1913 / 52 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

.

gibt, den Verwaltungsmaßnahmen beider Verwaltungen nachzugehen, wird diese meine Behauptung als zutreffend bestätigen können und müssen.

Ich bin mit dem Herrn Vorredner freilich nicht darin einver— standen, daß der von ihm verlesene Artikel der Reichsverfassung von seiten der deutschen Staatseisenbahnen noch nicht erfüllt ist. Ich bin im Gegenteil der Meinung, daß er weit überholt ist, so sehr überholt, daß Sie alle, meine Herren, wenn wir heute zu Reichseisenbahnen kämen oder eine Betriebs⸗ und Finanzgemeinschaft der deutschen Staatgeisenbahnen zustande brächten, es vom Verkehrs⸗ und Betriebs⸗ standpunkt kaum empfinden würden. (Sehr richtig! rechts.)

Ich bin mit dem Herrn Vorredner ich muß mit dem Herrn Vorredner kurz polemisieren, weil er es sehr scharf betonte auch darin nicht einderstanden, daß sich aus dem Mangel an Tarifeinheit das Fehlen des nationalen Moments ergebe. Wir haben eine vollständige Tarifeinhelt auf dem Gebiet des Personen⸗ wie des Güterverkehrs, wir haben eine einheitliche Klassifikation der Güter, und wir haben fast völlig übereinstimmende Einheits— sätze für alle normalen Klassen. Wenn der Herr Vorredner meinte, wir hätten eine große Zahl von Ausnahmetarifen im Verkehr von Norden nach Süden, von denen jeder seine besonderen Sätze hätte, so entspricht das einem hervorragenden Bedürfnisse des Verkehrs. Der Ausnahmetarif ist dazu da, um dem jeweiligen engeren oder weiteren örtlichen Bedürfnisse angepaßt zu werden.

Herr Abg. Schwabach erinnerte mich daran, daß ich eine Denkschrift über die Bildung eines Ausgleichsfonds im vorigen Jahre ver⸗ sprochen haben sollte. Mir ist das nicht erinnerlich. Wohl erinnere ich mich, daß die Frage der Bildung eines Ausglelchsfonds erörtert worden ist, daß aber von mir diese Angelegenhelt wohl mit Recht als eine Frage festgestellt wurde, die in erster Linie die Reichs⸗ finanzverwaltung angeht. Ich bin der Meinung, daß diese Frage für die Reichseisenbahnverwaltung als solche kaum erörtert werden kann. Der Etat der Reichseisenbahnverwaltung, so groß die Einnahme⸗ und Ausgabezahlen erscheinen mögen, übt doch auf den gesamten Staatshaushaltsetat keinen so erheblichen Einfluß aus, daß aus den Verhältnissen der Reichseisenbahnen heraus die Bildung eines Ausgleichsfonds erforderlich würde, obwohl ich anerkenne, daß die Bruttoüberschüsse der Reichselsenbahnen von Jahr zu Jahr schwanken können. .

Ich gehe gleich ein auf eine wichtige Frage, die auch der Herr Vorredner erörterte: die Frage, was wir zur weiteren Sicherung des Verkehrs auf den Reichseisenbahnen geschaffen haben und schaffen wollen, die Frage der automatischen Sicherung unserer Züge. Der Herr Vorredner hat ja schon darauf hingewiesen, daß unsere Unfallstatistik ein glänzendes Bild dafür liefert, daß die gesamten deutschen Staatseisenbahnen und dies gilt auch für die Reichseisenbahnverwaltung, deren Etat wir behandeln außerordentliche Fortschritte nach dieser Richtung gemacht haben. Ich werde mir erlauben, im nächsten Jahre der Budgetkommission eine graphische Darstellung der Entwicklung der Unfälle aller Art auf den deutschen Staatseisenbahnen, insbesondere auf den Reichseisen⸗ bahnen vorzulegen, durch die diese meine Behauptung ohne weiteres belegt werden wird. Im Vergleich mit anderen, außer⸗ deutschen Verwaltungen stehen wir glänzend da, und es darf ohne Ueberhebung festgestellt werden, daß wir gegenüber den Bahnen der Vereinigten Staaten ganz außerordentlich im Vorsprung sind. Dies hebe ich um deswillen hervor, weil in keinem einheitlichen System von Bahnen in solchem Umfang auto⸗ matische Sicherungen angewendet werden wie dort. Dort hat man durchgeführt die automatische Kuppelung, die einheitliche Bremsung der Züge. Wir haben die durchgehende Bremse zurzeit nur für alle Personenzüge und größtenteils für unsere Eilgüterzüge, können die durchgehende Bremse aber leider für unsere Güterzüge noch nicht durchführen, weil das eine Frage ist, die die gesamten Mittel⸗ europäischen Bahnen angeht, und nur von diesen gemeinsam gelöst werden kann. In diesem großen Kreise stößt sie noch auf sehr große Widerstände. Aber ich wiederhole, meine Herren, daß die automatische Sicherung, wo sie eingeführt ist, durchaus kein All⸗ heilinittel gegen die Betriebsunfälle ist und nicht unbedingt zu einer Verbesserung der Betriebssicherheit führt. Das werden Sie aus der vergleichenden Zusammenstellung im nächsten Jahre ersehen können. Trotzdem sind wir selbstverständlich dauernd bemüht, alle Erfindungen, die an uns herantreten, zu erproben. Dies geschieht auch mit den mechanischen Sicherungen, die der Herr Vorredner eben erwähnte, die ja einmal darauf gerichtet sind, dem Lokomotivführer hörbar und sichtbar auf der Maschine anzuzeigen, daß er sich einem Signal nähert, nur nähert! Eine zweite Gruppe hat den Zweck, dem Führer hörbar und sichtbar die Stellung des Signals anzuzeigen und unter Um⸗ ständen eine automatische Bremsung des Zuges herbeizuführen. Diese letzteren Einrichtungen sind die komplizierteren und deshalb auch die unsichereren. Wir haben innerhalb des Gebietes der Reichseisen⸗ bahnen nach beiden Richtungen hin umfassende Versuche angestellt und führen sie auch zurzeit noch fort. Im Gebiete der preußlschen Staatseisenbahnen werden sie in einer großen Zahl von Direktionsbezirken dauernd erprobt. Aber, meine Herren, ich kann heute noch nicht feststellen, daß alle diese Versuche, selbst nur diejenigen, die bezwecken, dem Führer auf der Maschine durch ein akustisches oder ein sichtbares Zeichen in Erinnerung zu bringen, daß er sich einem Signal nähert die ein⸗ fachste Methode —, zu einem überzeugenden Erfolge geführt haben. Wir haben immer noch trotz tausendfacher Versuche feststellen müssen, daß Versager vorkommen, und darin liegt eben die große Gefahr. Sobald wir dem Führer auf der Maschine eine solche Einrichtung als eine dauernde präsentieren, so glaubt er seinerseits das ist menschlich mit Sicherheit darauf rechnen zu können, daß sie auch wirklich funktioniert; und ist er von dieser Auffassung durchdrungen, so wird seine Aufmerksamkeit von der Strecke in etwas abgelenkt er mag wollen oder nicht —, und darin liegt die Gefahr. Wir können also unter allen Umständen zu solchen Einrichtungen nur dann übergehen, wenn sie absolut sicher sind; und von dieser Ueberzeugung sind wir bis heute noch nicht durchdrungen.

Der Herr Abg. Schiffer bedauerte, daß wir nicht eine größere Zahl etatsmäßiger Stellen in den Etat eingestellt haben. Ich glaube, ein solcher Appell wird jeden Verwaltungẽchef erfreuen; denn die Vermehrung der etatmäßigen Stellen bedeutet doch immer eine größere Sicherheit für die Beamten. Aber, meine Herren, ich möchte Sie doch daran erinnern, daß, als hier im Jahre 1909 die Besoldungsordnung verabschiedet wurde,

gerade aus diesem hohen Hause heraus an die Ressortchefs das Er suchen und der Wunsch gerichtet wurde, nunmehr doch mit der Ver⸗ mehrung der etatinäßigen Stellen recht vorsichtig zu sein. Sie müssen auch erwägen, daß zuweilen auch Organisationgänderungen zu einer Minderung der etatmäßigen Stellen führen können. Wir haben auch innerhalb des Berelchs der Reichseisenbahnen in den letzten Jahren solche Organisatlonsänderungen vor— genommen. Wir haben z. B. bezüglich des Strecken dienstes eine Aenderung vorgenommen, die eine größere Zahl von etatmäßigen Bahnwärterstellen überflüssig gemacht hat. Ich will mir aber diesen Appell sehr wohl merken; denn ich erkenne wiederholt an, daß eine augreichende, eine dem Bedürfnis entsprechende Zahl von etatmäßigen Stellen eine Voraussetzung für die ordnungsmäßige Führung jeder Verwaltung ist. (Bravo!)

Sodann brachte der Herr Abg. Schiffer einen Wunsch vor, von dem ich hoffe, daß er erfüllt werden kann. Er trug mir den auch von der Arbeiterschaft zu meiner Kenntnis gebrachten Wunsch vor, daß die Arbeiter an den Tagen, die den hohen Festen vorangehen, durcharbeiten sollen. Ich bin gerade damit befaßt, diesen Wunsch zu erfüllen.

Eine andere, sehr wichtige Frage, die der Herr Abgeordnete erörterte, betraf das rechtliche Verhältnis der Staats arbeiterschaft. Er erklärte, daß die rechtlichen Verhältnisse der Staatsarbeiter durchaus unbefriedigende seien und von Gesetzes wegen geregelt werden müßten. Unter diesem Gesichts⸗ punkt ist es eine allgemeine Frage, und ich werde mir deshalb bei ihrer Beantwortung Zurückhaltung auferlegen. Ich kann aber keinesfalls anerkennen und das hat ja auch der Herr Abgeordnete Schiffer nicht getan daß die Stellung der Reichs⸗ eisenbahnarbelterschaft eine durchaus unbefriedigende sei. Ich werde mich dieserhalb noch mit dem Herrn Abgeordneten Fuchs auseinander⸗ zusetzen haben. Die tatsächliche Sicherung der Arbeiterschaft der Reichseisenbahnen ist außerordentlich groß. Das Verhältnis beruht ja auf einem Arbeitsvertrag, freilich auf einem Normalarbeitsvertrag mit gemeinsamen Bestimmungen, die für die gesamten Arbeiter der Reichseisenbahnen gelten, und die ja beiden Teilen weitgehende Rechte und Pflichten gewähren. Die Sicherung beruht aber weiter darauf, daß wir anerkannt haben, daß ein Ar⸗ beiter, der sich unseren grundlegenden Bestimmungen fügt, nicht gegen sie angeht es handelt sich hier immer nur um ganz erhebliche Fälle —, tatsächlich völlig gesichert ist; er wird tatsächlich nicht entlassen. Er wird auch nicht entlassen zu einer Zeit, wo die Konjunktur sinkt und die Privatbetriebe genötigt sind, ihre Arbeiter zu Tausenden zu entlassen. Es wird ihm in einer solchen Zeit auch sein Lohnsatz nicht gekürzt, und er ist überdies das ist dem Herrn Abg. Schiffer wohl entgangen dadurch gesichert, daß wir bestimmt haben, daß Aibeiter, die länger als zehn Jahre im Dienste der Verwaltung stehen, nur auf Grund einer Entscheidung der Generaldirektion entlassen werden dürfen einer Entscheldung, an der der Präsident oder dessen Vertreter mitzuwirken hat. Wenn man das erwägt, so wird man doch anerkennen müssen, daß hier eine außerordentlich weitgehende Sicherung tatsächlich vorhanden ist.

Ich kann auch nicht anerkennen, daß den Arbeitern die Be⸗ wegungsfretheit bezüglich des Rechts der Vereinigung, des Koalitiont⸗ rechts, in unzulässiger Weise eingeschränkt ist oder wird.

Der Herr Abg. Schiffer hat sich ja durchaus auf den Boden gestellt, der hier in diesem hohen Hause von der überwiegenden Mehrheit als zutreffend und notwendig anerkannt ist, daß den Arbeitern der Reichseisenbahnverwaltung selbstverständlich den Beamten noch viel weniger ein Streikrecht nicht zur Seite stehen darf, daß die gesamten Angestellten sich von jeder Betätigung für die Sozialdemokratie fernzuhalten haben. Daß sie selbstverständlich auch Ordnung und Disziplin ju wahren haben, darüber brauche ich kein Wort zu verlieren. Aber wenn man von diesen selbstverständ⸗ lichen Beschränkungen absieht, die wir jedem Arbeiter in dem Betrieb der Reichseisenbahnen in dem Augenblick, wo er eintritt, aus⸗ drücklich bekannt geben, hat der Reichseisenbahner eine außer⸗ ordentliche Bewegungsfreiheit, und wenn mir auch das Gegen teil entgegengehalten wird ich weiß ja, was da kommt —, so muß ich sagen: man hindert ihn tatsächlich nicht, er kann Vereinen und Versammlungen angehören, welche es auch seien; er kann dort frei und ungeniert sprechen, nur muß er sich selbstverständlich hüten, die Verwaltnng zu schmähen und herabzuwürdigen. (Sehr richtig! rechts.) Aber sonst ist er absolut frei wie jeder andere Arbeiter.

Meine Herren, ich wende mich nun zu der Kritlk des Herrn Abg. Fuchs. Sie war, wie ich das gar nicht anders vorausgesetzt habe, eine durchaus negative. Der Herr Abg. Fuchs ist nicht im geringsten geneigt, anzuerkennen, daß dieser Zweig der Reichsberwaltung ebenso wie alle anderen dauernd bemüht ist, fortzuschreiten auf allen Gebieten des Verkehrs, des Betriebes und seiner gesamten Personalbehandlung. Er geht auch an den Tatsachen, die dieses unwiderleglich beweisen, vorüber ich will nicht sagen, daß er sie verschweigt, er geht daran vorüber. Er begann damit, daß er sich sehr erfreut äußerte über den günstigen Abschluß der Reichseisenbahnverwaltung für das Jahr 1911 und ebenso hinwies auf den erfreulichen Abschluß für 1912. Er erörterte die Rente der Reichseisenbahnen und ver- mißte, daß ich nicht bekannt gegeben habe, um wie viel die Rente sich erhöhe, wenn man die Posten der im militärischen Interesse gebauten Bahnen vom Anlagekapital der Reichseisenbahnen in Abzug brächte. Ich kann diese Frage beantworten. Die Rente des Jahres 1911 ergab 4,9 0/9, wenn ich in das Anlagekapital ein⸗ rechne die Kosten für die im militärischen Interesse gebauten Bahnen. Wenn ich diese Kosten abrechne, dann steigt die Rente auf 5,17 0ͤ½. Ich möchte aber doch davor warnen, daß unsere guten Abschlüsse zu günstig beurteilt werden. Es ist ja ganz selbstverständlich, daß wir in den Zelten der Hochkonjunktur günstige Abschlüsse machen. Aber nun berücksichtigen Sie, wieviel Jahre in sinkender wirtschaftlicher Konjunktur und in mäßigeren Wirtschaftsverhältnissen verlaufen sind, in denen die Abschlüsse außerordentlich unbefriedigende waren, indem, wenn man das Anlagekapital einrechnet, das unter allen Umständen gerechnet werden muß, d. h. der Ankaufspreis, der seinerzeit bei dem Erwerbe der Reichseisenbahnen von der französischen Ostbabnverwaltung be⸗ zahlt ist, effektive Defizits vorliegen. Wenn man dieses Kapital be⸗ rechnet, sind nur wenige Jahre, die ein Plus abgeworfen haben. Aber der Herr Abg. Fuchs baute auf die Tatsachen der derzeitigen guten Abschlüsse seine Behauptung auf, daß die Reichseisenbahnen aus einem fiskalischen Zuge heraus den gesamten Bedürfnissen des Betriebes und Verkehrs, den Ansprüchen des Personals nicht Rechnung tragen, obwohl

sie diese Rechnung nach solchen Ergebnissen wohl tragen könnten Da hat er meines Grachtens weit über das Ziel hinausgeschossen. 6 ging sogar so weit, die Reichselsenbahnverwaltung dafür derantwortlich zu machen, daß sie eine Privatbahn, auf die sie nicht den geringsten Einfluß hat, auf die sie kein Aufsichtsrecht ausüben kann, in diesem Zustande beläßt, daß sie diese Privatbahn nicht erwirbt. Meine Herren, das ist ein außerordentlich weitgehender Anspruch, gegen den ich mich verwahren muß. Ich kenne diese Bahn: sie ist unbefriedigend, sie durchzieht eine große Anzahl ven Ortschaften mit verhältniemäßig bedeutendem Verkehr, aber ich habe keinen Einfluß darauf. (Rufe bei den Sozialdemokraten: Kaufen) Wenn dle Reichseisenbahnverwaltung unter Zustimmung der Reichz. finanzverwaltung darauf bitte ich doch Rücksicht zu nehmen diese Bahn erwerben wollte, sn würde das bedeuten, daß wir erst einen Kaufpreis dafür zahlen und sodann die Bahn völlig neu bauen müßten, und ich glaube nicht, daß ich mich mit dem Herrn Staatz, sekretär des Reichsschatzamts über den Erwerb dieser Bahn wer, ständigen könnte. .

Leichthin hat dann auch der Herr Abg. Fuchs den Wagen, mangel, den die Reichseisenbahnen im Herbst vergangenen Jahrg jedenfalls erlebten, auf einen unverständigen Fiskalismus zurückgeführt. Wenn der Herr Abgeordnete sich die Nachweise über die Ver, mehrung des Betriebsmittelparks der Reichseisenbahnen und der deutschen Staatseisenbahnen ansehen würde, so würde er diesen Vorwurf nicht so leichthin erboben haben. Ich möchte ihm hier nur mitteilen, daß die Wagengestellung im Gebiete der Reichseisen— bahnen im vergangenen Herbst, als wir unter der größten Ver— kehrsnot infolge Ueberflutung durch den Verkehr im Bereiche der preußischen Staattzeisenbahnen litten, eine außerordentlich günstige ge—⸗ wesen ist. Wir haben in den kritischen Monaten Oktober und November je 12 und 10 mehr gestellt als im Vorjahre. (Hört! hört! rechts. Wir haben auch dort den weitergehenden Mehr— ansprüchen nicht genügen können (sehr richtig! bei den Sozialdemo— kraten); aber jeder gerecht Denkende wird doch anerkennen müssen, daß diese Mehrgestellung eine außerordentliche Mehrleistung sst. (Sehr richtig! rechts.) Wir sind in der Lage gewesen, während des ganzen Monats Januar nicht weniger als 17 ., an Wagen mehr zu stellen als im Vorjahre, ein Beweis dafür, daß die Verwaltung sich doch nach jeder Richtung vorgesehen hat, um den Ansprüchen des Verkehrs, die wir voraussehen konnten, gerecht zu werden.

Der Herr Abgeordnete hat weitergehende Wünsche geäußert be— züglich der Ausgestaltung der Wagen vierter Klasse, Er verlangte für die Arbeiter eine andere Ausstattung als für andere Passagiere vierter Klasse. Das scheint mir ein unbilliges Verlangen zu sein. Der Arbeiter legt im Durchschnitt kurze Ent— fernungen zurück. Wir haben eine Statistik aufgemacht, daß der Arbeiter, der von der Arbeiterwochenkarte und von der Arbeiterrück— fahrkarte Gebrauch macht und auf diesen Verkehr kommt es hier nur an —, in den Zügen vierter Klasse im Durchschnitt allerhöchstens zwischen 13 und 15 km fährt. Da, meine ich, muß der Arbeiter sich, wenn er so billig fährt zu 1 3 per Kilometer —, doch mit demjenigen jzufriedengeben, was wir dem allgemeinen Verkehr zur Verfügung stellen.

Wenn der Herr Abgeordnete aber wünschte, daß wir unsere Eil— züge mit vierter Klasse ausstatten (sehr richtig! bel den Sozial— demokraten), damit die Arbeiter von der Wohltat des Verkehrs der schnellfahrenden Züge Gebrauch machen können, so kann ich ihm er— widern, daß wir dann keinen einzigen Eilzug mehr fahren könnten. (Sehr richtig! rechts.) Der Arbeiter verlangt selbstverständlich, daß der Zug auf jeder Station hält. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Dann ist es eben kein Eilzug mehr, sondern ein Personenzug, und Personen— züge führen die vierte Klasse. Aber abgesehen davon, wenn es ent— ferntere Relationen gäbe, in denen der Arbeiter verkehren würde, dann würden die Züge so belastet sein, daß sie nicht mehr als Eiljüge gefahren werden können. Darin liegt ein außerordentlicher Wider—⸗ spruch, über den man nicht hinwegkommt.

Dann hat der Herr Abgeordnete ganz allgemein behauptet, die Arbeiterschaft und Beamtenschaft würde von seiten der Verwaltung nichtachtend behandelt, und wenn sie mit dringlichen Anträgen heraus⸗ kämen, erhielten sie keine Antwort. Er berief sich darauf, daß der Verband der elsaß⸗lothringischen Arbeiter und Eisenbahner Anfang November eine Eingabe wegen Lohnerhöhung an die Verwaltung ge— richtet, aber keine Antwort erhalten habe. Ich kann selbstredend in diesem Augenblick nicht feststellen, ob sie eine schriftliche Antwort erhalten haben. Aber, meine Herren, ich glaube, die Arbeiterschaft verlangt nicht mehr, als daß ihre Wünsche befriedigt werden, und in der gleichen Zeit hat die Verwaltung der Arbeiterschaft eine Lohnerhöhung gewährt, durch die der Wert der Lohnverbesserungen des Jahres 1912 auf rund 1,5 Millionen gebracht ist. (Lebhafte Rufe rechts: Die beste Antwort!)

Dann hat der Herr Abgeordnete auch ganz allgemein die Be— hauptung aufgestellt, daß die Arbeiterschaft der Reichseisenbahnen bel den Löhnen, die wir zahlten, eln Hungerdasein führen müßten. Ich erblicke hierin eine ganz außerordentliche Uebertreibung (sehr richtig! rechts) und vermisse namentlich jede Würdigung dessen, was die Reichseisenbahnen im Laufe der letzten Jahre für ihre Arbeiterschaft getan haben. Der Herr Abg. Fuchs geht an meiner Feststellunz in der Budgetkommission vorüber, daß seit dem Jahre 1908 an die Arbeiterschaft der Reichseisenbahnen Lohnerhöhungen von 20 00 gewährt worden sind. (Hört! hört! rechts Im Jahre 1966 begann die letzte Besoldungsaufbesserung und kam im Jahre 19609 zum Abschluß. In derselben Zeit, in der die Beamtenschaft auf den damals festgesetzten Beamtengehältern festsaß, hat die Arbeiterschaft durchschnittlich 22 ½ mehr an Lohn bezogen, und zwar fast gleich— mäßig alle die Arbeitergruppen, die der Herr Abg. Fuchs vorher erwähnt hat. Es sind in dieser Zeit die Löhne der Werk— stättenarbeiter um fast 240,0 erhöht, die der Bahnunterhaltungè⸗ arbeiter um fast 23 ,οO, die der Betriebsarbeiter um 22,7 oo, die der Hilfsheizer um 3100. (Hört! hört! rechts) Das sind doch ganz außerordentliche Erhöhungen. Ich kann mich nicht damit zufrieden geben, daß der Herr Abg. Fuchs das absolute Einkommen von 1573 ½ für einen Werkstättenarbeiter das ist das Einkommen, das er im Jahre 1913 haben soll für ungenügend erklärt. Ich meine, man muß doch davon ausgehen, was für die Weiterentwicklung der Löhne getan ist. Ich habe, gerade um dieser Frage nachzugehen und ich kann wohl sagen —, auch um für solche Angriffe vorbereitet zu sein, noch einmal eine sehr sorgfältige Feststellung vornehmen lassen, was in No—⸗

vember 1912, bevor die neueste allgemeine Lohnerhöhung durchgeführt worden ist, die einzelnen Arbeitergruppen verdient haben; und zwar habe ich nur berechnet, was dle vollkräftigen Arbeiter ver⸗ dient haben, denn in den Zahlen, die ich hier eben bekannt gab, sind auch Schrankenwärterinnen, Lehrlinge und sonstige nicht vollkräftige Arbeiter enthalten. Da ergibt sich denn, daß die Zahlen noch außer⸗ ordentlich viel günstiger liegen. So haben im November 1912 die Werkstättenarbeiter der Reichseisenbahnen ohne die Lohnerhöhung 1692 erzielt, die Betriebsarbeiter 1404 M6, die Hilfsschaffner 14483 eις, die Hilfsheizer 1692 A6, die Bahnunterhaltungs— arbeiter erheblich weniger: 1092 6. Ich habe bereits in der Budget⸗ kommission darauf hingewiesen, daß trotz der starken Erhöhung, die die Streckenarbeiter im Laufe der letzten Jahre erfahren haben, sie im Lohn aus einer ganz natürlichen Ursache zurückstehen, weil sie ganz überwiegend ländliche Arbeiter sind und in ländlichen Ortschaften wohnen.

Im Zusammenhange damit hat der Herr Abg. Fuchs den Antrag der soztal emokratischen Partei auf Gewährung einer Lohnerhöhung von 100ͤ hier vertreten. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, daß es nach meiner Auffassung durchaus unberechtigt wäre, nachdem die Reichseisenbahnen sich dauernd den wirtschaftlichen Verhältnissen an⸗ passen und Lohnerhöhungen für ihre Arbeiterschaft vorgenommen haben, jetzt dieser die Aussicht denn mehr wäre es ja nicht auf eine weitere 100 / cige Lohnerhöhung zu eröffnen. Ich möchte geradezu davor warnen, nachdem hier festgestellt worden ist, in welchem Umfange für die Arbeiterschaft gesorgt worden ist.

Der Herr Abg. Fuchs hat dann bemängelt, daß ich in der Kom— mission die Löhne unserer Werkstättenarbeiter um die handelte es sich mit den Löhnen der Arbeiterschaft in Grafenstaden verglichen habe, und er hat es für angezeigt erachtet, die Grafenstader An— gelegenheit nochmals in den Kreis der Erörterung zu ziehen. Ich werde davon absehen, diese Frage wieder in die Diskussion zu bringen. Er hat aber von einem unberechtigten Terrorismus gesprochen; und da möchte ich doch an das hohe Haus appellieren und die Frage auf— werfen, ob die Wahrung des nationalen Standpunktes, die in diesem Falle erfolgt ist, als ein unberechtigter Terrorismus bezeichnet werden kann. (Lebhafte Zustimmung rechts und bei den Nationalllberalen.)

Wenn der Herr Abg. Fuchs die von ihm als zu niedrig bezeichneten Löhne der Arbeiter in Grafenstaden auf den Druck der preußischen Staate bahnverwaltung und der Reichseisenbahnverwaltung zurück⸗ geführt hat, so darf ich feststellen, daß Grafenstaden den Anforde⸗ rungen, die der Chef des Reichseisenbahnamts gestellt hat, genügt hat; daß dem Grafenstadener Werke die Aufträge, die ihm die Reichseisenbahnen und die preußischen Staatseisenbahnen in anderen Jahren gewährt haben, auch in diesem Jahre gewährt worden sind und auch weiter gewährt werden, falls die Voraussetzungen erfüllt werden, die geltend gemacht worden sind. Wenn ich gerade das Grafenstadener Werk zum Vergleich heran— gezogen habe, um festzustellen, daß die Löhne unserer Werkstätten⸗ arbeiter durchaus angemessen sind im Vergleich zu den TVöhnen ver— wandter Betriebe man wird ohne weiteres zugeben, daß eine große Lokomotivwerkstatt vergleichbar ist mit unseren Werk⸗ stätten —, so übersieht der Herr Abgeordnete eben, daß dies das einzige Werk in Elsaß⸗Lothringen ist, mit dem wir uns nach der Art unserer Betriebe vergleichen können. Ich stelle aber ausdrücklich fest, daß die Löhne, die wir unseren Arbeitern zahlen, den Werkstätten- wie den Betriebsarbeitern, durch aus im Einklang stehen mit den gesamten Lohnverhältnissen in Elsaß⸗ Lothringen.

Der Herr Abg. Fuchs hat dann, wie in anderen Jahren von seiten seiner Partei das geschehen ist, das ganze System der Akkordarbeit angefochten. Wir haben die Akkordarbeit in unseren Hauptwerkstätten und auch auf den Güterböden. Vorweg bemerke ich, daß die Frage der Regelung der Akkordarbelt der Güterbodenarbeiter in vollem Fluß ist. Wir haben ebenso wie für die Regelung der Akkordarbelt in den Werkstätten einen Ausschuß eingesetzt, dem unsere ersten Fachmänner angehören, und zu dem auch Arbeiter hinzugezogen werden. Dieser Ausschuß ist in voller Arbeit, und ich hoffe, Ihnen im nächsten Jahre mitteilen zu können, wie diese Enquete ausgefallen ist; sie wird hoffentlich ebenso befriedigend ausfallen wie die Regelung der Akkordlohnverhältnisse für unsere Hauptwerkstättenarbeiter. (Bravo! bei den Natlonalliberalen.)

Der Herr Abgeordnete meinte, die Arbeiterschaft verlange die Abschaffung des Akkordsystems. Da bin ich doch in der glücklichen Lage, den klassischen Beweis zu erbringen, daß dies durchaus nicht der Fall ist. Wir haben im Gebiet der Reichseisenbahnen drei große Hauptwerkstätten, die eine in Bischheim, die andere in Montigny bei Metz und die dritte in Mülhausen. Aus diesen drei Hauptwerk⸗ stätten die Hauptwerkstätte in Bischheim ist wohl dem Wohnsitz des Herrn Abg. Fuchs benachbart ist mir jüngst folgender Beschluß telegraphisch mitgeteilt:

Der durch Obmänner und sonstige ältere Arbeiter verstärkte Arbeiterausschuß der Hauptwerkstätte Bischheim erkennt die großen Vorteile des neuen Stückzeitverfahrens einstimmig an und spricht dem Herrn Verwaltungschef seinen verbindlichsten Dank für die Neuregelung der Lohnverhältnisse aus.

(Hört! hört! rechts. Zuruf von den Sozialdemokraten: Gemachte Arbeit) Ich weiß nicht, von welcher Seite diese Arbeit bestellt sein sollte, von mir ist nichts bestellt worden. (Heiterkeit, Von der Hauptwerkstätte in Montigny lautet die Nachricht ganz gleichartig. Deshalb dürfte die Voraussetzung des Herrn Abgeordneten nicht zu⸗ treffend sein.

Weiter, vom Arbeiterausschuß der Hauptwerkstätte in Mülhausen, von dessen Beschluß ich die gleiche telegraphische Mittellung erhielt, wurde überdies unter dem 14. Dezember ein unter der Herrschaft des früheren Stücklohnsystems gestellter Antrag des Arbeiteraus⸗ schusses in Mülhausen auf Abschaffung des Akkordsystems und Ver⸗ besserung des Lohntarifs in einer dieserhalb abgehaltenen Ausschuß⸗ sitzung einstimmig zurückgezogen. (Hört! hört! rechts.) Demgegen⸗ über behauptete der Herr Abg. Fuchs, daß die Arbeiter in den Werkstätten noch auf Abschaffung des Akkordsystems dringen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) .

Wenn der Herr Abg. Fuchs meinte, daß bei Regenwetter den Streckenarbeitern der Lohn nicht gezahlt wäre, so würde es mir in der Tat wissenzwert sein, an welchen Stellen solches erfolgt ist. Mit melnen Intensionen würde ein solches Verfahren nicht überein stimmen.

Der Herr Abgeordnete hat sich dann den Dienst, und Ruhezeiten unseres Personals zugewandt. Ich brauche mich über diese Frage nicht eingehend zu verbreiten, weil der Herr Präsident des Reichseisenbahnamts nach dieser Richtung ja ausführliche Mit- teilungen gemacht hat über dasjenige, was die deutschen Staatseisenbahnen nach sehr sorgfältigen Verhandlungen planen. Dag im Betriebsdienst tätige Personal wird vom 1. Mai an nach und nach eine sehr wesentliche Verbesserung seiner Dienst⸗ und Ruhe⸗ zeiten verspüren. Es werden namentlich die Ruhetage von 24 auf 32 Stunden heraufgesetzt, dem Zugpersonal, das regelmäßig im Nacht⸗ dienst tätig ist, werden statt zwei drei Ruhetage, ebenfalls von 32 Stunden, gewährt. Von diesen drei Ruhetagen kann einer um⸗ getauscht werden gegen zwei Ruhetage von je 24 Stunden. Das sind außerordentlich weitgehende Zugeständnisse, die die gesamten deutschen Bahnen mit sehr erheblichen Posten belasten.

Ich muß auch die Auffassung des Herrn Abgeordneten anzweifeln

Näheres ist mir hierüber nicht bekannt daß der der Arbeiter⸗ schaft zu gewährende Erholungsurlaub dann gekürzt wird, wenn der Arbeiter krank war. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Nicht immer!) Ich würde auch derartiges durchaus mißbilligen müssen.

Wenn dann der Herr Abgeordnete, wie auch in anderen Jahren, die Leistungen der Pensionskasse der Arbeiter der Reichseisenbahnen herunter⸗ gesetzt hat, so muß er damit eine ganz ausgesprochene Tendenz verfolgen, die Tendenz, eine unserer hervorragendsten Wohlfahrtseinrichtungen, auf deren Bestand und Weiterentwicklung die Arbeiterschaft sehr großen Wert legt, in ihrem Werte herunterzusetzen. Wir sind bei der ersten Einrichtung nicht stehen geblieben, wir haben sie von Jahr zu Jahr verbessert, wir haben die Lohnklassen vermehrt, wir haben die Renten bezüge erhöht. Aus Reichsmitteln werden sehr beträchtliche Zuschüsse geleistet, wir haben zugestanden, daß die Militärzeit nachversichert werden kann, und wir sind eben mit der Prüfung darüber befaßt, ob die Pensions⸗ kasse der Reichseisenbahnbeamten ebenso wie die gleichartige Pensions—⸗ kasse der preußischen Staatsbahnen noch weitergehende Verbesserungen, namentlich in bezug auf die Nachversicherung der früheren Arbeitszeit vertragen kann. Alles das geschieht zum Nutzen und zur Freude unserer Arbeiterschaft, und ich hoffe, daß sie sich diese Freude nicht vergällen lassen wird durch die abfällige Kritik, die der Herr Abg. Fuchs uns hier vorgetragen hat. (Bravo! rechts.)

Auch die Bemängelung der Tätigkeit der Arbeiterausschüsse ge⸗ hört zum ständigen Inventar der Erörterungen in diesem hohen Hause. Bei dieser Gelegenheit, bei der Kritik der Tätigkeit der Arbeiter ausschüsse und der Stellung der Verwaltung zu diesen Arbeiter⸗ ausschüssen hat der Herr Abgeordneté einen meiner verdientesten Be— amten in der Generaldirektion der Reichseisenbahnen, den er namentlich bezeichnet hat, einen Scharfmacher gönannt. Nun, wenn er diesen Ausdruck so versteht, daß dieses Mitglied der Generaldirektion alles dasjenige, was ihm obliegt, mit Geistesschärfe, verbunden mit Liebe zur Sache, und mit Wohlwollen für seine Arbeiterschaft verrichtet, dann kann ich mit ihm einverstanden sein. (Bravo! rechts.)

Der Herr Abgeordnete hat schließlich den Erlaß kritisiert, den ich am 9. Januar d. J. erlassen habe. Der Erlaß bedeutete eine Wohltat für die Arbeiterschaft. Es war an mich von seiten der Arbeiterausschußmitglieder der Wunsch gerichtet worden, daß es ihnen ermöglicht werden möge, während der Arbeitszeit zasammen— zutreten, um sich zu besprechen über diejenigen Vor⸗ lagen, die in der nächsten Arbeiterausschußsitzung verhandelt werden sollen. Diesem Wunsche habe ich entsprochen. Es ist ausdrücklich bestimmt worden, daß dies den Arbeiterausschüssen gestattet sein solle bei Fortzahlung des Lohns. Selbstverständlich muß sich die Arbeiterschaft und müssen sich die Mitglieder der Arbeiter⸗ ausschüsse mit diesen Wünschen in angemessenen Grenzen halten. Aber der weltergehende Wunsch, daß es den Mitgliedern der Ausschüsse ge⸗ stattet sein soll, während der Arbeitszeit mit der gesamten Arbeiter⸗ schaft in Verbindung zu treten, ist meines Erachtens ganz mit Recht abgelehnt worden (sehr richtig! rechts); denn dann hört jeder ordnungsmäßige Dienstbetrieb auf, wenn derartige Angelegen— heiten im Dienste erörtert werden sollen eine Auffassung, die mir ganz jüngst auch an anderer Stelle als zutreffend bestätigt worden ist. Die Rechte der Arbeiterausschüsse habe ich dauernd im Sinne der mir vorgetragenen Wünsche erweitert, auch mit Erfolg erweitert: ihre Wirksamkeit wind von Jahr zu Jahr günstiger.

Wenn der Herr Abgeordnete meinte, die Anträge fliegen in den Papierkorb, so sagt er damit etwas tatsächlich Unzutreffendes. Wir können statistisch feststellen, daß von den Anträgen der Arbeiterschaf in den Ausschüssen im Jahre 1911 etwa 56 υ wund von den Anträgen auf Lohnerhöhung etwa 52 Pe genehmigt worden sind. Ich meine: wenn man gegenüber diesen Tatsachen die sich übrigens aufs dem Betriebsberichte auch ergeben die Be⸗ hauptung aufstellt, daß die Anträge der Arbelterschaft in den Papierkorb fliegen, so ist das eine Behauptung, die zu einem ganz bestimmten Zwecke erfolgt, um eben eine nützliche Ein⸗ richtung zu diskreditieren, und dagegen muß ich entschieden Einspruch erheben. (Lebhafte Zustimmung rechts.)

Endlich hat der Herr Abg. Fuchs meine Stellungnahme gegen⸗ über den Technikerverbänden bemängelt, die ihre Statuten so festgesetzt hatten, daß danach zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Ansprüche der Streik ein zulässiges Mittel des Kampfes darstellte. Ja, es ist seit vielen Jahren in diesem hohen Hause bekannt, daß für die Angestellten der Reichs⸗ und Staatseisenbahnen, überhaupt der gesamten Eisenbahnen, das Streikrecht ausgeschlossen sein muß. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Es ist das auch von dem Herrn Zentrumsredner in sehr zutreffender Weise begründet worden. Wenn also dieser Grundsatz besteht und als notwendig anerkannt werden muß, dann ist es doch ganz ausgeschlossen, daß man eine Gruppe von Angestellten hiervon ausnimmt und auf sie nicht ebenso diesen Grundsatz anwendet wie auf alle anderen. Nichts weiteres ist aber geschehen. Als dann einer dleser Technikerverbände, nachdem er hierüber aufgeklärt worden war, diese Bestimmung in seinem Statut geändert hat, da ist unseren Angestellten auch mit⸗ geteilt worden, daß nunmehr keine Bedenken mehr bestehen, diesem Verbande beizutreten. In dieser Auffassung werde ich mich keines⸗ falls erschüttern lassen. (Bravo! rechts.)

Schließlich hat der Herr Abg. Fuchs darauf hingewiesen, daß der Minister, also in diesem Falle der Chef der Reichs⸗ eisenbahnen, gegenüber dem Leipziger Aerzteverbande nach⸗ gegeben habe, daß er sich vor ihm „qeduckt“ habe, wie er sagte, weil es eben eine mächtige Organisation sei, während er das war ja

seine Deduktion den Ansprüchen der Arbeiterschaft, die ohnmächtig, die machtlog wäre und machtlos gehalten würde, nicht entspräche. Auch gegen diese Auffassung muß ich durchaus Verwahrung einlegen. Wenn die Aerzteschaft eine Erhöhung ihres Honorars verlangt, so tut sie doch nur dasselbe, was alle anderen Berufekreise tun, und darum hat es sich doch im vorliegenden Falle gehandelt: die Aerzteschast hat elne Er⸗ höhung ihres Kassenarzthonorars, des Honorars, das sie für ihre Dienste als Bahnarzt zu beanspruchen hat, verlangt, und dem ist entsprochen. Es ist mir unbekannt, daß von irgend einer Selte augt⸗ gesprochen worden sein soll, daß diese Erhöhung erfolgt sei, um einen Streik zu vermeiden. Das ist eine ungeheuerliche Auffassung, der ich mich ebenfalls entgegensetzen muß.

Es bleibt also von dieser Unterstellung nichts weiter übrig als die Tatsache, daß zur rechten Zeit eine Honorarerhöhung erfolgt ist. (Lebhafter Beifall rechts und im Zentrum.)

Abg. Röser (fortschr. Volksp., Elsässer): Die Fahrkartensteuer⸗ beseitigung wäre die beste Reform dieser Einrichtung. Die erste der von der Kommission angenommenen Resolutionen empfehle ich der Ver⸗ waltung ganz besonders mit Rücksicht auf die jetzige Stellung der Stationsdiätare; man sollte, wie es ja die Budgetkommission beim Postetat selbständig getan hat, eine Vermehrung der Assistentenstellen um etwa 60 eintreten lassen; die Kosten dafür würden nach Abzug der Bezüge der Diätare auf noch nicht ganz 30 000 S sich belaufen, also auf einen ganz minimalen Betrag. Auch den Bausekretären sollte nach dem Muster des Postetats zu Hilfe gekommen werden. Der zweiten Resolution der Kommission wünsche ich die baldige un bedingte Zustimmung der verbündeten Regierungen; die Unterbeamten haben lange genug gewartet. Einzelne Beamtenkategorien, wie die Werkführer, bleiben noch heute hinter den Bezügen der ihnen unter⸗ stellten Dandwerker und Arbeiter zurück; es sind vielfach ältere Leute, denen aber ein Aufrücken in höhere Stellen versagt wird. Die Werk⸗ führer möchten wenigstens mit den Assistenten gleichgestellt werden. Die Werkführer in anderen Reichsbetrieben, so in der Marine, be⸗ ziehen 100 - 200 „„ mehr Gehalt als die der Reichseisenbahnen. Die Wünsche der Lademeister, Weichensteller und Lokomotiobeamten können wir ohne weiteres unterstützen. Die Eisenbahnarbeiter haben uns eine umfangreiche Petition eingereicht, aus der vor allem der Wunsch auf Aufbesserung der Mindestlöhne berechtigt erscheint. Ebenso ist die Bitte um eine Zulage für Nachtarbeit und diejenige um Ausgestaltung der Pensionskasse wohl begründet. Auch den Wunsch weiterer Ausgestaltung der Arbeiterausschüsse können wir nur unterstützen; der Reichstag hat ja eine entsprechende Resolution schon früher angenommen. In einer Nachtragspetition verlangen die Bureauassistenten unter Berufung auf andere Verwaltungen den Sekretärtitel; die Verwaltung sollte auch diesen Wunsch erwägen. Die Wünsche der Arbeiter auf Erlangung der Beamtenqualität sollten nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Der Minister findet also noch ein weites Arbeitsfeld; er würde nach „nationalen“ Gesichtspunkten handeln, wenn er durch Entgegenkommen gegen diese Wünsche die Annäherung der reichsländischen Bevölkerung an das Deutschtum förderte.

Die Abgg. Albrecht und Genossen (Soz) haben den Wort⸗ laut ihrer Resolution wie folgt geändert:

den Reichskanzler zu ersuchen, in den nächstjährigen Etat für die nichtetatsmäßigen Beamten und staatlichen Arbeiter der Reichseisenbahnen eine Erhöhung ihrer Bezüge von 10 bis 15 einzustellen.

Abg. Windeck (othringer) trägt verschiedene Wünsche in bezug auf neue Bahnbauprojekte vor und bittet die Verwaltung, diese Wünsche, soweit irgend angängig, zu berücksichtigen. Der Hahnk!f Diedenhofen sei einer Erweiterung dringend bedürftig; nur der großen Wachsamkeit des Personals sei zu verdanken, daß nicht mehr Unfälle vorgekommen seien. Der Minister habe auch die Pflicht, dafür zu sorgen, daß die reichsländische Eisenindustrie durch Tarifvergünstigungen dem Auslande gegenüber konkurrenzfähig erhalten werde. Der Redner fragt, wen die Schuld an dem Einsturz der Eisenbahnbrücke bei Metz 1900 treffe. Dle letzte Gehaltsregelung hat alte Härten bestehen lassen und neue ge⸗ schaffen, wie es ja immer hierbei der Fall ist. Es gibt eine Reihe von technichen Beamten, die fast nie in die Lage kommen, etats⸗ mäßig angestellt zu werden. Geschieht dies, dann tritt vielfach eine Verkürzung des Einkommens eig. Die technischen Beamten klagen auch darüber, daß sie schlechter gestellt sind wie ihre preußischen Kollegen. Dort werden Funktionen von etatsmäßig An⸗ gestellten ausgeübt, die in den Reichslanden von Dlätaren besorgt werden. Der neue Etat sieht allerdings 10 neue Stellen vor. Das genügt aber nicht. Einer besonderen Prüfung sollte man die Wünsche der im Fahr« und Außendienst beschäftigten Angestellten unterziehen. In erster Linie müssen sie schneller das Höchstgehalt bekommen, da ihre Arbeitskraft rascher aufgebraucht wird. Auch bei Anrechnung des Dienstalters sollte man bet ihnen nicht allzu engherzig sein.

Abg. Dr. Werner⸗Gießen (Wirtsch. Vgg.):; Ein großer Teil wünscht eine anderweitige Regelung der Anrechnung der Milittärdienstzeit. Häufig kommt es vor, daß ihnen diese nicht angerechnet wird, weil sie durch ein Versehen der Behörde zu späat einberufen werden. Berechtigt ist auch das Ver⸗ langen nach Nachtdienstzulagen, da erfahrungsgemäß die betreffenden Beamten hier höhere Ausgaben haben. Die Geheimakten schweben auch hier wie ein Damoklesschwert über den Häuptern dieser Be⸗ amten. Alle Beschwerden über sie sollten zu ihrer Kenntnis gebracht werden. Da eine Neuregelung der Besoldungsordnung wohl noch im weiten Felde steht, so werden wir alle diesbezüglichen Re⸗ solutionen unterstützen. Ganz besonders dringlich sind die Wünsche nach einer reichsgesetzlichen Regelung der Bienst⸗ und Ruhezeit. Der Redner fährt sort, der Reihe nach einzelne Wünsche der Beamten zu besprechen. Er nimmt sich insbesondere der Wünsche der Lokomotivfübrer um Gewährung von Teuerungs⸗ und Erziehungszulagen und Neuregelung der Nebengelder sowie der Bahnmeister um Zulassung zu einer höheren Beamtenklasse an. Auch die Lage der Lademeister und der Wagenmeister müßte verbessert werden. Das Verlangen, daß die Eisenbahnarbeiter mit 25 Jahren dem Arbeiterausschusse beitreten können, sei billig, und es sei zu hoffen, daß die Verwaltung der entsprechenden Resolution Behrens Folge geben werde. Die Aufsicht über die Arbeiter⸗ ausschüsse scheine etwas zu sltreng zu sein. Mit Dank set es zu begrüßen, daß der Chef der Reichseisenbahnen den Wünschen des Mittelstandes Rechnung trage. Die D Züge könnten noch in mancher Beziehung verbessert werden. Die Plakate sollten aus den Warteräumen der Eisenbahn beseitigt und diese känstlerisch aus⸗ gestattet werden, wie es in Dänemark beschlossen sei. Auch gegen die zunehmende Naturverschandelung durch Reklamen müsse vor⸗ gegangen werden. ;

Abg. Del sor (Elsassery:; Wir geben die Hoffnung nicht auf, daß die Vogesen durch ein zweites Gleis mehr erschlossen werden. Auf dem Pforzheimer Babnhof muß man ungebührlich lange auf den Anschluß warten. Es scheinen hier fortifikatorische Ein⸗ flüsse Straßburgs im Spiele zu sein. Ich stimme dem Abg. Fuchs darin bei, daß wir in Elsaß⸗Lothringen zu wenig Querbahnen haben. Solche Bahnen sind allerdings nicht sehr rentabel, aber wenn man strategische Bahnen baut, so kann man auch solche Querbahnen bauen. Die Eisenbahnbeamten, die in Basel wohnen, beziehen die Auslands⸗ zulage nicht, die andere Beamte, z. B. die Zollbeamten, haben. Diese Ungleichheit muß beseitigt werden.

Chef der Reichseisenbahnen, preußischer Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Ich bedauere mit dem Herrn Abg. Delsor, daß das zweite Gleis nach Molsheim noch nicht gebaut ist. Aber ich bitte Sie, sich daran zu erinnern, daß diese Linie zum Teil im Rayon liegt und daß sehr schwierige Verhandlungen mit den Festungs⸗