1913 / 50 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 26 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

von der Insel Euböa war eine höchst . Wahl des Archi⸗ tekten. Bedeutend wirkt aus der Mitte der Kirche gesehen auch die Orgelempore unter 0 säulengetragenen, mit Mosaik bedeckten Gewölben, die ähnlich so auch die Decke der Langschiff⸗. emporen bilden. In diesem westlichen Teil des Langschiffes reiht sich QLunstwerk an Kunstwerk, seien es Reliefs in weißem Sandstein, Mosaikbilder oder Glasfenster von solcher Feinheit der Heistellung, daß man versucht ist, was zartester Glasfluß ist, für einen dünnen Belag aufgetragener Farbe zu halten. Hier erzählt fast jede Nische von kostbaren Geschenken, die zu höherem Schmuck der r. ihr von begüterten Stiftern und Stifterinnen zugewendet worden find. Ein nicht hoch genug zu schätzender Reiz des Innenschmucks ist der Wahl des Farbentons aller größeren Mosaikarbeiten zu danken. Man hat es vermieden, leuchtendes Goldmosaik zu verwenden, und statt dessen ein Gemenge zahlreicher Schattierungen in gelblichen, grün lichen und Orangetönen benutzt, zum Teil, wie in der großen Vierung in verschiedenster Musterung, auch in einfachen Linien, zum anderen Teil, wie in den Querschiffen, ohne jegliche Musterung durch ganz willkürliche Mischung der genannten Grundtöne mit Goldsteinchen. Es ist besonders erfreulich, daß alle diese Mosaiken einschließlich der Hervorbringung jener einfachen harmonischen Wirkung das Werk der Deutschen Glasmosaikfabrik Puhl u. Wagner in Neukölln sind. Es ist an dieser Stelle nicht möglich, volle Rechenschaft zu geben von den zahlreichen Bildern von Aposteln, Kirchenvätern, Engeln und Erz⸗ vätern, die als Skulpturen, als Glasbilder oder wie die vier gewal⸗ tigen, 6 m großen, auf Wolken schwebenden Erzengel oberhalb der großen Vierung als Mosaikbilder Teile des Gotteshauses bilden; aber noch einmal muß auf die großen Fensterrosen mit ihrem funkelnden Schmuck herrlichster Glasbilder hingewiesen werden, von deren magischem Licht zumeist der zauberische Reiz dieses Kircheninnern von großer Schönheit ausgeht und bedingt ist.

Doch man darf bei einer Schilderung der Kaiser⸗Wilhelm— Gedächtniskirche, die, verglichen mit dem hler entfalteten Reichtum edelster Architektur und Kunst, immer nur dürftig sein kann, jenen Teil der Kirche nicht unbeschrieben lassen, der wesentlich dem Ge⸗ dächtnis an den ersten Hohenzollernkaiser gewidmet ist, die oben schon in ihrer , , in das Gesamtbild erwähnte „Gedächtnishalle“. Der farbige Mosaikboden zeigt in der Mitte den Erzengel Michael. Die Gurtbögen des Gewölbes ruhen zu beiden Seiten auf roten schwedischen Granitsäulen mit Sandsteinkapitälen. Dem mittelsten Hauptportale gegenüber befindet sich die große Tür, die in das Innere der Kirche führt. Den beiden Seitenportalen gegenüber liegen die mit Marmorreliefs bedeckten breiten Pfeiler, deren einleitend als Träger des Turmes ge⸗ dacht wurde. Kennzeichnend für die eigentliche Bestimmung der Halle, das Gedächtnis an Kaiser Wilhelm J. wachzuerhalten, sind die hier in großer Fülle vertretenen Erinnerungen an ihn und sein Haus. Die gesamte untere Fläche des Gewölbes zeigt äber reichorna⸗ mentiertem Fries im glänzenden Zuge Hohenzollernfürsten und Fürstinnen; links beginnend mit dem ersten Kurfürsten und seiner Gemahlin, rechts endend mit dem gegenwärtigen Kaiser und seiner Gemahlin, die hohe Frau im Silberkranz ihrer am 27. Februar 1906 gefeierten silbernen Hochzeit. Unter⸗ halb dieses Zuges der Hohenzollern befinden sich zwei große Reliefs in Carraramarmor: das linke Kaiser Wilhelm J. als jungen Leutnant in der Schlacht bei Bar sur Aube zeigend, wo er die ,, . empfing, das rechte den greisen Herrscher sinnend auf einem

armorsessel sitzend darstellend, während zu seiner Rechten die Ge⸗ stalt des Kronprinzen, zur Linken die des jugendlichen Prinzen Wilhelm stehen. Im ührigen ist der Jnnenschmuck der Gedächtnishalle über⸗ reich an Gestalten aus der deutschen Geschichte, und nächst Karl dem Großen, Otto dem Großen und Rudolf von Habsburg wlederholen sich noch mehrfach Bilder von Kaiser Wilhelm, z. B. in Beratung mit Bismarck, Moltke und Roon. Auch den Helden des Befreiungskrieges siad Darstellungen gewidmet. Gedenkt man nun nach dankbarem Genießen dieser Fülle künstlerischen Schmuckes seines Innern der herrlichen äußeren Erscheinung des Bauwerks, wie es sich besonders schön vom Wittenbergplatz dem bewundernden Auge darbieret, so darf gehofft werden, daß die Nachwelt nicht weniger als die Mitwelt an erkennen wird, daß hier ein Werk geschaffen ist, daß gleich den großen Domen im Deutschen Reiche fernen Zeiten noch bezeugen wird, daß im 20. Jahrhundert das deutsche Volk nicht weniger idealen Sinnes gewesen ist als die Zeitgenossen eines Erwin von Steinbach!

Theater und Musik.

Eingetretener Hindernisse wegen . die . morgen, Donnerftag, im Königlichen Opernhause angesetzte e n. von Rigo⸗ letto“ ausfallen. Dafür wird Der fliegende Holländer“ in nach⸗ stehender Besetzung gegeben: Holländer: Herr Blischoff; Senta: Frau Kurt; Mary: Frau bon Scheele⸗Müller; Erik: Herr Kraus; Daland: Herr Schwegler; Steuermann; Herr Philipp. Dirigent ist der Kayellmeister von Skrauß. Die für die 56. Dauerbezugsvorstellung zu Rigoletto“ an der Theaterkasse gekauften Eintrittskarten behalten Gultigkeit für die neuangesetzte Vorstellung .Der fliegende Holländer“, können aber . an der Vormittags⸗ und Abendkasse (bis zum Beginn der Vor⸗ stellung) gegen Erstatlung auch der Vorverkaufsgebühr zurückgegeben werden. Eine spätere Zurücknahme der Eintrittskarten findet nicht statt.

Im Königlichen Schauspielhause findet morgen die Erst⸗ aufführung von Richard Strauß „Ariadne auf Naxos“ statt. Fräulein Artöt de Padilla, die als erste der heimischen Vertreterinnen die vom Komponisten besonders für sie eingerichtete Partie der „Zer⸗ binetta! hier singen sollte, ist durch eine leichte Erkältung, vor allem aber durch die Allerhöchst befohlene Mitwirkung in dem heutigen Hofkonzert zu Ehren der dänischen Majestäten an der Teilnahme an den letzten Proben behindert gewesen. Somit wird die Königlich bayerische Kammersängerin Frau Hermine Bosetti, die auf besondere Einladung der Generalintendantur bereits für die zweite Aufführung gewonnen war, in der morgigen Erstaufführung singen. Die Ariadne singt Frau Hafgren⸗Waag, den Bacchus: Herr Jadlowker. Die Damen Easton, Andrejewa⸗Skilondz, Ober sind als Echo, Najade, Dryade beschäftigt, die übrigen Personen des Intermezzos durch die Herren Hoffmann, Sommer, Mang, Henke vertreten. Die mustkalische Leitung hat der Kapellmeister Blech. Die Hauptrollen des vorangehenden Mollereschen Lustspiels „Der Bürger als Edel⸗ mann“ sind folgendermaßen besetzt: Jourdain: Herr Vollmer; Frau Jourdain: Frau Butze; Dorim one: Fräulein Arnstädt; Dorantez: Herr Sommerstorff; Nsecoline: Fräulein Heisler; Musiklehrer: Herr Kraußneck; Komponist: Herr Geisendörfer; Tanzmeister: ö Böttcher; Fechtmeister: Herr von Ledebur; Philosoph: err Eggeling; Tanzender Schneidergeselle: Fräulein Peter; Küchenjunge: Fräulein Gageike.

Am Freitag, Abends 8 Uhr, findet in der Dorotheenstädtischen Kirche ein Orgelkonzert bei freiem Eintritt statt, veranstaltet von dem Königlichen Musikdirektor Martin Grabert. Mitwirkende sind Fräulein Mary Mora von Goetz Cn, Fräulein Lilli Tischer (Violine) und der Kirchenchor. Aufgeführt wird u. a. die Missa Brevis von Palestrina.

Die nach Friedrich Hebbels Dichtung „Die Weihe der Nacht“ komponierte Chorkantate des in Berlin lebenden dithmarsischen Kom⸗ ponisten Arnold Ebel erscheint in Kürze im Leipziger Musikverlag von C. F. W. Siegel (R. Linnemann). Das einstündige Chorwerk wird auf der schleswig⸗holsteinschen Hebbelfe ier in Heide Cern n mit dem Ebel⸗Hebbelschen Requiem“ durch den Gemischten Chor⸗Heide (Musikdirektor Fr. Kater), den Gesangverein „Eintracht“ (E. Hauschlldt), den Theodor Stormschen Gesangverein⸗Husum (Pro⸗ fessor E. Möller) und den Kirchengesangverein⸗Wesselburen (Kantor Schlobohm) unter des Komponisten Leitung aufgeführt, erlebt aber bereits am 15. März durch die Musikgesellschaft in Hamburg (John Julia Scheffler) seine Uraufführung anläßlich der Hebbelfeier, die im Deutschen Schauspielhause zu Hamburg unter dem Protektorate der Bürgermeister Dr. Schröder und Dr. Predöhl statt⸗ findet. Das dreiteilige Werk benutzt die Originalfassung der Hebbelschen Dichtung und bringt als Mittelsaßz die Apostrophe „An meine Seele“ als Baritonsolo mit Orchester.

Mannigfaltiges.

Berlin, 26. Februar 1913.

Das Reichspostmuseum bleibt wegen innerer Arbeiten vom 2. März ab für einige Tage geschlossen.

Im Lessingmuseum (Brüderstraße 13) spricht morgen, Donnerstag, Abends 8 Uhr, Fräulein Frida Katt in Fortsetzung ihres Vortrages . Berliner Herbst 1812 über „Berlin im Befreiungs⸗

kriege 18135. Patriotische Lieder von Loewe, Reinhold Becker, Otto

Nicola und Lortzing singt der Oberlehrer F. Krug. Licht gleitet von de Hu urn Ver Gi n,. ß . erfelde, be⸗

Die einstündigen Abendvorlesungen in der Hand y chule Berlin sind, abweichend von den . . vorlesungen, für einen größeren Hörerkreis berechnet und können sewohl am Tage als auch in den Abendstunden belegt werden. Die Anmeldungen der Hörer werden an der Hochschulkasse (Span dcuer Straße 1, Zimmer 27) entgegengenommen. Die Kasse ist in der Zeit vom 23. April bis 6 Mai von 9 bis 1 und 5 bis 9 Uhr ge⸗ öffnet. Das Belegen kann auch durch bloße Zusendung des Honorars mittels Postanweisung unter genauer Angabe von Namen, Stand Alter und Wohnung erfolgen, worauf die Legitimationskarte über mittelt wird. Ein Auszug aus dem Vorlesungsverzeichnis, enthaltend die einstündigen Vorlesungen, wird auf Wunsch vom Sekretarsat kostenfrei übersandt.

Mülhausen im Elsaß, 26. Februar. (W. T. B.) Heute vormittag unternahm der nach dem Habsheimer Flugplatz ab— kommandierte liegeroffizier Oberleutnant Linke vom 34. Füsilierregiment in Stettin mit dem gleichfalls als Fliegerschüler nach Habsheim abkommandierten Unter. offtzier Helfersrieder vom Telegraphenbataillon 4 in Karlsruhe mit einem Pfeildoppeldecker einen Probeflug. Bei einer etwas scharf genommenen Kurve rutschte das Fahrzeug in etwa 20 m Höhe nach hinten aus und stürzte zur Erde. Der Unter offizier war auf der Stelle tot, der Oberleutnant trug nur

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unbedeutende Verletzungen davon.

Hangelar (Siegkreis), 25. Februar. (W. T. B.) Der Flieger Bruno Werntgen ist heute abend aus 60 m Höhe abgestürzt. Er war sofort tot.

Paris, 25. Februar. (W. T. B.). Der französische Flieger Brindejone, der heute vormittag 9 Uhr 15 Minuten in Vilka— coublais bei Versailles aufgestiegen war, ist mit Zwischenlandung in Calais um 4 Uhr Nachmlttags auf dem Flugfelde in Hen don bei London eingetroffen. Brindejonc beabsichtigt, noch heute 3. Rückflug nach Calais anzutreten, um von dort nach Brüssel zu

legen.

. 26. Februar. (W. T. B.) Gestern abend stürzte der 24 jährige Flieger Coning-Siedbrandt während eines Fluges mit einem Wasserflugzeug bei Asnisres ab und erlitt

lebensgefährliche Verletzungen.

Oviedo, 25. Februar. (W. T. B.) Der Gouverneur hat Nachrichten aus Gijon erhalten, nach denen im Vorhafen eine Mine explodiert ist. Nach amtlichen Meldungen beträgt die Zahl der bei der Explosion Getöteten 24. Unter ihnen sollen sich auch der die Arbeiten leitende Ingenieur und der Unternehmer befinden. Die Anzahl der Verwundeten ist beträchtlich. Man glaubt, daß außerdem noch zahlreiche Personen unter den Trümmern liegen. Das Unglück ereignete sich folgendermaßen: Eine Mine von 3500 kg schwarzen Pulvers war gelegt worden, um einen Fels zu sprengen. Die Sprengung mißglückte, und die Mine, die nach hinten losging, schleuderte einen wahren Regen von Steinen auf die Zuschauer und die Schiffe im Hafen.

Pola, 26. Februar. (W. T. B.) Der Linienschiffs⸗ leutnant Klobucar unternahm gestern mit einem Hydroplan einen Probeflug. Beim Niedergehen auf das Wasser überschlug sich das Flugzeug; Klobucar wurde schwer verletzt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Theater. 8 Uhr: Filmzauber.

stellung. Eingetretener Hindernisse wegen Freitag und folgende ftatt der angekündigten Vorstellung zauber. Rigoletto“: Der fliegende Holländer. Sonnabend, Romantische Oper in drei Akten von Peusion Schöller. Richard Wagner. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß. Regie: Rosinen. Herr Regisseur Bachmann. Chöre: Herr Piofefsor Rüdel. Anfang 73 Uhr. Schauspielhaus. 71. Kartenreservesatz.

Berliner Thenter. Donnerst. Abends . ö . Große Posse mit

Königliche Schanspiele. Donners. Desang Und Kanz in 3 Artenb hon Murelf tag: Opernhaus. 56. Abonnements vor. Bernauer und Rudolph Schanzer. Tage:

Nachmlttags Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Große

Theater in der Kuůniggrätzer lottenburg,

Charlottenburg. Donnerstag, Abends 8 Uhr; Uriel Acosta. fünf Aufzügen von Karl Gutzkow.

und sein Ring. ö. Film Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Wallen⸗ 1 e ita Uhr: steins Tod. Abends: Die Reife Joga.

durch Berlin in 80 Stunden.

Deutsches Opernhaus. (Char⸗

e n fn Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236) p n Donnerstag, Abends Si Uhr: Majolika. 8 Uhr: Klavierabend von Ilona Kurz.

. . ö ; Schwank in drei Akten von Leo Walther k Freitag: Zum ersten Male: Gyges . guad hig Helle!

und folgende

Residenzthenter. Donnerstag, Abends Bismarck⸗Straße 34—37. 8 Uhr: Die Frau Präsidentin.

a . 21

Saal Bechstein. Donnerstag, Abende

Klindwarth Scharwenka · Saal. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Sonaten—

Tage: Ma⸗

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: So 'n z 2. Windhund abend von Felix Robert Mendel

sohn (Violoncello) und Adolf Water⸗ mann ( Klavier).

Ma. Dirkus Schumann. Donnerst. Abends

Das Abonnement, die ständigen Reservate sowie die Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Zum ersten Male: Ariadne auf Naxos. Oper in einem Aufzuge von Hugo von Hofmannsthal. Musik von Richard Strauß. Zu spielen nach dem Bürger als Edelmann“ des Molièêre. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Blech. (Zerbinetta: Frau Hermine Bosetti vom Königlichen Hof. und National⸗ theater in München als Gast.) Anfang 74 Uhr.

Freitag: Opernhaus. Mittags 12 Uhr: Symphoniematinee. Abends 75 Uhr: VI. Syomphoniekonzert der König⸗ lichen Kapelle.

Schauspielhaus. 57. Abonnementsvor⸗ stellung. E812. Schauspiel in fünf Aufzügen von Otto von der Pfordten. Anfang 75 Uhr.

Die für die 56. Abonnements vorstellung Rigoletto“ an der Theaterkasse gekauften Gintrittakarten behalten Gültigkest für die neu angesetzte Vorstellung „Der fliegende Holländer“, können aber auch Donnerstag an der Vormittags⸗ und Abendkasse bis zum Beginn der Vorstellung gegen Erstattung auch der Vorverkaufsgebühr zurückgegeben werden. Eine spätere Zurück⸗ nahme der Eintrittskarten findet nicht statt.

Dentsches Thenter. Donnerstag, Abends 71 Uhr: Der lebende Leichnam. Freitag, Sonnabend und Sonntag: Der lebende Leichnam. Kammer spiele. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Schöne

Frauen. Freitag, Sonnabend Schöne Frauen. Mittwoch, den 5. März: Aufführung

in „Zirkus Schumann“: Jedermann.

und Sonntag:

Straße. Donnerstag, Abends 75 Uhr: Brand. Drama in fünf Akten von Henrik Ibsen.

Freitag und Sonntag: Die fünf Frankfurter.

Sonnabend und Montag: Brand.

Lessingthenter. Donnerstag, Abends 8 Uhr; Die Stützen der Gesellschaft. Schauspiel in vier Aufzügen von Henrik Ibsen. Deutsch von Wilhelm Lange.

. Die Weber. onnabend: Rose Bernd.

Dentsches Schauspielhans. ( Direk⸗ tion: Adolf Lantz. NW. 7, Friedrich⸗ straße 104 104 a.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der gute Ruf. Schauspiel in vier Akten von Hermann Sudermann.

Freitag: Zum 100. Male: Der gut sitzende Frack.

Sonnabend: Der gute Ruf.

Sonntag: Der gute Ruf.

Komädienhaus. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die Generalsecke. Lustspiel in drei Akten von Richard Skowronnek.

Freitag und folgende Tage: Die Generalsecke.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das Stiftung sfest.

Schillertheater. O. (Walln theater.) Donnerstag, Abends 8 Uhr:

Der Andere. Schauspiel in vier Auf⸗ zügen von Paul Lindau.

Freitag: Der Andere.

Sonnabend: Uriel Acosta.

Direktion: Georg Hartmann.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die lustigen Weiber von Windsor.

Freitag: Oberon.

Sonnabend: Tiefland.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Fidelio. Abends: Die lustigen Weiber von Windsor.

Montis Operettentheater. (Früher: Neues Theater.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der liebe Augustin. Operette in drei Akten von Leo Fall.

Freitag und folgende Tage: Der liebe Augustin.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der fidele Bauer.

Theater des Mestens. Statlon:

,. Garten. Kantstraße 12.)

onnerstag, Abends 8 Uhr: Die beiden

Husaren. Operette in drei Akten von und folgende

Léon Jessel. Tage: Die beiden Husaren.

Freitag Sonntag, Nachmittags 31 Uhr: Der Frauenfresser.

Thenter am Nallendorsplatz. Donnerst., Abends S8 Uhr: Die Studenten⸗ gräfiu. Operette in drei Aufzügen. Musik von Leo Fall.

Freitag und folgende Tage: Die Studenteng räsin.

Sonnabend, Nachmittags 33 Uhr: Minna von Barnhelm.

Sonntag, Nachmittags 33 Uhr: Orpheus in der Unterwelt.

dame la Erssidente.) Schwank in drei Akten von M. Hennequin und P. Veber.

Freitag und folgende Tage: Die Frau Präsidentin.

Thaliatheater. Direktion: Kren und Schönfeld. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Puppchen. Posse mit Gesang und Tanz in drei Akten von Curt Kraatz und Jean Kren. Gesangsterte von Alfred Schönfeld. Musik von Jean Gilbert.

Freitag und folgende Tage: Pupychen.

Trianonthenter. (Georgenstr., nahe Bahnhof Friedrichstr.) Donnerstag, Abends 8 Uhr Wenn Frauen reisen. Lust⸗ spiel in vier Akten von Mouezy⸗ Gon und Nanceyv.

Freitag und folgende Tage: Wenn Frauen reisen.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der selige Toupinel.

Konzerte.

Philharmonie. Donnerstag, Abends 8 Uhr: 3. Winterkonzert der „Ber⸗ liner Liedertafel“. Chormeister: Max Wiedemann. Mitw.: Klara Senius⸗ Erler, Kammersänger Felix Senius.

Beethoven · Saal. Donnerst., Abends

8 Uhr: Konzert von Carl Flesch (Viollne) mit dem Philharmonischen . Dirigent: Camillo Hilde⸗ rand.

77 Uhr: Große Galavorstellung. Auftreten sämtlicher Syezialitäten. Zum Schluß: Der unsichtbare Mensch! Vier Bilder aus Indien.

Sonnabend, Abends 9 Uhr: „Zirkus⸗ ball der starikaturisten /?.

Zirkus Busch. Donnerstag, Abends

77 Uhr: Große Galavorstellung. Zum Schluß: Die große Prunk— pantomime: „Sevilla“.

Familiennachrichten.

Verlobt: . Katharina von Uechtritz

und Steinkirch mit Hrn. Leutnant Hans Heinrich von Tschirschky und Boegen⸗ dorff (Reichwaldau bel Schönau ⸗Katz⸗

bach, z. Zt. Breslau —hlau). Frl.

Elsbeth bon Zitzewitz mit Hrn. Peter⸗ Hermann von Zttzewitz⸗Dumroese (Bornzin = Dumraoese).

Gestorben: Hr. Oberstleutnant a. D- Albrecht von Groeling (Breslau.! Fr. Elfriede Methner, geb hon Wassersch⸗ leben (Berlin⸗Simmelwitz).

ne,.

Verantwortlicher Redakteur: J. V.: Weber in Berlin.

Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerel md Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 37 Sieben Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage)

Erste Beilage

zum Deutschen Neichtzanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

M 50.

Deutscher Reichstag. 119. Sitzung vom 25. Februar 1913, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von. Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung stehen zunächst Berichte der Wahlprü fungskommission.

Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Dr. Neum ann-Hofer (fortschr. Volksp.); Ich muß der Auffassung des Vorredner entschieden widerspeechen. Wenn der Reichstag beschließt, die Beschlußfassung auszusetzen, so sagt er weiter nichts, als daß diese Beweiserhebung vorgenommen werden soll. Der Vorredner hat selbst zugegeben, daß die Kommission davon abgesehen hat, eine Reihe von Päibtesten zu erörtern, well sie am Ergebnis doch nichts geändert hätten. Ich will dem Vorredner nicht widersprechen, wenn er der Ansicht ist, daß die Kommission von neuem zu einer Ungültigkeitserklärung kommen würde. Darauf darf das Plenum aber keine Rücksicht nehmen. Ich halte es für falsch; daß man den Feiertag hier einrechnet. Das kann doch nur geschehen, wenn ein Feiertag in die Einlegungsfrist hineinfällt. Auch in bezug auf zwei andere Stimmen, die in dem Bericht nicht erwähnt worden sind, bestehen Zweifel, ob die Kommission richtig verfahren ist.

Abg. Schwarz e⸗Lippstadt (3entr.): Die ganze Sache ist so klar, ö. eine Zurückverweisung an die Kommission nicht mehr not— a ist. Die Ungültigkeit der Wahl muß zweifellos ausgesprochen werden.

Abg. Stadthagen (Soz.): Was wir gehört haben, sollte uns doch veranlassen, die Wahlprüfung an die Kommission zurück— zuverweisen. Das Schlußresultat wird allerdings trotzdem auf Un— gültigkeit herauskommen, aber jedenfalls muß die Sache geprüft und klargestellt werden.

Abg. Dr. Bollert (nl) tritt den Ausführungen des Abg. von Brockhausen entgegen.

Abg; Dr. Pfleger (Zentr.) spricht sich für den Antrag der Kommission aus.

Abg. Dr. Neumann⸗Hofer: Die von mir erwähnten zwei Fälle haben der Kommission nicht vorgelegen, diese müssen in der Kommission geprüft werden. (Beifall.)

Abg. Schwarze-⸗Lippstadt bleibt bei seiner Auffassung stehen.

Der Antrag Bollert auf Zurückverweisung an die Kom⸗ mission wird mit den Stimmen der gesamten Linken an⸗ genommen.

Die Wahl des Abg. Dr. Becker⸗Hessen (wild, früher nl.) für Bingen⸗Alzey beantragt die Kommission nach dem Ergebnis der stattgehabten Beweiserhebungen ebenfalls für un gültig zu erklären. Dr. Becker hatte 12016, Pfarrer Korell (fortschr. Volksp.) 12 012 Stimmen erhalten. Auf Grund der Protest⸗ behauptungen und der Beweiserhebungen sind Becker 44 ab⸗ gezogen, Korell d Stimmen zugezählt worden, sodaß Becker 11972 Stimmen behalten hat, während Korell 12 016 Stimmen zählt. Der Kommissionsbeschluß ist mit 8 gegen 5 Stimmen gefaßt worden. Die Kassierung des Wahlaktes in Beckers Wohnort Sprendlingen ist, obwohl dort erhebliche Verstöße gegen die Vorschriften des Wahlreglements vorgekommen sind, mit 9 gegen 5 Stimmen abgelehnt worden.

Vom Zentrum ist ein Antrag eingebracht worden, die Wahl für gültig zu erklären. Hierüber wird namentlich ab— gestimmt werden.

Abg. Dr. Arendt (Rp.): Die Beweiserhebungen haben ergeben, daß der Wahlakt in Sprendlingen in formeller wie materieller Beziehung ungültig ist. Die Vorschriften des Wahlreglements sind verletzt worden. Gs sind grobe Verstöße begangen worden. Die Ungültigkeit dieses Wahlaktes scheint mir vollkommen bewiesen. Daß bei dieser Wahl mehr Stimmen für den Gegenkandidaten Korell abgegeben worden sind als für den Abg. Becker, nämlich 139 für Becker und 389 für Korell, ändert an der Sache gar nichts. Es liegt hier eine einfache Rechtsfrage vor. Wenn einmal erst fest— gestellt ist, daß formelle Fehler danach beurteilt werden, wie sie auf eine Partet einwirken, so ist der Willkür Tür und Tor geöffnet. Zu einer befriedigenden Lösung der Frage werden wir erst kommen, wenn nach dem Vorgang von Elsaß⸗Lothringen die Wahlprüfung an ein unparteiisches Gericht verwiesen wird. Ist ein Wahlakt ungültig, so müssen die abgegebenen Stimmen außer Betracht kommen. Wenn solche formelle Fehler freigegeben werden, so ist ein Ende einer solchen Praxis nicht abzusehen. er Zweck der Wahlprüfung ist doch haupt⸗ sächlich der, daß dafür gesorgt wird, daß die Wahlen sich tadellos volljiehen. Deshalb muß auch auf Verstöße ein entscheidendes Ge⸗ wicht gelegt werden. Deshalb muß die Wahl in Sprendlingen für ungültig erklärt werden. Man kann hier keine Kunststücke machen. Die Wahlprüfung wird sonst nicht nach Grundsätzen des Rechts und der Billigkeit geführt, sondern allein im Parteiinteresse.

Abg. vo n Trampezynski Pole): Die Praxis der Wahl⸗ kommission, die Wahl in einer Gemeinde einfach zu kaisieren wegen ein⸗ zelner Verstöße, dürfte nicht verständlich sein. Man muß sich immer nur fragen, welche Folgen nach menschlicher Berechnung die betreffenden Untegelmäßigkeiten gehabt haben. Eine solche Praxis würde sich, wenn sie eingeführt würde, geradezu uns Polen gegenüber als un. geheuerlich erweisen. Der Wahlvorstand war doch gehörig zusammen⸗ gesetzt. Man darf doch deshalb die ganze Wahl in Sprendlingen nicht für ungültig erklären, weil der Wahlvorsteher und der Protokoll⸗ führer frühstücken gegangen sind. Wir werden für Ungültigkeit der Wahl stimmen.

Vizepräsident Dr. Pag asche: Es ist der Wunsch ausgesprochen worden, die namentliche Abstimmung über den Antrag Spahn nicht heute vorzunehmen. Da jedoch, wie ich weiß, alle Parteien ihre Mit⸗ glieder telegraphisch eingeladen haben, so liegt kein Grund vor, den Termin zu verschieben, und ich setze die Abstimmung auf 5 Uhr Nach⸗ mittags fest

Abg. Dr. Werr (Sentr.): Meiner Ansicht nach muß die Wahl in Sprendlingen für ungültig erklärt werden. Die Wahlkommission hat ja bei ähnlichen Gelegenheiten früher ebenso entschieden. Dazu kommt, daß ja über diese Wahl in der Kommission keine einheitliche Auffassung geherrscht hat.

Abg. Br. Neumann⸗Hofer: Ich begreife nicht, wie Dr. Arendt erklären konnte, wir müßten den Schein wahren, daß hier nur das Recht gilt. Auf diesem Standpunkt stand Dr. Arendt nicht immer. Als bei einer früheren Wahl der betreffende Wahlakt für ungültig erklärt werden sollte, weil man einen Polizisten in die Wahlzelle stellte, allerdings soll er nur zum Fenster herausgesehen haben, da war es gerade der Abg. Arendt, der darin nichts Arges ah und der- sich dagegen wehrte, daß der Wahlakt kassiert würde. Dem Abg. Dr. Arendt möchte ich empfehlen, sich doch die Kommissionsberichte genauer anzusehen. Er hat hier eine Reihe von Einzelheiten angeführt, die aber in dem Bericht über die Wahl des Abg. Haupt stehen. Die gerügten Verstöße in Sprendlingen sind doch nicht so erheblich, zum mindesten liegen sie weit milder, als bei der Wahl, für die seinerzeit der Abg.

Berlin, Mittwoch, den 26. Fehruar

19163.

Dr. Arendt eintrat. Es geht nicht, daß man einzelne Wahlbezirke aus dem Kreise ausscheidet, sodaß die anderen einfach den Wahlkreis bilden. Der Abg. Werr hat sich auf frühere Fälle berufen. Ich schließe mich aber da meinem Vorredner an, daß man mit dieser rein kormalen Auffassung brechen muß. Wir müssen uns fragen, welche Wirkungen solche Verstöße haben können. In der Kommission war man sich übrigens gar nicht zweifelhaft. Die Ent⸗ scheidung wurde mit 935 Stimmen gefaßt. Das ist doch eine erhebliche Mehrheit. Das verlangte Prinzip könnte zu großen Ungeheuerlichkeiten führen. Dann hätte man auch die Wahl des Kollegen Pachnicke gleich von vornherein für gültig erklären müssen. Die Parteiverhältnisse in den einzelnen Wahlbezirken sind im all⸗ gemeinen bekannt. Wenn wir nun dazu übergehen, infolge einzelner Verstöße gleich die gesamte Wahl in dem betreffenden Bezirk zu kassieren, dann ist es jeder Minderheit eine Kleinigkeit, zu be⸗ wirken, daß der Ort einfach bei dem Wahlresultat ausscheidet Es wäre dazu dann ja nur nötig, daß Wahlvorsteher und Protokoll⸗ führer zu gleicher Zeit frühstücken gehen. Auf die entsprechenden Kon⸗ sequenzen in den Landesteilen mit überwiegend polnischer Bevölkerung hat der Abg. von Trampczynski schon hingewiesen. Jeder Protest⸗ erheber müßte sich ja sonst in Zukunft erst ängstlich nach den Mehr⸗ heitsverhältnissen in dem betreffenden Ort erkundigen. Es muß doch bei Protestbehauptungen immer von dem dem Gewählten ungünstigsten Fall ausgegangen werden; es wäre doch die größte Sinnlosigkeit, auf Grund einer solchen Unregelmäßigkeit dem Gegner 243 Stimmen ab⸗— zurechnen. Ein Kollege erklärte mir vor einigen Tagen, er empfände eine solche Rechnungsaufmachung direkt als pervers. (Vizepräsident Dr. Pa asche: Sie dürfen diesen Ausdruck von Abgeordneten nicht gebrauchen.)

Abg. Stadthagen (Soz.): Die Gründe des Abg. Dr. Arendt für seine Auffassung sind durchaus hinfällig; es waren durchweg nur Scheingründe. Nach seiner Theorie muß er ohne weiteres auch für die Gültigkeit der Wahl meines Fraktionsgenossen Haupt in Jerichow stimmen, über die wir nachher beraten werden; wir werden ja sehen, ob er es tut. Nach dem Prinzip des Kollegen Arendt müßte er noch eine Reihe weiterer Wahlakte in dieser Wahl kassieren, weil es sich um die Verletzung zwingender Vorschriften des Wahlreglements ge⸗ bandelt hat, womit dann aber Becker noch viel weitere Hunderte von Stimmen verlieren würde und erst recht sein Mandat einbüßen müßte. Aber diese ganze Kassationstheorie ist ein Unfug und ein Unrecht; und sie ist auch als Prinzip von der Kommission niemals aufgestellt worden, auch nicht, als der Abg. Spahn ihr Votsitzender war. Von einem Freibrief für Unregelmäßigkelten kann gar keine Rede sein. Die Kassationstheorie würde die Wahlen überhaupt zu einem reinen Zufallspiel machen, wenn sie als Praxis des Reichstags bekannt werden würde. (Zuruf rechts: Ist aber immer geschehen!) Nein, im Gegenteil, und die Rechte hat ja selbst im Falle Pachnicke in der Kommission die egtgegengesetzte Praxis befolgt. So optimistisch bin ich ja nicht, daß ich hoffte, den Kollegen Arendt überzeugen zu können. Man soll hier das Recht und nicht den Schein des Rechts zum Siege bringen; wir üben bei Wahlprüfungen richterliche Tätig⸗ keit aus, und da darf uns die Parteizugehörigkeit bei unseren Ent⸗ scheidungen nicht beeinflussen.

Abg. Dr. Braband fortschr. Volksp.): Wir können in der Tat unserer Aufgabe bei Wahlprüfungen nur dann genügen, wenn wir uns bewußt sind, daß wir dabei eine richterliche Funktion ausüben, sonst müßten wir die Wahlprüfungen an die Gerichte abgeben. In der Presse haben sich Aeußerungen des Staunens darüber gefunden, daß Nationalliberale in der Kommission für die Ungültig⸗ keit der Wahl des Abg. Becker gestimmt haben; aber das Faktum beweist doch nur die Unparteilichkeit der betreffenden Mitglieder. Der Wahlakt in Sprendlingen kann nicht aus dem Ganzen heraus⸗ genommen werden. Ist er ungültig, so ist es die Wahl in dem ganzen Wahlkreise auch.

Abg. Dr. Li st-Eßlingen (nl): Es war zu erwarten, daß die neue Praxis der Kommission, die die alte liebgewordene Bahn verläßt, nicht ohne weiteres überall auf Zustimmung stoßen würde. Die Rechttz⸗ frage muß vom Falle Becker vollig losgelöst werden. Einige Mitglieder unserer Fraktion vermögen auch nicht, sich der neuen Praxis an⸗ zuschließen. Ich habe in der Kommission für die neue Praxis gestimmt. Der Abg. Arendt meinte, die Kommission habe nicht nach den Grund⸗ sätzen von Recht und Unrecht entschieden Wir können diese In⸗ sinuation nicht scharf genug zurückweisen. Die Kommission soll auch ihre Befugnis überschritten haben und von ihrem fruheren Stand⸗ punkt abgewichen sein. Das ist nicht richtig; die Kommission hat ihre Befugnisse nicht überschritten. Wie will der Abg. Arendt he⸗ weisen, daß sie nicht einmal den Schein der Objektivität gewahrt habe? Durch die Kassierung eines Wahlakts wird einem großen Teil der Wähler das Wahlrecht genommen. Wollen Sie wirklich objektiv verfahren und die Konsequenz der Kassierung des Wahlakts in Sprend⸗ lingen ziehen, so müssen Sie die gane Wahl für ungültig erklären. Es bleibt die Tatsache bestehen, daß früher Verstoͤße gegen das Wahlreglement nicht zur Kassierung geführt haben. dlllertings bin

ich mit dem Abg. Arendt der Meinung, daß es das Richtigste wäre,

wie wir es in einem Antrage gewünscht haben, die Prüfung der Wahl einem ordentlichen Gerichte zu überweisen

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Diese Frage ist von allgemeiner Tragweite. Der Reichstag hat immer daran festgehalten, daß, wo das Wahlreglement verletzt werde, eine Kassation auszusprechen sei. Solche Verstöße haben in diesem Falle stattgefunden. Daß der Abg. Fischer umgefallen ist, verstehe ich nicht. Den Vorschriften des Wahlreglements muß unter allen Umständen genügt werden; sie dürfen nicht preisgegeben werden. Ich bitte Sie, an der bisherigen Praxis festzuhalten. ö

Abg. Dr. Arendt (Rp.): Ich bin persönlich sehr scharf an⸗ gegriffen worden. Ich habe stets den Standpunkt vertreten, daß reine Formalien nicht zur Kassation führen dürfen. Das Haus hat aber eine andere Praxis geübt, und da habe ich geglaubt, daß hieran festgehalten werde. In dem Falle Meyer soll ich nichts dagegen ehabt haben, daß ein Poltzist in dem Isolierraum gewesen sei. s handelt sich nicht um einen Polizisten, sondern um einen Gemeindediener, der nur zur Ueberwachung der Akte in dem Raum war. Es lag nicht eine absichtliche Ueberwachung der Wähler vor; jeder einzelne Wähler konnte auf den Gemeindediener ein wirken, nicht umgekehrt. Der Abg. Neumann⸗Hofer hätte sich seine scharfen Worte gegen mich sparen können. Er hat weiter gesagt, Wahlverstöße würden nunmehr in großer Zahl vorkommen, wenn man nicht den neuen Weg einschlüge. Die bisherige 40 jährige Praxis hat doch dahin geführt, daß die Wahlverstöße sich vermindert

haben. Es ist eidlich festgestellt, daß die geheime Wahl in Sprend“

lingen illusorisch gemacht wurde; das allein mußte schon zur Kassation führen. Bei der Fststellung des Resultats ist unrichtig verfahren. Es handelt sich bier nicht bloß um Formalien, sondern materiell darum, daß der Wahlakt selbst in unrichtiger Weise vorgenommen worden ist. Was würde der Abg. Stadthagen sagen, wenn bei einer konservativen Wahl das Wahlg heimnis verletzt worden wäre! Erfreulich ist, daß sowohl der Abg. List wie der Abg. Braband die Ueberwelsung der Wahlprüfung an ein Gericht empfohlen haben. Sie ist in der Tat notwendig im Interesse des Ansehens des Reichstages und aller 86 Ein ganz besonderes Interesse spricht hier noch mit. Ein Gerichts hof wird schneller arbeiten können, und es würde nicht mehr möglich sein, daß eine Wahlprüfung sich unter Umständen bis ans Ende der

Legislaturperiode erstreckt. Ganze Wahlbezirke hat man häufig aus dem Wahlresultat herausgenommen, sogar in Fällen, die ich niemals als berechtigt anerkannt habe, so wenn ein Landrat mit seinem Amts⸗= titel unterzeichnet hat. Man hat doch auch bei dieser Wahl andere Stimmen für ungültig erklärt. Wir müssen an der bisherigen Praxts der Wahlkommission fenhalten. Es sind dieselben Herren, die uns heute die neue Lehre verkünden, die früher immer die andere für richtig gehalten haben.

Abg. Schwarze⸗Lippstadt (Zentr) führt eine Reihe von Fällen an, wo die Kommission früher die Wahl in einzelnen Bezirken für ungültig erklärte. Ich begreife deshalb die Stellungnahme einzelner Kollegen nicht und bitte deshalb, die Wahl des Abg. Becker für gültig zu erklären.

Abg. Waldst ein (fortschr. Volksp.): Nach meiner Ansicht kann unter Umständen das Wahlergebnis eines ganzen Bezirks für ungültig erklärt werden. Wird aber dadurch das Ergebnis der ge⸗ samten Wahl beeinflußt, dann muß man natürlich den gesamten Wahlakt für nichtig erklären. Ich gehe deshalb so weit, daß gerade aus diesem Grunde die vorliegende Wahl nicht gültig ist.

Abg. Fischer⸗Berlin (Soz): Mir wird vorgeworfen, ich wäre hier umgefallen. Die Sache, auf die dabei angespielt wurde, liegt aber ganz anders. Ich verstehe nicht, wie gerade von Seiten des Zentrems mir ein derartiger Vorwurf gemacht werden kann, da die Zentrumspartei doch gerade so oft umgefallen ist. So etwas wird man bei mir nicht erleben.

Abg. Dr. Neumann -Hofer ffortschr. Volksp.): Ich ver⸗ stehe nicht, wie aus den Vorkommnissen in Sprendlingen gefolgert werden kann, daß das Wahlgeheimnis nicht gewahrt worden ki. Es ist im Gegenteil nachgewiesen worden, daß immer drei Mitglieder des Wahlvorstandes anwesend waren. Die Kommission ist gerade bei dieser Prüfung sehr milde verfahren. Man darf doch keinem Wähler zumuten, erst zu überlegen, ob er mit seinem Proteste dem Reichstage kommen darf. Wir haben gerade das größte Interesse, daß die Protest⸗ erheber uns alle Unregelmäßigkeiten melden; sie nachzuprüfen, ist Sache der Kommission.

Abg. Dr. Pfleger (Zentr.): Uns kann es ganz gleichgültig sein, ob die fortschriitliche Volkspartei in dem Pfarrer Korell ein schutzzöllnerisches Feigenblatt bekommt oder nicht. Der Abg. Neumann⸗ Hofer hat in seinem Bericht über die Wahl selbst erklärt, die Ver= stöße gegen das Wahlreglement seien in Sprendlingen „gröblicher“ Natur gewesen. Die Theorie des Kollegen Waldstein hat zwar Vorzüge vor der des Abg. Dr. Neumann⸗Hofer, ist aber bisher in der Wahlprüfungskommission überhaupt noch nicht erörtert worden. Daß die Wahlhandlung im ganzen Wahlkreise eine einheitliche sei, ist aber keineswegs zutreffend; jeder einzelne Wahlakt steht selbständig neben den anderen. Die Theorie Waldstein geht also von einer falschen Voraussetzung aus. Mit der neuen Theorie der Kommission kommen wir vollständig ins Ungewisse; es ist damit in der Praxis nichts anzufangen. Und haben denn die bisherigen Gepflogenheiten der Kommission in diesem Punkte irgend erhebliche Mißstände ge⸗ zeitigt? Durch die neue Theorie wird dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet; behalten wir die alte Praxis bei!

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Meine Bedenken brauchen mich keineswegs, wie der Abg. Waldstein will, dahin zu führen, die Zurück⸗ verweisung in die Kommission zu beantragen. Ich bin auch nicht etwa, wie mir anscheinend unterstellt worden ist, in der vorigen Legislaturperiode, als ich der Wahlprüfungskommission angehörte, bei der Entscheidung solcher Fragen absichtlich fortgeblieben, ich habe vielmehr gerade an den Verhandlungen dieser Kommission mit größtem Eifer mich beteiligt.

Abg. Dr. Da vid (Soz ); Es wäre doch sachlich für Korell ein schreiendes Unrecht, den Wablakt in Sprendlingen zu kassieren, wo er weitaus die Mehrheit hatte. So formalistisch kann man absolut nicht verfahren, wenn man dem Willen der Mehrheit der Wähler gerecht werden will. Es kann also zu diesem Zweck lediglich die Wiederholung der Wahl beschlossen werden, wenn man Korell nicht direkt als gewählt erklären will. Nach der Praxis des Reichstages wird ja ein solcher Schritt nicht getan, obwohl der Gegenkandidat nach unseren Feststellungen die Mehrheit hat.

Unter stürmischer Unruhe des ganzen Hauses nimmt nochmals der Abg. Dr. Pfleger zu einer Erwiderung das Wort, die auf der Tribüne gänzlich unverständlich bleibt. .

Damit schließt die Beratung. Es erfolgt die nament⸗ liche Abstim mung über den Zentrumsantrag auf Gültig⸗ erklärung der Wahl des Abg. Dr. Becker⸗Hessen. Für die Gültigkeit stimmen die Parteien der Rechten und das Jentrum, sowie die Mehrheit der Nationalliberalen; die Wahl wird mit 159 gegen 158 Stimmen für gültig erklärt; 3 Mitglieder enthalten sich der Abstimmung. Das Resultat wird von der Rechten und dem Zentrum mit stürmischer Heiterkeit und großem Beifall aufgenommen, dem von der linken Seite Zischen antwortet.

Die Wahl des Abg. Haupt (Soz.) für 3. Magdeburg, Jerichow, ist mit allen gegen 4 Stimmen von der Kommisfion gleichfalls für ungültig erklärt worden. Der Gewählte hatte 15 273, sein Gegenkandidat von Byern (8kons.) 15 254 Stimmen erhalten; nach der Prüfung der Ergebnisse der Beweiserhebung hat die Kommission der Gesamtzahl der abgebenen Stimmen und dem Gewählten 29 Stimmen ab⸗ gezogen, womit dieser die Mehrheit verliert. Von den Sozial⸗ demokrgten ist beantragt, die Wahl für gültig zu erklären, eventuell sie in die Kommission zurückzuverweisen.

Abg. Reißhaus (Soj.): Ich gebe mich der angenehmen Hoffnung hin, daß das Haus unserem Antrag zustimmen wird. Dle Wahlprüfungskommission hat aus den vorgekommenen Unregelmäßig⸗ keiten bei dieser Wahl falsche Schlüsse gezogen. Es hätte n f. für welche Kandidaten die beiseite gelegten Stimmzettel abgegeben waren, um berechnen zu können, welche Stimmen abzuziehen waren. Statt der 26 kassierten Stimmen hätte man ebensogut 100 und mehr Stimmen kassieren können. Dieser ganze Abzug schwebt vollständig in der Luft. Wie hätte die Kommission gehandelt, wenn sie statt Haupt dem Konservatiwven von Byern hätte 26 Stimmen abziehen sollen? Das Ziel war, die Mehrheit für Haupt zu kassi ren, und dies ist auch erreicht worden, aber, wie ich behaupte, zu U recht. Der Abg. Neumann⸗Hofer hatte in der Kommission gegen die Kassierung im Falle Becker sehr kräftige Worte gefunden. Ich bin neugierig, wie er sich in dem vorliegenden Falle verhalten wird. Für den konservariven Kandidaten 7 das Wahlreglement in piel stärkerem Maße verletzt worden, als dies in bezug auf unseren Kandidaten behauptet worden ist. So ist es in Groß Wudicke geschehen. Wahlvorsteher, Beisitzer und Amtsdiener haben für den konservativen Kandidaten in unerlaubter Weise dadurch agitiert, daß sie dafür sorgten, ; genug Stimmzettel für diesen beichafft wurden. In diesem Falle hat die Wann prüfun , die nötigen Schlußfolgerungen nicht geßogen. Was hegte unserem Genossen Haupt vassiert, kann morgen e. anderen Partei w ich hoffe, daß Sie so viel Gerechtigkeit ben werden, unseren Antrag anzunehmen. . .

werden müssen,