1913 / 269 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Nov 1913 18:00:01 GMT) scan diff

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Ministerium der geistlichen und Unterricht s⸗ angelegenheiten. ;

Dem Dozenten des öffentlichen Rechts an der Cölner ochschule für kommunale und soziale Verwaltung Dr. Julius riedrich in Cöln ist das Pradikat Professor beigelegt worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten.

Der bei der Ansiedlungskommission in Posen beschäftigte Regierungsrat von Laer ist als etatsmäßiger Rat bei der ö angestellt worden.

Angekommen: Seine Exzellenz der Präsident des Evangelischen Ober⸗ kirchenrats, Wirkliche Geheime Rat D. Voigts von dienstlichen Reisen.

Aichtamtliches. Deu tsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. November 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Kriegsministers, Generalleutnants von Falkenhayn, des Präses der Artillerieprüfungskommission, Generalmajors Sieger und des Chefs des Generalstabs der Armee, Generals der Infanterie von Moltke entgegen.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für das Seewesen und für Handel und Verkehr, der Ausschuß für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rechnungswesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr Sitzungen.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchen⸗ feld⸗Köfering hat Berlin verlassen. Während seiner Ab⸗— wesenheit führt der Legationssekretär Freiherr von Soden die Geschäfte der Gesandischaft.

Der Königlich spanische Botschafter Polo de Bernabs ist in Berlin anwesend. Der Botschaftsrat Gil Delgado hat lediglich die Funktionen des wieder zurückgerufenen Botschafts⸗ rats Santiago Mendez de Vigo übernommen.

Die Ausführung sbestimmungen zum Gesetz über einen einmaligen außerordentlichen Wehrbeitrag sind in der am 11. d. M. ausgegebenen Nummer 55 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“ veröffentlicht worden. Von Ende dieser Woche ab werden die Ausführungsbestim⸗ mungen zusammen mit dem Gesetz auch in amtlicher Ausgabe in Buchform zum Preise von etwa 1,50 S6 in den Buchhand lungen zu haben sein.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. Viktoria Luise“ am 10. November in Mersina und S. M. S. „Nürn⸗ berg“ am 11. November in Mazatlan (Mexiko) eingetroffen.

Bayern.

Gestern nachmittag fand im Großen Thronsaale des Festbaues der Königlichen Residenz in München died andes huldigungstatt. Dazu hatten sich die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses, die Mitglieder des diplomatischen Korps, der Kammer der Reichsräte und der Kammer der Abgeordneten, Vertreter der Hof⸗ und Staatsbeamten, der Armee, der Geistlichkeit, der Kreise, der Gemeindebehörden, der Kunst und Wissenschaft, des Handels, der Industrie und des Gewerbes, der Landwirtschaft, Vertreier von Korporationen und der Arbeiterschaft aus dem ganzen Lande im Thronsaal und den anstoßenden Sälen ver⸗ sammelt. Unter Geschützsalut und Fanfaren betraten Ihre Majestäten der König und die Königin unter Vorantritt des Königlichen Großen Dienstes den Thronsaal und nahmen auf dem Thron Platz Graf Fugger von Glött, der

zräsident der Kammer der Reichsräte, brachte hierauf die Huldigung des Landes dar. Wie „W. T. B.“ meldet, führte er aus:

In allen Schichten der Bevölkerung wurde es als Befreiung von einem dem monarchischen Fühlen fremden Zustande empfunden, als Eure Königliche Majestät, geleitet von Gottes Gnade und Were heit, die Regentschaft für beendet und den Thron für erledigt erklärt haben, um sodann als der zur Fönigswärde zunächst berufene Agnat des Königlichen Hausts von Krone und Szepter Besitz zu ergreifen Die Gründe, die Eure Königliche Majestät be⸗ wegen mußten, den Wünschen weitester Volkskreise enisprechend, nunmehr die Landesregierung im eigenen Namen zu führen, sie lagen als einwandfreie und zwingende klar vor aller Augen, und sie waren auch als solche voll und ganz vom Landtage als der verfassungsmäßigen Vertretung des baverischen Volkes anzuerkennen. Mit der Thronbesteigung Eurer Köntglichen Majestät sind wir in unserem teueren Vaterlande zu normalen Regierungsverhältnissen zurückgekehrt, wie sie einer Jahrhundert alten historischen Ver⸗ gangenheit, der Stellung Bayerns unter den Nationen und endlich dem tief wurjelnden Empfinden des monarchisch gesinnten bayerischen Volkes entsprechen. Wenn die Thronbesteigung Eater Königlichen

ajestät im gesamten Bavernland aufrichtigen und begeisterten Jubel aue lßfte, so finden wit die hocherfreullche Ursache in der erhabenen Per son Eurer Königlichen Majestät selber. Das Volk der Bayern hatte in einem Jeitraum von menyr als 50 Jahren reiche Gelegenheit das auf die Wohlfahrt des Vaterlandes ge⸗ richtete zielbewaßte und unablässige Wirken seines nunmehrigen Allergnädi ften Derrscherꝝ kennen und schätzen zu lernen. Gs sind wenige Gebiete des z3ffentlichen Lebens, auf welchen sich Eure Königliche Maiestät nicht schon seither in hewor⸗ ragendster Weise betätigt haben, und es gibt wenig Gegenden und wohl keinen Stand unserer baverischen Heimat, mit denen Eure Königliche Majestät nicht schon in freundliche persönliche Beziehungen

getreten sind. Die geschlchtliche Tatsache, daß Eure Majestät auf

blutiger Walstatt das Schicksal der Söhne des Volkes geteilt, ein

dem Volkzempfinden vorbildliches n n eine echte innere Reli⸗ giosität, ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und ein tatkräftiges ght. gefühl, die Einfachheit der Sitten, sie haben Eurer Majestät und Ihrer Majestät der Königin längst die Sympathien des Landes gewonnen. Das Volk liebt und verehrt in Eurer Majestät den deutschen Fürsten, dessen unerschütterliche Bundes treue über jeden Zweifel erhaben ist, der vereint mit seinen Bayern in guten und schlimmen Tagen dorthin unentwegt halten wird, wo des Reiches Banner weht. Felsenfest ist unser Glaube, daß unter der Regierung unseres neuen Königs und Herrn die Monarchie zu i. Glanze gebracht, das Verbälinis zu Kaiser und Reich, wie seither in bundesfreundlicher Weise gepflegt, des Landes geistige, sitt⸗ liche und materielle Wohlfahrt weiterhin mit ganzem Erfolge ge⸗ fördert werde, daß es Eurer Königlichen Majestät gutem und 6 Willen gelingen werde, die religiöse Gesinnung und den religiösen Frieden im Lande zu wahren und zu fördern, die Eintracht der Volkegenossen durch Ausgleich politischer und sonaler Gegensätze und durch Konzentrierung der Kräfte auf das wahrhaft Ideale und Gute zu stärkten, Armut und Elend zu mildern und zu lindern, endlich durch all die Handlungen einer weisen landesväterlichen Fürsorge das Glück und das Ansehen unseres heißgeliebten Vaterlandes für alle Zeiten fest zu gründen. In tiesster Ehrfurcht bringt das Volk der Bayern, das niemals ge⸗ wankt in seiner Treue zum Herrscherhause, durch die hier ver— sammelten Vertreter der Nation seinem erhabenen Monarchen, in welchem es das Ideal eines neuzeitlichen, eines deutschen Fürsten, den allerbesten Vater des Vaterlandes erblickt, beseelt von unerschütter⸗ lichem Vertrauen und unversiegbarer Liebe alleraufrichtigste und be⸗ geisterte Huldigung dar.

Unverbrüchliche Anhänglichkeit gelobend und unter heißesten Segenswünschen schloß der Redner mit einem dreifachen Hoch auf Seine Majestät den König Ludwig III. Darauf spielte die Musik die Nationalhymne.

Seine Majestät der König erwiderte mit folgenden Worten:

Bewegten Herzens habe Ich die warmen Worte vernommen, die Sie, Mein lieber Graf Fugger, im Namen des Landtags und der hier versammelten Vertreter aller Berufsstände des Landes an Mich ge— richtet haben. Ihnen und Allen, die hier Zeugnis abgelegt haben von dem Gefühl treuer Anhänglichkeit, das Meine Bayern für Mich, für die Königin und Mein ganzes Haus beseelt, sage Ich Meinen aufrichtigen Dank. Die herzlichen Kundgebungen, die Mir in diesen Tagen aus allen Kreisen zugegangen sind, zeigen Mir, daß das Land. ohne des Dankes zu vergessen, den es dem gesegneten Wirken Meines in Gott ruhenden Vaters Luitpold schuldet, in der verfassungsmäßig vollzogenen Beendigung der Regentschaft eine Ge⸗ währ für die gedeihlich' Weiterentwicklung Bayerns erblickt. Das bayerische Volk hat verständnisvoll den schweren Entschluß gewürdigt, der Mich bestimmte, im Interesse Bayerns dtesen Schritt zu unter⸗ nehmen Eines Sinnes mit Meinem Volke zu sein, wird in alle Zu— kunft Mein ernstes Streben bleiben. Das Königtum, von Gott gesetzt, kann seine Kräfte nur da zu voller Entfaltung bringen, wo es in der Liebe und im Vertrauen des Volkes wurzelt. Von jeher darauf bedacht, durch enge Fühlungnahme mit allen Ständen und Kreisen Mich mit den Bedürfnissen des Volks vertraut zu machen, habe Ich viele Erfahrungen gesammelt; möge es Mir beschieden sein, sie dem Wohl des Landes nutzbar zu machen. Das reiche Maß an herzlicher und vertrauens voller Gesinnung, das Mir bisher entgegengebracht wurde, bestaͤrkt Mich in der Juversicht, daß die Liebe Meines Volkes Mein Handeln geleiten und sich mit Mir in der gemeinsamen Sorge für Bayerns Wohlfahrt vereinigen wird. Die geliebte, in den Freuden wie in den Prüfungen des Lebens bewährte Frau, die Gott Mir an die Seite gestellt hat, wird treuen Anteil an Meinem Streben nehmen. Gottes starke und gütige Hand hat immer über Bayern gewaltet. Sie hat es gefügt, daß der bayerische Name, aller Stürme der Jahrhunderte ungeachtet, sich mit Ehren im Gewirr der Völker⸗ schicksale behauptet hat. In dankbarer Erkenntnis des Segens, der ihm aus der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Deutschen Vaterlande erfließt, fühlt Bayern sich heute freudig als angesehenes Glied des Deutschen Reichs, dessen Gründung die hbayerische Armee ruhmreich miterstritten hat. In unerschütterlicher Bundestreue steht es zu Kaiser und Reich und nimmt opferwilligen Anteil an den großen Aufgaben, die das Reich zu lösen hat. Rastlos pflegt Bayern Kunst und Wissenschaft; mit Entschiedenbeit fördert es jeden Fort— schritt auf wirtschaftlichem, kulturellem und sozialem Gebiet. Gottes glaube und fromme Sitte stehen im Lande hoch in Ehren; der Freiheit der Gewissen, wie der Bekenntnisse ist Schutz und Achtung ge—⸗ sichert. Es ist ein reiches Erbe an Gütern des Volks, und des Staatswohls, dessen Hut Mir durch Gottes gnädige Führung über⸗ tragen ist. In freudiger Zuversicht zur Güte der Vorsehung habe Ich dies Erbe angetreten. Möge Mein Volk, in dessen Liebe und An⸗ bänglichkeit Ich Mein festes Vertrauen setze, Mich erfolgreich in der Sorge für das teure Vaterland unterstützen. Möge es sich immer der Segnungen des Friedens und der Früchte seiner stillen Kultur⸗ arbeit erfreuen. Möge Gott allzeit seine schirmende Hand über Bavern ausbreiten: dies ist der innige Wunsch Meines landesväter⸗ lichen Herzens

Unter den Hochrufen der Anwesenden und Fanfarenklängen verließen die Majestäten darauf den Saal. Am Abend fand zum Abschluß der Thronbesteigungsfeierlichkeiten bei Ihren Majestäten in der Residenz großer Empfang für die Personen statt, die Nachmittags an der Landeshuldigungsfeier teil— genommen hatten.

Sachsen.

Die Zweite Kammer der Ständeversammlung wählte in ihrer gestrigen Sitzung, wie „W. T. B.“ meldet, den Abg. Dr. Vogel (natl) mit 62 von 89 abgegebenen Stimmen wieder zu ihrem Präsidenten. Zum ersten Vizepräsidenten wurde mit demselben Stimmenverhältnis der Abg. Opitz (kons.), zum zweiten Vizepräsidenten der Abg. Baer (Fortschr. Volksp.) mit 61 gegen 256 Stimmen gewählt. Die gewählten Abgg. Dr. Vogel, Opitz und Baer nahmen die Wahl an.

Heute mittag fand im Königlichen Residenzschloß die feierliche Eröffnung des Landtags statt. Im Thron⸗ saal hatten die Mitglieder beider Ständekammern, die Staatsminister, die Mitglieder des diplomatischen Korps usw. Aufstellung genommen. Seine Majestät der König er⸗ schien in Begleitung Ihrer Königlichen Hoheiten des Kron— prinzen und der Prinzen Friedrich⸗Christian und Johann Georg. Der Vorsitzende im Staatsministerium Freiherr von Hausen überreichte Seiner Majestät dem König die Thronrede, die dieser mit lauter Stimme verlas. Nach der Verlesung der Thron⸗ rede erklärte der Staatsminister Freiherr von Hausen den Landtag für eröffnet.

Der Entwurf des Staatshaushaltsetats für die Finanzperiode 1914, 15, der dem Landtage heute zur Beschlußfassung zugegangen ist, schließt laut Meldung des „W. T. B.“ für jedes der beiden Etatsjahre in Einnahmen und Ausgaben im Ordinarium mit ins⸗ gesamt je 491 907 913 ½ gegen 453 222 642 MS im vorigen Etat. In den außerordentlichen Staatshaushalttzetats sind 72 891 000 6 eingestellt. Im Etat erscheinen zum ersten Male Apanagen und Etablierungsbeiträge an Ihre Königlichen Hoheiten den Kronprinzen und den Prinzen Friedrich Christian,

die im Laufe der Finanzperiode ihr 21. Lebensjahr vollenden.

Baden.

In die Erste Kammer sind, wie W. T. B.“ meldel, neu gewählt worden als Vertreter des Grundherrlichen Adels unterhalb Murg der Freiherr Peter von und zu Mentzingen, als Vertreter der der Städteordnung unterstehenden ständigen Kommission die Oberbürgermeister Hermann— Offenburg und Habermehl⸗Pforzheim, als Vertreter der Kreisausschüsse der Bürgermeister Geldreich - Oberkirch, als Vertreter der Hoch ulen der Geheime Hofrat, Professor Dr. Adolf von Oechelhäuser⸗Karlsruhe, als Vertreter der Handelskammern der Stadtrat Heidlauff⸗ Lahr, als Ver— treter der Landwirtschaftskammer der Oekonomierat Sänger— Diersheim.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Im österreichischen Abgeordnetenhause fand gestern die Debatte über die Antwort des Ministerpräsidenten auf die Interpellation, betreffend die Einsetzung der Landes? verwaltungskommission in Böhmen , statt.

Nach dem Bericht des W T. B. erklärte der tschechische Sozialdemokrat Smeral, seine Partei halte für den einzigen Aut weg aus der jetzigen Lage die Einführung der Landtagswahl reform in Böhmen. Der Jungtscheche Dr. Fiedler sagte, die Deutschen erreichten durch ihre Obstruktion im böhmischen Land— tage nicht ihr Ziel der Einführung nationaler Autonomie, sie führten aber den für beide Rationen demütigenden Zustand der Verfassungslosigkeit in Böhmen herbei. Der von der Regierung zur Begründung ihrer außerordentlichen Maßnahmen angeführte Not“ stand bestehe nicht, da noch nicht alle normalen Mittel erschöpft gewesen seien. Es wäre gefährlich, auf dem von der Regierung ein— geschlagenen Wege weiter zu gehen. Der zuvperlässigste Weg der Abkehr von den gefährlichen . . wäre, daß die beiden Völker Böhmens sich wieder am Beratungétische zu neuen Ausglejchzz— verhandlungen zusammenfänden, und zwar mit Ernst, vor allem mit Ernst von . der Regierung und der Deutschen, die sich darauf beschränken müßten, zunächst die brennende Frage des Landtage wahlrechts und die Sprachenfrage zu lösen. Der Abg. Grafenauer (Slowene) erklärte, die gegenwärtige Regierung habe nicht die Kraft, zwischen Deutschen und Slowenen auf Grund der Gleichberechtigung der Volksstämme einen dauernden Ausgleich herzustellen. Die Deutschen wollten so wie in den übrigen Ländern auch in Böbmen ihre Vormachtstellung sichern. Der Abg. Lodgeman (deuisch⸗freiheitlich) erklärte, die Deutschen erblickten ebenso wie die Tschechen in den Julipatenten einen Bruch der Landesverfassung. Die tschechische Polttik richte sich nicht so sehr gegen diesen Verfassungsbruch als dagegen, daß dle Regierung nicht seiner Zeit den Landesaueschuß ermächtigt habe, selbst die Ver⸗ fassung zu brechen. Die heutige Debatte zeige, wie sehr der Stand punkt der beiden Völker noch augeindergehe. Jedenfalls sel es hoch an der Zeit, die brennendste Frage der österreichischen Verfassung, den Völkerstreit, aus der Welt zu schaffen, indem die Rechte der einzelnen Volksstämme gegeneinander abgegrenzt und die einzelnen Völker gegen Uebergriffe der anderen geschützt würden. Sollte Oesterreichs Kraft dazu nicht ausreichen, so müßte ein Zeitpunkt kommen, in dem es sich um Sein oder Nichtsein des Staates handeln würde. Die Deutschen hätten diesen Zeitpunkt nicht zu fürchten.

Großbritannien und Irland.

Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, haben Hakki Pascha und Serkis Bei von der türkischen Botschaft in London gestern mit der englischen Regierung die Ratifikationen des Ab— kom mens über die türkisch-persische Grenze in der Gegend von Mohammere ausgetauscht.

„Die Internationale Konferenz für die Sicher— heit des Lebens auf dem Meere ist gestern vormittag in London eröffnet worden. Der Präsident des Handelsamts Buxton begrüßte die Delegierten im Namen der britischen Regierung und sagte laut Bericht des „W. T. B.“:

Selten hätten internationale Konferenzen eine größere und vor— nehmere Aufgabe gehabt. Es sei ratsam, um die Lösung der dring— licheren Fragen herbeizuführen, daß die Konferenz ihr besonderet Augenmerk auf die Ozeandampfer richte. In der Zeit, die feit dem Untergange der ‚Titanie“ verflossen sei, hätten viele seefahrende Nationen die Möglichkeit gehabt, die Fragen eingehend zu studieren, die sich durch das Ereignis ergeben hälten.

Burton zählte hierauf fünf Fragen auf, die erörtert werden müßten, und sprach die Hoffnung aus, daß die auf dem Kongresse vertretenen Länder ihr möglichstes tun würden, um den Beschlüssen der Konferenz Geltung zu verschaffen. Hierauf verlas er eine Botschaft des Königs, in der der König die Delegierten herzlich willkommen heißt und hinzufügt, daß er als Seemann ein besonderes Interesse für eine internationale Verständigung über die Maßregeln zur Beseitigung oder Ver— ringerung der Gefahren zur See habe. Sie würde der ganzen Welt von unbeschreiblichem Nutzen sein.

Der deutsche Delegierte, Wirklicher Geheimer Rat Dr. von Körner, dankte Buxton im Namen der Delegierten für seine liebenswürdigen Worte und insbesondere auch für die huldvolle Botschaft des Königs, wies dann auf die schreckliche „Titanic“⸗Katastrophe hin, durch die die Frage aufgeworfen worden sei, wie man die Wiederholung eines solchen Unglücks verhindern könne, und sagte:

In Deutschland sei es der Kaiser gewesen, der zuerst die Idee einer internationalen Konferenz angeregt habe, um die Schlußfolge= rungen zu ziehen aus der grausamen Lehre, die der Untergang der „Titanie! gegeben habe. Sein machtvoller Aufruf an die am See— verkehr beteiligten Nationen sel einmütig willkommen geheißen worden, an erster Stelle von der britischen Regierung, die ihre Bereltwilligkeit erklärt habe, eine Konferenz in London einzuberufen. Die Verwirklichung des Gedankens des Kaisers sei daher der britischen Reglerung zu ver— danken. Der Redner betonte dann die Schwierigkeit der Aufgabe der Konferenz sowie die große Zahl und die Bedeutung der Fragen, die auf eine Lösung warteten. Er sei überzeugt, daß es dank der Wels— heit der vertretenen Regierungen und dem guten Willen der De— legierten der Konferenz gelingen werde, die Schwierigtziten zu über⸗ winden und zu einer Verssändigung über das der Menschheit und den friedlichen Beziehungen der Volker nützliche Werk zu kommen.

Auf, den Vorschlag Buxtons wurde dann Lord Mersey zum Präsidenten ernannt. Dieser dankte für die ihm zuteil gewordene Ehre und erklärte:

Er werde keine Bemühungen scheuen, um die Desegierten in ihrer Aufgahe zu unterstützen. * weise jedoch auf die Unmöalichkett hin, jede Gefahr zu heseitigen. Alles, was möglich sei, jei das Streben, die, Gefahr auf ein Mindestmaß zu beschränken. Haß zu diesem w' Mittel angewendet würden, sei dringend notwandig? doch dürften sie nicht derart sein, daß sie eine vernünftige Rührung des Schiffes ver, hinderten oder den Verkehr vernichteten. Wo sich aber ein Zweifel erhöhe, werde immer das Bestreben geltend fein, die Sicherheit über die Sparsamkeit zu stellen.

Frankreich. ö.

Der Kriegsminister Etienne erklärte gestern, wie „W T s meldet, vor ber Armee kommission der Kammer, daß dan der hingebenden Tätigkeit der Genietruppen die neuen Hasernen vom militärärztlichen Dienst zur Belegung mit Rekruten

15. Dezember in Brüssel zusammentreten.

is geeignet anerkannt worden seien. Der Minister sprach h ker über Einzelheiten der Bekleidung und Unterbringung der Soldaten und wies auf die durch die Verstärkung der Deckungstruppen eingetretene Veränderung der Garnisons⸗

rte hin. Muhland.

In der gestrigen Abendsitzung der Reichs du ma sollte eine Interpellation der Sozialdemokraten an den Justizminister

lber die Tätigkeit der St. Petersburger politischen Polizei bei

der Anklage sozialistischer Abgeordneten der zweiten Duma zur Ferlesung kommen. Der Präsident erklärte, wie „W. T. B.“ meldet, daß er den Text der Interpellation gelesen habe und hre öffentliche Verlesung nicht erlauben könne, da sie un⸗ slässige Ausdrücke enthalte. Hieran knüpfte sich eine längere batte, über die ‚W. T. B.“ wie folgt, berichtet:

Eine Reihe sozialdemokratischer Redner wies darguf hin, daß der hräsident die Hausordnung verletze, da die Se. über Reden nicht ner, sondern der Kompetenz der gesamten Duma zustehe. Drei dnern wurde das Wort entzogen, weil sie von der Frage zschweiften. Der Präsident erklärte es in längerer Rede für seine Pflicht, mit der Würde der Duma unvereinbare Ausdrücke nicht säulassen; er halte deshalb selne Verfügung aufrecht. Er habe nichts gegen die Interpellation, falls verletzende Aus= brücke vermieden würden, was ohne jede Aenderung des Sinnes möglich sei. Die Kadetten Adschem ow und Miljukow sprachen dem Präsidenten das Recht ab, den Text der Interpellation vor der

Verlesung in der Duma zu beurteilen. Das Mitglied der Rechten Furischke witsch sagte, in der zweiten Duma sei unter den Soflal⸗ demokraten der Dieb Kusmezow gewesen, der vlelleicht die Diebes⸗ sprache in der Duma gebrauchen konnte. Der Pröäsident entzog Hurischkewitsch das Wort und erklärte den Zwischenfall für erledigt.

Darauf verhandelte die Duma über die Antwort des

Kriegsministers auf die Interpellation wegen der Explosion

der Ochtawerkstätten im Jahre 1912. 193 Mitglieder der Oktobristenpartei brachten einen Antrag ein, in dem die Antwort des Ministers für ungenügend erklärt und die Nach—⸗ lässigkeit der Verwaltung betont wird. Der Antrag fand ein⸗

simmige Annahme. Italien.

Aus Anlaß der Thronbesteigung König Ludwigs II. on Bayern fand gestern vormittag in Rom in der Kirche santa Maria dell Anima ein feierlicher Dankgottesdienst satt, dem, wie „W. T. B.“ meldet, u. a. der Kardinalstaat⸗ sekretär Merry del Val sowie eine Reihe anderer Kardinäle, serner die Geschäftsträger Bayerns beim Heiligen Stuhl und heim Quirinal mit dem gesamten Personal der beiden Gesandt— schaften, der österreichischungarische Botschafter, die Gesandten Preußens und Belgiens beim Heiligen Stuhl sowie der Groß⸗— neister des Malteserordens beiwohnten.

ESypanien. Der Erzbischof von Valencia ist nach einer Meldung

des. W. T. B.“ zum Erzbischof von Toledo und zum Primas von Spanien ernannt worden.

Belgien. Die Internationale Zuckerkonferenz wird am Auf der Tages⸗ ordnung stehen nur verwaltungstechnische Fragen. Wie die „Agence Havas“ meldet, unterhält England offiziöse Beziehungen zu der Ständigen Kommission der Union.

Gestern ist in Brüssel eine internationale diplomatische Konferenz zur Vereinheitlichung der Handelsstatistiken nsammengetreten. Wie „W. T. B.“ meldet, soll ein Bureau sschaffen werden, zu dessen Sitz Brüssel bestimmt worden ist.

Türkei. Der Ministerrat ist gestern nachmittag beim Großwesir nsammengetreten, um den paraphierten Text des griechisch⸗ türkischen Friedensvertrages zu erörtern.

Serbien.

Nach einer Meldung des „Serbischen Preßbureaus“ haben die Verhandlungen über die endgültige Festlegung der Grenze zwischen Serbien und Montenegro zu einem pölligen Einvernehmen geführt. Der Vertrag ist gestern von dem serbischen Minister des Aeußern und dem montenegrinischen Gesandten in Belgrad unterzeichnet worden.

Bulgarien. Die zur Regelung des Streitfalles bezüglich des Grenzpostens Bojdaritza entsandte Kommission ist der „Agence Bulgare“ zufolge zu keinem Resultate gelangt.

Amerika.

Nach einer Meldung der „Associated Preß“ hat der Präsident Huerta ein von Lind übermitteltes ÜUltimatum der Vereinigten Staaten nicht beantwortet und damit abgelehnt. In dem Ultimatum war ihm bis gestern abend 3 Uhr Zeit gegeben worden, zu erklären, daß er den neuen Kongreß nicht zusammentrelen lassen werde. Im Falle der Ablehnung dieser Forderung würden die Vereinigten Staaten nicht mehr mit ihm verhandeln.

Einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Depesche aus Mexiko

sufolge haben die Insurgenten am Dienstagabend begonnen, den Verkehr zwischen der Hauptstadt und Veracruz zu stören. Sie hielten hundert Meilen südlich von Mexiko einen Zug mn mißhandelten das Personal und raubten Geld und Geldes— bert im Betrage von beinahe einer Million Pesos, das der gierung gehörte. Auch eine große Geldsendung, die Eigen— m eines Privatunternehmens war, wurde geraubt. Die hrgäste blieben unverletzt, doch wurden ihnen alle Wert—= hnenstände abgenommen.

Statistik und Bolkswirtschaft.

Essigsäurefabriken und Essigsäurebesteuerung

m deutschen Branntweinsteuergeblet im Rechuungs— jahre 1912.

6 Mag einer Veröffentlichung des Kalserlichen Statistischen Amts . Vierteljahrghefte zur Siatistik des Deutschen Reichs“, Jahr— h Ilz, wurde im deutschen Branntwetnfteuergebiete während des

san nungsjahrs 1912 in 20 Fabriken (1911 in 22 Fabriken) Essig⸗

u, gewonnen, und zwar aus essigsaurem Kalk. In 15 Fabriken

gew 7 Genußzwecken geeignete, in den übrigen 5 Fabriken nur zu

erblichen Zwecken geelgnele Essigsäure bergestellt.

erg kee g fer gehe . 96 ; . ö. 42), 9

. 9o8 de (i911: 9äz da igsäure. An Verbrauchsabgabe wurden Ih 625 s (1911: 904 470 S) erhoben.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Du blin wird dem W. T. B.“ gemeldet: Als Erwideru auf die Einführung von nichtorganisierten Arbeitern hat die * e e, n n , ,,, alle Arbeiter im Hafen

and aufgefordert. Verkehr i st da⸗ . geforder er Verkehr im JIrischen Kanal ist da

Kunst und Wissenschaft.

A. F. Als erster Punkt auf der Tagesordnung der November⸗ sitzung der Gesellschaft für Erdkunde stand 6 Wahl des Vor⸗ stands für, das Vereinsjahr 1914. Der bisherige Vorstand wurde wiedergewählt. Geheimrat Professor Dr. Hellmann gedachte sodann in ehrendem Nachruf zweier jüngst verstorbener Metglieder: der Geologen Professor Potonis⸗ Berlin und Geheimrat Haas⸗Kiel. Den ersten Vortrag des Abends hielt über seine Forschungsretse in ent ral und Ostargbien, durch das Land ber Waha bitten, Dr, Barchay Raun kia er aus FKopenhagen. , Lichtbilder begleiteten die Schilderung der im Auftrage der Bäntschen geographi— schen Gesellschaft durchgefuhrten, sehr beschwerlichen Reise, die einem noch völlig, unbekannten Teil Arabiens galt, von dem wir bestenfalls eine oberflächliche Kenntnis seiner Küsten besitzen, dagegen bisher auch nicht das Geringste über das vom 46. Längengrade (von Greenwich) gekreuzte, südostarabische Dreieck wußten. Nach längerem, den Reise⸗ horherettungen gewidmetem Aufenthalt in Konstantinopel fuhr der Reisende am 28. Jobember 1911 mit der angtolischen Bahn und weiterbmm auf der schon fertiggestellten Strecke der Bagdadbahn nach Ulu Kischla am nördlichen Abhang des. Bulgar Dagh und von hier in drei Tagen zu Wagen durch dte kilikischen Pässe nach Tarsoß. Von diesem Punkte aus konnte wieder die Eisenbahn bis Mersina benutzt werden. Ein russischer Dampfer brachte die Expedition dann nach Alexandrette, und weiter ging es in drei Tagereisen zu Wagen nach Haleb, wo sich ein dreitägiger Aufenthalt erforderlich machte zur Vorbereitung der zu Wagen längs des westlichen Euphratufers fortzusetzenden Reise nach Bag dad. Am 16. Januar 1h12 konnte nach Anwerbung eines englisch sprechenden arabischen Dieners Bagdad auf inem der Lynch Company gehörigen Dampfer in der Richtung auf Basrah am Tigris wieder verlassen werden, das nach 6 tägiger, unter 8 durchgeführter Stromfahrt erreicht wurde. Hier fand

r. Raunkiaer seitens des Wali Hassan Risa Pascha freundlichste Förderung seines Unternehmens. Am 27. Januar reifte er dann süd⸗ westwärts zur kleinen Stadt Zobeir, die er schon tags darauf mit 4 Packpferden in der Richtung nach dem wielgenannten Kuweit wieder verließ. Hier angelangt, begannen ernstliche Schwierigkeiten infolge des Mißtrauens des Scheit Moharek, der den Reisenden 26 Tage in selnem Palast mit Verhandlungen wegen der Fortsetzung des Unternehmens zurückhielt. Erst dem englischen polt— tischen Agenten gelang es, den Scheik von der politischen Neutralität des dänischen Forschunggreisenden zu überzeugen, die Verhand— lungen über die Weiterreise zum freundlichen Abschluß zu bringen und die Schwierigkeiten zu beseitigen, die vorher gegen eine Reise nach Hofuf auf dem Umwege über Bereidah und Riädh in Zentralarabien erhoben worden waren. Endlich am 24. Februar 1912 ver⸗ ließ der Vortragende im Anschluß an eine Kaufmanng— karawane bon. 109 Kamelen Kuweit. Die Karawane hatte Newsd zum Reiseziel. Der Weg führte über den Brunnen Safah nach Zilfi, das nach 19 Tagereisen durch lehmige Steppen, öde Sand⸗ steinplat. aus und über Flugsand erreicht wurde. Zwei Tage später traf die Karawane in Bereidah ein, leider sehr übel aufgenommen von dem Emir Fahad Ibn Ma'amr, der dem Forscher seinen Re—⸗ volver und sein Fernglas entlockte, ihn schwer bedrohte und zwang, die Weiterreise nach Anejzah aufzugeben und der unerwünschten Roule Palgraves von Bereidah nach Riadh über Zilfi und Medj' mah zu folgen. Von Ghat aus, wo ein zweiter Änschlag allf Dr. Raun— kigers Leben unternommen wurde, führte der Weg über niedrige Sandsteinplateaus. Auf der Strecke von Bereidah nach Riadh fehlte der Schutz der Karawane einigermaßen bedenklich wegen der Wüsten⸗ räuber, die hier ihr Wesen treiben. Doch gelang es der nur aus vier Begleitern mit sechs Kamelen bestehenden Expedition, dieser schlimmen Gefahr zu entgehen und ungeschädigt in Riadh anzulangen. Vom dortigen Imam Abderrahman Ibn Sa' zwar freundlich empfangen, sah der Vortragende sich dennoch, dem Fanatismus der Bevölkerung gegenüber, zu schnellem Verlassen des Orts genötigt und, sich unter den Schutz einer Karawane stellend, veranlaßt, mit dieser gegen den Vafenplatz Bahrein am Persischen Meerbusen weiterzumarfchieren. Die Karawane bestand zum großen Teil aus Perlenfischern. Nach zehntägigem Marsch in einer unbehaglichen und feind⸗ seligen Retsegesellschaft, in deren Mitte der Relfende nur durch große Wachsamkeit der Ermordung entging, gelangte er end— lich am 8. April nach dem von Kuweit aus verfolgten Ziel Sofuf. Während des kurzen Aufenthalts hier, den Dr. Raunkiaer messt als Patient verbrachte, wurde er durch die türkischen Behörden gastfreund⸗ lich aufgenommen und konnte unter Eskorte von 50 berittenen türkischen Soldaten seine beabsichtigte Reise nach Adjer, einem Hafen am Persi⸗ schen Meerbusen, ausführen. Mit einem arabischen Segelboot fuhr der Reisende dann nach Bahrein, von wo aut er nach kurzem Aufenthalt bei dem englischen politischen Agenten, Captain D. Lorrimer über Bombay ⸗Triest die Heimreise antrat.

Den Charakter des ziemlich beträchtlichen, von ihm durchmessenen Gebietes schilderte der Vortragende als e nförmig. Im nordöstlichen Küstengebtet zwischen Kuweit und el Katif finden sich viele Brunnen. Es folgt dann, 40 89 km breit, die Flugsandwüste Dibedebeh, an die sich die Zone der Sumah mit ihren Quellen anschließt, über die der Verkehr von der Ostküste Arabiens zum Nedjd⸗Gebiet geht. An die Sumah schließt sich im Südwesten die Dhana, ein weiteres, ausgedehntes Flugsandgebiet. Die Bevölkerung von Zentral! und Ostarabien teilt sich in Nomaden und in seßhafte Stämme. Unter den ersteren sind 11 Stämme zu unterscheiden, von denen die wichtigsten die Adinan und die Beni Murrag sind. Die Autorität des Imam ist dessen von elnem religiösen Nimbus um— kleideter Herrschertitel; sie beruht, auf die meisten DOasen sich er— streckend, auf der Abstammung aus dem Geschlecht, das von Anfang an, nämlich seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts, die wahabitische Bewegung geleitet hat, die eine Reformation im Islam erstrebte.

Als zweit'r Vortragender des Abends erinnerte Dr. Ludwig Diels aus Marburg an den 100 Geburtstag des deutschen Au stralienforschers Ludwig Leichhardt, der, am 23. Oktober 1813 in Trebatsch an der Oberspree geboren, ein Sohn der Mark Brandenburg war. Leichhardt ist Göttinger und 6 Semester lang Berliner Student gewesen. Die Anregung für seine Forschertätigkeit fand er indessen nicht in Berlin. Mit einem englischen Studien⸗ freunde, der ihn unabhängig stellte, ging Leichhardt gegen das Ende seiner Studienzeit nach London, in dessen kosmopolitischer Atmosphäre sich ihm die Möglichkeit eröffnete, seinen Jugendtraum, ein Entdecker zu werden, zu verwirklichen. Bedenken gegen solche Pläne mußten dem unwiderstehlichen inneren Drange weichen, der ihn in die Ferne zog. Nachdem es ihm nicht gelungen, die Niger ⸗Expedition als Botaniker zu begleiten, ging Leichhardt 1841 nach Sydney, das er nach

monatiger Seereise erreichte. Sein Plan war, das Innere des Kontinents zu erschließen und auf diesem Wege eine Verbindung zu eröffnen zwischen den Kolonien im Südosten und im Norden des Erd⸗ tells. In zweijähriger gründlicher Erforschung der Kolonte Neu— Südwales bereitete der schwächliche, kurzsichtige Mann seine große Ueberlandexpeditlon vor. Im August 1844 ging er von Brisbane aus und gelangte bis nach Port Essington. Von da ab blleben lange Zeit die Nachrichten über ihn aus. Man hatte ihn schon als verloren erachtet, als er jubelnd begrüßt im März 1846 zu Schlff zurückkehrte. Sein Name warde nun die Losung für die australische Jugend. Die Londoner Geographische Gesellschaft ehrte den Kulturpionier durch die goldene Medaille. Leichhardts Ent— deckungen rechtfertigten solche Anerkennung vollauf. Er hatte die Flußsysteme im Innern aufgedeckt, die Gebirgsketten am Carpentaria— Golf erforscht. Doch diese Ergebnisse genügten Leichhardt selbst nicht. Eine zweite Reise nahm einen kurzen Verlauf, eine dritte größere und besser aus gerüstete Unternehmung sollte nach

dem. Nordwesten, des Kontinents, jum Swan Rlber, führen. Von diefer mit vier weißen und zwei schwarzen Begleltern unternommenen Expedition, auf der 7 Pferde, 29 Mauftiere und 0 Rinder mitgeführt wurden, und von der anfangs gute Nachrichten einltefen, ist weder Leichhardt noch einer seiner Begleiter zurückgekehrt. Alle zu seiner Auffindung, zum Tell auf 2 . Ferdinand von Müllers und Georg NReumayerg unternommenen eisen haben bisher die Frage nicht zu beantworten vermocht, wo und wie Leichharkt zu grunde ging. Ob je noch Spuren bon seiner Forschungäkarawane entdeckt werden, fleht dahln. Fir uns Denutsche aber wird neben deichhardts Wagemut und Tatkraft sein Idealismus im Andenken an i en eie lben. der das Wissen um des Wissens selbst willen ollte.

Die Nobemberausstellung der Galerie Eduard Schulte ist noch um eine Anzahl neuer Arbeiten von dem früheren Worps weder Maler Hichard Hartmann, der gegenwartig in Wertheim am Main lebt, bereichert werden.

( Die Verhandlungen der vom 17. bis 27. September 1912 in Damburg abgehaltenen 1. allgemeinen Konferenz der Inter⸗ nationalen Erdmessung, redigiert vom ständigen Sekretär pan, de Sande Bakhuyzen, erscheinen im Verlage von Georg Reimer in Berlin im Druck. Der etwa 150 Selten starke, mit zahlreichen Karten und lithographischen Tafeln ausgestattete erste Band ist aus. gegeben; er enthält als J. Teil der Verhandlungen die Sitzungs⸗ berichte und Landesberichte über die Arbeiten in den einzelnen Staaten.

Die Königlich schwedische Akademie der Wissenschaften hat

W. T. B. zufolge den diesjährigen Nobelpreis der Phyftk

dem Professor Kamerllngh Onnez an der Universität Leiden und den

n 99 . den Professor Alfred Werner an der Un= rsität Zürich verliehen. eder Preis beträgt in di ö

, ,, Preis beträgt in diesem Jahre

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Aus Trier wird uns geschrieben: Die Aussichten für die Weine rute haben sich sehr verschlechtert. In einem . auch geringen Teile der W inberge, ingbesondere auch an der Ober mosel, haben schon die Frühsahrtfröste großen Schaden angerichtet; an der Mettelmosel, Saar und Ruwer entwickelte sich aber der Wein⸗ tod im allgemeinen fehr schön; die Trauben waren gesund und die Stock zeigten reichen Behang. Nun aber übte die feuchte Witterung in den Monaten August und September sehr nachteilige Wirkungen auf die Weinberge aus; sie hemmte einerseits das Wachstum der Reben und begünstigte anderer⸗ seits die Entwickelung der Schädlinge des Weinstocks namentlich verbreitete sich die Blattfallkrankheit, das Ochium und der Sauerwurm in einer Weise, daß auch ganz angestrengte Be⸗ kämpfungzarbeiten nur geringe Erfolge jeitigten und die Hoffnungen auf die Weinernte mehr, und mehr zerstört wurden. Man wird jetzt nur noch auf einen Viertel, höchstens einen Drittel Herbst rechnen können bei sehr geringer Güte.

Im Bezirk Koblenz verzögerte sich der Verlauf der Rebenblüte durch die ungünstige Witterung his weit in den Juli hinein. Rur in den besseren Lagen ging sie rascher von statten. Heuwurm, Oidium und Peronospora fanden weite Verbreitung, sodaß eiftige Bekämpfungs⸗ maßnahmen ergriffen werden mußten, die indeffen durch anhaltendes Regenwetter außerordentlich erschwert wurden. Durch massen⸗ hafte Auftreten des Sauerwurmeg haben alsdann sich die Aussichten auf den Herbst von Woche zu Woche verschlechtert, sodaß weite Gebiete vor einer Mißernte stehen. Die Ahr, fowie ver⸗ schie dene Gemarkungen des Mittelrheins, wie der mittleren und unteren Mosel erfahren einen nahezu gänzlichen Autfall. Das endlich gegen Mitte August eingetretene sonnige Wetter hat den noch vor= handenen Trauhen sehr genüßt. Die Verhältnisse an der Ahr liegen sogar so ungünstig, daß in elner von Winzern und Gewerbetreibenden des Kreises Ahrweiler einberufenen und in Neuenahr abgehaltenen Versammlung Wege gesucht wurden, statt des Weinbaus der Be⸗ völkerung neue Erwerbequellen zu erschließen. Beschlossen wurde, das Kleingewerbe, besonderg die Heimarbelt, mehr zu fördern.

Saatenstand und Getreidehandel in Ru mänten.

Im Gegensatz zu den abnormen Witterungsverhältnissen, die in den beiden Vorjahren Ernte und Anbau sehr ungünstig beeinflußt hatten, brachte der dies ährige Herbst heiteres und trockenes Wetter, das der Landwirtschaft überaus zustatten kam und insbesondere die Trocknung des Neumaises fehr beförderte.

Das Getreidegeschäft gestaltete sich erst gegen Ende des Monats Oktober etwas lebhafter. Namentlich in Maig kam eine größere Anzahl von Abschlüssen nach dem Auslande zustande.

Im Weizen geschäft herrschte auch weiterhin gleichmäßige Ruhe. Zu einigen größeren Verschiffungen kam es in diesem Artikel in erster Linie zur Erfüllung von Oktoberkontrakten. Die Ankünfte blieben immer noch recht gering, da einerseits der Waggonmangel noch nicht behohen ist, andererseltz der rasch fallende Wafserstand die Zufuhr mit Leichtern sehr erschwert. Letztere konnten teilweise nur zur Välfte beladen werden, um die jahlreichen Sandbänke im Strom passieren zu können. In, Roggen war die Nachfrage ebenfalls gering. Nur die ganz schönen Sorten waren begehrt. Für die geringeren Sorten standen die Preise im Vergleich zu deutschen und russischen Herkünften zu hoch. Daßselbe gilt in noch höherem Maße von der Gerste. To, des starken Angebots von russischer Seite gaben die Preise im usland so stark nach, daß hier zu Lande ein nutz⸗ bringendes Geschäft ganz ausgeschlossen blieb. Desgleichen kamen unter dem Einfluß der billigen Preise für die sonstigen Futtermittel auch in Hafer nur wenige neue Abschlüsse nach Marseille und Eng⸗ land zustande. Etwas günstiger gestaltete sich, wie schon eingangs angedeutet wurde, das Maisgeschäft. Infolge des guten Wetterg hält man sich allgemein berechtigt, mit einer trockenen und vollwertigen Neuware zu rechnen, welcher Umstand im Hinblick auf die Nach—⸗ wirkungen der großen Nässe im vorigen Herbst nicht ohne besondere Bedeutung ist.

Im einzelnen wurden in der Zeit vom 1. bis 31. Oktober über Sulina seewärts folgende Mengen verschifft: Weizen 141 690 tz Roggen 12838 t, Mais 30788 6, Gerste 56 649 t, Hafer 20 126 t.

Die Schleppfrachten sind infolge des niedrigen Wafferstandes erheblich gestlegen. Dagegen zeigten die Seefrachten niedrige Sätze, sodaß, manche Dampfer in der Vervollständigung ihrer Ladung Schwierigkeiten hatten. Von Sulina konnte man Ss— PFis 8 / Rotterdam Antwerpen laden, während Biaila 1 Shilling teuerer war. Hamburg⸗Frachten waren, um ein regelmäßiges Geschäft zu ermöglichen, zu hoch gehalten.

Preise cif. Kontinent pro 1000 kg prompt:

Weizen 80/81 kg 209. . . ; M6 156 157 ; 78/79 ö,, 150 151

Roggen 2/73 ö 115 . je nach Muster. 118/121

Gerste 59/669 . 109

J je nach Muster. 18/121

Hafer 66 1 JJ 107

. 65 gova nach Muster 1151117

Möge ,,, 9 ; ; . 9 . Cinquantino. .

(Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Galatz vom S8. No⸗ vember 1913.)