1913 / 157 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 05 Jul 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der König haben Allergnaädigst geruht: den bisherigen Seminaroberlehrer Hugo Zunker aus Pyritz zum Seminardirektor zu ernennen und E die Wahl des Vorstehers eines Akademischen Meister⸗ ateliers für Bildhauerei, Professors Manzel zum Präsidenten der Akademie der Künste für das Jahr vom 1. Oktober 1913 bis dahin 1914 zu bestätigen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Kaufmann Friedrich Albert in Düsseldorf, dem Bankier Moritz Jacobsohn in Lüneburg, dem Fabrikbesitzer Konrad Schäfer in Marburg und dem Fabrikbesitzer Dr. phil. Ernst Schwerin in Breslau den Charakter als Kommerzienrat zu verleihen.

Auf Ihren Bericht vom 17. Juni d. J. will Ich dem Kommunalrerbande des Kreises Gummersbach im Regierungsbezirk Cöln, der die Genehmigung zum Bau und Betriebe einer Kleinbahn von Bielstein nach Waldbröl erhalten hat, das Enteignungsrecht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des für diese Anlage in Anspruch zu nehmenden Grundeigentums verleihen. Die eingereichte Karte ist wieder beigefügt.

Hamburg, den 21. Juni 1913.

Wilhelm R. von Breitenbach.

An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

Auf Ihren Bericht vom 18. Juni d. J. will 3h der Stadtgemeinde Berlin behufs Erwerbung der auf dem zurückfolgenden Plane rot angelegten Restfläche des Grund⸗ stücks Lindenstraße 92 hiermit das Enteignungsrecht ver— leihen. Hamburg, den 21. Juni 1913. Wilhelm R. von Breitenbach.

An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

Justizministerium.

Dem Landgerichtsrat, Geheimen Justizrat Niemeyer in Hannover, den Amtsgerichtsräten Kost in Elberfeld, Dr. Harryers in Greifenhagen und Harder in Rügenwalde sowie dem Amtsrichter Stahl in Herne ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension erteilt.

Der Amtsrichter Schweitzer in Beuthen (O. Schl.) ist aus dem Justizdienst ausgeschieden.

Versetzt sind: der Amtsgerichtsrat Dr. Valentin in Frankfurt a. M. als Landgerichtsrat an das Landgericht daselbst; die Landrichter: Pietsch in Beuthen (O. Schl.) nach Hirschberg und Kersken in Essen (Ruhr) als Amtsrichter nach Herne; die Amtsrichter: Hesse in Langenselbold nach Weißen— fels, Preuß in Stallupönen nach Danzig, Feußner in Preußisch Stargard an das Amtsgericht Berlin-Mitte, Heine⸗ mann in Tuchel nach Münsterberg und Richard Hoffmann in Halle a. S. als Landrichter an das Landgericht daselbst.

In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: die Rechts⸗ anwälte: Hermann Stark bei dem Amtsgericht und dem Land⸗ gericht in Schweidnitz, Dr. Haarmann bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Hagen i. W., Heir bei dem Amts⸗ gericht in Lindlar, Dr. Heinrich Müller bei dem Amtsgericht in Mörs und Dr. Weerts bei dem Amtsgericht in Apenrade.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: die Rechtsanwälte: Dr. Anhuth aus Kupp bei dem Landgericht in Oppeln und Hermann Stark aus Schweidnitz bei dem Amtsgericht in Waldenburg; der frühere Rechtsanwalt Her— mann Weck aus Königsberg i. Pr. bei dem Amtsgericht in Charlottenburg und dem Landgericht III in Berlin; die Ge— richtsassessoren: Oskar Guttmann bei dem Kammergericht, Exiner, Dr. Friedr. Solon und Zedner bei dem Land⸗ gericht ! in Berlin, Dr. Felix Loeser bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Breslau, Israel bei dem Amts⸗ gericht und dem Landgericht in Cassel, Heintz bei dem Amts⸗ gericht und dem Landgericht in Bonn, Dr. O' Daniel bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Crefeld, Dr. Cosmann und Troß bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Elberfeld und bei der Kammer für Handelssachen in Barmen, Alfred Wolff bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Torgau, Ibelshäuser bei dem Amtsgericht in Gladenbach, Dr. Reimers bei dem Amtsgericht in Bargteheide, Ma— tuschke bei dem Amtsgericht in Schwerin a. W. und Dr. Paul Reimann bei dem Amtsgericht in Belgard.

Zu Gerichtsassessoren sind ernannt: die Referendare: Hans Meier, Dr. Heinitz, Dr. Mannheimer, M mann, Erich Müller, Oborniker, Dr. Sommer, dewin im Bezirke des Kammergerichts, Dr. Göder, Schlüter, Brumm im Bezirke des Oberlandesgerichts z Beslau, Cramer im Bezirke des Oberlandesgerichts zu Casel, Alfer, Giesen, Merkel, Vollmar, Brixius, Haneke im Bezirke des Oberlandesgerichts zu Cöln, Dr. zumbroich im Bezirke des Oberlandesgerichts zu Düsseldorf, Frauk, Dr. Kost, Dr. Höfken im Bezirke des Oberlandes— zerichts zu Hamm, Berger, Dr. Schmul, Schlimmer im Bezirke des Oberlandesgerichts zu Posen.

Den Gerichtsassessoren Konrad Delius, Martin Glaser, August Hecker, Paul Jahns, Kantorowicz, Dr. Notte⸗ bohm, Grafen zu Rantzau, Rüdiger und Dr. Siegfried . ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Justizdienst erteilt.

Der Rechtsanwalt und Notar, Justizrat Enge in Herms⸗ dorf u. K. ist gestorben.

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Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Versetzt sind: der Regierungsrat Prins, bisher in Elber⸗ feld, als Mitglied der Eisenbahndirektion nach Berlin; die Regierungs- und Bauräte Merkel, bisher in Stettin, als Mit— glied der Eisenbahndirektion nach Mainz und Effenberger, bisher in Mainz, als Mitglied der Eisenbahndirektion nach Frankfurt (Main); die Regierungsbaumeister des Eisenbahn⸗ baufaches Busacker, bisher in Hameln, als Vorstand des Eisenbahnbetriebsamts 2 nach Stettin, Lüttmann, bisher in Elberfeld, als Vorstand (auftrw. des Eisenbahnbetriebsamts nach Hameln, Claus, bisher in Gera, als Vorstand (auftrw.)

des Eisenbahnbetriebs amts nach Köslin und Dr. Phil. Albert Schrader, bisher in Celle, nach Neustadt S-⸗ Coburg) als Vorstand der daselbst neu errichteten Eisenbahnbauabteilung; der Regierungsbaumeister des Maschinenbaufaches Cohn, bisher in Breslau, als Vorstand der Eisenbahnbauabteilung nach Oels und der Eisenbahnverkehrsinspektor Weyrauch, bisher in Bentschen, als Vorstand des Eisenbahnverkehrsamts nach Waldenburg (Schlesien).

Dem Regierungsbaumeister des Eisenbahnbaufaches Schaper, bisher Vorstand des Eisenbahnbetriebsamts 2 in Stettin, ist die Wahrnehmung der Geschäfte eines Mitgliedes der Eisenbahndirektion daselbst übertragen,.

Der Regierungsbaumeister des Hochbaufaches Jüsgen, bisher in Luxemburg, ist der Eisenbahndirektion in Magdeburg zur Beschäftigung überwiesen. ;

Versetzt sind die Regierungsbaumeister Hetsch von Pleß als Vorstand des Hochbauamts in Insterburg und Stuermer von Briesen als Vorstand des Hochbauamts in Pyritz.

Der Rheinstrombaudirektor, Ober⸗ und Geheimer Baurat Rasch in Koblenz ist in den Ruhestand getreten.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts— angelegenheiten.

Die Wahl des Vorstehers einer Akademischen Meisterschule für musikalische Komposition, Professors Dr. Humperdinck zum Stellvertreter des Präsidenten der Akademie der Künste für das Jahr vom 1. Oktober 1913 bis dahin 1914 ist be—⸗ stätigt worden.

Dem Seminardirektor Zunker ist das Direktorat des Lehrerseminars in Dramburg verliehen worden.

Der bisherige Ortsschulinspektor, Pastor Theodor Boettner aus See⸗Buckow, Kreis Schlawe, ist zum Kreisschulinspektor in Neidenburg und

der bisherige Seminarlehrer Walther Berendes aus Fürstenwalde zum Kreisschulinspektor in Halle i. W. ernannt worden.

Dem Privatgelehrten Dr. Paul Kristeller in Berlin— Wilmersdorf ist der Titel Professor verliehen worden.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 33 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter

Nr. 11 303 eine Urkunde, betreffend die Stiftung einer Denkmünze zur Exinnerung an das hundertjährige Bestehen früherer Kurfürstlich Hessischer Truppenteile, vom 4. Juli 1913.

Berlin W. 9, den 4. Juli 1913. Königliches Gesetzsammlungsamt. Krüer.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 5. Juli 1913.

Die Ergebnisse des Reichshaushalts für das Rechnungsjahr 1912 haben sich nach dem Endabschlusse der Reichshauptkasse, abgesehen von den auf die außerordentlichen Deckungsmittel angewiesenen Ausgaben, wie folgt gestaltet:

Der Ueberschuß der Reichs⸗Post- und Tele— graphenverwaltung ist um 5 892 900 66 hinter dem Vor— anschlage zurückgeblieben. Dementsprechend sind von Bayern und Württemberg an Postausgleichungsbeträgen 645 000 (6 weniger an die Reichskasse abzuführen gewesen. Beim Ueber— schusse der Reichseisenbahnverwaltung ist ein Mehr von 12308 000 (6 und bei demjenigen der Reichsdruckerei ein solches von 563 000 6 zu verzeichnen. Die Einnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren haben den Vor— anschlag um 48 097 000 46 überschritten. Wegen der Einzel—

heiten hierbei wird auf die in Nr. 28 des Zentralblatts für das Deutsche Reich vom 6. Juni 1913 und in Nr. 134 des Reichsanzeigers vom 9. Juni 1913 veröffentlichte „Uebersicht der Einnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren für das Rechnungsjahr 1912“ Bezug genommen. Entsprechend der vor— stehend erwähnten Mehreinnahme hahen auch die von einzelnen Bundesstagten zu entrichtenden Ausgleichungsbeträge für Zölle, Steuern und Gebühren ein Mehr won 1420 000 Säp6 ergeben. Der Ausgleichungsbetrag von Bayern für die eigenen Einnahmen der Verwaltung des Reichsheers stellt sich dem Mehrertrage bei diesen entsprechend um 88 000 46 höher als angesetzt. Beim Bankwesen sind 10 533 000 6 mehr aufgekommen. Da— gegen sind an Einnahmen aus der Prüfung der Rechnungen 207 000 M6 und aus dem Hinterbliebenen⸗ versicherungsfonds zur Deckung der Reichszuschüsse für die Hinterbliebenenversicherung, hier den geringeren Ausgaben entsprechend, 1173 009 (6 weniger zu verzeichnen.

Im übrigen sind an wesentlicheren Abweichungen von den Ansätzen des Etats zu erwähnen: Beim Auswärtigen Amt sind an Einnahmen 132 060 S6 mehr aufgekommen; an Ausgaben waren 74 000 (6 weniger erforderlich. Im Ge⸗ schäftsbereich des Reichsamts des Innern betragen die Mehreinnahmen 2109 000 S6, die Wenigerausgaben 1215 000 6. Für das Reichsheer sind bei den ent⸗ sprechenden Titeln des allgemeinen Pensionsfonds 231 000 ( und an einmaligen Ausgaben 294 990 16 mehr aufzuwenden gewesen, während die fortdauernden Ausgaben im übrigen um 20 900 6 zurückgeblieben sind. Dem Gesamtmehrbedarf entsprechend stellt sich auch die bayerische Quote um 63 0900 S höher. An Einnahmen sind T8 000 S mehr als angesetzt aufgekommen. Bei der Marineverwaltung schließen die fortdauernden Ausgaben mit einem Mehr von 2416000 S6, die einmaligen Ausgaben mit einem Mehr von 293 000 st6 und der Pensionsfonds mit einer Ersparnis von 708 00909 6 ab. Bei der Reichsjustizverwaltung steht einer Mehreinnahme von 521 000 „6 eine Mehrausgabe von 30 006 S6 gegenüber. Beim Reichsschatzamt sind 375 009 S Mehreinnahmen aufgekommen. An fortdauernden Ausgaben sind 465000 6, an einmaligen Rayon— entschädigungen 3 6970900 M6 weniger als angesetzt aufzu⸗ wenden gewesen. Die Verwaltung und Verzinsung der Reichsschuld hat 3457 000 6 weniger erfordert, während bei den einmaligen Ausgaben 125 000 6 mehr erforderlich waren. Beim allgemeinen Pensionsfonds ergibt sich unter Einschlußs der oben bereits erwähnten Ab⸗

weichungen bei den Verwaltungen des Reichsheers und der Marine insgesamt eine Mehrausgabe von 346 000 6. Schließlich ist als Minderausgabe noch der Betrag von 323 006 6s zu erwähnen, um welchen das aus dem Vorjahr übernommene Soll an Ausgaberesten für in früheren Jahren erfolgte Ueberschreitungen übertragbarer Ausgabefonds gekürzt worden ist.

Im ganzen hat sich hiernach ein Ueberschuß von 77186 023,577 M ergeben, welcher den gesetzlichen Bestim⸗ mungen entsprechend auf das Rechnungsjahr 1913 übertragen worden ist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. Tiger“ am X. Juli in Kinkiang und S. M. S. „Condor“ am 3. Juli in Kobe eingetroffen.

Hamburg.

Die Bürgerschaft hat, wie ‚„W. T. B.“ meldet, gestern den vom Senat vorgelegten Gesetzentwurf, betreffend eine Re⸗ organisation des Gewerbefortbildungsschulwesens, genehmigt, der u. a. die Fortbildungsschulpflicht für alle schul⸗ entlassenen männlichen Personen unter 18 Jahren mit Aus⸗ nahme der Einjährig-Freiwilligen einführt. Die Bürgerschaft hat aber entgegen dem Senatsantrage Schulgeldfreiheit für die Fortbildungsschulen beschlossen, obwohl der Senatskommissar angekündigt hatte, daß der Senat dieser Aenderung nicht zu⸗ stimmen würde.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der österreichische Ministerpräsident Graf Stürgkh hat gestern nachmittag im Beisein des Ministers des Innern Frei⸗ herrn von Heinold eine Abordnung der deutsch— böhmischen Abgeordneten empfangen, die ihm die vor⸗ gestrigen Beschlüsse der Vollversammlung zur Kenntnis brachte. Darauf erklärte Graf Stürgkh, dem ausgegebenen Communiqué zufolge, daß die Regierung einen Zwang zur Einsetzung der Kommission und zu den damit verbundenen Verfügungen erst in dem Augenblick als gegeben erachte, wo der Landesausschuß nicht mehr vorhanden sei.

Blättermeldungen zufolge hat sich der Minister des Aeußern Graf Berchtold gestern abend nach Ischl begeben, wo er heute vom Kaiser in Audienz empfangen wird.

Großbritannien und Irland.

Der Generalpostmeister Samuel kündigte gestern im Unterhause an, daß die Regierung mit der Marconi⸗-Gesell— schaft über den Abschluß eines neuen Vertrags zum Bau einer Kette von Stationen für drahtlose Telegraphie für das ganze britische Reich verhandele.

Frankreich.

Einer vom „W. T. B.“ verbreiteten offiziösen Mitteilung zufolge hat die französische Regierung entsprechend den in London während des Besuches Poingargs gefaßten Beschlüssen ihre Botschafter beauftragt, bei den Großmächten darauf hinzu⸗ weisen, wie nützlich es wäre, wenn angesichts der Balkan⸗ ereignisse sämtliche Großmächte ihren Willen bekunden würden, ihrer Politik der Nichtintervention treu zu bleiben. Die bisher eingetroffenen Antworten seien der französischen Anregung durchaus günstig.

In der gestrigen Vormittagssitzung der Deputierten— kammer wurde in der fortgesetzten Beratung des Militär⸗ gesetzes der Gegenentwurf Treigniner (radikal, der eine siebenährige Dienstzeit in der aktiven Armee mit einer effektiven Dienstleistüing von 28 Monaten vorsieht, mit 325 gegen 238 Stimmen abgelehnt. Die Regierung hatte die Vertrauensfrage gestellt. Die Kammer beschloß, von nächster Woche ab die Sitzungen von Montag bis Donnerstag der Beratung des. Militärgesetzes zu widmen.

In der Nachmittagssitzung setzte die Kammer die Be— sprechung über die Zwischenfälle in den Kasernen im Mai fort.

ö Der Sryzialist Sixte Quenin verband nach dem Bericht des . T. B.“ mit der Besprechung der Zwischenfälle einen heftigen Angriff. gegen, den Kriegsminister, dem er vorwarf, im Jahre 15870 keinen Kriegsdienst getan zu haben und Vorkämpfer für die Kolonial— politik zu sein, die soviel Menschen und Geld verschlinge. Er erhob ferner den Vorwurf, in den Kolonien seien große Konzessionen erteilt worden, von denen der Kriegsminister direkten Vorteil gehabt habe. Als der Kammerpräsident Deschanel den Redner hindern wollte, eine Schrift zu verlesen, in der von Etienne die Rede ist, trat der Kriegsminister für die Verlesung dieser Broschüre ein, die davon spricht, daß Etienne im Jahre 1898 der Verwaltung einer Kongoögesellschaft angehört habe. Der Kriegsminister erklärte, während mehr als drei Jahren habe er seine ganze Kraft und seine ganze Intelligenz kolonialen Fragen gewidmet. Er gab zu, drei Monate hindurch Leiter einer Koloniglgesellschaft gewesen zu sein, aber niemals habe er an einem Grundstüͤcksverkaufsgeschäft teilgennommen. Als Sixte Quenin seine Angriffe fortsetzte, erwiderte Etienne, wenn er die Politik auf das persönliche Gebiet hinüberspiele, werde er (Etienne) auf seine Streiche antworten und weltergehen. Die äußerste Linke sprang auf und schleuderte Etienne Beschimpfungen entgegen, das Zentrum antwortete indem es auf die Pulte schlug. Der Ministerpräsident Barthou unterbrach den Lärm und sagte zu der äußersten Linken gewandt, bei ihr wechsele Strenge und Nachsicht miteinander. Auf Verlangen mehrerer Sozialisten wiederholte der Kriegsminister Etienne zwei mal seine letzten Worte.

In einer Interpellation wegen der Verhaftungen der Syn— dika l ist en hrer beschuldigte der Abg. Jaur ss gi Heeglcruns 1 Lande eine Lage geschaffen zu haben, die ebenso bedenklich sel wie 1898 und warf ihr vor, daß sie die öffentliche Meinung habe vergewaltigen wollen und in den Kasernen Stimmung für die oreijaͤhrige Dienst ei gemacht hahe. Daraufhin las der Kriegsminister Etienne eins seiner Rundschreiben vor, in denen nur den Offizieren empfohlen wird soweit es die Visziplin gestatte, den Soldaten näher zu treten um so schlimme Zwischenfälle in Zukunft zu vermeiden. Jaurses fragte, was dann der Tagesbefehl des Obersten vom 46. Infanterieregiment zu bedeuten habe, in dem die Soldaten aufgefordert worden seien, gegenüber der Haltung Deutschlands die Notwendigkeit der dreijährigen Dienstzeit anzuerkennen? (Bewegung auf ber schiedenen Seiten Etienne antwortete, die Untersuchung sei eingeleitet. Jaurséts schloß mit einem Protest gegen den eld ug, der in den Zeitungen gegen die Sezialisten aus Anlaß des Gesetzes über die dreijährige Dienstzeit geführt worden sei. Die Rechte wollte ihn unterbrechen, die Sozialisten schlugen auf die Pulte neuer Lärm entstand. In seiner Erwiderung wies der Minister⸗ Präsident Barth ou den Vorwurf Jaurss' zurück, er habe in der Frage der dreijährigen Dienstzeit eine überstürzte Initiative ergrfffen. Die dreijährige Dienstzeit sei vielleicht eine zu schnelle Antwort, aber sie sei

eine notwendige Antwort. Zu der Zurückhaltung der letzten Jahresklasse

LHerschuß von 98 Millionen auf,

flirte Barthou, er würde sie gänzlich oder teilweise freilassen, falls mn ibm die notwendigen Kräfte gäbe, der äußeren Lage die Stirn bieten. Die Schuld für die Zwischenfälle in den Kasernen und die baren Handlungen sei in den Manövern gewisser Organisationen siuchen. Barthou lobte lebhaft den Arbeiterstand und wandte sich fig gegen die Propaganda jener Verbände, die den Bürgerkrieg und „Hufstand predigten; er begrelfe es nicht, wie Jaurès und die Seinen mit Gambetta und seinen Freunden vergleichen könnten, Lie

Jabre 1871 die nationale Verteidigung organisiert und die Re— füt begründet bätten, Leute, die heute, wenn man dagegen nicht der Hut sei, das Vaterland zugrunde richten würden. Jene, haben „Recht auf unsere Bewunderung, schloß er, diese sind Verbrecher, die ganze Strenge des Gesetzes verdienen.

Ein Antrag forderte den öffentlichen Anschlag der Rede rthous. Er wurde mit 347 gegen 167 Stimmen an⸗ nommen. Darauf wurde die Sitzung auf Freitag vertagt.

In der Budgetkommission der Deputiertenkammer färte der Finanzminister Dumont, obiger Quelle zufolge, s Einstimmigkeit darüber zu herrschen scheine, daß die ten für die neuen Militärausgaben den wohl— henderen Klassen auferlegt würden. Er werde einen Gesetz⸗ murf vorlegen, der auf einer durch äußere Merkmale kor⸗ zierten Schätzung der Verwaltung beruhe. Dieser Gesetz⸗ wurf würde sich auf 220 000 bis 246 090 Steuerzahler ehen und könnte hundert Millionen einbringen. Die ummission nahm einen Antrag an, der verlangt, daß alle tzgaben für die neuen Militärlasten, mögen sie dauernd oder rübergehend sein, durch Abgaben auf das Vermögen gedeckt irden.

Der Ausschuß des Allgemeinen Arbeits verbandes niet gestern abend über die anläßlich der kürzlich erfolgten nrhaftung der antimilitaristischen Syndikalisten zu ergreifenden saßnahmen und beschloß vorläufig lediglich die Veröffent— ing eines Protestaufrufes.

Nußland.

Die Reichsduma hat nach einer Meldung des W. T. B.“ sern in geheimer Sitzung mehrere Militärgesetzentwürfe, munter einen über eine strategische Bahn in Kaukasien von y nach Artwin, angenommen.

Italien.

Das Budget für 1912113, das mit dem 30. Juni zeßt, weist nach einer Meldung des „W. T. B.“ einen der der größte ist mit Aus— me jenes, der ein Maximum von 101 Millionen aufwies. tz italienische Budget hat seit 1898 stets mit bemerkenswerten hberschüssen abgeschlossen, obwohl das ordentliche Budget bis Juni 228 Millionen für den libyschen Krieg zu decken hatie.

Belgien.

Die Großherzogin von Luxemburg ist gestern nach⸗ ttag zum Besuch des belgischen Königshauses in Brüssel ein⸗ sroffen und vom König auf dem Bahnhof empfangen rden. Am Abend fand, wie ‚W. T. B.“ meldet, zu Ehren r Großherzogin im Königlichen Palast ein Festmahl statt, dem der König und die Großherzogin Trinksprüche wechselten.

Niederlande.

Die Spiumkonferenz im Haag hat gestern laut seldung des ‚W. T. B.“ einstimmig eine von Deutschland, den rreinigten Staaten von Nordamerika, Frankreich, England, n Niederlanden und Rußland vorgeschlagene Resolution an— mommen dahingehend, durch diplomatische Vermittlung der sderländischen Regierung mit Unterstützung der bereits unter—⸗ shhneten Mächte den Anschluß derjenigen Staaten an die bwention von 1912 herbeizuführen, die ihr noch nicht an— hören. Das Schlußprotokoll wird für die nächste Sitzung

digiert werden. Türkei.

Die Pforte hat ihren Botschaftern die Reformen zur rgänzung des Wilajets- und Gemeindegesetzes steteilt. Wie „W. T. B.“ meldet, werden in dem Reform⸗ hlement die Befugnisse der Generalinspektoren geregelt und hs Zonen geschaffen, für die je ein Generalinspektor für fünf ihre ernannt wird. Für die östlichen Wilajets wird wahr— heinlich ein Ausländer ernannt werden. Der Generalinspektor 1d mlt allen Befugnissen der Zentralgewalt ausgestattet, die n Walis nicht zustehen. Die Befugnisse der Reformkom⸗ ssion im Finanzministerium werden erweitert; sie wird die urchführung des Budgets und aller finanziellen Gesetze über⸗ schen. Die Zahl ihrer ausländischen Mitglieder wird ver— ehrt werden.

Ueber die Kämpfe zwischen Serben und Bul— aren liegen heute folgende Meldungen vor;

Dem „Serbischen Pressebureau‘ zufolge endele der seit vorgestern ih andauernde Artilleriekampf am Raicknrid vor Kotschana mit

her vollständigen Sieg der serbischen Truppen, die dank

ö Uebermacht der sethischen Artillerie und dem heldenmütigen Vor⸗

den der serbischen Infanterie die wichtige Stellung einnahmen, de n starken Schanzen umgeben war und von 32 bulgarischen Bataillenen it 80 Geschützen verteidigt wurde. Die Verluste sind beiderseits deutend. Der Rückzug der bulgarischen Truppen ist vollftändig, ö Fall Kotschanas steht bevgr. . Aus Sofia wird vom ‚W. T. B. gemeldel, daß gestern früh zei bulgarische Bataillone einen Angriff gegen drei serbisch⸗ Bataillone nternahmen, die 10 km ins Innere des epartements K ü stendil, ngedrungen waren, sie vollständig in die Flucht schlugen und sie bis sfestca, nördlich von Egri Palanka verfolgten. Sodann nahm en E' Buigaren die Höhe bei Kisseliea, wobei 5 Offiziere und gen 206 Soldaten gefangen genommen wurden. Außerdem worden e Schnellfeuerfeldgeschütze, Rin Gebirgegeschütz drei Masc hinen⸗ . 28 Pferde sowie eme Menge Munstion, Tornister un v Zelte tbeutet. ö Bis vorgestern millag sind 26 Offiztere und 3000 Sold Aten der sabischen Timokdivifion mit sechs Feldgeschützen und zwei. Gebirgs⸗ schützen zu Gefangenen gemacht worden. Die ven denn Serben nternommene Hffenfive zu dem Zwecke, dieser Divis con zu Hilfe kommen, sowie zwei gestern nacht unternommene Angr 4fe gegen das ulgarische Zentrum sind mit großen Verlusten fön die Serben ckgeßchlagen worden. Infolge der bisher naternommenen irgriff', bei denen die Serben beträchtliche Verluftz erlitten, ist die eibische Armee außerstande, irgend eine Aktion ge gen die bulgarische rmee mit Erfolg zu unternehmen. Ein Communiqus des griechischen Kriegs⸗ hinisteriums teilt über den gestern wäederaufgenommenen ampf bei Kilkitsch laut Meldung des ,

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olgendes mit:

Die griechlschen Divisionen erstürmten nacheinander die befestigten Ftellungen des Feindes, der sich in eme befestigte Stellung sechs lis sieben Kilometer von Kilkttsch, zurückzog. Der Angriff der feindlichen Artillerie, die sich in geweckten Stellungen befand, war ihr beftig. Auf deim äußersten link en Flügel eroberte eine grlechische zemischte Abteilung nach schwerem. Kampfe Gewgheli; der Feind

ᷓSesetz

floh in Unordnung gegen das östliche Ufer des Wardar. Während des Uebergangs beschoß griechische Gebirgsartillerie die Bulgaren. Auch zwischen Mezokopo und Arda wurde der Kampf fortgesetzt. Auf dem rechten Flügel besetzten die griechischen Truppen Lygovani. Ber Lahang ist eine bulgarische Kompagnie in der Stärke von 200 Mann mit ihren Offizieren von den griechischen Truppen eingeschlossen. Während des Vorgehens bei Lygovani und Lahana erbeuteten die Griechen drei Schnellfeuergeschütze nnd drei Kruppkanonen. Auf dem außerften rechten Flügel wurde Nigrita besetzt. Die griechischen Truppen rückten nach Norden vor und verfolgten den Felnd, der in panischer Flucht fünfzehn Gefangene und eine große Anzahl von Waffen und Kriegsmaterial in die Hände der Grüechen geraten ließ. Die Zahl der getöteten Feinde ist sehr groß. Bei ihrer Flucht verwandelten die Bulgaren die Stadt Nigrita und die ganze Umgebung in rauchende Trümmerhaufen und ermordeten Greise, Frauen und Kinder. Die siebente Division meldet, daß sie ein ganzes Bataillon, das während des vorgestrigen Kampfes isollert worden war, zu Gefangenen gemacht habe. Es habe sich bedingungslos ergeben.

Ueber das Gefecht bei Nigrita hat das General— quartier des Königs Konstantin an das Ministerium des . eine eingehende Beschreibung gerichtet, in der es

eißt:

Nigrita hahe einen entsetzlichen Anblick geboten. Stadt und Tal seien von verstümmelten Opfern der flüchtenden Bulgaren bedeckt. Bei der Annäherung der rasch vorrückenden griechlschen Truppen seien 190 bulgarische Soldaten außerhalb Nigritas gefangen genommen worden, die Brände gelegt hätten. Zahlreiche Leichen von Bulgaren und eine Menge Waffen und Munitton bedeckten die Gegend auf eine halbe Stunde im Umkreise. Bei Lygovani, das die Griechen besetzten, sei ein bulgarisches Bataillon gefangen genommen worden. Die Bulgaren hätten sich auf der ganzen Linie zurückgezogen und seien von den griechischen Truppen energisch verfolgt worden. Der Feind habe in der Richtung auf die Brücke über die Struma flüchten

müssen. Griechenland.

Der Ministerpräsident Venizelos berichtete gestern in der Deputiertenkammer über die letzten Angriffe der Bulgaren, durch die die drei anderen Verbündeten zum gemeinschaftlichen Kampfe gegen Bulgarien gezwungen seien, und verlas dann unter lautem Beifall eine Königliche Botschaft an das Volk, in der laut Meldung des „W. T. B.“ das Volk zum Kampf gegen den ehemaligen Verbündeten aufgefordert wird, der, während Griechenland und die anderen Verbündeten eine gerechte Teilung der befreiten Gebiete verlangten, versucht habe unter Zurückweisung eines Uebereinkommens und Schieds⸗ spruches, sich fast die gesamten Früchte des gemeinsamen Sieges anzueignen.

Bulgarten habe, heißt es in der Botschaft, mit Trug und Willkür

handelnd, die Verpflichtungen gegen seine Verbündeten und die grau⸗ famen Lehren der Vergangenhelt vergessen, die Waffen gegen seine Verbündeten erhoben und damit die heilige Sache entweiht. Bei einem solchen unqualifizierten Benehmen sei es die Pflicht der anderen Verbündeten, einer derartigen Gier gegenüber Stellung zu nehmen. Bei der Verteidigung des Gleichgewichts auf dem Balkan set das griechische Volk solidarisch mit Serbien und Montenegrg und greife zu seinen erprobten Waffen. Das Heer und Lie Flotte Griechenlands möge die von dem türkischen Joche befreiten Brüder von der neuen Tyrannei befreien. Die griechische Nation vertraue auf ihr gutes Recht. Die heldenmutige Armee werde für den von Gott gesegneten Kampf kein Opfer scheuen.

Als Rhallys, ein Führer der Opposition, die Politik Venizelos kritisieren wollte, wurden seitens der Kammer und der Tribünen dem Ministerpräsidenden Venizelos fiürmische Huldigungen dargebracht.

Rumänien.

Die rumänische Regierung hat nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ den Mächten mitgeteilt, daß sie in Anbetracht der Tatsache, daß Griechenland, Serbien und Bulgarien sich im Kriegszustande befinden, und in Ueberein⸗ stimmung mit ihrer am 5. Juni an die Mächte ge—⸗ richteten Note die Mobilisation ihrer Streitkräfte angeordnet habe. Bisher sei Rumäniens Politik einer Richtung gefolgt, die im allgemeinen die Billigung der Großmaͤchté gefunden habe. Aber Rumänien könne nicht gleichgültig bleiben bei der neuen Entwicklung, deren Ergebnis die rumänische Mobilisation sei, besonders angesichts der Möglich⸗ keit einer vollständigen Niederlage Griechenlands und Serbiens, die das Balkangleichgewicht erschüttern würde. Rumänien hoffe indessen, daß der Frieden bald hergestellt sein werde, und glaube, daß feine Mobilifation dazu beitragen werde, die Balkan staaten zu überreden, die Einlabung zu der Konferenz in St. Petersburg anzunehmen.

Wie die „Neue Freie Presse“ meldet, werden zwischen Bulgozien und Rumänen unter Vermittlung der öster⸗ reichischungarischen Monarchie eingehende Verhandlungen über einen Ausgleich, betreffend die abzutretenden Gebiete, geführt.

Der Polizei räfekt in Bukarest veröffentlicht eine Be⸗ kant machung, daß alle Reservisten und Urlauber der Jahrgänge 1911 bis 1901 einschließlich zu den Fahnen ein⸗ derufen sind, die Jahrgänge 1900 bis 1895 nur, soweit sie

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die im Deutschen Kärschnerverbande organisierten Arbeiter, die mit dem Arbeitgeberverbande der Pelz⸗ warenbranche von Berlin seit längerer Zeit in Tarifverhand⸗ lungen standen, haben die Bedingungen, mit denen der Arbeitgeberverband in vielen Punkten entgegengekommen war, abgelehnt. Der Arbeitgeber⸗ verband zog, wie die, Voss. Ztg. berichtet, infolgedessen seine Voischläg zurück und stellte nunmehr andere Bedingungen auf, die am 24. v. M. dem Vorstande der Arbeitnehmerorganisation zugestellt wurden mit dem Ersuchen, sich über die Annahme dieser zu erklären. Hierauf erwiderte der Vorstand, daß eine Antwort darauf vor dem J1. Juli nicht gegeben werden könne. Da hieraus die Absicht einer Verschleppung hervorzugehen schien, beschloß der Arbeitgeberverband, der „Neuen Pelzwaren-Zeitung“ zufolge, alle Arbeitnehmer, die sich weigern, die neuen Bedingungen zu un erschreiben, am 5. Jali auszusperren, ferner aber auch diejenigen Zwischenmeister, deren Arbeitnehmer diesen neuen Tarif nicht unterschreiben, vom Mittwoch, g. Juli, gleichfalls aurzusperren. In Berlin befinden sich etwa 6000 männliche und weibliche Arbeitnehmer.

In den Schlinckschen Palm inwerken, A.-G., in Ham⸗ burg haben, wie die ‚Köln. Itg. erfährt, 5o0 Arbeiter wegen Lohn— streitigkeiten die Arbeit niedergelegt. Der Betrieb wird vorläufig aufrechterhalten.

Aus Lodz wird dem W. T. B.“ gemeldet: Infolge des Aus⸗ standes der Arbeiter ist die Baumwollmanufaktur Pos⸗ nanski geschlossen worden. Siebentausend Leute sind arbeitslos. (Vgl. Nr. 166 d. Bl.)

Zum Bergarbeiterausstand im Randgebiet (ogl. Nr. 156 d. B) wird dem W. T. B. aus Pretoria telegraphiert, daß eine Versammlung von 300 Eisenbahnern in einer Entschließung ihre Sympathie für die ausstindigen Bergleute erklärte. Ber Sekretär der Eisenbahnergewerkschaft sprach sich für den Ausftand der Eisenbahner aus und sagte, daß der ausführende Ausschuß darüber am Sonntag Beschluß fassen wird. Die Eisen⸗ bahner marschierten nach Schluß ihrer Versammlung vor die Wohnung des Generalgouverneurs Lord Gladstone. Dieser empfing eine Abordnung, worauf die Leute ruhig auseinander⸗ gingen. In Johannesburg hat der Ausstand bereits zu Gewalttätigkeiten und Zusammenstößen mit dem Militär geführt; gestern nachmittag hatte bereits ein Ver— fuch der ausstaͤndigen Grubenarbeiter, auf dem Marktplatz eine von den Behörden verbotene Kundgebung zu veranstalten, einige Ausschreitungen im Gefolge. Kavallerie trieb die Menge aus⸗ einander, ohne jedoch von der Waffe Gebrauch zu machen. Später kam es zu neuen Unruhen, in deren Verlauf ein Dragoner⸗ leutnant verwundet wurde, sodaß er das Bewußtsein verlor. Auch ein Polizeikommissar und vier Schutzleute wurden verwundet. Die Ausständigen gewannen die Angestellten der Straßenbahnen für sich, sodaß der Straßenbahnverkehr eingestellt wurde. Pöbel, an“ dessen Spitze Frauen mit roten Fahnen marschierten, og nach dem städtischen Elektrizitätswerk und schnitt den Strom ab. Eine Gruppe begab sich darauf zur Stadt, die in Dunkelheit gehüllt war. Später wurde die Be⸗ seuchtung wiederhergestellt. Die Streikenden blieben Herren der Zugänge zum Bahnhof von Braamfontein. Eisenbahn⸗ derkehr nach dem Süden ist vollständig unterbrochen, doch bleiben auf dem Zentralbahnhof die Lokomotivführer bei ihren Maschinen und weigern sich, sich dem Streik anzuschließen. Am Äbend war die Menge auf dem Areal der Eisenbahn Herr der Lage und hat die Parkstation in Brand gesetzt. Die Truppen ve rmögen die Mengé nicht im Zaum zu halten. Die Geschäfts⸗ räume der Zeitung „Star“ stehen in Flammen. Die Volksmenge drang auch gegen die Geschäftsräume der großen Grubengefellschaften vor. Die Poltzeimannschaften gaben Feuer, worauf die Menge sich zurückzog. Gegen Mitternacht steckte der Pöbel ein zweites großeß Gebäude in Brand. Polizei und Dragoner gingen gegen die Menge vor und zerstreuten sie. Um Mitternacht hörte man in verschiedenen Teilen der Stadt noch immer ununterbröchenes Gewehrfeuer. Bis dahin waren 30 Personen in Krankenhäufern eingeliefert worden. Bis jetzt ist es un- möglich, genau die Zahl der bei den gestrigen Unruhen Getöteten und Verwundeten anzugeben; aber man weiß, daß vier Zivilisten getötet und etwa fünfzig Zivilisten und Poltzeibeamte, verwundet worden sind. Im Westrand ist es verhältnismäßig ruhig; dagegen ist der Ostrand der Hauptherd der Unruhen. Ein bisher noch unbestätigtes Geruͤcht besagt, daß 1000 be waffnete Aut ständige auf

Der

Johannesburg losmarschieren. In Johannesburg sind B arrikaden errichtet worden, um die großen Zeschäfte zu schüzen. Dle Arbeiterverbände drohen damit, das Wasser abzufchneiden, well die Poltzeitruppen auf die Ausständigen geschossen haben. Der Verband fordert gleichzeitig alle städtischen und alle anderen Distriktsbeamten auf, in den Ausstand zu treten. Die Bäcker welgern sich, Brot für irgend jemand zu backen, der in den Bergwerken arbeitet. Man erwartet, daß heute die Unruhen. sich wiederholen werden. Es geht das Gerücht, daß die Stadtbehörden in Pretoria um Entsendung von Verstärkungen mit Maßfchinengewehren ersucht haben.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.

Kunst und Wissenschaft. Die große Berliner Kunstausstellung 1913. II.)

Außer den rückschauenden und den Sammelausstellungen be

eine besondere Einberufung erhalten. Zur Kriegsmaxine einberufen sind die Jahrgänge 1909 bis 1897 einschließlich Die Mobilisierungstransporte beginnen um Nacht vom Sonnabend zum Sonntag. .

Dem Parlament, dessen Einberufung der Ministerrat für einen noch zu bestimmenden Tag beschlossen hat, wird ein über die Unterstützung der Familien Ein⸗ berufener vorgelegt werden, Vorläufig beziehen einberufene Staatsbeamte neben ihren Militärbezügen einen Monat Gehalt.

Bulgarien.

Die „Agence Bulgare“ stellt gegenüber der gestrigen Meldung der „Reichspost“ fest, daß das Kabinett seine

Demisfion nicht überreicht hat.

Afrika. ‚.

Ein Telegramm des Generals Briccola aus Benghasi vom 3. d. M. meldet eine . der Italiener. Die Depesche lautet „W. T. B.“ zufolge; 4 nachmittag wurde eine Abteilung von Genietruppen, während sie mit dem Bau einer neuen Straße beschäftigt war, pon einer Schar von mehreren hundert Mann zu Fuß und zu Pferde angegriffen. Die Italiener leisteten lebhaften Widerstand, allein angesichts der Uebermacht des Feindes be⸗ schlossen sie, sich alm fl l auf Cyrene zur ü chenz te hen; Es trafen Verstärkungen vom 87. Regiment und eine Abteilung Bersa⸗ glleri ein; ste zogen sich aber von den heftigen Angriffen auf die Redoute Safsaf zurück, wo sie den Vorstoß des Feindes zum. Stehen brachten. Die Verluste der Italiener waren derhältnizmäßig be⸗ deutend, aber es fehlen noch genauere Angaben. Die Funken⸗ telegramme von Cyrene sind in Benghasi unvollständig eingetroffen.

14 Uhr in der

herbergen die geräumigen Säle am Lehrter Bahnhof die übliche Fülle von Gemälden, Plastiken und Graphik. Man könnte sich vielleicht fragen, ob ein Abweichen vom Schema, ein Durchdringen des ganzen Materials mit einer Idee nicht feierlicher gewirkt hätte, ob das Durcheinander von herkömmlichen Ausstellungsgrundsätzen und der seltenden Absicht der Feier die festliche Stimmung nicht stört, Doch muß man bedenken, daß bei derartigen Veranstaltungen wirtschaftliche Gesichtspunkte nicht vollkommen ausgeschaltet werden können und daß ohnehin diesmal ein beträchtlicher Raum für die oben besprochenen Abteilungen geopfert werden mußte. J

Daß das Schaffen Anton von Werners nicht im Zusammen— hang gezeigt werden konnte, bedauert die deitung sicher am meisten, wie sie es im Katalog versichert; Immerhin ist seine Reichstags⸗ eröffnung aus dem Besitz Seiner Majestät so bezeichnend für die Art des Meisters, daß sie öleles andere ersetzt. Sie gehört eigentlich in die , . aber einen Ehrenplatz in dieser

ebersicht des jährlichen Ertrages bekommen. ;

. . . Saal ist noch ein Bild des anderen Nestors der Hochschule, Meyerheim, bemerkenzwert. Das Bildnis Ravenss Fon S. Vogel tritt hinter seinen bekannten Porträts wohl zurück. Dasselbe kann man vom Bildnis des Reichskanzlers von Schulte im Hofe, dessen vorzügliches Frauenporträt gleich daneben hängt, sagen. Kallmorgen zeigt sein unerlãäßliches Damburg ', doch in ber Schilderung der feuchten Luft übertrifft ihn Looschen in seinen beiden Bildern. In diesem Saal fällt noch die eigenartige Fassung eines Marienbildes von Plontke auf, der fich in grauen Tönen ge— fällt; er wendet sie sogar auf Landschaftsbilder an, Unger ist viel besser im Dresdner Saal vertreten. Die Seitensäle bergen unter unzähligen schwachen viele ganz gelungene Werke, und man entdeckt hie und da Talente, von deren Dasein bisher nicht piel bekannt war. Es gibt da oft sehr gewagte Proben, die jeder Sezession zur Ehre gereichen könnten, und die bier, in einsamer Dede, kaum zur Wirkung kommen können. In Braunes „Finish scheint

5 Vergl. Nr. 146 und 151 d. Bl.