1913 / 107 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 May 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Landwirtschaftliche Kreisversuchsstation und öffentliche Untersuchungs— anstalt für Nahrungs- und Genußmittel in Speyer,

Landwirtschaftliche Krelsversuchzstation für Mittelfranken in Triesdorf,

Könialich württembergische landwirtschaftliche Versuchsstation in

Hohenheim, ö dnn, Versuchsstation für das Großherzogtum Hessen in

Darmstadt,

Landwirtschaftliche Versuchsstation zu Rostock (Mecklb.), Agrikalturchemische Abteilung der Großherzoglich sächsischen landwirt— schiftlichen Versuchsstation an der Unwersität Jena in Jena,

Herzozlich anhaltische Versuchsstation in Bernburg, Landwirtfchaftliche Versuchsstation der Landwirtschaftskammer für das Herjogtum Braunschweig in Braunschweig, Eiermarkt 6. Handelschemiker. Dr. Willi Krüger in Magdeburg. Bahnhofstraße 12, Dr. Philipp Loͤhr in Magdeburg, Adolf Peters in Magdeburg, angestellt für den Bezirk der Handelskammer zu Magdeburg, Professor Dr. Adolf Kreuß, Privatdozent an der Kaiser Wilhelms— Universität in Straßburg i. Els., bestellt als Sachoerständiger für den Bezirk des Kaiserlichen Landgerichts in Straßburg i. Els.

Die Befugnis dieser Versuchsanstalten und öffentlichen Handelschemiker zur Ausführung von Kalisalzanalysen im Sinne der eingangs erwähnten Vorschriften erstreckt sich auf das ganze Reichsgebiet.

Berlin, den 4. Mai 1913.

Der Reichskanzler. Im Auftrage: Richter.

Flaggenzeugnisse sind erteilt worden:

1) von dem Kaiserlichen Konsulat in Sunderland unter dem 10. April 1913 dem in Sunderland aus Stahl neu er— bauten Dampfschiffe „Nordmark“ von 3162783 Registertons Nettoraumgehalt nach dem Uebergang in das ausschließliche Eigentum der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesell⸗ schaft in Hamburg, welche Hamburg als Heimatshafen des Schiffes angegeben hat;

3 von dem Kaiserlichen Konsulat in Cardiff unter dem 16. April 1913 dem im Jahre 1903 in Sunderland aus Stahl erbauten, bisher unter brilischer Flagge und unter dem Namen „Portland?“ gefahrenen Dampfschiffe „Ida Zelck“ van 1799,20 Registertons Nettoraumgehalt nach dem Uebergang in das ausschließliche Eigentum des deutschen Reichsangehörigen Otto Ferdinand Ludwig Hans Zelck in Rostock, welcher Rostock als Heimatshafen des Schiffes angegeben hat;

3) von dem Kaiserlichen Vizekonsulat in Groningen unter dem 17. April 1913 dem im Jahre 1913 in Waterhuizen aus Stahl neu erbauten Gaffelschoner „Hermann“ von 100,40 Registertons Nettoraumgehalt nach dem Uebergang in das aus⸗ schließliche Eigentum des deutschen Reichsangehörigen Peter Wilhelm Engellandt in Breiholz, welcher Hamburg als Heimats— hafen des Schiffes angegeben hat.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: auf den Vorschlag des Magistrats in Damgarten den Dr. jur. Karl Anklam in Landsberg a. W. zum Bürger⸗ meister der Stadt Damgarten auf eine zwölfjährige Amtsdauer zu ernennen.

B m betreffend die Auflösung des Hauses der Ab— geordneten und die Vertagung des Herrenhauses. Wir Wilhelm, Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc., verordnen auf Grund der Artikel 1 und urkunde vom 31. Januar 1850 auf den ministeriums, was folgt:

von

77 der Verfassungs⸗ Antrag des Staats—

. Haus der Abgeordneten wird hierdurch aufgelöst. ; . Herrenhaus wird hierdurch vertagt. 83. Das Staatsministerium wird mit der Ausführung dieser Verordnung beauftragt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Wiesbaden, den 7. Mai 1913. Wilhelm k. von Bethmann Hollweg. von Tirpitz. Delbrück. Beseler von Breitenbach. Sydow. von Trott zu Solz. von Heeringen. Freiherr von Schorlemer. von Dallwitz. Lentze.

Das

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der Gewerbereferendar Reddig aus Danzig hat die Ge— werbeassessorprüfung bestanden, ist zum Gewerbeassessor ernannt und der Gewerbeinspektion Stralsund als Hilfsarbeiter über⸗ wiesen worden.

Ministe rium für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten.

; Regierungsbaumeister Gustav Richter ist zum Vor⸗

steher der Abteilung für Meliorationswesen am Kaiser Wil⸗

helms⸗Institut für Landwirtschaft in Bromberg ernannt worden.

Die Oberförsterstelle Lissa im Regierungsbezrk zsen, welche aus Teilen der Oberförsterei Mauche und der rrschaft Reisen neugebildet wird und ihren Amtssitz (ohne nstwohnung) in Lissa haben wird, ist zum 1. Juli 1913 zu tzen. Bewerbungen müssen bis zum 20. Mai d. J. ein⸗ en.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts—

angelegenheiten.

Der mit der Wahrnehmung einer Justitiar⸗ und Ver— ungsratstelle bei dem Provinzialschulkollegium in Mänster aute Gerichtsassessor Dr. Gustav Ehrlicher ist bei seiner ernahme in die Verwaltung der Provinzialschulkollegien zum

Den Dozenten an der Handelshochschule in Cöln, Rechts⸗ anwälten Justizrat Gammersbach und Dr. Flechtheim ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Bekanntmachung.

Die Turn- und Schwimmlehrerinnenprüfung, die im Herbst 1913 an der Königlichen Landesturnanstalt in Spandau abzuhalten ist, wird am Montag, den 22. September 1913, Vormittags 9 Uhr, beginnen.

Unter Bezugnahme auf meinen Erlaß vom 1. November 1906 U III A 3209 2c. weise ich ausdrücklich darauf hin, daß zu dieser Prüfung nur in der Provinz Brandenburg oder in einer solchen Provinz wohnende Bewerberinnen zuge— lassen werden, in der eine Prüfungskommission für Turn— lehrerinnen noch nicht besteht. Ausnahmen von dieser Be⸗ stimmung sind nur zulässig, wenn die bezüglichen Anträge durch besondere Verhältnisse, z. B. durch den Ort der Aus⸗ bildung für die Prüfung, begründet sind. Meldungen der in einem Lehramte stehenden Bewerberinnen sind bei der vorgesetzten Dienstbehörde spätestens bis zum 30. Juni d. J., Meldungen anderer Bewerberinnen bei der⸗ jenigen Königlichen Regierung, in deren Bezirk, die Betreffende wohnt in Berlin bei dem Herrn Polizeipräsidenten —, ebenfalls bis zu diesem Tage anzubringen, Ist der Aufenthaltsort der Bewerberin zur Zeit ihrer Meldung nicht ihr eigentlicher Wohnsitz, so ist auch der letztere anzugeben. Die Meldungen können nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie genau der Prüfungsordnung vom 15. Mai 1894 entsprechen und mit den im 8 4 derselben vorgeschriebenen Schriftstücken ordnungsmäßig versehen sind. .

Bei denjenigen Bewerberinnen, die eine lehramtliche Prüfung noch nicht abgelegt haben, erstreckt sich die ö Prüfung auch auf die Kenntnis der wichtigsten Erziehungs⸗ und Unterrichtsgrundsätze. ö. In dem Gefuche ist anzugeben, ob die Bewerberin sich zum ersten Male zur Prüfung meldet, oder ob und wann sie sich bereits der Turnlehrerinnenprüfung unterzogen hat. Die über Gesundheit, Führung und Lehrtätigkeit beizu— bringenden Zeugnisse müssen in neuerer Zeit ausgestellt sein. Aus dem ärztlichen Zeugnis muß hervorgehen, daß die be— treffende Bewerberin körperlich zur Turnlehrerin ge— eignet ist. Das Zeugnis über die Turn- bezw. Schwimmfertigkeit ist von der Ausstellerin eigenhändig zu unterschreiben. Die Anlagen jedes Gefuches sind zu einem Hefte vereinigt einzureichen.

Berlin, den 21. April 1913. Der Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten. J. V.:: von Chappuis.

Aichlamtliches, Deutsches Reich.

Preußen. Berlin. 7. Mai 1913.

Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen sind zu Seinem 31. Geburtstage aus allen Teilen der Bevölkerung des Deutschen Reichs und darüber hinaus wieder so außerordentlich zahlreiche Glückwünsche zugegangen, daß es Höchstdemselben unmöglich ist, jeden einzelnen zu beantworten. Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit lassen daher durch das unterzeichnete Hofmarschallamt allen denen, die Seiner so freundlich gedachten, auf diesem Wege für die erwiesene Aufmerksamkeit bestens danken.

Danzig-Langfuhr, den 6. Mai 1913.

; Hof marschallant

Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen.

Der Königlich belgische Gesandte Baron Beyens ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 5. d. M. S. M. S. „Geier“ in Alexandrette, S. M. S. „Iltis“ in Futsch 8. m 8 6 dler“ in Mafia eingetroffe Futschau und S. M. S. „Seeadler“ in Mafia eingetroffen.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrichten über den Saatenstand am Anfang des Monats Mai 1913 veröffentlicht.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Gestern nachmittag fand im Goldenen Saale des Groß— herzoglichen Schlosses in Schwerin in Gegenwart Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs von Mecklen— burg-Schwerin und des Erbgroßherzogs von Mecklen— burg-Strelitz die Eröffnung des außerordentlichen Landtages beider Mecklenburg statt, der zur Beschlußfassung über die neue Vorlage zur Abänderung der mecklenburgischen Verfassung einberufen ist. Nach dem Bericht des „W. T. B.“ verlas Seine Königliche Hoheit der Großherzog die ihm vom Staatsminister Grafen von Bassewitz überreichte Thronrede, in der er auf die neue Verfassungsvorlage verwies, durch die seine landesherrlichen Rechte erheblich beschränkt würden, und erklärte, er erwarte von der Ritterschaft und der Landschaft die gleiche Entsagung. Sodann verlas Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Mecklen— burg-Strelitz im Auftrage des Großherzogs von Mecklen⸗ burg-Strelitz eine Thronrede, die sich in ähnlicher Weise aus— sprach.

Nach ber Eröffnungsfeier fand die erste Sitzung im Konzertsaal statt. Es wurde eine Note der beiden Regierungen überreicht, in der sich diese bereit erklärten, über die Einzel⸗ heiten der Verfassungsvorlage in kommissarisch⸗deputatische Ver⸗ handlungen einzutreten. Die Beschlußfassung, ob das Aner⸗ bieten anzunehmen sei, sowie die Beratung der Frage, ob überhaupt ein Komitee gewählt werden solle, wurden ausgesetzt. Die Stände werden erst heute vormittag unter sich beraten; nachher soll eine gemeinsa me Sitzung stattfinden.

Oesterreich⸗Ungarn. ö. In der Verzichterklärung des Königs Nikolaus auf Skutari ist, wie nachzeiner Meldung des . t, von zuständiger Seite in Wien betont wird, von irgendwelchen Bedingungen oder dem Vorbehalt des Beschlusses der Skupfchting keine Rede. Die Kommandanten der europäischen Geschwader der Blockadeflotte haben bereits Aaweisungen, mit der montenegrinischen Regierung die Modalitäten über den Abzug der montenegrinischen Truppen aus Skutari und über die Besetzung Skutaris unverzüglich zu vereinbaren und als⸗ hald mit Abteilungen von Marinesoldaten in die Stadt ein⸗ zurücken. Inzwischen wird auch die Regierung in Cetinje durch bie Vertreter der Großmächte von den an die Blockadeflotte ergangenen Weisungen in Kenntnis gesetzs werden. Sobald die Besetzung Skutaris durchgeführt ist, wird die Blockade auf⸗ gehoben. Die internationale Besatzung Skutaris soll so lange dort bleiben, bis die autonomen albanischen Behörden gemäß dem Programm der Mächte organisiert sind. Von der gemischten Kommission zur Unter⸗ suchung der Ermordung des Franziskanerpaters Palic ist, wie die „Wiener Politische Korrespondenz“ erfährt, am 14. April ein Protokoll niedergelegt worden, nach dem die Kommission zu keinem entscheidenden Er⸗ gebnis gelangte. Wenn auch kein vollgültiger Beweis erbracht werden konnte, daß

Palie ohne jeden zureichenden Grund niedergemacht worden ist, ergab die Untersuchung doch,

HJaß Palie in Fesseln wie ein gewöhnlicher Verbrecher eskortiert

und im Gefängnis mißhandelt worden ist. Hinsichtlich der Angelegenheit Palie sowie wegen der gewaltsamen Konversionen' stellte die österreichisch ungarische Regierung eine Reihe 5on Forderungen auf, darunter die Erbauung einer katholischen Kirche, bei deren Einweihung die montenegri⸗— nische Regierung sich vertreten lassen muß, die Vertretung der montenegrinischen Regierung bei der endgültigen Beisetzungs⸗ feier für den ermordeten Palig, ferner, daß den zur Apostasie gezwungenen Katholiken im Fall ihrer Rückkehr zum alten Glauben die freie Wahl ihres Aufenthalts oder der unbehinderte Uebertritt auf fremdes Gebiet gewährt werde. Die montene— grinische Regierung, die zuerst ausweichend geantwortet hatte, stimmte schließlich auf entschiedene Vorstellungen des österreichisch⸗ ungarischen Gesandten hin allen Forderungen zu und erklärte sich auch bereit, die wegen der bekannten Beh inde rung des Militärattachés Hub ka auf der Fahrt nach Cattaro ge— forderte Genugtuung zu gewähren. Die ungarische Reglerung hat im Reichstag einen Gesetzentwurf eingebracht, der der parlamentarischen Genehmigung den Vertrag des Finanzministers mit der Skodawerke Aktiengesellschaft in Pilsen und Friedrich Krupp Aktiengefellschaft in Essen wegen Errichtung einer Geschüßfabrik in Ungarn unterbreitet, und den Finanz— minister ermächtigt, nominal sieben Millionen Kronen Aktien dieser Gründung zu übernehmen. Der Vertrag bestimmt laut Meldung des W. T. B.“, daß die ungarische Kanonenfabrik in Raab zu errichten sei Der Betrieb muß innerhalb zweler Jahre beginnen. Das Aktienkapital beträgt 13 Millionen Kronen, von denen die ungarische Regierung sieben, Skoda vier Millionen übernimmt. Ferner erhält Skoda zwei Millionen als voll eingezahlt zu betrachtende Aktien für Ueber— saffung der ihm und Krupp gehörigen Konstruktionen und Patente. Skoda und Krupy sind zu allen mit der Errichtung und em Betrieb der Fabrik verbundenen technischen Arbeiten verpflichtet. Die Verpflichtung Krupps beschränkt sich ausschließlich auf die mit der Rohrfabrikation verbun enen Arbeiten. Sodann werden die Preife der von Krupp und Skoda der Kanonenfahrik zu üherlassenden Materialien festgestellt. Der Vertrag gilt für die Dauer von 25 Jahren.

Grosvbritannien und Irland.

Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, haben die Bot⸗ schafter vorgestern abend ihren Regierungen den Entwurf der Friedensbedingungen telegraphiert, der als Ergebnis der Verhandlungen der Botschafter in London aufgestellt worden ist. Der erste Paragraph verzeichnet die Tatsache, daß Friede und Freundschaft unter den Kriegführenden wiederhergestellt sind. Der zweite Paragraph sieht die Abtretung des Gebiets westlich der Linie Enos⸗-Midia seitens der Türkei vor. In einem weiteren Artikel geben die Kriegführenden ihre Zustimmung, die Grenzen und den Status Albaniens durch die Mächte festsetzen zu lassen. Kreta soll an Griechenland abgetreten werden, während das Schicksal der Aegäischen Inseln und des Berges Athos der Entscheidung der Mächte vorbehalten bleiht. Der Artikel 6 sieht vor, daß alle finanziellen und wirtschaft— lichen durch den Krieg hervorgerufenen Fragen von der in Paris tagenden finanziellen Kommtssion behandelt werden sollen. Es ist auch eine Bestimmung getroffen für den Abschluß von Sonderabkommen zur Behandlung von Fragen der Jurisdiktion und anderer ähnlicher Gegenstände.

Das Internationale Kolonialinstitut in London hat gestern seine diesjährige Session begonnen. Zur Beratung stand in der ersten Sitzung die Frage der Kolonialanleihen. Das Referat hatte der frühere holländische Kolonialminister Brack. Er vertrat nach dem Bericht des „W. T. B.“ den Standpunkt, daß jeder Kolonie die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit verliehen werden sollte, und sprach sich dagegen aus, daß das Mutterland eine Garantie für Kolonialanleihen übernehme. Wohl aber sei jedesmal die Anleihe durch die heimische Re⸗ gierung zu genehmigen.

In der Diskussion erklärte der frühere Staatssekretär Dern⸗ burg, daß eine allgemeine Regel nicht aufgestellt werden könne, und entwickelte die Grundsätze des deutschen Kolonialanleihesystems. Der Geheime Rat Professor Dr. Köbner⸗ Berlin betonte, daß wichtiger als alle juristischen Konstruktionen eine wirkliche Bereit willigkeit des heimischen Geldmarktes für Kolonialanleihen sei. Beispiels⸗ weise habe der Londoner Markt, obne daß das Mutterland ene Garantie geleistet hätte, für Canada, die austtalischen Kolonien und Neu Seeland mehr als 63 Milliarden Anleihen auf— genommen, und zwar ausnahmslos zu einem Zinsfuß von 3 und 4 0so, während der ortsübliche Zinsfuß oft doppelt so hoch sei. In dieser Richtung müsse jede vorwärtestrebende kolonisisrende Nation sich ökonomisch betätigen. In der Debatte sprachen ferner Professor Rathgen⸗Hamburg, der frühere portugiesische Minister Graf Penha⸗Gaxreia, der französische Kolonialpolitiker Chailley und Sir Hubert Jorningham.

Das Unterhaus setzte in der gestrigen Sitzung die Debatte über die Wahlrechtsvorlage fort. .

Nach dem Bericht des . W. T. B.“ waren der Premierminister Asquith und der Staatssekretär Grey die einzigen Mitglieder der Reaterung, die das Wort ergriffen. Asquith führte aus, er sitze Seite an Seite mit Grey seit 27 Jahren im Hause und mit Aus⸗ nahme der Frage des Frauenstimmrechts seien sir niemals in irgend einer wichtigen politischen Frage verschidener Ansicht g⸗wesen. Ob⸗ gleich die Regierung über wesentliche Punkte der Wahlrechte frage verschiedener Meinung sei, so sei sie doch einig hinsichtlich

zierungsassessor ernannt worden.

der Polltik, die zu befolgen sei. Er bestreite, daß die Aus⸗

nung.

r Entlassung festgestellten außergewöhnlichen Umstände zurückzu—

des Wahlrechts im Interesse der Frauen oder der sgemeinheit liege, oder daß sie den Erfolg haben werde, ' politische, gese lschaftliche und häusliche Lehen zu be⸗ tern und zu stäͤrken. Er werde gegen die Wahlrechtsvorlage nmen. Der Staatzssekretär Grey betonte, die Meinungsver⸗ renbeit zwischen dem Premierminister und ihm in der Wahlrechts lage bestehe seit 25 Jahren, und es sei nicht zu befürchten, daß die uubekundung dieser Meinungeverschiedenheit irgend welchen Einfluß mutzr politisches Zusammenwirken oder auf ihre persönliche Freund— it haben werde. Er halte aber daran fest, daß die ganze Richtung modernen Lebens und der modernen Erziehung dahin gehe, den auen das Stimmrecht zu geben, und solange die Frauen kein Stimm⸗ ct kätten, werde die Demokratie in gewerblichen und politischen agen hoffnungslos unvollständig bleiben.

Das Haus lehnte die Frauenwahlrechtsbill mit 5 gegen 219 Stimmen ab.

Frankreich.

Der gestrige Ministerrat im Elysse hat laut Meldung 6 „W. T. B.“ den Finanzminister und den Kriegsminister muftragt, Vorschläge hinsichtlich besonderer Unterstützungen solche Familien zu machen, deren Söhne ein drittes

ihr bei der Fahne zurückgehalten würden. Der Minister

öffentlichen Arbeiten wurde ermächtigt, einen Gesetzentwurf er das Flugwesen mit Berücksichtigung des Militär— sawesens, über Maßregeln für die Sicherheit der Flieger, Publikums und des Privateigentums, endlich über allge⸗ ine Vorschriften für den Luftverkehr und die Landung vor— Jen. Der Kolonialminister erstattete Bericht über die im nblick auf die Eröffnung des Panamakanals nötigen Hafen— uten in Tahiti.

Die Deputiertenkammer hat gestern ihre Sitzungen der aufgenommen und obiger Quelle zufolge die Vorlage, heffend die Verbesserung und Vergrößerung des afens von Nantes, wofür ein Kredit von 281, Millionen ans vorgesehen ist, angenommen. Die Kammer hat ferner Einvernehmen mit der Regierung beschlossen, die Inter— lation des Sozialisten Durafour über die Einbehaltung der hresklasse 1910 unter den Fahnen am 15. Mai zu beraten.

Die Kammergruppe der geeinigten Sozialisten

hgestern eine Sitzung abgehalten, in der die von der Re⸗ rung geplante Zurückhaltung der Jahresklasse 1910 . ungesetzlich und als eine Verletzung der Gerechtsame der mmer erklärt und beschlossen wurde, in einem Aufruf ispruch gegen diese Maßnahme zu erheben. Der „Humanité“ olge heißt es in dem Aufruf: .

Der, Ministerpräsident hat die Kühnheit gehabt, im „Temps“ ukündigen, daß er die im September d. J. freiwerdende Jahres f. durch Dekret zuruͤckbebalten und zu einem dritten Dienstsahre urteilen werde. Das ijt eine unerträgliche Ungesetzlichkeit und eine Staatsstreich. Das Gesetz von 1965 erlaubt dem Ministerium glich, die Altersklasse einstweilig und wegen der im Augenblick

alten. Das Gesetz gestattet ihm nicht, sechs Monate vorher ein tes Dienstjahr anzuordnen unter Berufung auf die durch die en deutschen Rüstungen verursachten dauernden Notwendigkeiten. sse Frage kann nur durch ein Gesetz geregelt werden. Die skärlich und ungesetzlich zurückbehaltenen Soldaten müssen das ht haben, gegen diesen Mißbrauch der Gewalt beim Staatsrat schwende zu erheben. Dlese Uebereilung, diese Brutalität, dieses Hatsstreichdektet, durch das 200 000 Soldaten ungesetzlich in den Ernen zurückgehalten werden sollen, kann nur die Wirkung haben, Bewilligung der deurschen Mllitärvorlagen zu beschleunigen und franzssischen Militarismus neue Vorwände zu liefern. Wie „W. T. B.“ meldet, sind in Lyon zehn schon seit gerer Zeit dort wohnende Spanier unter der Beschuldigung jaftet worden, einer Verschwörung gegen den König fons anläßlich seiner Pariser Reise anzugehören. Die lizei hat von dieser Verschwörung durch Briefe Kenntnis lten, die in Barcelona und Paris sowie bei einem in jntpellier festgenommenen Anarchisten beschlagnahmt worden

Der König von Spanien ist heute vormittag in tis auf dem Bahnhofe Bois de Boulogne eingetroffen, wo pom Präsidenten Poincarés und den Mitgliedern der Re— ung empfangen wurde.

Italien.

In der Deputiertenkammer fand gestern vor stark ßͤtem Hause und dicht gefüllten Tribünen die Debatte über ericht der Untersuchungskommission, betreffend den Bau ‚Justizpalastes statt. Wie „W. T. B.“ meldet, wider⸗ en die von der Kommission getadelten Abgg. Riccardo, atto, Pozzi und Abignente die gegen sie vorgebrachten chuldigungen. Pozzi und Abignente wurden mit Beifall gezeichnet und von ihren Kollegen beglückwünscht. Heute d die Debatte fortgesetzt. ;

Niederlande.

Die Deputiertenkammer hat nach einer Meldung des T. B.“ gestern den Gesetzentwurf über die Küsten⸗ eidigung einschließlich des Baues eines Forts bei singen mit 54 gegen 35 Stimmen angenommen.

. Türkei.

Der österreichisch⸗ungarische, der italienische und der näöische Konsul yon Durazzo hatten in Tirana Unter— ngen mit Essad Pascha, die nach Meldungen der oͤslavischen Korrespondenz“ ergaben, daß Essad Pascha 'r ein Königtum unter türkischer Souveränität ausgerufen, die Abtretung albanesischen Gebiets im Norden oder ben zugesagt hat. Die Berichte des italienischen Konsuls n die Haltung Essads Pascha als korrekt erscheinen. Essad seine albanesischen Mitkämpfer entlassen und wird seine üären Truppen mit denen Dschawid Paschas vereinigen und Anatolien zurücksenden.

Griechenland.

der Möbörder des Königs Georg hat gestern morgen faloniki Selbstmord begangen. Wie „W. T. B.“ be— ft. war Schinas von Gendarmen in das Bureau des srsuchungsrichters gebracht worden, wo man ihm die Fesseln m. Kurz nachdem die Gendarmen und einer der beiden ihts diener, denen seine Ueberwachung anvertraut war, das mer verlassen hatten, benutzte er einen Augenblick, in dem weite Gerichtsdiener sich von ihm abwandte, und stürzte uus dem Fenster. Er war sofort tot.

( Montenegro. ns Amtsblatt veröffentlicht die Annahme der Demission Ministeriums Martinowitsch und die Ernennung von

Amerika.

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Mexiko Huerta hat nach. einer Meldung des „W. T. B.“ befohlen, vom 1. Juni an* in den Distrikten, wo die freiwilligen Ge— stellungen nicht genügen, um die Lücken bei den Truppenkörpern auszufüllen, alle Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren in die Militärlisten einzuschreiben. Ausgenommen sind nur Familjenhäupter und Familienstützen. Die Dienstzeit soll drei Jahre in der Linie und drei Jahre in der Reserve be— tragen.

Die Session des argentinischen Parlaments ist gestern durch eine Botschaft des Präsidenten Pena eröffnet worden, in der es, obiger Quelle zufolge, heißt:

Argentinien erfreue sich vollen Friedens, die Rente habe einen höheren Kursstand erreicht ols jemals, der Handel blühe auf und die Einwanderungsziffer des Jahres 1912 habe die Ziffern früherer Jahre übertroffen, Gold komme ins Land und die auswärtigen Beziehungen

seien vorzüglich. Die Botschaft weist sodann auf die zufriedenstellenden Ergebnisse der Wahlteform bin, die den Sieg der radikalen Partei gesichert habe, und erklärt. daß Beunruhigungen über Erfolge der argen— tinischen Sozialisten unnötig seien, da diese nicht revolutionär gesinnt wären. Die Regier ung werde weiter strenge Unparteilichkeit bewahren und keine Partei unterstützen. Argentinien werde mit dem Bürgerrecht für Fremde nicht verschwenderisch umgehen, aber jeden guten Bürger aufnehmen. wenn auch die einheimische Bevölkerung niemals in die Minderheit gedrängt werden dürfe. Die Staatseinnahmen hätten 105 237 9000 Papierpesos, die Ausgaben 402 838 000 betragen. Die Staatseinnahmen während des eren Vierteljahres 1913 hätten die— jenigen des gleichen Zeitraums 1912 um 16 Millionen überstiegen. Die innere konsolidierte Schuld wäre von 536 409 000 im Jahre 1911 auf 530 3951 900 im Jahre 1912, die auswärtige konsolsdierte Schuld von 699 272 009 auf 677 250 000 Pesog zurückgegangen, die Einfuhr 1912 mit 3354 855 000 um mehr als 18 Millionen, die Aus— suhr mit 489 371 000 um 155 Millionen böher gewesen als im Vor— jahre. Die Bestände der Konversionskasse wären jetzt auf. 252 Millionen Goldpesos angewach len. Der Ackerbau schrelte fort; die Anbauflächen hätten. um eine Million Hektar zugenommen, die Ernte 1912 3 Millionen Tonnen betragen. 1820 Em Eisenbahnen seien erbaut worden; das ganze Netz zähle jetzt 32 624 km; ferner seien 1730 km Telegraphenlinien neu erbaut.

Koloniales.

Das Aprilheft der Kolonialen Rundschau“, Monatsschrift ür die Interessen unserer Schutzgebiete und ihrer Bewohner (Heraus— geber: Ernst Vohsen, Schriftleitung: Professor D. Westermann Verlag von Dietrich Reimer, Berlin), enthält u. a. einen Aufsatz von M. Abeking über das Rio Muni-⸗Gebiet, das für uns als eine Erklave im deutschen Gebiet seit der Erwerbung Neukameruns eine beson dere Bedeutung erlangt hat. Die spanische Kolonie ist so groß wie Baden und Elsaß⸗-Lothringen zusammengenommen. Spanten hat in dieser Kolonie innerhalb von 40 Jahren 62 Gouverneure gehabt die aus Mangel an Mitteln wenig oder nichts für das Land tun konnten Die Einkünfte der Kolonie beliefen sich 1911 auf 800 090 Pesetas, die Ausgaben auf 2760 690 Pesetas; dies ergibt einen Zuschuß des Mutterlandes von fast 2 Mill. Pesetas. Die Kolonie ist alfo für das Mutterland lediglich eine Last., während sie für uns schon wegen ihres guten Hafens ein wertvoller Besitz sein würde. Die Bevölkerung be⸗ ziffert sich auf 150 9909 200 090 Seelen. Hauptproduktion ist Kakao, wovon im Jahre 1908 über 3 Mill. Kilogramm ausgefährt wurden. In dem gleichen Heft berichtet ferner Hauptmann a. D. Hutter über. Volkswirtschaft und Wirtschaftspolitik in Altkamerun“, G. Dilde⸗ brand über „Pflückmaschine und Preisbildung in der Baum woll⸗ ö und H. Nekes über Totemismus und Manismus der aunde.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Lohnbewegung im Berliner Baugewerbe (ogl. Nr. 104 d. Bl.) ist nunmehr beendet. Die Generalbersammlung des Ver— bandes der Baugeschäfte von Groß Berlin hat, wie die Voss. Ztg. Lerichtẽt, gestern nach einem Bericht des Vorsitzenden, Baumelsters Otto Heuer, über den Verlauf der diesjährigen Tarifverhandlungen den Einigungsporschlag des Magistratsrats von Schulz angenommen. Die Tarifverträge mit den Maurern, Zimmerern, Betonarbeitern und Bauhilfsarbetitern werden auf 3 Jahre, bis zum 31. März 1916 verlängert. Die Arbeitnehmer erhalten am 1. August 1913 eine Lobn⸗ erhöhung von 2 und am 1. Oktober 1914 wiederum eine Er— höhung des Stundenlohnes um 2 5. Die Organisationen der Arbeitnehmer haben dlesem Vorschlage bereits zugeftimmt. Somit ist also der Friede im Baugewerbe Groß Berlins auf drei Jahre gesichert. ö

Aus Beuthen (Oberschlesien wird dem W. T. B.“ gemeldet daß nach amtlicher Fesistellung bei der Frühschicht am 5. d. M. 40585, bei der Abendschicht 163582 Mann fehlten. Gestern früh sind 39715, Abends 15 340 Mann nicht angefahren, heute früh 38 708 Mann. Es ist ein langsames, stetes Abflauen des Ausstands bemerkbar. (Val. Nr. 105 d. Bl.) 9 „In Rau scha haben, wie die ‚Köln. Ztg. aus Görlitz erfährt sämtliche Giasarbeiter der Sophienhühte, Gebr. Firsch ge— hörig, die Arbeit wegen Streitigkeiten über die Bezahlung einer neuen Glassorte niedergelegt. Einigungsverbandlungen waren gescheitert.

Der von den Arbeitern und Arbeiterinnen der Kostheimer Zellulose- und Papierfabrik vorgestern morgen begonnene Ausstand hat, wie die „Frkf. Ztg. berichtet, ein rasches Ende ge⸗ funden. Nachdem die Verwaltung auf dem neuen Tarifvertrag, der den Arbeitern Lohnerböhung von 1 bis 3 3 für die Stunde zusichert bestehen bleibt, erklärten sich die Streikenden bereit, den Augstand, den die Organisationsvertreter nicht gewollt hatten, wieder einzustellen. Die Arbeit sollte heute in vollem Umfange mit den Aufbesserungen 36 Tarifvertrages wieder aufgenommen werden. (Vgl. Nr. 106 In Syrakus (New Pork), kam es, wie . W. T. B.“ berichtet, gestern zwischen ausständigen Arbeitern zu wüsten Schläge⸗ reien und Revolverschießereien, bei denen 25 Personen verwundet wurden. Vier Schutzleute und acht italienische Arbeiter mußten ins Krankenhaus geschafft werden. Ein anderer Kampf fand in der Nähe der Kathedrale zwischen Feuerwehrleuten und Schutz— leuten einerseits und 500 Italienern andererseits statt.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)

Kunst und Wissenschaft.

Wie „W. T. B.“ aus Wien meldet, hat der Kaiser die seit dem Tode des Erzherzogs Rainer unbesetzte Stelle eines Kurators der Akademie der Wissenschaften in Wien dem Erzherzog Franz Ferdinand übertragen.

Im Majtheft der „Amtlichen Berichte aus den Königlichen Kunst⸗ sammlungen“ berichtet der Professor Dr. Weber über einige inter⸗ essante Neuerwerbungen der Vorderasiatischen Abteilung, die im Erdgeschoß des Kaiser Friedrich⸗Museums untergebracht ist. An erster Stelle nennt er eine hethitische Bronze, die nach Angahe des Händlers bei Sidon gefunden wurde. Sie stellt eine männliche

16kowitsch zum Ministerpräsidenten.

befindlichen Bronzefigur, die von der nördlichen Küste Syrlens stammt. Beide Kunstwerke, die auf den Ausgang des 2. Jahrtausends vor Chr. weisen, lassen sich jetzt genauer bestimmen, nachdem wir durch die Ausgrabungen in Boghazköi, wo die Residenz der Groß— könige des Hethiterreichs in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends vor Chr. begraben liegt, ein weiteres Kunstwerk kennen gelernt haben das in allernächster Verwandischaft mit der für Berlin neuerworbenen Bronze steht: das Relief des sogenannten Königs von Chatti'. Beiden Stücken ist u. a. ein überhängender Bortenzipfel an der Ge⸗ wandung gemeinsam, der über dem kurzen Rock des Dargestellten herunterhängt und der sich auf keiner verwandten Darstellung wieder⸗ findet. Wir haben das Recht zur Annahme, daß belde Denkmaͤler dasselbe darstellen wollen. Unsere Bronze ist 15 em hoch und war ursprünglich mit Goldblech überzogen; unter den Füßen zeigt sie Zapfen, mit denen sie in ein Postament ein— gelassen war. Die Arme sind beweglich und mit silbernen Nägeln im Armloch festgehalten. Der Kopf ist bei der Bronze genau so weit abgeschnitten, als ihn auf dem Relief der Helm bedeckt. Professor Weber hält die Darstellung auf dem Relief wie in der Bronze für eine Gottheit,; und zwar für die Sonne, die in der älteren hethitischen Götterlehre eine große Rolle spielte. Der Helm trägt geschweifte Hörner, das typische Symbol der Gottheit, und 'auf dem Relief) findet sich oben eine Darstellung der Sonnenscheibe. Die Sonnengottheit der Hethiter war in frühesten Zelten ein weib— liches Wesen. Wenn nun auch zur Zeit, als Relief und Bronze entstanden (etwa 1300 v. Chr.), durch babylonischen Einfluß die Sonnengottheit als männlicher Begriff gefaßt wurde so besteht doch die Möglichkeit, daß fich die künstlerische Darstellung noch im Banne der früheren Auffassung der Sonne als eines weiblichen Wesens befand und gewisse weibliche Charakteristika als stilistische Eigentümlichkeiten festhielt. Wir hätten also ein Bei⸗ spiel dafür, wie sich die künstlerische Ueberlieferung nur allmählich einem offiziellen Wechsel der Lehre anpaßt. Die weiblichen Zäge auf dem Relief sind zuzugeben, die Bronze zeigt aber in Gesichts— ausdruck und Haltung entschieden männlichen Charakter. Vom künst— lerischen Standpunkt darf man die Bronze als die beste und be— deutendste Skulptur der hethitischen Epoche ansprechen und sagen, daß ihr in jenem ganzen Kulturkreis nichts Gleichwertiges an die Seite gestellt werden kann. Ja, auch aus Babylon und Affhrien kennt man nur ganz wenige Kunstwerke, die eine solche Kraft und Unmittelbarkeit der Charakteristik und so viel Leben zeigen und sich dei aller formalen Gebundenheit im Nebensächlichen so hoch über die Schablone erheben wie diese Bronze des hethitischen Sonnengottes. Die Berliner Sammlung verdankt das überaus wertvolle Stück dem Eingreifen des Herrn Dr. J. Simon. Des weiteren verdienen einige neuerworbene Siegelzylin der besondere Erwähnung. Auf dem einen ist eine Opferszene dargestellt. Der Gott sitzt vor der Tür zum Allerheiligsten mit über der Brust gefalteten Händen auf einem Thron, dessen Sitz mit Fellen bedeckt ist und dessen Postament von zwei mit dem Hinterteil gegeneinander liegenden Ziegen gebildet wird. Es trägt die mit Hörnern geschmückte Göͤtterktone. Dem Gott naht sich eine Frau mit hängenden Haaren und unbekleidetem Oberkörper, in der Hand eine Vase mit der Libation. Hinter ihr steht eine völlig bekleidete zweite Frau mit über der Brust gekreuzten Armen und einer eigentümlichen, perückenartigen Haartrachl, wie sie die weiblichen Bronzen aus Telloh zeigen, die aus Urniuas Zeit stammen. Vielleicht handelt es sich um Herrin und Dienerin. Vor den Frauen befindet sich ein Böckchen mit Gittergestell, das wohl als Opfertier bestimmt ist. Der Zylinder gehört zu den ältesten, die wir haben; er hat ein Seitenstücöh in einem Relief das aus Nippur stammt und um 3000 v. Chr. anzusetzen ist. Das Original ist aus grünem Kalkspat, 0043 m hoch und von einem Durchmesser von C024 m. Als Fundort kommt Djocha, die Stätte des alten Umma, in Frage. In die letzten Jahrhunderte des 3. Jahr— tausend v. Chr. führt ein anderer Zylinder: eine schöne Darstellung der traditionell überlieferten sogenannten Gilgameschszene, für die aber aus der Mythologie keine Erklärung mehr zu geben ist. Im Mittelpunkt stehen zwei Stiere mit Menschenköpfen; der linke steht im Kampf mit dem sogenannten „Gilgamesch“, der rechte mit einem nackten jungen Mann. Daneben findet sich die Szene, in der eln Kälbchen (2) von einem Löwen und einem jungen Stiermenschen umfaßt wird. Das Original ist aus Bergkristall, 026 m hoch bei einem Durchmesser von 9éol?7 m; der Fundort ist unbekannt, Interessant ist auch die Darstellung einer Jagdsßene im Waldgebirge auf einem dritten Zylinder. Eine Jagd auf Steinböcke wird vorgeführt. Der Zylinder gehört zu den auf⸗ fallend großen und dicken Stücken (0, 50 m hoch, Durchmesser O44 m, Durchmesser der Durchlochung O. ol3 m) aus dickem Kalk- stein, d der Darstellung zeigen. Sie dürften auch aus ersten es 3. Jahrtausfend stammen. In viel jüngerer führt ei en aufweist: Zwei nischer Zeit ist ein 1Skorpionmenschen r mit der technisch ger be⸗

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Der dänische Polarforscher Knud Rasmussen

aus Thorshavn über seine Forschungsreise in

land: Die geplante Schlittenreise wurde mit vier

53 Hunden in Begleitung des Dänen Freuchen und

ausgeführt, Sie ging vom Markhamgletscher aus zum Danmarks— flord. Bei der Ankunft an der Ostküste waren alle Hunde wohlauf. Ich beschloß, westwärts durch den vermeintlichen Pearykanal nach Pearyland zu gehen. Ich hatte gute Jagd auf Seehunde und Moschusochsen längs der Küste bis zur Inde— pendencebay. Wir gingen nun auf Inlandseis über Pearyland. Wo früher der Pearykanal vermutet wurde, fanden wir ein großes, eisfreies und wildreiches Land. Dort blieben wir bei an— dauerndem Unwetter und Stürmen, aber bei guter Jagd etwa einen Monat. Darauf traten wir über Inlandseis die Rückreise an. Auf einer Strecke von etwa 1000 km fanden wir andauernd losen Schnee und hatten daher schweres Vorwärtskommen. Dennoch legten wir täglich durchschnittlich b0 km zurück. Die Reise dauerte vom 6. April bis zum 15. September; sie wurde ausschließlich mit Eskimoausrüstung ohne Konservenlebensmittel durchgeführt.

Literatur.

Von den Klassikern der Kunst in Gesamtausgaben, die von der Deutschen Verlagtzanstalt in Stuttgart ,,, werden, liegt der 23. Band vor, der die Gemälde Anselm Feuerbachs in 200 Abbildungen und ein Lebensbild des Künstlers von Dr. H. Uhde⸗ Bernayß bringt. Feuerbach blieb während seines Lebens die ihm gebührende Anerkennung versagt; nach seinem Tode wuchs sein Ansehen und jetzt erfreuen sich seine Werke auch in jenen Kreisen hoher Anerkennung, die in der Malerei lediglich die Farbengebung schätzen zu können vorgeben. Dle vorliegende Sammlung kann daher um so mehr auf eine freundliche Aufnahme rechnen, als die Wiedergabe der Bilder allen Ansprüchen gerecht wird, die man billigerweise an die einfarblge Reproduktion von Gemälden stellen darf. Die Anordnung der Bilder ist möglichst nach der Entstehungszeit getroffen, und jedem Bild sind die Größenmgße des Originals sowie Angaben über den Be— sitzer beigefügt. Der Band kostet in Leinen gebunden 8 (.

Im gleichen Verlage ist eine neue, von Gustav Keyßler besorgte Ausgabe des Hausbuches deutscher Kunst von Eduard Engels erschienen (geb. 10 6). In der Vorrede zur ersten Auflage hatte Engels als den Zweck dieses Hausbuches bezeichnet: ‚Unser Famillenleben in seinen Beziehungen zur Natur, zum Vaterlande und zur Kirche darzustellen, der Jugend Vergangenes und Zukünftiges, dem Alter die Jugendheimat, den gemeinsamen Paradiesgarten zu

Figur dar und ist das Seitenstück zu einer im Louvre seit langem

zeigen, kurz, das Leben in Bildern schlicht und treu, aber mit warmer