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zt den, sind Rei im Jahre mi: eit abgelehnt worden. Es handelt sich hier um ein Aus— nahmegesez gegen die Presse. Es gibt ja einige Blatter, die geradezu Aus Sensationsbedürfnis Spionenriecherei treiben. Im allgemeinen t es aber die deutsche Presse nicht. Wenn manchmal Leufe wegen Spionage verurteilt werden, dann rf man sich doch fragen, wie sie die Geheimnisse erfahren konnten. Es kommt hierbei ech gn darauf an, was die Absicht der Regierung ist, sondern auf die Wirkung. Da muß man sagen, daß die ses Gesetz 6 die Bestrebungen friedlicher Bürger und gegen die e gerichtet ist. Die heute von den 2 abgegebenen Erklärungen nützen uns gar nichts. Die Preffe will kein Vorrecht haben, aber jeder Preuße hat doch das Re t, zu verlangen, über milltarische Angelegenheiten zu sprechen und fie Törtern zu können. Aber der Militarismus scheut und haßt jg die Deffentlichkeit, ganz besonders die wohltuende Wirkung der Rritik der Presse; die ja mit dazu beigetragen hat, daß wenigstens die gröbsten Soldatenmißhandlungen etwas abgenommen haben. Nimmt man das Gesetz an, dann dürfte wohl kein Fall von Spionage weniger vorkommen, jedoch dürften viel mehr Menschen wegen Fa rlässigkeit bestraft werden, zumal das Gesetz ja gar nicht sagt, was z ahrlässigkeit ist. Es kann dann vorkommen, daß ein Arbeiter deswegen bestraft wird, der die Militärperwaltung vor dem Gewerbegericht verklagt und nun über die Verhältnisse von Militärwerkstätten in der Ver— handlung etwas . muß. Unter das Spionagegesetz könnte auch der fallen, der Vorkommnisse aus der Instruktionsstunde mitteilt, so z. B. der, der es in die Seffentlichkeit brachte, daß ein Sffizier die Asässischen Soldaten als „Wagtes“ bezeichnet hat. Auch die „Deutsche ö findet an dem Gesetz manches Bedenkliche, so besonders in bezug auf den 8 g. Sie meint, daß es zunächst wohl wenige . Blätter geben wird, die militärische Geheimnisse in die Deffentlichkeit gelangen lassen, um damit dem Auslande Waffen gegen das Deutsche Reich zu liefern. Der Abg. Oertel traut das nicht einmal den sozialdemokratischen Blättern zu. Das ist ja recht nett von ihm, aber was würde er sagen, wenn man bei einem anderen Verbrechen sagen würde, wir trauen das niemand zu, nicht einmal den Herren von der „Deutschen Tageszeitung“. Auch Frauen können jetzt von dem Gesetz erfaßt werden. Wenn z. B. eine Mutter sich in öffentlicher Versammlung über Mißhandlungen ihres Sohnes beschwert. Ganz besonders bedenklich ist die Erweiterung des Begriffes der Misitär— behörde. Dadurch wird die rechtliche Sicherheit der Bürger bedroht. Als Frankreich im Jahre 1886 sein Spionagegesetz einbrachte, das lange nicht so weit geht wie das jetzige, da ließ die deutsche Regierung durch ihre offiziösen Blätter die französische Regierung mit Spott und Hohn überschütten, weil sie glaubte, dadurch die Spionage aus der Welt schaffen zu können. Sehr dehnbar ist auch die Bestimmung, daß Nachrichten unter das Gesetz fallen, deren Geheimhaltung im Interesse der Landesverteidigung die oberste militärische Behörde angeordnet hat. Künftighin werden auch solche Nachrichten nicht deröffentlicht werden können, die ganz belanglose Dinge betreffen, z. B. daß einige Generale zusammenkommen, daß Truppen zusammengezogen werden usw. Der Nachweis, daß ein militärisches Geheimnis vorliegt, braucht gar nicht erbracht zu werden; es genügt, daß es sich um Gegenstände oder Nach— richten handelt, deren Geheimhaltung die oberste militärische Behörde im Interesse der Landesverteidigung angeordnet hat. Das Verbot soll sich fortan nicht nur auf Beamte und Soldaten beziehen, sondern auf alle Bürger. Unter die Geheimhaltung würde beispielsweise auch die bekannte Kabinettsorder des Königs von Sachsen gegen die gemeinen Soldatenmißhandlungen fallen. Es gibt ja kaum (twas, was nicht geheim sein kann. Der Zweck dieses Gesetzes ist offenbar, auch die⸗ jenigen Fälle zu treffen, die man bisher mit den geltenden Gesetzen nicht hat treffen können. Diese Lücke auszufüllen, wird jedenfalls die Wirkung dieses Gesetzes sein. Es kann künftighin eine Zeitung auch verurteilt werden, die über einem Luftschiffunfall berichtet. Auch da kann es sich um den Verrat militärischer Geheimnisse handeln. Daß ich hier nicht künstlich solche Fälle konstruiere, zeigt das Beispiel der „Breslauer Zeitung“. Ihr Handelsredakteur wollte die Nachricht bringen, daß in einer schlesischen Stadt eine Festung gebaut werden solle. Er wandte sich an das Kriegsministerium, und dieses teilte ihm mit, er dürfe unter keinen Umständen darüber etwas bringen, das wäre ein J Geheimnis. Hätte das Gesetz schon bestanden, und hätte er die Nachricht gebracht, so wäre er mit Zuchthaus, im günstigen Falle mit Gefängnis bestraft worden. Durch die Presse gingen ferner Nachrichten, daß in der Nähe des Uebungsplatzes Sennelager Soldaten krank werden und gestorben sind. Die Militärbehörde hat darüber keine Auskunft gegeben, weil das ein militärisches Geheimnis sei. Auf die Anfrage eines sozialdemokratischen Blattes hat der Regi— mentskommandeur geantwortet, daß die betreffende Uebung der Re⸗ servisten als geheim anzusehen sei und eine Erwähnung in der Presse nicht stattfinden dürfe. Wenn über die Uebungen nicht das Geringste mitgeteilt werden darf, so darf z. B. auch der Vater, dessen Sohn bei einer solchen Uebung durch Ueberanstrengung in den Tod gehetzt worden ist, nichts davon mitteilen; auch die erkrankten Soldaten dürfen nichts davon mitteilen, daß sie dabei krank geworden sind. Alle diese Ungeheuerlichkeiten sollen nur verhüllt werden, und die Hülle soll dieses Gesetz geben. Damit würden wir uns an der Gesundheit und am Leben unserer Mitbürger versündigen, ja sogar an der Wehr— fähigkeit Deutschlands. Das Gesetz enthält noch mehrere Schönheiten, so soll der bestraft werden, der nicht denunziert. Das Denunzianten—⸗ tum soll also großgezogen werden. Die Sicherheit des Reiches und die Kriegstüchtigkeit des Heeres wird gerade gefährdet, wenn Miß⸗ stände nicht öffentlich besprochen werden dürfen. Mich fragten einmal Arbeiter einer Werft um Rat, wie sie Mißstände zur Sprache bringen könnten. Wenn dieses Gesetz damals schon bestanden hätte, hätten die Leute schon durch diese Frage nach Rat ein militärisches Geheimnis verletzt, Der Charakter des Gesetzes geht nicht dahin, der Spionage Abbruch zu tun, sondern das Spitzeltum gegen die Arbeiterklasse zu be— günstigen. Das Gesetz wird nicht einen Spionagefall verhindern. Weil es nach dem geltenden Gesetz noch einige Handlungen gibt, die nicht strafbar sind, will man sie strafbar machen; eine eigentümliche Logik! Unter dem Vorwand, die Spione zu fangen, will man nur die anständigen Leute treffen und die Sicherheit der Staatsbürger ge⸗ fährden. Wir wollen diesem Gesetz einfach ein Begräbnis erster Klasse bereiten und es ohne Kommissionsberatung ablehnen.
Abg. Gröber Gentr.): Zum zweiten Male ist der Deutsche Reichstag mit der Beratung eines Spionagegesetzes beschäftigt. Frankreich hat im Jahre 18865 sein Spionagegesetz geschaffen und ist damit vorangegangen, England ist 1889 nachgefolgt, und schließlich haben wir in Deutschland 1893 das Spionagegesetz bekommen. In England ist inzwischen ein zweites Gesetz erlassen worden; jetzt sollen 6 wir ein zweites Gesetz machen. Es ist also ein Wettlauf nicht bloß im Rüstungswesen, wir haben einen Wettlauf auch auf dem Ge⸗ biete der Verschärfung des Strafrechts. Meine politischen Freunde sind stets bereit, das zu bewilligen, was im Interesse des Vaterlandes notwendig ist, wie wir schon durch die Annahme der großen Wehr— vorlage bewiesen haben. Aber hier liegt doch gar kein Bedürfnis vor, solche Verschärfungen der gesetzlichen Bestimmung vorzunehmen. Wir hätten erwartet, daß für die Begründung mehr angeführt worden wäre, als dies von den Vertretern der verbündeten Regierungen geschehen ist. Das Mitgeteilte war selbst für die allerbescheidensten Ansprüche dieses Hohen Hauses ungenügend. Auch nicht einer der Ver⸗ treter der Regierungen hat uns das Geheimnis enthüllt, was ein militärisches Geheimnis ist. Das ist eine sehr ernste Frage. Fallen nicht in die Netze dieses Gesetzes auch Leute, die ganz harmloser Ratur sind? Man wird vielleicht antworten, es sei nach der Natur des Gegenstandes nicht ratsam, hierüber mehr zu sagen, aber wir möchten 9 hoffen, daß wir von den Vertretern der verbündeten Regierungen noch recht eingehend die Begründung für die Einbringung der neüen Vorlage zu hören bekommen. Ich kann nicht verhehlen, daß meine Politischen Freunde sehr schwere Bedenken gegen die Vorlage haben. Wir können nicht die Wirkungen des ch ausdehnen auf Nach⸗
inge betreffen. Worin eren Strafen auf die Ver= rettung von Nachrichten aller Art, die die Sicherheit des Vater⸗ andes gefährden könnten? Diese Gefahr ist eine doppelte; einmal
richten überhaupt, soweit sie K liegt die Gefahr einer Ausdehnung der schw
als elner geheim halten den e
e] hara⸗ iner Nachrich len. Was ist denn ein mili⸗ tärisches Geheimnis, frage ich auch. Wer entscheidet schließlich praktisch über den Verrat eines a , Geheimnisses? Wie soll ein Laie sich ein Urteil bilden, ob eine Nachricht geheim zu halten ist. Das ältere Gesetz bestraft das 1 angen⸗lassen“ von geheim⸗ zuhaltenden Schriften und Urkunden. Das Reichsgericht hat schon im Jahre 1893 diesen Standpunkt verlassen und i , daß auch die Mitteilung von Nachrichten im weiteten Umfange nach jenem Gesetze strafbar sei, wenn diese Nachrichten solchen Urkunden entnommen sind, die durch das Gesetz von 1893 geschützt find. Es ist also gar nicht zu⸗ treffend, wenn in der . gesagt worden ist, heutzutage könne die Mitteilung von solchen Nachrichten gar nicht getroffen werden. Wo ist nun das Bedürfnis, darüber hinaus das Gesetz weiter aus⸗ zudehnen? Welche Nachrichten sollen denn noch getroffen werden? Gerade in diesem Punkte haben uns die Ausführungen der Regierungs⸗ dertreter nichts geboten. Wir haben nur allgemeine Wendungen zum Nachweise des Bedürfnisses gehört. 1893 hat der damalige Kriegs⸗ minister von Kaltenborn⸗Stachau erklärt, daß, wenn die Bestim— mungen, die damals vom Reichstag abgelehnt wurden, 63. würden, auch Nachrichten von verhältnismäßig ganz harmlosem Charakter ge— troffen würden. Wenn es nach dem früheren Kriegsminister gegangen wäre, dann wäre das Auskundschaften über Flußläufe, Straßen, Brücken usw. auch unter das Spionagegesetz gefallen. Das ö. auch nach dem neuen Gesetz wieder geschehen können. Aber alle diese Dinge sind doch keine militärischen Geheimnisse. Es sind öffentliche, allgemein bekannte Dinge. Wenn es sich dabei allerdings um Vorkehrungen handelt, die nur in den militärischen Akten stehen, dann sind diese ja schon durch das jetzige Gesetz geschützt. Man muß aber auch unter⸗ scheiden, ob es sich um Friedens- oder Kriegszustände handelt. Ein jeder sieht ein, daß manche Mitteilungen, die im Frieden zulässig sein können, im Kriege gefährlich sind. Aber für den Krieg haben wir doch völlig ausreichende Strafbestimmungen. Ein so unbestinimter Begriff wie der der Nachrichten ist in einem Gesetze unzulässig, in dem so hohe Strafen vorgesehen sind. Hier müssen die o üifth⸗ besonders klar und scharf sein. Die Begründung der Vorlage gibt ja selbst zu, daß man den Begriff „Nachricht“ als unbestimmt gefaßt ansehen kann. Sehen wir uns einmal die ausgesetzten Strafen an, so gehen diese weit über das hinaus, was die mit uns konkurrierenden Militärmächte vorgesehen haben. Selbst das österreichische Spionagegesetz von 1912, das bisher am weitesten ging, hat nicht solch harte Strafen. Das“ selbe gilt gegenüber dem französischen Spionagegesetz. Sehr unbe— stimmt ist auch der Begriff der Fahrlässigkeit. Es ist doch ganz un— verständlich, wie man aus Fahrlässigkeit die Sicherheit des Staates gefährden kann. Wenn man von fahrlässiger Körperverletzung spricht, dann ist die Verletzung doch eingetreten. Läßt man diesen Begriff der Fahrlässigkeit stehen, dann sind neben anderen Personen auch wir Ab— geordnete gefährdet. Wer an den Beratungen in der Kommission über die Militaärgesetze teilgenommen hat, der weiß, welche Schwierigkeiten schon tatsächlich entstanden sind, als es sich bloß darum handelte, fest⸗ zustellen, was nun eigentlich geheim gehalten und als vertraulich be— handelt werden sollte. Im Lande der allgemeinen Wehmpflicht ist es selbstverständlich, daß man viel über militärische Fragen spricht und schreibt. Das ist nicht nur ganz gut, sondern auch das Recht des einzelnen Stagtsbürgers. Auch die oft angewandte Kritik ist nötig; denn nur so können die an der Spitze stehenden Persönlichkeiten die Wirkung ihrer Maßregeln erkennen. Da ist es doch nicht angängig, daß man das, was geheim gehalten werden soll, auf einmal von dem Willen eines einzelnen oder einer kleinen Anzahl bon Personen ab— hängig macht. Nicht unerwähnt will ich hier lassen, daß wir zu unseren militärischen Uebungen fremde Offiziere zulassen und ihnen öfters unsere Einrichtungen vorführen. Diese machen dabei doch ihre Augen auch nicht zu und berichten sicher über das Gesehene. Wo ist die Grenze zwischen erlaubten und unerlaubten Mitteilungen zu ziehen? Man darf doch die Presse an der Ausübung ihrer wichtigen Funktionen nicht hindern, die Oeffentlichkeit nicht ausschließen. Die deutsche Presse hat sich denn auch einmütig gegen diese Bestimmung gewandt. Ich verweise auf die Delegiertenversammlung des Reichsverbandes der deutschen Presse. Sogar der deutsche Wehrverein hat gefühlt, daß ihm die Sache an die Nieren gehen könnte. Ich sage: wenn schon, denn schon; wenn man etwas verbietet, dann verbiete man vor alten Dingen alle Veröffentlichungen des deutschen Flottenvereins und des deutschen Wehrvereins, aber daran denkt niemand. Die übereinstimmenden Preßäußerungen, auch von der Seite, der man Ueberpatriotismus zu⸗ érkennen muß, zeigen uns, daß wir allen Anlaß haben, die äußerste Vorsicht walten zu lassen gegenüber einer solchen angeblich harmlosen und — gefährlichen Vorlage. Namens meiner politischen Freunde beantrage ich Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern.
Abg. Dr. van Calker (nl): Die Vorlage entspricht nach der Anschguung meiner politischen Freunde einem Bedürfnis, das sich her⸗ ausgestellt hat dadurch, daß die ausländische Gesetzgebung im Laufe der letzten Jahre wesentlich verschärft worden ist, und dadurch, daß eine Aenderung des Militärwesens nach den verschiedensten Richtungen ein⸗ getreten ist. Der Verrat militärischer Geheimnisse, z. B. in bezug auf die Konstruktion einzelner Geschütze, hat heute eine viel größere Bedeutung als früher. Wir erkennen also an, daß im Prinzip 'eein Bedürfnis nach einer Aenderung des Gesetzes von 1893 gegeben ist. Selbstverständlich kommt ein Gesetzentwurf, der die Geheimhaltung bestimmter Dinge unter schwere Strafe stellt, leicht in Gefahr, in die Interessen der Staatsbürger einzugreifen. Gerade auf militärischem Gebiet ist eine starke Kollision der Interessen möglich. Der Entwurf stellt sich auf den Standpunkt, daß die Interessen des einzelnen hinter denen der Gesamtheit stehen müssen. Wir halten dies für richtig. Nur unter diesem Gesichtspunkte kann man dem Gesetzentwurfe gerecht werden. Ich glaube aber nicht, daß er in seinen Formulserungen überall das Richtige trifft. J
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In der Kommission werden manche Punkte sehr eingehend nachgeprüft werden müssen. Der Abg. Gröber hat in freundlicher Weise die Frage aufgeworfen, ob seine Nachfolger vielleicht in der Lage sein würden, den Begriff des Geheimnisses etwas näher festzustellen. Leider kann ich auch meinerseits nur auf die weiteren Nachfolger verweisen. Immerhin möchte ich sagen: Es ist doch nicht unbedingt notwendig, daß wir gerade diefen bedenklichen Ausdruck „Geheimnis“ beibehalten. In Oesterreich hat man denjenigen mit Strafe bedroht, der Tatsachen mitteilt, die als nicht öffentkiche be— trachtet oder behandelt werden sollen usw. Wie soll es mit der Weiter— gabe offener Geheimnisse gehalten werden? Es kann vorkommen, daß 8. B. in der gusländischen Presse schon etwas gestanden hat. Die Bestimmungen über die fahrlässige Preisgabe von Geheimnissen ist bon der ganzen Presse als höchst bedenklich bezeichnet worden. Jeder Vernünftige wird anerkennen müssen, daß eine vorzeitige Publizisrung wichtiger Tatsachen durch die Presse bedenklich ist. Aber wir dürfen das Interesse, das das ganze Volk an unserem Heere, an seinen Fort⸗ schritten und seinen Errungenschaften nimmt, nicht direkt unterbinden. Die Gefahr liegt allerdings nahe, daß dies durch die Bestimmungen, wie sie einstweilen im Gesetze vorliegen, geschieht. Eine Kritik, wenn sie offen und ehrlich ist, kann der ge rie , nn nur angenehm sein. Der S9 ist, wie er jetzt gefaßt ist, für uns unannehmbar. Wir werden ihn aber in der Kommission zu korrigieren suchen. Ich kann mich auch nicht damit einverstanden erklären, daß für Inländer und Ausländer eine gleich hohe Strafe angedroht ist. Es ist doch viel berwerflicher, wenn die Spionage von Staatsangehörigen des eigenen Staates gusgeführt wird. Es ist eine urdeutsche Auffassung, daß man bei dem Verrat dem Moment der Treulosigkeit in entsprechender Weise Rechnung trägt. Diese Untreue gegen den eigenen Staat ist es, was als ganz besonders gemein bei dem Verbrechen erscheint. Auch das deutsche Recht hat an dieser Auffassung festgehalten, und ich bedauere sehr, daß diese Verschiedenheit in der Wertung in unserem gegen— wärtigen Gesetze absolut verschwunden ist. Sie ist allerdings aus 52 verschwunden, deren Berechtigung ich nicht leugnen kann, aber doch in einer Weise, die nicht ohne Bedenken ist. Wir haben seinerzelt in der Strafprozeßkommission einstimmig be⸗ schlossen, daß die, beiden Strafsengte des Reichsgerichts vereinigt werden sollten. Aber auch bei der Behandlung dieses Gesetzentmwurfetz, in dem die Entscheidung dieser Fälle lediglich durch das Reichs-
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zericht vorgesehen ist, möchte ich wieder dich rage zurückkommen und ich hoffe, daß sie in der ö , . 365 Meine . reunde sind einverstanden mit der e n ö? = Gesetzentwurfes an die Kommission. Wir werden dort die . Bedenken, die einstweilen in den einzelnen Bestimmungen hc . zeistreuen suchen, Allerdings das Bedenken wird nicht beseitigt weiß önnen, das in der Kollisien des Rechtes des einzelnen und den Ge⸗ samtheit gegeben ist. ; Abg. Holtsch ke sdkons . Dieser Gesetzentwurf ist zweifellos ein dringendes Bedürfnis im Interesse der Ext tenz unseres Staqteg aber bei seiner Tragweite müssen wir ihn sorgfältig prüfen, ehe win unsere Zustimmung geben. Der Gesetzentwurf kommt den Wünschen nach und bietet eine genügende Unterlage für unsere Beratung. Ich nehme an, daß das Haus dem Antrag, den Gesetzentwurf einer Koöm= mission zu überweisen, nachkommen wird. Dort wird Gelegenheit sein, die Einzelheiten zu besprechen und zu prüfen, wieweit die Be⸗ denken berechtigt sind. Die Definition des Begriffes des militärischen Geheimnisses im 1 erscheint ganz annehmbar, aber man muß sich doch in die Lage des Richters versetzen, der entscheiden soll, ob ein militäri⸗ sches Geheimnis vorliegt oder nicht. Der Gerichtshof wird die Sach⸗ verständigen fragen; sind sie einig, so ist es ja nicht schwer zu ent. scheiden, widersprechen sie sich aber, dann fragt es sich doch, ob diese Definition hier genügt, oder ob es nicht nötig fein wird, weitere Merk⸗ male für die Entscheidung des Gerichts zu geben. In welcher Weise das zu geschehen hat, wird in der k zu prüfen sein. Gelingt es, den Begriff des militärischen Geheimnisses besser zu entscheiden so wird darin eine wesentliche Verbesserung des Gesetzes ö. Gegen den z 9. der der eigentliche Stein des Anstoßes geworden ift, hat sich in Sonderheit die Presse, und zwar die Zeitungen aller politischen Rich- tungen, mit seltener Einmütigkeit, besonders auch die konservativen Heitungen, ausgesprochen, ebenso die Organisationen der Presse; man befürchtet, daß der 5 9 es unmöglich machen wird, eine berechtigte Kritik an militärischen Einrichtungen zu üben. Trifft diese Anschau— üng zu, so muß der 9 in dieser Fassung zweifellos abgelehnt werden. Auch meine Freunde meinen, daß der eg, wie er vorliegt, nicht an⸗ nehmbar sein wird. Der Kriegsminister und der Staatssekretär des Reichsjustizamts haben die Befürchtungen zu widersegen gesucht, und auch nach meiner Meinung sind diese Befürchtungen der Presse etwas übertrieben. Es muß ein gewisses Verschulden nach den besonderen Verhältnissen als Vorgussetzung für die Bestrafung vorliegen. Trotz⸗ dem läßt sich nicht bestreiten, daß die dehnbare Bestimmung des § 9 eine außerordentliche Unsicherheit der Presse herbeiführt, denn es ist in das. subjektive Ermessen des Gerichts gestellt, den Begriff der Fahr— lässigkeit und des Geheimnisses festzustellen, und da ist es erklaͤrlich, daß die Interessenten dagegen Front gemacht haben. Meine Freunde wollen mitarbeiten, eine Fassung zu suchen, die den Wünschen der Presse gerecht wird und dabei die Inkeressen der Landesverteidigung nicht schädigt. Nach 5 19 der Vorlage soll das Reichsgericht enk' scheiden; wir schließen uns dem Wunsche des Vorredners an, daß die Entscheidung nicht den beiden Senaten, sondern nur dem einen über— tragen wird. Das Reichsgericht gibt volle Gewähr, daß die Spionage— prozesse objektiv dem deutschen Rechtsempfinden gemäß ensschieden werden. Wir hoffen, daß die Vorlage bald Gesetz werde, damit die Interessen des Landes geschützt werden. Ich schließe mich dem Antrage auf Kommissionsberatung an.
Abg. Dr. von Liszt kfortschr. Volksp): Meine politischen Freunde stehen der Vorlage mit ruhiger Sachlichkeit gegenüber. Wir werden in der Kommission mitarbeiten und unsere Stellung davon abhängig machen, ob in der Kommission der Nachweis für die Rot— wendigkeit erbracht wird. Dieser Nachweis müßte freilich etwas Über— zeugender ausfallen, als die Begründung der Herren Regierungsver— treter, die wir heute gehört haben. Wir müssen jedoch an dieser Stelle schon in der ersten Lesung betonen, daß nach unserer Auffassung die Spionage nur eine Begleiterscheinung und Folge der ewigen Rüstungs— verstärkungen ist. Wir legen Gewicht darauf, zu betonen, daß durch Strafandrohungen gegen die Spionage nichts, aber auch gar nichts erreicht werden kann. Es ist nicht die Strafe, die abschreckt, sondern die Wahrscheinlichkeit, festgenommen zu werden. Die Sicherheit gegen das Stehlen war in England auch nicht größer, es ist vielleicht niemals mehr in England gestohlen worden als in der Zeit, da jeder Pferde dieb gehängt wurde. Durch Geldstrafe wird sich auch niemand wirklich abschrecken lassen, denn der Spion rechnet eben nicht damit, daß er festgenommen wird und die Strafe verbüßen muß. Wenn wir krotz dieser Ueberzeugung dennoch an die Beratung des Gesetzes herangehen, wenn wir nicht bedingungslos ablehnen, so geschieht das — wenigstens für meine Person — in der Ueberzeugüng, daß ein solches verschärftes Gesetz eine Mahnung sein wird, nicht an die Spione, sondern eine Mahnung an diejenigen, die diese Spione ausschicken, eine Mahnung an die Regierungen, die sich der Spione bedienen. Wir müssen fest' stellen, daß gewisse Bestimmungen unannehmbar sind, und damit be— finden wir uns in Einklang mit allen Fraktionen, deren Vertreter bis jetzt gesprochen haben. Absolut unannehmbar für meine politischen Freunde ist der 5 1 in der Fassung, wie er heute uns vorgeschlagen wird. Heute schon weiß kein Hinsck was ein militärisches Geheimnis ist. Wer die Rechtsprechung, die Literatur über diese Frage verfolgt, der weiß, daß bis heute niemand, auch das Reichsgericht nicht, imstande ist, eine einigermaßen klare Definition hierfür zu geben. Wer näher zugesehen hat, weiß, daß manchmal auch für die Sachverständigen der Begriff des militärischen Geheimnisses ein Geheimnis ist. Es ist einem militärischen Sachverständigen passiert, daß er den Inhalteines vor liegenden Originals eines „Kornwalzers“ für geheim, aber die Abhschrift, die genau, mit Datum usw., mit dem Original übereinstimmte, nicht für geheim zu halten erklärte. Der Begriff der „Nachricht“ ist, darauf ist auch von unserer Seite schon im Jahre 1893 hingewiesen worden, ein außerordentlich dehnbarer, Es ist ja auch bereiks darauf hingewiesen worden, daß die ganze Tätigkeit des Flottenvereins und des Wehrver eins nichts anderes ist als ein fortgesetztes Vergehen gegen das neue Gesetz. Wenn beständig darauf hingewiesen wird, daß in der oder jener Befestigung Lücken vorhanden sind oder ähnliche Dinge besproöͤchen werden, so ist das ein . gegen das Spionagegesetz in der jetzt borgeschlagenen Fassung. Man will sogar die fahrlaäͤssige Mitteilung militärischer Geheimnisse als strasbaren Verrat kennzeichnen; ich bitte zu beachten, mit welch schwerem Wort das bezeichnet wird: Verrat! Bisher hat das Gesetz festgestellt, was ein militärisches Geheimnis ist; künftighin aber soll die oberste Militärbehörde bestimmen, was als militärisches Geheimnis anzusehen sei: es soll die Militärbehörde gestellt werden über den Richter. Künftig hat der Richter gar nichts zu tun. Auch das Reichsgericht hat abzudanken, sobald die Anordnung bon der Militärbehörde da ist. Woher soll denn nun noch irgendein einzelner Staatsbürger entnehmen, was als militärisches Geheimnis anzusehen ist? Ich weise darauf hin, daß im Mai dieses Jahres eine Zeitung militärische Dinge für geheim erklärt hat, die laͤngst in der Presse des Auslandes veröffentlicht waren. Wenn jetzt einer von uns sich einen Baedecker kauft, so begeht er nach diesem neuen Gesetz eine Ausspähung oder einen Verrat, denn da sehen wir, wo Brücken sind, wo Landungsstege angebracht sind, und wo die Chausseen für Auto mobile fahrbar sind. Unter diesen Umständen kann künftig einmal die ganze Geographie zu einem militärischen Geheimnis werden. Der zweite Absatz des 1 ist der . Punkt des ganzen Gesetzes. Er bedeutet einfach Abdankung des Gesetzgebers und Abdankung des Richters. Auch den 9 können wir in dieser Form nicht annehmen.
Gegen ihn hat sich die gesamte Presse ausgesprochen. Besonders durch
die Einführung des Begriffes der Fahrlässigkeit ist dieser ganze Para— graph ungnnehmbar. Das Gesetz will jetzt die Festungshaft abschaffen und für Spionage mindestens Gefängnis einführen. Man soll te aber vielleicht doch einen Unterschied machen zwischen den Spionen im eigenen Lande, für die keine Strafe zu hoch ist, und zwischen fremden Offizieren, die im Auftrage anderer handeln. Der Abg. . hat ja selbst hervorgehoben, daß das Urteil des Reichs—⸗ gerichts in Spionagesachen fremden Offizieren gegenüber dem Rechts⸗ empfinden des deutschen Volkes entsprochen habe. Aber gerade infolge der Verurteilung der englischen Gentlemenspione ist in der konserba— tiven Presse der Ruf nach einer 6 der Strafe erhoben worden, Hoffentlich dringt et der Abg. Holtschke bei seinen Parteifreunden mit seiner Meinung durch. Unyerstäͤndlich ist es mir aüch, wie man Aus⸗ länder wegen Spionage im Auslande bei uns bestrafen will. Mir und
menen . Freunden kommt es so vor als ob gerade nach den Greignissen der letzten gi mehr als je die Notwendigkeit vorhanden wäre, die freiheitlich Bewegung des Staatsbürgers gegenüber . riffen und Uebergriffen der Militärgewalt zu stützen, deren Han ungen mit dem sittlichen Empfinden und dem Rechtsbewußtsein des . oft in Widerspruch stehen. Wir gehen in die , hin⸗ ein mit dem festen Entschluß, allen Bestimmungen des Entwurfs ent—⸗
egenzutreten, die bezwecken nicht sowohl den Schutz des Deutschen Reiches, sondern den Schutz der Militärberwaltung und ihrer etwaigen verfehlten Anordnungen.
Abg. Mertin⸗Oels (Rp.): Der Abg. Stadthagen hat hervor— gehoben, daß die Strafbestimmungen des vorliegenden Gesetzes be— sonders scharf seien. Er hat sich auf das Ausland berufen, wo man dabei viel milder sein soll. Er braucht sich aber nur das englische Ge— setz anzusehen, um zu finden, daß nicht nur die Spionage in Festungen oder ähnlichen Anlagen bestraft wird, sondern daß auch schon der Auf⸗ enthalt in deren Nähe genügt. Gerade die Bestimmungen des englischen Gesetzes sind ganz besonders kautschukartig und laffen alles andere hinter sich. Es ist ja einigen Vortednern geglückt, an einer Reihe von Beispielen den gesetzgeberischen Gedanken des Begriffes der Nachrichten zu einer gewissen Absurdität zu gestalten. Es lassen sich aber doch auch andere Fälle denken, wo es absurd erscheint, daß man die eine Art der Verbreitung von Nachrichten freiläßt und die andere bestraft, Sehen wir uns die fremde Gesetzgebung in diefer Beziehung an, so finden wir ganz ähnliche Bestimmungen, in denen der militärische Wert der Nachrichten von der obersten Militärbehörde festgesetzt wird. Als eine wesentliche Verbesserung des Gesetzes sehen wir die Ver— schärfung der Strafen an, auch den Ersatz der Festungsstrafe durch Ge⸗ fängnis. In dem Falle der englischen Offiziere, den der Vorredner erwähnt hat, hat man es im Volke nicht verstanden, daß diese wegen schweren Delikts verurteilten Herren ihre Strafe in Kavalierhaft haben abbüßen dürfen. S 8 gefällt mir am allerwenigsten, er ist ein gewisses Sprachungeheuer. Wenn es darin heißt: Wer vorsätzlich in einer Festung, einem Reichskriegshafen oder einer anderen militärischen An— lage, auf einem Schiffe der Kaiserlichen Marine oder innerhalb der deutschen Hoheitsgewässer gegenüber einer Behörde, einm Beamten oder einer Militärperson eine unrichtige Angabe über feinen Namen, seinen Stand, sein Gewerbe, seinen Wohnort oder seine Staatsan— gehörigkeit macht, wird, wenn nicht nach den Umständen die Annahme ausgeschlossen ist, daß der Aufenthalt an dem Orte oder die unrichtige Angabe mit landesverräterischen Zwecken zusammenhängt, mit Ge— fängnis oder Festungshaft bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 1090 „ bestraft, so halte ich die in dem Konditionalsatze fest⸗ gestellte Ausnahme für vollkommen überflüssig. Was den vielum— strittenen 8 9 betrifft, so will ich, um die Einigkeit der Herren nicht zu stören, bon vornherein erklären, daß er mir in der Form, wie er porliegt, auch nicht zusagt. Er kann gewiß zu theoretischen Befürch⸗— tungen und Härten führen. Solche Befürchtungen sind namentlich er— hohen worden in bezug auf die Bestimmung, daß jemand, der fahr— lässig ein militärisches Geheimnis in die Oeffentlichkeit gelangen läßt, das ihm kraft seines Amtes, Berufes oder Gewerbes oder von amtlicher Seite erteilten Auftrages zugänglich war, mit Strafe bedroht wird. Anderseits wird man zugeben müssen, daß, wie die Dinge jetzt liegen, durch die Ausdehnung der Aufgaben des Heeres und der Marine die Gefahr des Verrates militärischer Geheimnisse in den militärtech— nischen Anstalten usw. bedeutend gewachsen ist. Auch wir sind der Meinung, daß in solchen Dingen die Gesamtinteressen den Interessen der einzelnen unbedingt vorgehen müssen. Was die Befürchtungen der militärischen Schriftsteller betrifft, so sind diese insofern unbegründet, als der Entwurf im wesentlichen nichts anderes will als das alte Ge— setz, Ueber die Befürchtungen einer dritten Gruppe, der Tagespresse, wird man sich vielleicht in der Kommission noch näher unterhalten. Leider können wir daran nicht mitarbeiten. Jedenfalls liegen Uebelstände auf diesem Gebiete vor. Die Sensationspresse hat eine geradezu krankhafte Sucht nach dem Schnelligkeitsrekord, und das hat zweifellos vielfach dazu beigetragen, die Interessen der Landes—⸗ verteidigung zu gefährden. Niemand wird bestreiten, daß die unge⸗ schickte und frivole Behandlung mancher militärischer Rachrichten durch eine gewisse Tagespresse großen Schaden angerichtet hat. Die Vor— aussetzung entsprechender Gegenmaßregeln ist natürlich das Vor— handensein einer bestimmten Stelle, die Auskunft erteilen kann, in— wieweit es sich um ein militärisches Geheimnis handelt. Eine solche Auskunftsstelle besteht beim Reichsmarineamt schon seit längerer Zeit. Es wird, doch möglich sein, die Presse zu zwingen, in denjenigen Fallen, wo Zweifel darüber bestehen, ob eine Sache mitteilbar ist oder nicht, sich zu erkundigen. Im übrigen erkennen wir durchaus an, daß es ganz undenkbar ist, die Oeffentlichkeit von der Teilnahme an militä— rischen. Dingen auszuschließen. Wir sind froh darüber, daß das Volk ein steigendes Interesse für die Armee gewonnen hat, und wir werden die letzten sein, die es daran hindern. Ich möchte mit einer Anregung schließen, die sich im Gesetz nicht findet. Rußland hat im S 13 seines Strafgesetzbuches von 1903 die Bestimmung: Wer ohne gehörige Er⸗ laubnis auf einem Flugzeug über einen russischen befestigten Platz innerhalb des Festungsrayons, oder aber über solche Rayons fliegt, deren Ueberfliegen von der zuständigen Behörde untersagt ist, wird mit Gefängnis bestraft usw. Der Fall des französischen Fliegers Védrines läßt es angezeigt erscheinen, eine solche Bestimmung auch in unser Gesetz aufzunehmen. Wir alle haben das allergrößte Interesse daran, im Interesse der Landesverteidigung etwas Posilives zu schaffen.
Abg. Cohen⸗Reuß (Soz.): Was für ein eigentümlicher Mensch ist doch manchmal ein Staatssekretär! Vor zwei Jahren noch stand der Staatssekretär Dr. Lisco den Anregungen auf Erweiterung des Spionagegesetzes mit vollendeter Gleichgültigkeit gegenüber; heute ver⸗ tritt er vor uns diese Erweiterung. Daraus kann man auch schließen, wie problematisch es um die Begründung diefer Anforderung bestellt ist. Der Stgatssekretär hat behauptet, es gäbe tatfächlich noch eine Reihe von Straftaten, die mit dem Spionagegesetz nicht zu fassen wären; es steht aber unzweifelhaft fest, daß es keine Straftat gibt, die nicht mit irgendeinem anderen deutschen Strafgesetz⸗ gefaßt werden könnte. Der Abg. Mertin hat gegen den Abg. Stadthagen geltend gemacht, daß das neue englische Spionagegesetz noch weiter geht als der vorliegende Entwurf. Der Abg. Mertin übersieht aber völlig, daß im englischen Gesetz durchweg der Nachweis der verbrecherischen Absicht gefordert wird. Mit dem neuen Gesetz würde auch die Veröffent— lichung von Aufklärungsschriften über Manöver und militärische Dinge überhaupt verhindert werden und ganz gewiß dann verhindert werden, wenn die Schriften Schwächen der Heeresleitung aufdecken. Der Generalleutnant Rohne hat in seiner schon erwähnten Schrift auf das schlagendste die Rückständigkeit der heutigen deutschen Artillerie nach⸗ gewiesen; die Möglichkeit einer derartigen Kritik wäre in Zukunft FJänzlich ausgeschlossen, wenn der Entwurf Gesetz wird. Sind Miß⸗ hräuche militärischer Geheimnisse wirklich vorgekommen, so trifft die Schuld dafür ausschließlich die sogenannten nationalen Parteien und ihre Presse. Jede Mitteilung an die Oeffentlichkeit über Mißstände im Heere kann verhindert werden, wenn die Militärverwaltung von dem F 1 des Gesetzes Gebrauch machen will. Die sozialdemokratische Presse kann und wird niemals auf die Kritik von Zuständen im Heere, die ihr der Kritik bedürftig erscheinen, verzichten und wenn noch so hohe Strafen gesetzlich darauf gelegt werden. Der Reichstag hat andere Aufgaben, als solche maßlosen Ansprüche des Militarismus zu erfüllen, wenn sie auch von dem weltfremden Manne unterstützt wer⸗ den, der merkwürdigerweise heute deutscher Reichskanzler ist. Der Entwurf stellt lediglich ein Ausnahmegesetz gegen die Presse und ganz besonders gegen die oppositionelle Presse dar. Dieser soll die Bericht erstattung über militärische Dinge überhaupt genommen werden. Soll dielleicht das Interesse des „deutschen Volkes in Waffen“ ausschließlich durch eine Preffe hom Scherlschen Typus vertreten werden? Auch die beute reaktionäre Presse kann sehr, wohl in die Lage kommen, einmal Fpposition zu machen; ich nenne in diesem Zusammenhange nur den amen des Reitergenerals von Bernhardi und sein Buch über den mächsten Krieg. Die Verschwommenheit des 5 des militäri⸗ cen Geheimnisses ist ö. roß daß ein Abgeordneter hier z. B. einmal den Sto seufzer ausgestoßen hat, daß zuweilen Dinge als geheimzu⸗ baltende bezelchnel werden, die man in jedem militärischen Handbuch hachlesen kann. Ueber unsere Luftschiffe bringen ja unsere Zeitungen
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immer die ausführlichsten Berichte, während allerdings in diesen Dingen die englische Presse viel zurückhaltender ist. Die Fahrrinne an den Haseneingangen wird als militärisches Geheimnis betrachtet; wenn Aber ein Schiffer dort auf Grund gerät, so wird er bestraft, weil er das hätte wissen müssen, was die Militärverwaltur 8 geheimhalten will. Ich habe die Ueberzeugung, daß das Gesetz durch diefe Bestim⸗ mungen gergzezu einen gemeingefährlichen Charakter hat. Das ist ein überteizter Militarismus, der mitten im tiefsten Frieden über ganz Deutschland den Belagerungszustand derhängen zu müssen glaubt. Man kagt nicht, an das heranzuge hen, was das wichtigste ist, wenn wir die nläterei beseitigen wollen, an die Verstaatlichung des deutschen Rüstungswesens. Auf geschäftlichem Wege werden jahraus jahrein wichtige Geheimnisse verraten und wichtige, Konstruktionen werden an das Ausland verkauft. So hieß es vor einiger Zeit, die englische Re⸗ gierung habe in Bitterfeld drei Luftschiffe vom Typ des Parseval be⸗ stellt. Das wurde berichtigt, und es stellte sich heraus, daß die Bitter⸗ felder Firma die Konstruktionen und Patente, die geschützt sind, der englischen Firma Vickers and Son übertragen hat. Es ist allerdings für die deutsche Jugend, die einmal bei einem künftigen Kriege wird ins Gras beißen müssen, ein sehr zweifelhafter Trost, wenn sie weiß, daß die Wunden, die ihr geschlagen werden, deshalb so schwer sind, weil der Gegner die besten Einrichtungen vom Vaterlande über⸗ nommen hat. Es ist nicht zu umgehen, daß man mit einigen Worten in diesem Zusammenhange auf die Preisgabe der militärischen Geheim⸗ nisse eingeht, die jetzt durch den Kruppprozeß ans Tageslicht gekommen sind, Dinge, die geheimgehalten werden sollten, sind jedenfalls verraten worden; wir wollen nur hoffen, daß keine schwerwiegenden Geheim— nisse preisgegeben worden sind, aber ganz genau weiß das niemand hier in diesem Saale, Und dabei tut nun die ganze deutsche Presse, als ob nicht wirklich Schlimmes passiert wäre, mit alleiniger Ausnahme der „Frankfurter Zeitung“. Aber wie sah es aus, als vor einiger Zeit nach einem Strafgesetzbuchparagraphen gerufen wurde, der das Schmiergelderunwesen bekämpfen sollte. Da ging es freilich nur gegen die Angestellten. Aber wenn, der große Krupp schmiert, dann sieht die Sache gleich anders aus. Die Töne, in denen man damals forfissimo die Bestrafung von Angestellten forderte, haben sich jetzt zu dem schönen Leitmotiv „Pupypchen, mein süßes, Puppchen' gewandelt. So wird mit berschiedenem Maße gemessen. Die Spionage ist eine der abstoßendsten und widerlichsten Erscheinungen der jetzigen Zeit. Sie ist eine allge⸗ meine Zersetzungserscheinung. Aber man müilßte sich wundern, wenn es in den Zeiten der Herrschaft des Kapitals anders wäre. Durch dieses Gesetz werden die Spione nicht abnehmen, sie werden nur teurer werden. Die Spionage ist auch eine Folge der militaristischen Entwick⸗ lung des Staates. Anstatt daß er die höchste Autorität auf dem Ge⸗ biete der Sittlichkeit sein sollte, bedient er sich der Spione. Gerade die preußische Regierung hat diese Methode am meisten ausgebildet, noch besser als die echt russischen Leute. Daß die Spionage nicht vor dem Offizierkorps Halt cht, zeigt der Fall Redl. Der Kriegs⸗ dem. Bfsizierkorps Halt macht, zeigt der Fall Redl. Der Kriegs
minister meinte, man müsse alle Chancen zum Siege ausnutzen. Man kann aber mit den drakonischsten Strafbestimmungen und mit dem größten Heere nicht siegen, wenn der lebendige Staatsgedanke im Volke fehlt. Dieser Gedanke allein kann einem Staate auf die Dauer die Sicherheit garantieren. Er kann weder verkauft noch verraten, jedoch ruiniert werden von denen, die an der Macht sitzen. Von denjenigen, die heute herrschen, wird geradezu die seelische Voraussetzung. für eine Entwicklung eines solchen lebendigen Staatsgeistes unterdrückt. Es ist also kein Spionagegesetz nötig. Man braucht dem deutschen Volke nur die Freiheit und die Gleichberechtigung zu geben.
Preußischer Kriegsminister Generalleutnant von Falkenhayn:
Meine Herren! Von den Herren Vorrednern ist verschiedentlich auf die Heeresperwaltung und die Armee Bezug genommen worden in einer Weise, der ich nicht zustimmen kann. Trotzdem möchte ich es mir bei der Geschäftslage ersparen, hierauf näher einzugehen. Es handelt sich ja heute nach meiner Ansicht, wie ich dies schon in meinen ersten Worten dort vor dem Tisch des Hauses zum Ausdruck gebracht habe, gar nicht um die Armee oder die Heeresverwaltung, sondern es handelt sich um die Interessen des Reichs.
Nur eine oder zwei Bemerkungen des Herrn Abg. Cohen kann ich nicht unwidersprochen lassen. Er hat unter Berufung auf einen Militärschriftsteller, wenn ich ihn recht verstanden habe, gemeint, die deutsche Artillerie sei der Artillerie eines anderen Staates unterlegen. Ob die Berufung des Herrn Abgeordneten zutrifft, d. h. ob der Herr Militärschriftsteller eine derartige Behauptung in diesem Sinne auf⸗ gestellt hat, weiß ich nicht; das weiß ich aber ganz genau, daß diese Behauptung unzutreffend ist. (Sehr richtig! rechts Der Herr Abg. Cohen hat dann Schlüsse auf das Handeln des deutschen Offizierkorps in gewissen Lagen gezogen. Meine Herren, ich möchte ihm auf die Irrwege dieser Ausführungen nicht folgen, eine ganze Anzahl von Rück⸗ sichten halten mich davon ab. Das aber kann ich ihm versichern, daß das deutsche Offizierkorps in jeder Lage so handeln wird, wie es ihm die Ehre, die Pflicht befehlen. (Bravo! rechts — Hurra! bei den Soz.)
Abg. Goh en- Reuß. (Soz); Es ist mir nicht eingefallen, zu sagen, daß die deutsche Artillerie schlechter sei als die französische. Ich kann aber, dem Kriegsminister den Aufsgtz des Generalleutnants Rohne zur Verfügung stellen, und in dem steht das allerdings. Der Kriegs—
. U, nd in gs. Der. 9g minister hat zum Schluß mit großem Pathos gesagt, die Ehre des deutschen Offizierkorps stehe so hoch, daß sie ungntastbar sei, und das deutsche Offizierkorps würde zu jeder Zeit seine Pflicht und Schuldig— eu f . zeit Leine Pfli d Schuldig keit tun. Er redet an der Sache vorbei. Ich habe in Anknüpfung an den Fall Redl von den falschen Ehrbegriffen im österreichischen Offi⸗ zierkorps gesprochen, die dazu führen, daß die ganze Wahrheit nicht ans Licht kommt.
Damit schließt die Diskussion; die Vorlage wird einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen.
Schluß gegen 6 Uhr. Nächste Sitzung Donners⸗ tag 1 Uhr. (Erhöhung der Gebühren für Zeugen und Sach⸗ verständige; Vorlage über die Beschäftigung der Hilfsrichter beim Reichsgericht; Errichtung eines Kolonialgerichtshofs; Aenderung der Bestimmungen der Gewerbeordnung wegen der Wanderlager.)
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eines Ge⸗ setzes über die Wiederaufnahme eines Disziplinar⸗ verfahrens nebst Begründung zugegangen:
Artikel 1.
An Stelle des 8 117 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 in, der Fassung vom 18. Mai 1967 (Kei sgesetzbl. S. 245) treten folgende Vorschriften: ö
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Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftige Entscheidung ge— schlossenen Dissiplinarpverfahrens findet zugunsten des Verurtéllten J. ö auf Entfernung aus dem Amte erkannt worden ist und entweder
a. eine der im 5 399 der Strasprozeßordnung unter Nr. 1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen vorliegt, oder b. ein strafgerichtliches oder ziwllgerichtliches Urteil, auf welches
die Entscheidung gegründet ist, durch ein anderes rechtz⸗ kräftig gewordenes Urtell aufgehoben ist, oder
neue Tatsachen oder Beweiemitte! beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früheren Beweisen dartun, daß kein begründeter Verdacht eines die erkannte Strafe zechtfertigen den Dienstvergeheng mehr vorliegt.
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahren ist unzulässig, wenn der Verurteilte inzwischen eine strafgerichtliche Verurteilung er⸗ litten hat, die für einen Beamten den Verlufl des Amtes von selbst nach sich zieht.
§ 117a.
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftige Entscheidung ge⸗ schlossenen Disziplinarver fahreng findet zuungunsten des k den dem 5 402 der Strafprozeßordnung entsprechenden Fällen statt, sofern anzunehmen ist, daß in dem neuen Verfahren auf Dienst⸗ . . ö phj Die = ist nur während (nes Zeitraums von fünf Jahren von der Rechtskraft der früheren Entscheidung ab zulaͤssig. d ̃ 6
§ 1176.
Für das Wiederaufnahmever sahren ist die Disziplinarkammer, die in dem früheren Verfahren entschieden hat, zuständig, auch wenn elne Entscheidung des Disziplingrhofes angefochten wird.
Die oberste Reichsbehörde ernennt den Beamten, der im Taufe des Wiederaufnahmeverfahreng die Verrichtungen der Staatsanwalt⸗ schaft wahrzunehmen hat.
Auf das Verfahren finden die Vorschriften des § 400 Abs. 1, der 8§ 491, 404, 406, 4638, des z 409 Abf. 1, 4 und der S§ 410, 413 der Strasprozeßordnung entsprechende Anwendung.
S 1172.
Eine die Dienstentlassung aussprechende Entscheidung ist aufrecht
zu erhalten, wenn der Verurteilte sich anderwelt eines Verhaltens schuldig gemacht hat, durch das ein Beamter die Strafe der Dienst⸗ entlassung verwirkt. Wird der Verurteilte eines solchen Verhaltens beschuldigt, so sind vor der Erneuerung der mündlichen Verhandlung dem Antrag⸗ steller die Anschuldigungtpunkte in einer von dem Beamten der Staats anwaltschaft anzufertigenden Schrift unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung mitzutellen. Dle Disziplinarkammer beauftragt erforderlichenfalls mit der Aufnahme der angetretenen Beweise eines ihrer Mitglieder. Nach Schluß der Beweisaufnahme sind der Beamte der Staatßanwaltschaft und der Antragsteller unter Bestimmung einer Frist zur ferneren Erklärung aufzufordern.
. S 117d. Ist der Verurteilte bereits verstorben und nach dem Ergebnis der
erneuten mündlichen Verhandlung die frühere Entscheidun nicht aufrecht zu erhalten, so ist diese aufzuheben. ? sch ; ö.
§ 117.
Der Beschluß der Disziplinarkammer, durch den ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahreng als unzulässig verworfen ober als ß zurückgewiesen wird, kann mit der Beschwerde angefochten
erden.
Die Beschwerde ist binnen einer Woche nach der Zustellung der Entscheidung bel der Distiplinartammer einzulegen. 6 . bei dem Disziplinarhofe genügt zur Wahrung der Frist. Von dem Verurteilten und den im 5 461 Abs. 2 der Strafprozeßordnung be⸗ zeichneten Personen kann sie nur in der im § 406 Abs. 2 der Straf⸗ Frozeßgrdnung vorgeschriebenen Form angebracht werden. Die Disziplinarkammer hat die Beschwerde alsbald dem Disziplinarhofe vorzulegen. Die Vorschriften der S5 350, 351 der Strafprozeß⸗ ordnung finden entsprechende Anwendung.
ö. te von der Vißziplinar kammer auf Grund einer erneuten mündlichen Verhandlung erlassene Entscheidung kann nach den Vor⸗ schriften der 85 110 bis 116 mit der Berufung angefochten werden.
S 117f.
Wird ein zur Dienstentlassung verurteilter Beamter im Wieder⸗ aufnahmeverfahren freigesprochen oder mit einer geringeren Disziplinar⸗ strafe belegt, so erhält er von der Rechtskraft der aufgehobenen Ent⸗ scheidung ab die Stellung und dle Bezüge eines einstweilig in den Ruhestand versetzten Beamten. Die S6 29, 30 finden für die Zeit zwischen den beiden Entscheidungen keine Anwendung.
S§ 117g. Wird die Entscheldung nach dem Tode des entlassenen Beamten aufgehoben (6 1 7d), so haben die Hinterbliebenen von feinem Tode ab Anspruch auf die gesetzliche Hinterbliebenenversorgung.
§ 117h.
Ist ein Beamter von einem ordentlichen Gerichte zu einer Strafe, die den Verlust des von ihm bekleideten Amtes ö Rechts wegen zur Folge haise, verurteilt und sodann im Wiederaufnahme bersahren freigesprochen oder in Anwendung eines milderen Straf⸗ gesetzes mit einer geringeren Strafe belegt worden, welche die be⸗ zeichnete Folge nicht hat, so treten die in den SS 1176, 1179 be⸗ zeichneten Wirkungen ein, es sei denn, daß er entweder
I) inzwischen eine strafgerichtliche Verurteilung erlitten hat, die für einen Beamten den Verlust des Amtes von selbst nach sich zieht, oder
Y)sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, durch das ein Bamter die Strafe der Dienstentlassung verwirkt.
Dies gilt auch, wenn von einem Militärgerichte auf eine Strafe der im Absatz 1 bezeichneten Art oder auf die Strafe des Amtsverlustes erkannt worden war.
Ueber das Porliegen der im Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Voraus- Ptzungen entscheidet die oberste Reichsbehörde. Gegen ihre Entscheidung können die durch sie Betroffenen binnen 4 Wochen in der im 406 Abs. 2 der Strafprojeßordnung vorgeschriebenen Form Einwendungen erheben. Erachtet die oberste Reichs bebörde diese Einwendungen für unbegründet, so hat sie eine Entscheidung der Disziplinarbebörden herbeizuführen. Diese Entscheidung ist unter Beobachtung derjenigen Formen zu erlassen, welche für das förmliche Diszipligarverfahren vor- geschrieben sind. Zuständi ist in erster Instanz die Disziplinar⸗ kammer, die zur Zeit der Dienstentlassung für das förmliche Disziplinar⸗ verfahren zuständig gewesen wäre.
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Steht dem Beamten oder seinen Hinterbliebenen auf Grund des Gesetzes, betreffend die Entschädigung der im Wiederaufnabmeverfabren freiges proche nen Personen, vom 20. Mai 1898 Reichsgesetzbl. S. 345) ein Entschädigungsanspruch gegen die Kasse eines Bundesstaats zu, so geht dieser Anspruch auf den Reichs fis kus über, soweit der dem Beamten oder seinen Hinterbliebenen erwachsene Schaden durch die von der Reichskasse gezahlten Beträge ausgeglichen wird.
§ 117.
Wird ein zur Strafversetzung verurteilter Beamter im Wieder aufnahmeverfahren freigesprochen oder mit einer eringeren Disziplinar⸗ strafe belegt, so sind ihm die Beträge, um die r Diensteinkommen auf Grund der aufgehobenen Entscheidung gemindert worden ist, oder die auf Grund dieser Entscheidung eingezogene Geldstrafe zu erstatten.
Artikel II.
Bei Anwendung des Artikel 1 auf das Disziplinar verfahren nach dem Gesetze, betreffend die Dienstvergeben der richterlichen Militẽr⸗ iustizbeamten usw., vom 1. Dezember 1898 Reichs gesetzbl. S. 1297) sinden an Stelle der im Artikel 1 angeführten estimmungen der Strafprozeßordnung die entsprechenden Bestimmungen der Militär⸗ strafgerichtsordnung sinngemäße Anwendung.
Artikel III.
Die Wiederaufnahme eines vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch rechtskräft ge Entscheldung geschlossenen Disziplinarversahreng ist nach Maßgabe der Vorschriften des Artikel J zulasfig.