1913 / 264 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Nov 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Auf Ihren Bericht vom 23. Oktober d. J. will Ich der Gemeinde Attendorn im Kreise Olpe, welche den Bau eines Weges von der Kreisstraße Olpe —-Attendorn bei dem Bahnhof if fe hl über die Bigge nach Ackerschott und Imminghausen beschlossen hat, zur Ausführung dieses Unternehmens das Enteignungs recht nach Maßgabe des Gesetzes vom 11. Juni 1874 hierdurch verleihen. Die eingereichte Karte folgt zurück.

Berlin, den 29. Oktober 1913.

Wilhelm R. von Breitenbach.

An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Bekanntmachung.

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetzsamml. S. 152) wird das Re ineinkom men der hessischen Staatseisenbahnunternehmung, soweit es der Besteuerung durch die abgabeberechtigten preußischen Ge⸗ meinden im Bereiche der oberhessischen Eisenbahnen (Fulda, Großenlüder, Salzschlirf, Gelnhausen, Lieblos und Oberbimbach) unterliegt, für das Steuerjahr 1913 auf

46372 hierdurch festgestellt. Berlin, den 4. November 1913.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten. J. A.: Offenberg.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der Gewerbeassessor Menz in Liegnitz ist zum Gewerbe⸗ inspektor ernannt und vom 1. November d. J. ab endgültig mit der Verwaltung der Gewerbeinspektion in Liegnitz beauf— tragt worden.

Ministerium des Innern.

Der Oberpräsidialrat Kirchner ist dem Oberpräsidenten der Provinz Westfalen zugeteilt worden.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 7. November 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen gestern nachmittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Chefs des Generalstabes der Armee, Generals der Infanterie von Moltke, des Kriegsministers, Generalleutnants von Falken— hahn und des Chefs des Militärkabinetis, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker entgegen.

In der am 6. November unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück ab⸗ gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderung der 8 56, 5660 der Gewerbeordnung, die Zustimmung erteilt. Zur Annahme gelangten ferner die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über den einmaligen außerordentlichen Wehrbeitrag vom 3. Juli 1913 und der Entwurf einer Bekannt⸗ machung, betreffend die Befreiung vorübergehender Dienstleistungen von der Krankenversicherungspflicht. Zu Re— solutionen des Reichstags zum Reichshaushaltsetat wurde Stellung genommen. Demnächst erfolgte die Beschlußfassung über die Festsetzung des Gesamtkontingents der Brennereien für das Betriebsjahr 1913.14, über die Festsetzung des Durchschnittshrandes und Regelung der Vergällungspflicht für das Betriebsjahr 1913.14 sowie über eine Reihe von Eingaben.

Der Königlich niederländische Gesandte, Baron Gevers, hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Legationssekretär Jonkheer Clifford Kocg van Breugel die Geschäfte der Gesandtschaft.

Die Linienschiffe „Kaiser“ und „König Albert“, be⸗ gleitet vom Kleinen Kreuzer „Straßburg“, werden, wie „W. T. B.“ meldet, Anfang Dezember d. J. zum Zwecke ihrer Erprobung auf langer Fahrt, eine Reise von drei bis vier Monaten nach dem Atlantischen Ozean antreten. Sie werden dabei unsere westafrikanischen Kolonien besuchen und in südamerikanischen Gewässern die Flagge zeigen.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrichten über den Stand der Herbstsaaten im Deutschen Reiche am Anfang des Monats November 1913 veröffentlicht.

Potsdam, 7. November. Seine Majestät der König der Belgier besuchte gestern, wie „W. T. B.“ meldet, mit Seiner Majestät dem Kaiser die Potsdamer Garnisonkirche mit der Gruft Friedrichs des Großen, ebens die Friedenskirche mit dem Mausoleum des Kaisers und der Kaiserin Friedrich und die historischen Räume Friedrichs des Großen im Neuen Palais. Nachmittags stattete Seine Majestät der König den in Potsdam wohnhaften Fürstlichkeiten Besuche ab und empfing später im Neuen Palais deren Gegen⸗ besuche. Abends fand bei Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin in der Jaspisgalerie des Neuen Palais Tafel statt. Nach dem Cercle verabschiedete sich Seine Majestät der König und begab sich mit Automobil nach Berlin, wo er im Hotel Adlon Wohnung nahm.

Bahern.

Seine Majestät der König Ludwig hat Seiner Majestät dem Kaiser die Beendigung der Regent— schaft laut Meldung des „W. T. B.“ mit folgendem Tele⸗ gramm angezeigt:

Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, König von Preußen, Berlin.

Eurer Majestät gestatte Ich Mir zur geneigten Kenntnis zu bringen, daß Ich die Regentschaft gemäß den Bestimmungen der Ver⸗ fassung für beendigt erklaͤrt und den Thron Meiner Väter als nächster Agnat bestiegen habe. Die unerschütterliche Bundestreue, die Ich von Meinem Vorgänger in der Regierung Bayerns als heiliges Ver⸗ mächtnis überkommen und selbst sorgfältig gepflegt habe, wird in Mir auch fernerhin einen überzeugten Hüter finden. Eure Majestät, den erhabenen Schirmherrn des Beutschen Reichs, bitte Ich, die Mir und Meinem Hause stets erwiesene freundschaftliche Gesinnung auch in Zukunft erhalten zu wollen. Ludwig.

Von Seiner Majestät dem Kaiser lief folgende Antwortdepesche ein:

Seiner Majestät dem König von Bayern, München.

Mit herzlichem Dank für Deine Mitteilung über die Beendigung der Regentschaft spreche Ich Dir zu Deinem Regierungsantritt als König in treuer Freundschaft und Anhänglichkeit Meine aufrichtigsten und aus tiefstem Herzen kommenden Glück⸗ und Segenswünsche aus. Mit Mir nehmen die Katserin, Mein Haus und Mein Volk an diesem bedeutungsvollen Ereignis freudigsten Anteil. Möge Dein Wirken in dem Dir von Gott übertragenen hohen Beruf Dir selbst reiche Befriedigung gewähren und Deinem schönen Lande sowie Unserem gemeinsamen großen Vaterlande Glück und Segen bringen. Möge der heutige Tag für das Bayernland der Markstein werden für eine Zeit ungetrübten Glückes und segensrelcher friedlicher Ent— wicklung. Wilh elm.

Diesen Glückwunsch erwiderte Seine Majestät der König mit folgendem Telegramm:

Seiner Majestät Kaiser Wilhelm, Berlin.

Dein gütiges Telegramm, das Mir einen neuen Beweis Deiner treuen Freundschaft gibt, hat Mich herzlich erfreut. Ich bitte Dich, die Kaiserin und all die Deinen, für die Anteilnahme an dem für Mein Haus und Land bedeutungsvollen Ereignis und für die so warmen Glück- und Segenswünsche Meinen tiefst empfundenen Dank entgegenzunehmen. Möge Gott Deinen Wünschen Erfüllung schenken zum Wohle Bayerns und Unseres großen Vaterlandes.

Ludwig.

Auch von den übrigen Bundesfürsten, den Bürgermeistern der Freien Städte, Seiner Majestät dem Kaiser von Oester⸗ reich und den anderen europäischen Souveränen sowie aus den bayerischen Städten und dem ganzen bayerischen Lande sind zahlreiche Glückwünsche zur Thronbesteigung eingegangen.

„In der gestrigen Abendsitzung der Kammer der Ab— geordneten teilte der Präsident von Orterer mit, daß die Eidesleistung Seiner Majestät des Königs am Sonn⸗ abendvormittag im Thronsaal der Residenz stattfinde und die Mitglieder der Kammer vom Ministerium des Innern dazu eingeladen seien. Darauf gaben die Fraktionsführer, und zwar Lerno im Namen des Zentrums, Dr. Casselmann im Namen der Liberalen, Beckh im Namen der Konservativen und Lutz im Namen des Bauernbundes obiger Quelle zufolge Erklärungen dahin ab, daß nach den dem Landtage vorgelegten drei ärztlichen Gutachten und den Mitteilungen der beiden Referenten Dr. Cassel— mann und Giehrl über ihren Besuch bei Seiner Majestät dem König Otto sich ergebe, daß die Krankheit des Königs unheilbar sei und daß sie daher dem Antrage der Staatsregierung zustimmen: „Der Landtag wolle anerkennen, daß am 4. November die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für die Beendigung der Regentschaft bestanden haben.“ Der Abgeordnete Segitz erklärte im Namen der Sozial— demokraten, daß seine Partei an der Abstimmung über diesen Antrag nicht teilnehmen werde, da sie die Aktion als ver⸗ fassungswidrig ansehe, weil der Landtag vor eine vollendete Tatsache gestellt worden sei. Nachdem der Ministerpräsident Dr. Freiherr von Hertling kurz und energisch den Behauptungen des Abg. Segitz widersprochen hatte, wurde der Antrag der Staatsregierung mit großer Mehrheit angenommen und die Sitzung auf Dienstag vertagt.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat auf das Entlassungsgesuch des Staatsministeriums, wie „W. T. B.“ meldet, dieses seines vollen Vertrauens ver— sichert und dem Gesuche seine Zustimmung versagt. Auf er⸗ neute Vorstellung des Staatsministers Grafen von Basse⸗ witz-Levetzow und des Staatsrats von Pressentin haben jedoch Seine Königliche Hoheit der Großherzog geglaubt, sich den für ihren Rücktritt vorgebrachten Gründen nicht verschließen zu können, und daher ihrem Abschiedsgesuch entsprochen. Auf dringenden Wunsch des Großherzogs wird der Staatsrat Dr. Langfeld in seinem Amte verbleiben. Der Aufforderung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs entsprechend, wird das Staatsministerium in seiner jetzigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum 1. April nächsten Jahres fortführen.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Der König Ferdinand von Bulgarien, der in Wien eingetroffen ist, wurde, wie „W. T. B.“ meldet, gestern vom Kaiser Franz Joseph in Audienz empfangen. Am Nach⸗ mittag stattete der König Ferdinand dem Grafen Berchthold im Auswärtigen Amt einen einstündigen Besuch ab.

Im ästerreichischen Abgeordneten hause wurde gestern die Spezialdebatte über die Branntwein steuer⸗ novelle fortgesetzt.

Nach dem Bericht des W. T. B. wandte sich der russophile Abgeordnete Kurylowiez im Laufe der Debatte gegen die ukrainischen Ruthenen. Letztere unterbrachen den Redner mit lärmenden Zwischen⸗ rufen. Der Ukrainer Budzynowski entriß dem Abgeordneten Kurylo⸗ wicz das Manuskript seiner Rede und warf es zerknittert zu Boden. Da die Tschechisch Radikalen für Kurylowiez Partei ergriffen und Wahrung der Redefreiheit verlangten, kam es zu lärmenden Aus— einandersetzungen zwischen den Tschechisch Radlkalen und den Ukrainern. Kurvlowicz trat dann für ein besseres Verhältnis zwischen Oesterreich⸗ Ungarn und Rußland ein und bedauerte, daß dies durch die künstlich genährten ukraintschen Sonderbestrebungen gestört werde. (Lärmender Widerspruch bei den Ukrainern.)

Die nächste Sitzung findet erst am Dienstag statt. Im Budgetausschusse des Abgeordnetenhauses be⸗ richtete der Abgeordnete Steinwender über die Ergebnisse

der Beratungen im Subkomitee, betreffend die Schiffahrts⸗ angelegenheit und das Aus wanderungswesen.

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Der Referent wiederholte die Gründe, die die Regierung zu den Abmachungen mit der Canadian Paeifie gegenüber dem Pool bewogen hätten, und erklärte, man könne die Auswanderung nicht . sondern müsse sie regulieren und eine Politik betreiben, welche es der Bevölkerun möglich mache, in Oesterreich zu leben. Man dürfe nicht das ganze Geld in einer auswärtigen Politik verschwenden, die dle Konjunktur hemme und den armen Leuten das Vaterland verleide Steinwender beantragte schließlich die Annahme der gemeldeten Re— solution des Subkomitees.

Rrankreich.

In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer gab der Präsident Deschanel unter tiefem Schweigen der Anwesenden der schmerzlichen Bewegung der Kammer über das Unglück von Melun Ausdruck und sprach den Familien der Opfer der Katastrophe die Teilnahme der Kammer aus; die Regierung schloß sich dieser Kundgebung an und verlangte, wie „W. T. B.“ meldet, die Bewilligung eines schleunigen Kredits von 26 009 Fr. für die Beerdigung der Opfer des Unglücks und zur Unterstützung der Familien der verunglückten Post⸗ beamten. Der Kredit wurde einstimmig bewilligt. Hierauf begann die Kammer die Beratung der Wahlreform und nahm mit 348 gegen 213 Stimmen den ganzen ersten Artikel des Wahlgesetzes an, der die Listenwahl mit Vertretung der Minderheiten einführt.

Der Finanzminister Dum ont legte in der Kammer den Ge⸗ setzentwurf über die neue Kapitalerbsteuer vor, durch die bestimmt wird, daß, abgesehen von der bereits bestehenden Besteuerung der Hinterlassenschaften, auch das hinterlassene Ge⸗ samtkapital nach Abzug einer Summe von 10000 Franes mit einer progressiven Steuer belegt werden soll, die 1 Proz. für Kapitalien bis 50 009 Francs, bis zu 4 Proz. bei Kapitalien von mehr als 5. Millionen beträgt. Das Jahresergebais dieser Steuer wird auf 72 Millionen veranschlagt.

Griechenland.

Die „Agence d Athanes“ dementiert entschieden die Be— hauptung türkischer Kreise, wonach die Verantwortung für den Stillstand in den griechisch-türkischen Verhandlungen der griechischen Regierung zugeschrieben wird, und gibt folgende verbürgte Darstellung:

Während der ganzen Dauer der Verhandlungen bat die griechische Regierung sehr bedeutende Zugeständnisse gemacht, während die Türken sich stets Farauf beschränkten, nach Konstantinopel zu berichten, ohne bisher auf die griechischen Forderungen eine Antwort erteilt zu haben. Es ist hervorzuheben, daß, als die Verhandlungen mit Galib Bei und Abro Bei wleder aufgenommen wurden, an sie die Frage gerichtet wurde, ob sie Vollmachten besäßen, die ihnen das Necht zu unterhandeln und zu unterzeichnen gäben. Erst nach Vorweisung der Dokumente, worin ihnen in der Tat das Recht zu unterhandeln und zu unterzeichnen verliehen wird, sind die Ver— handlungen aufgenommen worden. Trotz ihrer Vollmachten berichteten die ottomanischen Delegierten nach Konstantinopel, und als das Sub— komitee die Arbeiten über die Muftis und die Vakufs be— endet hatte und die türkischen Delegierten sämtliche Zugeständ—⸗ nisse, die die griechlsche Regierung machte, zur Kenntnis genommen hatten, verlangten sie die Wiederaufnahme der Ver— handlungen, ohne alle erforderlichen Instruktionen zu besitzen. Auf diese Weise hätten die Verhandlungen fortdauern können, ohne daß man die Beschlüsse der Pforte über die meisten Fragen, die den Gegenstand der früheren Verhandlungen gebildet hatten, hätte erfahren können. Da wurde nun Galib Bei bedeutet, daß die Verhandlungen wieder aufgenommen werden würden, sobald er sämtliche notwendtgen Instruktionen erhalten hätte. Diese sind jedoch noch nicht eingetroffen.

Serbien.

Die serbisch- montenegrinische Grenzfrage ist zwischen den beiden Regierungen, wie das „Wiener K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureau“ meldet, end gültig dahin geregelt worden, daß Montenegro außer Plevlje und dem westlichen Methochisgebiete noch Djakowitza überlassen wird.

„In der Skupschtina wurde gestern die Adreß— debatte fortgesetzt. Nachdem der Kultusminister Jo vanovitsch und mehrere regierungsfreundliche Abgeordnete die Angriffe der Opposition gegen die diplomatische Aktion des Kabinetts Pasitsch als sachlich unbegründet zurückgewiesen hatten, wurde laut Meldung des „W. T. B.“ der Adreßentwurf der Mehrheit mit 72 gegen 26 Stimmen angenommen.

Amerika.

Der amerikanische Senat hat gestern nach kurzer Debatte eine Resolution angenommen, die den Kongreß er— mächtigt, eine Untersuchung der Beziehungen zwischen der Louis— ville⸗Nashville⸗Eisenbahn und der mit ihr verbundenen Linien einzuleiten zwecks Feststellung, ob das Antitrustgesetz verletzt worden ist.

Der Senatsausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten beriet gestern in geheimer Sitzung uͤber die Frage der Aufhebung des Ausfuhrverbots für Waffen und Munition an die Aufständischen im nördlichen Mexiko. . Die Bankkommission des Senats hat, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, die Geldumlaufbill dahin abgeändert, daß die Aktien der Provinzreservebanken dem Publikum zur Zeichnung angeboten werden sollen, und daß die Regierung die Kontrolle über diese Banken erhalten soll, indem sie die Mehrzahl der Direktoren ernennt.

Wie „W. T. B.“ meldet, ist auf Felix Diaz, der aus Veracruz in Havanna eingetroffen ist, gestern abend, als er auf der Promenade spazieren ging, ein Anschlag verübt worden. Diaz erhielt einen Stich hinter das Ohr und mehrere Schläge mit einem Stock. Der Täter konnte verhaftet werden. Diaz wurde ins Hospital gebracht.

Asien.

Das Manifest des Präsidenten 1 gegen die Kuomintangpartei hat in Peking keinerlei Erregung hervorgerufen. Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, ist bei den Anhängern der Partei die Furcht stärker als die Neigung, die Opposition gegen die Regierung fort zusetzen. In Peking ist man allgemein geneigt, den Schritt Huanschikais zu billigen. Die Gesandtschaften heißen die Kundgebung des Präsidenten fast einstimmig gut und geben der Meinung Ausdruck, daß eine Kontrolle der Geschäfte für Muanschikai unmöglich gewesen sei, solange das Parlament eine Brutstätte der Revolution gewesen wäre. l

Die Zeitung „Pioneer“ meldet, daß in Kabul eine Verschwörung gegen den Emir entdeckt worden ist. Neun Rädelsführer sind vor Kanonen gebunden und so hingerichtet worden.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Me ungen von Menschen durch tolle oder der Tollwut ö 2 Tiere in Preußen im Jahre 1912.

Nach einer in den „Veröffentlichungen des Kalserlichen Gesund- heltsamts⸗ gegebenen Uebersicht sind in Preußen im Jahre 1912 durch olle oder tollwutverdächtige Tiere 240 (im Vorjahr 231) Ver⸗ letzungen oder Berührungen infolge Beleckens usw. amtlich bekannt worden. Vorherrschend war unter den Verletzten usw. das männliche Heschlecht mit 68,3 o im Vorjahr 6652 o/o). Nahezu ein Drittel aller Verletzten gehörte dem jugendlichen Alter von 6 bis 15 Jahren an; diese Altersklasse wies allein 77 verletzte usw. Personen auf. Die meisten Verletzungen, 151 62,0 Co, ereigneten sich in den Monaten April bis September, also wie in den Vorjahren in der wärmeren Jahreszeit. Betroffen wurden 8 (191! ebenfalls 8) Propinzen, und zwar am stärksten Schlesien mit 129 ((8) Fällen; in Ostvreußen wurden 45 zl), in der Rheinprovinz 32 (64), in Posen 24 (7), in Hessen⸗ Nassau 6 33 in der Provinz Sachsen 2 l) Verletzungen usw., in West— preußen 1 (Y. und in Brandenburg ebenfalls 1 6) zur Anzeige gebracht. Rm meisten heimgesucht waren die Regierungsbezirke Oppeln, Liegnitz und Breslau, die 53 34), 39 (29) und 37 (15) Bißverletzungen usw. aufzuweifen hatten; in größerer Zahl wurden solche dann nur noch aus dem Regierungsbezirk Gumbinnen 24 (20) gemeldet. Im ganzen wurden in 70 (77) Kreisen von 20 (20) Regierungsbezirken Verletzungen durch 119 (132) Tiere festgestellt. Die böchste Zahl der in einem Kreise gemeldeten Fälle stellte sich auf 12 in dem ober— schlesischen Kreise Lepbschütz. Auf die ösilichen Provinzen entfielen allein 199 (159) verletzte usw. Personen 829 (68,3) oo aller Fälle.

Herbeigeführt wurden die Verletzungen durch 114 Hunde, 2 Katzen, 2 Pferde und 1 Kuh. Die höchste Zahl der von elnem einzelnen Hunde verletzten Menschen war 8. Bei 134 Personen hefanden sich die Verletzungen an den oberen Gliedmaßen, bei 56 an den unteren, bei 1 am Kopfe oder Halse, bei 5 am Rumpfe und bei 3 an mehreren Stellen des Körpers. Bei je 10 Personen gelangte Speiche! des kranken Tieres in Hautwunden oder an unberletzte Hände, bei 1 das Blut eines tollen Hundes an die wunden Hände; Verletzung wurde durch das Messer des obduzietenden Tie!narztes hervorgerufen; in 6 weiteren Fällen konnte der Oct der Verletzung nicht angegeben werden. Eine Person hatte Milch einer tollwut⸗ klanken Kuh getrunken.

190 dieser Personen wurden von Tieren verletzt oder beleckt, die mit Sicherheit als wutkrank erkannt wurden, 33 von solchen, die sich nur als wuerdächtig erwiesen, und 7 von Tieren, die sicher nicht wutkrank waren. Bei 10 Personen konnten diese Feststellungen wegen Entlaufens der Tiere oder Beseitigung der Kadaver der in Betracht kommenden Tiere nicht mehr erfolgen.

Der Schutzimpfung nach Pasteur unterzogen sich 232 96,70 / (im Vorjahre: 97,4 00) der Verletzten usw, und zwar 8.4 im Institute für Infektionskrankbeiten Robert Koch in Berlin und 148 im Hygienischen Universitätsinstitut in Breslau.

Von den 249 verletzten usw. Personen sind 3 an Tollwut er— krankt und gestorben; 2 von ihnen hatten sich jedoch erst 3 bezw. 2 Wochen nach erfolgter Bißverletzung in Behandlung begeben, die dritte, die bereits als vorläufig geheilt entlassen war, fiel in der 11. Woche nach der Verletzung der Krankheit zum Opfer. Von den 232 (1911: 225) schutzgeimpften Personen starben demnach 1,20 (4M 0oG. Berücksichtigt man nur die von sicher tollwutkranken Tieren Gebissenen, so erkrankten an Tollwut von 188 schutzgeimpften Per- sonen 3 (Leo o/o) gegen 1 (M 0/o) im Vorjahre. Dabet ist jedoch in Betracht zu ziehen, daß von den 3 Gestorbenen zwei zu spät zur Be⸗ handlung kamen.

Zur Arbeiterbewegung.

Der seit dem 27. Oktober bestehende Ausstand der Mühlen⸗ arbeiter der Wurzener Kunstmühlenwerke und Biskuit sabriken in Wurzen (Sachsen) ist, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, beendet, nachdem die Leute sich mit den ursprünglich von der Firma bewilligten Zugeständnissen zufrieden erklärt haben (9gl. Nr. 257 d. Bl..

Kunst und Wissenschaft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 23. Oktober eine Gesamtsitzung unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Roethe. Herr Müller⸗Breslau las über Versuche mit exzentrisch und zentrisch gedrückten Gitterstäben. Die vom Verfasser in der Versuchsanstalt für Statik der Tech⸗ nischen Hochschule begonnenen Versuche sollen die Theorie des exzentrischen Druckes und der Kaickfestigkeit namentlich für das Gebiet außerhalb der Proportionalitätsgrenze stützen. Besonderer Wert wird auf die Feststellung der elastischen Linien der Gurtungen gelegt. Es werden Versuchsergeb— nisse mitgeteilt und mit den Ergebnissen der Rechnung verglichen. Herr Frobenius legte eine Arbeit des Professors Dr. Edmund Landau in Göttingen vor: Ueber die Nullstellen Dirichlet⸗ scher Reihen. Einige Größenabschätzungen, die bisher nur fur die Riemannsche Funktion auf Grund ihrer besonderen Eigenschaften aus⸗ geführt waren, werden auf allgemeine Dirichletsche Reihen übertragen.

Infolge einer Stiftung des ordentlichen Mitgliedes Herrn von Auwers ist bei der Akademie eine Bra dley⸗Medallle begründet worden, deren Statut mitgeteilt wurde.

. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: Lief. 39 des aka⸗ demischen Unternehmens „Das Tierreich“, enthaltend die Cumacea (Sympoda) bearb. von T. R. R. Stebbing (Berlin 1913); von der Wielandausgabe der Deutschen Kommission Bd. 4 der Abt. II (Ueher⸗ setzungen) hrög. von P. Stachel (Berlin 1913); zwei Hefte der Er⸗ gebnisse der Planktonerpedition der Humboldt⸗Stiftung: Tl. 2 der Fora⸗ miniferen (Thalamophoren) von L. Rhumbler und Lief. Lder Polycystinen von F. Dreyer (Kiel und Leipzig 1913); Bd. h, Lief. 2 der zoologischen und anthropologischen Ergebnisse der in den Jahren 19093 1905 mit Unterstützung der Humboldt-Stiftung ausgeführten Forschungsreise 8. Schultzes im westlichen und zentralen Südafrika (Jena 1913); ferner ein Band der Monumenta Germaniae historica: Auctorés antiquissimi. Lom. 15, Pars 1 enthaltend Aldhelmi opera ed. R. Ewald. Fasc. 1 (Berolini 1913); endlich zwei Bände der auch don der Akademie unterstützten Euler⸗Ausgabe der Schwetzerischen Naturforschenden Gesellschaft, Ser. I, Vol. 11: Institutiones calculi integralis ed. F. Engel et L. Schlesinger. Vol. 1 und Ser. l, Vol. 1: Commentafiones analyticas ad theoriam integralium llipticorum pertinentes. Vol. 2 (Lipsiae et Berolini 1913). Derr Conze überreichte die 17. Lieferung der im Auftrage der n erlichen Akademie der Wissenschaften in Wilen herausgegebenen Attischen Grabreliefg, und Herr Eduard Meyer übergab die 3. Auf⸗ lage von Band 12 seiner „Geschichte des Altertums.

Die Akademie hat zu wissenschaftlichen Unternehmungen durch die phyfikalisch⸗mathematische Klafse bewilligt Herrn F. E. Schulze zur Fortführung der Arbeiten am Nomenclator wmimalium generum et subgenerum weiter 2000 „S; dem Prof. Dr. Dankwart Ackermann in Wür (burg zur Erforschung des Eiweiß abbaus beim Menschen und Warmblüter 700 6; dem Dr. enn g Frie e in Schwerin i. M. zur Herausgabe eines Werks über die europäischen Bienen 2000 S; Herrn Kurt Gohlke in Königsberg Pr. zur Drucklegung eines Werks über die Brauchbarkeit der Sero— Diagnostik für den Nachweis zweifelhafter Verwandtschaftsverhältnisse im Pflanzenreich 500 .

Die physikalisch⸗mathematische Klafse der Akademie hielt unter dem Vorsitz ihres Sekretars, Herrn Waldeyer am 30. Ok⸗ tober eine Sitzung, in der Herr Schottky über die Lindemannschen Sum men läg. Es werden einige einfache Sätze Fiber Lindemannsche

mmen aufgestellt, die es erlauben, auch den Hauptsatz, daß eine

Ache Summe nicht den Wert 6 haben kann, mit Hilfe deß von

eierstiaß modifiziert ermite ls ohne vi ö fizierten Hermiteschen Integrals ohne viel Rechnung

In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars, Herrn Roetheé abgehaltenen Sitzung der pbilosophisch— historischen Klasse las Herr Erman über die Obelisken über setzu ng des Hermapion. Bei Ammian ist uns aus dem Buche eines Hermaplon die griechische Uebersetzung eines Obelisken bewahrt, der von Ramses II. im Tempel von hel opolis aufgestellt war. Sie ist uns in äußerst verderbter Gestalt überkommen, doch läßt sie sich an der Hand des Obelisken der Piazza del Popolo teilweise wiederherstellen. Sie zeigt sich dabei als eine oberflächliche Arbeit, die sich dem Verständnis der Nichtägypter durch Weglassungen und freie Wiedergabe der alten Ausdrücke anzupassen suchte. Der Obelisk, dessen Inschriften sie übersetzt, ist nicht erhalten; er dürfte das Seitenstück zu dem der Piazja del Popolo gewesen sein. Herr Harnack legte vor: „Dee griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte ˖ Bo. 25. 24 (Eusebius VI. VII 1), Leipzig 1913; Herr Erman überreichte die 26. wissenschaftliche Veröffent= lichung der Deutschen Orient ⸗Gesellschaft: Das Grabdenkmal des Königs Sa hu-re“ Bd. 2 (Leipzig 1913); Herr Heusler übergab sein „Altisländisches Elementarbuch“ (Heidelberg 1913) und die zweite Auflage seiner „Zwei Isländergeschichten“ (Berlin 1913).

Im Institut für Meereskunde (Georgenstraße 34 36) hält am 19 d. M. der Dr. H. Michaelsen- Berlin einen Vortrag über „Blüte des Levantehandels und die deutsche Hansa“. (3. V trag der Reihe: ‚Geschichte des Welthandels vom Altertum bis in die Neuzeit); am 11. d. M. der Dr. Th. Krum bach⸗Rovigno einen solchen über „Das Leben an der Grenze zwischen Land und Meer“, und am 14. d. M. der Dr. P. Mohr⸗Berlin über „‚Poli⸗ tische Probleme des westlichen Mittelmeers“. Die Vorträge werden, soweit möglich, durch Lichtbilder erläutert, sie beginnen um 8 Uhr Abends. Eintrittskarten zu 0,25 M sind an den Vortragsabenden von 6 Uhr an in der Geschäftsstelle (Georgenstraße 34 36) zu haben.

Der Professor der semitischen Sprachen an der Universität von Pennsylvanien Morris Jastrow hat vor der medtzinischen Gesell⸗ schaft in London einen ausführlichen Vortrag über die Heilkunde bei den Babyloniern und Assyrern gehalten, und zwar auf Grund eines jahrelangen Studiums im Britischen Museum. Die einzige, aber auch schier unerschöpfliche Quelle für dtese Forschungen ist die große Bibliothek von Tontafeln, die während der Regierung des Königs Assurbanipal um die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. in Assyrien gesammelt wurden. Sie wurde schon im Jahre 1849 in dem Palast dieses Königs an der Stelle der alten Hauptstadt Niniveh entdeckt. Es sind über 30 000 Bruchstücke von Ziegeln oder Ton⸗ tafeln erhalten geblieben, während die Gesamtzahl vielleicht über 100 000 betragen hat. Der Inhalt der Inschriften dieser „Stein⸗ bücher“ erstreckt sich nicht allein auf die Medizin, sondern auf alle möglichen Arten der Erkenntnis und Forschung; immerhin kommen für die Medizin wenigstens 500 Stücke in Betracht. Diese Tafeln besaßen wohl fast sämtlich schon ein hohes Alter, als sie in die „Bibliothek“ des Assurbanipal aufgenommen wurden. Sie stammen wahrscheinlich mindestens aus dem Jahre 2000 vor unserer Zeitrechnung. Dle keilschriftlichen Mitteilungen geben reichliche Auskunft zunächst über die Rechte und Pflichten der Aerzte, die übrigens für eine erfolglose Behandlung wenigstens durch eine Vorenthaltung des Honorars bestraft werden konnten. Außerdem aber wurde der Arzt gar zum Schadenersatz herangezogen, auch wenn er eine vergebliche Operation nur an einem Sklaben vorgenommen hatte. Er hatte dann im Todesfall einen neuen Sklaven zu stellen. Verlor der Sklave durch die Behandlung des Arztes etwa ein Auge, so mußte dieser die Hälfte vom Wert des Sklaven erstatten. Wurde ein freter Mann von solchem Mißgeschick betroffen, so erging es dem Arzt noch schlechter. Es wurde zwar nicht die biblische Forderung ‚Auge um Auge“ verwirklicht, aber der Verlust eines Auges wurde mit dem Ab⸗ schneiden einer Hand bestraft. Es kann also wahrlich kein Vergnügen gewesen sein, zu solchen Zeiten den ärztlichen Beruf auszuüben. Die Inschriften enthalten auch zahlreiche Angaben über Arzneien, unter denen die für Magen— krankheiten bestimmten einen großen Raum einnehmen. Die Pflanzen, die dort angeführt werden, lassen sich in manchen Fällen freilich nicht mehr mit Sicherheit ermitteln. Eine ziemlich bedeutende Rolle scheint der Salmi k gespielt zu haben. Allzusehr vertraute man den Arzneien aber nicht, denn neben ihnen wurden allerhand Zaubereien und Hexereien für nötig gehalten. Auffallend ist die große Aufmerksamkeit, die in jenen entlegenen Zeiten von der Heilkunst bereits den Kopf⸗

schmerzen gewidmet wurde, die sehr häufig gewesen zu sein scheinen.

Sie hatten auch ihren besonderen Dämon, der alle Qualen von einem gewöhnlichen Kopfschmer; big zum Wahnsinn herbetzuführen vermochte. Außerdem aber wird schon eine stattliche Reihe von anderen Krankhesten genannt, wie Erkältungen, Verdauungsstörungen, Erbrechen, Durchfall, Krämpfe, Gelenkrheumatismus, Nervenschmerzen, Blutungen, Gesichtsstörungen, Herzkrankheiten, Gallenanfälle und Gelbsucht in verschiedenen Graden. Ueber die Diagnose der einzelnen Leiden werden zum Teil ausführliche Mitteilungen gemacht. Einen besonders großen Anteil an den Krankheiten im alten Babylonien und Assyrien haben die Leberleiden, die auch heute noch in südlichem Klima, sowohl bei Menschen wie bei Tieren, sehr verbreitet sind. Daß die Heilkunde schon vor jenen 4000 Jahren einer sachlichen Organisation nicht entbehrte, lehren vor allem die eingehenden und klaren Vorschriften über die allgemeine Behandlung der Kranken und insbesondere über ihre Ernährung.

Literatur.

Spießbürger und Käuze zum Lachen. Bilder und Worte von Carl Spitzweg. Herausgegeben von Wilhelm Rudeck. Verlag Walther Fiedler, Lelpzig. Das Buch wird für viele eine Ueberraschung sein, aber eine hochwillkommene. Aus vergessenen Jahr⸗ gängen illustrierter Witzblätter ist hier eine Reihe von Schöpfungen des großen und liebenswerten Humoristen ans Licht gezogen worden. Eine Quelle echtesten Humors, der weder selchte Albernheit kennt noch vergiftende Bosheit, ein heiteres Spiegelbild der Zeit um 1848, dem doch der dunkle. Hinterglund nicht fehlt, und nicht zuletzt ein Schatz unvergänglicher Zeichnungen, deren Treffsicherheit uns Nachgeborenen vielleicht noch einleuchtender ist als den Zeitgenossen. Spitzwegs Stärke liegt nicht so sehr in der genialen , , in der überwältigenden Komik des Striches, wie etwa Wilhelm Busch sie besaß. Er il lustriert bald mehr, bald weniger aussührlich. Aber innerhalb seiner Schilderungen ist alles mit . Dekonomie abgewogen; und der Reichtum liebevoll beobachteter Einzelheiten ordnet sich fast immer mühelos zum Bilde. Und so dürfen diese Blätter auch vom rein künstlerischen Standpunkt aus in den a rg deutschen Humors ihren Platz beanspruchen. Die Ausstattung des Buches ist gediegen; in der sachkundigen Vorrede des Herautgeberß wäre ein Hinweis auf den Fundort der einzelnen Stücke am Platz gewesen. .

Deut sche Stil isten. Handzeichnungen altdeutscher Meister 36 Tafeln in Lichtdruck und Zinkätzung; herausgegeben und eingeleitet von Dr. Hans Sauermann. Verlag von Steinicke und Lehmkuhl, München. (Kart. 7 SM ) Unter der Fülle von Veröffentlichungen, die bestimmt sind, die Kunstwerke vergangener Zeiten in Abbildungen dem einzelnen ins Haus zu bringen, spielen die Zeichnungen unserer großen Meister bisher eine bescheidene Rolle. Und doch findet gerade hier die Reproduktionstechnik das dankbarste Feld. Denn sie vermag vom Reiz des Originals weit mehr wiederzugeben, als dies bei Gemälden möglich ist, deren Farbe auch den neuesten und besten Druckverfahren noch immer unerrelchbar bleibt. Dazu kommt, daß in den Sammlungen von Handzeichnungen eine Fülle wirklich un⸗ erschlossener Schätze liegt, die selbst von den teuren wissenschaftlichen Sammelwerken noch längst nicht ausgebeutet sind. So darf das Unternehmen des jungen Münchner Verlags, das eine Anzahl Meister⸗ werke der deutschen Früh. und Hochrenaissance vorführt, auf einen

dankbaren Empfang bei vielen Kunstfreunden rechnen. Die Tafeln sind alle gut, die meisten sogar mustergültig herausgekommen, und abgesehen von ein paar Arbeiten Albrecht Dürers wird selbst der Fachmann fast alle als Neuerwerbungen? in seine Sammlung einreihen. Die Blätter sprechen für sich selbst, und so hat der Herausgeber mit Recht davon abgesehen, ihnen außer etlichen Notizen über die Meister und den Standort der Werke noch besondere inhalt- liche Erläuterungen mit auf den Weg ju geben. Ob der Weg, den er in der allgemein orientierenden Einleitung beschritten hat, für diese kleine Auswahl der richtige war, daran ist wohl ein Zweifel erlaubt. Er stellt hier das Schaffen unserer deutschen Renalssancekünstler in Parallele zu der modernsten Entwicklung der Malerei seit der Zersetzung des Impressioniemus, und versucht, zwischen Dürer und seinen Nachfolgern eiu ähnliches Verhältnis aufzuzeigen, wie es besteht zwischen den Impressionisten auf der einen Seite und den „Stilisten“ seit dan Gogh und Hodler auf der andern. Dag konnte auf den wenigen Druckseiten, die ihm zur Verfügung standen, und mit dem doch etwas zufällig herausgegriffenen Material nicht gelingen In dem Be⸗ treben, möglichst viel und möglichst Erschöpfendes auf engem Raum zu sagen, wird er nicht selsten unklar. Die Durchführung jener Parallele würde vorausetzen, daß dem Leser die eine der beiden Größen, also hier die jüngste Entwicklung der Malerei, völlig vertraut wäre. Aber gerade sie ist ein höchst umstrittenes, noch gar nicht ganz übersehbares Gebiet. Und so geschieht es ganz von ihr daß die Einleitung fast nur von den modernen und fast gar nicht von den altdeutschen Meistern spricht, für die es doch das Auge zu öffnen galt., Gerade die weiteren Kreise der Kunstfreunde, für die doch die borlit gende. Veröffentlichung bestimmt ist, werden Sauermanns Parallele so, wie sie von ihm gezogen ift, keineswegs nachempfinden können. Sie werden aber, wenn sie sich statt dessen um so mehr in die Zeichnungen Wolf Hubers und der andern vertiefen, einen reichen Ersatz finden. Denn diese sprechen wir wiederholen es mit erquickender Unmittelbarkeit zu jedem, der Empfindung für die Ausdruckskraft der Linie besitzt Es wäre ein schöner Erfolg dieser kurzen Bilderfolge, wenn sie ihren Betrachtern zur Vertiefung in die Schätze alter Zeichenkunst Lust machte, die in den Sammlungen der Museen bereitliegen.

. Carl Hopf, Die altpersischen Teppiche. Eine Studie über ihre Schönheitswerte. Zweite, bedeutend vermehrte Auflage. F. Bruckmann A.-G., Mäͤnchen, 1913. Mit 62 z. T. farb. Abh. Kart. 5 6. Die vorliegende kleine Schrift ist weniger eine »Stadie über die Schönheitswerte altpersischer Teppiche“ als ein enthusiastischer, etwas naiver Lobgesang auf den Srientteppich überhaupt, pon einem Verfasser, der nicht nur als Händler auf die Güte seines Artikels schwört, sondern sich offenbar auch als poetisch veranlagte Natur in alles Wunderbare“ der Knüpf⸗ kunst mit großer Lebendigkeit hineinphantasiert hat. So mag es sich erklären, daß er sich von einem priesterlichen Hochgefühl“ diesem Gegenstand gegenüber beseelt und zur Abfassung einer derariigen Studie legitimiert fühlt. Was er über die alten Muster sagt, ist teils richtig, teils irreführend, jedenfalls aher recht konfus, und was von den noch im Handel befindlichen Stücken der Verfallzeit erzählt wird, ist eigentlich alles Uebertreibung, sowohl ihre künstlerische Einschätzung wie auch die kühne Behauptung daß sie zwar erschrecklich selten geworden seien, daß aber trotzdem ‚auf kelnem anderen Gebiete des Kunstmarktes zu so niederen Preisen noch gute Sachen zu haben sind'“. () Die Ah⸗ bildungen sind gut, rechtfertigen aber nicht den verhältnismäßig hohen Preis, den der Verlag für diese belanglose Broschüre fest⸗ gesetzt hat.

Im Verlag von Hesse und Becker ist eine neue von Conrad Höfer besorgte Ausgabe von Eckermanns Gesprächen mit Goethe erschienen. Für den Text ist in den beiden ersten Teilen die Ausgabe letzter Hand, in dem dritten die auf die Originalhand⸗ schrift zurückgehende Ausgabe von H. Houten benutzt worden. Mit Dank wird der Leser den wertvollen Bilderschmuck betrachten, der zumeist nach Originalen des Weimarer Goethemuseums angefertigt wurde und der Bilder vom Goethehause, aus Goetles Wohnung, von Stücken seiner Sammlungen sowie Bildnisse von Mitgliedern der Goetheschen Familie und aus dem Freundeskreise des Dichters bringt. Ludwig Geiger hat der Ausgabe eine ausführliche Einleitung voraus⸗ geschickt; Anmerkungen und ein Register erhöhen ihre praktische Brauch⸗ barkeit. Das Buch kostet in Leinen 3, in Leder 5 4.

Den naheliegenden Gedanken, neben die Gespräche Goethes auch die Schlllers zu stellen, hat F. Freiherr von Biedermann durchgeführt, indem er in demselben Verlag einen Band Schillers Gespräche und andere Zeugnisse aus seinem Umgang“ in volka—⸗ tümlicher Auswahl hat erscheinen lassen (in Leinen 3 , in Leder 5 „66. Die hier auf nahezu 500 Druckseiten im wesentlichen in zeit⸗ licher Reihenfolge mitgeteilten Zeugnisse über Schiller stammen von Personen, die ihn selbst gekannt, mit ihm in ver⸗ wandtschaftlicher oder freundschaftlicher Beziehung gestanden haben. Ihre Berichte fußen meist auf persönlichen Wahrnehmungen, und was sie über Worte des Dichters, über seine Art zu leben und sich zu geben, mitzuteilen wissen, darf wohl als beglaubigt angesehen werden. Nur in wenigen Fällen sind mittelbare Berichte eingefügt, und soweit diese zu Zweifeln Anlaß geben, hat der Herausgeber dies ausdrücklich vermerkt. Selbstverständlich macht diese, für weitere Kreise bestimmte Auswahl nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, wie ihn etwa die große Ausgabe von Goethes Gesprächen erheben darf, sie vermittelt aber ein wahres und zureichendes Bild von dem Dichter, wie es von zahlreichen und verschieden gearteten . aufgefaßt wurde. Kurze, sachliche Ergänzungen dienen dem Ver⸗ stndnis einzelner Stellen, Nachweisungen am Schluß des Bandes unterrichten über die Persönlichkeiten der Berichterstatter und über

die literarischen Quellen.

In demselben Verlage ist ferner eine von Otto Weltzien ver⸗ anstaltete Gesamtausgabe von Fritz Reuters Briefen erschienen (brosch. 2.50 , geb. 3 M6). Die zahlreichen Verehrer unseres großen niederdeutschen Humoristen werden diese erste Gesamtausgahe sicher mit Freude begrüßen, gewährt sie doch einen tiefen Einblick in Reuters Leben und Schaffen, in seine Entwicklung als Mensch und Dichter und kann so als wichtige Ergänzung zu seinen dichterischen Werken gelten. Die Briefe sind der Zeit nach in die Abschnitte geordnet: Jugendzeit und Festungenot (bis 1840), Im Werden der Kraft (1810 1856) und Schaffenshöhe und Aus⸗ klang (18656 1874). Jeder Abschnitt ist mit einer knappen lebens geschichtlichen Einleitung und mit kurzen Charakteristiken der Brief⸗ empfänger versehen. Wo es nötig schien, sind kurze weitere Hinweise auf Personen und in den Briefen erwähnte Greignisse in Fußnoten geboten. Die Wledergabe der Briefe erfolgte nach den Originalen oder nach auf diesen fußenden, zuperlässigen Abdrücken. In den hochdeutschen ist die geltende Rechtsprechung gewählt, die nieder⸗ deutschen find in Originalform wiedergegeben.

Verkehrswesen.

Laut Telegramm aus Herbegsthal ist die heute nachmittag um 5 Uhr 9 Minuten auf dem Schlesischen Bahnhof in Berlin fällige Post aus Frankreich ausgeblieben. Grund: Zugverspätung um 1 Stunde in Frankreich.

Torfheizung für Lokomotiven. Wissenschaft und Technik bemühen sich aufs eifrigste, Mittel zu einer Verwertung der Torflager nachzuweisen. Fast in jedem Jahre wird eine Nachricht verbreitet, nach der das Zlel endlich erreicht sein soll, aber der Fortschritt ist jedenfalls noch recht unsicher. Andernfalls würden die Torflager ohne Zweifel schon in einen lebhaften Abbau genommen worden sein, da sie gt zum größten Teil nutzlos daliegen und sogar als ein Hindernis der Bodenkultur betrachtet werden müssen. In Deutschland, wo die Ausdehnung der Moore mindestens 16000 qkm umfaßt, ist ihre Verwendung weniger dringlich, weil kein Mangel an anderem und besserem Helzstoff besteht. Vielmehr hat nament- lich die Braunkohle mit ihrer Brikettindustrie die Torfheizung selbst

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