.
Zu Handelsrichtern sind ernannt, der Kaufmann Julius Eduard Jassoy in Frankfurt a. M., wiederernannt: der Bankler, Kommerzienrat Wilhelm Pfeiffer und der Kauf— mann Arnold Grolm an in Düsseldorf., der Kaufmann und
nul Ernst Leo in Königsberg i. Pr., der Bankdirektor
artin Fried !laender, der Fahrikbesitzer August Bumke, die Kaufleute Franz Bengsch und Georg Werckmeister in Bromberg.
Zu stellvertretenden Handelsrichtern sind ernannt: der Kaufmann Philipp Passarnant in Frankfurt a. M. und der Bankdirektor und Stadtrat Hans Beckert in Bromberg, wiederernannt: der Kaufmann George Leopold Heygster in Königsberg i. Pr., die Kaufleute LeJ Matthes und Karl Beck in Bromberg, der Fabrikbesitzer Fritz Falckenberg in Chobielin bei Nakel und der Fabrikdirektor Dr. Paul Mehne in Amsee bei dem Landgericht in Bromberg, der Kaufmann und Konsul Ernst Helfft und der Kaufmann Paul Körner in Stettin.
In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht die Rechts⸗ anwälte: Justizrat Dr. Ludewig bei dem Landgericht in Erfurt, Josef Forkenbeck und Dr. Utsch bei dem Land⸗ gericht IL in Berlin, Dr. Schwabe bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Göttingen, Heydeman bei dem Amts⸗ gericht in Mörs, Heine bei dem Amtsgericht in Eltville, Zippel bei dem Amtsgericht in Genthin und Dr. Gumtz bei dem Amtsgericht in Merseburg.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen die Rechts⸗ anwälte; Dr. Schwabe aus Göttingen bei dem Landgericht J in Berlin, Muhl aus Schleswig bei dem Landgericht in Flensburg, Heine aus Eltville bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Wiesbaden, Klemme aus Bütow bei dem Amtsgericht in Oranienburg, Dr. Heinrich Müller aus Vüsseldorf bei dem Amtsgericht in Mörs, die Gerichts= assessoren:. Dr. Bruno Isaac bei dem Landgericht 1I in Berlin, August Schumacher bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Bonn, Sprung bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Koblenz, Dr. Hegemann und Kahn bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Cöln, Er densohn bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Dortmund, Dr. Otto Hahn bei dem Amts⸗ gericht und dem Landgericht in Erfurt, Zucker bei dem Amts⸗ gericht in Waldenburg, Tenholter bei dem Amtsgericht in Wittlich, Spangemacher bei dem Amtsgericht in Dorsten, Helmuth Werner bei dem Amtsgericht in Friedrichsiadt, Schneidereit bei dem Amtsgericht in Heydekrug, Windorf bei dem Amtsgericht in Schleusingen und der frühere Gerichts“ assessor To dt bei dem Amtsgericht in Sandau.
Der Landgerichtsrat Poddey in Tilsit und der Amts—⸗ gerichtsrat Schönlicht in Burg bei Magdeburg sind gestorben.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Versetzt sind: der Regierungs- und Baurat Gerhardt von Breslau an das Polizeipräsidium in Berlin, die Bauräte Brügner von Buxtehude an die Regierung in Lüneburg und Schultz (Georg) von Danzig als Vorstand des Hochbauamts in Schwetz a. W., ferner die Regierungsbaumeister Hocke⸗ meyer von Breslau als Vorstand des Neubauamts in Ohlau (im Geschäftsbereich der Oderstrombauverwaltung) und Bau⸗ mann von Schwetz a. W. als Vorstand des Hochbauamts in Burtehnde.
Der Eisenbahnverkehrsinspektor Schumacher, bisher in Berlin, ist als Vorstand des Eisenbahnverkehrsamts nach Weimar versetzt.
Bekanntmachung.
Auf Grund der Nummer 4 der in Nr. 213 des „Deut— schen Reichs- und Königlich Preußischen Staatsanzeigers“ vom 9. September 1913 veröffentlichten, am 22. Mai 1912 in Kraft getretenen Grundsätze für amtliche Tintenprüfung . ferner folgende Firmen Kennmarken für ihre Tinten bei dem unterzeichneten Amt eintragen lassen:
Nr. der Kenn⸗ marke
Firma Bezeichnung der Tinte
30 Rheinische Tintenfabrk Wilson'z Normal. Archi- Tinte Ferger & Co., Cöln, Urkundentinte.
Lütticherstr. 38, . 51 Die selbe Wilson's Aleppo Tinte Eisen⸗ giznullus Schreibtinte.
Berlin⸗Lichterfelde West, den 29. November 1913.
Königliches Materialprüfungsamt. A. Martens.
Aichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 6. Dezember 1913.
Seine Majestät der Kaiser und König hatten, wie bereits gemeldet, für gestern vormittag den Reichskanzler, den Statthalter von Elsaß-Lothringen und den Kommandierenden General von Deimling nach Donaueschingen befohlen, um weitere Vorträge über die bekannten Vorgänge in JZabern entgegenzunehmen. Seine Majestät haben, wie „W. T. B. mitteilt, darauf zu bestimmen geruht, daß die Garnison von Zabern bis auf weiteres nach dem Truppenübungsplatz verlegt wird. Die schwebenden kriegsgerichtlichen Verfahren werden mit Beschleunigung zu Ende geführt.
Seine Mgjestät der Kaiser und König hörten gestern auf der Fahrt von Donaueschingen nach Stuttgart den Vortrag des Vertreters des Auswärtigen Amts, Gesandten von Treutler.
Die ver iniglen n Autsschů usschüsse des Bundes rats für Zoll— und Steue 22 und für ö die . Ausschüsse für Zoll! und Steuerwesen und für Justizwesen sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute
Sitzungen.
Der preußische Justizminister hat unterm 3. d. M. auf Grund von 8 14 des Gesetzes über die juristischen Prüfungen und die Vorbereitung zum höheren Justizdienste vom 6. Mai 1869 (Gesetzlamml. S. G56) eine allgemeine Verfügung, be⸗ treffend die Gebühr für die große Staatsprüfung, erlassen, die unter Aufhebung der allgemeinen Verfügung vom 10. März 1909 folgendes bestimmt:
1.
Die von jedem Referendar f die große Staatsprüfung zu ent— tichtende Gebübr beträgt einhundert Mark.
Die Gebühr ist alsbald nach der Zulassung zur Prüfung zu entrichten.
§ 2. I) Beschränkt sich die Prüfung . ; a. 99 i mündlichen Teil, so beträgt die Gebühr fünfzig ark, b. auf eine oder zwei der schriftlichen Arbeiten, so beträgt die Gebühr für jede Arbeit vierzig Mart, . c. auf den mündlichen Teil und eine der schriftlichen Arbeiten, so beträgt die Gebühr neunzig Mark. Die Bearheitung der zwei Rechte fälle (5 56 Pr. O.) gilt im Sinne dieser Verfügung als eine schriftliche Arbeit. . 2) Erledigt sich die Prüfung vor ihrer Vollendung, so finden für die Erhebung der Gebühr die Vorschrisften des Abf. J entsprechende Anwendung. ) Ist im Falle 2 weder eine schristliche Arbeit angefertigt noch mit der mündlichen Prüfung begonnen, fo wird eine Gebühr von fünfzehn Maik erhoben.
§ 3.
Für die Prüfung von Referendaren, deren Prüfung der Justiz— prüfungskommission durch eine bei ihr vor dem 1. Oktober 1913 ein⸗ gegangene Verfügung aufgetragen ist, sind die Gebühren nach den bisherigen Vorschriften zu erheben.
Württemberg.
Seine Majestät der Kaiser und König ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern abend aus Donaueschingen in Stuttgart eingetroffen und auf dem Bahnhof von Seiner Majestät dem König Wilhelm, Ihren Königlichen Hoheiten den Herzögen Philipp und Albrecht von Württemberg und den übrigen männlichen Mitgliedern des Königlichen Hauses, dem Kriegsminister, General der Infanterie von Marchthaler, dem kommandierenden General von Fabeck, dem Kommandeur des Dragonerregiments Königin Olga (1. Württembergischen) Nr. 25, Oberstleutnant von Gleich u. a. empfangen worden. Nach herzlicher Begrüßung und der Vorstellung der Gefolge fuhren die Majestäten unter lebhaften Kundgebungen der Bevölkerung nach dem Residenz⸗ schloß. Nach dem Diner besuchte Seine Majestät der Kaiser in Begleitung Ihrer Majestäten des Königs und der Königin die Vorstellung im Königlichen Hoftheater.
Samburg.
Der Senat hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ für das Jahr 1914 den Bürgermeister Dr. Predoehl zum Ersten Bürgermeister, den Senator Dr. von Melle zum Zweiten Bürgermeister gewählt.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Der galizische Landtag ist gestern eröffnet worden. Der Statthalter Korytowski unterbreitete eine Regierungs— vorlage über die Wahlreform und erklärte laut Bericht des „W. T. B.“:
Die Regierung sei zur Ueberzeugung gelangt, daß aus der Mitte der Parteien unmöglich ein Wahlreformentwurf hervorgehen könne, der auf,. allgemeine Zustimmung zu rechnen hätte. Daher habe sich die Regierung entschlossen, unter Fühlungnahme mit allen Parteien, mit einer eigenen Vorlage hervorzutreten. Die Regierung wolle das Zusammenarbeiten beider Nationalitäten ermöglichen, jeder Nationalität entsprechende Vertretung sicherstellen und alle erwerbenden Bevölkerungs. schichten zur Tellnahme an der öffentlichen Tatigkeit heranziehen. Ber Statthalter verwies darauf, daß fortan einem ruthenischen Mitgliede des Landesausschusses die Vertretung des Landmarschalls im Ausschuß übertragen werden soll. Auch für die Wahl in die Land tags, kommissionen der Landesinstitute sichere die Vorlage den Ruthenen eine Vertretung zu. Die Regierung schlage zur ständigen Kontrolle der Finanzverwaltung des Landes die Errichtung von Tandesfinanz— kommissionen vor. Ver Statthalter schloß mit dem Wunsche, daß die Wahlreform dem Lande Frieden bringe.
Hierauf wurde auf Antrag des Abg. Dr. Leo die Re— gierungsvorlage für dringlich erklärt und die Wahl eines 25 gliedrigen Wahlreformausschusses vorgenommen.
— Im ungarischen Abgeordnetenhause erwiderte der Ministerpräsident Graf Tisza auf eine Aeußerung des Abgeordneten Pop (Rumäne), die in Ungarn lebenden Rumänen betreffend, und führte, obiger Quelle zufolge, aus:
Der Abg. Pop möge sich aus dem rumänischen Grünbuch üher⸗ zeugen, daß die Monarchie vom Beginn der Balkankrise an mit allen Kräften die rumänischen Bestrebungen unterstützt habe. Die Be⸗ hauptung Pops, daß Gründe der äußeren Politik Ungarn dazu nötigten, den in Ungarn lebenden Rumänen gegenüber eine freund— lichere Politik einzuschlagen, sei durchaus falsch. In Ungarn erfreuten sich die rumänischen Landeskinder einer ausgezeichneten Stellung. Die Kllagen über Unterbrückungen seten durchaus grundlos; die Rumänen hätten sich in Ungarn nicht nur ziffernmäßig vermehrt, sondern auch materiell und kulturell einen großen Aufschwung genommen. Ich begreife, sagte der Minister⸗ präsident, daß die ungarländischen Rumänen den Aufschwung des Könsgreichs Rumäniens als die Verwirklichung ihrer nationalen Ideale mit Begeisterung begrüßen. Ich bin weit entfernt, dies als Irredentigmus zu bezeichnen. Aber ich glaube, daß die ungarländischen Rumänen es ihrem Nationalgefühl schuldig siad, daß sie den ungarischen Staat lieben und seine Woblfahrt fördern, da die Ungarn und die Rumänen den gleichen geschichtlichen Beruf haben, in brüderlichem Einvernehmen, gestützt auf das Germanentum, die Freiheit und die Kultur Europas gegen die Ausbreitung der panslawistischen Tendenzen zu verteldigen.“
Großbritannien und Irland.
Durch Königlichen Erlaß wird, wie „W. T. B.“ meldet, die Einfuhr von Waffen und Sch eßbedarf sowie von deren Bestandteilen, wie leeren Patronenhülsen, Explosipstoffen und Brennstoffen, die für kriegerische Zwecke geeignet sind, nach Irland verboten, außer wenn die Gewißheit gegeben ist, daß sie für Sportzwecke, Bergwerks⸗
betriebe oder für andere unlriegerische Zwecke bestimm find. Ein zweiter Erlaß verbietet den Transport der gleichen Artikel längs der Küste mit den gleichen Einsch, änkungen.
— Der ö Asgquith hat gestern in Manchester eine Rede gehalten, in der er betreffs der irisch en . obiger Quelle zufolge erklärte:
Die Regierung würde zu nicht geringen Opfern bereit sein, wenn sie dadurch eine dauernde Regelung der irischen Frage durch Vereinbarung sichern könnte. Er bestritt, daß er in seiner letzten Rede in Leeds etwas von dem zurückgenommen habe, was er einer Zeit in Ladybank in Auesicht gestellt hätte. Er habe grundsätzlich gegen die von Sir Edward Carson kürzlich in seiner Rede in Manchester formulierten. Bedingungen nicht viel einzuwenden und betrachte Carsens Erklärungen als ein günstiges Zeichen für die
augenblickliche Lage. Frankreich.
Der Präsident Poincaré hat einer Meldung des W. T. B.“ zufolge Jean Dupuy mit der Kabinetts bildung beauftragt. Dieser wird versuchen, ein Kabinett der Linken zur Einigung der Republikaner zu bilden.
— Nach einer offiziösen Meldung hat der Generalrat des Brücken- und Straßenwesens den Beschluß über Errichtung eines großen Hafens in Casablanea genehmigt und gleich zeitig auch die dem Parlament vorgelegten Pläne gutgeheißen.
Rußland.
Die Reichsduma verhandelte gestern über eine Inter⸗ pellation, betreffend die neuen Statuten der medizinischen Akademie, Nach längerer Debatte über die vom Kriegs⸗ minister abgegebenen Erklärungen nahm die Duma, wie „W. T. B. meldet, mit 130 gegen 78 Stimmen folgende von den Oktobristen eingebrachte Uebergangsformel an:
In Anhetracht dessen, daß die Einführung' der neuen Statuten der medizinischen Akademie ohne Genehmigung der gesetzgebenden Institutionen direkt gesetzwidrig ist, und daß die Inkiaftbelassung der Statuten trotz der Weigerung des Senats, sie zu veröffentlichen, eine dauernde Gesetzwidrigkeit darstellt, erachtet die Reiche duma die Er— klärungen des Kriegsministers für ungenügend.
Spanien.
Der General Marina ist gestern aus Tetuan in Madrid eingetroffen. Wie „W. T. B. meldet, hat der Ministerpräsident anläßlich seiner Ankunft erklärt, es sei nicht beabsichtigt, den Posten des Oberkommissars anderweitig zu besetzen. General Marina werde nach einem Meinungsaustausch über die marok— kanischen Angelegenheiten in sein Amt zurückkehren.
Montenegro. Wie „W. T. B.“ meldet, haben die Serben Plewlje
geräumt. Asien.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Teheran ist es den Gendarmen unter Führung der Majore Uggla und Lundberg nach viertägigem, heftigem Kampfe mit Stammes leuten gelungen, die Straße Buschir —Schir az wieder frei zu machen. Karawanen können dort jetzt wieder frei verkehren.
— Vier Mitglieder der mexikanischen Spez ial— gesandtschaft, die beauftragt ist, der japanischen Regierung den Dank für ihre Teilnahme an der mexikanischen Jahr— hundertfeier auszusprechen, sind am 1. Dezember, von San Francisco kommend, in Tokio eingetroffen. Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, sind sie seit ihrer Ankunft unaus— gesetzt mit Verhandlungen wegen Ankaufs von Waffen und Munition von dem unter dem Namen Taiho Schokai be— kannten japanischen Syndikat beschäftigt.
Parlamentarische Nachrichten.
— Der Reichstag setzte in der heutigen (184. Sitzung, der der Staatssekretär des Innern Dr. Del brück beiwohnte, die Besprechung der Interpellation der Sozialdemokraten, betreffend die Arbeitslosigkeit und die Arbeits⸗ losenversicherung, fort. .
Abg. So sins ki (Pole): Ich halte eine reichsgesetzliche Regelung für nötig. Es müßte mindestens ein Normalstatut erlassen werden, wie die Arbeitzlosenversicherung unter Hinzuztehung der Arbeiter- verbände ins Leben zu rusen ist. Man klagt, daß soviel Arbeiter aus dem Lande in die Stadt ziehen und sich der Industrie zuwenden. Diese Abwanderung geschieht vielfach durch Maßnahmen der preußischen Regierung und der Behörden. So werden polnische Landarbeiter geiwungen, ihre Hetsmat zu verlassen und in die westlichen Industrle⸗ reviere zu ziehen. Dadurch gehen dann natürlich im Osten zahlreiche Aibeitskräfte dem Lande verloren. .
Abg. Dr. Haegvy (Els.): Die wirtschaftlichen Krisen werden nach⸗ gerade zu einer nationalen Kalamität. Wer das Elend in arbeitslosen Familien einmal kennen gelernt hat, der wird den tiefen und schmerzlichen Eindruck nicht wieder vergessen, daß hier ein wichtiges soziales Problem zu lösen ist. Durch Notstandsarbeiten wird keine durchgreifende Hilfe, ge⸗ schaffen. Ebenso ist es mit der Ausschaltung der ausländischen Arbeiter. Diese kann höchstens für bestimmte Gegenden zeit⸗ weilig nutzen. Es ist gerade im letzten Falle sehr merkwürdig, daß die Sozialdemokratie, die doch sonst so eifrig für den Freihandel eintritt, in dieser Frage einen Schutzzoll für die inländtschen Arbeiter fordert. Das einzig wirksame Mittel gegen die Arbeits losigkeit ist die Einführung einer Arbeitslosenversicherung. Sie ist der Schluß⸗ stein unserer ganzen sozialen Gesetzgebung. Man darf nicht vergessen, daß schon einzelne Steine für diesen Schlußbau vorhanden sind. Der Reichstag muß endlich einmal die Grundzüge für eine solche Versicherung aufstellen, denn es muß etwas geschehen, um diese Frage einer Lösung näher zu bringen. Andere Staaten sind vorangegangen, da kann doch wohl Deutschland, das bis her auf sozialem Gebiete führte, nicht zurückstehen. Bei allen sozialen Gesetzen müssen Jahrzehnte vergehen, ehe ihre volle Wirkung zutage treten kann. So wird es auch hier sein. Man kann deshalb nicht früh genug anfangen. Die Fräge ist, ob das Reich allein in erster Line berufen ist, diese Aufgabe zu erfüllen, indem es eine Ver— sicherung nach Art der Kranken,, Unfall. und Invaliden versicherung schafft. Gerade die Arbeitslosenversicherung ist ein so komplizlertes Problem, das nur gelöst werden kann unter Zusammenarbeit von Reich, Einzelstaaten und Kommunen. Die Ssfädte allein können die Lasten einer Arbeits losenbersicherung nicht tragen. Es wäre Aufgabe des Reichs, einen gesetzgeberischen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen sich die Tätigkeit der Gemeinden und der einzelnen Landesregierungen zu bewegen hätte. Ob das Reich einen Zuschuß leisten kann, ist im höchsten Grade zweßfelhaft, bei dem Stande seiner Finanzen. Im deutschen Lande ist der Aermste das Deutsche Reich. Besonderz hinweisen möchte ich darauf, daß die Stadt Straßburg einen Versuch zur Lösung dieses Problems gemacht hat, ebenso einige andere elsässische Städte. Sache der Arbeiterorganisationen ist es, praktisch an der Durchführung der Versicherung mitzuwirken. In den Branchen mit chronischer Arbeits⸗ losigkeit müßten die Arbeiter zurücklegen, um au ihren Ersparnissen
wendung sinden,
regelmiãßige Beltr für die Versicherung zu lelsten. Gbenso mußte
Industrie dazu beitragen. Man müßte ihr sagen: tug res agit ur. he nn, der großen Gesellschaften können doch nicht bloß die hohen Gewinne einheimsei. Für die Zeiten der Ürbeitg= lofigkeit müßte die Industrie eine Veisicherungsreserpe zurück, legen. Die Arbeiter dürfen nicht bloß auf die Müld— tätigkeit angewiesen bleiben. Die Landwirtschaft hat dieses Risiko bisher doch auch übernommen. Auch der Kleinbauer hat selbst bei katastrophalen Mißernten seine Arbeiter durchgehalten. Man ver⸗ weist darauf, daß die Arbeits losenversicherung die Landflucht begänstigen könne. Dies ist kein Argument gegen die Versicherung. Der Zu chu würde nicht so bedeutend sein, daß die Arbeiter auf dem Lande die Lust verspürten, in die Städte zu ziehen. Ebenso wenig ist der Einwand berechtigt, daß die Versicherung dle Faulheit begünstige, daß das Selbstverantwortungsgefühl untergraben wüde. Daß auch der Sparsinn nicht leiden würde, beweist die Alters- und Invalidenversicherung, die Spareinlagen der kleinen Leute sind seitdem enorm gewachsen. Wir elsässischen Abgeordneten sind bereit, an der Ä‚bösung dieser gesetzgeberischen Aufgabe mitzuarbeiten im Interesse des Volkes, der Industtie und der Arbeiterschaft :
Abg. Mumm (Wirtsch. V.): Der sozialdemokratische Redner ist mir keineswegs als der Dr. Allwissend erschienen, der Allheil—= ittel gegen die Arheitslosigkeit hat. Das sozialdemokratische Pro- gramm venrsagt vollkammen gegenüber dem Problem der Arbeitz—= sosigkeit. Die marnrxistische Sozialdemokratie hat für die Arbeits losen nur den einen Trost: Wartet auf unsere Zukunftsgesellschaft, bis dahin wirds immer schlimmer. Einst wird aber die Zeit kommen für eich (Ruf bei den Sozialdemokraten: Karneval h. Das nennen Sie also Karneval, wenn ich Ihr Programm zitiere. Das soʒialdemokratische Programm kennt nur die Verelendungstheorie, weiß nur, daß die Armee überflüssiger Arbeiter immer größer wird, bis dann in den Tagen der Zukunftsgesellschaft die höchste Wohlfahrt kommen wird. Bis dahin sollen die Arbeiter eben programmäßig warten. Das Organ des sozialdemokratischen Zimmererverbandes äußert sich über den Jenaer Beschluß der Partet dahin, daß die ganze Agitation sich in Reden im Parlament erschöpfe, aber zu nichls führen wird. Der „Vorwärts sagt heute, daß die melsten Mitglieder dieses Hauses es gestern nicht der Mähe für wert gehalten hätten, den Verhandlungen beizuwohnen, ich stelle aber fest, daß, als der Abg. Giesberts, ein Arbeiker, sprach, von den 111 Sozialdemokraten nur 21 im Saale anwesend waren. Wenn es nach dem Programm des sozialdemokratischen Redners ginge, würde nur noch mehr die Masse der Landarbeiter in die großen Städte ziehen. Dank unserer Wtrtschafte politik ist unser Reich trotz der Vermehrung der Kopfzahl um jährlich 850 000 aus einem Auswanderungsland zu einem Einwanderungsland geworden; während früher Hunderttausende alljährlich ins Ausland gingen, ist heute unsere Auswandererziffer auf 18000 zurückgegangen, während 1 Million Ausländer bel uns arbeiten. Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn Ausländer bei uns Aibeit finden, das hat sogar den Vorzug, daß wir bei Hochkonjunkturen die Arbeit leichter regulieren können, aber wir haben die natlonale Pflicht, den deutschen Arbeitern Arbeitsgelegenheit zu schaffen und die Aug— länder nur zu heschäfrigen, wenn sie nicht Lohndrücker sind. Die Siegerländer Arbeiterschaft empfindet es z. B. sehr, wenn die Ausländer billiger arbeiten als die einheimischen Arbeiter. Niemals sollte eine öffentliche Behörde in der Absicht, die Löhne zu drücken, Ausländer beschäftigen, auch wenn es sich vielleicht nur um wenige Maurer handelt. Wollen wir wirklich national sein, so haben wir die Pflicht, ausländische Arbeiter zu entlassen, wenn deutsche Arbeiter zur Verfügung stehen. Die Reichsberwaltung selbst hat ein nationales Interesse daran. Verständig geleitete Arbeitsnach⸗ weise können viel zur Regulierung der Arbett tun, und wir würden, ganz zufrieden sein, wenn nach der Erklärung, des Staatssekretärt ein weiterer Ausbau der Arbeitsnachweise stattfände. Darauf können wir ja nach den gestrigen Erklärungen des Staatz— sercetärs hoffen. Die öffentliche Gewalt hat die Aufgabe, die AÄrbeits⸗ losigkeit zielbewußt auszugleichen. In solchen Zeiten sollte man großezügig Oedländereien in Kulturland verwandeln und Moore entwässern. Wenn man Anleihen für soziale Zwecke aufnimmt, so handelt man wirtschaftlich recht. Notstandtarbetten werden ermög⸗ licht durch recht eitige Vorsorge durch Reservefonds, sodaß man recht⸗ zeitig zweckentsprechende Arbeit vergeben kann. Es ist durchaus erwünscht, daß die Betriebe nach Moglichkeit von Arbeiterentlassungen absehen; und es ist menschlicher, wenn zunächst die jungen Leute vor den älteren entlassen werden; gemindert wird aber dadurch nur wenig. Es ist dringend erwünscht, daß die für das Jahr 1915 vorgesehene Verschiebung der Altersgrenze in der Invaltdenversicherung vom 70. auf das 65. Lebensjahr schon vorher eintritt und wenn dadurch der Arbeitsmarkt etwas entlastet wird. In großen Städten führt die Arbeitelosigkeit sehr schnell dazu, daß der Hauswirit den Mann exmlttiert. Es ist nicht unwesentlich, wenn die christliche Liebestätigkeit beider Konfessionen, brüderlich geeint, jetzt 35 Arbeiterkolonien mit 1096 Piätzen errichtet hat, die schoön 264 1657 Arbeitslosen ein Plätzchen gewährt haben. Viele mögen daru ter sein, die nicht mehr zur Freiheit des wirtschaftlichen Lebens zurückkehren können. Was ist moderne Fürsorge? Ein Asyl für Obdachlose oder eine Kolonte Hoffnungsthal, die aus dürrem Sandboden eine Obstlolonie schaffen will. Nun fordert die Sozialdemokratie Arbeitslosenversicherung von Reichs wegen. Der Hinweis auf daß Ausland zur Widerlegung der Schwierigteiten ist ganz verkehrt, denn England hat nur einen kleinen Bruchteil und Daͤnemark nur halb so viel Arbeitslose im Verhältnis zu uns. Das Risiko für den Staat ist zu groß, weil jede statistische Grundlage, wie sie für die anderen Versicherungen vorhanden ist, hier fehlt. Die Ver⸗ sicherung wäre nur möglich in Verbindung mit einem gewissen Arbeitszwang und einer Beschränkung der Freizügigkeit. Bie Än— nahme einer niederen Arbeit kann dazu führen, daß der Betreffende höhere überhaupt nicht mehr bekommt und deshalb lieber arbeitslos bleibt. Eine Reichsarbeitslosenveisicherung würde, soweit es sich heute über⸗ sehen läßt, die Einschränkung der Arbeitsfreiheit und eine scharfe Ueberwachung der Gewerkschaften mit sich führen. Das würde den HYerren der äußersten Linken freilich nicht angenehm sein. Ein Vorgehen von Reichs wegen ist nur möglich, wenn ein durchgearbeiteter Vorschlag hier eingebracht wid. Der Abg. Giesberts hat gestern die Sozialdemokratie in große Ver Ugenheit gebracht, als er sie ausforderte, doch dem Reichstage einen durchgearbeiteten Entwurf vorzulegen. Die Sozial demokratle hat auf ihrem internationalen Kongreß den Beschluß gefaßt, daß die Kosten der allgemeinen obligatorischen Arbeitslosenfürsorge von den öffentlichen Gemalten wie von den Besitzern der Produktionsmittel zu tragen selen. Den Arbeiterorganisationen sollte die Verwaltung zu— stehen. Damit tönnen wir uns nicht einverstanden erklären. Auch wir wünschen, daß den Arbeltslosen nach Möglichkeit geholfen wird. Aber das Problem ist noch nicht derart geklärt, daß man zu einer gesetzlichen Regelung dieser Frage schrelten kann. Wir hoffen, daß die Reichsregierung alles tun wird, um der von Jahr zu Jahr größer werdenden Arheitsnot entgegenzutreten.
Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innern Dr. Richter: Ich möchte sofort die Anfrage des Vorredners beantworten, wethalb don den im Etat des Reichßamts des Innern für die Kultur bon Oed—⸗ länderelen aufgeworfenen 100 000 M nicht eine größere Summe als 10 000 ½ dem Verein für innere soziale Kolonisation zur Versügung gestellt worden ist. Ich gehe auf die Anfrage umso lieber ein, als sie schon von verschledenen Seiten dieses Hauses gestellt worden ist. Den Bestrehungen der igneren sozlalen Kolonisation fleht die Reichs- verwaltung sehr sympathisch gegenüber. Ich besonders habe mir die größte Mühe gegeben, den Vercin nach Möglichkeit aus den Mitteln des Diepositionsfonds zu unterstützen. Aber diese 100 000 d, die ausgeworfen sind, können selbs verständlich nur insoweit Ver— als die Bestimmungen des Kaligesetzes dies julassen, und da kann nach dem 5 27 des Gefetzes eine Unterstützung des Vereins nur in Betracht kommen, wenn eß sich um die Bestrebungen zur Hebung des Kallabfatzez handelt. Diese Bestimmung des Gesetzeß kann natürlsch bei der Etatsberatung nicht geändert werden, und tatsächlich hat ja auch der Etat daran nichtz geändert.
Ich habe bereikz ein sehr weites Gewlssen gejeigt, wenn ich dem
Verein für innere soziale Kolonisation diese 10 090 4 zugewiesen habe, denn der Verein hat nur 50 Morgen in Kultur. Ich kann aber in Auesicht stellen, daß weitere Düngerversuche gemacht werden unter Aufsicht des Kalisyndikats, und daß es von kies? Ergebnissen abhängen wird, ob die Unterstitzung des Vereins erhöht wird?
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Bolkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Innsbruck wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet, daß die Aus sperrung der Buchdruckergehilfen über die ganze Provinz ausgedehnt worden ist. (Vgl. Nr. 283 d. Bl.)
Der Ausst and der Eisenbahner von Südwales ist, wie dem W. T. B. aus London telegraphiert wird, beendet. (Vgl. Nr. 287 d. Bl.)
Der allgemeine Ausstand in Com o (ppgl. Nr. 283 d. Bl.) ist, wie die Frkf. Ztg. erfährt, am 4. d. M. nach siebentägiger Dauer durch einen Vergleich beendet worden.
(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.) Kunst und Wissenschaft.
Das Koronium ist eins der merkwürdigsten Elemente in der Schatzlammer der Natur. Eg besteht ein Vergleich mit dem be— kannteren Helium infofern, als beide von der Wissenschaft in der Sonne gemutmaßt wurden, ehe wirkliche Beweise für ihr Vor⸗ handensein erbracht worden waren. Dag Helium, der eigentliche Sonnenstoff“, hatte sich zunächst nur durch eine Linie im Sonnen⸗ vVektrum verraten. Erst viel später wurde es in einigen irdischen Mineralien und auch in der Atmosphäre entdeckt. Daß Koronium wurde als der Stoff betrachtet, auß dem die Sonnenkorona, die beh. vollständiger Sonnenfinsternis sichlbar wird, zu⸗ sammengesetzt wird. Dieselbe Linie, die sich im Spektrum der Korona gefunden hatte, wurde dann vor einigen Jahren in den vulkanischen Ausatmungen des Vesups wahrgenommen. Im vorigen Jahre war es bei Gelegenheit der Sonnenfinsternis vom 17. April gelungen, das Gas auch in der Sonnenatmosphãäre nachzuweisen. Uebrigens hatte auch das System der Elemente, das Mendelejeff vor mehr als 40 Jahren aufstellte, auf das Vorhanden⸗ sein eines Elements hingedeutet, das noch viel leichter ist als Wasser⸗ stoff und nunmehr in dem Koronium aufgefunden worden ist. Dr. A. Wegener hat ferner durch Forschungen Über die Spektra von Nord⸗ lichtern und Meteoriten den Wahrscheinlichkeitsnachweis erbracht, daß das Koronium in einer Höhe von etwa 70 Km' über der Erdober fläche einen erheblichen Teil der Atmosphäre bildet, dann bis zu 200 kim Höhe diese zu gleichen Teilen mit Wasserstoff zusammen⸗ setzt und in 400 900 em über der Erde wohl ausschließlich herrscht. Daran schließt sich nun die wahrscheinliche Folgerung, daß der Raum jwischen den Planeten und den Fixsternen überhaupt mit Koronium erfüllt sei. Dies Gas würde dann also das vielumstrittene Rätsel des Weltätherz zur Lösung bringen; es würde der Wohltäter sein, der das Sonnenlicht durch den Weit⸗ 1gum zur Erde leitet. Wahrscheinlich ist es auch in den unteren Schichten der Atmosphäre vorhanden, aber in fo außerordentlich geringer Menge, daß es chemisch bisher nicht zu beobachten gewesen ist. Wegener schätzt, daß es im Meeresspiegel vielleicht 58 Hundert⸗ tausendstel Volumprozent der Atmosphäre ausmacht.
Literatur.
— Die fortschreitende Vertiefung der wissenschaftlichen Forschung hat eine immer weitergehende Spezialisierung der einzelnen Forschungg⸗ gebiete und eine Aussonderung begrenzter Gebiete innerhalb der Spezialwissenschaften notwendig gemacht. Diese Aibeitsteilung, die sich als eine Vorbedingung für den Erfolg des modernen Wissenschafis⸗ betriebeg erwiesen hat, drängte auch zu einer weitgehenden Spe ziali⸗ sierung der wissenschaftlichen Veröffentlichungen, sa man kann be— haupten, daß ein Forschungkgebiet, dem kein eigenes Publikations— organ zur Verfügung steht, das die Forscher sammelt und anregt und zugleich ihre Arbeit weiteren Kreisen zugänglich macht, bald der Ver⸗ ödung anheimfallen oder doch für die Gesamtwissenschaft sogut wie unfruchtbar bleiben muß. Aus diefem Gesichtspuntt wird man dem Erscheinen einer neuen Fachzeitschrift, bie wissen— schaftlich Gediegenes zu bringen verspricht, im engeren Fach⸗ kreise stets mit Interesse entgegensehen und diese Anteilnahme wird sich steigern und in weitere Kreise verbreiten, wenn in der Fach⸗ zeitschrift ein Gebiet bearbeitet werden oll, an dem die breitere Oeffentlichkeit ein Interesse hat. Dies trifft in hohem Maße für das von dem Geheimen Justizrat Emil Uhl es herausgegebene, bei Paul Parey in Berlin verlegte Archiv für Fischereigeschichte zu, don dem kürzlich ein inhaltreiches erstes Heft erschienen ist. Das Archiv, das in der Regel halbjährlich in zwanglosen Heften von 10 bis 12 Bogen Umfang ausgegeben werden soll, scheint berufen, eine fühlbare Lucke in der Wirtschaftsgeschichte auszufüllen und auch auf andern wissenschaftlichen und wirischaftlichen Gebieten anregend und fördernd zu wirken. Denn abgesehen von dem wiffenschaftlichen Wert, welcher, der Durchforschung der Geschichte einer der ältesten Erwerbstättgkeiten des Menschen inne wohnt, könnte auch die vielfach bedrohte moderne Fischereiwirtschaft aus der Aufhellung früherer Verhältnssse wichtige Aufschlüsse und Anhalts⸗« punkte für den Ausbau ihrer Wirtschaftskehre gewinnen und die Neu— belebung einer ehemals intenstveren Erwerbgtaͤtigleit auf diesem Ge⸗ biete in die Wege leiten. Die systematische Durchforschung von Gegenden, in denen im Mittelalter eine blühende Teichwirtschaft be. stand, und eine lückenlose Zusammenstellung alter, ein bestimmtes Ge⸗ wässer betreffender Fischereiverordnungen dürfte z. B. in dieser Hin⸗ sicht manches prakrisch verwertbare Ergebnis liefern. Die Bedeutung einer wissenschaftlichen Durchforschung der fischereirecht⸗ lichen Verhältnisse ergibt sich auch aus der Tatsache, daß in weilen Gebieten die fischereirechtlichen Zustände zwelfelhaft und pon seiten des Staatz noch keiner Neuordnung unterzogen sind, sodaß vlelfach die verstreuten, unzugänglichen Akten und Urkunden die Rechtsgrundlage bilden. Der Herausgeber weist in seiner Einleitung zum ersten Hefte des Alichips aber auch darauf hin, daß nicht nur Rechtg⸗ und Wittschaftshistoriker Nutzen aus den Quellen und Bar— stellungen zur Fischereigeschichte zlehen werden, daß die Ent— wicklung des Fischereirechts in den einzelnen Ländern auch inter⸗ essante Ausheute für noch andere Wissen gebiete ve spreche. In das Gehiet der Prähistoriker und Ethnologen falle die Vergleichung von Fischereigeräten und Bräuchen in vorgeschichtlicher und geschichtlicher Zeit; ebenso könne die Rassenforschung (Fischerei und Slawentum im ostelbischen Deutschland), die Sozialgeschichte (Fischereigenossen⸗ schaften, Innungen), die Sprachsorschung (eigenartige Bezeichnungen der Geräte und Wasserfluren), die Siedlungsgeographie und die Anthro⸗ pologie, nicht zuletzt auch die Nationalökonomie, auß der Fischereigeschichte für ihre Sondergebiete mancherles gewinnen. Daß neubegründete Archiv soll nun allen das Gebiet bearbeitenden Forschern Raum für ihre Publikationen gewähren, Quellen zur Fischereigeschichte ver⸗ öffentlichen und auch die heute diesen Interessen noch ferner⸗ stehenden a,, aller Länder zur gelegentlichen Mit- arbeit auf,. diesem Sondergeblet anregen; auch Arbeiten über die Fischereiwirtschaft der Gegenwart, soweit sie nicht einen rein naturwissenschaftlichen Charakter haben, werden willkommen sein. In jedem Heft wird auf möglichste Mannigfaltigkeit Bebacht genommen werden, und eine Literaturübersicht sowte Bücheranzeigen follen den Leser über die auf dem Geblet neu erscheinenden Schriften unter richten. Urkunden von geringerem y,, . ebenfalls in die Defte aufgenommen werden; umfangreichere Darstellungen und Quellen- sammlungen in Regestenform, wie sie seit längerer Zeit auf Ver⸗
anlassung des Herausgebers für eine Reihe e , :
und Auglandes bearbeitet werden, sollen dagegen als Ergän e des Archivs zur Ausgabe gelangen. Die Heste werden sowohl im Abonnement, das zur Abnahme von minde steng , auf ⸗ einandersolgenden Heften verpflichtet, wie auch einzeln zu beziehen sein. Der Preis wird sich nach ihrem Umfange , . der billigere Ahonnementspreis wird je etwa 2 bis 4 66 Betragen. — Den Hauptinhalt des vorltegenden ersten ftes bildet eine umfangreiche Arbeit des Dr. Friedrich Bestehorn über die geschichtliche Entwicklung des märkischen Fi ch ex e i⸗ we sen 8. Nach einem einleitenden geschichtlichen Rückblik, einem Abriß der Landschaftsgeschichte der Malk und Angaben über dag Altér der märkischen * und den Fischreichtum in geschichtlicher Zit, wird im 1. Kapltel das Fischereirecht behandelt. Die Darstesiung ist in zwei Abschnitte gegliedert, in deren erstem das 3 reirecht an Havel und Spree bis zur Reformationszeit (nach Gebleten ge⸗ trennt) entwickelt wird, wäbrend der zweite eine Darstellung der neu⸗ zeitlichen Entwicklung des Fischereirechts, mit besonderer Berücksichti= gung der Spandauer und Potsdamer Gewässer bietet. In 2. Kapitel wird dag Fischervolk des Gebiets aus verschiedenen Gesichtzpunkten dargestellt, wobei u. a. interessante Streiflichter auf die Stellung der Slawen in der Mark in wirtschaftlicher und verfassungsrechtlicher Be⸗ ziehung fallen. Im 3. Kapitel werden die Ergebniffe eingehender Untersuchungen über den Fischschußg im 4. solche über den Fischhandel in der Mark mitgeteilt, während in einem An- hang die fischereiwirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mark in primitiv · natürlichem Kulturzustande beleuchtet wird. An⸗ merkungen verweisen auf, die von dem Verfasser benutzten urkundlichen und sonstigen Literaturquellen. Die Arbelt, die fort⸗ gesetzt werden und ein vollständiges Bild der märkischen Fischerei⸗ geschichte liefern soll, ist mit wissenschaftlicher Gründlichkeit durch geführt, kann als ein wertvoller Beitrag zur Kultur, und Wirk. schaftsgeschichte Brandenburgs gelten und beftätigt zugleich den Hin⸗ weis des Herausgebers, daß die Beiträge des Archivz über die eigent⸗ liche Fischereigeschichte hinaus auch in andere Gebiete interessante Einblicke erschließen würden. Neben dieser großen Abhand. lung enthält das erste Heft außer Älteraturberichten noch einen kleinen Beitrag, in dem Dr. Bestehorn eine Potsdamer Fischereiurkunde auß dem Jahre 1464 mitteilt und sie aus rein diplomatischen Gründen wie wegen mehrerer innerlicher Unwahrheiten als Fälschung nachweist. — Das Archiv für Fischerei⸗ geschichte“, für das Eine Anzahl hervorragender Fachleute gewonnen ist, dürfte in wetten Kreisen lebbaftem Interesse begegnen. Die Auf⸗ merksamkeit auf das Unternehmen zu lenken, ist der Zweck diefer Zeilen. Das Archiv verspricht der Sammespunkt für die Arbeit auf einem wichtigen Gebiet der Wirtschaftsgeschichte zu werden, der ein solcher bisher fehlte; mit dem ersten Heft ist dag dankengwerte Unter⸗ nehmen glücklich und verheißungsvoll eingeleitet worden. Noch set darauf hingewiesen, daß das 2. Heft zu Anfang Januar f. J. er. scheinen soll; es wird u. a. folgende Besträge enthalten: ‚Blüfe und Niedergang der landesherrlichen Teichwirtschaft in der ehemaligen Landgrafschaft Hessen' von Dr. J. Schultze in Marburg, Vor⸗ geschichtliche Fischerei am Bodensee! von Oberstudlenrat Dr. Lampert, Frühneolithische Jagd. und Fischereigeräte auß der Provinz Posen“ von Schultze⸗Fahrenwalde und Die fischereigeschichtliche orschung in ihrer Beziehung zur modernen Rechtsprechung' von Dr.? estehorn.
Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand und Getreide handel in Rußland.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Odessa berichtet unt 26. November: Während des Monats November war die Witterung im Konsulatsbezirke durchweg milde. Einige Niederschläge, welche die vorherrschende Trockenheit unterbrachen, kamen den Wintersaaten sehr zu statten. Die Berichte über den Stand der Wintersaaten lauten jetzt allgemein recht befriedigend.
In Verbindung mit den Klagen aus Argentinien hat sich die Nachfrage nach Weizen wesentlich gebessert. enn trotzdem größere Umfätze nicht zustande kamen, so lag dies an der Halsstarrigkeit der Verkäufer, die im Laufe des Winterg bessere Preise zu finden hoffen. Inzwischen sind die vorhandenen Bestände noch welter angewachsen. Einige Dampferladungen sind zwar von Cherson nach Großbritannien gehandelt worden; erhöhte Preisforderungen verhinderten jedoch weitere größere Verkäufe. ⸗
Für Roggen zeigt sich nur Frage zu gedrückten Preisen, und da die Verkäufer zu weiterem Entgegenkommen wenig geneigt sind, bewegt das Geschäft sich in den engsten Grenzen. Die . gewichenen Preise für Gerste hatten in Rußland sehr große Zurückhaltung hervorgerufen und die Abladungen wefentlich vermindert. Der wieder erwachte Bedarf und große Deckungen im Auslande riefen jedoch hei steigenden Preisen ein lebhaftes Geschäft hervor. Rußland ist, nur bei hbesseren Preisen im Markt. Erft in den letzten Tagen bei den erhöhten Preisen langten wieder größere Zufuhren aus dem Inlande an. Die Bestände in Odessa und Nikolajew sind zwar sehr bedeutend, aber die Inhaber der Ware geben nur bei besseren Preisen ab, sonst zieben sie vor, abzuwarten. Der neue Maiß ist gesund geboren; die Ware ist von sehr schöner Qualitẽt. Ein größeres Geschäft wird sich jedoch erst bei kalter Witterung entwickeln. Dag Geschäft in Hafer war in Odessa sehr klein, während Nikolajew größere Partien Schwarzbafer anbietet. Die Preise in Leinsaat ind nach dem rapiden Fall etwas gesttegen; aber die Nachfrage bleibt . und es scheint nur wenig Aussicht auf Preisbesserung zu be⸗
ehen.
An der Odessger Börse stellten sich die Preise am 25. No- vember d. J., wie folgt:
Winterweizen. 90 - 114 Kop.) * * * 6 61 S8 - 112 Roggen. 67 —77 . J Mais 62 —78 1 . 1 k , 81 .
Die Vorräte betrugen am 1.14. November d. .
in Isimww.. . . . 496 314 dæ, w 4095 . w S190 . verschiedene Weizensorten 8485 Weizen zusammen TNF. , Roggen. . 1565 851 Mais. s 34 419 Gerste S0h 343
afer. ö 14578 irse . . 2948 olza. ö.
Leinsaat ö
J 2457
ö. 24570 1 K . onnenblumenkörner
für das Pud frei an Bord.
*. 8
2 2 * *
2457 6 552
22 932 Rübsen... 24570
, . 7371 , ö 3276
Die Verschiffungen aus Odessa und Cher son betrugen im Monat November: . Coo oo9 Pud,
a . ; Gerste 3 990990999 , Roggen. 1909999 Maigz 14 1 1. *. * 500 000 9
Der Oel kuchenmarkt zeigte eine stark weichende Tendenz bel
ganz geringen Umsätzen.