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ausländischen Werten sollte nur gestattet werden, wenn es uns erhebliche wirtschaftliche oder politische Vorteile bringt. Vor allen Dingen sollten wir unsere politischen Freunde durch Gewährung von Geldmitteln unter— stützen, Insbesondere wünschen wir, daß wir in dieser Beziehung den rumänischen Siaat berücksichtigen. Ich komme nun zu dem Schutz der Arbeitswilligen (Zuruf links: Scharfmacher) Arbetten Sie doch nicht immer init dem Wort Scharfmacher. Das ist eine Redensart ohne Inhalt. Ich glaube, es wird feinen vernünftigen Menschen geben, der nicht den Schutz für die Arbeitzwilligen wunscht. Wir derlangen ihn lediglich im Interesse der Arbeiter. Als der Kohlen⸗ streik vor zwei Jahren im Ruhrrevier ausbrach, sind 2000 Köper⸗ verletzungen und Beleidigungen vorgekommen. Sie haben erst auf— ehört, als Miiitär gekommen ist. Ich glaube nicht, daß die olizei allein mit der Sache fertig geworden wäre. Ist es nicht menschenfreundlich, wenn ich den Wunsch hege, daß diese 2000 Bestrafungen überflüssig wären? Die Aufgabe des Staates ist doch in erster Linie, zu verhüten, damit nicht gestraft zu werden hraucht. Wenn wir darauf hinwirken, so erweisen wir der Arbeiterschaft einen großen Dienst. Die Verhütung möglichteit ist der springende Puntt. Wenn wir durch Androhung von Strafen diese Beschimpfungen von Arbeitswilligen usw. verhindern können, so erweisen wir nicht nur den Arbeite willigen einen großen Tienst, sondern auch den unglück— lichen Leuten die, verleitet von Hetzern, sich an den Arbeitswilligen vergreifen. Solange hier keine Majorität dafür zu finden ist, kann man der Regierung keinen Vorwurf daraus machen, daß sie keine entsprechende Vorlage einbringt, aber ich richte meinen Appell auch an die Parteien. Die kaiholischen Industriellen und die katholischen Handwerker leiden doch ebenso wie die evangelischen. Daß der Hansabund sich dazu entschlossen hat, einen größeren Schutz der Arbeitswilligen zu verlangen, ist ein Beweis dafür, in wie weite Kreise die Ueberzeugung von der Notwendigkeit einer solchen Maßregel gedrungen ist. Der Hansabund bewegt sich auf der Linie etwa zwischen National— Ulberalen und Freisinnigen; und der Industrierat hat diesen Beschluß ein⸗ stimmig gefaßt. Auch die freisinnigen Parteien müssen schließlich diese Not⸗ wendigkeit er ken nen. So hat ein fortschrittlicher Chefredatteur ausgeführt, daß er hinsichtlich der Frage des Schutz s der Arbeitswilligen dem Hansabund zustimme. Es dürfte auch unter den Liberalen Einigkeit darüber herrschen, daß der Arbeitswillige geschützt werden muß. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, daß wir kein Aus nahmengef⸗ tz wollen. Aber man hat ja ein besonderes Gesetz gegen Landesverrat, weil hier ein Bedürfnis es notwendig gemacht hat. Hier liegen die Verhält- nisse ähnlich. Im . und ganzen ist hier eine einstimmige An—⸗ sicht der Handwerker vorhanden. Die Fälle, die die Notwendigkeit einer solchen Maßregel dartun, sind häufig genug. Ich verweise z. B. auf die Ermordung des österreichischen Sozialdemokraten Schuhmeier. Den Arbeiter, der ihn ermordete, harte er selbst vorher in die fozialdemo— kratischen Reihen getrieben, indem er ihm zurief: „Wissen Sie denn nicht, wo der Platz eines anständigen Arbeiters ist?“ (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Sie rufen: Sehr richtig! Das ist Ihre Freiheit! Nachher war der Arbeiter vergeblich bon elner Arbeitsstätte zur anderen gewandert, um Arbeit zu bekommen. Schließlich packte ihn die Verzweiflung. Wenn der Staat die Arbeltswilligen nicht schützt, dann proklamieren Sie (nach links gewendet) selbst die Nomehr— Großer Lärm bei den Sozialdemokraten; Glocke des Präsidenten. in sozialdemokratischer Abgeordneter wird wegen eines Zwischenrufs * rdnung gerufen) Die großen Berufsstände: Landwirtschaft, ndustrie und Handel haben sich zusammengeschlossen zur gemein samen Vertretung ihrer Interessen. Diese Berufszweige haben endlich ein⸗ gesehen, daß die politischen Partelen ihre Interessen nicht wirksam und sach— n vertreten. Diesen n . sollte jeder Patriot mit Freude und Genugtuung begrüßen. Wenn wir Arbeitsgebiete haben, auf denen die Vertreter verschiedener Parteien zusammenarbeiten, fo wird das auch zu einer Minderung der politischen Gegensaͤtze führen. Landwirtschaft, Industrie und Handel haben zweifeuos große gemeinsame Intctessen. Die Landwirtschaft bat ja eine gewisfe Vertretung hier im Reichstag, wie wenig aber die Industrie! Nech einige Worte über Dinge, die nicht direkt zum Etat gehören. Die Welsenfrage wird wohl im preußischen Abgeordnetenhaufe noch eingehend behandelt werden. Ich will nur hervorheben, daß sich die Hoff nungen und Erwartungen, die sich an die Aussöhnung des Hohen— zollern und des Welfenhauses geknüpft haben, nicht erfüllt haben. Die welfische Bewegung in Hannover macht neue Anstrengungen. Es herrscht Enttäuschung und Verdrossenheit. Den Abg. Wiemer möchte ich darauf hinweisen, daß noch heftiger, als es die Konservativen getan haben, der Hansabund die Vermögenszuwachssteuer bekämpft hat. Bieser hat jenen Perren dort geradezu Treubruch vorgeworfen, daß sie den . im Stich gelassen hätten. Ich hoffe, er wird daraus die notwendigen Konsequenzen Ihnen gegenüber ziehen. Der Kollege Wiemer hat die Handelspolitik des Reichskanzlers Grafen Caprivi gerühmt. Ich kann Ihnen bet dieser Gelegenheit wieder mittellen, daß sich der Reichs⸗ kanzler bemüht hatte, mich in meiner Abstimmung über den russischen Dandelsvertrag zu beeinflussen. Er hielt meine Haltung mit meinen , als vortragender Rat nicht vereinbar. Ich reichte natürlich meinen Abschied als Reichsbeamter ein. Es wäre mir vielleicht möglich ge⸗ wesen, mich der Abstimmung zu entziehen, aber ich sagte mir, daß, nachdem der Reichskanzler versucht hatte, mich in dieser Weise in meiner parlamentarischen Freiheit zu beschränken, ich genötigt wäre, jetzt gegen den Handelsvertrag zu stimmen. Sie sehen daraus, daß seldst vor— tragende Räte einen selbständigen Charakter haben. Dem Abg. Wiemer bemerke ich weiter, daß die dentsche Landwirtschaft stets bemüht gewesen ist, das Ausland vom einheimischen Markt möglichst auszuschließen. Sie produziert mehr Roggen, als wir gebrauchen, und sie ist nahe an der Grenze, den Viehbedarf zu sichern. Wenn es wirklich zu einem Kriege kommt, kann die deutsche Landwirtschaft unsere Bevölkerung ernähren. In bezug auf die auswärtige Politik hat der Reichs kanzler wesentlich Neues nicht vorgebracht. Jedenfalls hat unfere Diplomatie gut abgeschnitten. Das JZusammenarbeiten der Diplomaten für die Erhaltung des Weltfriedens sst auch sonst nicht ohne Nutzen gewesen. Wenn Ne Diplomaten täglich zusammensitzen, so wird natürlich eine Reihe von Mißverständnissen beseiligt. Von dem, was ich neulich über Zabern gesagt habe, brauche ich nicht ein Wort zurückzunehmen. Auch die heutigen Ausführungen des Kriegeministers können mich nicht wankend machen. Ich sehe nicht ein, weshalb er nicht mitteilen konnte, daß die Betreffenden mit Arrest von drei oder zwei Monaten bestraft wurden. Der Kriegsminister konnte sich ja von der zuständigen Stelle die Ge— nehmigung einholen. Ich glaube, daß in einer so ernsten Frage man sehr wohl von den gewöhnlichen Vorschriften abweschen kann. Ich muß auch den Vorwurf aufrecht erhalten, daß die Mtlitärverwaltung nicht gleich bekannt gemacht hat, daß der Gebrauch des Wortes „Wackes“ strenge b straft wird. Ih habe auch auf die Verfehlungen der Zvil— behörden hingewiesen. Der Landrat war venpflichtet, das Milstär vor solchen Insulten zu schützen. Eine strenge Scheidung zwischen Milisär— und Zivilverwaltung ist in Elsaß⸗Lothringen nicht möglich, Der Chef der Meilitärverwaltung in Elsaß Lothringen hat andere Aufgaben wie ein kommandierender General beispielsweife in der Mark. Die Militärverwaltang darf gewißse Dinge, die die Sicherheit des Landes betreffen, nicht ruhig hingehen lassen. Sie hat die Pflicht, sich mit Fragen zu beichäftigen, die nicht rein milltärisch sind. Wenn die Zibilverwaltung Handkungen vornimmt, von denen eine Gefährdung der militärischen Auto ilät oder eine Schädigung mili— tärischer Interessen zu erwarten ist, so hat die Militärverwaltung selbstverständlich die Verpflichtͤng, dagegen Einspruch zu erheben, und wenn dies nicht hilft, die Sache an hochster Stelle zur Sprache zu bringen. Bei der Verlesung der bekannten amtlichen Kundgebung über den Fall Zabern ist dem Redner, der sie verlefen hat ein kleiner Lapfus passiert. Der Schlußsatz ist offenbar nur durch ein redaktionelles Versehen durch Einfügung von Gänsefüßchen als zur offiziellen Kundgebung gehörend veröffentlicht worden. Der Zufatz, wonach der Stattbalter die Gewähr erhalten habe, daß feine verfassungs mäßigen Jaständigkeiten gewahrt werden sollten, g- hört offenbar nicht zu der amtlichen Kandgebung. Es hieße den Statt— halier, glaube ich, beleidigen, wenn man annehmen wollte, daß eine solche Grklärung bon ihm ausgingLe. Darin läge geradezu eine Ver— nachlässigung seiner Pflicht, das ware absolut unzulaässig, und ich bitte den Reichskanzler sehr energisch, dagegen Stellung zu nehmen.
Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg: Meine Herren! Ich will zu einigen Gegenftänden Stellung nehmen, die im Laufe der bisherigen Debatte erörtert worden sind.
Zunächst will ich anknüpfen an die Auslassungen des Herrn Grafen Westarp über den Schutz gegen den Mißbrauch des Koalitionsrechts — ein Gegenstand, über den sich so⸗ eben auch der Herr Ahgeordnete Freiherr von Gamp geäußert hat. Es ist selbstverständlich, daß ich während der ersten Lesung des Etats diesen Gegenstand nicht bis in alle seine Konsequenzen verfolgen kann. Ich weise zunächst hin auf das, was ich vor drei Jahren, glaube ich, über diese Fragen hier im Hause gesagt habe; es war bei der Inter⸗ pellation über die Moabiter Exzesse. Ich habe damals meine Meinung dahin ausgesprochen: egen Auswüchse des Koalitionswgsens kann nicht eingeschritten werden durch Ausnahmegesetze, sondern nur auf dem Boden des gemeinen Rechts, und es darf dabei ein Einbruch in die Koalitionsfreiheit nicht erfolgen. (Bravo! bei den Nationallibe⸗ ralen) Ich nehme nach den Aeußerungen, die bisher in diesem Hause gefallen sind, an, daß diese beiden Grundsätze die Zustimmung der bürgerlichen Parteien finden werden. (Brapo! bei den National— liberalen.)
Daß in die Koalitionsfreiheit nicht eingegriffen werden darf, ist selbstverständlich. Das Koalitionswesen ist eine Erscheinung, die bei uns, ebensogut wie in anderen Ländern, durch die wirt⸗ schaftliche Entwicklung zu einer Notwendigkeit für die Arbeiterschaft und für das Unternehmertum geworden ist. Es wäre ein ebenso aus⸗ sichtsloses wie törichtes Unternehmen, durch Akte der Gesetzgebung einer solchen Entwicklung das Leben abschneiden zu wollen. (Mehr— seitige Zustimmung.) Aber, meine Herren, das hindert uns nicht, Auswüchsen, wo sie konstatiert werden — und sie sind konstatiert — ssehr richtig! rechts,, das ist im Volke jetzt wohl bekannt — solchen Auswüchsen entgegenzutreten. (Zuruf links: Auf beiden Seiten) — Gewiß, durchaus paritätisch muß in dieser Frage vorgegangen werden. Das liegt schon in dem Grundsatz, den ich aufgestellt habe, daß die Abhilfe auf dem Boden des gemeinen Rechts zu schaffen ist.
Nun, meine Herren, ist als Aushilfe vorgeschlagen worden ein⸗ mal die Revision der Strafgesetze, zweitens die zivil⸗ rechtliche Haftung der Koalitionen. Gegenüber der übergroßen Macht, welche die Koalitionen ausüben, nicht nur infolge der Anzahl und der Disziplin ihrer Mitglieder, sondern auch durch das große Vermögen, das sie besitzen, drängt sich von selbst die Er⸗ wägung auf, ob als Gegenstück hierzu die zivilrechtliche Haftung ein— zuführen ist, eine Haftung für den Schaden, den die Koalitionen durch Beauftragte anderen im Widerspruch mit den Gesetzen oder den guten Sitten zufügen.
Im Zusammenhang mit dieser Haftung steht bekanntlich die Frage nach der Rechtsfähigkeit der Berufsvereine, eine Frage, die zu lösen ja schon einmal gesetzgeberisch unternommen wor— den ist, aber vergeblich. Meine Herren, ich glaube auf keinen Wider—⸗ spruch zu stoßen, wenn ich sage, daß diese Frage der zivilrechtlichen Haftung der Koalitionen, die Frage der Rechtsfähigkeit der Berufs— vereine, sooft sie auch schon draußen und hier im Reichstag ver⸗ handelt worden ist, noch keineswegs zu einem gesetzgeberischen Akt reif ist.
Was die Revision der Strafgesetze anlangt, so habe ich, als ich vor drei Jahren über diese Frage hier sprach, darauf hin⸗ gewiesen, daß die Kommission, welche mit der Revision des Straf⸗ gesetzbuchs befaßt ist, der Ansicht sei, es müsse in dem revidierten Strafgesetzbuch die Freiheit und das Selbstbestimmungs⸗ recht des Individuums schärfer geschützt werden als bisher. Es sind von der Kommission — auch das wird bekannt sein — ent⸗ sprechende Paragraphen in den jetzigen Entwurf eines neuen Straf— gesetzbuches aufgenommen worden. Meine Herren, daß dies geschieht, scheint mir doch eine Selbstverständlichkeit zu sein. Als unser Straf— gesetzbuch erlassen wurde, befand sich das Koalitionswesen im Vergleich zu heute doch noch sehr in den Anfängen lsehr richtig! rechts), und als der Gesetzgeber die Paragraphen zum Schutze der persönlichen Freiheit faßte, hatte er im wesentlichen Angriffe auf die persönliche Freiheit des Individuums durch ein drittes Individuum im Auge, nicht aber Angriffe, die auf die Macht der Koalitionen gestützt werden. (Sehr richtig) Wenn nun die tatsächliche Entwicklung uns gezeigt hat, daß die Freiheit des Individuums jetzt in anderen Formen als früher und auch von anderen Subjekten aus, von den Koalitionen, ausgeübt wird, so muß die Gesetzgebung diesem Gang der tatsächlichen Ent— wicklung folgen; das halte ich für eine Notwendigkeit. Dieser Not⸗ wendigkeit muß in einem revidierten Strafgesetz Rechnung getragen werden.
Meine Herren, ich möchte, wenn ich das sage, aber doch gleichzeitig glauben, daß man sich täuscht, wenn man dieser Revision des Straf⸗— gesetzbuches eine gar zu große Wirkung zuschreibt. (Sehr richtig! links und bei der Wirtschaftlichen Vereinigung. Die Erfahrung hat uns gezeigt, daß, wenn jetzt Terrorismus nicht überall und nicht ge—⸗ nügend gefaßt wird, das in unzähligen Fällen nicht an dem Tatbestand des Strafgesetzbuchparagraphen liegt, sondern an anderen Dingen ssehr richtig! links und bei der Wirtschaftlichen Vereinigung), sehr häufig daran, daß es an den nötigen Zeugen fehlt.
Dann aber kommt noch ein zweiter und, wie mir scheint, wich— ligerer Punkt hinzu: Gerade die empfindlichste Form des Terroris⸗ mus, als die ich beispielsweise den wirtschaftlichen, den gesellschaft= lichen Boykott nennen will (sehr richtigh, und den Boykott auf der Arbeitsstätte, gerade diese Form des Terrorismus, die am empfind⸗ lichsten gefühlt wird, pflegt sich in der Regel nicht in Angriffen, in aktiven Angriffen auszudrücken, sondern in Unterlassungen (sehr richtig), und diese Unterlassungen werden wir durch das Strafgesetz⸗ buch, auch wenn es revidiert wird, nicht fassen können. Ich will damit nicht sagen, daß nicht auf vielen Gebieten eine Aenderung des Strafgesetzbuchs Hilfe bringt. Ich habe nur davor warnen wollen, zu glauben, daß die großen Schäden, die wir tatsächlich haben, und die von weiten Kreisen des Volkes empfunden werden, nun damit durch—m weg geheilt werden können. Es ist im Gegenteil die Besorgnis aus—⸗ zusprechen, daß gerade diejenigen Formen des Terrorismus, die vom Strafrichter nicht gefaßt werden, zunehmen. Wir haben ähnliche Er— fahrungen im Verlauf der Dinge bereits gemacht. Gewiß, meine Herren, gerade diese Formen des Terrorismus werden besonders stark gefühlt und werden sehr bitter empfunden in den unzähligen Fällen, wo der mit dem wirtschaftlichen, mit dem gesellschaftlichen, mit dem Boykott auf der Arbeitsstätte Bedrohte sich vor dem Ruin seiner ganzen Existenz sieht, wenn er nicht dem Boykott nachgibt. Ich
glaube: Hilfe auf allen diesen Gebieten, wirksame Hilfe wird nur dann geschafft werden können, wenn sich das allgemeine Volkg⸗ empfinden gegen biese Einschnürung der persönlichen Freiheit auf⸗ lehnt, wenn es diesen Terrorismus von sich abweist. (Zuruf rechts: Tut sie nicht) Ohne diese Hilfe, meine Herren, werden auch neue Paragraphen — — (Zurufe von den Sozialdemokraten: Militar⸗ boykott! Geheimes Wahlrecht! — Glocke des Prãäsidenten.)
Meine Herren, ich sagte: ohne diese Hilfe werden auch neue Para— graphen sehr leicht auf dem Papier stehen bleiben ssehr richtig! links), wofern sie nicht sonstigen Schaden anrichten. (Zustimmung links) Nun, meine Herren, bin ich der Ansicht — und ich glaube, sie ist be⸗ gründet — daß sich unser Volksempfinden bei der Ueberspannung des Koalitionsgedankens, der stattgefunden hat, tatsächlich immer energi—⸗ scher auflehnt gegen diesen Boykott, gegen den Terrorismus, wie ich ihn kurz geschildert habe. (Zurufe von den Sozialdemokraten) Ich stimme mit dem Herrn Abgeordneten Freiherrn von Gamp voll= kommen darin überein: man kann diese Stimmung nicht ablehnen, wie es die Herren von der Sozialdemokratie tun, mit dem Hinweis auf Scharfmachertum. Damit ist gar nichts gesagt. (Aha! bei den Sozialdemokraten. Es sind doch nicht bloß die Konservativen, welche in dieser Beziehung treiben. Die Mitteilungen, die uns gestern Herr Bassermann gemacht hat, waren doch recht bezeichnend (Rufe von den Sozialdemokraten: Sehr h, und ebenso bezeichnend ist die Haltung einer großen Anzahl von Handelskammern ssehr richtig! rechts), sind die Kundgebungen aus dem Handwerkerstande und schließlich doch auch die Stellung des Direktoriums des Hansabundes. (Geiterkeit bei den Sozialdemokraten. — Abg. Heine: Und der Dutzende von Organi⸗ sationen dagegenh
Meine Herren, die Regierung — ich bitte die Herren auch auf der rechten Seite dieses Hauses, dessen versichert zu sein — ist sich der Ver—⸗ antwortung, die sie gegenüber den tatsächlichen Erscheinungen, und die sie gegenüber den Stimmungen im Volke hat, voll bewußt, und ich stimme dem Herrn Abgeordneten Grafen Westarp durchaus darin zu, daß in dieser unser Volksleben so tief berührenden Frage die Regie⸗ rung eine führende Rolle zu spielen hat, und daß sie dem Reichstage Aktionen vorschlägt, sobald sie glaubt, daß die Vorbedingungen hier⸗ für gegeben sind. (Aha! und Hört hört! bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, ich habe schon vor längerer Zeit den Herrn Staats⸗ sekretär des Innern gebeten, die Erfahrungen, die in dem ganzen Ver⸗ lauf der deutschen Arbeitsstreitigkeiten gesammelt worden sind, und die Erfahrungen, die in anderen Ländern gemacht worden sind, zusammen- zustellen. Ich nehme an und hoffe, daß in nicht zu ferner Zeit dem Reichstag diese Arbeit vorgelegt werden wird. (GGuruf von den Sozial⸗ demokraten: Auch über die der Unternehmerorganisationen?) Sie wird, meine Herren, nicht nur, was ich für durchaus erwünscht halte, wert⸗ volle Fingerzeige geben für die Handhabung der bestehenden Gesetze, denn hier bestehen — der Herr Graf Westarp hat davon mit Recht gesprochen — mannigfache Unklarheiten (sehr richtig! bei den National— liberalen), sondern sie wird uns auch die Grundlage für die weite Behandlung dieser wichtigen Frage liefern. (Hört, hört! und Zuruf bei den Sozialdemokraten.)
Meine Herren, ich muß des weiteren auf die Kritik eingehen, die gestern der Herr Abgeordnete Bassermann und heute der Abgeordnete Freiherr von Gamp, wenn auch nur in verhältnismäßig kurzen Worten, an die Haltung des Bundesrats in der braunschweigischen Frage angelegt haben. Der Abgeordnete Bassermann hat dem Bundesrat den doch immerhin recht schweren Vorwurf gemacht, daß er in dieser jetzt abgeschlossenen, aber politisch wichtigen Frage, die im Laufe dieses Sommers eine große Erregung der öffentlichen Meinung hervorgerufen hat (Lachen und Widerspruch bei den Sozialdemokraten) — ja, meine Herren, wenn Sie die Presse verfolgt haben, werden Sie, glaube ich, nicht zu lachen brauchen, sondern werden zugeben, daß das richtig ist — (erneuter Widerspruch bei den Sozialdemokraten), daß also in dieser Frage der Bundesrat umgefallen sei. Das ist ein schwerer Vorwurf. Aber, meine Herren, ich halte den Vorwurf in keiner Weise für berechtigt. Bei diesem Vorwurf wird übersehen, daß der Bundesratsbeschluß von 1907 so wenig ein Definitivum hat schaffen wollen wie der Bundesratsbeschluß von 1885. Beide Beschlüsse wollten und konnten im Hinblick auf die von niemandem bestrittenen Thronfolgerechte des welfischen Hauses in Braunschweig nur ein Pro— visorium herstellen. Sie wurden rebus sie stantibus gefaßt. 1885 und 1907 kam der Bundesrat zu dem Ergebnis, daß, wie die Dinge damals tatsächlich lagen, die Thronbesteigung des Herzogs von Cumber— land in Braunschweig unvereinbar sei mit den Grundprinzipien der Reichsverfassung und der ihr zugrunde liegenden Bündnisverträge. Aenderten sich die Verhältnisse — und daß sie sich geändert haben, wird wohl von niemandem bestritten werden —, so entstand für den Bundesrat die Pflicht, neuerdings zu prüfen, ob diese Unvereinbarkeit noch fortbestehe. J
Meine Herren, wer jetzt dem Bundesrat eine Inkonsequenz, einen Umfall vorwirft, weil er die Verzichtsforderung, die 1907 aufgestellt wurde, fallen gelassen hat, der kann mit demselben Recht dem Bundes⸗ rat von 1907 eine Inkonsequenz gegenüber dem Bundesrat von 1885 vorwerfen. (Sehr richtig! im Zentrum) Der Bundesratsbeschluß von 1885 kennt nicht die Verzichtsforderung als Voraussetzung für die Thronbesteigung in Braunschweig. (Sehr richtig! im Zentrum und bei der Wirtschaftlichen Vereinigung. Die Verzichtsforderung ist im Jahre 1907 neu entstanden, und zwar waren es die damals tatsächlich vorliegenden Verhältnisse, welche zu der Verzichtsforderung geführt haben.
Im Jahre 1906/07 bot der Herzog von Cumberland für seinen Sohn, den Prinzen Ernst August, der den braunschweigischen Thron be⸗ steigen sollte, den Verzicht auf Hannover an. Dagegen sollte der älteste Sohn des Herzogs, der Prinz Georg Wilhelm, nicht verzichten. Durch diese Unterscheidung konnte nur der Eindruck erweckt werden — ob er gewollt war, lasse ich dahingestellt — daß gewissermaßen zwei welfische Linien gebildet werden sollten: eine, welche auf Hannover verzichtete und Braunschweig erhielt — eine braunschweigische — eine andere, für die der Verzicht ausdrücklich abgelehnt wurde, und in der die ver⸗ meintlichen Rechte auf Hannover fortleben sollten. Diese unter— strichene Differenzierung war selbstverständlich nicht annehmbar und strichene Differenzierung war selbstverständlich nicht annehmbar un hat zu der Forderung des Verzichts für alle Glieder des Hauses im Jahre 1907 geführt. Seit dem Tode des Prinzen Georg Wilhelm ist der Prinz Einst August der einzige Erbe des welfischen Hauses, und damit sind die sachlichen Umstände, welche im Jahre 1907 zur Ver⸗
zichtsforderung geführt heben, weggefallen. 1 .
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Meine Herren, ich sagte schon, der Bunderatebeschluß von 1585 stellt den Verzicht nicht als Voraussetzung für die I bronbesteigung in Braunschweig auf. Entscheidend für den Bundeerat im Jahre 1385 war die Ueberzeugung, daß im Falle der Tbronbesteigung des Herzogs pon Cumberland Braunschweig zum Stütz⸗ und Mittelpunkt . gegen den Bestand Preußens gerichteten an ,,, Be⸗ strebungen werden würde. Das war für Bismarck und für die per. bündeten Regierungen allein das Entscheidende. Der Fürstenhof eines Bundesstaals durfte nicht sozusagen das Sauptquartier für Be⸗ strebungen werden, welche gegen einen anderen Bundesstaat gerichtet waren. Das war es, worin die Unvereinbarkeit mit dem Friedenẽ⸗ stand unter den Bundee gliedern zu sinden war, den die Reichs⸗ pafassung und die Bundesverträge fordern und garantieren. Von diesem Gesichtepunkte aus mußte der Bundesrat auch jetzt die Sltuation prüfen, und er hat sie auch von diesem Gesichts punkte aus geprüft. Er hat sich also strlkte auf die Grundlage gestellt, die 1880 gelegt worden war. Von einem Umfall ist also in keiner Weise die Rede. .
Nun, melne Herren, ist der Bundesrat, wie bekannt, zu der Ueber · zeugung gekommen, daß die hannöpersch⸗welfischen Aspirationen in Braunschweig unter der Regierung des Prinzen Ernst August keinerlei Unterstützung finden würden. Der Bundesrat gründet diese Ueber⸗ zeugung auf die Vermählung des Prinzen mit der Tochter des Raisers, auf seinen Eintritt in die preußische Armee, auf sein mit dem Fahnen⸗ eid für Lebenszeit übernommenes feierliches Versprechen, nichts ju tun und nichts zu unterslützen, was darauf gerichtet ist, den derzeitigen Besitzstand Preußens zu verändern, auf das Bekenntnis des Prinzen zur Verfassung und zu den Pflichten, welche ihm gegen seine Ver⸗ bündeten obliegen. Die Bedeutung dieser Garantien an sich wird wohl nicht bestritten. Aber es ist gesagt worden, diese Garantien lägen auf sentimentalem Gebiete, es fehle die staats rechtliche Grund⸗ lage, und diese Grundlage könne nur durch den Verzicht geschaffen werden, und zwar durch den Verzicht zugleich für die etwaigen Nach⸗ kommen.
Melne Herren, dieser Standpunkt ist, wie mir scheint, doch ein reichlich formalistischer, ich möchte beinahe sagen, bureaukratischer, und er steht noch dazu juristisch auf sehr schwankendem Boden. (Sehr richtig! links.) Was würde mit dem so viel besprochenen, staatsrechtlich bindenden Verzicht für das Reich und für Preußen erreicht worden sein? Die Situation ist doch die: Hannover ist eine preußische Provinz kraft preußischen Gesetzes, und Preußen ist auf Grund der Reichs verfassung ein Glied des Deutschen Reiches mit Einschluß der Provinz Hannover. Es gibt keinen Staat Hannover, und es gibt keine Monarchie in einem Staate Hannover. Ein Verzicht auf Monarchenrecht kann aber nur dem eigenen Staat, nicht einem anderen Staat gegenüber ausge⸗ sprochen werden. Dieser eigene Staat besteht nicht. Ein Rechts⸗ verzicht gegenüber Preußen wäre juristisch inhaltslos, weil Preußen keine Rechte auf Hannover kennt, sondern höchstens vermeintliche Ansprüche auf
die Wederherstellung des Zustandes vor 1866. (Sehr richtig! links.) Und waz den Verzicht für die etwalgen Nachkommen anlangt, so über⸗ wiegt in der Staatsrechtslehre die Ansicht, daß ein Verzicht mit recht licher Wirkung nur für die Person des Verzichtenden selbst, nicht für Nachkommen und Agnaten ausgesprochen werden kann. Also, meine Herren, diejenigen, die da glauben, unter juristischen und staatsrecht⸗ lichen Gesichtspunkten den Verzicht fordern zu müssen, befinden sich in einem Irrtum. Aber, wie gesagt, ich halte den ganzen Standpunkt, der mit dem Verzicht und seiner staatsrechtlichen Bedeutung operiert, für einen theoretischen, für einen formalistischen, er geht an dem Kern der Sache vorbei. Die Bürgschaften, die der Prinz Ernst August dafür gegeben hat, daß er die Regierung in Braunschweig in getreuer Erfüllung aller einem deutschen Bundesfürften gegen das Reich und die Bundesstaaten obliegenden Pflichten führen werde, sein Versprechen, daß er Ansprüche auf Wiederherstellung eines selbständigen Hannovers
diese Garantien sind genau so bindend, ob sie mit oder ob sie ohne Venzicht abgegeben sind. Wenn diese Garantien, die jetzt ohne Ver⸗ zicht abgegeben werden sind, versagten, dann würden sie auch jusammen—⸗ fallen, wenn der Verzicht vorläge. (Sehr richtig) ͤ Aber, meine Herren, beides ist ausgeschlossen, ausgeschlossen durch die über jeden Zweifel erhabene Loyalität des Prinzen Ernst August.
Nan, meine Herren, wenn aber die Voraussetzungen dafür ge— geben waren, daß die Regierung des Prinzen Ernst August für Braun⸗ schweig mit dem von der Reichsverfassung garantierten Friedentstande unter den Bundesmitgliedern in jeder Beziehung vereinbar sei, dann hatte Braunschweig ein Recht darauf, daß der Prinz Ernst August den Thron seiner Väter bestelge. (Sehr richtig) Dieses Recht Braun schweigs ist in der ganzen Polemik dieses Sommers fast gar nicht erwähnt worden. Aber Braunschweig, dieses kerndeutsche Land, das immer treu zu Kaiser und Reich gestanden hat, das den Einbruch bannöverscher welfischer Aspirationen in das Land in der Vergangen— heit nicht gewollt hat und einen solchen Einbruch auch in der Gegen⸗ wart und Zukanft nicht will, hatte einen Anspruch auf seinen recht— mäßigen Thronerben, sobald es sicher war, daß dieser ebenso treu zu Kaiser und Reich stehen werde wie das Land selbst, und daß die welfischen Trelbereien bei ihm keine Unterstützung finden würden.
Nun, meine Herren, noch ganz wenige Worte über die hban⸗ növerschen Welfen. Der Herr Abg. Freiherr von Gamp hat gesagt, die Sache würde im preußischen Landtage noch ausführlich besprochen werden. Ich entnehme aus dem Kopfnicken des Herrn von Heydebrand, daß dies geschehen wird, und ich werde ja dann auch noch ausführlicher über die Sache sprechtn; aber ein paar Bemerkungen muß ich doch schon heute machen.
Herr von Gamp hat gemeint, durch diese Regelung der braun— schweigischen Frage hätten wir die welfische Agitation in Dannover gestärkt. Da möchte ich doch einmal die Gegenfrage stellen, ob wir nicht die welfische Bewegung in Hannover gerade dann verhãngnis⸗ voll gestärkt hätten, wenn wir um des, wie ich nachgewiesen habe, bedeutungslosen Verzichtes willen die welfische Frage verewigt und den Prinzen Ernst August zum Märtyrer des Welfentums gemacht hätten. Indem wir das Gegenteil getan haben, haben wir der welfischen Be— wegung in Hannover für die Zukunft ihren stärksten Stütz punkt ge⸗ nommen. (Sehr richtig) Gewiß, meine Herren, mir ist gesagt worden, es gäbe in Hannover Welfen, die da sagten: der Prinz Ernst August hat so viel erreicht, die Hand der Kaisertochter, den braunschweigischen Thron, jetzt wird es ihm auch gelingen, ein selbständiges Dannober herzustellen. Wenn es richtig ist, daß es solche Leute gibt, so sind daz, wenn ich mich höflich ausdrücken will, jedenfalls keine politischen Köpfe. Die gemäßigten besonnenen Elemente des Welfentums sollten einsehen, daß sich diejenigen Welfen, welche sich mit solchen utopischen Hoffnungen tragen, für eine ganz aussichtslose Idee einsetzen, und sie sollten selbst dafür wirken, daß diese Irreführung im Volke aufhört. Hannover ist und bleibt eine preußische Provinz. Kein preußischer König, keine preußische Landesvertretung wird sich je dazu bereit finden, rückgängig zu machen, was in der Erstarkung Preußens, die zum Deut⸗ schen Reiche geführt hat, Geschichte geworden ist. Einer solchen Ver⸗ sündigung am eigenen Leibe ist kein Preuße sählg. Und wahrlich, meine Herren, man hat Preußen eine ängstliche und lleinmüt ige Politik zugemutet, wenn man von Preußen verlangte, daß es aus Furcht vor einer zum Absterben verurteilten Bewegung, die von einer kleinen Geuppe Unversehnlicher genährt wird, seine Haltung im Bundesrat und Braunschweig gegenüber regulieren solle. (Sehr richtig) Meine Herren, ich habe eine solche Politik abgelehnt, und indem ich es tat, habe ich nichts von alten Traditionen preisgegeben, sondern ich habe geglaubt, an der Regelung eines Zustandes mitgewirkt zu haben, der mit der Beseitigung alten Haders Nützliches schaffen wird.
. . ; . HN Meine Herren, zum Schluß noch wenige Worte mit enn
Scheidemann haben sich die Führer des Zentrums und der National liberalen in der Frage der politischen Bedeutung eines Mißtrauenẽ⸗ votums auf den verfassungsmäßigen Boden gestellt. Der Herr Abg. Wiemer hat es zwar abgelehnt, sich die Anschauungen der sozialdemo kratischen Fraktion über die Tragweite des Mißtrauensvotums oder Mißbilligungsvotums — es sind ja verschiedene Worte vom Reichstag gebraucht worden — anzueignen. Er hat aber unwillige Aeußerungen darüber gemacht, daß ich im Laufe der Etatsdebatte auf die Zaberner Angelegenheit nicht noch einmal zurückgekommen bin, und daß dem Reichstag keine weiteren amtlichen Erklärungen zugegangen nnn, Ja, meine Herren, was sollte ich denn zu der Sache weiter erklären (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten), nachdem, wie am 3. Dezember gesagt war und öffentlich bekannt ist, der Interpellationsgegenstand einem gerichtlichen Verfahren unterliegt? Wohin führen uns denn die jetzigen weiteren Debatten? Es wird Partei ergriffen auf der einen Seite für das Militär, auf der anderen Seite für das Zivil. Der eine wirft dem Kreisdirektor Vernachlässigung seiner Pflichten por, greift den Statthalter, den Staatssekretär an. Der andere richtet die Angriffe gegen den kommandierenden General. Meine Herren, ich habe schon am 3. Dezember erklärt, daß ich auf Grund der mir vorliegenden einander widersprechenden Berichte über das
Verhältnis, das in den kritischen Tagen zwischen Militär und Zivil in Zabern geherrscht hat, mit Sicherheit nicht entscheiden kann, wo Recht und Unrecht liegt. Ich kann nur bedauern, daß bei diesem un⸗ gewissen Stand hier schon ganz kategorische Urteile gefällt werden, und insonderheit, daß die Angriffe gegen einzelne Personen und Be⸗ hörden gerichtet werden. Ich weise diese Angriffe zurück. Zuruf rechts) — Ich möchte nicht mißverstanden werden nach den Zurufen, die der Herr Abg. Oertel hier macht. Ich habe ausdrücklich ge⸗ sagt, ich hätte nicht entscheiden können, ob die Berichte des Militärs über ein angebliches Versagen der Zivilhilfe und die Berichte des Zivils, welche dieses Versagen verneinen, — wo bei diesem Wider⸗ streit das Recht liegt. Darum, sage ich, ist es bedauerlich, wenn jetzt kategorische Urteile über angebliche Versäumnisse der zivilen Autori⸗ täten gefällt werden, oder wenn auf der anderen Seite — damit wende ich mich an die Herren (nach links) — ebensolche kategorische Urteile über das Verhalten des militärischen Kommandos gefällt werden. Jedenfalls muß ich mir bei diesem Stande der Dinge, wo der Gegen⸗ stand tatsächlich so sub judice ist, Reserve auferlegen. Das eine, meine Herren, kann ich Ihnen aber versichern, daß in der amtlichen Behandlung und in der Beurteilung der ganzen Sache infolge der Interpellation kein Umschwung eingetreten ist, wie der Herr Abg. Dr. Wiemer meinte, und mit der gleichen Bestimmtheit sage ich, daß von einem Rückzug, wie ihn der Herr Abg. Graf von Westarp zu be⸗ fürchten schien, in keiner Weise die Rede ist. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten. Bravo! rechts.)
Meine Herren, das Zurückgreifen des Herrn Abg. Scheidemann auf die Interpellationsdebatte hat wenigstens das eine gute gehabt, daß sie offenbar machte, wie wenig Homogenität unter den Parteien herrscht, welche sich auf das Mißtrauensvotum geeinigt hatten. So wenig eine Einmütigkeit über die Tragweite des Mißbilligungsvotums besteht, ebensowenig bestand eine Einmütigkeit über die Motive. Die Aeußerungen der sozialdemokratischen Presse und das Verhalten der sozialdemokratischen Wortführer in diesem Hause — darin stimme ich dem Herrn Abg. Grafen von Westarp durchaus zu ᷣ. haben keinen Zweifel darüber gelassen, daß die Sozialdemokratie die Vorfälle in Zabern zum willkommenen Anlaß genommen hat, um gegen die Armee und gegen die verfassungsmäßigen Rechte des Kaisers und des obersten Kriegsherrn Sturm zu laufen. (Sehr richtig! rechts, Zurufe bei den Sozialdemokraten Hier. meine Herren, scheiden sich die Geister. Hier ist die Sozialdemokratie isoliert, und sie wird es hoffentlich immer bleiben. (Lebhaftes Bravo! rechts.) .
Hierauf wird um 634 Uhr die weitere Beratung auf
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nie und nimmer, in keiner Foim betreiben oder unterstützen werde —
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Uantersuchungssachen.
Aufgebote, Verlust⸗ und Fundsachen, Zustellungen u. dergl. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛe.
4. Verlosung 2c. von Wertpapieren. .
5. Kommanditgesellschaften auf Aktien u. Aktiengesellschaften. ö
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die Inteipellation über Zabern. Im Gegensatz zu dem Herrn Abg.
Anzeigenpreis für den Raum einer 3 gespaltenen Einheiteztilt 30 3.
Donnerstag 11 Uhr vertagt.
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g. Bankausweise. 10. Verschiedene Bekanntmachungen.
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500 AM, Antragsteller: Zolleinnehmer 183337
822
; s ö ver en, 2 Aufgehote, Verlust⸗ 86 benhöf S0 Post Das Aufgebot des Kaufmanns Leon D Untersuchungssachen. ) In . unter silh Hun iche gegen den 2) A ifgehote, Verlust . Heinrich Krabbenhöft zu Lascemborn, Post . .
Bezirk 36 5„YSRege 4 183493 Rekruten des Bezirks kommandes Regent⸗
ss. Ti gen Fal flucht, D 907 burg Johann Kübler, wegen Fabhnenflucht, Der unter dem 2. 12. 1907 erlassene ,
Steckbrlef gegen den am 20 7. 1878 zu Berlin geborenen Malermeister Emil
; tz faerichtg ordnung Korth, zuletzt Berlin, Utrechterstt. 37, wird Militärstrafgerichtsordaung der, thun sern it fiebe Nr. 291: 17148015. digte hierdurch für fahnenflüchtig erklärt. hiernst erneuert (siebe Nr. 291: 171480) , ,,
Gericht der 6. Division.
Trebbin, den 5. Dezember 1913. Königliches Amtsgericht.
3. . Der Gerichtsherr: 3500] Steckbriefserledigung. z
von Hoehn,
n. dergl.
Nr. 39 919
its bes der. Beschul⸗ S3339)] wangsversteigerung. 4. M
4 99 Im legene, im Grundbuche vom Schönhauser⸗ torbezirk Band 97 Blatt Nr. 2871 zur
Schr od; Zeit der Eintragung des Versteigerungs⸗
ö 2 . . an St. Qui i. Lothr., ; . k .
Fundsachen, Zustellungen t Teer g gr ell Höre hlschen 400̃igen Rechtsanwalt NRadwangki in Hohensalja, 5 1 28 z Schatzanwelfung von 1908 Serie J Lit. G bezuglich des von der Frankfurter debeng⸗ 35 356, 36 ar. 3 über 500 , Antragsteller: ver sicherungs-Aktiengesellschaft ausgestellten k . Gutsbestzer Karl Friedrich Baumgärtel Versicherungsscheins Ne. I5 S2 und Pie 3 2 zu Langen reinn dorf bei Crimmitschau i. S., Zahlungssperre vom 17. November 1913 Wege, der Zwangsbollstreckung soll hertreten darch Rechtsanwalt Dr. Grimni it infolge Zurücknahme deg Antrags das in Berlin, Senefelderstcaße 22, be— ö. er mn, ; k
4) der Königlich Preußischen 3 o izen kon solidierten taat ꝛ Lit H Nr. 632 795 über 300 . Antrag. 83346
Frankfurt a. M., den 8. Dezember 1913. Königliches Amtsgericht. Abt. 18.
Policenaufgebot.
Staatsanleibe von 1890
Der gegen den Grenadier Baresel der J. Kompagnie 1. Garderegiments wegen unerlaubter Entfernung unterm 5. De— zember 1913 erlassene Steckbrief ist erledigt.
Potsdam, den 8. Dezember 1913
Gericht 1. Garderegiments zu Fuß, Potsdam.
83494
In der Untersuchungssache gegen den zur Dileposition der Ersatzbehörden entlassenen Musketier Artur Kremer gus dem Landw. Ben, Elberfeld, wegen Fahnenflucht, wird auf Grund der SßS 69 ff. des Milttärstraf gesetzbuchs sowie der S5 356, 360 der Milstärstrafgerichtsordnung der Beschul⸗ digte hierdurch für fahnenflächtig erklärt.
Düsseldorf, den 9. 12. 1913.
Königliches Gericht der 14. Division.
I3 49h05] Fahnenfluchtserklärung
und Beschlagnahmeverfügung.
In der Untersuchungesache gegen den Matrosen Karl Tyballa von der 5. Kom⸗ pagnie der J. Matrosendlvision, geboren am 24. Mat 1892 in Märzdorf, Kreie Gr. Wartenberg, wegen Fahnenflucht. wird guf Grund der S8 69 ff. des Militär, strafgesetzwuchs sowie der S5 366, 350 der Militärstrafgerichtsorbnung der Be— schuldigte hierdurch für fahnen lüchtig er. ö . e im r, nee l m.
ermögen mit Beschlag belegt. Kiel. den 6. Dezember 1913.
Generalleutnant und Kriegsgerichtsrat. Divisionskommandeur.
83497 Beschlust.
Die wider den zur Dißpositian der Ersatzbehörden entlassenen Heizer Eduard Gocke auß dem Landwehrbezik 1 Gassel am 5. Dezember 1911 erlassene Fahnen⸗ fluchtserklärung wird hiermit zurückgezogen.
Caffel, den 9. Dezember 1913.
Gericht der 22. Division. 83498 Besch luß . Die Fahnen fluchtsertlärung vom 19. 11. 1912 gegen den Reseipvisten Heinrich Gustav Schäfer aus dein Landw-⸗Bez. Barmen wird ö. Ergreifung des Be—
uldigten aufgehoben. . ich i en en. den 9. 12. 1913...
Königliches Gericht der 14. Division.
83499 Verfügung. . Vie gegen den Rekruten in Kontr. des Be5⸗Kdotz. 1 München nunmehr Mus— ketier 4. Inf. Regt. Nr. 85 aver Sigl, geboren am 3. Dezember 1889 zu München, am 65 4. 1911 erlassene und, in Nr. 89 (3. Beil.) des Deusschen Reichsanzeigers vom 8. 4. 1911 veröffentlichte Fahnen fluchtserklärung wird aufgehoben. WMiiuchen, den 9). Deiemher 18913. Gericht der 1. Division.
. Gericht der J. Marin einspektion.
dermerks auf den Namen des Kaufmanns Friedrich Steinberg zu Neukölln einge— tragene Grundstück, bestehend aus Vorder⸗ wohngebäude mit linkem und rechtem Seitenflügel, Quergebäude und 2 Höfen, am 36. Februar 19ER, Vormittags II ihr, durch dan unterzeichnete Gericht, Neue Friedrichstraße 1314. 111 (drittes Stockwerk), Zimmer Nr. 113 115, ver⸗ steigert werden. Das Grundstück — Ge— markung Berlin, Kartenblatt 31 Parzelle 23441 — ist nach Artikel Nr. 2870 der Grundffeuermutterrolle 19 a 30 4m groß und unter Nr 2870 der Gebäudesteuerrolle bei einem jährlichen Nutzungswerte von 17500 6 mit 696 M Jahresbetrag zur Gebäudesteuer veraalagt. Der Versteige⸗ rungsbermerk ist am J. Juli 1913 in das Grundbuch eingetragen. — 85. K. 10713.
Berlin, den 22 November 1913. Königliches Amtagericht Berlin ⸗ Mitte.
Abteilung 85.
73195 Aufgebot.
— Es t das Aue 'r folgender Schuld- verschreibungen zum Zwecke der Kraftlos— erklärung beantragt worden:
I) der Königlich Preußischen 3 00 igen kon⸗ solidierten Staattanleihe von 1903 - 1904 Lit. R Nr. 218 043 über 309 M, Antrag⸗ steller: Gendarm August Kleist zu Pohau,
2 der Könlglich Preußischen 37 Co igen
vormals 4 Yo lgen konsolldierten Staats.
anlelhe von 1883 Lit. D Nr. 18 758 über
steller: C. H. Ebellng, Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Aachen, Sand- kaulbach 21 23.
) der Königlich Preußischen 3 Coigen vormals 4 oοQ igen konsolidierten Staatz⸗ anleihe von 1880 Tit. E Nr. 88 642 über 300 6, Antragsteller: Dändler Sebastan Brachtendorf zu Ehrenbeeitenstein, Cle⸗ mensstraße 74. .
6) der Königlich Preußischen 34 cio igen vormals 4 oolgen konsolidierten Staate anleihe von 1882 Lit. C Nr. 317 701 über 1090 4, Antragsteller; Theoder Bartz in Traben⸗Trarbach, Wil dbadstraße 2,
7) der Königlich Preußischen 37 Csotgen vormals 4 0½sgen konsolidierten Staats⸗ anleibe von 1853 Lit. B Nr. 229223 über 2000 , Antraasteller Gustay Göllner zu Ueplingen bei Ware leben, vertreten durch den Justizrat Weber in Oschersleben.
Die Inhaber vorstehen der Urkunden werden aufgefordert, spätestens in dem auf den 15. Juni 1914, Vormittags L Ühr. vor dem unterzeichneten Gericht, Neue Friedrichstraße 13/14, 111. Stock verk, Jimmer 106 108, anberaumten Auf- gebotsktermine ihre Rechte anzumelden und die Urkunden vorzulegen, widrigenfalls die Kraftlozerklärung der Urkunden erfolgen
18. ö — 2 den 24. Oktober 1913.
Königliches Amtsgericht Berlin-Mitte.
Abteilung 84.
Die auf den Namen der Frau Elisa⸗ beih Gueter. geb. Christ, in Vietmanns lautende Versicherungs vol ice Nr. 240 S6 di st nach Anzeige der Verficherten in Verlust ge⸗ raten. Dies wird gemäß 5 18 Der Ver⸗ sicherungsbedingungen mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß nach fruchtlosem Ablaufe einer Frist von zwei Monaten nach dem Erscheinen dieses Inserats die genannte Police für kraftlos erklärt und an Stelle derselben eine neue Police aus⸗ zefertigt werden wird. .
. irn den 9. Dezemher 1915. Friedrich Wilhelm Lebensbersicherungs⸗ Aktiengesellschaft. Die Birektion.
Die dem Heirn Karl Fromm, Kauf⸗ mann in Elberfeld, unterm 13. Januar 1909 ausgestellte Poltce 213 422 über „S 12 000, — nehst Nachtrag vom 10. Ja⸗ nuar 1917 ist in Verlust geraten. Wir werden die Police süc kraftlos erklären und eine neue ausstellen, sofern sich nicht innerhalb dreier Monate vom Datum die er , ,. ab eln Policen⸗ inhaber bel uns meldet.
Berlin, den 11. Dezember 1913. Nordstern · Lebens Versichernngs · Actlen ·
Gesellschalt zu Berlin. Die Dire on.
M. Gere cke.
R. der ee, ,,,, 1
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