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So hat denn der Ertrag der 3511e und Steuern mit 1662 Millionen Mark im Jahre 1912 den Etatsansatz um 48 Millionen überschritten. Im einzelnen haben mehr erbracht die Zölle 28,7 Millionen, die Verbrauchssteuern, insbesondere die Zigaretten., Zucker-, Leucht mittel., Zündwaren⸗ und Brausteuer, 23 Millionen, die Stempel⸗ abgaben 9,7 Millionen, die Zuwachesteuer 2.8 Millionen. Demgegen⸗ über waren auch Mindereinn-hmen zu verzeichnen, die im ganzen 16 Millionen betragen und sich auf verschiedene Einnahmezweige verteilen, mit der vollen Hälfte aber, also mit 8 Millionen Mark, auf die Branntweinsteuer entfallen. Insoweit der letztere Ausfall auf der Abnahme des Branntweinkonsums beruht, wollen wir ihn zwar als Passivum im Reichs haushalt, aber als Aktivum in unserem Volks⸗ haushalt buchen. (Bravo! bei den Nationalliberalen.)
Recht erfreulich war auch die Entwicklung der Einnahmen der Eisenbahnverwaltung, die mit einem Mehrertrag von 12 Millionen gegen den Ansatz abschloß. Auf den Güterverkehr entfiel ein Mehrertrag von 8 Millionen.
Ein weniger günstiges Bild gewährte die Postverwaltung. Bei einem Ausfall von 15 Millionen an Post- und Telegraphen—⸗ gebühren wurde der Etattsansatz der Einnahmen zwar im ganzen noch um 13 Millionen überstiegen; gleichzeitig waren aber auch die Aus. gaben derartig angewachsen, daß sich im Endergebnis — unter Be— rücksichtigung der Verringerung der Ausgleichsbeträge — ein Minder überschuß gegen den Etat von 63 Millionen herausstellte.
Auch bei der ReichsLdruckerei wurde das Mehr von 153 Millionen bei einer Einnahme durch das Mehr von beinahe einer Million bei den Ausgaben im Effekt stark gemindert.
Im Geschäftsbereich des Reichtamts des Innern brachten ein Mehr das Patentamt von rund 700 000 AÆ, das Kanalamt von reichlich einer Million Mark.
Weiter bedarf der Hervorhebung, daß das Bankwesen uns einen Mehrertrag von 10 Millionen zuführte (Zuruf rechts: Leiderh, wovon 65 Millionen auf den Gewinnanteil des Reichs, 4 Millionen auf die Notensteuer fielen. Die Ursache ist wesentlich in der ge— spannten Lage des Geldmarkts zu sehen, die weitgehende Ansprüche an die Reichsbank und eine verhältnismäßige Steigerung der Zins— sätze zur Folge hatte. Der Bankzinsfuß betrug im Durchschnitt des Jahres 1912 für Wechsel 4.946 vom Hundert, gegen 4397 vom Hundert im vorhergehenden Jahre.
Von anderen Verwaltungen weist die Marine Mehrausgaben von 277 Millionen auf. Doch stehen dem auch wieder Minder⸗ ausgaben gegenüber, so bei der Reichsschuld, beim Reichs, schatzamt und beim Reichsamt des Innern, sodaß die Gesamtmehrausgabe im ordentlichen Etat nur 1,9 Millionen beträgt.
Bei den Etatsverhandlungen der letzten Jahre hat einen breiten Raum die Zuckersteuer eingenommen, nicht sowohl, weil sie mit über 150 Millionen einen Hauptposten in unserem Budget bildet, sondern weil die Frage einer Ermäßigung der Steuer, die in diesem Sommer in verneinendem Sinne ihre Erledigung gefunden hat, seit dem Jahre 1908 in der Schwebe war. Ich habe hier im vorigen Jahre der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß der Schaden, der der Industrie durch die Ungunst der Witterung im Jahre 1911 erwachsen war, im Jahre 1912 einen Ausgleich finden werde. Was ich damals
gehofft, ist im vollsten Maße in Erfüllung gegangen. Die deutsche Zuckererzeugung des abgelaufenen Betriebsjahres, in Höhe von 27 Millionen Doppelzentner, geht nicht allein weit hinaus über den zehnjährigen Durchschnitt von 20 Millionen Doppelzentner, sondemrn
sie bildet geradezu eine Weltre kordernte. So lange es eine Zuckererzeugung gibt, ist noch in keinem Lande der Erde eine so große Jahresmenge festgestellt worden. (Hört, hört! rechts.) Auch hat für keins der anderen Zuckerländer das Jahr 1912 im Vergleich zu den Vorjahren eine so beträchtliche Steigerung gebracht wie für Deutsch⸗ land. (Hört, hört! rechts) Namentlich in Rußland, dem bekanntlich so gefürchteten Konkurrenzland, ist die Erzeugung so gering gewesen, daß nicht nur die vorhandenen großen Vorrgte aufgezehrt wurden, sondern daß auch nicht einmal das durch die letzten Brüsseler Ver⸗ handlungen Rußland zugestandene Ausfuhrkontingent voll ausgenutzt werden konnte.
Dem Umfang der Produktion entsprachen Verbrauch und Ausfuhr. Auch der Verbrauch für das Betriebsjahr 1912,13 läßt mit 14,3 Mil— lionen Doppelzentnern im Rohwert alle Jahre weit hinter sich; (hört! hört! rechte) und die Steigerung hat bis in die neuere Zeit angehalten. Die Augfuhr hat sich von 2.3 Millionen Doppelzentnern im Jahre 1911/12 wieder auf den achtbaren Stand von 106 Millionen Doppelzentnern in 191213 gehoben. Nimmt man hinzu, daß auch dle Aussichten für das neue Betriebsjahr gut und daß die Preise zwar nicht glänzend, aber doch auskömmlich und stetig sind, so sieht man sich einem Zu⸗ stande gegenüber, mit dem sich wohl trotz der Aufrechterhaltung der Zuckersteuer in ihrer bisherigen Höhe Industrie, Handel und Konsum gleichmäßig werden abfinden können. (Na, na! links.)
Für das Jahr 1913 ist die Gesamteinnahme an Zöllen und Steuern unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Reichstags im Juni dieses Jahres — jedoch ausschließlich der Einnahmen aus dem Wehrbeltrag — zu 16694 Millionen Mark veranschlagt. Hierln sind enthalten 145 Millionen Mehreinnahmen aus den Stempelabgaben von Gesellschaftsverträgen und Versicherungequittungen und 4 Mil⸗ lionen Mehreinnahmen aus der Aenderung des Erbschaftssteuergesetzes, dagegen an Mindereinnahmen 15 Millionen Mark als dreiviertel⸗ jähriger Betrag der für das Reich außer Hebung gesetzten Zuwachssteuer, zusammen also ein Mehr von 35 Millionen Mark aus den Gesetzen vom 3. Juli 1913. Hiervon abgesehen, ist die gesamte Einnahme im Etat mit 1666 Millionen Mark angesetzt worden, d. h. gegen den Etatsansatz für 1911 um 184 Millionen, gegen den Etateansatz für 1912 um 52 Millionen und selbst gegen die Isteinnahme von 1912 noch um 4 Millionen Mark höher.
Trotz der Beunruhigungen, die vom Südosten Europas außz— gingen, und trotz der Stockung in der wirtschaftlichen Bewegung sind die Einnahmeergebnisse bisher so günstig gewesen, daß, nach der ersten Hälfte des Jahres zu schließen, selbst der genannte sehr hohe Etats—
ansatz noch um 25 Millionen überschritten werden könnte (hört! hört! links), wenn nicht ein Ausfall an Getreidezöllen einen Strich durch die Rechnung machte. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)
Die reichliche Körnerernte im Jahre 1912 und die noch ergiebigere im Jahre 1913 haben den Bedarf Deutschlands an aus— ländischem Getreide ganz bedeutend herabgemindert. Die Einfuhr — nach Abzug der Ausfuhr — von Brotgetreide (Weizen und Roggen) hat in der ersten Hälfte des Rechnung jahres 1911 rund 12 Millionen
5,4 Millionen und des Jahres 1913 42 Millionen Doppelzentner — die Einfuhr an Futtergetrelde (Futtergerste, Hafer und Mais) in der ersten Hälfte des Jahres 1911 22,8 Millionen Doppelzentner, dagegen im gleichen Zeitraum des Jahres 1912 18,1 Millionen und des Jahres 1913 rund 17 Millionen; ein entsprechendes Zurückgehen der Einfuhr muß, wie die Verhältnisse liegen, auch für die zweite Hälfte des Rechnungkjahres erwartet werden.
So erfreulich vom allgemeinen wirtschaftlichen Standpunkt dle Tatsache bleibt, daß die deutsche Landwirtschaft infolge der letzten beiden Ernten dem hohen Ziele, den heimischen Getreidebedarf voll zu decken, für dieses Jahr in so weitem Maße näher gekommen ist — für die Reichskasse bedeutet das einen Ausfall an Zoll⸗ einnahmen, der für die erste Hälfte dieses Rechnungsjahres rund 17 Millionen betragen hat und sich für das ganze Jahr viel⸗ leicht auf 26 Millionen stellen wird.
Weltere Mindereinnahmen sind zu erwarten wiederum bei der Branntweinverbrauchsabgabe, bei der Schaumweinsteuer, dem An⸗ schaffungsstempel und bei der Grundwechselabgabe, bei dieser sogar, sofern nicht bald eine Aufbesserung am Markte eintritt, in Höhe von etwa 4 Millionen Mark.
Dem stehen aber auch Mehreinahmen gegen den Etat bei einer ganzen Reihe von Abzaben gegenüber: so namentlich bei der Brau⸗, Zigaretten und Zuckersteuer. Auf den Mehrertrag bei diesen drei Abgaben mit insgesamt 28 Millionen Mark kann sogar mit großer Sicherheit gerechnet werden, weil die Einnahme der zweiten Jahreshälfte haupisächlich aus den kreditierten Steuerbeträgen der ersten Hälfte stammt und also insofern bereits feststeht.
Ob die neuen Abgaben von Gesellschaftsverträgen und Versiche⸗ rungen sowie aus der Aenderung des Erbschaftssteuergesetzes in diesem Jahre voll aufkommen werden, entzieht sich zurzeit noch der Be⸗ urteilung. Sollte es nicht der Fall sein, z. B. bel der Erbschafts⸗ steuer wegen des großen Zeitraums, der gerade bei dieser Abgabe zwischen dem Eintritt der Steuerpflicht und der Festsetzung und Er— hebung der Abgabe zu vergehen pflegt, so findet das seinen Ausgleich bei der Reichszuwachssteuer, die aus eben demselben Grunde noch längere Zeit über das Datum ihrer Aufhebung hinaus Erträge liefern wird.
Alles in allem versprechen die Zölle und Steuern zurzeit noch dem Etatsanschlag einigermaßen gerecht zu werden.
Bei einigen anderen Einnahmen sind Mehrerträge zu erwarten, so bei den Relchseisenbahnen, bei denen man auf ein Plus von 4 Mil⸗ lionen schätzt, und bei dem Bankwesen, bel dem sich allein aus der Notensteuer 4 Millionen mehr ergeben werden. Wenn wir trotzdem am Jahresschluß mit keinem nennenswerten Ueberschusse werden rechnen, sondern sogar noch froh sein können, wenn wir nicht mit einem Fehlbetrag abschließen, so hat das, abgesehen von Mehrausgaben bei einzelnen Verwaltungen — bei der Marine allein über 4 Millionen Mark —, seinen Grund in den unbefriedigenden Ergebnissen des Post, und Telegraphenverkehrs. Hier muß nach dem bisherigen Verlauf des Rechnungsjahres mit einer Mindereinnahme von über 8 Millionen (hört! hört! im Zentrum und links), mit einer Mehrausgabe schon infolge der diesjährigen Be⸗ soldungsnovelle von rund 4 Millionen gerechnet werden (bört! hört! im Zentrum), wozu dann noch eine entsprechende Minderung der Aus⸗ gleichsbeträge hinzutritt.
Eine erwähnenswerte Ausgabeüberschreitung wird bei dem für die Begebung kurzfristiger Schatzanweisungen zur Verstärkung der Kassenbetriebsmittel vorgesehenen Betrage von 4 Millionen eintreten. Mit dem 1. Oktober dieses Jahres machen sich die großen Ausgaben für das Heeresgesetz, das an diesem Tage in Wirksamkeit getreten ist, fühlbar; sodann kommt in Betracht die Art der Finanzierung, bei der ja die Steuerbeträge erst lange Zeit, nachdem bereits die Ausgaben er— forderlich gewesen sind, eingehen, und dann bildet ein wesentliches Moment der hohe Reichsbankzinsfuß. Dieser Zinsfuß ist mit 6 vom Hundert für Wechsel in seiner Dauer vom 14. November 1912 bis zum 27. Ok⸗ tober 1913, also länger als 11 Monate, seit dem Bestehen der Reichsbank ohne Beispiel. (Hört! hört) Wir werden gerade aus diesem Um⸗ stande natürlich auch Mehreinnahmen für die Reichskasse zu ver⸗ zeichnen haben, die sogar unsere Etatsansätze recht bedeutend über⸗ steigen können. Jede nähere Schätzung wäre aber verfrüht, und man darf z. B. die auffällige Tatsache nicht übersehen, daß die Wechsel⸗ anlagen der Reichsbank in diesem Jahre vielfach, oft um 300 bis 400 Millionen Mark, geringer gewesen sind als in den Vorjahren. Wenn gleichwohl der Geldmarkt versteift war und gleichwohl die Wechselstempel⸗ steuer stieg, so mag dies seinen Grund darin haben, daß viele Kredit⸗ ansprüche ohne Mitwirkung der Reichsbank bei Banken und anderen Geldgebern befriedigt worden sind. Ob dles etwa darauf beruhen mag, daß bei diesen Transaktionen in weitem Umfange sogenannte Finanzwechsel zur Begebung gelangt sind, die bei dem Verkehr der Reichsbank ausgeschlossen sind, lasse ich dahingestellt.
Unter den Mehrausgaben der einzelnen Verwaltungen findet sich auch eine Summe von 23 Millionen Mark für den Erwerb des Grundstücks Wilhelmstraße 78. Es erschien zweckmäßig, und es ließ sich die demnächstige Zustimmung des Reichstags voraussetzen, wenn dieser Posten aus der großen Streitmasse in Sachen des Bankdirektors v. Winterfeldt gegen den Reichsfiskus herausgehoben wurde. Ueber die Verwendung des Grundstücks wird der Reichstag seinerseits zu beschließen haben. Was die erwähnte Streitsache selbst betrifft, so wird ihnen aus unseren sommerlichen Verhandlungen noch bekannt sein, daß von dem Direktor v. Winterfeldt die Ansicht verfochten wird, ihm seien von Vertretern der Behörde bindende Zusicherungen gemacht worden, die ihn zum mindesten zu erheblichen, im Wege der Klage geltend zu machenden Schadenersatzansprüchen berechtigten. Die Re⸗ gierung hat zugestimmt, daß über die streitigen Ansprüche in einem Schiedsverfahren entschieden wird. Dieses Verfahren schwebt zurzeit, und der Ausgang wird abzuwarten sein.
Zu den Entwürfen der Etafs für den Reichshaushalt und für den Haushalt der Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1914 habe ich mir erlaubt, Ihnen einen Ueberblick vorzulegen, den ich nur noch eln wenig zu illustrieren habe. Der Etatsentwurf für 1914 schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 3403 011 671 6 im ordentlichen und 92 702 000 S im außerordentlichen Etat. Beide Etats zeigen eine Minderung in den Gesamtbeträgen. Dies rührt bei dem ordentlichen Etat daher, daß die einmaligen Kosten der letzten Wehrvorlage das Rechnungejahr 1913 besonders stark belasten. Beim außerordentlichen Etat ist es darauf zurückzuführen, daß dort nur noch Ausgaben für die Post mit 39 Millionen Mark, für die Eisenhahn mit
und der auf den älteren Gesetzen beruhende Flottenzuschuß mit 29,4 Millionen Mark Aufnahme gefunden haben. Im Vorjahr befand sich unter den außerordentlichen Ausgaben auch noch ein Beitrag von 12,7 Millionen Mark für die Festungen, und der Flottenzuschuß be⸗ zifferte sich auf 49 650 000 c. Der Flottenzuschuß muß sich in den nächsten Jahren weiter vermindern und wird bald ganz ver⸗ schwinden, sodaß alsdann neben der Wohnungsfürsorge nur noch werbende Ausgaben, also in der Hauptsache für Post und Eisenbahn, die Anleihe belasten werden. Da anderseits die Tilgungssumme noch steigen muß, so ist bei normalem Verlaufe der Zeitpunkt nicht mehr fern, wo diese Beträge den Zugang an außerordentlichen Ausgaben übersteigen und dann auch dle größten Zweifler, wie sie sich noch immer in der Presse und vereinzelt auch in diesem hohen Hause finden (sehr richtig! und Zurufe bei den Sozialdemokraten), die Realität unserer Schuldentilgung nicht mehr werden anfechten können. (Bravo)
Wie erfolgreich wir auf dem seit einigen Jahren eingeschlagenen Wege vorgeschritten sind und wie richtig sich unser Vorgehen nament⸗ lich auch für Zeiten der Geldversteifung erweist, wollen Sie den folgenden Zahlen entnehmen. Die außerordentlichen Ausgaben sind veranschlagt für 1911 auf 216 975 817 ½, für 1912 auf 134 473 100 ½, für 1913 auf 118 634 500 M und für 1914 auf 92 702 000 S6„—. Die Effektivanleihe (nach Absetzung der außerordentlichen Einnahmen) be⸗ zifferte sich für 1911 auf 97 500 0066 , für 1912 auf 50 394 896 , für 1913 auf 39 151 035 , und soll 1914 17697 160 6 betragen. (Bravo! rechts und in der Mitte.) Bei der letzten Ziffer ist überdies noch zu berücksichtigen, daß der Münze ewinn mit rund 10,8 Millionen Matk nicht als außerordentliche Einnahme zur Absetzung vom Anleihe⸗ soll verwendet werden soll, sondern nach der bekannten gesetzlichen Bestimmung zur Bildung eines außerordentlichen Kriegsschatzes in Gold und Silber. Hätte man wie in früheren Jahren diesen Betrag vom Anleihesoll abgesetzt, so würde die Effektivanleihe in diesem Jahre nur noch rund 7 Milltonen Mark betragen haben.
Nun wird sich ja in den nächsten Jahren eine Anleihebegebung nicht ganz vermeiden lassen, well noch immer die Anleihekredite der Vergangenheit von rund 300 Millionen ihrer Realisierung harren. Die Finanzverwaltung wird dabei aber den Anleihemarkt nach Mög⸗ lichkeit schonen. Die Gründe, die hierzu nötigen, sind Ihnen bekannt. Ich habe mich darüber und über die Kursbewegung speziell im vorigen Jahre, in meiner Etatsrede vom 4. Dezember hier des näheren ausgelassen. In Ergänzung meiner damaligen Ausführungen und zugleich als Beleg für den internationalen Charakter der rückläufizen Kurs bewegung will ich nur noch erwähnen, daß in der Zwischenzeit die englischen Konsols an einzelnen Tagen unter 73 0½ heruntergegangen sind, am 5. und am 10. Juli auf 72,29 o, am 9. Oktober 72,67 0 /. Mit diesem Stande unter 73 n hatten sie ihren bisherigen Tiefstand erreicht.
Neuerdings scheint sich bei uns die Aussicht auf Entspannung des Geldmarktes vorzubereiten, die auch unseren Anleihen eine gewisse Aufbesserung bringen wird.
Das Etategesetz für 1914 schließt sich eng an seinen Vorgänger an und bietet zu Bemerkungen keinen Anlaß. Der Schatzanweisungs—⸗ kredit zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel der Reichs⸗ hauptkasse mußte, weil die Wehrbeltragsrate für 1914 erst am 15. Fe⸗ bruar 1915, also ziemlich am Ende des Rechnungsjahres eingeht, wiederum auf die hohe Summe von 600 Millionen bemessen werden.
Anlangend die Einnahmen im einzelnen, so ist in dem Etatsentwurf für 1914 die gesamte Reineinnahme aus den Zöllen und Steuern mit 16814 Millionen Mark eingestellt worden; das sind 113 Millionen Mark mehr, als der Ansatz für 1913 betragen hat. Da nun aber der Mehransatz aus den neu bewilligten Steuern nach Abzug der wegfallenden Zuwachssteuer 129 Millionen ausmacht, so heißt das in Wirklichkeit, daß ohne Berücksichtigung des Mehransatzes die Gesamteinnahme für 1914 um 1 Million niedriger angesetzt ist als im Vorjahre. (Hört, hört! im Zentrum) Trotz der günstigen Entwicklung einzelner Steuerzweige erscheint dieses Vorgehen begründet; denn einmal war aus den bereits angeführten Gründen bei den Zolleinnahmen große Zurückhaltung geboten; ferner war bei der Branntweinsteuer, der Schaumwein⸗ steuer, beim Kauf⸗ und Anschaffungsstempel und bei der Grund—⸗ wechselabgabe nach dem Einnahmeergebnis der letzten Zelt ein Minder⸗ ansatz angezeigt, und endlich konnte auch beim Effektenstempel— ohne das Plus aus den Gesellschaftsverträgen — die im Nachtragè—⸗ etat für 1913 noch einmal vorgenommene Erhöhung des Etatsansatzes um 4 Millionen Mark nach Lage der Verhältnisse für das kommende Jahr nicht wohl wiederholt werden.
Bei Post und Elsenbahn sind die Ueberschüsse der Einnahmen über die Ausgaben ebenfalls niedriger angesetzt als im Vorjahr, und zwar um 123 Millionen und 12 Millionen Mark.
Erwähnenswert ist, daß die Einnahmen aus dem Hinterbltebenen⸗ versicherungsfonds zur Bestreitung des größeren Bedürfnisses um 641 500 ½Æ erhöht werden sollen. Der Nennwert des Fonds bezifferte sich am 15. Oktober auf 54 056 900 „S. Es ist dies der Höchstwert, den der Fonds erreichen kann, da von nun an die Zinsen nicht mehr ausreichen werden, die Belastung zu decken.
Bei Kap. 21 Tit. 5 und 6 sind die Restbeträge der Ueberschüsse von 1911 und 1912 eingestellt. Es ist dies ein Punkt, der einer be⸗ sonderen Erörterung bedarf, wie denn auch in diesen Tagen noch von einer hiesigen großen Zeitung mit Recht hervorgehoben worden ist— daß man hierüber eine nähere Aufklärung im Verlaufe der Etatsrede erwarten müsse. Es scheint ja vielleicht auf den ersten Blick, als wäre es richtiger gewesen, die Ueberschüsse von 43 Millionen Mark, die zur Deckung der einmaligen Mehrausgaben der Heeresgesetze von 1911 und 1912 für die Zeit bis 1917 dienen sollten, verhältnis⸗ mäßig auf die für das laufende Jahr und für die nächsten Jahre aus jenen Gesetzen zu erwartenden Mehrausgaben zu verteilen. Das erwie sich aber technisch als eine Unmöglichkeit. Die Ausgaben aus den Heeresgesetzen von 1911, 1912 und 1913 greifen derart in⸗ einander über, daß sie auf die Dauer nicht gesondert nachgewiesen werden können. Nun erschien es aber auch materktell zulässig, den ganzen Rest in diesem Jahre zu verwenden; denn einmal — Ste werden das des näheren ersehen, wenn Sie noch einmal die Finanz- denkschtift aus dem Jahre 1912, Drucksache Nr. 354, zur Hand nehmen — sind die Ausgaben, die für die nächsten Jahre vor⸗ gesehen waren, ganz bedeutend niedriger als die bisher erwachsenen, und sodann sind — wie ich hinzufügen kann — diese Ausgaben zu einem sehr beträchtlichen Teile bereits vorweggenommen. Endlich darf auch nicht übersehen werden, daß wir in unserem ordentlichen Etat verschiedene einmalige Ausgaben haben, die im Laufe der nächsten
Doppelzentner betragen, in dem gleichen Zeltraum des Jahres 1912
20,3 Millionen, die Wohnungsfürsorge des Reichs mit 4 Millionen
Jahre wegfallen werden. Aus den so freiwerdenden Summen würde
also die Deckung der Ausgabereste beschafft werden. Ueberhaupt be⸗ reiten mir die bereits jetzt feststehenden Forderungen — soweit sie nicht auf den Wehrbeitrag kommen — dle geringere Sorge. Meine Sorgen liegen nach einer anderen Richtung hin.
Ganz unbedenklich ist die Verwendung des restlichen Ueberschusses von 1912 mit 102 Millionen Mark für den Gold⸗ und Silberschatz. Was wir hier von der überschüssigen Summe ausgeben, behalten wir ja für uns, indem wir es dauernd niederlegen. Die Sache liegt also insofern nicht viel anders als bei der im vorigen Jahre erfolgten Ab⸗ bürdung der Vorschüsse der Heeres und Marineverwaltung mit 106 Millionen Mark, wobet der Betrag allerdings in dem Etat als Ausgabe gebucht wurde, aber uns doch für die Betriebsmittel dauernd verblieb.
Anlangend die Schaffung des Goldschatzes, so sind auf Grund des Gesetzes vom 3. Juli bis jetzt 75 Millionen Mark in Reichs— kassenscheinen ausgegeben worden, und zwar 55 Millionen in Ab— schnitten zu 10 1 und 20 Millionen in Abschnitten zu 5 . Diese Kassenscheine sind der Reichsbank gegen einen gleichen Betrag an Zwanzigmarkstücken ausgehändigt und die letzteren sind nieder— gelegt worden, sodaß wir jetzt berelts mehr als drei Fünftel des Gold— schatzes angesammelt haben.
Die Inverkehrbringung der neuen Kassenscheine vollzieht sich ohne Schwierigkeit. Die Bildung des Goldschatzes wurde durch den hyhen Goldbestand der Reichsbank erleichtert. Obwohl die Bank am 29. November bereits 68 Millionen Mark Gold abgegeben hatte, besaß sie an diesem Tage den vor dem Oktober dieses Jahres überhaupt seit ihrem Bestehen unerreichten Goldbestand von 1219,5 Millionen Mark. (Hört, hört) Um die gleiche Zeit besaß die Bank im Jahre 1912 nur 769,6 Millionen, im Jahre 1911 nur 809 Millionen, im Jahre 1910 nur 738 Millionen Mark an Gold; also der höchste Stand aus den letzten drei Jahren an dem bezeich⸗ neten Termin wurde in diesem Jahre noch um reichlich 50 υο über—⸗ schritten.
Die Bildung des Silberschatzes ist bisher noch ausgesetzt geblieben, weil erst bet den in Betracht kommenden Bankanstalten, die dazu be— nötigten Ressorts instand gesetzt werden mässen.
Die Matrikularbeiträge sind wiederum mit 80 3 für den Kopf der Bevölkerung eingesetzt worden.
Aus dem Wehrbeitrag werden rund 393 Millionen Mark eingestellt. Nach dem Deckungsplan in der Gestalt, die er durch die Beschlüsse des Reichstags angenommen hat, sollen die fortlaufenden Kosten der Wehr⸗ vorlage im Jahre 1914 153 Millionen Mark betragen, von den einmaligen durften für das kommende Rechnungsjahr 273 Millionen Mark dem Wehr⸗ beitrag entnommen werden. Tatsächlich angewiesen sind darauf an ein⸗ maligen Kosten nur 268 Millionen, an fortlaufenden nur 125 Millionen. Die Differenz deckt sich etwa mit den Beträgen, die von Ihnen an Gesellschafts, und Versicherungsstempel, sowie an Erbschaftssteuern dauernd bewilligt sind. Die aus dem Wehrbeitrage zu entnehmende 96. itt nun für uns auch tatsächlich verfügbar, wenn man nach Abzug des Gesamtbetrages der einmaligen Kosten den Rest auf die Jahre 1914, 1915 und 1916 verhältnismäßig verteilt, — unter Be— , einerseits der neuern Steuern, andererseits des Wegfalls der den Bundesreglerungen für 1914 noch zu zahlenden Stempel⸗ steueren fschüdiqung. Allerdings kann ich dies immer nur unter der ö w sagen, daß der Wehrbeitrag auch wirklich in der ge— b Höhe eingeht, und das ist eine Annahme, die man . ö. . nutze noch mit einem Fragezeichen ver⸗
ußz. (Gört! hört h tatsächlichen Verh
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Ich stelle Ihnen die Lage genau so dar, wie sie sich tatsächlich verhält. Mir soll von keiner Seite mit Fug der Vorwurf gemacht werden, ich hätte das Etatsbild auch nur um einen Ninselstrich heller gefärbt, als es in Wirklichkeit ist.
Es bleibt noch übrig, einen Blick auf die Ausgebeetats der einzelnen Verwaltungen zu werfen, was in aller Kürze geschehen soll. Das Auswärtige Amt beansprucht an fortdauernden Ausgaben ein Mehr von beinahe 18 Millionen Mark. Hiervon entfallen 650000 auf die in der beigegebenen Denkschrift erläuterte Neuordnung der Besoldungen der Auslandsbeamten, die durch das Besoldungsgesetz der Durchführung im Etat vorbehalten war. Durch die Neuordnung wird neben den Vorteilen des Dienstalterstufensystems und einer besseren Anpassung an die örtlichen Teuerungsverhältnisse auch eine Er— leichterung des Zugangs zum diplomattschen und konsularischen Dienst erstrebt, wie sie seit langem auch in Ihren Wünschen liegt. Sodann mache ich zu dem Etat des Auswärtigen Amts aufmerksam auf die Erhöhung des Fonds für unsere Auslandsschulen um 400 000 (S, womit der Fonds jetzt eine Höhe von 19 Millionen Mark erreicht hat. Ich weise darauf besonders hin, nicht wegen der Summe von 400 000 , die vielen von Ihnen für diesen Zweck noch zu gering erscheinen wird, sondern um hieran die Bemerkung zu knüpfen, daß bei aller Einschränkung in der Aufstellung doch an den verschiedensten Stellen des Etats auch noch zur Förderung nationaler, wirtschaftlicher und kultureller Interessen Mittel eingestellt werden konnten.
Bei den allgemeinen Fonds des Reichsamts des Innern sind hervorzuheben teils größere, teils geringere Mehraufwendungen, so für das römisch⸗germanische Museum in Mainz, dle Binnenfischerei, die deutschen Seemannsheime, die Ausdehnung des wetter⸗telegraphischen Dienstesz und, was gerade bei der gegenwärtigen Wirtschaftslage wichtig erscheint, für den Verband deutscher Arbeits nachwelse.
Bei Kapitel 71 Titel 12 ist die Hälfte der Titelsumme angesetzt, weil die für die Einrichtung der Postdampferverbindungen nach Ost, asien und Australien geschlossenen Verträge mit dem 30. September ihr Ende erreichen. Die weltere Regelung dieses Postdampferdienstes befindet sich noch in der Schwebe.
Die Belastungen des Reichs aus den nach der Reichs versiche⸗ rungöordnung zu gewährenden Leistungen sind rund 2 Millionen Mark höher. Für die Ausgaben für die Hinterbliebenenversicherung ist die entsprechende Einnahme aus dem Hinterbliebenenversicherungsfonds im Etat der allgemeinen Finanzverwaltung bereitgestellt.
Die Unterstützungen der Familien der zu Friedensübungen ein⸗ berufenen Mannschaften erfordern ein Mehr von 1757 000 , sodaß lich die Titelsumme auf 6046 000 M erhöht. Vas bedeutet eine
Steigerung von 100 ½ gegen das Jahr 1911. Eine weitere Steige⸗ rung ist zu erwarten wegen der vermehrten Einziehung von Mann schaften infolge der Heeresverstärkung und dann auch voraussichtlich unter dem Einfluß der bevorstehenden neuen Festsetzung des Ortslohns. Es empfiehlt sich jedenfalls, die Wirkung dieser beiden Faktoren ab— zuwarten, ehe man der vom Reichstag gewünschten anderen Bemessung der Unterstützungssätze näher tritt.
Für die aus Anlaß der Wehrvorlage beschlossenen Aufwands⸗ entschädigungen an Familien, von denen mehr als 3 Söhne ihrer gesetzlichen zwei⸗ oder dreijährigen Diensipflicht im Reichsheer oder in der Marine genügt haben oder genügen, waren im Etat 1913 für die zweite Hälfte des Jahres 240 000 „ eingesetzt. Da die Er⸗ mittlungen über den wirklichen Bedarf noch nicht abgeschlossen werden konnten, blieb nichts übrig, als für das Jahr 1914 nur die rein rechnungsmäßige Aenderung vorzunehmen, daß an Stelle des halben Jahreebetrages der ganze, also statt 240 000 S 480 000 in den Etat eingestellt wurden. Inzwischen scheint wenigstens soviel schon festzustehen, daß ein sehr viel höherer Betrag, ein Vielfaches der ein— gesetzten Summe erforderlich werden wird, um dem Zwecke gerecht zu werden. Es wird hierüber sowie über die Fassung des Dispositips in Ihrer Budgetkommission noch des weiteren zu verhandeln sein.
Bei den einmaligen Ausgaben des Reichtzamts des Innern sind hervorzuheben die teils erstmaligen, teils erhöhten Aufwendungen für die Pockenforschung, für die Bekämpfung der Tuberkulose, für die Versuchsanstalt für Luftfahrt, für die Untersuchung der in gewissen chemischen Fabriken beschäftigten Arbeiter, für die Beteiligung der Industrie an der baltischen Ausstellung in Malmö im Jahre 1914 und für die 1916 in Berlin geplanten Olympischen Spiele.
Für den Kaiser Wilhelm Kanal sind 15 Millionen Mark ein— gestellt, womit die ganze für die Erweiterung ausgeworfene Summe von 223 Millionen Mark his auf 15 Millionen erschöpft wird. Der Betrieb auf dem erweiterten Kanal wird voraussichtlich schon vor der völligen Fertigstellung im Frühjahr 1914 möglich sein. Dadurch werden allerdings auch wieder weitere persönliche und sächliche Aus⸗ gaben nötig, für die der Etat bei den fortdauernden Ausgaben des Kanalamts ein Mehr von über S800 000 S vorsieht. Die große Steigerung dieser Ausgaben legt die Erwägung nahe, ob es nicht auch möglich wäre, da doch durch die Erweiterung des Kanals der Schiff— fahrt zweifellos größere Vorteile geboten werden, nun auch mit den Kanalgebühren gegen früher etwas in die Höhe zu gehen. (Zuruf links: Na nu!)
Der Militäretat steht unter dem Zeichen der planmäßigen Ab⸗ wicklung der Heeresverstärkungen von 1911 und 1912 sowie der großen Wehrgesetzgebung von 1913. Neben den unmittelbar auf der Rüstungs—⸗ verstärkung beruhenden Forderungen werden unter anderem Geldmittel verlangt im Interesse der reichlicheren Verpfleguag von Mann und Pferd, der Verbesserung der Beleuchtung in den Mannschafts⸗ und Kasernenkrankenstuben, der Erhöhung und Verzinsung der Dienstprämien und der Verbesserung der Unterkunft der Unteroffiziere. Ferner hat sich eine Erhöhung des Unteroffizierunterstützungsfonds als notwendig erwiesen; der Mehrbetrag soll im wesentlichen den Unteroffizieren in Elsaß⸗-Lothringen zugute kommen, um den Ersatz zu erleichtern.
Der Marineetat bringt bei einem Mehr von insgesamt 8,2 Millionen Mark gegen das Vorjahr ein weiteres Zurückgehen des Anleihebedarfs von 20,2 Millionen Mark. Das bedeutet also bei dem Ordinarium zusammen ein Mehr von 28.4 Millionen Mark Die persönlichen und sächlichen Forderungen halten sich in dem Rahmen, der durch die Flottengesetze in Verbindung mit der Wehr⸗ gesetzgebung von 1913 gezogen ist. Soweit die Ausgaben darüber hinausgehen, findet das seine Erklärung teils in Maßnahmen, die nach dem Vorgang bei dem Landheer auch bei der Marine zu treffen waren, teils darin, daß gewisse Bedürfnisse über den ursprünglichen Anfatz der Bedarfsberechnung hinaus Berücksichtigung erheischten.
Im Etat für das Schutzgebiet Kiautschou und das ostasiatische Marinedetachement verringert sich der Reichszuschuß gegen das Vor— jahr um Hg 0000 S6. Er bleibt infolge des zur Balancierung zur Verfügung stehenden Ueberschusses aus 1912 für 1914 sogar um bei⸗ nahe eine halbe Million hinter dem Betrag der Militärausgaben, einschließlich derjenigen für das verstärkte ostasiatische Marlnedetachement, zurück. Auch die Entwicklung der fortdauernden eigenen Ein— nahmen zeigt ein günstiges Bild. In Aussicht genommen ist eine Neuveranlagung der Grundsteuer und die Einführung einer Ab— gabe vom Alkohol. Bei den fortdauernden Ausgaben erfährt eine unwesentliche Steigerung die Aufwendung für die deutsch⸗chinesische Hochschule, deren weiterer Ausbau unter den obwaltenden Verhältnissen nicht weiter hinausgeschoben werden kann. Unter den einmaligen Ausgaben wird die Errichtung einer staatlichen Baumwollpresse in Tsingtau Ihr Interesse erregen. Das ostasiatische Detachement soll, von kleinen Aenderungen abgesehen, auf dem vorjährigen Stande belassen werden.
Im Etat der Reichs⸗Post. und Telegraphenverwaltung ist in weiterer Durchführung der Grundsätze, die seit Jahren unter Zu— stimmung beider gesetzgebenden Faktoren von uns beobachtet werden, eine Reihe von neuen Stellen vorgesehen, und zwar gehen diese mit über 10 000 weit über das Maß aller früheren Beamtenvermehrungen hinaus. Auch die mißliche Lage der Auftückungsverhältnisse der älteren Beamten der höheren Laufbahn hat Berücksichtigung gefunden; man hat veisucht, dies in einer Weise zu tun, die in gleichem Maße den Interessen der Verwaltung und denjenigen der einzelnen Beamten entspricht. Das Mißverhältnis in den Bezügen, das infolge der Be— seitigung der Ostmarkenzulage in den betroffenen Landesteilen zwischen den Reichs- und Landesbeamten besteht, hat die verbündeten Regierungen beranlaßt, die Frage von neuem Ihrer Beschlußfassung zu unter— breiten. (Bravo rechts.)
An sächlichen Ausgaben finden Sie — auf dem ordentlichen
Etat — eine weitere Rate von 5. Millionen zur Fortsetzung des
Fernsprechkabels nach dem Westen. Die Anleihe für Fernsprech zwecke
ist auf 397 Millionen gegen 35 Millionen im laufenden Jahre be—
messen. Interessieren wird Sie die Einrichtung einer Postsparkasse
in Deutsch Ostafrika. .
Wenn ich Ihnen jetzt noch einen karzen Ueberblick über die
Finanzverhältnisse in den Kolonien gebe, so bin ich in der angenehmen
Lage, Ihnen von vornherein erklären zu können, daß Sie fast nur
erfreuliches hören werden. (Bravo! rechts) Dle eigenen Ein—
nahmen haben insgesamt um 194 Millionen in diesem Etat erhöht werden können. Die Ursache hierfür bildet neben dem allgemeinen
Fortschreiten die Rückwirkung günstiger Abschlüfse der früheren
Jahre, aber dann besondertz auch die Diamanteneinnahme in
Süidwestafrika, die allein mit 71 Millionen Mark höher ein⸗ gestellt werden konnten. Die bergtechnischen Feststellungen, nach denen wir noch fär einen mehrjährigen Zeitraum mit dieser Diamantenförderung rechnen können, geben unt die Möglichkeit, der wirtschaftlichen Erschließung des Schutzgebietes beträchtlichere Mittel zur Verfügung zu stellen, als dies noch vor wenigen Jahren der größte Optimist erwarten durfte. Der Etat des Schutzgebtets weist demgemäß schon für 1914 eine bedeutend relchere Ausstattung der hauptsächlichen wirtschaftlichen Fonds auf. Für ihre Dotierung in Zukunft wird eine noch sicherere Basis gewonnen werden können, wenn die auf eine gleichmäßige Gestaltung der Produktion und des Absatzes gerichteten Bestrebungen Erfolg haben.
Auch die übrigen Schutzgebiete welsen mehr oder minder Stei⸗
gerungen der eigenen Einnahmen auf. In Ostafrika tritt dies besonders in dem starken Anwachsen der Erträgnisse aus Zöllen und Kopfsteuern — einer Folge der sich hebenden 6konomischen Lage der Eingeborenen — zutage. In Kamerun wird die an sich auch dort gegebene Fortentwicklung der Finanzen zurzeit durch die Ihnen be—⸗ kannten ungünstigen Vorgänge am Gummimarkt beinflußt. Es ist infolgedessen unter anderem eine Erhöhung der Zölle für erforderlich erachtet worden, deren Erträgnis zur besonderen Förderung der in ihrer Entwicklung gefährdeten Südbezirke dienen soll. In Neuguinea konnte als erste Folge der in Angriff genommenen wirtschaftlichen Hebung des Schutzgebiets der Ansatz an eigenen Einnahmen um 340 000 erhöht werden. . Auf dem Wege eines allgemeinen finanziellen Aktivwerdens, d. h. der Basierung der Ausgaben auf eigene Einnahmen, sind die kleineren Schutzgebiete Togo und Samoa, die ihn bereits zurückgelegt haben, den größeren weit vorausgeeilt; für das Jahr 1914 aber besteht nun die Aussicht, daß auch die größeren Schutzgebiete auf diesem Wege einen tüchtigen Schritt vorankommen werden. Für das Reich ergibt sich hieraus auch ein unmittelbarer praktischer Vorteil. Es konnte jetzt in der von Ihrer Budgetkommission vorgezeichneten Richtung weiter vorgegangen und das Reich in bezug auf seine mili⸗ tärischen Aufwendungen für die Schutzgebiete entlastet werden. Der Etatsentwurf beteiligt an diesen Aufwendungen zunächst Ostaftika und Südwestafrika. In Kamerun wird noch die Entwicklung der durch die Gebietserweiterung und durch die Gestaltung des Gummi— markts beeinflußten Wirtschafts⸗ und Finanzlage abgewartet werden müssen.
Der außerordentliche Etat der Schutzgebiete hält sich mit rund 57 Millionen Mark ungefähr auf der Höhe des laufenden Jahres. Sämtliche Mittel sind, wie in früheren Jahren, für werbende Aus⸗ gaben eingestellt: die für Kamerun und Ostafrika mit rund 15 und 37 Millionen Mark zur Weiterführung der begonnenen großen Eisen⸗ bahnbauten, für Kamerun außerdem zur Durchführung einer um— fassenden Sanierung von Duala, für Ostafrika außerdem zur In angriffnahme der wichtigen Erschließungsbahn nach den Hochländern bon Ruanda und Urundi; außerdem soll die Usambarabahn bis Aruscha weitergeführt werden. Südwestafrika beansprucht zunächst 5 Millionen Mark zur vollständigen Abbürdung seiner Schuldverpflichtungen aus dem Erwerb der Otavibahn.
Ich komme nun noch auf etwas, was nicht im Etat steht, und woran Sie doch lebhaften Anteil nehmen werden, nämlich auf einige Anregungen aus Ihrer Mitte, die das Gebiet der Finanzen berühren und die sich hoffentlich im Laufe des nächsten Jahres zu Gesetzen ver⸗ dichten werden.
Seit dem Jahre 1912 haben sich in der Organisation des Reichs⸗ dienstes einzelne Aenderungen meist von ganz geringer Bedeutung er⸗ geben, die aber doch eine Ergänzung oder Aenderung des Besoldungẽgesetzes notwendig machen. In Verbindung damit gedenkt die Reichs leitung auch die Bezüge der Deckoffiziere gemäß der dem Reichstag gegebenen Zusage neu zu regeln. (Bravo! links.) Ferner werden aus der mit dem 1. Oktober in Krast getretenen Gehaltserhöhung der Beamten der Postassistenten⸗ und Postschaffnerklasse gewisse Folgerungen für andere Beamtenklassen zu ziehen sein. Es wird beabsichtigt, das gesamte Material in einer Besoldungsnovelle zusammenzufassen und Ihnen ju unterbreiten.
Eine alte Forderung des Hauses harrt weiter der Erfüllung: eine Berücksichtigung der Altpensionäre und Althinterbliebenen, soweit hierfür ein Bedürfnis sich ergibt. Entgegen ihrer früheren An⸗ schauung hat sich die Reichsleitung jetzt der Auffassung zu⸗ gewandt, daß man nicht im Wege gelegentlicher Unterstützungen Abhilfe schaffen solle, sondern daß eine gesetzliche Unterlage hierfür geschaffen werden müsse. (Lebhafter Beifall.) Ge⸗ nauere Mitteilungen hierüber sowie über die Höhe des Bedarfs und die damit zusammenhängenden Fragen bitte ich mir im Augenblick zu erlassen, weil der Bundesrat noch nicht gesprochen hat. Nur möchte ich an Sie und namentlich an die großen Gruppen der daran Interessierten draußen im Lande die Bitte richten, die Hoff⸗ nungen und Erwartungen in dlesem Falle nicht allju hoch zu spannen (Heiterkeit) Wir werden dem bestehenden Bedürfnis gerecht zu werden suchen; aber wir müssen uns hier wie überall nach der Decke strecken. (Zustimmung.)
Ich komme zum Schlusse meiner Etatsbetrachtun gen. Ich glaube, Ihnen dargelegt zu haben, daß, wenngleich der Etat angesichts einer ungewissen Zukunft knapp zugeschnitten werden mußte, es doch möglich sein wird, nicht nur für die dringenden materiellen Bedürfnisse, ich möchte sagen: für das tägliche Brot des Reichs, sondern auch für eine ganze Reihe auf weiterem Gebiete liegender Forderungen Vor⸗ sorge zu treffen. Daß viele Wünsche unberücksichtigt bleiben mußten, ist eine unvermeldliche Folge der Lage. Einschränkung und Be⸗ scheidung müssen heute, und ich füge binzu: auch in Zukunft unsere Debise sein, wenn wir nicht die Verhältnisse entweder des Finanz · wesens oder des Steuerzahlers unheilbar zerrütten wollen. Bravo! linke.) Und damit bin ich wieder zu dem Thema angelangt, dag ich im Beginn meiner Rede angeschlagen habe, und bon dem ich nun einmal nicht loskomme. Ein früherer preußlscher Minister hat einem von ihm herausgegebenen Beamtenhaushaltebuche den Ausspruch eines Redners aus dem alten Rom vorangestellt: Non intelligunt homines, quam magnum vectigal sit parsimonie-—— „»die Menschen wollen nicht einseben, eine wie große Einnahme- quelle sie in der Sparsamkeit besitzen!. (Große Heiterkeit) Meine Herren, das heißt in die parlamentarische Sprache unserer Zeit übersetzt: man glaubt nicht, wie großen, folgenschweren Steuerkã mpfen und Steuernöten man aus dem Wege geden kann, wenn man nur rechtzeitig die Ausgaben den seweilz verfügbaren Mitteln andaßt⸗
(Allseitige Zustimmung. — Juruf aus dem Jentrum: r Zerttum: Senn