1913 / 295 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Dec 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ J angelegenheiten.

Dem Regierungsarzt, Oberstabsarzt Dr. med. Maximilian dunn in Lome, Togo, ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

*

Finanzministerium.

Das Katasteramt Pleschen im Regierungsbezirk Posen ist zu besetzen.

Aichtamtliches.

Deu tsches Reich.

Preußen. Berlin, 15. Dezember 1913.

Die Nr. 11 der Amtlichen Nachrichten des Reichs— versicherungsamts vom 15. November 1913 enthält zunächst eine Bekanntmachung darüber, daß vom 1. Januar 1914 ab in den Amtlichen Nachrichten von Entscheidungen nur noch die „arundsätzlichen“ im Sinne des 51716 der Reichsversicherungs⸗ ordnung abgedruckt werden, daß dagegen alle sonstigen bedeut— samen Entscheidungen und Mitteilungen unter Wiederholung der „grundsätzlichen“ Entscheidungen von jenem Zeitpunkt ab in einer von den Mitgliedern des Reichsversicherungsamts in demselben Verlage herauszugebenden Sammlung unter dem Titel „Entscheidungen und Mitteilungen des Reichsversicherungs— amts“ veröffentlicht werden.

Der Amtliche Teil bringt unter A (Allgemeines):

eine ö des Reichskanzlers vom 17. Oktober 1913, betreffend die weitere Amtsdauer der nichtständigen Mit- glieder des Reichsversicherungsamts aus dem Stande der Arbeitgeber und der Versicherten;

ein Rundschreiben des Amtes vom 21. August 1913 an die ihm unterstellten Berufsgenossenschaften und an die Landes⸗ versicherungsanstalten einschließlich der „Seekasse“ zu Artikel 16 Abs. 2, 3 des Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und dem Königreich Italien über Arbeiterversicherung vom 31. Juli 1912 (Reichsgesetzbl. 1913 S. 171);

eine Bekanntmachung des Amtes vom 1. November 1913 über die vertragliche Regelung der Beziehungen zwischen Berufsgenossenschaften und Krankenkassen gemäß 58 1515, 1501, 15093 der Reichsversicherungsordnung;

den Abdruck eines Erlasses des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe vom 36. Juli 1913 (Ministerialblatt der Handels, und Gewerbeverwaltung 1913 S. 539), betreffend Zuständigkeit der Knappschafts-Oberversicherungsämter in Clausthal, Dortmund und Bonn. .

Unter B. (Unfallversicherung) folgen Rekurs— entscheidungen und andere Entscheidungen der Senate in Unfall—⸗ versicherungssachen sowie Bescheide und Beschlüsse über folgende Gegenstände:

der Tag, von dem ab der Verletzte die bisherige Rente bezogen hat, ist für den Beginn der einsährigen Frist des 8 88 Abs. 2 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes auch in dem Falle maßgebend, daß die bisherige Rente nicht durch Bescheid des Versicherungsträgers, sondern durch das Reichsversicherungs⸗— amt im Laufe eines Rekursverfahrens wegen inzwischen ein⸗ getretener Aenderung der Verhältnisse festgesetzt worden ist 2656 *) grundsätzliche Entscheidung ;

der Spruchsenat verhandelt über unzulässige Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens in Fällen des 8 17351 Abs. ? der Reichsversicherungsordnung mündlich und öffentlich 2657 grundsätzliche Entscheidung ];

der 3 1608 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung findet auch dann Anwendung, wenn sich das neue Verfahren nach der Reichsversicherungsordnung, das frühere Verfahren nach den alten Vorschriften richtet 2658 grundsätzliche Ent— scheidung j;

die Rückfahrt eines längere Zeit abwesenden landwirt— schaftlichen Betriebsunternehmers nach seinem Grundstück ge⸗ hört auch dann nicht zum landwirtschaftlichen Betriebe, wenn sie zum Zwecke der Verrichtung dringlicher Betriebsarbeiten erfolgt ist 2659);

die Kosten, welche einer Berufsgenossenschaft durch Ueber— weisungen von Betrieben an eine andere Berufsgenossenschaft erwachsen, fallen der überweisenden Berufsgenossenschaft zur Last 2660 grundsätzliche Entscheidung ;

die weitere Beschwerde eines Unternehmers gegen seine Aufnahme in das Betriebsverzeichnis einer Berufsgenossenschaft ist bei Versäumung der hierfür gewährten Frist als verspätet zurückzuweisen 2661 grundsätzliche Entscheidung

über die Verwendung der in der „Zwischenzeit“ im Sinne der so 743, 744 der Reichsversicherungsordnung erwachsenden Zinsen der Rücklage 2662 gründsätzliche Entscheidung

ob Mittel der Rücklage zur Abfindung von Inländern ver— wendet werden können? 2663);

zur Auslegung des 8 141 der Reichsversicherungsordnung

2664;

ur Frage der Berechtigung des Vorstands einer Berufs— gn e ,,, von einem Mitglied Beitragsvorschüsse einzu⸗ fordern 26651.

Der Abschnitt G (Kranken⸗, Invaliden- und Hinter⸗ bliebenenversicherung) enthält das Rundschreiben vom 6. August 1913 über die Ergebnisse der Abrechnung für 1912. 3 Revisionsentscheidungen 1759 bis 1767 behandeln folgende

ragen: 4 . durch Artikel 71 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Reichs— versicherungsordnung ist die Hinterbliebenenfürsorge nicht dann ausgeschlossen, wenn zwar vor dem 1. Januar 1912 Kranken— rente gewährt, aber erst nach dem 1. Januar 1912 dauernde Invalidität eingetreten, die Krankenrente in Invalidenrente um⸗ gewandelt und der Versicherte ohne Wiedererlangung der Er— werbsfähigkeit gestorben ist 1759 * eine auf Grund des preußischen Gesetzes vom 18. Juni 1887 2. Juni 1902, betreffend die Fürsorge für Beamte infolge von Betriebsunfällen, gewährte Pension ist nicht als reichs⸗ gesetzliche Unfallrente im Sinne des 5 1311 der Reichsversiche⸗ rungsordnung zu erachten 1760]; .

wenn das Revisionsgericht die von der Versicherungs⸗

anstalt angegriffene Bewilligung der Invalidenrente oder

) Vie neben den einzelnen Entscheidungen stehenden einge— klammerten 3 len geben die Ziffern an, unter welchen dlese in den Ma

Amtlichen richten derffentlicht sind.

1 a,,

die vom Versicherten angegriffene Rentenentziehung an sich für einwandfrei erachtet, so darf es die Entscheidung des Oberyersicherungsamts über den Beginn und über die Höhe der Rente beziehungsweise über den Zeitpunkt des Renten wegfalls gemäß 8 170 in Verbindung mit 8 1696 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung nicht abändern 1761];

der Aufenthalt eines Rentenberechtigten im Ausland gilt nicht als freiwillig im Sinne des 13513 Nr. 1 der Reichs⸗ versicherungs ordnung, wenn ihn der Gesundheitszustand des Berechtigten zwingend erfordert (1762);

das Oberversicherungsamt, das den von der Versicherungs⸗ anstalt abgelehnten Anspruch auf Invalidenrente anerkennt, muß von Amts wegen gleichzeitig zu der durch den Akteninhalt nahe—⸗ ö Frage nach dem Ruhen der Rente Stellung nehmen 1763); . der Antrag auf Gewährung der Witwenrente schließt den Antrag auf Gewährung des Anwartschaftsbescheids (5 1743 der Reichsversicherungsordnung) in sich (1764);

im Rentenfeststellungsverfahren ist die vom Rentenbewerber behauptete Invalidität nicht von diesem zu beweisen, sondern von Amts wegen klarzustellen 1765

die Vorschrift des 5 15 Abs. 2 Satz 2 des Invaliden⸗ versicherungsgesetzes über das Zusammentreffen von Unfall- und Invalidenrente ist in den 1532 Abs. 1 der Reichsversicherungs⸗ ordnung übergegangen. An der bisherigen Rechtslage hat sich nichts geändert 1766

wird statt des Bevollmächtigten, den eine Partei bestellt

hat, lediglich sie selbst von der mündlichen Verhandlung von dem Oberversicherungsamt benachrichtigt, so leidet das Ver⸗ fahren an einem wesentlichen Mangel (zu vergleichen 24 der Kaiserlichen Verordnung über Geschäftsgang und Verfahren der Oberversicherungsämter vom 24. Dezember 1911) 1767.

Unter der Ueberschrift „Andere Entscheidungen“ werden folgende Fragen behandelt:

der nach Artikel 74 des Einführungsgesetzes zur Reichs⸗ versicherungsordnung geforderten tatsächlichen Beitragsleistung steht die vor dem 1. Januar 1913 gemäß § 1444 Abs. 1 Nr. 2 der Neichsversicherungsordnung erfolgte Bereiterklärung zur Nachentrichtung von Beiträgen gleich 1768;

im Gemeindedienste Beschäftigten, denen nach dem An— stellungsvertrag ohne Angabe von Gründen gekündigt werden kann, ist die Anwartschaft auf Ruhegeld im Sinne des ö Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung nicht gewähr— eistet 1769];

der 5 1799 der Reichsversicherungsordnung findet auch bei den materiellen und formellen Rechtsnormen An— wendung, die in den zur Reichsversicherungsordnung ergangenen Autzführungsbestimmungen niedergelegt sind. Insbesondere gilt er nicht nur dann, wenn der Beschwerdegang im Gesetze selbst vorgesehen ist, sondern auch für den Fall, daß er durch eine Ausführungsbestimmung angeordnet ist. Der Abs. 3 des s 1669 der Reichsversicherungsordnung bezieht sich nur auf den Fall, daß eine Vergütung im Termine nicht gezahlt

ist und erst nachträglich gefordert wird 17701;

die Entscheidung 1771 nimmt grundsätzlich Stellung zur Abgrenzung der Zuständigkeit des Reichsversicherungsamts und der Landesversicherungsämter einerseits, der Sberversicherungs— ämter anderseits auf dem Gebiete des Heilverfahrens (88 1269 ff. der Reichsversicherungsordnung);

die Entscheidung 1772 legt den Artikel 3 des deutsch⸗ italienischen Abkommens über Arbeiterversicherung vom 31. Juli 1912 (Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A. 1913 S. 379) dahin aus, daß auch die nach der Antragstellung für vor ihr liegende Zeiten entrichteten Invalidenversicherungs⸗ beiträge zur Hälfte an die Cassa Nacional di Previdenza abzuführen sind;

nach dem Bescheide 1773 ist der Beschluß eines Ober⸗ versicherungsamts, die Sache gemäß 8 17995 der Reichs— versicherungsordnung an das Reichsversicherungsamt abzugeben, nebst der Begründung den Parteien mitzuteilen;

der Bescheid 1774 behandelt das Zusammenwirken der Oberversicherungsämter und der Versicherungsträger bei Fest⸗ stellung der Unterlagen für die Kostenverteilung gemäß 8 80 Abs. 2 der Reichs versicherungsordnung;

die Auslagen, die den Versicherungsämtern in Ausübung ihrer Tätigkeit nach den Ziffern 19 und 20 der Anweisung des Königlich preußischen Handelsministers für die Quittungs— kartenausgabe vom 20. November 1911 (Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A. 1912 S. 336 ff.) erwachsen, sind nicht von den Versicherungsanstalten zu erstatten 1775;

zum Schlusse folgen die Uebersichten über Zahlungen aus Invaliden⸗, Kranken, Alters- und Zusatzrenten der 31 Ver— sicherungsanstalten im Monat September 1913, über Ver⸗ sicherungsleistungen der 31 Versicherungsanstalten an Hinter— bliebene im Monat September 1913 und über den Erlös aus Beitragsmarken im Monat Okiober 1913.

Der Nichtamtliche Teil bringt den Abdruck der Verfügungen der zuständigen preußischen Minister vom; 6. und 26. September 1913, betreffend die Verrechnung der der Landesversicherungsanstalt nach der Reichsversicherungs⸗ ordnung zur Last fallenden Kosten (Ministerialblatt der Handels⸗

und Gewerbeverwaltung 1913 S. 578 und Niinisterialblatt

für die Innere Verwaltung 1913 S. 184);

der Verfügung des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe vom 24. Oktober 1913, betreffend die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen im Verfahren zur Fest— stellung der Leistungen (Ministerialblatt der Handels- und Gewerbeverwaltung 1913 S. 590):

einer Verfügung des preußischen Ministers des Innern an die Regierungspräsidenten vom 11. September 1913, be⸗ treffend die Ausführung der Reichsversicherungsordnung;

einer Entscheidung des Reichsgerichts vom 7. Januar 1913 Band 8! der Entscheidungen in Zivilsachen) darüber, ob die Zurücknahme eines Rechtsmittels wegen Irrtums angefochten werden kann;

einer Anzeige der im Verlage von Franz Vahlen in Berlin 1913 erschienenen Schrift des Präsidenten des Reichs⸗ versicherungsamts Dr. jur. et med. H. c. Paul Kaufmann: „Schadenverhütendes Wirken in der deutschen Arbeiterver⸗ sicherung“.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Vineta“ am 12. Dezember in Port of Spain (Trinidad) eingetroffen.

Bayern.

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin sind, wie W. T. B.“ meldet, heute vormittag in München eingetroffen. Beim Einlaufen des Kaiserlichen Hofzuges in, die Bahnhofshalle feuerte eine Batterie des König' lichen 1. Feldartillerieregiments auf dem Marsfelde einen Salut von hundert Schuß. Auf dem Bahnsteig waren Ihre Majestäten der König und die Königin, Seine Königliche Hoheit der Kronprinz und die übrigen Prinzen des Königlichen Hauses sowie die Herren der preußischen Gesandtschaft und der Ehrendienst erschienen. Im großen Königssalon hatten sich die sämtlichen Stagis— minister, der bayerische Gesandte Graf von Lerchenfeld— Koefering, der Regierungspräsident von Oberbayern Ritter von Halder, der Polizeipräsident von Grundherr, der Oberbürger⸗ meister Dr. von Borscht und andere Vertreter der Stadt ver— sammelt. Auf dem Bahnsteige standen eine Ehrenkompagnie vom Königlichen Infanterieleibregiment mit Fahne und Musik und den unmittelbaren Vorgesetzten sowie die gesammte aktive Generalität. Nachdem sich die Allerhöchsten Herrschaften auf das herzlichste begrüßt hatten, fuhren Ihre Masestäten die Kaiserin und die Königin im offenen à la Daumont gefahrenen Sechsspänner, von einer Eskadron des 1. Schweren Reiterregimen s geleitet, nach der Königlichen Residenz. Seine Majestät der Kaiser schritt mit Seiner Majestät dem Könige inzwischen die Front der Ehrenkompagnie ab, begrüßte die im Salon versammelten Herren und nahm den Vorbeimarsch der Ehrenkompagnie ent— gegen. Alsdann fuhren die beiden Monarchen ebenfalls im offenen sechsspännigen Wagen und unter dem Geleit einer Eskadron des 1. Schweren Reiterregiments, vom Publikum auf dem ganzen Wege durch die Stadt auf das herzlichste begrüßt, zur Residenz, wo im Brunnenhofe eine Ehrenkompagnie des zweiten Infanterie— regiments Kronprinz Aufstellung genommen hatte. An der Schwarzen Treppe empfing der Königliche Große Dienst die Allerhöchsten Gäste, die sich sogleich nach ihrem Ein— treffen in den östlichen Thronsaal begaben, wo sie von den Prinzessinnen des Königshauses begrüßt wurden. Seine Majestät der Kaiser besuchte unmittelbar nach seiner Ankunft in der Residenz die Theatiner⸗-Hofkirche und legte dort am Grabe Seiner Königlichen Hoheit des verstorbenen Prinz— Regenten Luitpold einen Kranz nieder.

Defterreich⸗ Ungarn.

In der österreichischen Delegation wurde vor— gestern die Beratung des Budgets des Ministeriums des Auswärtigen fortgesetzt. Wie W. T. B.“ meldet, bean— tragte der tschechische Sozialdemokrat Nemec ein Mißbilligungs⸗ votum für den Minister des Aeußern, dessen Politik er scharf kritisierte. Da der Antrag nicht genügend unterstützt wurde, so wird nicht weiter darüber verhandelt werden.

In der vorgestrigen Sitzung der u ngarischen Dele⸗ gation standen Interpellationen auf der Tagesordnung.

Der oppositionelle Graf Karola interpellierte über die Meldung des Pesti Hirlap“, betreffend eine aagebliche Misttärkondbentfon zwischen Serbien und Rumäntken. Der Peinister des Nugz—. wärtigen Graf Berchtold erwiderte obiger Quelle zufolge, er besitze keinerlei Kenntnis von einem solchen Verkragé und habe allen Grund anzunehmen, daß er nicht bestehe. Er bedauere, daß die vollkommen freundschaftliche Politik Rumäntens gegen Oesterreich Ungarn in einem angesehenen Blatte verdächtigt worden fei. Die Antwort des Ministers wurde zur Kenntnis genommen.

Der Opposttionelle Rakovsky fragte, wie der Minister des Aeußern die Antwort des Sektionechefs Grafen Wickenburg über die freundschaftlichen Beziehungen zu Rußland während der Krise mit den Kriegsvorbereitungen OesterreichUngarns namentlich an der galizischen Grenze vereinbarlich finde, und wozu bei den freunds zaft⸗ lichen Beziehungen die Mif sion Hohenloh'es notwendig gewesen sei, Graf Berchtold erklärte, er wolle die Frage, die wohl heikler Natur sei, mit Rücksicht auf die Wichtigkeit sofort beantworten. Die Mission Hohenlohes habe nur dem Ausdr cke jenes guten innigen Verhältnisses gedient, das zwischen den Herrschern der beiden Reiche immer bestanden und dem politischen Verhällnis beider Monarchien häufig den besten Dienst erwisen habe. Die Wirkung des von Hohenlohe überreichten Kaiserlichen Handschreibens und der Antwart des Zaren komme auch darin zur Geltung, daß die an der nussisch galizischen Grenze vorgenommenen militärsschen! Maßnahmen auf den Normalstand herahgesetzt worden selen Bezü lich der mili— tärischen Maßnahmen selbst verwies der Minister auf die vertraulichen Aafkärungen deg Kriegsministers im Heeresausschuß und sagte, er stimme den Ausführungen des Kriegsministerg zu und bitte jetzt vnn weiteren Aufklärungen darüber absehen zu dürfen. Der Oppofitlonelle Rakov ky erwiderte, wenn sich die Freundschaft der Monarchen in der Aufstellung von Bajonetten äußere, habe er nichts mehr zu bemerken. Die Antwort des Ministers wurde zur Kenntnis genommen.

Der Delegierte Graf Apponyi interpellierte den Minister des Aeußern über die Frage, ob Serbien auf dem einderleibten, ehe⸗ mals türkischen Territorium der Konvention quatre vom Jahre 183533, betreffend den Eifenbghnverkehr, nicht entsprochen habe. Der Sektionschef Graf Wickenburg erklärte, die Regie— rung habe Kenntnis davon, daß die serbische Staatsbahn, die bekanntlich die iin eroberten türktschen Gebiete liegenden Linien der Orientallschen Eisenbahngesellschaft dieser Gesellschaft ge⸗ nommen und, trotzdem die Kriegs operationen schon längst abgeschlossen seien, nicht zurückgegeben habe, die ausländischen Eisenbahndirektionen davon verständigt habe, daß sie auf diesen Linien die konventionelle Frachttafel nicht zur Anwendung bringen werde, sondern die eigenen Lokaltarife. Dies hat zu bedeuten, daß die serbische Staatsbahn die Anwendung der Bestimmungen der Kon— vention à quatre auf dlese Strecken nicht anerkenne. Die Ver— handlungen würden zunächst zwischen jenen Eisenbahndirektionen gepflogen, die die Konhention bezüglich der für den Oꝛient⸗ verkehr günstigen Frachttafel geschlossen hätten. Heute befinde sich also diese Angelegenheit nicht beim Ministerium des Aeußern sondern bei den Eisenbahndirektionen. Die osterreichisch ungarlsche Regierung sei sich klar darüber, daß es sich hier um fehr wichtige Interessen der Monaichie handele, welchen Serbien eine un vorteilhafte Behandlung zuteil werden lasse. Die Regierung fei weiter entschlossen, diese Interessen zu . Die Antwort des Sektionschefs Grafen Wickenburg wurde zur Kenntnis genommen.

Großbritannien und Irland.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat die großbritannische Regierung sich an die Großmächte gewandt, um wegen einer internationglen Anleihe in Höhe von sh 000 Pfund Sterling zu unterhandeln, die den Zweck haben soll, das Elend in Albanien zu lindern. Auf jede der Mächte sollen zehntansend Pfund Sterling entfallen. Da die PVer⸗ handlungen über den Vorschlag ,, einige Zeit in Ansypruch nehmen werden, hat die englische Regierung, ohne den formellen Anschluß der anderen Mächte abzuwarten, Albanien bereits fünftausend Pfund Sterling vorgeschossen. ö

Italien.

Die Deputiertenkam mer verhandelte vorgestern über die von dem Sozialisten Turati am Freitag gestellten Anträge.

Nach dem Bericht des W. T. B.“ eiklärte Turati, er habe in der letzten Sitzung Tie Vertagung der Abstimmung beantragt, ehe sir begonnen hätte, Der Prästdent stellte fest, daß er Turatis Vorschlag nicht gehört habe. Die am Freitag unterhrechene nament⸗ liche Abstimmung hätte nun von neuem beginnen müssen, jedoch zog Altobelli um die Lösung der Frage zu erleichtern, seinen Antrag zurück Turati verlangte von neuem Vertagung der Sache bis Mittwoch, damit die Abgeordneten die Belegstücke über die Wahl im ersten römischen Wabhlkreise prüfen könnten. In der Debatte hefämpfte der Vorsitzende der Wahiprüfungskommission Ro nchetti diesen An—⸗ trag, den er als ein Mißtrauensbotum gegen die Kommission ansehe.

Darauf wurde die Vertagung in namentlicher Abstimmung mit 281 gegen 66 Stimmen bei 53 Stimmenthaltungen und ebenso der Antrag auf Zurückverweisung an die Kommission behufs Zeugenvernehmung mit 248 gegen 91 Stimmen bei 51 Stimm— enthaltungen abgelehnt. Zum Schluß erklärte die Kammer die Wahl von Federzeni in namentlicher Abstimmung mit 218 gegen 91 Stimmen bei 51 Stimmenthaltungen und die Wahl des Unterstaatssekretärs Pavia, die von den Sozialister angefochten wurde, mit 265 gegen 56 Stimmen bei 34 Stimm— enthaltungen für gültig.

Spanien.

Der König und die Königin si

1 —“

n

König, leb! gen inerseits den Aus

Gestern vormittag fand in Madrid eine von Republi— kanern und Sozialisten veranstaltete große Kundgebung gegen den Krieg in Marokko statt, die ohne Zwischenfälle

verlief. Türkei. Der Großwesir, der von seiner Unpäßlichkeit wieder—⸗ hergestellt ist, begab sich vorgestern nachmittag zur Pforte, wo er den Vorsitz im Ministerrate führte, der sich nach einer Meldung des „W. T. B.“ nur mit dem türkisch⸗serbischen Friedensvertrage befaßte.

Die Botschafter der Mächte der Tripleentente statteten vorgestern nachmittag dem Großwesir Besuche ab. Wie das „Wiener K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗-Bureau“ meldet, bestand der Schritt der Botschafter in einer mündlichen Anfrage nach den Befugnissen des deutschen Generals Liman von Sanders. Der Großwesir erklärte, daß er heute gelegentlich des Empfanges des diplomatischen Korps antworten werde.

. Die aus dem General Liman von Sanders und acht Offizieren bestehende deutsche Militärmission ist gestern vormittag mit dem Konventionalzuge in Konstantinopel ein— getroffen und von türkfischer Seite offiziell begrüßt worden. Jum Empfange hatten sich auf dem Bahnhofe außer den Ver⸗ tretern der deutschen Botschaft der Kriegsminister Izzet Pascha, der interimistische Kommandant des ersten Armeekorps Dschemal, die Stabsoffiziere und sämtliche höheren Offiziere der Kon— fantinopeler Truppenkörper eingefunden. Nachmittags erfolgte die Vorstellung des Generals beim Großwesir auf der Pforte.

Griechenland.

Gestern vormittag hat der König, wie „W. T. meldet, unter dem Jubel der Bevölkerung eigenhändig griechische Fahne auf dem Fort Firka bei Kandia⸗, hißt. Dem feierlichen Akt, bei dem 101 Kanonenschüsse gefeuert wurden, wohnten die Konsuln der fremden Mächte

Rumänien.

Der Ministerpräsident Majores co hat, wie „W. T. B.“ meldet, den Vertreter des Wiener K. K. Telegraphen⸗Kor⸗ krespondenz-Bureaus zu der Feststellung ermächtigt, daß die Veröffentlichung des „Pesti Hirlap“ über eine angebliche Nilitärkonvention zwischen Rumänien und Serbien kein wahres Wort enthalte.

Die Deputiertenkam mer hat nach einer Meldung des W. T. B.“ vorgestern einen Kredit von 425 615 451 Lei zum , der Ausgestaltung der Eisenbahnen, deren ö Rm betragendes Netz unzulänglich ist, und deren öheinnahmen von 76 800 000 Lei im Jahre 1909 auf 1i0 9i0 000 Lei im Jahre 1912 gestiegen sind, ein— limmig angenommen. Unter den zu erbauenden Linien sind hervorzuheben: eine direkte Linie Bukarest Krajowa, ne auch für Fuhrwerke benutzbare zweigleisige Eisen⸗ pahnbrüche bei Tandarei zur Verbindung mit Constantza pie Eisenbahnlinien von Dorohoju zur Grenze und von Hiedschidja über Dobritsch nach Baltschik. Der Entwurf ent⸗ hält auch die Fertigstellung der Petroleumleitung Baicoju⸗

Constantza, die 23 2 Millionen Lei kosten wird und im Jahre

19I5 beendet sein soll. Die vorzunehmenden Bauten werden uf, sieben Jahre verteilt werden. Im ersten Jahre sollen Jäauten in Höhe von 80 Millionen, in den weiteren Jahren in Höhe von 60 Millionen ausgeführt werden. Die Bedeckung erfolgt u ßer. im normalen Budgetwege durch eine Anleihe bei der Bezirks, und Gemeinden⸗Weinbau⸗Kreditbank, die 4 nprozentige Obligationen ausgeben wird.

. Bulgarien.

ͤ Die griechische Regierung hat die bulgarische Regierung urch Vermittlung der russischen Gesandtschaft laut Meldung 2 „Agence Bulgare“ verständigt, daß kein einziger der von em, Kriegsgerichte in Saloniki zum Tode verurteilten au garen hingerichtet werden würde, und daß diese Ver⸗ 9 . ebenso wie die aus den von Griechenland annektierten chieten stammenden Kriegsgefangenen, bezüglich deren Bul— ehen einen Schiedsspruch des Präsidenten Poincaré vorge— ngen hatte nach Wiederaufnahme der dim somatischen Be= , n, zwischen den beiden Ländern unverweilt werden frei⸗ . werden, vorausgesetzt, daß. die Verfolgungen Heini Dulggrisch. Thra zien lebenden Griechen aufhören. Der an ö Aeußern Gh ena die ff erwiderte dem russischen Ge⸗ ke , fer. der ihm diese Entschließung des Athener Kabinetts lassuů itelt hatte, daß nach Regelung der Frage der Frei⸗ ung der bulgarischen Gefangenen ber Wicheräufnahmé ber

diplomatischen Beziehungen kein Hindernis mehr im Wege stehen werde. Was die Klagen der Griechen in Thrazien betreffe, so habe die Regierung stets aus eigenem Antriebe Wert darauf gelegt, die Sicherheit aller ihrer Untertanen zu gewährleisten, und den Verwaltungsorganen in Neu Bulgarien seien diesbezügliche Befehle erteilt worden.

Amerika.

Die Mitglieder des amerikanischen Repräsentantenhauses von der Pacificküste stellten, wie W. T. B.“ meldet, im Ausschuß für Einwanderung zum Einwanderungsgesetzentwurf den Antrag, in den Entwurf eine Bestimmung aufzunehmen, nach welcher Asiaten allgemein von der Einwanderung ausgeschlossen werden. Nach erregter Debatte wurde mit knapper Mehrheit beschlossen, die Abstimmung über diese Frage zu vertagen.

Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Meldung sind die Rebellen in Tampico durch die Beschießung der Stadt, die von zwei Kanonenbooten und von Artillerie der Bundestruppen ausgeführt wurde, vollständig vernichtet worden. Hunderte von ihnen sollen innerhalb einer Stunde getötet worden sein. Die Frauen und Kinder der Ausländer hatten sämtlich Tampico verlassen, nur einige Männer hatten es vorgezogen, zurückzubleiben.

Einer amtlichen Meldung aus Mexiko zufolge ist bei der Besetzung von Chihuahua durch Aufständische und von Torreon durch Bundestruppen deutsches Leben oder deutsches Eigentum nicht geschädigt worden.

Eine gestern in Juarez abgehaltene Kon ferenz der Führer der Aufständischen beschäftigte sich mit den bekannt gewordenen Ausschreitungen der Insurgenten⸗ truppen und mit dem Einspruch der Vereinigten Staaten. Es wurde beschlossen, Carranza nach Chihuahua zu entsenden, damit er dafür Sorge trage, daß derartige Ausschreitungen nicht mehr vorkommen. Da bis zur Ankunft Carranzas zehn Tage vergehen werden, wurde ein Eilbote nach Chihuahua entsandt, der dem General Villa vorstellen soll, daß Akte, wie das gewaltsame Eindringen in das englische Vize— konsulat in Chihuahua, die Vertreibung der spanischen An— siedler usw,, geeignet seien, ernste internationale Verwicklungen herbeizuführen.

Statistik und Volksmirtschaft.

Die ausländischen Arbeiter auf dem deutschen Arbeits⸗ markt im November 1913.

Nach dem Bericht der Deutschen Arbeiterzentrale haben die im dor monatigen Bericht in bezug auf die Räckwanderung der ausländischen landwirtschastlichen Arbeiter ausgesprochenen Veimutungen sich be— stätigt. Das andauernd günstige, die Hackfruchternte und die sonstigen Herbstarbeiten stark fördernde Wetter gestattete in diesem Jabre der Landwirtschaft, die fremden Arbenekräfte fast allgemein 2 his 3 Wochen früher als in anderen Jahren zu entlassen. Infolgedessen erreichte die sonst erst Anfang De⸗ zember in vollem Umfang einsetzende Rückwanderung diesmal schon Ende November ihren Höhepunkt. Nach Schätzungen hatte mit Abschluß des Monats bereits dle größere Hälfte der Saison— arbeiter die Grenze überschritten. Da der Bedarf der deutschen Landwirtschaft an Arbeitern in diesem Jahre für die Wintermonate derhältniemäßig klein ist, war auf dem landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt überall ein Ueberangebot zu beobachten, sowohl im Often des Reichs, wo die nachgefragten Arbeitspersonen ohne Mühe aus den Reihen der in die Heimat Zurückebrenden angeworben werden konnten, als auch im Westen, wo sich der Landwirtschaft viele Arbeiter anboten, die den Sommer über in der Industrie beschäftigt waren.

In der Industrie war lei den oberschlesischen Gruben die Nach⸗ frage zum Teil nech lebhafter als früher. Sie konnte aber im Gegen— satz zu den vorangegangenen Monaten allseitig voll befriedigt werden, weil mit der Beendigung der Feldarbeiten und der Einschränkung und Einstellung anderer ungedeckter Betriebe viele Arbeiter für den Winter Zuflucht in den Gruben suchen. Im Westen war die Arbeitsmarkt. lage in der Industrie wenig verändert. Die Gruben und die gesamte Montanindustrie zeigten weiter nur eine geringe Aufnahmefaͤhigkeit, und auch das Baugewerbe, die Steinbrüche, die Ziegeleien und Tief— bauunternehmen, die bisher noch mäßig beschäftigt waren, nahmen neue Arbeitskräfte nicht mehr an, schraͤnkten vielmehr ihren Betrieb teilweise bedeatend ein.

Die Ueberseeauswanderung hielt sich annähernd auf der gleichen Höhe wie im Vormönat. Nur die Abwanderung aus Ruß⸗ land nach Amerika dürfte noch zugenommen haben.

Bei den Wanderarbeitern aus Rußland war an der ost- und westpreußischen Grenzstrecke ein Zuzug fast gar nicht mehr vorhanden. Es fiel dies bei der Besetzung der wenigen noch offenen Arbeitsstellen aber nicht ins Gewicht, weil hierzu eine mehr als ausreichende Anzahl von zurückkebrenden Arbeitern zur Verfügung stand An der schlesisch-posenschen Hrenistrecke. lagen die Verhältnisse ähnlich. Auch hier wurde ein Ueberwiegen des Angebots, das lediglich von heimkehrenden Arbeitern erfolgte, bemerkt. Galizische Arbeiter boten sich, wie schon im Vormonat, verhältnismäßig zahlreich an. Sie konnten aber nur zum Teil Verwendung finden, da außer wenigen Winterarbeitern und Gesindepersonen nur noch Grubenarbeiter verlangt wurden. Ungarn kam für Wanderarbeiter nicht mehr in Betracht

Italtenische Arbeiter passierten auf dem Wege nach Deutsch— land die schweizerischritalienische Grenze in für die Jahreszeit noch ansehnlich zu nennender Anzahl. Auch aus Frankreich, wo nach Fertigstellung der längs der Grenze in Angriff genommenen Kasernenbauten viele Arbeiter frei wurden, war der Zuzug von Italienern nicht unbedeutend. Auf der anderen Seite fand aber ebenso eine lebhafte Rückwanderung nach Italien statt. Die Zuwanderung von holländischen Arbeitern war ganz gering. Wenn trotzdem ein Ueberangebot zu beobachten war, so ist dies darauf zurück— zuführen, daß der Jahregzeit entsprechend viele Arbelter zur Entlassung kamen. An der dantischen Grenze fand infolge des am 1. Nobember eingetretenen Dienstbotenwechsels ein erböhter Zuzug von landwirt— schaftlichen Arbeitern statt, wogegen die Zuwanderung von Industrie⸗ arbeitern nur ganz gering war.

Zur Arbeiterbewegung.

Zur Bewegung der österreichischen Schriftsetzer (vgl. Nr. 293 d. Bl.) wird dem W. T. B. gemeldet, daß in Troppau der passive Widerstand auf sämtliche Betriebe übergegriffen hat. In Brünn hahen die Zeitungssetzer in den Druckerelen der meisten dortigen Blätter die vierzehntäͤgige Kündigung überreicht. Da der passtoe Widerstand fortdguert, so erscheinen die Blätter in vermindertem Umfange. Aus Graz wird gemeldet, daß die Buchdruckergehilfen und Schriftsetzer aus ganz Steiermark beschlossen hatten, am 13.8 M. die vierzehntägige Kündigung zu überreichen. In Prag hat der Um⸗ fang der Tageeblätter fast durchweg beschränkt werden inüssen. Viele Zeitungen mußten zahlreiche Weihnachiganzeigen zurückweisen. Nach einer Blättermeldung haben hbieher 16 Druckereien in Prag und 23 tschechische Provinzdruckereien die Kündigung des Setzerpersonals zu rückgezogen und den von der Gehilfenschaft geforderten Normaltarif angenommen. Auch die Seher und Drücker des Pilsener Kammerbezirk haben be— schlossen, mit vierzehntägiger Frist zu kündigen.

findet man sich auf gesichertem archäologischen

Aus Belgrad wird dem ‚W. T. B. telegraphiert: Da der Stadtrat die Forderungen der Bäcker, betreffend Erhöhung der Brutpreise, nur teilweise erfüllt hat, sind die Bäcker am Sonnabend in den Aus stand getreten Der Staztrat hat für die genügende Ver⸗ sorgung der Bevölkerung mit Brot Vorsorge getroffen.

Kunst und Wissenschaft.

In der Dezember-Ausstellung bei Schulte nehmen zwei Dresdener, Eugen Bracht und Vans Unger den Hauptraum ein. Bracht, der seit längerer Zeit den Ruf eines großzügigen Landschafters genießt, pflegt nicht die inumen, sondern mehr die dramalischen Reize er deutschen Landschaft. Weite Blicke äber Flußtäler und das kahle Gerüst knorriger Cichengruppen gibt er mit bejonderer Vorliebe wieder. Seine Schilderung hat etwas im auten Sinn Objektives. Stil und Stimmung fehlen ihr nicht, aber sie erscheint, wenn man eine große Anzahl ven Werken hefeinander sieht, von einem etwag gleichmäßigen Pathos eingegeben. Die breite und sichere Art des Vortrags, die feine Farbigkeit und die geschickte, nicht gefuchte Art zu kom⸗ ponieren verraten den sicheren Meister. Bei ein paar vereinzelten Stücken, wo ein weiches Sonnenlicht das Ganze zusammenbindet, wird man am meisten persönlich berühlt. Hans Unger dekorative Frauenbildnisse wirken wohl nicht nur in dieser Anhäufung leer und laut; und die Märchenbilder des Pragers Jan Preisler werden von leinem Hauch fabulteren der Phantasie belebt. Grich Büttner⸗Berlin schiltert Kinderstenen im Berliner Zoologischen Garten und Aus⸗ schnitte aus dem Grunewald mit einer kecken Leichtigkeit und Derbheit der Mache. Ein recht talentierter Beobachter, dessen Aeußerlichkeit man zu schnell durchschaut. Beim Durchschreiten der oberen Säle begegnet man einem großen Leibl und am Ausgang er⸗ sreuen eine Reihe der bekannten Kinderbilder Ludwig von Zum buschs in ihrem dekorativen Aufbau und ihrer eigentümlich pastell⸗ mäßigen Farbigkeit das Abge. .

In Paul Cassirers Kunstsalon erscheinen drei Maler, die man in der alten Sezession regelmäßig begrüßte: Trübner, Balu— schek, von Kardorff. Hans Baluscheks Arbeiten gewinnen mehr und mehr das Gepräge von Illustrationen zum Berliner Volksleben. Als solche haben sie mit ihrer ausführlichen Sachlichkeit und ihrem gelegent⸗ lich aufblitzenden drastischen Humor eine nicht zu unterschätzende Be⸗ deutung. Ihr höherer Kunstwert, das darf nicht verschwiegen werden, ist gering. Was Baluschek gibt, wäre zumeift in einer Zeichnung ebensogut zu sagen; es würde leichter und erfreulicher wirken. Das anspruchsvoll große Format und die frostige Malerei ermüden auf die Dauer, und sie lassen die Mängel stark herportreten. Zur Be— zwingung großer Massen fehlt es doch an der Gestaltungskraft: das „Tempelhofer Feld“! mit der Unzahl von Menschengruppen, aber auch das „Hahnhofsbild“ sind Anhäufungen von Stoff obne Rhythmus und ohne die befreiende Kraft, die das einzelne seiner Schwere, feiner Zufälligkeit entkleidt. In Detailstudien, wie den zwei Musikanten, wirkt Baluscheks Charakteristerungsgabe reiner und tiefer.

Wilhelm Trübner hat die Ernte des zu Ende gehenden Jahreg: einen Zyklus von Landschaften aus Stift Neuburg (nahe bei Heidelberg), ausgestellt. Ueberraschungen bietet er nicht. Der Sti der Bilder vom Starnberger See erscheint nur durch den veränderten Gegenstand leicht modifiziert. Diese Art von abgeklärtem Impressio⸗ nismus versteht es, aus wenigen summarisch mitgeteilten Elementen: dem satten Grün der Bäume, einem Stück Haus und Weg und Himmel, den besonderen Eindruck eines Naturausschnittes zu schaffen, dem nichts von dem Reichtum seiner wirklichen Erscheinung geraubt scheint. Der Maler ordnet nur ein wenig, räumt die verwirrenden Kleinig⸗ keiten aus dem Weg, unterstrelcht das Wesentliche, indem er seine Farbigkeit steigert und vereinfacht, und das Bild steht da und hat sein eigenes, in sich ruhendes Leben. Wie der Imprefsionismus seine Art zu sehen, durchgesetzt hat, das ist an der Mühelosigkeit, mit der wir diese Landschaften auf einen Blick erfassen, deutlich wie selten zu berspüren. Freilich, die Sache wirkt jetzt schen manchmal wie ein Rechenerempel, das, einmal durchschaut, an Interesse verliert. Die Zeit kann nicht mehr fern sein, wo die linearen Werte, die in der Natur liegen, wieder mehr als hier zu ibrem Rechte kommen. In Konrad von Kardorffs Straßen- und Alleenglicken ist das Lokalkolorit weniger absichtlich betont als bei Baluschek. Aber die ganze Haltung dez Malers hat etwas tin guten Sinn Berlinisches. Eine schlichte Unmittelbarkeit, ein malerisches Feingefühl, das, an Liebermann herangebildet, dennoch den Erscheinungen von Farbe und Licht selbständig gerecht wird, eine tüchtige, jeder Effekthaschereit abholde Technik erinnern an die besten Traditionen der Berlmer Kunst. Die Grenze seines Talentes zeigt sich bei den Biltnissen. So glänzend der momentane Eindruck eines Unbekannten wiedergegeben ist, der eben vor uns auftaucht, so wenig verraten sie von dem, was unter der stummen Maske lebt. Dieses Innerliche lebendig zu machen, sollte doch das höchste Ziel der Porträfkkunst sein und ein Bild wie der Vater des Künstlers“ zeigt, daß Kardorffs Können sehr wohl auch nach dieser Richtung hätte entwickelt werden können. Wenn er in allen andern Stücken nur einen Eindruck gibt und nicht mehr, so mag freilich die Art des Dargestellten und die Art, wie ein Bildnis⸗ künstler zu arbeiten genötigt ist, mit daran schuld tragen. Nur soll man sich darüber nicht taäuschen, daß die Zukunft den Wert dieser und auch der meisten Liebermannschen Menschenschilderungen recht gering be—⸗ messen wird. ü, .

An dieser Stelle ist kürzlich (vergl. Nr. 291 u. 293 d. Bl.) der wertvollen Sammlung von alten Schmuck stücken und Gläsern gedacht, die Herr Friedrich Ludwig von Gans den Königlichen Sammlungen geschenkt hat und die im Antiquarium ihren Platz gefunden haben. Auf Grund der Mitteilungen, die in den Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen“ über diese hervorragende Schenkung gemacht worde sind, wurden dort die interessantesten Stücke der Sammlung, sowelt sie aus der Antike stammen, hervorgehoben. Im Anschkuß daran sei heute noch einiger wertvoller Gegenstände aus späterer Zeit gedacht, die die von Ganssche Sammlung dankenswert erweitern und ihren Wert für den Kunst—

historiker noch erhöhen. Aus diesen späteren Stücken kann man das Nach⸗

lassen der inneren Kraft der antiken Kunst und das Eindringen fremder Formen erkennen und beobachten, wie die Einflüsfe hinüber und herüber wirksam Ind und wie eine neue Kunst entsteht, die in das Mittel- alter hinüberleitet. Besonders für uns Deutsche ist diese Entwicklung von Bedeutung, weil Germanen ihre Träger waren. Zu den flemden Elementen, die zu diesem neuen Mischstil beitrugen, gehört die stythische Kunst, die selbst starken Einwirkungen der ÄÜntike aus— gesetzt war, aber die besten Anregungen auf eine geradezu groteske Art barbarisiert hat. Aus diesem Kreis enthält die Sammlung ein sehr bezelichnendes Stück in einem kleinen hohlen Zierkörper gus blassem Gold mit zweß geflügelten Fabeltieren. In eine andere Formenwelt führt eine prächtige Brosche aus einem kirschroten Cabochon von außergewöhnlicher Größe und Schönheit, der von einem reichgeschmückten Goldband wirkungt voll umrahmt wird. Das Stück leitet zu einer be⸗ senderen, sich an das antike Kunstgewerbe noch anlehnenden, aber in Technik und Komposition, scon abweichenden Art der Gold⸗ schmiedekunst hin, die der Professor Dr. Goetze in seinen Ausführungen in den Amtlichen Berichten als bosporanische Kunst bezeichnet. Diese Kunst ist es, die die Goten nach ihrem Eindringen nach Süd⸗ rußland übernahmen und sich völlig zu eigen machten. Profe sor Dr. Goetze glaubt in diesen Zusammenhbängen eine Lösung der Schwierig⸗ leiten zu erblicken, die bisher der Beantwortung der Frage nach Her⸗ kunft der götischen und damit der germanischen Kuͤnst des Mittel alters überhaupt entgegenstanden. u den Stücken der Samm⸗

lung, die aus diesem Kunstkreise stammen, gehört außer einem silbernen

Anhänger und einem Diadem eine große silberne Gürteischnalle. Die Mitte der Zierplatte der Schnalle nimmt eine Glasplatte ein; als Verzierung sind Adlerköpfe gewählt, die auch auf einer anderen Schnalle der Sammlung perkemmen. Mit diesen N, be⸗ . zoden: sie su

germanisch und lassen sich in Südrußland big um 500 n. Chr. ber⸗