiß nicht, ob die Nachricht richtig ist, jedenfalls müssen wir eine baldige ausreichende amtliche Erklärung verlangen. Wenn die französischen Behörden getan haben, was man von ihnen verlangen muß, so haben sie damit nur etwas Selbstverständliches getan. Ich darf Sie daran erinnern, daß, als ein französischer Flieger die Festung Metz mehr—⸗ fach überflog und Anfangs März auf lothringischem Boden nieder— ugehen gezwungen war, die deutschen Behörden mit der größten . dafür gesorgt haben, daß er die Rückreise nach Basel antreten konnte. Ich kann trotz der Rede des Staatssekretärs an dem Vorfall von Nancy nicht ganz vorübergehen. Ich richte an, Sie alle, einschließlich der Sozialdemokraten, die Frage: Haben Sie in den letzten Jahrzehnten gehört, daß französische Staatsbürger in Deutsch— land so oder nur ähnlich behandelt worden seien, wie deutsche Staats bürger angeblich in Nancy behandelt worden sind? Ich habe nicht gehört, daß das deutsche Volk Franzosen solche Mißhelligkeiten, ÜUngnnehmlichkeiten bereitet hätte, oder sich zu solchen Mißhandlungen verstiegen hätte, die wirklich unbeschreiblich sind, sie zu demütigen in einer Weise, daß es uns das Blut in die Wangen treiben muß. Wenn es richtig sein sollte, wir haben ja noch keinen authentischen Bericht, aber selbst wenn manches übertrieben wäre, und es nur im wesent— lichen richtig sein sollte, dann würde das deutsche Volk von seiner Regierung unbedingt verlangen und erwarten müssen, daß es eine ent⸗ sprechende, angemessene Sühne mit allem Nachdruck verlangt. Das brauchen wir uns nicht gefallen zu lassen. Wir müssen verlangen, daß unsere Staatsbürger geschützt werden, selbst wenn der Schutz Schwie⸗ rigkeiten machen sollte, was ich nicht annehme. Der Abg. Sachse rief mir bei 35 Erörterung zu, daß es einem französischen Par— lamentarier in Magdeburg noch viel schlimmer ergangen seji. Er meinte damit den Abgeordneten, der in Magdeburg und Braunschweig zum Frieden reden wollte. Daß die Polizeipräsidenten in Magde⸗

46 und Braunschweig sein rednerisches Auftreten verboten, war

selbstverständlich, war vollkommen richtig. Sie haben besorgen müssen, daß das Auftreten eines französischen Redners, wenn es auch noch so gut gemeint war, nicht zum Frieden, sondern zum Gegenteil führe. Wenn der Abgeordnete Bernstein gehn im Tone der Ent⸗ rüstung von dem Staatssekretär verlangte, daß er dafür sorge, daß der Polizeipräsident von Magdeburg abgesetzt werde, so konnte der Staatssekretär selbstverständlich diesen Wunsch nicht erfüllen. Heute war zu lesen, daß die . des Polizeipräsidenten guf den preußischen Minisfer des Innern zurückzuführen ist. Der Staatssekretär müßte . auch nach dem Abg. Bernstein darauf dringen, daß der preußische Minister des Innern seines Amtes ent— t werde. Das geht noch weiter über seine Befugnisse hinaus.

ie französische Regierung, sagt man, hat anders gehandelt. Als die französische Regierung die Vorträge der deutschen Sozialdemo⸗ kraten gestattete, hat sie geahnt oder gemeint, daß dadurch die fran= zösischen Interessen nicht gefährdet würden. Die französische Regie⸗ rung ist aber in einem anderen Falle ganz anders verfahren. Einem Mitgliede dieses Hauses ist nicht nur das Auftreten in Frankreich verboten worden, sondern es ist auch ausgewiesen worden, und wenn ich recht unterrichtet bin, so ist die Ausweisung sehr spät zurück— genommen worden. Da fürchtete die französische Regierung eine Ge⸗ fährdung ihrer Interessen, und sie war viel grausamer, als beide Polizeipräsidenten, einschließlich des preußischen Ministers des Innern. Der Abg. Bernstein hat auch wieder die Friedensschalmei geblasen und ein Loblied auf den allgemeinen Weltfrieden der Völker ange⸗ stimmt. Das Lied hat manchmal einen guten Klang in dieser schwerterklirrenden Zeit, aber es kam mir seltsam vor, etwas sehr jugendlich, etwas überjugendlich, etwas sehr phantastisch, etwas über⸗ phantastisch. Bis zur Erreichung dieses Zieles hat die Menschheit noch einen ganz gewaltig weiten Weg zurückzulegen. Und wenn wir bis dahin den Frieden sichern wollen, so kann unser Standpunkt kein anderer sein, als daß wir Wert legen auf eine tüchtige, gute, ehren⸗ volle Politik und vor allen Dingen auf ein tüchtiges, gutes, schlag⸗ fertiges und damit sieggesichertes Heer.

Abg. Ledeb our (Soz): Ueber, die bedauerlichen Vorkomm⸗ nisse in Nancy hat sich der Staatssekretär selber vorläufig nur auf un⸗ verbürgte Nachrichten stützen können. Der Staatssekretär hatte in⸗ sofern recht, als auch ich es für selbstverständlich halte, daß die deutsche Regierung alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel aufbietet, um zunächst die Wahrheit festzustellen und, wenn wirklich Angriffe auf Krnffhhe dort vorgekommen sind, für eine angemessene Sühne zu sorgen. Aber ich finde es sehr unglücklich, daß der Staatssekretär daran die Bemerkung knüpfte, da sehe man wieder, wie gewaltig die chauvi⸗ nistische Flut in Frankreich im Anschwellen begriffen sei. Ich hatte den Eindruck, daß er dies unglückliche Vorkommnis ausnutzen wollte, um bei uns den Chauvinismus aufzukitzeln. Er hätte gut getan, zu sagen, da sehen Sie, wie recht die Sozialdemokraten gehabt haben, als sie sagten, daß die Ankündigung der enormen Heeresverstärkung den Chau⸗ vinismus in Frankreich anfachen würde. Das kann nicht bloß ein Blinder mit dem Krückstock fühlen, sondern das kann auch ein deutscher Diplomat herausfinden. (Präsident Dr. Kaempf: Das über⸗ schreitet die Grenzen einer sachlichen Kritik. In meiner Aeußerung kann ich unter keinen Umständen eine Herabsetzung irgend eines Mit— gliedes des Hauses oder der Regierung finden. Ich habe sogar ein Loh für die Blinden ausgesprochen, (Präsident: Ich halte meine Rüge aufrecht) Und ich meine Ansicht. Durch die Schuld der Re—

ierung ist also der Chauvinismus in Frankreich angefacht worden. Man hat die Heeresverstärkung in 5 beantwortet mit der Wiedereinführung der dreijährigen Dienstzeit. Die Erregung in ö wurde noch verstärkt durch die unglückliche, verhängnisvolle andung des Zeppelin. Die Hauptschuld der deutschen Regierung aber besteht darin, daß sie dem französischen Abgeordneten, der in Magdeburg und Braunschweig zugunsten des Friedens sprechen wollte, ausgewiesen hat. Sie hat es, geduldet, vielleicht direkt dazu angestachelt, zumal da gerade auch in Braunschweig die 466 passiert ist. Wie . auf die chauvpinistische Stimmung in Frankreich muß das wirken, wenn ein im Interesse Deutschlands und des Welt— friedens tätiger Fremder qusgewiesen wird. Ein unter hoher Protek— tion in eine hohe Staatsstellung gerutschter borussischer Staatssekre⸗ tär begreift das allerdings nicht. Wenn Sie (nach rechts) sagen, wir verträten die Interessen des Auslandes e als die deutschen, so sind wir solche Verdächtigung gewohnt. (Präsident Kaempf rügt diesen Ausdruck) Dann . ich das Urteil über diese Aeußerung des Abg. Oertel dem Hause. Wir fordern volle Anerkennung auch für die Rechte anderer Völker, damit verstoßen wir doch nicht gegen die

Matin“ an chauvinisti⸗

Interessen des eigenen Volkes. Die Männer der französischen Re⸗ Jierung sind in der Beziehung weitsichtiger, internationaler als die Deutschen; sie haben keine Lust, sich als kleinliche Aengsterlinge vor der anzen Welt aus solchen Anläsfen zu blamieren. Die . e if Polizei hat Morel ausgewiesen nach dem Motto: Hin⸗ aus mit den Kerls, die sind Rüstungsstörer! In der Frage des diplo⸗ matischen Dienstes stimme ich ausnahmsweise im allgemeinen mit dem Staatssekretär überein. Die Verbesserungsvorschläge des Abg. von Richthofen bessern doch nur an Aeußerlichkeiten; wirklich besser wird es dadurch nicht werden. Der Staatssekretär hat fopiel Wenn und Aber geltend gemacht, daß die Diplomatenauswahl nach wie vor sehr beschränkt bleiben wird. Protektion soll bei uns nicht herrschen, er⸗ klärt er, Empfehlung dagegen sei unvermeidlich. Schließlich kommt doch bei unserm preußisch⸗deutschen System für die Anstellung in hohen Staatsämtern und im hohen auswärtigen Dienst Protektion und

Empfehlung auf dasselbe hinaus. Die Entscheidung wird ja getroffen

von einer Stelle, die nicht im Leben steht, sondern die ihre Informa⸗ tionen immer indirekt durch höfische Mittelsmänner erhält. Der Fall Sohst beweist, daß es vermieden werden muß, 2j durch Mittelsper⸗ sonen Leute in Stellungen gelangen, die durch perfide Einflüsterungen großen Schaden anrichten können. (Präsident Kaempf: Eine Kritik des Verhaltens des Kaisers ist unzulässig. Ich bitte, damit nicht fortzufahren. Diese Aeußerungen hätten eigentlich einen Ord—⸗ nungsruf verdient, aber ich will in diesem Augenblicke davon ab⸗ sehen) Für den diplomatischen Dienst und für den Konsulardienst ist die gleiche Ausbildung nötig. Bei der ganzen wirtschaftlichen Ent— wicklung im Leben der Völker wird der Konsulardienst sich immer mehr in den Vordergrund drängen. Der schwerste Mangel unserer Diplomatie ist das äh, veraltete System. Die Vertreter aller Parteien haben darauf hingewiesen, daß eine weitere Zerstückelung der Türkei für uns schädlich sei. Es muß der Türkei ermöglicht werden, sich innerhalb der Reste ihres Besitztums zu einem modernen Staate umzuwandeln. Dazu ist aber in erster Linie eine Regelung der ar⸗ menischen Frage nötig. Es wurde verlangt, daß, wenn die Türkei ihren Besitzstand nicht wahren kann, wir uns nicht Zukunftsmöglich⸗ keiten verbauen lassen. Das kann doch nur heißen, daß auch wir etwas haben wollen. Wir würden aber am meisten Einfluß auf, die Türkei haben, wenn diese weiß, daß wir ihr gegenüber uneigennützig sind. Ebenso müßte Deutschland als Freund Rumäniens seinen Ein⸗ fluß dahin geltend machen, daß es bei Uebernahme von Silistria den Juden ihr Recht läßt. Einverstanden sind wir auch damit, daß Mon⸗ tenegro Kompensationen in Geld erhält, wenn dadurch endlich die Krise beigelegt wird. Der Sasonowsche Erlaß an Montenegro ist ein russisches Programm und sehr gefährlich. Als ich ihn las, wurde mir die letzte Erklärung des Kanzlers klar, worin er seine unglückliche Erklärung über Slawentum und Germanentum zurücknahm. Der Panslawismus ist nur eine Erfindung russischer Zarenpolitiker, mit der sie die Welt und jetzt auch den Reichskanzler einge⸗ seift haben. Die Gemeinsamkeit aller slawischen Interessen ist ein ganz gewöhnlicher Schwindel. Der russische Zar unterdrückt das polnische Volk mit größter Brutalität, der russische Zar und seine Helfershelfer haben seinerzeit in Bulgarien die ungeheuerlichsten Staatsverbrechen anzetteln lassen, das ist eine geschichtliche Tatsache. . Präsident ruft den Redner wegen dieser Aeußerung zur Ordnung.) Es handelt sich hier um geschichtliche Tatsachen, die jeder kennt, oder kennt sie einer von Ihnen nicht? Der Reichs⸗ kanzler ist auf diese russische Mache hineingefallen, er hat von dieser Gemeinsamkeit aller slawischen Interessen ausdrücklich gesprochen. Er hätte hier darauf hinweisen sollen, daß die russische Regierung in keiner Weise das Recht hat, sich im Sinne einer solchen Gemeinsam⸗ keit zum Schützer der slawischen Interessen auf der Balkanhalbinsel aufzuwerfen. Wenn die russische Regierung mit diesem Panssla⸗ wistischen Schwindel noch weiter operieren darf, so liegt das bloß an den Fehlern der deutschen und österreichischen Politik. Die deutsche Regierung gibt den Welteroberungsplänen des Zaren Nahrung, indem sie im eigenen Lande eine Unterdrüͤckungspolitik gegen die Polen pflegt, die österreichische tut es, indem sie ein stagtsrechtliches Unding inner⸗ halb ihrer Grenzen aufrecht erhält die Zerteilung der Serbenvölker in drei staatsrechtlich gesonderte Gebilde, Kroatien, Dalmatien und Bosnien. Damit wird eine serbische Irredenta innerhalb des öster— reichischen Stgatskörpers künstlich erhalten. Deutschland hat ein großes Interesse daran, diese verkehrte österreichische Politik beseitigen zu helfen, die nur im Interesse der magyarischen Junker getrieben wird, die aber letzten Endes den ei Welteroberungsplänen dienen muß. Die bei uns betriebene Polen⸗ und Dänenpolitik der gewalt⸗ samen Germanisierung muß ihr Ziel verfehlen; diese Polenbekämpfung muß uns die ganze polnische Nation auch in anderen Ländern ent⸗— fremden, und diese Entfremdung muß, wenn es wirklich zu einem Zusammenstoß kommen . 9. Deutschland von den allerbedenk⸗ lichsten Folgen begleitet sein. Die deutsche Regierung muß dem Ge⸗ danken der Nationalitätentoleranz im internationalen Konzert zum Durchbruch verhelfen; will sie damit Erfolg erzielen, dann muß sie den Gedanken zunächst und vor allem im eigenen Lande betätigen. Mit den Polen zu Freunden würde man den Spieß gegenüber der Zaren⸗ politik umdrehen, der Zar und seine Helfershelfer würden dann an keinen Eroberungskrieg mehr denken können, denn sie hätten mit der Aufstandsgefahr ihrer sämtlichen westeuropäischen fremdvölkischen Be⸗ standteile zu rechnen. Damit wäre auch die Kriegsgefahr von Europa abgewendet. Wie jetzt die Serben und Bulgaren, werden dann. auch ö anderen bisher unterdrückten Völkerstämme zur Selbständigkeit ommen.

Präsident Dr. Kaemp'f: Ich habe Einsicht genommen in das Stenogramm. Danach enthalten Ihre Aeußerungen eine schwere Belei⸗ digung des Deutschen Kaisers. Unter diesen Umständen bin ich nicht in der Lage, es bei einer Rüge bewenden zu lassen. Ich rufe Sie zur Ordnung.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wirklicher Ge⸗ heimer Rat von Jagow:

Einige Aeußerungen des Herrn Abg. Ledebour sind zwar schon durch Ordnungsruf des Herrn Präsidenten gerügt worden.

Ebenso wie ich die Aeußerungen über Seine Majestät den Kaiser bedauern muß, möchte ich doch auch noch Verwahrung einlegen gegen die Aeußerungen, die der Herr Abgeordnete gegen den Herrscher eines befreundeten Landes und dessen Politik gebraucht hat. Ich glaube, die große Mehrheit des Hauses ist darin mit mir einverstanden. (Bravo! rechts.)

Präsident Dr. Kaempf: Aeußerung von mir schon gerügt worden ist. der Verhandlung in diesem hohen Hause aus.

Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath (ul.): Die Vorfälle in Nancy sind lebhaft zu bedauern. In Lunépille sind wenigstens die Behörden korrekt verfahren und nur die Bevölkerung hat sich unfreundlich verhalten. In Nancy hat sich die Abneigung zu einem Haß gesteigert, für den ich keinen Ausdruck finde. Mit dem Abg. Oertel möchte ich dann hier fragen, weshalb wir noch keine Nachricht über das Niedergehen des Zeppelin in Lunsville bekommen haben. Es ist doch schon einige Zeit darüber verflossen. Es wäre also wünschens⸗ wert, darüber Einzelheiten zu erfahren. Mußte der Ballon niedergehen, dann sind die Führer entschuldigt. War dies aher nicht nötig, so fehlt mir ein Ausdruck dafür. Es war nicht geschickt, man mußte vor⸗ aussehen, daß dieses Niedergehen auf einem sranzösischen Exerzierplatz Aufsehen erregen würde. Man soll in solchem Falle nicht von Kamerad⸗ schaft sprechen Die Herren im Ballon mußten den Empfang voraussehen. Außerdem erfahren wir aus anderen Darstellungen, daß diese längst darüber informiert waren, daß die Grenze überflogen war. Es war ein falsches Loyalitätsgefühl, zu denken, man würde in Frankreich kameradschaftlich aufgenommen. Die Behörden sind korrekt ver⸗ fahren. Man hat die Herren aber unter Bewachung in ein Hotel bringen müssen. Das sind doch . die beweisen, daß man für ihre Sicherheit besorgt war. Den Vorfall in Naney finde

Ich muß hierzu bemerken, daß diese Damit scheidet sie aus

ich sehr traurig. Er mahnt an die Tage des Jahres 1870, die ja

noch manche Mitglieder des hohen Hauses mitgemacht haben. Wenn in Frankreich der Chauvinismus von den verschiedensten Seiten so angefacht wird, dann kann man sich nicht wundern, wenn er in solcher Weise zum Ausdruck kommt. Im Gefühl unserer Stärke können wir ruhig sein, zumal es ja gegen Ausschreitungen des Publikums keinen direkten Schutz gibt. Aber man kann wenigstens verlangen, daß die Behörden korrekt verfahren. Das scheint nun in Nancy nicht der Fall gewesen zu sein. Die Sozialdemokratie beklagt sich über die Behandlung ihres französischen 98 in Magdeburg. Die Deut⸗ schen in Nancy wären zufrieden gewesen, wenn eine Behörde sie vor den Angriffen bewahrt hätte. Sie sind sogar im Coups aufgesucht, angespuckt und geschlagen worden. Diese Behandlung unterscheidet sich doch sehr wesentlich von der Behandlung, die der französische Sozialist erfahren hat. Der Staatssekretär hat seine Aus⸗ führungen in der Kommission über Rumänien unterstrichen. Dies ist unser zuverlässiger und treuer Freund. Durch zielbewußte Zusammenarbeit des Königs und der Nation ist Rumänien zu dem kraftstrotzenden, machtvollen Staat geworden. In seine inneren Angelegenheiten wollen wir uns nicht einmischen. Es wäre ja wünschenswert, wenn es die Reformen eingeführt hätte. Aber Rumänien beklagt sich demgegenüber, daß man ja ihm gegen— über in der Silistrlafrage die Bestimmungen des Berliner Vertrages auch nicht innegehalten hat. In der Begründung der Militäͤrporlage ist gesagt, daß Oesterreich⸗Ungarn durch die Balkanstaaten in Zukunft voraussichtlich in Schach gehalten werde, also an anderen Stellen mit seiner vollen Macht nicht eingreifen könne. Da ist es doch ein Gebot der Klugheit, wenn wir den Wünschen Rumäniens entgegenkommen. Das ist keine Gefühlspolitik. Ich hoffe, daß man in Rumänien Deutschlands wertvolle Freundschaft erkennen wird. Die Tripolispolitik Italiens ist gerade von den italienischen Sozialisten gebilligt worden. Die Sczialdemokraten haben dort die abziehenden und zurückkehrenden Soldaten stets mit Jubel begrüßt. Hier galt das alte Wort: Italia fara da se. Wenn wir Oesterreich⸗Ungarn treu zur Seite gestanden haben, so ist das nicht geschehen aus einem Abhängigkeits⸗ verhältnis heraus. Die Potsdamer Entrevue wurde deshalb freudig begrüßt, weil man annahm, daß sich unsere Beziehungen zu Rußland gebessert haben. In Petersburg hat sie jedoch em anderes Echo erweckt. Wenn man dem Freiherrn von der Goltz die Mißerfolge der Türkei zur Last legen will, so soll man bedenken, daß er schon 17 Jahre lang aus der Türkei fort ist. Seine Tätigkeit hat den lebhaften Dank der ganzen Türkei gefunden. An dem Zusammen⸗ bruch sind ganz andere Umstände schuld. Ebenso war das von uns gelieferte Material, von dessen Minderwertigkeit die französische Presse sprach, ganz ausgezeichnet. Unser Verhältnis zu England fasse ich etwas anders auf. Ich freue mich, daß zwischen beiden Ländern bessere Beziehungen entstanden sind. Diese sind euch durchaus nötig. Doch darf man ihnen nicht nachlaufen. Das würden die Engländer aus ihrem ganzen Charakter heraus nicht verstehen. Ein großer Teil des englischen Volkes würde es nicht billigen, wenn die englische Politik anderen Kontinentalmächten zuliebe in einen Konflikt mit Deutschland käme. Eine Niederlage Deutschlands würde England so schwere Wunden schlagen, daß sein Nationalwohlstand eiheblich leiden würde. Eine Verständigung mit England ist für uns von dem größten Wert. Dem Staatssekretär gebührt unser Dank, daß er gute Beziehungen zu England unterhält.

Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.): Der Vor⸗ redner hat von der Regierung eine Erklärung über Lanéville verlangt. Das Motiv der Landung zur Vermeidung des Verdachts der Spionage ist anzuerkennen. Möge das internationale Flugrecht bald ge⸗— schaffen werden. Hat sich der Vorfall in Nanch so abgespielt, wie der Staatssekretär voraussetzte, so war sein Auftreten durchaus unanfechtbar. Der Chauvinißmus der Franzosen ist doch viel älter als die Sozlaldemokraten annehmen. Jaures hat immer wieder seinen eigenen Landsleuten zu Gemüte geführt, daß sie durch ihr Verhalten gegen den deutschen „Barbaren“ die Leidenschaften aufgepeirscht haben. Nach der Darstellung der ‚B. 3.“ liegt die Schuld lediglich auf französischer Seite. Kein deutscher Abgeordneter sollte hier etwas bemänteln. Ich bedauere die Kurz- sichtigkeit der deutschen Bureaukratie gegen den Franzosen Compore Morel. Eine gewisse Großzügigkeit wäre hier am Platze gewesen. Bezüglich der ostasigtischen Polltik kann ich sagen: von Bernstein bis zum Fürsten Loewenstein ist man einer Meinung, daß es falsch wäre, noch lange mit der Anerkennung der jungen chinesischen Republik zu warten und noch erst der Frage „näherzutreten“. Die öffentliche Meinung bringt der jungen chinesischen Republik die größten Sympathien entgegen; sie will nicht, daß die deutsche Politik im Schlepptau anderer Regierungen gehe. Wir können die bisherige deutsche Politik gegen China nicht billigen. Der Abg. Oertel hat zu meinem Erstaunen gesagt, wir sollen der amerikanischen Union nicht nachlaufen. Wir wollen niemand nach⸗ laufen, aber wir haben den Verdacht, daß unsere Regierung einer andern Macht nachgelaufen ist, ich will sie nicht nennen. In einem Berliner Blatt stand ein auffallend vernünftiger Artikel, worin es heißt, die Anerkennung der chinesischen Republik durch die Union stärke die Kreditfähigkeit des chinesischen Reiches, und es liege kein Grund für die deutsche Regierung vor, sich nicht der Union anzu— schließen. Die das schreibt, ist die „Deutsche Tageszeitung“ des Abg. Oertel. Erkläre mir Herr Oertel nur Es heißt in dem Artikel, die Regierung möge baldigst mit der Union an die Anerkennung der chinesischen Republik herantreten. Was die deutschen Schulen in China betrifft, so sind die Mittel im Etat dafür jedenfalls vollkommen unzureichend. Deutschland treibt in Ost⸗ asien eine falsche Politik der Passivität. Das beweist die Ab⸗ wesenheit aller deuischer Sachverständigen, mit Ausnahme zweier Dolmetscher. Dem einen hat der Staatssekretär abgeraten, nach China zurückzukehren, weil er politisch dort keine Geschäfte machen könne. Das ist mir vollständig unverständlich. Bis auf einen Mann hatten wir keinen Mann, der Chinesisch konnte. Niemals ist ein solcher Mann notwendiger als in der Zeit der Un⸗ ruhen. Die deutsche Kaufmannschaft beschwert sich mit Recht über den Mangel an Sachverständigen. Daher auch der Wunsch der Verbindung des Konsulats und des diplomatischen Wesens. Nirgends ist diese Verbindung notwendiger als gerade in Ching. Der Staatesekretär wandte sich gegen den Vorwurf, daß die deutsche Diplomatie auf dem Balkan versagt habe. Im Widerspruch steht damit die Erklärung des Kriegsministers, daß die deutsche Diplomatie durch den Ausbruch des Krieges überrascht war. Herr von Wangenheim war bei Ausbruch des Krieges nicht in Kon⸗ stantinopel, und als er zum Botschafter ernannt war, nahm er zu⸗ nächst einen längeren Sommerurlaub. Wir müssen verlangen, da die Diplomatie nicht zu Hofzwecken verwandt wird. Bei geuasbnch des japanisch⸗russischen Krieges war unsere Diplomatie ebenso über⸗ rascht, ebenso bei der Annexion Bosniens 1908 und zuletzt 1912 beim Ausbruch des Balkankrteges. Ein Generalkonsul hat es einmal aus— gesprochen, Herr von Holstein wünsche, daß die Leute draußen klug würden, wenn sie nur seine Aufträge ausführten, wenn sie bloß höhere Briefträger wären. Das ging vielleicht noch zu Bismarcks Zeiten, aber heute geht es nicht. Man hat das Gardeprinzip auf die Diplomatie übertragen. Die bürgerlichen Elemente wissen, daß sie sehr ungern genommen werden, und deshalb melden sie sich nicht zum diplomatischen Dienst. Es herrscht nur eine Stimme, daß die Ver⸗ hältnisse von Grund auf reformiert werden. Die Basis der Zulassung zum diplomatischen Dienst muß geändert werden. Mit einer kleinen Unterstützung unserer Attachss heilen wir bloß Symptome, aber nicht das Uebel selbst. Eine Besserung kann nur geschehen, durch einen vollständigen Systemwechsel. Ohne Ansehen der Person und des Standes müssen die fähigsten Leute zu Diplomaten gemacht werden, wie es in England usw. der Fall ist. Also mit dem bisherigen bureaukratisch-⸗höfischen System muß gründlich gebrochen werden; hier hätte der Reichskanzler eine Aufgabe, nach deren Lösung das deutsche Volk geradezu lechzt. Das Parlament darf nicht rasten und ruhen, bis es diese große Frage im Sinne der Vernunft und des Rechts gelöst hat.

das deutsche und das englische Interesse zusammengeht.

zuführen. Ich

Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Legationsrat Zimmermann: Meine Herren, der Abg. Müller- n . hat sich wieder in langen Ausführungen gegen unsere ostasiatische Politik gewendet. Er ist auf die asten? Vorwürfe zurückgekommen, die er schon in der Budgetkommission vorgebracht bat, und ich bedauere, daß ihn meine damaligen Ausführungen nicht eines Besseren belehrt haben. Zunächst hat er die Frage der An⸗ erkennung der Republit China berührt. Er hat sich mit den gestrigen Ausführungen des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts nicht einverstanden erklärt. Ich wiederhole, die gestrigen Bemerkungen des Staatssekretärs gingen darauf hinaus, wir würden, sobald die Präsidentenwahl vollzogen sei, gern der Frage der Anerkennung näher⸗ treten. Wenn der Abg. Müller in diese Worte hineininterpretiert, daß das nach Art diplomatischer Gebräuche recht lange dauern könne, so ist das eine ganz willkürliche Auslegung. Wir können schnell arbeiten und sind entschlußfähig, Herr Dr. Müller- Meiningen, und werden Ihnen das auch bei dieser Gelegenheit wieder ein⸗ mal beweisen können. Dann hat der Abg. Müller⸗Melningen mir noch vorgehalten, daß wir unserem ersten Dolmetscher in Peking, als er hier in Urlaub war und bei Ausbruch der Unruhen zurück wollte, erklärt haben, er solle hier bleiben, er wäre hier mehr am Platze als in Peking. Ich halte diese meine gestrige Erklärung im vollem Maße aufrecht. In der Tat wäre es ganz deplaciert gewesen, wenn wir zu jener Zeit diesen Beamten nach Peking zurückgesandt hätten. Ich habe betont, daß wir zwei dem Dolmetscherdienst angehörige Beamten in Peking hatten. Ich habe ferner betont, daß zu jener Zeit keine wirkliche Zentralregierung in Peking bestand. Es ging dort alles drunter und drüber. Ob wir über die revolutio⸗ nären Treibereien etwas mehr oder weniger hörten, war vollständig gleichgültig. Darauf kam es uns nicht an. An den einzelnen Plätzen und Häfen, wo wir Interessenten haben, waren unsere Konsuln zur Stelle. und haben nach wie vor sich unferer Jateressen angenommen. Für di jenigen Sachen aber, die etwa durch die Gesandtschaft zu ver— treten waren, also Reklamationen usw., war in Peking keine Zentrale da, mit welcher man verhandeln konnte. Der betreffende Beamte, der hier seinen Urlaub verbrachte, war tatsächlich des Urlaubs be— dürftig, und ich habe deshalb darauf bestanden, daß er auch seine Urlaubszeit hier vollständig verbrachte, daß er nicht etwa zurückkehrte und erst, sobald eine Beruhigung der Verhältnisse eingetreten war, den Dienst von neuem aufnahm. Wir haben über die Berichterstattung aus Peking während dieser Zeit nicht zu klagen gehabt. Wir sind durchaus gut berichtet gewesen, wenn bielleicht auch nicht so gut wie der Abg. Dr. Müller— Meiningen, der seine Berichierstattung auf Tratsch und Klatsch aus Schanghaier Klubs aufbaute. Der Abg. Dr. Müller Meiningen hat dann noch betont, daß es sich empfehle, unsere Gesandten aus dem Konsulatsdienst zu wählen. Auch dieser freundlichen Auf— forderung sind wir längst zuvorgekommen. Ich erinnere daran, daß der Gesandte von Ketteler dem chinesischen Konsulatsdienst an? gehörte und aus ihm bervorgegangen war, und ebenso daran, daß der setzige Gesandte ein Mitglied des Konsularkorps gewesen ist und eben— falls aus ihm hervorgegangen ist. In der Anleihefrage gehen wir mit den anderen Mächten zusammen, und das scheint uns auch recht praktisch zu sein; denn daß wir allein diese Anleihe nicht geben können, wird auch dem Abg. Dr. Müller wohl einleuchten. Es handelt sich um einen Betrag von 25 Millionen Pfund, der von Deutschland allein, trotz aller Freundschaft, die wir China entgegen⸗ jubringen geneigt sind, nicht gewährt werden kann. Der Abg. Dr. Müller⸗Meiningen hat sich dann darüber aufgehalten, daß unsere diplomatischen Vertreter zu wichtigen Zeitpunkten nicht auf ihrem Posten seien. Ja, meine Herren, die Beamten sind eben auch nur Menschen und brauchen auch Urlaub und Erholung, und wenn wir damals z. B. unseren Botschafter von Wangenheim nicht sofort von Athen nach Konstantinopel gesandt haben, so lag das daran, daß wir Wert darauf legten, ihn erst hier zu begrüßen und ihn zu informieren über die Aufgaben, die ihn in Konstantinopel erwarten würden. Ich glaube, das ist vom Standpunkte der Zentralleitung verständlich und wird auch dem Abg. Dr. Müller⸗Meiningen einleuchten. Sonst habe ich weiter nichts zu den gemachten Ausführungen zu bemerken.

. Vijepräsident Dr. Paasche: Ich habe den Unterstaatssekretär nicht unterbrochen; aber es scheint mir doch nicht am Platze, Ab— geordneten, dle gewissenhaft auf Grund von Informationen ihre Aus⸗ führungen machen, vorzuwerfen, daß sie das auf Grund von Klatsch und Tratsch tun.

Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Legationsrat Zimmermann: Ich weiß nicht, oh eine derartige Kritit eines Vertreters der Bundesregierung dem Präsidenten zusteht. Vizepräsident Dr. Paasche: Ich habe keine Kritik geübt, sondern nur den Wunsch ausgesprochen, daß solche Aeußerungen nicht stattfinden.

Abg. Herzog (wirtsch. Vgg.): Wir können uns mit der Er— klärung der Regierung über den auswärtigen Dienst zufrieden geben. Wir hoffen, daß die deutsche Stimme künstig mehr Gewicht haben wird als früher. Leider gab es eine Zeit, wo wir uns gewisser— maßen in der Rolle des Beschützers des Weltfriedens gefielen. Das war eine sehr undankbare Rolle. Wir wollen hinter unseren Verbündeten stehen. Das Zusammengehen Deutschlands mit England in der Balkanfrage wird dazu beitragen, die Erkenntnis zu ver— bessern, daß es ungeheuer viele Punkte in der Welt gibt, wo Hoffent⸗ dazu beitragen, ein

Verhältnis zwischen beiden Nationen herbei— ü möchte die Regierung davor warnen, sich in die inneren Verhältnisse souveräner Staaten einzumischen, wie es der Abg. Bernstein geraten hat, der verlangt hat, daß Rumänien den Juden die Rechte gewähre, die ihnen nach dem Berliner Vertrage zustehen. Das ist eine rein rumänische Frage. Man kann sie nur beurteilen, wenn man genau betrachtet, welchen Einfluß die Juden auf die wirtschaftlichen Verhälinisse Rumäniens haben. Rumänien hat seit langen Jahren eine durchaus freundschaftliche Stellung zu Deutschland und zum Drelbunde eingenommen. Wir haben nicht so übermäßig viele Freunde in der Welt, daß man das außer acht lassen könnte. Es ist mir versichert worden, daß Trlest in Gefahr stehe, daß Rumänien die deutschen Interessen zurückoränge. Ich denke natürlich nicht an eine diplomatische Aktion. Es muß ein wirt— schaftliches Gebiet gebildet werden von der Nordsee bis zur Adria. Die Ausbildung unserer auswärtigen Vertreter muß außer kauf— männisch und wirtschaftlich auch kolonialpolitisch gefördert werden. Hoffentlich wird künftig den deutschen Schulen in China, auch den Nissionsschulen, eine größere Förderung zuteil Der Resolution über die diplomatische Karriere stimmen wir selbstverständlich zu. Es 16 allen Kreisen der Zugang offen stehen, die dazu fähig sind. J den Nancyer Fall würde ich nicht einnehen, wenn ihn der Arg. Ledebour nicht in einer Weise erörtert hätte, die Widerspruch ervorrufen muß. Ich bin erstaunt, daß er den französi—⸗ chen Chauvinismus auf die Wehryvorlage zurückführte. Der Chauvinitzmus in Frankreich war schon vor dieser Vorlage 6 groß, daß wir unsere Rüstungen verstärken mußten. Der Abg. Ledebour bat Ürsache und Wirkung verwechselt. Ueber⸗ wiegende Teile Frankreichs, auch der gebildeten Kreise, sind erfüllt von diesem Ghaupinismuß, von dem RNevanchegedanken, ban Lem Gedanken, daß Deutschland etwas gutzumachen habe. Das st Gemeingut fast aller gebildeten Kreise, darüber, dürfen wir uns nicht taͤuschen. Wie hätte es fonst vorkommen können, daß eine. parade. Aaballerieattacke kurzlich abgebrochen wurde, mit dem Ruf; à Berlin! Franösische Behörden, Offiziere und Beamte haben nicht dat Nötige getan, um das Verhalten des Publikums in Naney zu berhindern. So etwas geschleht in einem Lande, das auf seine Kultur so stolz ist. Bei ung wörde das nicht vorkommen, wir würden in inem ähnlichen Falle Ausländer schützen. Hoffentlich wird die eng—⸗ lische kühl denkende Bevölkerung daraus die Lebre ziehen, wie ge⸗ sähllich der Repanchegedanke ist Das deutsche Volk ist auf seine nationale Ehre nicht minder stolz wie das französische.

Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.): Mann, kann dem Staats— sekretär zufsimmen / daß man Nich über die Vorgänge in Naney erst

lich wird diese Erkenntnis

dauerndes gutes

wachsen und

ein Urteil wird bilden können, wenn sie vollständig aufgeklärt sind. Ich hoffe aber, daß diese Vorfälle in den vernünftigen i . hin. reichs zum Nachdenken anregen werden. Es kann nicht geleugnet werden, daß in den französischen Grenzbezirken Erscheinungen' zu Tage treten, die dem Wirken des Chauvinismus in Rechnung zu stellen sind. Wir erwarten, daß die verbündeten Regierungen uns über den Vorfall die nötige Aufklärung geben und alles tun werden, um die Interessen unserer Landsleute wahrzunehmen. Der Lunévlller Zwischenfall sollte jedenfalls den Anstoß geben, das internationale Laftrecht zu regeln. Gleichzeitig bitten wir, die Ergebnisse der Verhandlungen in Paris über die Regelung der Verhäitnisse auf dem Balkan uns bis zum Herbst in einem Weißbuch niederzulegen, damit wir nicht wieder auf Gerüchte angewiesen sind. In Ostasien stehen für uns große JInteressen auf dem Spiele. Ich hätte es für wünschenswert gehalten, wenn wir das neue Parlament der chinesischen Republik von hier aus begrüßt hätten. China kann uns mehr als Sperrforts an unserer Ostgren,e durch seinen Einfluß auf Rußland nützen. Es ist zu hoffen, daß wir, wie wir aus den Erklärungen des Staatssekretärs schließen müssen, im Osten im Konzert der Mächte den Taktstock einmal selbst in die Dand nehmen und in der Anerkennung der neuen Republik vorangehen. Der Unterstaatssekretär Zimmermann hat erklärt, daß zwar zwischen dem Hutuchtu und dem Dalgi Lama ein Vertrag abgeschlossen Li, daß sich, aber sein Inhalt der Oeffentlichkeit entziehe. Es ist bedauerlich, daß der Inhalt nicht zu unseren Ohren gedrungen ist. Hoffentlich bleibt es nicht bei di⸗sem Ignorabimus, fonst würde ich mich veranlaßt sehen, bei der dritten Lefung den Vertrag auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Der Abg. Müller-Meiningen ift nicht willkürlich verfahren, wenn er bei der oft erfahrenen Langsamkeit der diplomatischen Maschinerie den Erwägungen nicht recht traute. Es wird genug darüber Klage geführt, wie mangelhaft unfere Ver— treter die Interessen der deutschen Kaufleute im Auslande wahrnehmen. Ein deutscher Kaufmann kritisiert mir gegenüber die Tatigkeit unseres Ministerresidenten in Lima in einer Weise, daß ich fie hier nicht gut wiedergeben kann. Es ist auf jeden Fall bedauerlich, wenn dieser nicht so viel Geschicklichkeit hatte, einen brauchbaren Handelsvertrag durchsetzen zu können. Was nützt uns unser Streben, das Deutschtum im Auslande zu unterstützen, wenn dieser Minister⸗ resident erklärte, er hahe kein Geld für den deutschen Schulverein übrig. Das sind keine Zustände, das sind Mißstände. Bieser Herr hat die Heiterkeit von ganz Peru hervorgerufen. Es ist dort Sitte, einen Ausverkauf durch Aufziehen einer Flagge wie bei uns den Ver— kauf von frischer Wurst anzuzeigen. Diese Flagge hat er bei seinem Abgange an Kaisers Geburtstag direkt neben die Reichsfahne gesetzt. Der Staatssekretär hat uns ja allerlei Aenderungen in Aussicht gestellt. Hoffentlich gelingt es ihm, diese zu verwirklichen.

Unterstaatssekretaͤr im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Legationsrat Zimmermann: Meine Herren, in meinen Aus— führungen gegen den Abg. Dr. Müller-Meiningen habe ich die Gewissenhaftigkeit der Prüfung der ihm zugegangenen Informationen nicht im entferntesten in Zweifel ziehen wollen. Das möchte ich aus— drücklich hetonen. Ich habe in meinen Ausführungen nur den ob— kt iven Wert dieser Informationen kritisieren wollen; und diese Kritik müssen Sie mir gestatten und muß ich mir jedenfalls immer vorbehalten. Im übrigen möchte ich mit einigen Worten auf die Ausführungen des Abg. Pfeiffer zurückkommen. Er hat gesagt, daß ich in der Budgetkommission erklärt hätte: wir haben keine Kenntnis von dem Vertrage des Hutuchtu von der Mongolei mit dem Dalat Lama von Tibet. Offiziell haben wir in der Tat keine Nachricht; denn wie sollten wir dazu kommen? Wir sind weder bei dem Hutuchtu in Urga, noch bei dem Dalai Lama in Tibet vertreten. Wir haben aber die⸗ selbe Nachricht, die, der Abg. Pfeiffer uns für die drit!e Lesung des Eiats offenbar in Aussicht stellt. Es ist ein Abdruck des Vertrages aus der Peking Gazette. Der liegt uns auch vor. Ob er authentisch ist, weiß ich nicht. Dort sagen sich die heiden Teile gegenseitg Unterstüßung zu, erkennen ihre Unabhängigkeit an, sagen sich freie Religionzübung zu ꝛc. Unsere Interessen sind, wie ich Ihnen nur wiederholen will, in Tibet fowohl wie in der Mongolei, darauf ge— richtet, unserm Handel die offene Tür zu erhalten. In dieser Be— ziehung bitte ich, die Versicherung mitzunehmen, daß wir es nicht daran fehlen lassen, uns in der Tat diese offene Tür zu erhalten. Dann hat der Abg. Pfeiffer noch unserer Vertretung in Lima gedacht. Ich glaube, er befindet sich da in einem Irrtum, wenn er meint, daß es unserm Gesandten nicht gelungen wäre, den Handels- vertrag abzuschließen. Der Handelsvertrag ist in der Tat von dem Gesandten mit der Regierung abgeschlossen worden. Es fehlt aller— Rings die Zustimmung des Parlaments. Das Parlament tritt im Juli dieses Jahres zusammen. Hoffentlich wird es der Regierung gelingen, das Parlament zur Annahme des Vertrages zu bewegen. Dann hat der Abg Pfeiffer noch eine Reihe von Beschwerden gegen unseren dortigen Vertreter vorgebracht. Das Material liegt mir nicht vor, ich bin aber gern bereit und kann es auch namens des Auswärtigen Amtes zusagen —, daß es sorgfältig geprüft werden wird, sobald es der Abg. Pfeiffer uns übergeben hat.

Abg. Dr. Paasche (ul): Wenn alle die Versprechungen in

Erfüllung gehen, und wenn die Regierung so vorgeht, dann werden wir ihr sicher die nötigen Mittel zur Verfugung stellen. Gerade in der Diplomatie sollte man am wenigsten sparen. Wer seit Jahren diese Beratungen verfolgt hat, und ganz besonders die Etals des Aus— wärtigen Amtes sich ansieht, der wird sicher bemerken, daß man hier am unrechten Orte gespart hat. Hier soll man nicht immer fragen, ob man etwas herausstreichen kann. Hier soll man von dem Gesichts⸗ punkte ausgehen, was im Interesse unserer Vertretung im Auslande notwendig ist. Hat man das erkannt, dann müssen die Mittel be— willigt werden. Hier darf nicht kleinlich vorgegangen werden. Unsere Stellung im Auslande hängt wesentlich davon ab, mit welchen Mit⸗ teln das Auswärtige Amt arbeiten kann. Es ist ja von allen Seiten gesagt, worden, daß unser diplomatischer Dienst dafür zu sorgen hat, daß die gesamten wirtschaftlichen Interessen des Volkes draußen ge⸗ wahrt werden. Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser und jenseits des Wassers. Dieses alte Wort ist doch wahr. Alles zwingt uns, Weltpolitik zu treiben. Unserm Vorschlage, die Vorbildung für die höhere Konsular⸗ und diplomatische Karriere auf eine gemeinsame brei⸗ lere Basis zu stellen, sollte der Staatssekretär doch ein noch größeres Wohlwollen entgegenbringen. Die Verhältnisse im fernen Osten haben in der Debatte eine beträchtliche Rolle gespielt. Was China betrifft, so kann ich aus eigener persönlicher 4 bestätigen, daß der junge Attachs, der erst vor wenigen Jahren sein Referendarexamen gemacht hatte, in Peking wirklich nicht die Autorität beanspruchen konnte, wie der englische, des Chinesischen durchaus mächtige General⸗ konsul. Man sollte sich dazu entschließen, die n . arriere als eine selbständige aufzufassen; es ist nötig, wenn unsere . in Ching wirklich wahrgenommen werden sollen, daß dann unsere Vertre⸗ ter mit dem Volke 9 in Verkehr treten können. Was für China gilt, gilt auch für Südamerika. In China sollte auch die Stellung der Dolmetscher verbessert werden. Man verlangt von ihnen dieselbe Vorbildung wie für die Diplomaten, aber sie können nicht vorwärts kommen; man sollte ihnen die ganze Konsulatskarriere eröffnen. Viel⸗ fach wird geklagt, daß die Herren vom diplomatischen Bienst keinen eigentlichen Heimatsurlaub haben wie unsere Kolonialbeamten; sie müssen darum einkommen und die 66 auf . Kosten machen. Sind die Dolmetscher nicht wohlhabend, dann können sie auch bon dieser Befugnis nicht einmal Gebrauch machen. Ferner muß doch das Reich für die Unterbringung seiner diplomatischen Vertreter und der Berufskonsuln * genügend Terrgins zur Verfügung haben. In dieser . muß der Vorschlag befürwortet werden, den Gesandt⸗ schaftskonsulaten die Berechtigung zu geben, geeignetes Terrain, wenn es sich bietet, ohne den ö über die heimatlichen Instanzen zu er⸗ werben. Für die deutschen Schulen, namentlich in China und Ja⸗ pan, muß viel mehr als bisher geschehen. Wir wollen keinen Gebieks⸗ zuwachs in China, aber wir wollen den Konkurrenzkampf mit den andern Ländern auf chinesischem Boden bestehen können. Hier in Ching handelt es sich darum, die Chinesen durch diese Schulen für deutsche Interessen i erziehen und zu gewinnen und dadurch all⸗ mählich einen Einfluß auf das geistige Leben Chinas auszuüben,

damit wir nicht den andern Nationen gegenüber, namentlich den Ame⸗ rikanern gegenüber, ins Hintertreffen kommen. Dabei werden wir uns in erster Linie an die Missionsschulen anlehnen müssen; dann werden Mittelschulen zu errichten sein, und die Spitze mag vorerst die Hoch- schule in Tsingtau bilden. Auch in Japan wird das Interesse für das Deutschtum in den regierenden Kreisen jetzt viel lebhafter; hier wird in ähnlicher Weise vorzugehen sein. In Tokio ist zu meiner Freude vor, wenigen Tagen eine deutsche Hochschule eröffnet worden. Deutsche Männer sind es, die sie geschaffen haben; gleichviel, ob sie Jesuiten sind oder nicht.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wirklicher Ge⸗ heimer Rat von Jagow:

Meine Herren! Der Herr Präsident hat vorhin meiner Ver⸗ wahrung gegen Angriffe auf den Zaren die Bemerkung folgen lassen, daß mit seinem Ordnungsruf die Angelegenheit hier ausscheidet. Ich bin mir nicht darüber im Zweifel gewesen, daß mit dem Ordnungs⸗ ruf des Herrn Präsidenten die Sache für das hohe Haus erledigt ist; ich habe selbst auf diesen Ordnungsruf Bezug genommen. Ich muß aber für mich in Anspruch nehmen, auch meinerseits gegen Aeußerungen Verwahrung einzulegen, welche ich für unsere auswärtige Politik als schädlich erachte, und deren Abwehr auch vom Regierungs⸗ tisch im Interesse der Pflege dieser Beziehungen zu liegen scheint. (Beifall rechts.)

Abg. Dr. We i ll Soz.): Ich möchte mich dagegen wenden, daß aus diesem einzelnen Vorkommnis in Nanch allgemeine Schluß— folgerungen gezogen werden, daß man daraus auf ganz Frankreich schließt. Die Pariser Presfe hat deutlich und mit voller . gegen die Ausschreitungen in Nanch Stellung genommen. erade Nancy ist ausgezeichnet durch einen außerordentlich starken chauvinisti= schen Geist, unsere Partei weiß das aus Erfahrung. Man hat bei den Frörterungen uͤber die Militärvorlage den Ehen n en e. in ö in seiner Bedeutung und in seinen Wirkungen überschätzt. Allerdings spricht man in gewissen , Kreisen mit Vor⸗ liebe von der Unterdrückung der annektierten Bevölkerung, von der Notwendigkeit seiner Befreiung, aber diese wenigen Elemente haben auf die französische öffentliche Meinung selbst nur einen ganz geringen Einfluß, wie sich bei den letzten Gemeinderatswahlen in Paris gezeigt hat. Das Argument, daß Elsaß⸗Lothringen befreit werden müsse, ist gerade in der letzten Zeit wirkungsvoll bon den Elsaß⸗Lothringern selbst zerstört worden. Ich verweise auf die Mülhauser Kundgebung und auf Aeußerungen hervorragender Politiker in dem Pariser Organ der Sozialdemokratie. Was die Elsasser wünschen, ist nicht der Krieg, sondern die Schaffung der Autonomie, der Selbstregierung und Selbstverwaltung. Davon wollen allerdings die eingewanderten Deut⸗ . nichts wissen. Diese alldeutschen Nationalisten sind nicht minder

chlimm und volksfeindlich wie die Franzosen. Wie ängstlich man in den Regierungskreisen vor der Gewährung eigentlich selbstverständlicher Rechte ist, beweist die Tatsache, daß es in Elsaß-Lothringen noch nicht einmal, ausländische Konsulate gibt. Man befürchtet wohl, es könnte auch einmal die Trikolore aufgezogen werden. Die Autonomie be⸗ trachten wir nicht als ein besonderes Geschenk, als eine Gnadengabe, 1 als die Erfüllung eines Rechtsanspruches, den die Elsaß— dothringer haben, seitdem sie deutsche Reichsangehörige sind.

Abg. Ahlborn kJ Ich möchte Ihre Auf⸗ merksamkeit auf die Uebergriffe hinlenken, die sich n, Marokkaner gegen Reichsdeutsche haben zuschulden kommen laffen. Die Regierung hat die strenge Bestrafung der Schuldigen nicht nur gefordert, sondern auch durchgesetzt. Die wirtschaftliche Gleichberechti⸗ gung, die uns in Marokko Eißescst ist, tritt leider nicht überall in die. Erscheinung. Nach der Algecirasakte sollen die Hafenbauten im freien Wettbewerb vergeben werden. ir ist aber mitgeteilt worden, daß der eine Hafen ohne jede Konkurrenz von französischen Unter— nehmern ausgeführt ist. Es handelt sich hier um eine vollzogene Tat⸗ sache. Hier ist also die wirtschaftliche Gleichberechtigung nicht durch⸗ . Den Bau strategischer Bahnen hat sich Frankreich vor⸗

ehalten; dagegen läßt sich nichts sagen. Aber welche Bahnen sind strategischer Natur, und wer bestimmt darüber? Die Bahn Casa— blanca Rabat ist bereits für eine strategische Bahn erklärt worden. Die Spanien sind in 3 Beziehung nicht so engherzig. Sie haben hereits den Bau einer Bahn einer deutschen Firma übertragen. Die Lade, und Löschverhältnisse sind an der marokkanischen Küste niemals ideal gewesen, davon habe ich mich selbst überzeugen können, sie sind unter französischer Herrschaft noch schlechter geworden. Die deutschen Schiffe werden gegenüber den französischen sehr zurückgesetzt, und die deutsche Regierung läßt es an der nötigen Unterstützung der deutschen Schiffahrt und Handel treibenden Kreise fehlen; so behaupten die Interessenten. Im Auswärtigen Amt hofft“ man, daß durch den Ausbau der Häfen die Verhältnisse gebessert werden; man wird viel= leicht hoffen, bis die deutsche Schiffahrt dort jeden Boden verloren hat. Dem deutschen Marokkohandel erwächst daraus unermeßlicher Schaden. Der Redner geht dann noch auf die französische Fremden⸗ legion und guf deren Werbetätigkeit innerhalb 3 ein und fordert die Regierung zu größerer Energie in der Wahrung der Inter⸗ essen der Betroffenen auf.

Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Legationsrat Zimmermann: Ich möchte einige ö des Herrn Abgeordneten sofort beantworten. Er hat die Fälle Stößel und Ficke hier zur Sprache gebracht und hat die Hoffnung , daß wir in diesen Fällen unsere Interessen wahren werden. Wir haben selbstverständlich diese Fälle schleunigst bei den französischen Behörden zur Sprache gebracht, und ich kann mitteilen, daß der Fall Fäcke nach einem Telegramm aus Casablan ea bereits in befriedigender Weise seine Erledigung gefunden hat. Sie wissen, es handelte sich da um folgenden Fall: Als eine Soldatenkapelle am Sonnabend nach Haufe zog, wurde sie mit Steinen beworfen, und zwar gerade in der Nähe des Hauses des deutschen Reichsangehörigen Ficke. Es wurde dann von dem Pöbel ein Eingeborenenladen gepländert; gleichzeitig sind bei dem Auflauf einige Steine in das Haus Fickes geworfen worden, sie zertrümmerten dort Fensterscheiben und andere Glassachen. Unser Konsul hat die Sache sofort bei seinem französischen Kollegen zur Sprache . und die Unter⸗ suchung beantragt. Diese ist erfolgt. Nach dem erwähnten Tele⸗ gramm ist der Kapellmeister mit 8 Tagen Arrest und ein Soldat mit 8 Tagen Gefängnis bestraft worden. Eine Zeitung hatte sich in Casablanca sehr ungünstig über diesen ganzen Vorfall ausgesprochen. Als der Chefredakteur dieser Zeitung er war zufällig abwesend gewesen nach Casablanca zurückkam, hat er motu proprio dem Herrn Ficke ö Bedauern über di se abfällige Kritik ausgesprochen. Im Falle Stößel haben wir uns durch eine Ver⸗ einbarung mit der französischen Regierung dahin verständigt, daß die beiderseitigen Konsuln in Casablanca die Sache untersuchen sollten. Das Material liegt jetzt vor und wird von den beiderseitigen Regierungen geprüft. In einigen Punkten hat die franjösische Regierung unseren Standpunkt anerkannt, und ich hoffe, daß die Sache in kurzem (ine befriedigende Erledigung finden wind. Dann hat der Abgeordnete Ahlhorn die Hafenfrage in anne, einer Kritik unterzogen. Es scheint, als ob dieser Hafen jetzt ausgebaut werden soll. Wir betonten der französischen Regierung gegenüber, daß hierbei die Adjudikationsbestimmungen zu berücksichtigen * Die Angelegenheit schwebt noch; aber ich hoffe, daß sie eine befriedigende Lösung finden wird. Daß dete Hafenverhältnisse in Marokko viel zu wünschen übrig lassen, ist neulich schon zur Sprache gekommen. Wir lassen es an energischen Vorstellungen in dieser . e nicht fehlen. Ich kann selbstverständlich einen Termin für die ö nicht in Aussicht stellen; ich hoffe aber, daß es unseren nachdrücklichen Vor⸗ stellungen gelingen wird, diesen Teimin möglichst in die Nähe zu rücken. Dann die Frage der Fremdenlegion. Da hat der Abgeordnete Ahlhorn zugegeben, daß jetzt die Sache energischer betrieben wird, als es früher der Fall gewesen ist. Ich möchte doch betonen, daß wir an dieser Frage nicht allein beteiligt sind. Soweit es sich um Anwerbungen im Inlande handelt,