Im Königlichen Opernhause findet morgen, Diengtag, eine Aufführung der Walküre“ statt. Die Besetzung lautet: Frau Deffler. Burckard: Beünnhilde; Frau Hafgren⸗Waag: Sieglinde; tau Goetze: Fricka; Herr Kraus: Siegmund; Herr Bischoff: otan; Heir Knüpfer: Hunding. Die musikalische Leitung hat der Kapellmeister v. Strauß. (Anfang 7 Uhr) ö. Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Heyses Schauspiel 236 Lange“ aufgeführt. Die Hauptrollen spielen die Herren Dr. Pohl. Dr. Krauß, Vollmer, Vallentin, Leffler, Zimmerer und die Damen Poppe, Butze und Heisler.
Mannigfaltiges Berlin, 1. Dezember 1913.
Der dritte christlich⸗nattonale Arbeiterkongreß wurde, wie ‚W. T. B. berichtet, gestern mittag im großen Saale des Lehrervereinshauses unter überaus zahlreicher Betei. ligung eröffnet. Es waren etwa 100 Abgesandte aus allen Teilen des Reiches anwesend, die etwa 14 Million Arbeiter beziehungsweise Angestellte vertreten. Im Auf trage des Reichskanzlers und des Staatssekretärs des Reichsamts des Innern war der Geheime Regierungsrat Siefart, im Auftrage des preußischen Mintsters für Handel und Gewerbe der Geheime Ober—⸗ regierungsrat Neumann erschienen. . waren anwesend die Staats münister Dr. Graf von Pofadowsky⸗Wehner und Freiherr von Berleysch sowie eine Reihe Vertreter der deutsch⸗konservativen, der Reichs⸗ beziehungsweise freikonserpativen Partei, des Zentrums,. der wirtschaftlichen Vereinigung, der nationalliberalen Partel, der Direktor des Vereins für das katholische Deutschland Abgeordneter Vr. Pieper sowie Vertreter volkswirtschaftlicher und religiöser Vereine. Der Abg. Behreng-⸗Essen eröffnete die Versammlung mit einer Begrüßungsansprache und schloß mit elnem dreifachen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König. Es wurde be— schlossen, ein Huldigungstelegramm an Allerhöchstdenselben zu senden, auf das inzwischen aus Donaueschingen ein Danktelegramm Seiner Majestät eingetroffen ist. Der Geheime Regierungsrat Sie fart begrüßte den Kongreß im Auftrage des Reichskanzlers, des Staatssekretärs des Reichsamts des Innern und gleichzeitig im Auftrage des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe und führte u. a. aus, die Reichsregierung bringe den Verhandlungen leb— hafte Anteilnahme entgegen und werde dle Ergebnisse der Erörterungen einer sorgfältigen Prüfung unterziehen. Möge den Verhandlungen be— schieden sein, wirksam beizutragen zur Lösung der schweren, aher hohen Aufgabe zur Hebung der wirtschaftlichen und soziglen Verhältnisse der Arbeiterschaft im Einklang mit der notwendigen Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der anderen Stände und vor allem mit dem Wohle der Gesamtheit. In diesem Sinne wünsche die Reichsleitung dem Kongreß einen gedeihlichen Verlauf. Hieran schlossen sich weltere Begrüßungeansprachen. Sodann wurden nach Erstattung des Ge⸗ schäftsberichts die Verhandlungen auf heute vertagt.
In der vierten Verwaltungsausschußsitzung des Kuratoriums der Nationalflugspende wurde, wie W. T. B.“ berichtet, beschlossen, in Anerkennung der unerwartet großen Leistungen der Zivil und Militärflieger in dem Wettkampf um die von der Nationalflugspende ausgesetzten Preise für Fernflüge sämt⸗ liche Preise zu verteilen. Nach dem bisher festgestellten Ergebnis kommen die Flüge n folgender Reihenfolge in Frage: 2078 km V. Stoeffler, Aviatlk, Mülhausen, 100 900 „; 1506 km Schlegel, Waggonfabrik Gotha, 60 000 Se; 1371 km Thelen, Albatros, Johannisthal, 50 000 M; 1228 lem Oberleutnant Kastner, Militärverwaltung, 40 000 ƽ ; 1175 km Stiefvater, Jeannin, Johannisthal, 25 000 Æ ; 1157 km Leutnant Geyer, Mllitärverwaltung, 15 000 M; 1115 km Caspar, Waggonfabrik Gotha, 10 000 „. Die Preisverteilung wird nach endgültiger Feststellung der genauen Entfernungen in feierlicher Si gz des Kuratoriums der Nationalflugspende am 18. Dezember 1913, zu der auch Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen sein Erscheinen zugesagt hat, erfolgen. Etwaige Erinnerungen gegen dle bisherigen Festsetzungen werden von der Geschäftsstelle der National flugspende, Berlin, Kronenstraße 61 63, bis zum 5. Dezember 1913 entgegengenommen.
Der Verein für n Kunstgewerhe in Berlin erläßt ein Preisausschreiben für Kleinmöbel, wie man sie zur Er änzitng vorhandener Wohnungseinrichtungen gebraucht, also zum Ke ed Servanten und Anrschteschränkchen, oder Teetische und Tee— wagen, oder Rauch- und Klubtische, Frisiertoiletten, Ziertische, Näh⸗ und. Arbeitgtische usp. Besonderer Wert wird auf Entwürfe zu ein- fachen Tischen gelegt. Ausgesetzt sind zwei erste Preise zu je 400 , drei zweite Preise zu je 200 M und vier dritte Preise zu je 100 , außerdem 24 Ankäufe zu je 50 M, sodaß im ganzen für Preise und Ankäufe 3000 Sc zur Verfügung stehen. Einsendungen müssen bis zum 19. Januar 1914 an den Verein für Deutsches Kunstgewerbe, Berlin W. 9, Bellevuestraße 3 (Künstlerhaus), der die Bedingungen kostenfrei abgibt, erfolgen.
„Die Aufgaben und Hoffaungen unserer Jugendbewegung und die Freldeutschen Jugendtage“ ist der Verhandlungsgegenstand, der am 6. d. M., Abends 7 Uhr, im Künstlerhaus in Berlin, Bellebuestr. 3/4 (am Potsdamer Pla ö. stattfindenden Hauptversammlung der Comenius⸗-Gesellschaft. Der Universitätsprofessor Dr. Paul Natorp (Marburg) hat das Referat übernommen, der Herausgeber des „Kunstwart‘ Dr. Ferdinand Avenarius wird als Mitbericht⸗ erstatter sprechen.
Danzig, 29. November. (W. T. B.) Auf der hiesigen Schichauwerft lief heute, Mittags 12 Uhr, der neue Große Kreuzer „Ersatz Kaiserin Augusta“ glücklich vom Stapel. Dem Stapellauf wohnten vier Familienangehörige der Familie von Lützow bei. Vom Reichsmarineamt waren erschienen als Vertreter des Staatssekretärs von Tirpltz der Vizeadmiral von Krosigk, ferner der Kapitän z. S. Löhlein, der Geheime Oberbaurat Bürkner und der Oberleutnant z. S. von Freudenreich. Dem Stapellauf wohnten auch die Spitzen der Danziger Militär und Zivilbehörden und der Kaiser—⸗ lichen Werft bei. Eine überaus zahlreiche Zuschauermenge hielt den Festplatz besetz-. Die Taufpaten, der Oberküchenmeister des Kaisers und Königs Graf von Pückler-⸗Rogau und die Gräfin von Pückler, wurden beim Betreten der Werft von deren Besitzer, dem Geheimen Kommerzienrat Ziese, empfangen und zur Taufkanzel geleitet. Der Graf von Pückler hielt die Taufrede, die Gräfin von Pückler zer— schellte eine Flasche Schaumwein am Bug des Schiffes und taufte es auf den Namen „ Lützow‘. Nach einem dreifachen Hurra auf Seine Majestät den Kaiser und König lief das Schiff unter den Klängen der Nationalhymne vom Stapel. Hieran schloß sich auf der Werft ein Frübstück, dem ein vom Reichsmarineamt im „Vanziger Hof“ ge⸗ gebenes Fest mahl folgte.
Zabern, den 29. November. Die bedauerlichen Aus⸗ schreitungen, der letzten Wochen haben sich am per— angenen Freitag wiederholt und dem Militär Anlaß zum Ein— n. geboten. Ueber die Vorqänge wird dem „W. T. B. von zuständiger Seite folgendes Tatsächliche mitgeteilt: Als am Freitag nach Beendigung der Turnstunde, die in der städtischen Turnhalle stattfand, die Offiziere sich nach Hause begaben, wurde von Zipvilisten hinter ihnen hergeschrieen. Die Offiziere ließen die Leute durch eine Streif⸗ wache festnehmen. Bei dieser Festnahme sammelte sich eine große Menge an, die den Offizieren folgte, und da kein Sicherheitsbeamter anwesend war, trat die Wache ins Gewehr und rückte auf den Schloßplatz vor der Kaserne. Milt Trommelwirbel wurde bekannt gegeben, daß die Straße sofort zu räumen sei, andernfalls würde von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden. Die Menge lief auseinander, nur vier bis fünf Schreier blieben an einem Laden stehen und wurden fest⸗ genommen. Da sich inzwischen wieder weitere Leute zu sammeln versuchten, wurde die Hauptstraße vor dem Schloßplatz durch dle Wache vollständig vom Volke geräumt. Mehrere Leute weigerten sich dabei, weiter zu gehen, und wurden festgenommen. Nachdem die Hauptstraße und der Schloßplatz geräumt waren, rückte die Wache wieder ein. Es wurden noch mehrfach Patrouillen ausgesandt, um die Hauptstraßen freizuhalten und den Offizieren, die nach Hause gehen wollten, die Möglichkeit zu bieten, Leute, die etwa wieder hinter ihnen herschrelen sollten, sofort festzunehmen. Im ganzen wurden 26 Per⸗ sonen sestgenommen. Gegen 9 Uhr Abends trat Ruhe ein. — Der Ge mein derat faßte am Tage darauf eine Entschließung, die
telegraphisch an den Reichskanzler, den Kaiserlichen Statthalter, den reußischen Kröegsminister und das Reichgtagspräsidium gesandt wurde.
n dieser Entschließung wird dagegen Einspruch erhoben, daß ruhige Bürger von einer Milltärpatroullle ohne Grund gewaltsam sestge⸗ nommen worden seien und trotz Einspruchs der Zivilbehörde die Nacht im Keller der Kaserne hätten zubringen müssen. Der Gemelnderat bltte dringend, sokort die nötigen Maßregeln zu ergreifen, um der Bürgerschaft den Schutz angedeihen zu lassen, auf den sie rechtlich An⸗ spruch hahe. Bei dem Buͤrgermeister sind darauf obiger Quelle zu⸗ folge nachstehende Antworten eingegangen:
Dortiges Telegramm vom 29. November nach General⸗ kommando Straßburg zur sofortigen Veranlassung , dem die Pflicht obliegt, Gesetzwidrigkeiten unbedingt zu verhindern.
Kriegsminister von Falkenhayn.
Das zweite Telegramm lautet:
Ich habe Ihr Telegramm erhalten und dem Kaiserlichen Statt⸗ halter mitgeteilt. Falls die eingeleltete strenge Unterfuchung Gesetz⸗ widrigkeiten ergibt, wird Abhilfe geschaffen werden.
Reichskanzler von Bethmann Hollweg. Vom Ministerium in Straßburg wurde zur Feststellung der Vorfälle der Geheime Regierunggrat Pauli als Untersuchungskommsssar entsandt. Außerdem wurden in Zabern zwölf Gendarmen zusammengezogen und einem auf Antrag des Kreisdirektors dorthin entsandten Polizei⸗ kommissar unterstellt, damit die Ruhe unter allen Umständen durch Kräfte der Zivilpolizei aufrechterhalten werden kann.
Paris, 29. November. (W. T. B.) Wie aus Epernon gemeldet wird, wurde heute nachmittag das Gebüsch, in das sich der entsprungene Tiger geflüchtet hatte, in Brand gesteckt. Der Leichnam des Tigers wurde alsbald unter dem veikohlten Ge⸗ strüpp gefunden. Der Tiger war offenbar schon vorher den ihm durch Flintenschüsse beigebrachten Wunden erlegen. (Vgl. Nr. 282 d. Bl.)
Se wastopol, 30. November. (W. T. B.) Der ungeschütz te Kreuzer Uralez“ ist heute auf der Fahrt von Jalta nach Sewastopol in der Nähe der Bucht Pestschanaja auf ein Riff aufgelaufen. Infolge eines drabtlosen Telegramms eilte der Kommandeur der Schwarzmeerflotte, Admiral Eberhardt, auf einem Torpedoboot an die Unfallstelle. Heftiger Nordwind und starke Brandung verhinderten die Entsendung der im Hafen befindlichen Rettungsapparate. Die Lage des Kreuzers gilt für kritisch. Seine Mannfchaft ist an Land gegangen. Ein Kutter des Kanonenbootes .Kubanez“, das zur Hilfe gesandt wurde, schlug bei einem Rettungeversuche um. Zwei Seeleute ertranken. Drei Matrosen werden vermißt. Angesichts der zunehmenden Bran— dung ist die Flottmachung des „‚Uralez“ vorläufig nicht möglich.
Rom, 29. November. (W. T. B.) Auf dem Bahnhofe Cececano (Provinz Rom) stieß heute abend infolge falscher Weichen⸗ stellung der Schnellzug Rom — Neapel mit einem Güterzug zusammen. Sechs Reisende drltter Klasse und der Weichen steller wurden getötet, ungefähr zwanzig Personen verwundet.
Christiani a, 30. November. (W. T. B.) Aug vielen Orten des Landes wird Sturm gemeldet. In der Nähe von Bergen ertranken in der vergangenen Nacht zwei Fährleute und drei Mann von der Besatzung des Dampfers „Bergensfjord“ beim Versuch, zum Dampfer hinauszurudern.
Panama, 29. November. (W. T. B) In dem Cucavacha⸗ erdrutsch ist eine neue Be wegung eingetreten. Der kürzlich erfolgte Durchstich durch den Erdrutsch ist wieder nahezu ver schüttet worden.
Tetuan, 29. November. (W. T. B.) Heute vormlttag ist zum ersten Male ein Militärdoppeldecker vom hiesigen Flugplätze nach Arzila geflogen. Die Flugzeit betrug 0 Minuten.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Theater.
Königliche Schauspiele. Dienstag: Fesang und Tanz in vier Opernhaus. 241. Abonnementgporstellung. n Die Walküre in rel Alten von imm lttwog nd folg Richard Wagner. Musikalische Leitung: z Herr Kapellmeister von Strauß. Regie: ole feind . Oberregisseur Droescher. Anfang
r. Schauspielhaus. 236. Abonnementsvor⸗ stellung. Hans Lange. Schauspiel in
vier Akten von Paul Heyse. In Szene Straße. Dlenstag, Abends 8 Uhr: esetzt von . Oberregisseur Patry. Die Kronbraut. Ein Märchenspiel in Orleans. Uhr. sechs Bildern von August Strindberg.
nfang 7
Mittwoch:; Opernhauß. 242. Abonne⸗Musik von August Enna. mentsvorstellung. (Gewöhnliche Preise.) Boheme. Szenen aus Henih Murgers Kronbraut. La Jie de Bohömer in vier Bildern bon G. Giacosa und L. Illica. Deutsch von Ludwig Hartmann. Musik von Giacomo Puccini. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 237. Abonnementsvor⸗-8 Uhr: Hinter Mauern. Schauspiel in spiel in drei Akten von Georg Engel. stellung. Die Rabensteinerin. Schau. vier Akten von Henri Nathansen. ; Mittwoch und folgende Tage: Hiuter heitere Residenz.
piel in vier Akten von Ernst von Wilden—
ruch. Anfang 7 Uhr. Mauern.
Allerhöchsten Befehl: Zwelte Vor⸗ Abends 8 UÜ
schaft: Dottor Klaus. Lustspiel in Aufzügen von Adolf L'Arronge. (Die
Eintrittskarten werden durch die Zentral . Der Biberpelz. . onnabend: Der zerbrochene Krug. Berelne, Fabriken uf. abgegeßen. Ein Vorher: Hanneles Himmelfahrt. ö
stelle für Volkswohlfahrt nur an Ärbeiter—
Verkauf an einzelne — statt.) Versonen sindet nicht
Lessingtheater.
Berliner Theater. Dienstag, Abends 8 Uhr: Wie einst im Mai. Posse mit theater.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Dienstag, Abends 8 Uhr: Die spanische 8 Uhr: Ginziger Klavierabend von
Sonnabend, Nachmittags 37 Uhr: Ein
Mittwoch, Freitag und Sonnabend: Dle
Denutsches Künstlertheater (So- Neues (nernthenter. (ro, ziert). (sMitnbergelste M Urgent, Reus Theater)
Sonntag, Nachmittags 25 Uhr: Auf dem is . Garten.)
Dienstag, Abends Zoologischer Garten.
Schillertheater. O. (Wallsner⸗
Cnstspielhaus. (Frledrichstraße 236)
Beethoven . Saal. Dienstag, Abends
Bildern von Jugendfreunde. Lustspiel in vier Akten Fliege. Schwank in drei Akten von Josef Lhéuinne.
von Ludwig Fulda.
Tage: Wie Mittwoch Wenn der neue Wein
Donnerstag: Heimg' funden. Charlottenburg. Dlenstag. Abends
Friedrich Schiller. Landsberger
Dentsches Schanspielhaus. Diret. straße 104 — 104.
Mittwoch und folgende Tage? Die Mittwoch
Montis Operettentheater. (Frůher: Dienstag, Abends
8 Uhr: Gastspiel Fritzi
Tehar. Mittwoch und folgende Tage: Die
Franz und Ernst Bach. J Mittwoch und folgende Tage: Die blůht. spanische Fliege.
Thaliatheater. (Direktion: Kren und Donnerstag: Die fünf Frankfurter. . Adolf Lanz. XW. 7, Friedrich. Schönfeld) Dienstag, Ahends 8 Uhr: , Diengtag, Abends Die Taugoprinzessin. Posse mit Ge⸗ 7 Uhr: Große Galavorstellung. — Komõdienhaus . Dienstag, Abends 8 Uhr: Die heitere Residenz. Lust— sang und Tanz in drei Akten von Jean Vorzugliches Programm. — Zum Kren und Curt Kractz. und folgende Tage: Die Pantomimenburfeske mit Gefang und Taugoyrinzessin. Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Kinder⸗ vorstellung: Aschenbrödel.
Trianonthenter. (Georgenstr., nahe
Massary, — Zum Schluß: Die große Prunk⸗ Dienstag, Julius Spielmann, Die ideale Gattin. . Abends
stellung für die Berliner Arbeiter⸗ Vorher: n, . b Operette in drei Akten von J. Bramer
Mittwoch: John Gabriel Boörkman. Und. A. Grünwald. Musik von Franz geijebte. Donnerstag: Rose Bernd.
Klindworth ˖ Scharwenka · Saal. Dienstag, Abends 8 Uhr: Liederabend von Dora Bernstein. Am Klavier:
k , . Pr bend Residenzthenter. Dienstag, Abends Fritz Lindemann.
. k AUhr: Die Jungfrau von Srleans. 8 Uhr: Hoheit — der Franz! Musi— Theater in der Käniggräter Raniantische Zragäödie in fünf Atten von alis Gronßt. in ef ann e. ; und Willt Wolff. Musik 8 Uhr: Klavierabend von Sandra Mittwoch: Die Jungfrau von von Robert Winterberg.
Choralion · Saal. Dienstag, Abends
Droucker.
ittw id fol age: ö Donnerttag: Die goldene Ritierzeit. . n , .
Harmoniumsanl. Dienstag, Abends 8 Uhr: Liederabend von Erna stemnitz.
Zirkus Schumann. Dienstag, Abends
Schluß: Taugo vor Gericht. Eine Tanz in drei Akten.
Zirkus Busth. Dienstag, Abends
75 Uhr: Große Galavorstellung. — uftreten sämtlicher Syezialitä ten.
pantomime: Pompeji.
Mittwoch und folgende Tage: Seinen
Familiennachrichten.
ideale Gattin.
Thenter des Westens. (Station:
Dentsches Theater. (Direktlon: Ma 8 Uhr. Pngmalion. Lustspiel in fünf Biens ag. Abenkgg 8 Uhr: Polenblut, derftäeften
Reinhardt Dienstag, Abends 73 Uhr. Alten bon Bernard Shan; Torquato Tasso.
Mittwoch und Freitag: Ein Sommer nachtstraum. (Shakespeare⸗Syklus.)
Donnerstag: Hamlet.
Sonnabend, Nachmittags 2 Uhr: Der Dent blaue Vogel. — Abends: Viel Lärm um Nichts.
Kammerspiel e.
PVygmalion.
lottenburg, Direktion: G
und der Löwe. Lortzing. Mittwoch: Frühlings Erwachen. Donnerstag und Sonnabend: Ar⸗
Mittrooch, Freitag und Sonnabend: Donnergtag: Peer Gynt.
sches Oyernhaus. (Char— Biemarck Straße 34 37.
dittwoch: Der Waffenschmied. Donnerstag und Sonnabend: Manon
. und folgende Tage: Polen⸗ tt.
Mittwoch und Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Das tapfere Schneiderlein.
Theater am Nollendorsplatz.
eor rt hr: ö . , 6 hee nenn) Dienstag, Dienstag, Abends 8 Uhr: Der Mikado. 77 Uhr: Liederabend von Glisabet
Dienstag, Abends 8 Uhr: Androklus komische Oper in vier Akten von Albert Arthur Suslipan.
Romantisch. Burlesk? Operette in zwei Akten von Saat. Am Klavier: Eduard Behm. .
Mittwoch und folgende Tage: Der Mikado.
Konzerte.
Philharmonie. Dienstag, Abends Kantstraße 12) 8 Uhr; 2 Strauß - Abend des n , ,
Singakademie. Dienstag, Abends 8 Uhr: Konzert von Therese und Willy Bardas (Gesang und Klavier).
Verlobt: Frl. Ilse von Kleist mit dem 1. Offizier bei der Hamburg Amerika⸗ Linie Viktor Götz von Olenhusen (Rudolstadt . Thür — Hamburg).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pfarrer Martin Gielen (Lehnin).
Gestorben: Hr. Generalmajor z. D. Albert von Freyhold (Charlottenburg⸗ Westend). — Erblicher Reichsrat Jo⸗ hann Karl Frhr. von und zu Francken⸗ stein (Ullstadt).
Verantwortlicher Redakteur:
KBechstein Baal. Dienstag, Abends Direktor Dr. Tyr ol in Charlottenburg.
Verlag der ,,, 18 e i d ich
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und
Blüthner ⸗Baal. Dienstag, Abends Verlagsanftalt, Berlin, Wilheimstraße 3z.
droklus und der Löwe. Freitag: Der verlorene Sohn.
Lescaut. Freitag: Der Mikado.
! , ,, r: Bei kleinen Preisen: Frau Holle. Weihnachtstombdie bon Robert Sachs.
8 Uhr: Konzert von Ignaz Tieger⸗ mann (Klavier) mit dem Blüthner⸗ Orchester.
Zehn Beilagen (einschließlich Börsenbellage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Deutscher Reichstag. 178. Sitzung vom 29. November 1913, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Anfang der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
In der fortgesetzten ersten Beratung des Entwurfs eines , betreffend Aenderung der S8 56, 56c der Ge⸗— werbeordnung, erklärte der
Abg. Stolle (Soz.): Wir können für die Bestimmungen, die den Verkauf von Mitteln, zur Verhinderung der Empfängnis im Hausierhandel verbieten, nicht stimmen. Der Entwurf des Kur⸗ pfuschereigesetzes enthielt allerdings auch . ein solches Verbot, aber zugleich den Vorbehalt, daß der Bundesrat vorher eine Kom⸗ mission von Sachverständigen hören mußte. Dieser Gesetzentwurf aber geht weiter, er verbietet rundweg alles. Die Regierung geht von falschen Voraussetzungen über die Ursachen des Geburtenrückganges aus. Der Gehurtenrückgang hängt mit der Wirtschaftspolitik zusam⸗ men, infolge deren Hunderttausende von Leuten die teuren Lebens⸗ mittel nicht mehr erschwingen können. Bei einer Aenderung der Wirtschaftspolitik wird die Lage des Volkes besser werden und der Geburtenrückgang aufhören. Solange die Regierung an der Brotver⸗ teuerungspolitik festhält, müssen , von Familien mit allen Mitteln dafür sorgen, daß kein Familiennachwächs kommt. Zumal bei der herrschenden Arbeitslosigkeit können Hunderttausende nicht daran denken, sich f verehelichen. Graf Carmer macht die So⸗ zialdemokraten für die Agitation zum Vertrieb von Mitteln wn, die Empfängnis verantwortlich. Aber warum will man den AÄrbeiter—⸗ familien die Anwendung solcher Mittel verwehren, die in anderen Kreisen schon längst gebraucht werden? Dem Hausierhandel wirft man Unredlichkeit vor, wird aber das Publikum nicht auch von den seß⸗ haften Kaufleuten betrogen? Gegen den Hausierhandel die Gesetz⸗ eben zu verschärfen, ist ein einseitiges Vorgehen. Der Hausier⸗ handel soll dann auch Schundliteratur vertreiben. Die Sozial⸗ demokratie kämpft seit Jahren gegen die Schundliteratur, aber es muß doch hervorgehoben werden, daß es ganz andere Kreise sind, die die Schundliteratur unter das Volk bringen. Wenn diese so über⸗ wuchert, dann sind die Behörden daran schuld. Daß das Verbreiten von Literatur unter der Landbevölkerung von wohltuendem Einfluß ist, das geben selbst agrarische Kreise zu. Wenn es gerade den agrarischen Kreisen so um das Wohl des Mittelstandes zu tun ist, dann sollten sie doch keine landwirtschaftlichen Einkaufsgenossenschaften gründen, die doch mehr als alles andere den Zwischenhandel und damit den Mittelstand schädigen. Diese Genossenschaften werden aber noch von der Regierung begünstigt. Man muß auch bedenken, daß der n . handel dazu dient, den Absatz der heimischen . im Inlande zu fördern. Eine ganze Reihe von Fabriken findet nur so für ihre Fa— brikate Absatz. Wenn man sagt, daß der Hausierhandel nur auf Be⸗ trug beruht, dann wäre doch erst einmal nachzuweisen, wo im Handel die größten Betrüger zu finden sind. Wir müssen alles aufbieten, um diesem Kleinhandel zu seinem Rechte zu verhelfen.
Abg. Pauly Gentr.) Dieser Entwurf kommt nicht den Be⸗ schwerden entgegen, die der Mittelstand hat. Es wird Aufgabe der Kommission sein, hier recht viel zu ergänzen. Desterreich ist vor⸗ bildlich vorgegangen in Zurückdrängung der Wanderlager. Was Desterreich recht ist, das muß uns doch billig sein. Wir wollen nicht das Kind mit dem Bad ausschütten, wir wollen nicht den alten ange— stammten Hausierhandel ausrotten. Wir treten auch nicht auf gegen die armen Leute, die aus Not hausieren müssen. Wir wollen vor⸗ gehen gegen die sogenannten Wanderlager und gegen die Auswüchse des Hausiergewerbes. Die Waren für die Wanderlager werden meist ia den Fabriken angefertigt. Es läßt sich unschwer erkennen, daß die Qualität eine schlechte ist. Man verkauft in den Wanderlagern haupt⸗ sächlich nur den Ausschuß. Es werden vielfach Geschäfte dunkler Her⸗ kunft gegründet, um solche Waren unter marktschreierischer Ankün⸗ digung an den Mann zu bringen, manchmal unter der Llngabe „für Rechnung eines anderen“. In der Zeit, wo ein Wanderlager am Orte ist, bläst der einheimische Kaufmann Trübsal. Dieser hat für sein ständiges Personal zu sorgen und ist deshalb auf das Sonntagsge— schäft angewiesen. In einer Versammlung in Berlin ist gesagt wor— den, daß der Mittelstand keinen Anspruch auf Wohlwollen habe, weil er sich guf Kosten anderer ernährt. Es ist doch unglaublich, daß eine solche Aeußerung in der Hauptstadt, des Deutschen Reiches fallen konnte. Wir müssen dafür sorgen, daß die Schmarotzer des Mittel⸗ standes beseitigt werden, und wir müssen deshalb gegen die Wander⸗ lager und gegen die Auswüchse des Hausiergewerbes eintreten. .
Abg. Arn st adt (dkons.): Der Abg. Brey hat vorgestern diese Frage mit der Zoll⸗ und Wirtschaftspolitik in Zusammenhang ge⸗ bracht. Auch der Abgeordnete Stolle hat wieder in diese Kerbe hineingehauen. Es liegt mir fern, unsere wirtschaftspolitischen Fragen hier aufzurollen. Aber darauf muß ich doch hinweisen, daß von Liner Rentabilität des Getreidebaues jetzt überhaupt nicht mehr die Rede sein kann. Die Leute wissen überhaupt nicht, auf welche Weise sie ihr Getreide an den Mann bringen können; und sind nicht auch die Viehpreise sehr zurückgegangen? Aber trotzdem wird von Ihrer Seite immer wieder gegen unsere Zollpolitik losgewettert. Man darf auf diesem Gebiete nicht so weit gehen, wie von gewissen Kreisen ge⸗ wünscht wird. Es gibt Gegenden und Verhältnisse, wo der Hausier⸗ handel tatsächlich eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist. Ich nenne hier nur das Eichsfeld, die Lausitz, das Erzgebirge usw., wo der Hausierhandel tatsächlich eine volkswirtschaftliche Mission zu erfüllen hat. Auf dem armen ECichsfelde, wo eine entwickelte Industrie nicht vertreten ist, sind die Bewohner auf einen Nebenerwerb angewiesen. Dies ist seit undenkbaren Zeiten außer der , . der Hausier⸗ handel. Da sollen wir den Hausierhandel, zu beseitigen suchen? Statt ihn zu erschweren, müssen wir ihn stützen. Ich möchte schon jetzt herborheben, Taß wir in der nn,. Beratung in der Kom⸗ mission möglichst Rücksicht auf derartige Verhältnisse nehmen wollen.
Abg. König (Soz); Die Debatte hat gezeigt, daß das Haus im großen und ganzen nicht davon erbaut ist, dem Hausierhandel ein aleiches Recht zuzugestehen wie den ständigen Gewerbetreibenden. Wenn der Vorredner bemerkte, es gäbe Gegenden, wo man Rücksicht auf vorhandene Existenzen nehmen müsse, so möchte ich doch darauf hinweisen, daß gerade die Partei, der der Vorredner angehört, im vorigen Jahre einen hausiererfeindlichen Antrag gestellt hat. In diesem Antrag wurde verlangt, daß das Mindestalter der Hausierer auf 45 Jahre festgesetzt würde. Das würde doch eine ungeheure Er⸗ schwerung des Hausiergewerbes bedeuten. Es geht jetzt eine allgemeine Strömung dahin, die Regierung scharf zu machen, den Wandergewerbe⸗ betrieb in erhöhtem Maße zu beschränken. Man hat im Abgeordneten hause verlangt, daß mit großer Schärfe die Bedürfnisfrage geprüft werden müsse. eute schon muß der Hausierer unter Umständen monatelang darauf, warten, bis er von der Behörde endlich seinen . ausgehändigt bekommt. Nun wird gesagt, das stehende Gewerbe wird nach jeder Seite kontrolliert, aber der Hausierer nicht. Ich mache darauf aufmerksam, 3 es wohl kaum ein Gewerbe gibt, daß so der starken Kontrolle untersteht als gerade das Hausier⸗ gewerbe. Jeder Gendarm hat das Recht, einen . auf der Landstraße anzupacken. Selbst ein preußischer Minister hat am 19. Februar im Abgeordnetenhause ausgesprochen, daß man doch schließlich auch daran denken müsse, daß es außer den Handwerks⸗ meistern auch noch andere Leute auf der Welt gibt. Er hat damit zum
Berlin, Montag, den 1. Dezember
Ausdruck bringen wollen, daß auch die Interessen anderer Gewerbe⸗ treihenden mitberücksichtigt werden müssen, und daß sich nicht alles einzig und allein um den . enannten Mittelstand drehen kann. Ueber⸗ all sucht man die Jahrmärkte und alle ähnlichen Veranstaltungen als Feinde des Mittelstandes hinzustellen. Der Hausierer zahft außerdem tatsächlich eine verhältnismäßig sehr hohe Steuer. Dr. Böttger hat neulich hier ausgeführt, wenn man einen Hausierer und sein Gebaren sehe, dann hahe man schon genug. Ich möchte doch auf eins hinweisen: in welchem Gewerbe . es heute nicht notwendig, daß der Geschäfts—⸗ treibende eine gewisse Routine und Energie aufwenden muß, um seine Waren an den Mann zu bringen. Und wenn nun der Haufierer eben— falls versucht, durch tatkräftiges Eingreifen seine Waren an den Mann . bringen, so tut er es eben in Anbetracht der gewaltigen Konkurrenz, ie ihm gegenübersteht, und um seine Existenz zu schützen. Machen sich denn nicht einzelne Geschäftsreisende und Gewerbetreibende bei den Geschäftsinhabern oder beim Publikum ebenfalls lästig? Man darf auch nicht vergessen, daß, wo minderwertige Waren verkauft werden, diese auch hilliger sind; und kriegen wir denn nicht auch in stehenden Betrieben solche Ausschußwarens Wenn man diese Konkurrenz, die dem Mittelstande unliebsam ist, vernichten will, so trifft man gerade die Aermsten der Armen. Wer sind denn die Hausierer? Da treffen Sie häufig Krieger darunter, die den Krieg von 1870 mitgemacht haben, die eine dürftige Pension beziehen; diese ist zu niedrig und kümmerlich, und die Leute müssen sich etwas verdienen. Ebenso ist es mit vielen alten Fabrikarbeitern, deren Rente zu niedrig ist. Diese Leute suchen immer wieder dieselbe Kundschaft auf, und wenn sie wirk— lich nur Minderwertiges verkaufen würden, so würden sie bald gar nichts mehr verkaufen können. Ich möchte fragen, wo bleibt eigentlich in dem Entwurf gegenüber dem Hausiererstand das Prinzip der Ge⸗ werbefreiheit, das im Jahre 1869 aufgestellt worden ist. Seit Jahren wird es durchbrochen durch eine Bestimmung nach der anderen. Für die Erteilung des Wandergewerbescheines wird die e , nh des Gewerbetreibenden verlangt. Man hat behauptet, die Zahl der Wandergewerbescheine habe außerordentlich stark zugenommen. Wenn man aber die Zahl der an Schauspieler und ähnliche Berufe ausge⸗ gebenen Scheine von der Gesamtzahl abzieht, so wird man finden, daß tatsächlich eine Vermehrung des Hausierhandels nicht eingetreten ist. Von einem Ueberhandnehmen kann also gar nicht die Rede sein. Interessant ist eine amtliche Statistik, die über die Verbreitung des Wandergewerbes Auskunft gibt. Wir sehen daraus, daß in den Re⸗ gierungsbezirken, wo die Industrie nicht vorherrschend ist, die Be⸗ völkerung auf den Handel und Gewerbebetrieb der Hausierer ange⸗ wiesen ist. Die Summe, die die Wandergewerbetreibenden in Form von Steuern zu entrichten haben, ist außerordentlich hoch, Sie beträgt für 1913 im preußischen Etat annähernd 3½ Millionen Mark. An⸗ gesichts dieser Tatsache kann man doch unmöglich von einer Bevor⸗ zugung der Hausierer sprechen. Man schätzt die Hausierer heutzutage als Bettler ein. Dabei verwechselt man aber die wirklichen Hausierer mit denjenigen Leuten, die wir hier in Berlin so oft auf den Straßen sehen, mit der Mütze in der Hand und einem Streichholzdöschen. Das ind gewiß arme Leute, und hier hilft kein Wandergewerbeschein, ondern nur richtige Armenunterstützung. Bei den Verhandlungen im Abgeordnetenhause über diese Frage hat sogar ein Redner die Hausierer mit den Spitzbuben auf eine gleiche Stufe gestellt Daß darüber die Wandergewerbetreibenden erbost sind und auch endlich aggressiv vorgehen, ist selbstverständlich. Sie sprechen den Wunsch aus, auch in der Reichs gesetzgebung geschützt zu werden, damit sie in ihrer Existenz nicht vernichtet werden.
Abg. Ast or Gentr.): Auf die Hausiererfrage möchte ich nicht weiter eingehen, da dies ja bereits von meinen politischen Freunden geschehen ist. Ich richte aber die dringende Bitte an die Kommission und das Hohe Haus, daß die Interessen des seßhaften Gewerbes besser als bisher geschützt werden. Man redet immer soviel von Mittelstands⸗ freundlichkeit, aber es bleibt nur bei leeren Worten. Wenn wir in⸗ dessen nicht einen wirklichen praktischen Anfang machen, dann verliert der Mittelstand alles Vertrauen in die Regierung. Es ist eine er⸗ wiesene Tatsache, daß der gewerbliche Mittelstand eine außerordent⸗ liche Schädigung durch die Wanderlager zeitweilig erleidet. Nun ist hier der Einwurf erhoben worden, daß den Interessen des Mittel⸗ standes die Interessen der Gesamtheit entgegenständen. Dieser Ein⸗ wand wurde aber schon durch die bereits von einzelnen Rednern fest⸗ gestellten Tatsachen entkräftet. Interessant ist die Feststellung, daß in den Regierungsbezirken Königsberg, Köslin, Marienwerder, Posen, Bromberg usw. überhaupt kein Landkreis vorhanden ist, der im Jahre 1910 von keinem Wanderlager heimgesucht worden ist. Mit dieser Feststellung wird eigentlich die Entscheidung, ob ein summarisches Ver⸗ bot für Wanderlager am Platze ist, sehr leicht gemacht. Ich bedauere lebhaft, daß die Regierungsvorlage in der Begründung davon spricht, daß die Wanderlager unter gewissen Voraussetzungen einem wirtschaft⸗ lichen Bedürfnisse entsprechen. Es berührt auch peinlich, wenn wir in der Begründung hören, daß die Wanderlager den stehenden Klein⸗ handel ergänzen und ihm einen heilsamen Wettbewerb bereiten. Ich halte es für vollkommen undenkbar, daß die Wanderlager, die doch er⸗ fahrungsgemäß nur Ausschußwaren feilbieten, mit weniger Ausnahme bessere Ware zur Verfügung haben sollten als die ansässigen Gewerbe⸗ treibenden. Jedenfalls muß der Mittelstand ein generelles Verbot der Wanderlager fordern. Mit einzelnen Zugeständnissen ist dem Mittelstand nicht geholfen.
Abg. Dr. Böttger (ul.): Daß es auch zweifelhafte Elemente unter den Hausierern gibt, steht doch außer Frage. Auch die Wissen⸗ schaft hat dies hervorgehoben. Ich wundere mich, daß sich die Sozial⸗ demokratie ausschließlich den Interessen der Hausierer zuwendet. Es ist doch ohne Zweifel, daß vielfach auf dem Wege des Hausierhandels die kleinen Leute und Arbeiter zum Kauf von Gegenständen veranlaßt werden, für die sie eigentlich gar keine Verwendung haben, und daß da⸗ durch mittelbar die Interessen der Arbeiter in Mitleidenschaft gezogen werden. Wir waren erst der Ansicht, daß eine Kommission von 14 rn gliedern genügen würde. Aber bei der Fülle der Anregungen, die uns im Laufe der Debatte gegeben worden sind, halten wir es für wün⸗ schenswert, daß eine Jö von 28 Mitgliedern eingesetzt wird.
Abg. Dr. Werner⸗Gießen (wirtsch. Vgg.): Die Hausierer dürfen zwar Schund und Schmutz in Wort und Bild nicht vertreiben, aber ebenso wie es eine Politik mit doppeltem Boden gibt, so gibt es auch Hausiererkästen mit doppeltem Boden. Gefreut hat es mich, daß der Abg. Brey den Gebärstreik verwirft. Im allgemeinen nimmt seine Partei einen anderen Standpunkt ein. Mit unserer Wirtschafts-⸗ politik hat der Geburtenrückgang nichts zu tun. Das Getreide ist heute billiger als in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, wo der Zoll noch gar nicht bestand. Milch, Kartoffeln und Gemüse sind ebenfalls billig. Wird in Ihrem zu den Sozialdemokraten) Zu⸗ kunftsstaat Ihr Kohl billiger sein? Das Zwei, Ein⸗ und Nullkinder⸗ system ist am meisten im wohlhabenden Frankreich vertreten. Wenn jetzt von sozialdemokratischer Seite verschiedene Lanzen für die . zersplittert werden, so steht das in einem sonderbaren Wider- pruch zu der mittelstandsfeindlichen Haltung dieser Partei. Keinem don uns wird es einfallen zu behaupten, daß die Hausierer an sich eine Landplage sind; daß es aber eine sehr unangenehme Sorte von pe ere gibt, geht aus dem Jahresbericht der Stadt Offenbach vom Dezember 1910 hervor, worn auf die große Zahl der dort einge- wanderten Ausländer hingewiesen wird, meist Juden aus Galizien und Rußland, die den Hausierhandel als Deckmantel benutzen für Dieb⸗ stahl und Hehlerei. Diese Frage ist nur zu lösen, wenn die orientalische
Einfallspforte im Osten geschlossen wird. Notwendig ist auch eine strengere Kontrolle der Wandergewerbescheine. Das After der Kinder, die zum Hausieren benutzt werden, sollte vom 14. auf das 16. Jahr heraufgesetzt werden. Eine Heraufsetzung der Altersgrenze der Hausterer dom 25. auf das 35. Jahr würde allerdings dem Hausiergewerbe den 6 umdrehen. Das wünschen wir nicht, denn die . sind zum seil eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Dagegen sollten ebenso wie die Sämereien auch die ene e affe Obstbäume und Gemüse vom Hausierhandel ausgeschlossen werden. Die Wanderlager . ebenso⸗ wenig eine wirtschaftliche Notwendigkeit wie die Warenhäuser, Ab⸗ hin re ef amschbasare und . Das sind alles Auswüchse der unbeschränkten Gewerbefreiheit. Die Vorlage will den 6 waschen, ohne ihn naß zu machen. Wir können sie nur als eine bschlagszahlung betrachten, und wir werden uns bemühen, die not⸗ ö Ergänzungen und Verschärfungen hineinzubringen.
Abg. Fischer⸗Hannover (Soz ): Der Abg. Werner⸗Gießen hat abwechselnd für und gegen den Hausierhandel gesprochen. Nach unserer Auffassung ist der Mittelstand allerdings bankerott. Die
erren wollen hier einen Teil des Mittelstandes retten, den anderen eil aber vernichten. Denn auch ein großer Teil der Hausierer 1 zum Mittelstand gerechnet werden, er . den Herren viel näher als uns. Man sprichk von den unlauteren Elementen im Hausierhandel, aber die Hausierer gehen doch nicht mit 3 zu den Leuten, um sie zu betrügen. Das ist nur eine Redensart, denn tatsächlich bereist der größte Teil der Hausierer immer bestimmte Bezirke und sucht si dort durch reelle Ware ebenso eine feste n che, wie ein anderer Geschäftsmann. Der Geburtenrückgang verursacht den kapitalistischen Kreisen Kopfschmerzen, weil sie den Mangel an Arbeitskräften fürchten. Uns Sozialdemokraten macht man ja . alles verantwortlich, und so macht uns Graf Carmer auch für den Geburtenrückgang veran twort⸗ lich. Wenn aber der Arzt Bernstein aus sanitären . Mittel gegen die Empfängnis empfiehlt, so kann man das der Partei nicht in die Schuhe schieben. Einen großen Teil der Schuld trägt die Woh⸗ nungsmisere. Arbeiterfamilien mit reichem Kindersegen bekommen sehr schwer eine brauchbare Wohnung, sie müssen die schlechtesten Wohnungen nehmen. Da wundert man sich, daß die Arbeiter daraus die Konsequenzen ziehen, wenn sie sehen, daß Familien mit wenigen Kindern bessere Wohnungen haben, und daß die Familien, die bessere Wohnungen haben, weniger Kinder haben. Wir bedauern es, wenn die Bevölkerungszahl stehen bleibt oder sogar abnimmt, denn wir sind alle fest überzeugt, daß die sozialistische Gesellschaft einst die kapita⸗ listische ablösen wird. Wenn dann piel Arbeitskräfte vorhanden sind, so, wird das Arbeitsquantum für den einzelnen geringer. Die Aus⸗ wüchse des Hausierhandels wollen wir natuͤrlich auch bekämpfen; dazu reichen aber die jetzigen Bestimmungen der Gewerbeordnung aus. Hoffentlich wird die Kommission einen richtigen Ausweg finden.
Abg. Dr. Pfeiffer Gentr): Mit dieser Vorlage ist niemand recht zufrieden. Aber von den verschiedenen Parteien des Reichstages wie der einzelstaatlichen Parlamente ist sie wiederholt gewünscht worden. Ich will mich nicht auf den pessimistischen Standpunkt stellen, an⸗ zunehmen, daß die Vorlage nicht gekommen wäre, wenn nicht der a, Fiskus seinen Bernsteinabsatz sichern wollte. Die Scheidung der Geister in dieser Frage vollzieht sich nicht wie gewöhnlich zwischen rechts und links, sondern innerhalb der einzelnen Parteien, denn das wirtschaftliche Leben ist stärker als alle Parteianschauungen. Die Sozialdemokraten erwarten die Ablösung der kapitalistischen Gesell⸗ schaft durch die sozialistische, wir aber sind anderer Meinung über die Zukunft. Unser Wirtschaftsideal ist die Versöhnung der Gegen- sätze, und wir hoffen, daß diese sich durchsetzen wird. Jedenfalls steht als Ergebnis dieser Debatte fest, daß wir alle überzeugt sind, daß die Schäden und Auswüchse des Hausiergewerbes 3 beschnitten und behoben werden müssen. Die ausländischen Hausierer sind schon erheblich zurückgedämmt worden. In Bayern haben nur noch 40 aus⸗ ländische Hausierer den Wandergewerbeschein. Vor allem muß die Spekulation auf das Mitleid verhindert werden; das ist die Frage der Lohnhausiererei, bei welcher die Unternehmer Leute mit körperlichen Gebrechen engagieren und mit ihrer Ware hinausschicken. In den armen Gegenden, z. B. Oberfranken, wo die Heimarbeiter sitzen mit ihrer Weberei, können diese nicht zum Einkauf in die Städte gehen, sie müssen die notwendigen Lebensmittel durch Hausierer bekommen. Ferner müssen wir die Hausierer schützen, die eine ständige Kundschaft haben und mit deren Betrieb man zufrieden sein kann. In der Kom- mission wird man den richtigen Weg finden. Bedenken habe ich mit einem großen Teil meiner Freunde gegen die Bestimmungen über den Verkauf von Sämereien. Allerdings ist es nützlich, dabei die Herkunft der Ware zu bezeichnen, aber es kann nicht gewissermaßen ein Identitätsnachweis verlangt werden, von wem die Pflanzen ursprüng⸗ lich herstammen. Bei den Wanderlagern bestehen irh; Härten. In den kleinen Städten sind die Wanderlager eine große efahr, vielfach wird den Leuten der größte Schund aufgehängt, aber der Mittelstand ann sich selbst dagegen wehren. In Mühlhausen in Thüringen, wo
Wanderlager Aluminiumgeschirr verkaufte, taten sich die Eisen⸗
renbandler zusammen, kauften von diesem Geschirr und stellten es auf einer Wage mit ihrem eigenen Geschirr zusammen, um zu zeigen, auf welcher Seite das bessere Gewicht war. Das Wanderlager mußte abziehen und kam nicht auf seine Spesen. Die Bedürfnisfrage sst allerdings sehr schwankend. Ich fürchte, daß auch der Handeh mit Kunstsachen und Antiguitäten Schaden leiden könnte, denn viele Ge⸗ mäldeausstellungen fallen unter die Bestimmungen über die Wander- lager. Schließlich empfehle ich Ihnen eine Kommission von 28 Mit⸗ gliedern, damit alle Interessen darin vertreten sein können.
Abg. Stolle (Soz.): Die Höhe der Getreidepreise kann man am besten daran ermessen, wie die e, . im ständigen Steige begriffen sind. Wir mißgönnen ja dem Landwirt nicht seinen dienst. Dies darf aber nicht auf Kosten des Volkes und namentlich der Arbeiter geschehen. Es ist also verkehrt, wenn behauptet wird daß der Brotpreis durch die Getreidezölle heraufgeschraubt wird. Es ist über das Zunehmen der fremden Hausierer geklagt worden. Wenn das der Fall ist, dann hat der Bundesrat eben nicht seine Pflicht getan. Ihm sind ja die gesetzlichen Mittel an die Hand gegeben, um hier eingreifen zu können. Der Redner will dann noch welter auf die durch die Getreidezölle hervorgerufene Teuerung eingehen, wird aber vom Präsidenten gebeten, sich nicht zu weit vom Gegenstand der Be⸗ ratung zu entfernen.)
Die Vorlage geht an eine Kommission von 28 Mitgliedern.
Darauf wird die Vertagung beschlossen.
Schluß nach 314 Uhr. Nächste Sitzung Montag, den 1. Dezember Nachmittags 2 Uhr. Weitere Interpellation über die Vorgänge in Zabern; Handelsprovisorium mit England; Gesetzentwurf wegen Wiederaufnahme eines Disziplinarver- fahrens; Petitionen.)
Verdingungen.
Der Zuschlag auf die von dem en nr, Kaiserlichen Werft zu Wilbelmshaven am 0 OQlteber d verdungenen 7 Stück Gleiskreuzungen ist der Firma Maschmnen Deutschland· G. m. b. H. in Dortmund erteilt worden.