Se ine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht:
zum Präsidenten der Kaiserlichen Disziplinarkammer in
Schleswig den Königlich preußischen Landgerichtspräsidenten
Groth in Flensburg, zu Mitgliedern der Kaiserlichen Disziplinarkammern
in Darmstadt den Großherzoglich hessischen Oberlandesgerichtsrat Hermann Sandmann daselbst,
in Duͤsseldorf den Direktor des Oberversicherungsamts, Königlich preußischen Oberregierungsrat Nolda daselbst,
in Erfurt den Königlich preußischen Landgerichtsrat Schettler daselbst und
in Stuttgart den Königlich württembergischen Oberlandes⸗ gerichtsrat Dr. von Haidlen daselbst
auf die Dauer der von ihnen bekleideten Staatsämter zu ernennen.
Von dem Kaiserlichen Vizekonsul in Guaymas (Mexiko) ist der Kaufmann Arnulfo Liera zum Konsularagenten in Santa Rosalia bestellt worden.
Bekanntmachung.
Der Fernsprechverkehr ist eröffnet worden zwischen Berlin und den österreichischen Orten Marchegg — gewöhnliche Gesprächsgebühr 3 1 — und Komotau — 2 O B.
—
Berlin C. 2, den 22. Februar 1913.
Kaiserliche Oberpostdirektion. Vorbeck.
Königreich Prenßen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Baurat Ludwig, Vorstand des Militärbauamts Berlin IV, zum Intendantur⸗ und Baurat bei der Intendantur des Gardekorps zu ernennen sowie dem Regierungsbaumeister Porath, Vorstand, des Militärbauamts Mainz 1, den Charakter als Baurat mit dem persönlichen Range der Räte vierter Klasse zu verleihen.
Ministe rium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.
Königliche Technische Hochschule zu Berlin.
Bela nnt machung.
Die Technische Hochschule zu Berlin wird die Hun dert⸗ jahrfe ier der Erhebung der Nation am Montag, den 10. März . 3 Mittags 12 Uhr in der Halle des Hauptgebäudes be⸗ gehen.
Charlottenburg, den 22. Februar 1913.
Rektor und Senat Josse.
Ministerium für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten.
Dem Baurat Heimerle, bisher hauptamtlicher technischer Beirat der Generalkommission in Düsseldorf, ist unter Ver⸗ setzung nach Potsdam an Stelle des aus dem Staatgdienste beurlaubten Baurats Mahr (auftragsweise) die Stelle des meliorationstechnischen Regierungs- und Baurats für die Provinz Brandenburg übertragen worden.
Versetzt sind: der Regierungsbaumeister Sunkel, bisher Vorstand des seliorationsbauamts in Posen, nach Düsseldorf als haupt⸗ amtlicher technischer Beirat der Generalkommission für die Rheinprovinz und die Hohenzollernschen Lande und
der Regierungsbaumeister Otto Schroeder, bisher beim Meliorationsbauamt J in Oppeln, nach Posen als Vorstand des dortigen Meliorationsbauamts.
Kriegsministerium.
Die Gerichtsassessoren Dr. Fink, Bettinghausen gen. Betting und Lehmann (Georg) aus den Oberlandesgerichts⸗ bezirken Marienwerder, Cassel und Naumburg a. S. sind — unter Ueberweisung an die Intendanturen des J., II. und IVI. Armeekorps zu etatsmäßigen Militär-Intendantur⸗
assessoren ernannt worden.
Verzeichnis der Vorlesungen und J
an der Königlichen Technischen Hochschule in Hannover
im Sommerhalbjahr 1913.
Die Einschrelbungen erfolgen vom 1. bis 21. April 1913. Beginn der Vorlesungen und Uebungen am 10. April 1913.
Abteilung 1 für Architektur.
Mohrmann: Uebungen im Stil der frühgermanischen und frühchristlichen Kunst; Baukunst des Mittelalters J und 111; Ent⸗ werfen im Stil des Mittelalters. — Schleyer: Baukonstruktions⸗ lehre 11 für Archltekten; Land. und Stadtbau 1 und 1I; Bau⸗ materialienkunde. — Roß: Allgemeine Kunstgeschichte; Geschichte der Baukunst. — N. N.: Baukunst des Altertums II Bau⸗ kunst der neueren Zeit II und 1VE Uebungen in der Baisfunst des Altertumß; Entwerfen im Stil der neueren Zeit. — Dr. Ing. Michel: Statik der Baukunst 1 und II; Baukonstruktions⸗ lehre J für Architekten. — Halm huber: Grundlagen des ornamen⸗ talen Entwurfg; Innenarchitektur mit farbiger PVekoration; Bau— formenlehre I. — Kanold: Entwerfen und Detaillleren von Ge⸗ bäuden; Skizzieren und Entwerfen aus dem Stegreif; Neuzeitliche Bauaufgaben, Die aichitektonischen Aufgaben des Städtebaues. — Friedrich: Figurenzeichnen; Frethandzeichnen; Aktzeichnen. — Jordan: Freihandzelchnen; Architekturmalerei. Voigt: Land- schaftzeichnen und Aquarellieren. — Gundelach: Modellieren 1 und 1I. — Dr. -Ing Hölscher: Entwerfen einfacher Gebäude für Bauingenieure; Aichttekturzeichnen. — Dr. Haupt: Deutsche Renaissance 1; Aelteste Baukunst der Germanen. — Siebern: Denkmalpflege.
Abteilung für Bauingenieurwesen.
Dr.Ing. Hotopp: Mechanik für Bauingenieure 1 und II; Bewegliche Brüden — Dr. Oertel: Grundz ige der praktischen Geometrie; Praktische Geometrie — Planzeichnen; Geodäsie ]: Grundzüge der astronomischen Ortsbestimmung. — Dolezalek; Grundzüge der Ingenieur wissenschaft; Baukonstruktione lehre 1 und 11 für Bauingenieure; Uebungen in Baukonstruktionslehre I für
Bauin genieure. — Lang: Baustofflehre für Bauingenieure; Bau⸗ ingenieurlaboratorlum. — Quietme yer; Mörtelkunde J. — Oßen: Essenbetonbau; Bauingenieurwesen für Aichitekten II; Ent⸗ werfen von Eisenbauten. — Brug sch: Statik; Eisenbau; Uebungen im Eisenbau. — Dr.Ing. Blum: Eisenbahnwesen L. IL und III. — Dr.-Ing. Launhardt: Erd. und Straßenbau; Trassieren. — Danckwerts: Wasserwirtschaft Il; Uebungen im Entwerfen wasser⸗ wirtschaftlicher Anlagen. — Arnold: Wasserbau II.
Abteilung für Maschineningenieurwesen.
Fre se: Maschineningenieurlaboratorkum J und LI; Kinematik. — Troß ke: Eisenbahnmaschinenbau; Kraftwagenbau; Uebungen im Ent⸗ werfen von Fabrikanlagen und Eisenbahnhauptwerkstätten; Grundzüge des Eisenbahnmaschinenbaueß. — Klein: Maschinenzeichnen; Hebe⸗ zeuge und Pumpen; Entwerfen größerer Hebezeuge und Pumpen; Wasserhaltungs⸗, Förder und Gebläsemaschinen; Ausgewählte Kapitel aus Hebezeugen und Pumpen; Baumaschinen. — Weber: Mechanik 1; Ausgewählte Kapitel der Technischen Mechanik; Aeromechanik in sbrer Anwendung auf Motorluftschiffe und Flugzeuge. — Or Ing. Rachtweh: Allgemeine mechanische Technologie; Technologie der n fle, Fabrikationszweige der Faserstoffindustrie; Technologisches
raktikum mit besonderer Berücksichtigung der Faserstoffindustrie. — Rude loff: Maschinenelemente; Bau der Verbrennungskraftmaschinen. — Dr.Ing. Braun: Wasserkraftmaschinen. — Schwerd: Werk— zeugmaschinen; Fabrikorganisation und Betrieb; Ausgewählte Kapttel aus dem Gebiet der Maschinenfabrikation. — Franke; Dampfkraft⸗ maschinen; Entwerfen von Dampfmaschinen für Fortgeschrittenere; Ausgewählte Kapitel des Dampfmaschinenbaues; . für Bauingenieure. — Wilke: Maschinenmeßkunde. Dr.-Ing. Willkomm: Untersuchung und Prüfung von Terxtilstoffen, alle 14 Tage.
Abteilung für Chemie und Elektrotechnik.
Dr. Precht: Experimentalphysik; Arbeiten im Laboratorium der Phystk; Luftschiffahrt. — Dr. Leit häuser: Photographie; Clektrische Wellen und drahtlose Telegraphie. Dr. Se u bert: Grundzüge der Chemie; Arbeiten im Laboratorium der anorganischen Chemie. Dr. Eschwell er: Maßanalyse. —ͥr. Beh rend: Grund⸗ züge der organischen Chemie; Arbeiten im Laboratorium der organischen Chemie. — Dr. Decker: Einführung in die Patentliteratur; Synthese n Stoffe. — Dr. Ost: Zuckerindustrie und Gärungsgewerbe; Farbstoffe und Färberel; Arbeiten im Laboratorium der technischen Dr. Keppeler: Moorverwertung; Arbeiten im Labo⸗ Moorberwertung; Die Glasindustrie; Keramisches Dr. Bodenst ein: Angewandte Elektro⸗ Arbeiten im elektrochemischen
Chemie. ratorium für Praktikum JI und II. — chemie; Elektrochemische Uebungen; Institut; Uebungen in der Elektroanalyse. — Dr. Jänecke: Ent⸗ stehung und Verwertung unserer Kalilager. — Dr. Bergius: An⸗ wendung der physikalischchemischen Betrachtungsweise alf einzelne Zweige der chemischen Industrie. Dr, Wehmer: Ueber Enzyme ünd Enzymwirkungen; Technische Bakteriologie (einschl. Mykologie); Mikrofkopierübungen; Uebungen im bakteriologischen Laboratgrium.
Dr. TLaves: Grundzüge der physiologischen Chemie. — Dr. Erd— manntdörffer: Kristallographte 1. Teil; Grundzüge der Geologie. — Hoyer: Praktische Geologie 1; Geologie des nordwestlichen Deuffchlands. Dr. Schöndorf: Technisch wichtige Mineralien und Geffeine Deutschlands; Uebungen im Entwerfen und in der Ver⸗ wertung geologischer Karten und Profile. Dr. Kohlrrausch: Grundzüge der Elektrotechnik; Theoretische Elektrotechnik; Elektro⸗ technisches Laboratorium J, II und III. — Dr. Heim: Elektrische Anlagen II; Entwerfen von elektrischen Maschinen und Tranz⸗ sormatoren; Elektrische Bahnen; Elektrische Kraftühertragung für Maschmneningenleure. — Dr.-Ing. Beckmann: Praktische Elektro⸗ technik für Anfänger; Elektrotechnische Meßkunde Lund II Asynchron⸗ motoren. — Dr. Ing. Brückmann: Einführung in die Rechnung mit vektoriellen Größen; Deehstromkollektormotoren; Elektrotechnisches Seminar, alle 8 Tage Uebungen. — Dr. Hu mann: Elektrische Kabel.
Abteilung für allgemeine Wissenschaften, insbesondere Mathematik und Naturwissenschaften.
Dr. Kiepert: Höhere Mathematik II; Ausgewählte Kapitel der Rathemalik. — Sr. Müller: Höhere Mathematik 1 und III. — Sr. Rothe: Grundzüge der höheren Mathematik für Architekten und Chemiker; Ausgewählte Kapitel der Elastizitätslehre; Die Differentlalgleichungen der techaischen Mechanik. r. Rodenberg: Darstellende Geometrie; Darstellende Geometrie I. Dr. Heß: Botanik II; Die Feinde der Bauwerke im Tier⸗ und Pflanzenreiche; Dle Familie der Gräser. — Dr. Gehrig; Geld. Bank⸗ und Börse nwesen; Allgemeine Volkswirtschafis lehre; Grundzüge der Finanzwissenschaft; Volkswirtschaftliche und sozialpolitische Uebungen. = Dr Erdmann: Staats⸗ und Verwaltungsrecht. — Dr. Kasten: Englische Sprache und Literatur für Anfänger und für Geübtere. — Dr. Lohmann: Fianzösische Sprache und Litergtur für Anfänger und für Geübtere. — Dr. Köcher: Deutsche und allgemeine Geschichte im 19. Jahrhundert. — Nußbaum; Gewerbliche Gesundheitslehre. Dr. Geißler: Die erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen. — Dr. Deetsen: Grillparzers Leben und Werke. — Dr. Krüger: Wil⸗ helm Raabeß Leben und Werke. — Dr. Otto; Bakteriologischer Karfuß für Ansänger; Die Gefahren der Prostitution und ihre Ver⸗ hütung. — Dr. Lefs ing: Eneyklopäie der Philosophie; Aesthetik des Dramas und Theaters; Naturphilosophie; Kant; Erziehungs⸗ und Ünterrichtsfragen; Soziologie. — Dr. Bud de;: Experimentelle Pädagogik. — Riesenberg: Praktische Uebungen im Sprechen und Vortragen.
Hannover, den 15. Februar 1913.
Der Rektor der Technischen Hochschule. Mohrmann.
Aichtamlliches. Deutsches Reich.
Preus en. Berlin, 24. Februar 1913.
Seine Majestät der Kaiser und König besuchten, wie „W. T. B.“ meldet, heute vormittag den Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg.
Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.
Die 40. Tagung des brandenburgischen Provinzial⸗ landtages ist gestern im hiesigen Ständehause durch den Oberpräsidenten, Wirklichen Geheimen Rat von Conrad mit folgender Ansprache eröffnet worden:
, . Herren!
Vor wenigen Tagen hat die Verlobung der einzigen Tochter unseretz Kaiserpaares Ihrer Königlichen Hoheit der Prin essin Viktoria Lusfe mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Ernst August, Herzog ju Braunschweig und Lüneburg stattgefunden. Wie diese Nachricht im ganzen Reiche freudige Bewegung , hat, so war der Jubel in der Mark Brandenburg darüber besonders groß; denn wir Brandenburger, die wir nunmehr 500 Jahre lang Freud und Leid mit dem edeln Fürstengeichlecht der Hohenzollern geteilt haben, fühlen uns unserem erhab nen Herrscher und seinem J in Treue und Ergebenheit besonders nahe. Wir gedenken daher heute an erster Stelle des Kaiserlichen Hauses und des hohen Brautpaares mit
unsern ehrfurchtsvollen Glück⸗ und Segenswüns j
unsere Verhandlungen mit dem re r e, e n f bi bann Dankbarkeit für die Huld und Gnade, welche Seine Itrjeft tn und Allergnadigster Kalser, König und Markgraf unserer Provinz u Siehe Probinztallandtag auch im vorigen Jahre wieder bef Gele erh den grohen ö ĩnn,, hat. elt der
Indem i ie bei Wiederbeginn Ihrer Sitzungen ; kommen heiße, habe ich zunächst dem , , zu geben, daß seit unserer letzten Tagung sechs Mit um. durch den Tod aus unserer Mitte geschieden sind, darm ed . unser bisheriger verehrter Alterspräsident, der seit Einführung de Provinzialordnung dem Provinzialauschusse und dem Provinziallandta ; ununterbrochen angehört hat, ein Mann, der sich durch die n,, und Festigkeit seineg Charakters wie durch treue und gewissenhafte Pflichterfüllung gleich ausgezeichnet hat. Wir werden ihm und den anderen im Dienste der Provinz bewährten Männern ein treues und ehrendes Andenken bewahren. Außerdem haben zwel Mitglieder ihr Mandat wegen Verzug aus der ö niedergelegt. Die Ersatz⸗ wahlen haben bis auf eine stattgefunden und werden Ihrer Prüfung unterworfen werden.
Von der Königlichen Staatsregierung werden Ihnen dieseg Mal keine Vorlagen unterbreitet werden. Sie werden wiel mehr in der gegenwärtigen Session nur über solche Vorlagen zu be— schließen haben, welche Ihnen vom Provinzialausschusse unter— breitet werden und welche entweder dem Gebiete der laufenden Ver- waltung angehören oder welche dazu bestimmt sind, bereits beschlossene Einrichkungen weiter auszubilden oder der Provinz neue Aufgaben zu stellen.
Die von Ihnen im vorigen Jahre beschlossene Provinzial⸗Lebens— versicherungsanstalt Brandenburg ist unter dem 14. April v. J. Aller⸗ höchst genehmigt worden und hat am 15. Mai v. J. ihren Geschäftz— betrieb aufgenommen. Im Interesse der Verbreitung des Ver— sicherungsgedankens in weiteste Kreise hat sich die Aufnahme der Volksversicherung in den Geschäftsbetrieb der Provinzialanstalt als erwünscht herausgestellt; es wird Ihnen daher vorgeschlagen, zu diesem Zwecke der Provinzial ⸗ Lebensversicherunganstalt einen einmallgen Zuschuß von 50 009 6 durch den Etat zu bewilligen. Sodann hat die von ihnen im Vorjahre be— schlossene Aenderung der Brandenburgischen Feuerwehrunfallkasse die Allerhöchste Genehmigung gefunden; und schließlich ist in Ueber— einstimmung mit Ihrem Beschluß die Eingemeindung von Boxhagen— Rummelsburg in den Stadtkreis Lichtenherg durch Gesetz vollzogen worden. Die Stadt Lichtenberg ist damit in die Reihe der größten Städte der Provinz gerückt.
Bei den bevorstehenden Verhandlungen wird wiederum der Etat den Mittelpunkt Ihrer Beratungen bilden. Er ist mit gewohnter Vorficht und Sparfamkelt aufgestellt, und es ist daher gelungen, ihn ohne Erhöhung des im vorigen Jahre beschlossenen Zuschlags von 140½9 zum Staatssteuersoll zum Abschluß zu bringen.
Zum ersten Male erscheint im Etat eine Position von 30 000 4 zur Förderung der Jugendpflege, die ihre Begründung in besonderer Vorlage findet. Ich begrüße die beabsichtigte Beteiligung des Pro— vinzialverbandes an dem Werke der Heranbildung einer frohen, körperlich leistungsfähigen, sittlich tüchtigen, von Gemeinsinn un Gottesfurcht, Heimats⸗ und Vaterlandsliebe erfüllten Jugend mit befonderer Freude und hoffe, daß Sie der Vorlage Ihre Zustimmung nicht versagen werden.
Die umfangreichen und wichtigen Arbeiten zum Ausbau der nicht schiffbaren Spree, der Lausitzer Neisse und des Bobers sind innerhalb der Provinz Brandenburg gemäß den Bestimmungen des Gesetzes vom 4. August 1904 nunmehr zum Abschluß gelangt. Die Uebergabe der Flußstrecken an den Provinzialverband hät stattgefunden, der damit die neue verantwortungs volle Aufgabe der dauernden künftigen Unterhaltung dieser Flußläufe in vollem Umfange übernommen hat. Wenn Staat und Provinz bei dem Ausbau sich auch in erster Linie von dem Interesse der besseren Abführung gefahr, lichen Hochwassers leiten lassen mußten, so ist es doch gelungen, dabei gleichzettig auch an vielen Stellen den Forderungen der unmittelbaren Landeskultur vor allem durch Wiesenanlagen in den Vorländern oder durch Absenkung zu hoher Wasserstände gerecht zu werden. Eine Er⸗ gänzung dieses wichtigen Werkes plant die Provinzialverwaltung durch den Ihnen in befonderer Vorlage vorgeschlagenen Ankauf der beiden Amtz⸗ mühlen in Lübben. Die Beherrschung des Staues dieser Mühlen würde für weite Wiesenflächen und damit für eine vermehrte Viehhaltung von Bedeutung sein können. Diesen Zwecken der Wiesenmelioration und der Hebung der Viehzucht dient auch ein neuer von Staat und Provinz in ähnkicher Weise wie der Ostfonds zu schaffender und zu derwaltender Fonds zur Urbarmachung von Niederungsmooren, über deffen Begründung Ihnen eine besondere Vorlage zugeht. Außerdem werden Ihrer Beschlußfassung noch Vorlagen, betreffend die Ergänzung der Satzung des Pfandbriefamtes, den Bau einer Hebam menlehranstalt für die ganze Provinz und die Errichtung eines Viehversicherungt⸗ verbandes innerhalb der Provinz, unterbreitet werden. Schließlich möchte ich noch zwei Vorlagen besonders hervorheben, die die Förderung det Verkehrs innerhalb der Provinz bezwecken, nämlich die stärkere Be⸗ teiligung des Provinzialverbandes an der Bahn Reinickendorf⸗ Lieben walde, sowie eine Vorlage wegen Uebergabe des Kanals von Leibsch nach der Dahme an den Staat, weil er in Zukunft auch dem Schlfft⸗ verkehr gewidmet werden soll, während er seiner ursprünglichen Be⸗ stimmung nach nur der schnelleren Abführung schädlicher Spree— hochwässer dienen sollte.
Meine Herren! Sie sehen, daß Sie wichtige und zum Teil umfangreiche Vorlagen beschäftigen werden. Mögen Ihre Be⸗ ratungen und Arbeiten auch diesesmal der Provinz Brandenburg zum Wohle gereichen und ihr reichen Segen bringen. Mit diesem aufrichtigen Wunsche erkläre ich kraft der mir erteilten AÄllerhöchften Vollmacht die 40. Tagung des Provlnziallandtages für
eröffnet.
Hierauf wurden die Verhandlungen von dem Alters, präsidenten eröffnet und, nachdem der Majoratsbesitzer Graf von Arnim-Boitzenburg zum Vorsitzenden gewählt war nach einem dreifachen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, in das die Versammlung begeistert einstimmte, weiter=
geführt.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Möwe“ am 21. Februar in Lindi eingetroffen.
Großbritannien und Irland.
Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, haben die Mächte auf den letzten Schritt der Türkei, durch den sie um ihre guten Dienste ersucht wurden, darauf hingewiesen, daß ihre an die Pforte gerichtete gemeinsame Note noch nicht angenommen
worden sei. . Frankreich.
Der Minister des Aeußern Jonnart bestätigte in der vorgestrigen Sitzung des Minist err ats, daß Schukri asth⸗ der Pforte aus Adrianopel telegraphiert habe, er habe h Einvelnchmen mit den Konsuln den Stadtteil Karagäsch 6. neutrale Zone für die Frem den kolonie bestimmt ö Ministerrat begann sodann die Prüfung militãrischer 6 ö.
= Der in Marseille abgehaltene Kongreß des . . kanisch-fozialistifschen Verbandes des Depgrtemell— Rhoönemündungen hat beschlossen, von dem Vollsuge un ; der Partei die Streichung Millerands zu verlang uiffen dieser als Kriegsminister verschiedene Maßnahmen ö in, a die den republikanisch⸗sozialistischen Grundsätzen z iefen.
Italien.
n der Deputiertenkammer hielt der Minister des Aeußern Marquis di San Giuliano vorgestern eine mit Heifall aufgenommene programmatische Rede über die aus⸗ wärtige Politik. Nach dem Bericht des, W. T. B.“ führte
der Minister aus:
Mehrere Redner haben mit scharfen Worten der Kritik an der europãisch en Diplomatie nicht gespart, aber wenn diese sich nicht an die Stelle der großen bestimmenden Kräfte der Geschichte setzen kann, wenn man diesen letzteren häufig die endgültige Lösung ben größten politischen Probleme überlassen muß, so bleibt es darum uicht minder wahr, daß es der Diplomatie bis jetzt gelungen ist, egenüber so großen Verwicklungen einander entgegenstehender Interessen den Frieden Europas aufrecht zu erhalten. Zeit. dreiundvierzlg,. Jahren gab es keinen Krieg, mehr swischen den europälschen Mächten, und wenn die Diplomatie ju diesem Ergebnis die friedliche Lösung, der Balkankrise und den friedlichen Ausgleich der mehr oder weniger direkt von den Balkanereignissen betroffenen Großmächte hinzufügen wird, so wird sie sich sicher damit ein großes Verdienst Erworben haben. Ihre Aufgabe pid durch die Tatsache erleichtert, daß alle Völker und alle Regie⸗ nungen ein sehr starkes Gefühl für ihre Verantwortlichkeit und für hre Pflicht besitzen, nicht einen so ernsten und schrecklichen Konflikt zus unangemessenen Gründen sich entfesseln zu lassen. Unsere intime iebereinstimmung mit Oesterreich-Ungarn und die Herzlichkeit unserer Bezlehungen zu Rußland werden sicher zu diesem wohltätigen Er⸗ gebnig beitragen. .
Die Formel des territorialen status duo auf dem
Balkan, die hundert Jahre hindurch die Richtschnur der europãischen Diplomatie gewesen ist, war und ist noch immer ein Gegenstand der Riitik. Aber man darf nicht vergessen, daß das lange treue Festhalten an dieser Formel für die Türkei die Wirkung gehabt hat, den Verlust ihrer europäischen Provinzen bis zu dem Tage zu verzögern, an dem die Balkanvölker reif waren, ihre. Erbschaft anzutreten. Die lange Aufrechterhaltung der vorläufigen Formel vom atus quo hat heute die Anwendung der endgültigen Formel: „Der Balkan den Balkanvölkern“, ermöglicht. Das ist eine Lösung, die sowohl den Interessen und den liberalen Prinzipien Italiens, als auch dem allgemeinen Interesse des europäischen Friedens entspricht. Gine solche Lösung muß sobald wie möglich verwirklicht werden; es muß eine endgültige Lösung fein, die fur viele Jahre den Frieden für die Balkanhalbinsel und für Europa sichert. Dieses Ergebnis kann nur erreicht werden, wenn das Verhältnis der Territorien auf dem Balkan soweit wie möglich den ethnographischen und geographischen Bedingungen des Landes und den Wünschen und Interessen der Be⸗ pölkerung entspricht. Diese müssen jedoch versöhnt und in gewissen Fällen dem höchsten Ziel der Zivillsation und des Friedens unter⸗ geordnet werden, mit anderen Worten, der Notwendigkeit, die materiellen und moralischen Interessen der europäischen Großmächte in Uebereinstimmung zu bringen. In einer Krisis, wie der gegenwärtigen, wo so viele entgegengesetzte Inter⸗ efsen im Splele sind und eine so große Menge Zündstoff überall verstreut ist, kann keine große oder kleine Macht hoffen noch verlangen, daß alle ihre Interessen und alle ihre Wünsche vollständig befriedigt werden, sondern es ist notwendig, daß ede einige Opfer bringt, und daß die auseinander, gehenden Interessen und widerstreitenden Bestrebungen durch eine Reihe Censeitiger Zugeständnisse ausgeglichen werden. Die Politik Faäliens richtet sich nach diesen Grundsätzen. Vor dem Ausbruch des italienisch türkischen Krieges waren noch zwei große Probleme für uz offen: das Gleichgewicht in der Adria und das Gleichgewicht im Mttelmeer. Das Gleichgewicht in der Adria ist eine Frage, dank dem innigen Zusammenarbeiten zwischen Italien und Oester⸗ nich Ungarn, der Mitwirkung Deutschlands und dem hochherzigen und fäedlichen Geiste und der Gerechtigkeit der anderen Großmãchte gelöst worden ist. Sie sind heute in gleicher Weise willens, das gegenwärtige Gleichgewicht im Mittelmeer tatsächlich aufrecht ju erhalten. Wir freuen uns dieser Uebereinstimmung, die unseren Anschauungen und unseren Interessen entspricht. Der Besitz Libvens hat für Italien das Problem det nordafrikanischen Gleich⸗ gewichts gelöst, aber sicher nicht unser Interesse an der Aufrecht⸗ erhaltung des allgemeinen Gleichgewichts im Mittelmeer ver⸗ mindert. Oesterreich⸗Ungarn hat die gleichen Interessen wie wir, was die gegenselitige Freundschaft der beiden verbündeten Regierungen verstärkt. Wenn durch die Macht der Ereignisse gegen unseren Willen und gegen den unserer Verbündeten und aller Großmächte früher oder später erhebliche territoriale Veränderungen im Mittel. meere eintreten sollten, könnte Italien dabei kein müßiger Zu⸗ schauer bleiben, sondern müßte verlangen, daß seine Stellung als Mittelmeergroßmacht von jedermann gebührend berücksichtigt werde. Das Mittelmeer ist heute nicht mehr wie im griechisch⸗römischen Altertum das einzige Zentrum der Zivilisatlon, aber seine Be⸗ deutung für die Welt hat sich deswegen nicht verringert, Im Gegen— teil, es ist heute der Schnittpunkt der Verbindungen zwischen Europa, allen Ozeanen und allen Kontinenten geworden. Seine Bedeutung ist unter diesem Gesicht punkt größer geworden. Niemand mehr hat heute, noch jemals in Zukunft das Recht, das Mittelmeer mare nostrum“ zu nennen. Es ist und muß die freie Bahn der Nationen bleiben, wo keine Nation die Herrschaft haben kann und darf, an dem aber alle Anteil haben sollen. Einen der ersten plig⸗ unter diesen Nationen hat sich Italien erobert und wird ihn auch bewahren. Die gegenwärtige Lage im Becken des Mittelmeeres tut unseren polltischen und wirtschaftlichen Interessen Genüge, und wir wünschen lebhaft, ebenso wie die übrigen Großmächte, daß sie aufrechterhalten bleibe. Auf dieser Grundlage werden unsere nachbarlichen Beziehungen zu Frank— reich und England in Afrika weiterhin von dem billigen und freund⸗ schaftlichen Geiste der bestehenden Abkommen getragen. Wir werden wahrscheinlich entsprechende Abkommen auch mit Spanien abschließen, well beide Rationen wünschen, ihre herzlichen freundschaftlichen Be⸗ ziehungen immer mehr zu stärken.
Die territoriale Integrität der asiatischen Türkei ist von allen Mächten altz einer der wesentlichen Faktoren für das gegen⸗ wärtige Gleichgewicht und als wirksame Garantie für den europaäͤischen Frieden anerkannt worden. Wir hegen das Vertrauen, daß die Türket, wenn sie nicht mehr zur Verteidigung ihrer europäischen Provinzen gejwungen ist, die sie durch die Natur der Dinge selbst in beständiger Gefahr wußte, unter ruhigen und sicheren Bedingungen ihren asiatischen Besitz festigen können wird, und wir hahen ferner das Vertrauen, daß sie in der wirtschaftlichen Tätigkeit Italiens einen Faktor der Ent⸗ wicklung und des Fortschritis erblicken wird, der ihr kein Mißtrauen einflößen kann und keinen Verdacht, daß wir zu ihrem Schaden terri⸗ torlale Absichten hegen.
Wenn die Türkei, wie wir anzunehmen Grund haben, uns gegen über in loyaler Weise den Vertrag von Lausanne erfüllt, wenn sie unserem Handel, unserem Kapital und, unseren Landsleuten gegen⸗ über eine Politik einnimmt, die von ihren wahren Interessen ein⸗ gegeben ist, so wird sie in Italien einen zuverlässigen Freund finden. Nachdem die libysche Frage endgültig gelöst worden sst, hat jeder Grund zu Unstimmigkeiten zwischen Italien und der Türkei zu bestehen aufgehört, weil nicht allein jeder Interessen⸗ gegensatz zwischen den beiden Ländern fehlt, sondern weil diese nun⸗ mehr auch piele und große gemeinsame, Interessen haben. Die territoriale Integrltät der asiatischen Türkei, die eine gleich⸗ artigere Zusammensetzung aufweist als die europäische, die Entwicklung ihrer Wohlfahrt und die Verbesserun der Lebengbedingungen ihrer Völkerschaften bilden für talien ein Interesse erster Ordnung. Wir wollen hoffen, daß die leitenden ottomanischen Kreise, ohne sich durch vereinzelte und unzuständige Stimmen täuschen zu lassen, sich von dieser Wahr— eit überzeugen werden. Inzwischen verfucht Italien und wird es auch weiter versuchen, der Türkei greifbare Beweise der Freundschaft zu geben, und wird mit den anderen Mächten zusammenarbeiten, da⸗
mit der Friede sobald als möglich wiederhergestellt wird und der Türkei nur der Schaden erwächst, der unvermeidlich ist und der von dem Ausgange des Krieges abhängt.
Belgien.
Die Bürgermeister der neun Provinzialhauptstädte waren gestern im Rathause in Brüssel versammelt, um über die durch den drohenden Generalstreik geschaffene Lage zu bergten. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde beschlossen, einen Appell an die Arbeiter zu richten, in dem sie ersucht werden, im Interesse des Friedens auf den Generalstreik zu verzichten; ferner wurde beschlossen, eine Audienz beim Ministerpräsidenten zu erbitten, um ihn zu ersuchen, bei Verzicht der Arbeiter auf den General⸗ streik in voller Freiheit an die Lösung der Wahlrechtsfrage heranzutreten. Zwei katholische Bürgermeister enthielten sich bezüglich des letzten Wunsches der Abstimmung.
Türkei.
Infolge der von den Militärbehörden in den Pro⸗ vinzen vorgenommenen Requisitionen von Waren, die fremden Untertanen gehören, überreichten die Botschafter vorgestern der Pforte eine gleichlautende Note, in der sie nach einer Meldung des Wiener K. K. Telegraphenkorrespondenzbureaus zur An⸗ wendung des Requisitionsgesetzes formelle Vorbehalte machen und erklären, Requisitionen könnten nur geduldet werden, wenn ein Konsulatsvertreter behufs Abschätzung der requirierten Gegenstände zugezogen und wenn der Wert dieser Gegenstände bar oder durch Wechsel auf die Ottomanbank be⸗ zahlt werde.
— Der italienische Botschaftsrat Aldorandi Mares⸗ cotti ist gestern in außerordentlicher Mission in Konstantinopel eingetroffen.
— Nach Meldungen des „W. T. B.“ hat der Komman⸗ dant von Adrianopel den dortigen Konsuln den Beschluß der Regierung mitgeteilt, daß es den Ausländern freistehen solle, sich in die in der Vorstadt Karagatsch eingerichtete neutrale Zone zu begeben. Die Konsuln haben ihren Bot— schaftern funkentelegraphisch dargelegt, daß dieser Auszug der Fremdenkolonien auf die einheimische Bevölkerung einen pein⸗ lichen Eindruck machen werde, und angefragt, ob sie von der Erlaubnis der Regierung Gebrauch machen sollten. Die türkische Presse hat schon vor mehreren Tagen die Frage auf⸗ geworfen, warum die Erlaubnis zum Auszuge in die neutrale Zone nur für die Ausländer und nicht auch für die Frauen und Kinder der Einheimischen verlangt werde.
. Der amtliche türkische Kriegsbericht vom 21. Februar esagt:
Der Artilleriekampf vor Adrianopel dauerte zwanzig Stunden. Ein von dem russischen Leutnant Nikolas gelenkter bulgarischer Aeroplan fiel gestern innerhalb der Verteldigungslinie von Adrianopel nieder. Der Leutnant wurde mitsamt dem Flugzeug gefangen genommen. Bei Bulair ist in der militärischen Lage keine Veränderung eingetreten. Vor Tschataldscha wurde um 3 Uhr Nachmittags eine starke feindliche Kolonne, die aus Infanterie, Artillerie und Kavallerie bestand, in der Umgebung von Kadiköj wahrgenommen. Die Kolonne rückte gegen die Anhöhe Sivritepe bei der Ortschaft Sür⸗ günköj vor und begann ein Gefecht mit unserer dort befindlichen Ab⸗ teilung. Der Kampf dauerte bis 5 Uhr Nachmittags. Der Feind mußte sich gegen Kadiköj zurückziehen. Gleichzeitig rückte eine andere feindliche aus Infanterie und Artillerie zusammengesetzte Kolonne gegen Alissu vor und besetzte die Anhöhen, die 16 km westlich von dieser Stellung liegen. Ein Bataillon freiwilliger Kurden unternahm jedoch Nachts einen Angriff, durch den diese Höhen zurückgewonnen wurden.
Der offizielle Kriegsbericht vom 23. d. M. meldet:
Gestern hat der Feind die Beschießung von Adrianopel fort— gesetzt. An der Ostfront fand ein Artilleriekampf statt. Vor Butair sind keine Veränderungen eingetreten. An der Tscha⸗ taldschalinie ist der Feind damit beschäftigt, die im Westen von Tschiftkö5ö gelegenen Anhöhen zu befestigen. Unsere Erkundungs⸗ kolonnen sind in Tätigkeit.
Nach türkischen Angaben übersteigen die türkischen Verluste in den bisherigen Kämpfen seit der Wiederauf nahme der Feindseligkeiten kaum 1500 Mann. Die Zahl der in Konstantinopel in Pflege befindlichen Verwundeten übersteigt nicht 500. Die anderen Verwundeten befinden sich in Galli⸗ poli und in den Dardanellen in Pflege, wo die Schulen in Ambulanzen umgewandelt worden sind. Der türkische Rote Halbmond hat beschlossen, 50 000 Pfund für die Pflege der Verwundeten und weitere 50 000 Pfund für die Unterstützung der mohammedanischen Flüchtlinge auszusetzen.
Bulgarien.
Die Vertreter der Großmächte haben gestern nach einer Meldung der „Agence Bulgare“ einzeln den Schritt beim Ministerpräsidenten und Minister des Aeußern Geschow unternommen, dem sie den dringenden Rat erteilten, die Lösung der bulgarisch⸗rumänischen Streitfrage der Entscheidung der sechs Großmächte zu unterwerfen. Der Ministerpräsident Geschow erwiderte, er werde darüber dem Ministerrate be⸗ richten und sodann die Antwort mitteilen.
— Die Regierung hat den Vertretern der Mächte zur Kenntnis gebracht, daß sie dem türkischen Beschlusse, eine neu trale Zone in Karagatsch für die Frem denkolonien von Adrianopel zu schaffen, nicht zustimmen könne und in dieser Frage nach wie vor an der von der Pforte selbst vor⸗ geschlagenen ursprünglichen Lösung festhalte, wonach die Fremden die Bewilligung erhalten sollten, die türkischen Linien zu ver⸗ lassen. Diese Lösung sei im übrigen menschlicher, da sie alle Gefahren ausschließe, die aus Epidemien, Hungersnot und den Unbilden der Jahreszeit entstehen könnten.
Amerika.
Nach Meldungen des „W. T. B.“ sind der frühere Präsident von Mexiko Madero und der frühere Vizepräsident Suarez gestern erschossen worden, als man bei ihrer Ueber⸗ ührung nach dem Gefängnis den Versuch machte, sie zu be⸗ reien. Wie der Präsident Huerta mitteilt, griff um Mitter⸗ nacht eine Schaar von fünfzig Mann die aus hundert Rurales bestehende Eskorte der Gefangenen an. Diesen wurde befohlen, die Wagen zu verlassen, worauf sie von einer Wache von 30 Mann umgeben wurden, während die übrigen Rurales das Feuer erwiderten. Der Kampf dauerte 20 Minuten. Nach seiner Beendigung wurden Madero, Suarez, zwei Rurales * . Bürger tot aufgefunden. Die Angreifer ergriffen die Flucht.
Der Präsident Taft hat seinem Bedauern über den Tod Maderos Ausdruck gegeben und erklärt, daß er darin keinen Grund zur Intervention erblicke.
Asien.
Der japanische Landtag tritt morgen zusammen. Wie „W. T. B.“ meldet, sind Baron Osakti und seine An⸗ hänger aus der Seiyukwai⸗Partei ausgetreten und stellen selbst ein Parteiprogramm auf, in dem sie eine strikte Parteiregierung fordern. Die Seiyukwai hielten gestern nachmittag eine Generalversammlung ab. Alle Minister waren anwesend und die Minister der — 864 des Ackerbaus und des Verkehrs traten formell der Partei bei. Der Premierminister sagte in einer Ansprache, er habe der Partei seit ihrer Gründung durch den Fürsten Ito sympathisch gegenübergestanden. Er würde ihren Grundsätzen und ihrem Programm und der Politik des Kabinetts Saionji folgen.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Nachdem in Crefeld die Verhandlungen eine Einigung zwischen den Färbereibesitzern und den Seidenfärbern (ogl. Nr. 47 d. Bl.) nicht zustande gebracht haben, sind, wie die „Köln. Ztg.“ mitteilt, am Sonnabend sämtliche Färber in den Ausstand getreten. Es handelt sich um 2652 Arbeiter und Arbeiterinnen, von denen 2300 organisiert sind, und zwar 2009 im deutschen Textilarbeiter⸗ verband und 300 im christlichen Verband.
Aus Saarbrücken wird dem „W. T. B.“ gemeldet: Eine Versammlung der Zahlstellenvorsitzenden des Gewerkvereins christ licher Bergarbeiter beschloß gestern nachmittag die endgültige Beendigung der Lohnbewegung der Saarbergleute. Bekanntlich hatte eine Vertreterver⸗ sammlung am 29. und 30. Dezember 1912 beschlossen, einen Waffenstillstand eintreten zu lassen, nachdem die Königliche Bergwerkadirektion die Erklärung abgegeben haite, die Löhne der Berg⸗ leute erhöhen zu wollen. Die angestellte Erhebung hatte ergeben, daß eine bemerkbare, teilweise sogar wesentliche Lohnerhöhung eingetreten ist. Die Versammlung sprach die Erwartung aus, daß der Fiskus auf Gruben, wo die Löhne noch nicht zufriedenstellend sind, noch eine Lohnerhöhung vornehmen und die Löhne bei weiterer guter Geschäfts lage noch weiter erhöhen werde.
(Weitere Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Kunst und Wissenschaft.
Der Kapitän Staxrud ist, wie W. T. B. meldet, endgültig zum Leiter der Hilfsexpedition nach Spitzbergen aus- ersehen. Die Expedition wird aus neun Mann, darunter drei Lappen, bestehen.
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus.
Im Königlichen Schauspielhause hlelt Dr. Leopold Schmidt gestern in der Mittagsstunde einen Vortrag, der dazu bestimmt war, in Strauß - Hofmannsthals Bühnenwerk Ariadne auf Naxos“ einzuführen. Im wesentlichen gab Dr. Leopold Schmidt eine Wiederholung seines im November vorigen Jahres im Saal Bechftein gehaltenen Vortrags, dessen Inhalt im Konzertbericht in Nr. 267 v. J. dieses Blattes ausführlich wieder⸗ gegeben worden ist. Eindringlich und klar war auch gestern seine Rede, die nicht allein bewies, daß der Vortragende seinen Stoff völlig beherrschte, sondern auch, daß er mit voller Ueberzeugung und mit Wärme für die von ihm gepriesenen Schönheiten der Straußschen Musik eintrat. Eine wesentliche Erleichterung des Verständnisses seiner Ausführungen, die er im Saal Bechstein nur durch den Notbehelf eines Klaviers musikalisch hatte erläutern können, war gestern die Mitwirkung des von Strauß vorgeschriebenen Kammerorchesters unter der Leitung von Leo Blech, das charakteristische Stellen der Partitur an geeigneter Stelle erklingen ließ, sowie von Mitgliedern der Königlichen Oper: Frau Denera (Ariadne), Frau Andrezewa⸗ Skilondz Zerbinetta) und Frau Easton (Sängerin). Sie fanden, ebenso wie der Vortragende selbst für seines dankenswerte Tat, den lebhaftesten Beifall der Zuhörer.
Schillertheater O. (Wallnertheater').
Paul Lindaus bekanntes Schauspiel Der Andere“ wurde am Sonnabend auf der Bühne in der Wallnertheaterstraße neu einstudiert mit gutem Erfolg gegeben. Durch die vortreffliche Rollenbesetzung wurde der dem Psychologen wohlbekannte Vorgang der Spaltung der Persönlichkeit in überzeugender Weise dargestellt. Karl Noack wußte der Hauptrolle des Dr. Hallers innerlich wie äußerlich voll zu entsprechen. Ein ganz anderer Mensch schlen dem Zuschauer vor Augen zu treten, sobald das Tages⸗ bewußtsein ausgeschaltet war und die krankhaften Vorstellungen des Traumlebens einsetzten Ebenso bewundernswert wurde dann wieder das allmähliche Erwachen und die aufdämmernde Erkenntnis der unbewußt begangenen verbrecherischen Handlungen sowie die völlige Genesung bon dem gewandten Künstler veranschaulicht. Unterstützt wurde er hierbei wirksam von Adolf Kurth. (Professor Feldermann), Harry Förster (Privatsekretär Kleinchen), Otto Tetroe (Polizeikommissar), Jessie Hold (Rote Male) und Karl Elzer (Karl Dickert). Besonders stellte der zuletzt genannte Künstler einen Verbrechertyp mit erschreckender Naturwahrheit hin und bildete auch bei der Szene im Verbrecherkeller des Wirts zur ‚Lahmen Ente“ (durch Adolf Joseph ausgezeichnet verkörpert) die wirksame Hauptfigur. Alle Mitwirkenden vereinigten sich unter Willy Beckers anerkennenswerter 8e. zu geschlossenem Zusammenspiel und fanden den wohlverdienten Belfall des vollbesetzten Hauses.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Dienstag, Violetta“ (La iFraviata) wiederholt. Frau H. Bosetti singt als Gast die Titelrolle, Herr Jadlowker den Alfred, Herr Bronsgeest den Germont. Dirigent ist der Kapellmeister von Strauß. — In der für Sonnabend, 1. März, angekündigten Aufführung von „Bajazzt“ wird Herr Bernal Resky, früheres Mitglied der Metropolitan Opera und des Kaiserlich Russischen Theaters in St. Petersburg, die Rolle des Tonio singen.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Otto Ernsts Lustspiel ‚Tlachsmann als Erzieher. aufgeführt. Die Haupt⸗ rollen spielen die Damen Heisler, Buße, Meyer und Abich sowie dle Derren Vollmer, Boettcher, Eggellng. Pohl, Patry, Werrack, Vallentin, von Ledebur, Stange und Eichholz.
Das 7. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle unter der Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Richard Strauß
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