1913 / 280 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Nov 1913 18:00:01 GMT) scan diff

durch Ents en vom 11. November 1913: 5) der Vereins⸗Versicherungs⸗Bank für Deutsch⸗ land, Aktiengesellschaft in Düsselderf auf die Deut sche Lebens verficherungsbank Aktiengesellschaft in München, . 6) der Wit wen⸗ und Waisenkasse für Offiziere und Militärbeamte in Berlin auf den Allgemeinen Deutschen Versicherungsverein a. G. in Stuttgart;

B. gemäß § 13. a. O. der Gothaer Feuerversiche⸗ rungsbank auf Gegenseitigkeit in Gotha die Auf— nahme des Betriebs der Einbruchdiebstahlversicherung im ö Reiche durch Verfügung vom 7. November 1913 ge⸗ nehmigt.

II. Sodann ist folgenden, auf Grund des 8 3Abs. 1 4. a. O. der Reichsaufsicht unterstellten Unternehmungen durch Ent⸗ scheidungen vom 29. Oktober 1913 unter Anerkennung als kleinere Vereine die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb erteilt worden, und zwar:

I) der Krankenkasse hessischer Lehrer in Darmstadt,

2) dem Kranken⸗Unterstützungs⸗Verein Budenheim

in Budenhetm.

Berlin, den 25. November 1913. Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung. Gruner.

Arminia,

Königreich Preußen.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Die Oberförsterstelle Greiben im Regierungsbezirk Königsberg ist zum 1. Januar 1914 zu besetzen. Bewerbungen müssen bis zum 10. Dezember eingehen.

Finanzministerium.

Zu Steuerinspektoren sind ernannt: die Katasterkontrolleure Bahrs in Barth, Baldus in Rennerod, Beckmann in Sonderburg, Bernhard in Ehringshausen, Dreber in Berg⸗ heim, Eff erz in Recklinghausen, Franzen in Bitterfeld, Frei⸗ berger in Jbstein, Fiebelkorn in Jarotschin, Friedrich in Glogau, Friedrich in Kalbe a. S, Her let in Mayen, Joecken in Labiau, Ka sten in Weißenfels, Kreis in Gladenbach, Lang in Eschweiler, Laschinski in Kyritz, Lindemann in Bleckede, Ludwig in Mansfeld, Mahlich in Filehne, Müller in Lippstadt, Patzelt in Gersfeld, Radtke in Zeitz, Raczek in Ahlen, Rinck in Eupen, Schmillen in Geilen⸗ kirchen, Schönberger in Toftlund, Schulz in Fischhausen, Strohmeyer in Roßla, Timm in Luckau, Trilsbach in Ibbenbüren sowie der Regierungslandmesser Hartung in Düsseldorf.

Aichtamtliches. Deu tsches Reich.

Preußen. Berlin, 27. November 1913.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Blenar⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß für Handel und Verkehr und der Ausschuß für Justizwesen Sitzungen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Otter“ am 25. November in Schasi eingetroffen.

Primkenau, A. November. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaisers in trafen, wie W. T. B.“ meldet, gestern nachmittag auf dem Bahnhof Primkenau ein und wurden bortselbst von Ihren Hoheiten dem Herzog und der Herzogin zu Schleswig-Holstein, von den Hofstaaten und dem Landrat des Kreises Sprottau Freiherrn von Kottwitz empfangen. Nach herzlicher Begrüßung begaben sich die Majestäten mit dem Herzogpaar unter Glockengeläut und den begeisterten Hochrufen der reihenbildenden Vereine, Zechen⸗ belegschaften, Jugendorganisationen und Schulen nach dem Schlosse.

Görlitz, 26. November. Der dieslährige Kom munal⸗ landtag des Markgraftums Oberlausitz ist gestern hier durch den Landeshauptmann von Wiedebach und Nostiz⸗Jänkendorf eröffnet worden. Es gelangte zunächst der Jahresbericht zum Vortrage, der einen kurzen Ueberblick über die Ergebnisse auf den Hauptgebieten der ständischen Ver⸗ waltung gibt und die üblichen Sonderberichte sowie eine An⸗ zahl neuer Vorlagen ankündigt. An den Vortrag des Jahres⸗ berichts schloß sich die Konstikuierung des Landtags durch Mit⸗ teilung des Perfonalbestandes, worauf einige Einzelberichte über Ressorts der ständischen Verwaltung zur Kenntnis des Landtags gebracht wurden.

Sigmaringen, 2. November. Ueber das Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Fürstin Mutter Antonia, Infantin von Portugal, ist gestern, wie, W. T. B.“ meldet, folgendes Bulletin ausgegeben worden:

Ihre Königliche Hoheit die Frau Fürstin⸗Infantin hatte heute früh um 8 Uhr 30 Minuten einen Anfall von heftiger Atemnot mit großer Herzschwäche und Lungenembolle. Nach etwa zwei Stunden waren die zeitweilig bedrohlichen Erscheinungen überwunden. Der Zustand der hohen Frau ist wieder zufriedenstellend.

Bayern. Die Kammer der Abgeordneten hat in ihrer gestrigen

Sitzung, wie „W. T. B.“ meldet, die Anträge der Sozial⸗ demokraten, Liberalen und Konservativen angenommen, wonach die Regierung ersucht wird, im Bundesrate dahin zu wirken, daß für die Veteranenfürsorge seitens der Reichsregierung welteres geschehe. Der Minister des Innern Dr. . von . hatte im Laufe der Debatte erklärt, daß eine weitere Erhöhung der Veteranenbeihilfen Millionen kosten würde. Die Finanzlage des Reichs gestatte es aber nicht, noch weiter zu gehen, trotz allen Mitgefühls für die Ve⸗ teranen.

ungünstiger geworden.

Sachsen.

Die Zweite Kammer begann gestern die allgemeine Be— ratung über den Staatshaushaltsetat für die Finanz⸗ periode 1914/15.

Wie W. T. B. meldet, leitete der Finanzminister von Seydewitz die Besprechung mit einem Exposs ein, in dem er erklärte, der Reichsetat 1910 11 sei durchweg im Zeichen einer Hochkonjunktur entstanden. Seider machten sich in letzter Zeit Zeichen einer rückgangigen Konjunktur bemerkbar. Der Minister besprach die einzelnen Finanz⸗

positionen und kam dann auf die Reichssteuergesetzgebung zu sprechen,

wobei er ausführte: Als er den vorigen Etat dem Hause vorgelegt hätte, habe er betont, daß das finanzielle Verhältnis der Bundes staaten zum Reiche wenig freundlich sei. Es sei heute noch erheblich Man habe dem Reiche zur Erfüllung seiner Aufgaben zwei direkte Reichssteuern bewilligt, nämlich den Wehr⸗ beltrag und die Reichsvermögenszuwachtsteuer. Der Wehr⸗ beitrag ließe sich allenfalls noch rechtfertigen. Die Reichsvermögens⸗ zuwachesteuer bedeute einen direkten Eingriff in die Finanz- hoheit der Einzelftaaten. Die sächsische Reglerung habe im Bundes⸗ rat gegen dlese Steuer gestimmt und werde auch ferner gegen jede direrte Reichssteuer ihren Einfluß geltend machen. Der Minister erklärte zum Schluß, der vorliegende Etat rolle kein ungetrübtes Bild auf, und die Regierung müsse sich in allen Zweigen der Staats⸗ verwaltung die größte Sparsamkeit auferlegen. Hielte man aber an den zwei mächtigen Grundpfeilern der Staatswohlfahrt, nämlich an Arbeit und Sparsamkeit fest, so dürfte es gelingen, den Etat in Zukunft wieder günstiger zu gestalten.

Im weiteren Verlaufe der Etatsberatung stellte der Finanz⸗ minister von Seydewitz die Begebung einer vierprozentigen sächsischen Staatsanleihe in Aussicht. Der Betrag und der Zeitpunkt der Emission sollen erst festgestellt werden, sobald bessere Geldmarktverhältnisse eingetreten sind.

In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer gab der Kriegsminister Freiherr von Hausen auf eine Anfrage nach der militärischen Ausbildung Ihrer Königlichen Hoheiten des Kronprinzen Georg und des Prinzen Friedrich Christian obiger Quelle zufolge die Erklärung ab, daß heide Prinzen nach der Rekrutenvorstellung im Februar nächsten Jahres in einen in Dresden einzurichtenden Kriegsschulkursus eintreten würden, um später vor der preußischen Militär⸗ prüfungskommission das Offizierexamen abzulegen. Nach dem Manöver würden die Prinzen ihre Universitätsstudien beginnen.

Baden.

Der Landtag hielt gestern abend eine vorbereitende Sitzung ab, in der nach einer kurzen Begrüßung durch den Staats⸗ minister Freiherrn von Dusch der Zentrumsabgeordnete Morgenthaler zum Alterspräsidenten bestimmt wurde. Die erste Arbeitssitzung der Zweiten Kammer wurde auf morgen vormittag festgesetzt. Vor dieser soll die Wahl des Präsidiums vorgenommen werden.

Waldeck.

Die diesjährige verfassungsmäßige Tagung des Land⸗ tags der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont wurde am 30. Oktober durch den Landesdirektor Präsidenten von Glasenapp eröffnet und am 20. November geschlossen.

Dem Landtage waren unter anderen Vorlagen der Regierung Gesetzentwürfe zugegangen über die Aufhebung der Verpflichtung zur Bestellung von Amtskautionen, über die Abänderung des Gesetzes vom 23. Februar 1885, betr. die Bildung einer Kirchengemeinde der separierten Lutheraner im Kreise der Eder, und der Anlage zu 59 des Staatsdienstgesetzes vom 9. 7. 1855, über den Vizinalwegebau im Fürstentum Waldeck, die Feststellung des Staatshaushaltsetats für 1914‚1914o und die Desinfetiion bei ansteckenden Krank⸗ beiten, ferner die Entwürfe eines Bullenkörgesetzes und eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes vom 8. Januar 1900, betr. die Verpflichtung der Gemeinden zur Bullenhaltung. Sämtliche Gesetzentwürfe wurden vom Landtage angenommen, zum Tell mit geringen Abänderungen. Ferner wurden der Etat der Feuer— versicherungsanstalt der Fürstentümer für die Jahre 1914/1916 und ein Antrag der Fürstlichen Domänenkammer auf Zustimmung zur Verpfändung von Domanialbesitz für eine Anleihe bis zur Höhe von 2 000 000 genehmigt. ;

Der Staatshaushaltsetat balanciert in Einnahme und Ausgabe für 1914 auf 1725 187 , für 1915 auf 1 723 593 ½ und für 1916 auf 1 640 254 S. In ihm sind als Zuschuß Preußens zu den Ver⸗ waltungskosten wie bisher 530 000 , als Anteil der Fürstentümer an dem Ertrag der Branntweinsteuer 193 390 M und als Matrikular⸗ beitrag zu den Ausgaben des Reichs 240 501 jährlich vorgesehen.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Im Ausschuß für ausWwärtige Angelegenheiten der Oesterreichischen Delegation wurde gestern die Debatte über das Exposs des Grafen Berchtold fort— gesetzt.

Nach dem Bericht des . W. T. B.“ unterzog der Abg. Ellen⸗ bogen (Soz) die Politik des Grafen Berchtold einer abfälligen Kritik und betonte schließlich, es sei höchste Zeit, Serbien wirt schaftliche Vorteile zuzuwenden, um eine polttische Beruhigung herbeizuführen. Freiherr von Schwegel (Herrenhaus) erklärte, er sei der Ansicht, daß eine Revision des Bukarester Friedens sich im Interesse aller Teile als Notwendigkeit erwelsen dürfte. r. von Langenhahn sagte, angesichts des vielfachen Versagens der österreichisch- ungarischen Diplomatie gegenüber den Ereignissen des letzten Jahres sei er, wie die anderen Mitglieder des Deutschnationalen Verbandes, nicht in der Lage gegen⸗ über dem Ministerium des Aeußern die bisherige freundliche Stellung einzunehmen, obgleich die Absichten des Ministers des Aeußern, dessen vornehmer Charakter auch bei seinen politischen Gegnern größte Achtung und Sympathie finde, nicht in Zweifel gezogen würden. „Für uns“, fuhr der Redner fort, „bildet die Verschlechterung der Beziehungen zu Rumänien, einem so bewährten und treuen Freunde, und der Versuch, an Stelle dieses Freundes das noch keineswegs erprobte und stark geschwächte Bulgarien zu setzen, ein sehr wesentliches Moment, über die Polilik des Ball, platzes aufs ärgste verstimmt zu sein. Die Deutschen begrüßen mit Genugtuung die Tatsache, daß während der ganzen Krise, abgesehen von der Bukarester Revisions frage, zwischen uns und dem Deutschen Reiche keine nennenswerten Meinungsverschiedenheiten ', . sind, und stellen neuerlich fest, daß dieses Bündnis für die übrigen Nationen der Monarchie von glelcher Wichtigkeit ist wie für die deutsche. Nicht minder erfreulich ist die Uebereinstimmung mit Italien, und wir wünschen, daß sie jede Belastungsprobe überdauern möge. Besonderen Grund zur Unzu⸗ sriedenheit der Veutschen bildet die Vernachlässigung der wirtschaftlichen Interessen der Bevölkerung. Das stolze Wort des deutschen Kaisers: „Ich schütze den Kaufmann!“ möge auch der leitende Grundgedanke unserer Diplomatie sein. Der Redner schloß mit der Erklärung, die Deutschen würden für die Militärkredite stimmen. Wenn dies aber bei dem Budget des Ministeriums des Aeußern oder einem Posten dieses Budgets nicht der Fall sein sollte, so würde dies als ein Einspruch gegen eine der Ansicht der Deutschen nach unrichtige Führung der äußeren Politik aufzufassen sein.

Der Heeregsausschuß der österreichischen De⸗ . verhandelte gestern vormittag über das Heeres⸗ budget.

Das Herrenhausmitglied Dr. von Grabm air (verfassungstreuer Großgrundbesttz , erklärte, obiger Quelle zufolge, wenn es 3 4 bestehenden Gefahren gelungen sei, den Balkankrieg zu lokalisieren, fo sei die Hauptursache . Achtung aller Mächte vor der militärischen Stärke des Dreibunden gewesen. Parum sei es Aufgabe aller Mäß— gebenden, den Drelbund zu verstärken, zu veitiefen und aut. zubauen. Die Gefahrenmomente seien keineswegs beseitigt, ing. besondere heische die südslawische Frage eine Löoösung. Zur Vor. beugung entsetzlichen Unheils sei elne vernünftige innere und äußere Politik notwendig, die sich auf eine starke Armee und Flotte stuätze. Der Redner fuhr fort: ‚Wenn wir innerhalb des Drelhundes ze— schätzte und gleichberechtigte Genossen bleiben wollen, so können wir unt der Aufgabe nicht entziehen, auch unsere militärische Stärke ent= Prechend den Rüstungen der Bundesgenossen auszugestalten. Die Monarchie muß durch die Ausgestaltung der Flotte in der Lage sein, Italien einen Rückhalt zu gewähren, dessen Italien im Mittelmeer bedarf. Zum Schluß beantragte der Redner eine Resolution, in der die Kriegsverwaltung aufgefordert wird, alle Mittel zur weiteren Ein—⸗ schränkung des Duells anzuwenden.

Im österreichischen Abgeordnetenhause erklärte gestern der Minister des Innern Freiherr von Heinold in Beantwortung von Interpellationen bezüglich der Sozial⸗ versicherung svorlage, daß die Regierung auf die Fertig— stellung des Gesetzes mit allem Nachdruck hinwirken werde. a verhandelte das Haus über die Anträge bezüglich der Erhöhung der Lehrergehälter.

Wie W. T. B.‘ meldet, griff der Abg. Ferdinand Seidl (Deutsch⸗National) im Laufe der Debatte die Sozialdemokraten auf das schärfste an, wobei er ihnen Demagogle und unehrliches Verhalten gegen die Beamten vorwarf. Der Vijepräsident Pernerstorffer (Soz.) bat das Haus um Entschuldigung, daß er aus persönlichen Gründen dem Abg. Seidl trotz seiner äͤußerst beleidigenden Aus⸗ drücke keinen Ordnungsruf erteilt habe. (Lärm bei den Deutsch⸗ Nationalen, Beifall bei den Sozialdemokraten.) Die Lärmszenen wiederholten sich bei jeder Erklärung Pernerstorffers bis zum Schluß der Sitzung, die darauf auf heute vertagt wurde.

Im unggrischen Abgeordnetenhause gab der Ministerpräsident Graf Tisza in der gestrigen Sitzung auf eine Anfrage, Kroatien betreffend, folgende Erklärung ab:

Die Verhandlungen mit den kroatischen Parteien hätten zu einem befriedigenden Ergebnis geführt, da keinerlei Forderungen erhoben worden seien, die mit dem Grundprinzip der Union mit Kroatien in Widerspruch ständen. Verschtedene strittige Fragen, namentlich betreffs des Ortsnamengesetzes und der Dienstpragmatik der Eisenbahnen, seien im Kompromißwege gelöst worden. Somit werde der ver⸗ fassungslose Zustand in Kroatien aufgehoben. Die Ernennung des Königlichen Kommissars Skerlecz zum Banus werde auf Antrag der ungarischen Regierung demnächst erfolgen. Ebenso würden die Wahlen zum Landtage ausgeschrieben werden.

Die Erklärung des Ministerpräsidenten wurde mit großer Befriedigung aufgenommen.

Frankreich.

Der Finanzausschuß des Senats wird heute im Plenum den von ihm ausgearbeiteten Ein kom mensteuer⸗ gesetzentwurf vorlegen. Wie „W. T. B.“ meldet, wird durch den Entwurf die bisherige Personal-, Tür⸗ und Fenster⸗ steuer aufgehoben und eine Einkommensteuer mit fakultativer Erklärung und behördlicher Schätzung auf den bestehenden gesetzlichen Grundlagen sowie nach äußeren Anzeichen ein⸗ geführt. Zur Steuerleistung sollen fünf Millionen Steuer⸗ zahler herangezogen werden. Aus den Erträgnissen der Steuer sollen 50 Millionen zugunsten der bäuerlichen Bevölkerung ver⸗ wandt werden.

Der Heeresausschuß der Deputiertenkammer hat in der gestrigen Sitzung die Erhöhung der Offiziersgehälter angenommen.

Die radikale Partei hat in einer unter dem Vorsitz von Caillaur abgehaltenen Versammlung obiger Quelle zufolge beschlossen, für die dreiprozentige unkündbare Rentenanleihe und für alle außerordentlichen militärischen Ausgaben zu stimmen und zu verlangen, daß die Kapitalerbschaftssteuer dem Anleihe⸗ entwurf einverleibt werde, sowie dem Vorschlage des Budget⸗ ausschusses, betreffend die Steuerfreiheit der Rente, beizu⸗ pflichten.

Die katholisch⸗konservative Gruppe der Action libsrale hat die Vorbehalte gebilligt, die ihr Obmann Piou und der Graf de Mun im Budgetausschusse geäußert hatten, indem sie sich gegen eine Anleihe aussprach, die dazu dienen solle, das Defizit zu verheimlichen und die Kosten für die marokkanische Expedition zu bezahlen, deren Ausgaben bereits in die Budgets der früheren Jahre eingestellt waren.

Rußszland.

In der Reichsdu ma fand gestern die Debatte über den

Bericht der zur Beratung einer Interpellation über die Vor—⸗ gänge in den Lenabergwerken eingesetzten Kommission statt.

Wie W. T. B. meldet, beantragte der Berichterstatter Lutz, an die Minister des Innern, des Krieges und des Handels eine Inter⸗ pellation zu richten, ob die Untersuchung über die genannten Greig2 nisse beendet sei, ob die gesetzliche Ordnung in den Gruben wieder hergestellt und ob gegen die Personen, die sich hätten Gesetzes⸗ verletzungen zuschulden kommen lassen, Anklage erhoben worden sei. Der Abgeordnete für das Gouvernement Irkutsk Mankoff, setzte auseinander, daß die Beschwerden der Arbeiter sich ausschließlich auf elementare Existenzbedürfnisse, hauptsächlich auf die Verpflegung und die Entlohnung, erstreckt hätten. Der Abg. Vichnevsky (Rechte) schloß sich im Namen seiner Partei dem Antrag des Berichterstatters an. Er vertrat die Ansicht, der Hauptteil der Verantwortung falle auf die jüdische Gesellschaft, welche die Minen ausbeute.

Der Antrag der Kommission wurde mit einem Amende⸗ ment der Rechten, durch das der Kriegsminister aus der Zahl der interpellierten Minister ausgeschlossen wird, an— genommen.

Portugal.

Antlich wird mitgeteilt, ein Erlaß des Kolonialministers mit Gesetzeskraft setze die Ausfuhrzölle auf gewisse Kolonial⸗ waren und Erzeugnisse des Ackerbaus und der Viehzucht aus den Teilen von Angola, die nicht im Congobecken lägen, herab, gleichviel, ob die Waren nach in⸗ oder ausländischen Häfen bestimmt seien.

Wie „W. T. B.“ meldet, sind zwei Portugiesen, Chicorro und Silva Cunha, unter dem Verdacht, eine Verschwörung gegen das Leben des Ministerpräsidenten Affonso Costa angezettelt zu haben, heute an Bord des aus Brasilien angelangten an, , „Ambrose“ verhaftet worden.

Dänemark.

Die deutsche Kronprinzessin ist heute vormittag in Kopenhagen eingetroffen und auf dem Bahnhof vom Königs⸗ paare, den Mitgliedern der Königlichen Familie, dem Minister des Aeußern und dem deutschen Gesandten empfangen worden. Das Königspaar begab sich mit seinem hohen Gaste nach dem Schloß Fredenzborg.

. Türkei. Der Oberstleutnant Dschemil Bei ist einer Meldung des W. T. B.“ zufolge zum Militärattachs bei der Botschaft in Ferlin ernannt worden.

Griechenland. Die Deputiertenkamm er hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, den griechisch-türkischen Friedensvertrag in dritter Lesung endgültig angenommen.

Rumänien.

Im gestrigen Ministerrat lenkte der König die Auf— merksamkeit der Regierung auf die Notwendigkeit, den Eisen⸗ bahnen die dringend nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechen könnten.

Albanien.

Der Präsident der vorläufigen Regierung in Alessio Detzoku ist gestern in Valona eingetroffen, um sich, wie „W. T. B.“ meldet, bei den Mitgliedern der Kontrollkommission gegen die Uebergriffe der Anhänger Essad Paschas zu beschweren und um Abhilfe zu ersuchen. Sollte seine Mission erfolglos bleiben, so seien seine Anhänger, wie er erklärte, ent⸗ schlossen, selbst ihr Recht zu suchen.

Amerika.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ besagt der Bericht des Generals Villa über die Schlacht bei Juarez, er habe die Bundestruppen vollständig geschlagen und drei Militärzüge mit der gesamten Bundesartillerie und Muniton erbeutet. Aus anderer Quelle verlautet, daß die Aufständischen 150 Tote und mehrere Hundert Verwundete gehabt hätten. Die Verluste der Bundestruppen werden viel höher geschätzt. Der General Obregon, der Befehlshaber der Insurgenten im Nordwesten, ist in Hermosillo eingetroffen und hat mit Carranza eine Unterredung über die Pläne zu einem allgemeinen Vorgehen nach dem Süden gehabt.

Der amerikanische Konteradmiral Fletcher meldet, daß die Insurgenten ihre Drohung, die Petroleumwerke zu schließen, falls diese die ihnen auferlegten Abgaben nicht bezahlten, bisher nicht wahr gemacht hätten, nur ein Petroleumwerk bei Tuxpam sei außer Betrieb. Auf den Petroleumfeldern seien weder die Rohrleitungen noch die Petroleumreservoire zerstört oder be⸗ schädigt worden. Ebenso seien weder Amerikaner noch andere Ausländer verletzt oder bedroht worden.

Asien.

Nach Meldungen der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ ist mit Rücksicht auf die Erregung der Gemüter, die durch die Ereignisse in Peking und die Niederlage der Nationa⸗ listen in der Mandschurei hervorgerufen worden ist, über Mukden der Belagerungszustand verhängt worden.

Die Frage der Abgrenzung der Befugnisse der Militär⸗ und der Zivilverwaltungen in der Mandschurei ist endgültig geregelt. Das Amt des Tutu ist abgeschafft worden. Ueber die Provinzen sind Zivilgouverneure gesetzt worden, die unmittelbar der Regierung in Peking unter⸗ siehen. In militärischer Beziehung ist die Mandschurei in der Form eines Sonderdistrikts abgetrennt und ein Oberkommandeur eingesetzt worden.

Australien. Im neuseeländischen Repräsentantenhause teilte

gestern der Prem ierminister einer Meldnng des „W. T. B.“ zufolge mit, daß unter den Arbeitern der Einfluß der ge⸗ mäßigten Elemente sich durchgesetzt habe und daß alle Anzeichen auf eine baldige Wiederherstellung des industriellen

Friedens hindeuteten.

Parlamentarische Nachrichten.

Die heutige (176.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco und der Staatssekretär des Reichsschaftzamts Kühn beiwohnten, er— öffnete der Präsident Dr. Kaempf mit der Mitteilung, daß der Abg. Kölsch (nl), Vertreter für 7. Baden (Offenburg⸗ Kehl), sein Mandat niedergelegt hat. .

Zur ersten Lesung stand zunächst der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Aenderung der Gebührenordnung für Zeugen und Sach verständige.

Abg. Dr. Cohn⸗Nordhausen (Soz.): Die Vorlage entspricht einem alten Wunsche des Reichstags. Alle Parteien waren sich in der Forderung einer Erhöhung der Bezüge für Zeugen und Sachverständige einig. Die jetzt gezahlten Gebühren entsprechen nicht mehr den wirtschaftlichen Verhältnifsen und sind ganz besonders unzulänglich bei den herrschenden Teuerungsperhält⸗ nissen. Die jetzige Vorlage bringt aber nur eine wesentliche Erhöhung der Gebühren für Sachverständige. Die Begründung be— schtänkt den Anspruch auf volle Entschädigung für diese damit, daß die Zeugnispflicht eine wesentliche Pflicht eines jeden Staatsbürgers sei. Ganz besonders bedenklich sind aber die Bestimmungen des § a, der da will, daß, falls in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Parteien mit dem Sachverständigen eine bestimmte Vergütung vereinbart haben, diese zu gewähren ist, sofern ein zur Deckung des Betrages hin—⸗ reichender Vorschuß gezahlt ist. Dadurch wird unter Umständen eine ungleichartige Behandlung und Entschädigung der Sach⸗ verständigen geschaffen. Das kann auch auf die Recht- sprechung insofern ungünstig einwirken, als die Partei ge⸗ schädigt werden kann, die nicht die Mittel dazu hat, sich hervor⸗ ragende Sachverständige zu sichern. Der § 15 bestimmt, daß die Gebühren der Sachverständigen, welche für die Erstattung von Gutachten im allgemeinen vereidigt sind, durch besondere Tarife von der 2 bestimmt werden können. Dies widerspricht unter Umständen der Fassung des 5 4a. Hierdurch wird eine ÜUnstimmigkeit hervorgerufen, da nicht ersichtlich ist, ob der 5 15 unter Umständen den § 4a ersetzen kann. Die Tagegelder und Reisekosten der öffentlichen Beamten werden durch den § 14 festgestellt. Hier ist nun ein neuer Zusatz vorgesehen, daß, soweit allgemeine Vorschriften für Dienstreisen nicht erlassen sind, die oberste Verwaltungabehörde über die Gewährung der den öffentlichen Beamten zustehenden Tagegelder und Reisekosten besondere Vorschriften erlassen kann. Die oberste Verwaltungs⸗ behörde kann diese ihr gegebene Befugnig auf andere Behörden übertragen. Diese Materie muß aber durch allgemein gültige Be— stimmungen geregelt werden. Man darf dies nicht dem freien Er⸗ messen einer Bebörde überlassen. Wir stellen den Antrag, die Vor⸗ lage einer Kommission von 14 Mitgliedein zu überweisen.

Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In dem Koblenbezirk des Departements Pas de Calais st. W. T. B. zufolge die Arbeit überall wieder aufgenommen worden (9ygl. Nr. 279 d. Bl.).

Die Ausstandsbewegung in Gl Ferrol greift weiter um sich. Die Zahl der Ausständigen überschreitet, wie W. T. B.“ meldet, dreitausend. Die Arbeiten an dem Bau der Panzerschiffe Jaime J.“ und . Alfonso XIII. sind unterbrochen (gl. Nr. 277 d. Bl.).

(Weitere Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage)

Kunst und Wissenschaft.

In der Schlesischen Gesellschaft für Vaterländische Kultur in Breslau brachte, wie W. T. B.“ meldet, gestern abend der Direktor des Physikalischen Instituts Geheimer Regierungsrat Dr. Lummer Kohle zum Sieden. Er bat die Entdeckung der Verflüssigung des Kohlenstoffs an einer elektrischen Bogenlampe gemacht, deren Kohlenstifte bei Unterdruck des elektrischen Stromes zu sieden, be⸗ gannen. Das Siedeprodukt ist Graphit.

Der Rand der Venus. Die Venus hat als einer der Nach⸗ barn unserer Erde die Aufmerksamkeit der Himmelsforscher stets in besonderem Grade auf sich gelenkt. Wegen ihres hellen Glanzes, der bei größter Erdnähe alle anderen Gestirne am Firmament weit über strahlt, ist sie auch in besonderem Grade volkstümlich geworden, und wenn in Wort und Lied vom Abend⸗ oder Morgenstern die Rede ist, so denkt jeder an die Venus, obgleich sie sich in diese Stellung mit dem Merkur teilt. Für die Astronomen ist sie dennoch seit dem Ge⸗ brauch starker Fernrohre an Interesse hinter dem anderen Erd⸗ nachbarn, dem Mars, weit zurückgetreten, denn gerade ihr starker Glanz, der eine Folge ihrer geringen Entfernung von der Sonne ist, hindert die Wahrnehmung von Lin. heir auf ihrer Oberfläche, während die auf dem Mars sichtbaren Zeichen dem Menschen Rätsel aufgegeben haben, deren Erörterung zu den kühnsten Vermutungen geführt hat. Auf der Venus ist so wenig zu sehen, daß man noch nicht einmal einen Anhalt dafür gefunden hat, die Umdrehungszeiten dieses Planeten mit Sicherheit festzuftellen. Der Astronom Maxwell hat jetzt im Monatsregister der amerikanischen Gesellschaft für praktische Astronomie auf merkwürdige Erscheinungen hingewiesen, die er am Rand der Venutz beobachtet hat. Dieser ist gewohnlich auf 30 Grad von gleichförmig gelblichwelßer Farbe und großer Helligkeit, aber es lassen sich hier sonderbare Wechsel be⸗ obachten. Zeitweise erscheinen ausgedehnte Flächen noch weißer als sonst, andere werden zuweilen blasser. Eine besondere Schwierigkeit liegt in der Feststellung des Oris solcher Erscheinungen auf einer Kugel oder einer gleichmäßig runden Scheibe, wenn man nicht welß, wo deren Pole liegen. Bei der Venus tritt wenigstens das günstige Moment ein, daß sie einen Ljichtwechsel er—⸗ fährt wie der Erdmond und die sogenannten Lichtgestalten durchmacht, die sie zeitweise als halbmondförmige Sichel erscheinen lassen. Die Beobachtungen von Maxwell begannen am 4. Juni. An diesem Tage bezw. Abend sah der Astronom in 70 Grad von der Spitze des süd—⸗ lichen Horns eine Fläche von ungewöhnlicher Weiße, die sich 37 Grad nach Norden und etwa 40 Grad nach innen ausdehnte. Der Flecken war so auffällig, daß er fast wle ein Rückgrat der Sichel erschien. Zwei Tage darauf war der Flecken etwas abgeblaßt. Am 11. Juni aber war er immer noch deutlich gekennzeichnet und von noch größerer Ausdehnung als vorher. Nur die Abgrenzung gegen die Umgebung, die anfangs so scharf gewesen war, wie es auf der Venus Überhaupt erwartet werden kann, wurde allmählich unbestimmter und konnte am 13. Juni gar nicht mehr erkannt werden. Bis zum 18. Juni wurde die Stelle immer blasser, bis sie in der allgemeinen Helligkeit des Randgebiets aufging. Es dauerte bis zum 26. Juli, ehe der Astronom seine Forschungen fortsetzen konnte. An diesem Tage bemerkte er nach einer Woche schlechten Wetters einen Fleck, der diesmal umgekehrt weniger hell war als die Umgebung. Er zeichnete sich durch eine gelbliche Färbung ab, während der Rand im Norden gleichmäßig weiß erschien. Zunächst war er auf die südliche Halb⸗ kugel beschränkt, dehnte sich aber schon am folgenden Tage bis über den mutmaßlichen Aequator aus. Seine Flaͤche erstreckte sich über 36 Grad in der Länge und 55 in der Breite. Am 29. Juli war die Fläche immer noch auffällig gelb, aber schon verschwommen in der Abgrenzung. Auf der nördlichen Halbkugel dagegen begann sich die Helligkeit in einen wohl umgrenzten weißen Fleck von drei⸗ eckigen Umrissen zusammen zu ziehen, dessen Nordrand etwa 11 Grad von der Spitze des nördlichen Horns entfernt war. Auf der breitesten Stelle maß er nicht weniger als 60 Grad. Am 30. Juli war die gelbe Fläche im Süden von der Umgebung nicht mehr zu unterscheiden, und der nördliche weiße Fleck begann auch seine Grenzen zu verlieren. Dieser Zustand blieb bis zum 3. August ziemlich unverändert, außer daß der weiße Fleck stark eingeschrumpft und der Nordspitze noch näher gerückt war. Besonders eigentümlich war seine Unter⸗ scheidung in 3 verschiedene Farbengrade, die an Streifen von ver schieden schattiertem Papier erinnerten. Der innerste war ganz weiß mit einer scharfen Grenze, der äußerste nur wenig heller als die übrige Planetenflaͤche. Nun setzte eine Zeit schlechten Wetters ein, und es dauerte bis zum 16. August, ehe das Fernrohr von neuem auf die Venus gerichtet werden konnte. Die blasse Fläche im Süden war noch erkennbar, aber der Norden erschien völlig normal. Am 22. August war dann die ganze Scheibe in ihrer gewöhnlichen Ver⸗ fassung. Die Beobachtungen wurden meist in der Dämmerung ge⸗ macht. Es ist die Frage, ob diese Beobachtungen, wenn sie von anderen Astronomen bestätigt und ergänzt werden könnten, zur endgültigen Erledigung der Frage nach der Länge des Venustages führen würden.

Literatur.

Hohenzollernbriefe aus den Freiheits⸗ kriegen 181 3—1815. Herausgegeben von Hermann Granier. 364 Seiten. Verlag von S. Hirzel, Leipzig, 1913. Die hier vorgelegten „Hohenzollernbriefen aus den Freiheitskriegen, die im wesentlichen zwischen dem damaligen Kronprinzen und dem Prinzen Wilhelm, den beiden künftigen Preußenkönigen, und ihrer Schwester, Prinzessin Charlotte, der späteren Kaiserin von Rußland, gewechselt worden sind, geben ein anschauliches Bild davon, wie sich die großen Ereignisse seit dem Frühjahr 1813 in Kopf und Gemüt der Königskinder, die recht geschwisterlich zusammenhielten, als unmittel⸗ bares Erlebnis widerspiegeln. Die Originale der Briefe, die sämtlich bisher ungedruckt waren, ruhen im Königlich Preußischen Hausarchiv; zu ihrer Veröffentlichung hat Seine Majestät der Kaiser die Genehmi⸗ gung erteilt. Es bedarf kaum eines Hinweises, daß die Briefe wegen der Dinge, die zur Sprache kommen, und wegen der Persönlichkeiten, die darin reden, von höchstem Reiz sind. Das Hochgefühl über die gewaltigen Erfolge, die damals den preußischen Waffen und der Tapferkeit der Verbündeten beschieden waren, macht sich in stürmi⸗ schen Ergüssen Luft; Worte wie „selig“ und „göttlich“ sind sehr be⸗ liebt, und mit Ausrufungszeichen und Unterstreichungen wird nicht gespart. Man vergegenwärtigt sich dabei gern das jugendliche Alter der Geschwister: beim Beginn des Briefwechsels, im März 1813, zählte der Kronprinz 1775 Jahre, Prinz Wilhelm gerade 16, Prin⸗ zessin Charlotte 144 Jahre. Und doch hatte die jungen Herzen schon ein tiefes Weh erfüllt und ihnen die Richtung auf eine ernste Lebens⸗ auffassung gegeben: die Erinnerung an die verklärte Mutter stellt sich immer wieder ein und mit ihr heiße Tränen. Jugendlichkeit und statker Familiensinn ist allen Geschwistern gemeinsam, und doch wird ein aufmerksamer Leser schon feine Unterschiede zwischen Art und Aus— drucksweise der beiden Brüder erkennen. Auch die Schriftzüge, die in

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einigen Faksimiles festgehalten sind, zeigen bereils die arakteristisch durchaus voneinander abweichenden Formen, die beide Könige bis an ihr Ende heibehalten haben; der Schnörkel im Namenszug, den Naiser Wilhelms letzte Unterschrift noch aufweist, taucht hereits in dieser Korre⸗ spondenz auf, und die spaßhaften Bemerkungen, die Prinzessin Charlotte daran knüpft, werden von dem Prinzen Wilhelm lustig aufgegriffen. Der Kronprinz hat seine Briefe vielfach mit sehr gelungenen Rand⸗ zeichnungen ausgestattet; auch davon sind manche wiedergegeben. Man kann weiter verfolgen, wie sich der Gesichtskreis der jungen Brief⸗ schreiber erweitert und ihre geistige Gewandtheit und Urteilskraft zunimmt. Man kennt die kräftigen Worte Blüchers über die Diplo⸗ matiker und Federfuchser und darf wohl danebenstellen, was der acht⸗ zehnjährige Prinz Wilhelm am 1. Juli 1815 schrieb: „Das Schwerdt hat wieder das Seinige in vollem Maaße gethan. Ich hoffe, die Feder wird ein Beispiel daran nehmen. Der Briefwechsel nahm damit seinen Anfang, daß der Kronprinz aus Breslau, wo die Königliche Familie seit Ende Januar vereinigt war, mit dem König Ende März zur Armee ging. Einer der ersten Briefe schildert den Besuch im Mausoleum zu Charlottenburg am 27. Marz, dem Tage, an dem Jork Berlin verließ. Sehr eingehend wird der Schlacht bei Groß⸗ görschen vom 2. Mai gedacht, die gerade der Garde starke Verluste zugefügt hatte. Während des Waffenstillstandes waren die Geschwister wieder vereinigt, bis dann die Eröffnung der Feindseligkeiten im August 1813 den Kronprinzen von neuem ins Feld rief. Von dem malerischen Prag weiß er viel zu erzählen, den Höhepunkt bilden seine durch viele Briefe hindurchgehenden Berichte über die Schlachten bei Leipzig. Am schönen Rhein geht ihm ein neues Leben auf, die unge⸗ zwungene französische Art setzt ihn beim Marsch durch Feindesland in Erstaunen, und die Kämpfe auf dem Wege nach Paris, an denen auch Prinz Wilhelm teilnimmt, bringen den Brüdern neue Aufregungen. Rauschende Vergnügungen in Paris und die glänzende Aufnahme in London werden in den lebhaftesten Farben geschildert. Dann ruht der Briefwechsel wieder von der Heimkehr der Prinzen nach Berlin im August 1814 bis zu ihrem neuen Kriegszug nach Napoleons Rück⸗ kehr von Elba im Juni isi. Im Mittelpunkt dieses letzten Teiles steht die Schlacht bei Belleallianee. Zu der Hauptmasse der Briefe der drei älteren Geschwister treten hinzu einige der jüngeren, die das harmonische Familienbild noch kräftiger beleuchten, und der Brief⸗ wechsel des Königs selbst mit seinen Kindern, dessen väterliche Autori⸗ tät keinem Zweifel unterworfen ist, der das Gedeihen seiner mutter⸗ losen Kinderschar mit treuer Sorge überwacht. Einer zweiten Ab⸗ teilung der „Hohenzollernbriefe“ bleiben die Korrespondenzen der beiden Prinzen mit ihren etwa gleichaltrigen Verwandten, die soge⸗ nannten „Vettern⸗Briefe“, vorbehalten.

Die Völkerschlacht bei Leipzig. Für das Volk und die Jugend erzählt von G. Schmiedgen. Mit zwölf Voll⸗ bildern und vier Schlachtenplänen. Gotha, 1913, Friedrich Andreas Perthes A.⸗G. (165 Seiten, Preis brosch. 1,20 M, geb. 2 S.) Das vorliegende kleine Buch ist mehr als eine Gelegenheitsschrift und lädt zu längerem Verweilen ein. Hatten doch, wie der Verfasser in einem

Schlußwort sagt, seit der Hunnenschlacht auf den Catalaunischen Feldern Germaniens Völker keine größere und gewaltigere Schlacht geschlagen, als die auf der Leipziger Ebene; einen solchen Vorgang nach Breite und Tiefe zu ermessen, ist aber ohne genaueres Eingehen nicht möglich. Das Gestaltungsvermögen des Verfassers und starkes Empfinden haben zusammengewirkt, um die Kräfte lebendig werden zu lassen, die bei Leipzig um den Sieg rangen. Napoleons verbissener Trotz, das Vorwärtsdrängen der preußischen Generale auf allen drei Seiten und die Hemmungen durch Schwarzenberg und Bernadotte, in ihrer Persönlichkeit und der Politik ihrer Staaten begründet, der bei⸗ spiellos erhabene Heldenmut der Truppen hüben und drüben, die Größe der Verluste und das Elend der Verwundeten, die über⸗ mächtige Freude über den Sieg, alles wird dem Leser greifbar und gräbt sich ihm tief in die Seele ein. Der

liches übersehen; so tritt z. B. Blüchers Seelengröße, der Bernadotte gegenüber die größte Selbstüberwindung bewies, um nur das Ganze zu retten, in ein helles Licht. Das Büchlein ist ein zuverlässiger Führer durch die verwirrende Fülle von Kämpfen, die Deutschlands Befreiung von Napoleon vollendeten, und sicherlich berufen, jugendliche Herzen mit hoher Erfurcht vor menschlicher Größe zu erfüllen.

Nr. 48 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 26. November 1913 hat folgenden In- halt: Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte, XIV. Bd., 3. Heft. (Ankündigung.) Gesundheitsstand und Gang der Volks⸗ krankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen ansteckende Krank⸗ heiten. Desgl. Pest. Desgl. gegen Cholera. Deggl. gegen Gelbfieber. Desgl. Pocken. Mitteilungen aus Britisch Ost⸗ indien, 1911. Gesetzagebung usw. (Preußen) Catgutfabriken. (Reg. ⸗Bez. Arnsberg. Hebammen. (Anhalt.) Influenza der Pferde. Tierseuchen im Deutschen Reiche, 15. November. Desgl. im Aus⸗ lande. Desgl. in Oesterrelch, 3. Vierteljahr. Maul⸗ und Klauen⸗ seuche in Großbritannien. Detgl. in Dänemark. Vermischtes. (Preußen.) Nährgelatine. (Desterreich). Milchuntersuchung. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Beilage: Gerichtliche Entscheidungen auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege (Krankenwesen).

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Angesichts der großen Bedeutung, die der auf dem Impfgesetze vom 8. April 1874 beruhenden Schutzpeckenimpfung für die Volks⸗ gesundheit zukommt, bat die Reichsverwaltung sich von jeher angelegen sein laffen, die Fortschritte der wissenschaftlichen Untersuchungen über die Pockenkrankheit für den Ausbau und die Vervollkommnung des Imbfwesens nutzbar zu machen. Nach einer dem Etat für das Reichg⸗ amt des Innern beigegebenen Denkschrift scheint die wissen⸗ schaftliche Erforschung der Pocken und der Vaceine aber gegenwärtig um so mehr geboten zu sein, als es dem Königlich preußischen Stabsarzt Dr. Fornet, zufolge eines Vortrags, den er auf dem dies- jährigen Internationalen medizinischen Kongreß in London gehalten hat, gelungen sein soll, den Pockenerreger in Reinkultur darzustellen. Die Ergebnisse der Fornetschen Untersuchungen, die, falls sie sich be⸗ stätigen, von ungemeiner und weittragender Wichtigkeit für die Schutz⸗ vockenimpfung sein würden, werden auf ihre Richtigkeit uachzuprüfen sein. Sollten sie sich nicht als stichhaltig erweisen, so werden auf anderem Wege Versuche vorzunehmen sein, um das Ziel, das Dr. Fornet sich gesteckt hatte, zu erreichen und zugleich zur Be⸗ kämpfüng der Pocken einen Impfstoff in Reinkultur her⸗ zustellen, der in jeder Impfportion genau dosiert werden kann, wie es modernen hakteriologischen Grundsätzen entspräche und nach dem heutigen Stande der Wissenschaft als die erstrebens⸗ werte Lösung der Frage bezeichnet werden muß. Auf einen solchen im Bereiche der Möglichkeit liegenden Fortschritt darf nicht desbalb verzichtet werden, weil nach langjähriger Erfahrung auch mit den jetzt gebräuchlichen Methoden ein brauchbarer Impfstoff gewonnen wird. Er muß vielmehr mit allen Mitteln erstrebt werden, weil es eine dem gesetzlichen IFÜnpfzwang entsprechende Pflicht des Staates ist, das Impfverfabren so vollkommen wie möglich zu gestalten.

Die Forschungen nach dem Erreger der Vaccine und der Variola des Menschen und die Versuche, ihn in Reinkultur zu züchten, müssen daher mit allem Elfer betrieben werden.

Seit Ende des 18. Jahrhunderts wird die Kubpockenimpfung mit Erfolg ausgeführt, aber bis heute konnte unter den Männern