1914 / 28 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Dienstag, eine Wiederholung von Mignon“, mit Fräulein Artök de Padilla in der Titelrolle und Frau Bosetti als Phillne, statt. Den Wllhelm Meister singt Herr Philipp, den Lothario: Herr Schwegler, den Lasrtes: Derr Schultz; den Friedrich spielt Herr Vallentin, den Jarno: Herr Krasa. Dirigent ist der Kapellmeister Dr. Besl. ;

Anläßlich des Geburtetags von Ernst von Wildenbruch wird morgen im Königlichen Schau spielhause „Die Rabensteinerin“ gegeben. Die Titelrolle spielt Frau Willig. Die anderen Haupt⸗ rollen werden von den Damen Abich, Pategg und Hoff sowie von den Herren Geisendörfer, Kraußneck, Leffler, Dr. Pohl, Mühlhofer, Werrack, Winter, Nesper, Eichholz und Stange dargestellt.

Mannigfaltiges. Berlin, 2. Februar 1913.

Bei ganz außergewöhnlich starker Beteiligung fand am Sonn abend im Marmorsaal und den angrenzenden Festräumen des Zoo⸗ logischen Gartens Berlins gegenwärtig glänzendstes Winterfest, das Ballfest des Vereins Berliner Presse“ statt. Schon sehr frühzeitig entwickelte sich im großen durch kostbare Velarien und blühende Tulpenbeete geschmücklen Hauptsaal jenes festliche, farben⸗ frohe Treiben, das, besonderz von der Freitreppe. zu den Emporen aus betrachtet, einen unvergeßlichen Anblick darbietet. Wer gekommen war, um hervorragende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, hohe Staatswürdenträger und Offiziere, Diplomaten, Gelehrte, Schriftsteller und Künstler von Rang einmal von Angesicht zu Angesicht zu sehen, brauchte sich nicht lange im Saal umzutun. Die Staatsminister und Staatssekretäre, an ihrer Spitze der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, waren fast vollzählig in der geräumigen Vorstandsloge versammelt, und in der gegenüber— llegenden Loge sah man den Generalintendanten der Königlichen Schau⸗ spiele Grafen von Hülsen⸗Haeseler, umgeben von einer großen Schar bekannter Mitglieder der Königlichen Theater und anderer Berliner Bühnen. Gegen Mitternacht fand, wie üblich, die Ausgabe der Damenspende statt. Sie bestand auch diesmal aus einer Bonbonniere und einer literarischen Festgabe, einem von H. Hirzel mit zierlichem Bücherschmuck versehenen Musenalmanach, der mit seinen zahlreichen Beiträgen in Vers und Prosa eine bleibende Erinnerung an den Abend darstellt. Eine reichbestellte Tombola mit teilweise recht wertvollen Gewinnen reizte auch viele Besucher, ihr Spielglück zu versuchen. Das wohlgelungene Fest dürfte den Wohlfahrtskassen des Vereins eine große Summe zugeführt haben.

Einen interessanten und genußrelchen Abend verspricht das Erste Berliner Studentenfest, das am Montag, den 16 Fehruar, Abends 8 Uhr, im Marmorsgal des Zoologischen Gartens zugunsten des studentischen Wohnungswesens veranstaltet wird. Eine Auslese erster Künstler, wie. man sie sonst selten auf einem Programm vereinigt findet, wird in dem Konzertteil zu Anfang des Festes mitwirken, und zwar die Kammer⸗ sängerin Lilli Lehmann, der Kammersänger Francesco d' Andrade, Karl Clewing, Mitglied des Königlichen Schauspielhauses, der GCelloptrtuose Anton Hekking, der Vortragskünstler Dr. Emil Milan, der Hofpianist José Vianng da Motta und der Königliche Kammerpirtuose, Professor Oscar Schubert. Auf das Konzert folgt ein Ball. Der Verkauf der Eintrittskarten (zu 10 und 5 (S6 R findet schon jetzt bei Bote u. Bock und an den Theaterkassen A. Wertheim statt. Geschäftsstelle ist das akademische Wohnungs⸗ amt der Universität. ;

Der Physiker Professor Dr. Glatzel wird morgen abend in der „Urania? in der Reihe der Gelehrtenvorträge einen Vortrag unter Vorführung von Experimenten und Lichthildern über Neuere Fortschritte auf dem Gebiet der telegraphischen Bildüber⸗ tragung“ halten; am Donnerstag wird der Professor Dr. Georg Wegener noch einmal seinen Vortrag Der Panamakanal, seine Ge⸗ schichte, sein Bau und seine känftige Bedeutung“ wiederholen.

Einen Meisterkursus in Blumen- und Landschafts—⸗ malen veranstaltet auf Anregung der Malerinnung zu Berlin⸗ Lichtenberg die Handwerkskammer in Berlin.. Der Kursus, der etwa 48 Stunden umfaßt, soll am 29. d. M. beginnen. Es können daran noch einige Mitglieder aus den Malerinnungen Groß

Berlins gegen eine Gebühr von 5 M teilnehmen. Anmeldungen und Gebührenzahlungen sind an den Obermeilster Emil Leske, Berlin O. 112, Alt Boxhagen 22, zu richten.

Dortmund, 2. Februar. (W. T. B.) Bis gestern wurden auf der Zeche Minister Achenbach noch zwei Tote ge⸗ borgen. (Vgl. Nr. 27 d. Bl.) Im Krankenhause sind insgesamt vter Schwerverletzte gestorben, fo daß die Zahl der Todesopfer bis jetzt 24 beträgt. Es sollen sich, wie die Zechenverwaltung mit⸗ tellt, keine Leichen mehr unter den Trümmern befinden. Seine Majestät der Kaiser und König hat dem Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow auf dessen Meldung von dem Gruben—⸗ unglück auf der Zeche Minister Achenbach‘ ein Beileidstele⸗ gramm gesandt. Weitere Beileldekundgebungen gingen ein von Seiner Majestät dem König von Bavern, von dem Präsi⸗ denten des Herrenhauses von Wedel und vom Präsidenten des Reichs tags Dr. Kaempf.

Auf der Zeche Vereinigte Wiendahlsbank“ wurden am Sonnabend drei Bergleute durch herabstürzende Gesteinsmassen erschlagen. Die Leichen sind heute geborgen worden.

Dorsten, 2. Februar. (W. T. B) Auf der Zeche „Fürst Leopold‘ wurden in der Nacht zum Sonnabend drei Bergleute durch hereinbrechende Gesteinsmassen verschüttet. Sie sind heute morgen unversehrt geborgen worden. Sie waren 70 Stunden unter Tag eingeschlossen.

Aachen, 1. Februar. (W. T. B) Zum Gedächtnis des elfhundertjährigen Todestages Katser Karls des Großen, ihres Schutzparrons, hat die Stadt heute festlichen Schmuck angelegt; besonders der Marktplatz bietet einen prächtigen Anhlick. Die Feier begann mit einem Ponttfikalamt im Münster, das von dem Etzbischof von Cöln Dr. von Hartmann zelebriert wurde und an dem der Weihbischof Dr. Müller von Cöln und der Bischof von Lüttich tellnahmen. Darauf bewegte sich ein gewaltiger Festzug, an dem etwa hundertzwanzig Vereine mit über fünftausend Personen keilnahmen, durch die Straßen der Altstadt zum Rathaus, wo die vereinigten Männergesangvereine am Standbilde Karls des Großen die Hymne An „Karl den Großen“ von Dr. W. Hermanns vortrugen. Dann sangen die den Marktplatz füllenden Tausende das Wed „‚Urbs Aquensis“. Im Krönungssaal des Rathauses hatten sich die Spitzen der Behörden, die Bischöfe, die Stadtvertretung und Abordnungen der Vereine versammelt; dort hielt nach Vorträgen des städtischen Orchesters der Stadtarchivar Dr. Huyskens die Festrede, in der er ein Lebeng⸗ bild Karls des Großen gab und dann, auf unsere Zeit übergehend, der Segnungen gedachte, deren sich Rachen und das ganze Deutsche Reich, an dessen Spitze nun wieder ein mächtiger Deutscher Kalser stehe, heute erfreut. Abends fand im großen Saale des Kurhauses die Vorführung von Bildern aus Karls des Großen Leben mit Musikbegleitung und Erläuterung durch Dichtungen statt. Es ist das erste Mal seit dem Jahre 1714, daß Aachen das Gedächtnis des großen Kalsers feiert. .

Leipzig, 2. Februar. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht kurz vor 12 Uhr ereignete sich in dem Gebäude des Deu tschen Buch händlerhauses in der Hospitalstraße eine schwere Gas⸗ explosion. Einige Küchenangestellte des Restaurants „Guten⸗ berg⸗Keller' bemerkten einen starken Gasgeruch, dem sie nachgingen. Als sie das Kellergeschoß mit einer brennenden Lampe betraten, er— folgte die Explosion. Eine mächtige Stichflamme brachte den Ein⸗ dringenden schwere Brandwunden bei und schlug bis in die Räume des Erdgeschosses Int gesamt vi beirfonen ichwer und eine leichter ver⸗ letzt. Der Sachschaden ist bedeutend. Fast sämtliche Fensterscheiben des Restaurants und der in der Nähe gelegenen Häuser gingen in Trümmer, auch die großen Schaufenster einiger Läden. Die Feuerwehr war alsbald zur Stelle und unterdrückte den ausgebrochenen Brand. Die Verletzten wurden nach Anlegung von Notverbänden ins Krankenhaus übergeführt. Die Erschütterung war so stark, daß die im oberen Saale tanzenden Paare zu Boden stürzten. Das Unglück soll dadurch entstanden sein, daß der Gasdruckregler, der sich im Keller⸗ Te befand, undicht geworden war und eine große Menge Gas

atte entströmen lassen. Das auswärts verbreitete Gerücht, daß ein Teil des Gebäudes eingestürzt set, trifft nicht zu.

empor. wurden

London, 2. Februar. (W. T. B.) Der Ham burger Vier master Hera“ lief am Sonnabend um Mitternacht bei Porte cathe (Cornwall) auf Felsen auff. Ein von schwerem Regen begleiteter heftiger Sturm hatte die Navigation erschwert, um so war es ju spät zum Augweichen, als vor dem Bug dee Schiffes Klippen gesichtet wurden. Die Hera; rannte auf, und in wenigen Minuten war sie voll Wasser; sie legte sich auf die Seite und große Sturzwellen stürzten über das Deck. Das Rettung boot wurde flott gemacht und mit 21 Mann bemannt. Doch da Boot schlug um und 16 Mann, unter ihnen der Kapitän, ertranken Der erste und zweite Offizier und drei Mann erreichten wieder di Hera‘. Die Flut stieg immer höher und die Ueberlebenden mußten sich auf die Takelage retten. Der erste Offizier stellte sich an de Mast und blies auf einer kleinen Pfeife Signale, um die Aufmerk samkeit auf das Wrack zu lenken. Das Wasser stieg immer höhen und da der Offizier sich nicht freimachen konnte, gab Pfeife an einen Kameraden, dann verschlangen ihn die Wellen Eine riesige Welle spülte dann den zweiten Offizier und einer Mat rosen weg. Endlich kam das Rettungsboot von Fa! mouth, das die Pfeifensignale gehört hatte, und brachte di fünf Ueberlebenden nach Falmouth. Es waren der dritte Offizie Hoffmann, die deutschen Matrosen Larsen und Bessier, der Schwed Johannsen und der Malteser Giuseppe Cancig. Der Wert de Salpeters an Bord der Hera“ beträgt 600 000 6. Die „Hera teilt das Schicksal vieler anderer Schiffe, die nach glücklich über standener Reise von Chile oder Peru an der Küste von Cornwall ge strandet sind. Im vorigen Jahre strandeten drei Salpeterschiffa . ein deutsches, und im Jahre 1912 zwei, darunter auch ei deutsches. .

Bern, 31. Januar. (W. T. B.) Heute abend fand ein zahlrelch befuchte Nach feier des Geburtstages des Deutschen Kaisers statt. Der deutsche Gesandte Freiherr von Romber brachte einen Trinkspruch auf die Schweiz aus, während der bayerssch Ministerresident von Böhm ein Hoch auf den Kaiser Wilheim, a den ein Huldigungstelegramm abgesandt wurde, ausbrachte.

New Jork, 2. Februar. (W. T. B.) Der Aeroklub kündig an, daß er einen Flug um die Welt gelegentlich der Welt ausstellung in San Franeisco genehmigt Hat. Der Flu soll in San Francisco beginnen und binnen 90 Tage dort wieder enden. Der Preis wird hunderttausen Dollar betragen. Der Wettbewerb wird allen Typs vo Motorflugzeugen offenstehen und unter den Auspizien Weltausstellung und des Pacifie⸗Aeroklubs stattfinden. den Flug ist folgender Weg beabsichtigt: San Franctsco. York, Belle Isle, Grönland, Island, Hebriden, Edinburgh, Londo Pari, Berlin, St. Petersburg, Moskau, Mandschurei, Korea, Japar Kamschatka, Behringstraße, Vancouver, San Francisco.

Rio de Janeiro, 1. Februar. (W. T. B.) Die Ueber schwem mungen im Staate Bahia nehmen einen ungeheure Umfang an. Die Stadt Novalage ist im Wasser ver schwunden. Viele Oertlichkeiten sind zerstört worden. D Ströme führen zahlreiche Leichen mit sich. Der Schaden i unermeßlich groß. (Vgl. Nr. 27 d. Bl.)

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Sofia, 2. Februar. (W. T. B.) Die bulgarische Re gierung hat um die Ernennung eines belgischen Offiziers al Schiedsrichter in der griechisch-bulgarischen Streit frage, betreffend Oxilar, gebeten.

Tetuan, 2. Februar. (W. T. B.) Die Streitkräf der Generale Belleguir und Terres wurden in der 1 gebung von Melallen von zahlreichen Feinden angegriff In dem darauf folgenden Kampfe hatte der Feind 50 2 und viele Verwundete und verlor zahlreiche Gefangene. Major, ein Leutnant und 16 Soldaten wurden gelötet, .

Offiziere und 22 Soldaten verwundet. V

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Theater.

Deutsches Theater. (Direktion: Mar Reinhardt.) Dienstag, Abends 74 Uhr: Shakespeare⸗ Zyklus: Der Kaufmann

Charlottenburg. Dienstag, Abends 8 Uhr: Die beiden Leonoren. Lust⸗

spigl in vier Nuszügen von paul Lindau,. Fiirge.

Custspielhaus. (Friedrichstraße 236) Dienstag, Abends 8 Uhr: Die spanische 8

Schwank in drei Akten von

Abend

Rosit

Rünstlerhuus. Diengtag, Uhr: Klavierabend von Renard.

er di

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opeinhaus. 23. Abonnementsvorstellung. Miguon. Oper in drei Akten von Ambroise Thomas. Tert mit Be⸗ nutzung des Goetheschen Romans Wil⸗ helm Meisters Lehrlahre! von Michel Carr und Jules Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Besl. Regkte: herr Regisseur Bachmann. Ballett: . Ballettmeister Graeb. Chöre: Herr Professor Rüdel. Anfang 73 Uhr.

Schauspielhaus. 34. Abonnementsvor⸗ stellung. (Wildenbruchs Geburtstag.) Die Rabensteinerin. Schauspiel in vier Akten von Ernst von Wildenbruch. Regie: Herr Regisseur Dr. Bruck. Anfang 79 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 24. Abonne⸗ mentsvorstellung. Boheme. Szenen aus sentz Murgers „L2 Vie de Boheme n vier Bildern bon G. Giacosa und X. Illiea. Deutsch von Ludwig Hart⸗ mann. Musik von Giacomo Puccini. Anfang 74 Uhr.

Schauspielhaus. 35. Abonnemente vor⸗ stellung. Die Neuvermählten. Schau⸗ piel in zwel Auflügen von Björnstierne zjörnson. Deutsch von Julius Elias, Text der großen le, e,, ,, Die ärtlichen Verwandten. Lustspiel in rei Aufzügen von Roderich Benedix. Anfang 71 Uhr.

Berliner Theater. Dienstag, Abends 8 Uhr: Wie einst im Mai. Posse mit Gesang und Tanz in vier Bildern von Bernauer und Schanzer. Mittwoch und folgende Tage: Wie einst im Mai.

Theater in der Näaͤniggrätzer Straße. Dienstag, Abends 73 Uhr: König Richard III. Gin Trauerspiel in 5 Aufssügen von William Shakespeare.

Mittwoch: Die Kronbraut.

Donnerstag und Sonnabend: König Nichard II.

Freitag: Die fünf Frankfurter.

von Venedig.

Mittwoch: Romeds und Julia.

Donnerstag: König Lear.

reitag: Damlet.

Sonnabend: Der Kaufmann von

Venedig. Kammersyiele.

Dienstag, Abends 8 Uhr: Androklus und der Löwe.

Mittwoch und Freitag: Der Snob.

Donnerftag: Wetterleuchten.

Sonnabend: Bürger Schippel.

Komödienhaus. Dlenstag, Abends 8 Uhr: Kammermufik. Lustspiel in drei Akten von Heinrich Ilgenstein.

,. und folgende Tage: Kammer⸗ musit.

Dentsches Nünstlertheater So-

zietät). (Nürnbergerstr. 70 s71, . dem Zoologischen Garten. Dienstag, Abends 8 Uhr: Der Bogen des Odysseus. Dramatische Dichtung in fünf Akten von Gerhart Hauptmann.

Mittwoch und Donnerstag: Der Bogen des Odysseus.

Freitag: Schirin und Gertraude.

Sonnabend: Zum ersten Male: Das Phantom.

Nachmittagsvorstellungen:

Mittwoch und Sonnabend, 34 Uhr:

Peterchens Mondfahrt.

Lessingtheater. Dienstag, Abends 8 Uhr: Pygmalion. Lustspiel in fünf Akten von Bernard Shaw.

Mittwoch: Simson.

Donnerstag: Pygmalion.

Freitag: Peer Gynt.

Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Der Grbförster. Abends: Pygmalion.

Schillertheater. O. (Wallner- theater,) Dienstag, Abends 8 Uhr; Weh dem, der lügt! Lustspiel in fünf Aufzügen von Franz Grillparzer.

Mittwoch: Was ihr wollt.

Donnerstag: Weh' dem, der lügt!

Mittwoch, Nachmittags 3 Uhr: Nathan der Weise. Abends: Herodes und Mariamne.

Donnerstag: Die beiden Leonoren.

Theater an der Weidendammer

Brice. Dienstag, Abends 8 Uhr: Wer zuletzt lacht.. 1 Posse mit Gesang und Tanz von Arthur Lippschitz und A. Bernstein⸗Sawersky. Mustk von Leon Jessel.

Mittwoch und folgende Tage: Wer zuletzt lacht..

Dentsches Opernhaus. (Char⸗ lottenburg, Bismarck⸗Straße 3437. Direktion: Georg Hartmann.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Mandragola.

Mittwoch und Freitag: Parfifal.

Donnerstag: Mandragola.

Sonnabend: Undine.

Montis Operettentheater. (Früher: Neues Theater.) Dienstag, Abends 8 Uhr; Die verbotene Stadt. Operette in drei Akten von Karl Lindau und Bruno Granichstaedten.

Mittwoch und folgende Tage: Die verbotene Stadt.

Theater des Mestens. (Station: Zoologischer Garten. Kantstraße 12) Dienstag, Abends 8 Uhr: Polenblut. Dperette in drei Akten von Oskar Nedbal. . und folgende Tage: Polen⸗

ut.

Theater am ollendorsplatz. Dienstag, Abends 8 Uhr: Prinzeß Gretl. Operette in drei Akten von A. M. Willner und Rob. Bodanzky. Musik von Heinrich Reinhardt. , und folgende Tage: Prinzeß retl.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Die Schiffbrüchigen.

Franz und Ernst Bach. Mittwoch und folgende Tage: spanische Fliege.

Die

Restdenzthenter. Diengtag, Abends 8 Uhr: Hoheit der Franz! Musi⸗ kalische Groteske in drei Akten bon Artur Landsberger und Willi Wolff. Musik von Robert Winterberg.

Mittwoch und folgende Tage: Hoheit der Franz!

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld. Dienstag, Abends 8 Uhr: Die Tangoprinzessin. Posse mit Ge⸗ sang und Tanz in drel Akten von Jean Kren und Curt Kraatz. Gesangstexte von Alfred Schönfeld.

Mittwoch und folgende Tage: Die Tangoprinzessin.

Trianontheater. (Georgenstr, nahe Bahnhof , ,, . Dienstag, Abends 8 Uhr: Anatoles Hochzeit.

Mittwoch und folgende Tage: Anatoles Hochzeit.

Konzerte.

Bechstein · Snal. Dienstag, Abends

77 Uhr: Klavierabend von Dr. Imre von Kesri⸗Szantö.

Geethoyen · Saal. Dienstag, Abends 8 Uhr: 2. Liederabend von Charlotte SDerpen. Am Klavier: Ludwig W. Spoor.

Olüthner anl. Dienztag, Abends 8 Uhr: Konzert mit dem Blüthner⸗ Orchester unter Leitung von Peder Gram.

Birkus Schumann. Dienstag, Abend R Uhr: Große Galavorstellung. Vorzůgliches Programm. Zun 866. „Tipp“, der Derby Favor!

Zirkus Busch. Dienstag, Abend J Uhr: Große Galavorstellung. Auftreten sämtlicher , , , , Zum Schluß Die große Prunk pantomime: Pompeji.

2

Familiennachrichten. Verlobt: Verw. Fr. Frida von Woieky geb. von Kownacki, init Hrn. Han Erhrn. von Keyserlingk (Berlin —yg Ostpr.). Frl. Elly von Grimm m rn. Leutnant Kurt Agath (Charlotten burg Mainz). Frl. Dorothee vo Windheim mit Hin. Leutnant Gusta Raben (Naumburg a. S.). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Herman Senfft von Pilsach (3. Zt. Danzig). Eine Tochter: Hrn. Hauptman Hugo Thümmel (Dessau). Gestorben: . Geheimer Justizrꝗ Arthur von Obernitz (Berlin). Hi Gustav von Saltzwedel (Königsberg). Hildegard Freifr. Hugo von Spitzem berg, geb. Freiin Varnbüler von un zu Hemmingen (Berlin). Fr. Io hanng von der Heyden, geb. Stiebe (Berlin). Fr. Clementine von Versen geb. von Billerbeck (Stargard 1. Pom.

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg

Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin. (230

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei un Verlagtzanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 37

Zehn Beilagen leinschließlich Börsenbeilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

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Berlin, Montag, den 2. Fehruar

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Aichtamtliches.

Uebersicht der Einnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren für die Zeit vom 1. April 1913

bis zum Schlusse des Monats

Dezember 1913.

Die Solleinnahme nach Abzug der Ausfuhrvergütungen usw. hat betragen

Die Isteinnahme Im Reichshaushalts⸗

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20 580 000

40 500 000 10388 000 18 444 000 22 844 000

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5 880 000 3136000 39 200 000 7 500000 5000000 47 000000 1822450.

239 453

574 006 243 883 2 605334 435 637 906 679 4201 425 168 047

659 695 11797306 33 305 663

1632731

11797 306 33 305 663 1654 572

Deutscher Reichstag. 205. Sitzung vom 31. Januar 1914, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

ö. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Fest— stellung des Reichshaushaltsetats für das Rech— nungsjahr 1914, und zwar: „Etat für das Reichsamt des Innern“.

Abg. Bassermann (ul!) in seiner Rede, deren Anfang in der vdorgestrigen Nummer d. Bl. mitgeteilt worden ist, fortfahrend: Es gibt! keine Großbank, die nicht selber die schärfste Revisionstätigkeit. ausübt. Die Banken haben einen großen Stab bon Beamten, die darüber wachen, daß keine Malverfationen vor⸗ kommen. Je potenter die Gesellschaften werden, desto mehr sind sie in der Lage, durch stille oder offene Reserven ihre Stellung zu kräftigen und dies auch in der Bilanz zum Ausdruck zu bringen. So sind sie in der Lage, schwere wirtschaftliche Krisen zu überwinden. Vielfach wird darüber geklagt, daß deutsches Geld in das Ausland geht, während wir es im Inland notwendig haben. Diese Klage ist in gewissem Sinne berechtigt. Anderseits müssen wir sagen, daß ein Land, welches Weltolitik treiben will, welches politischen Einfluß haben will, auch Geld im Auslande investieren muß. Die Machtstellung der französi—⸗ schen Republik beruht nicht allein auf dem starken nationalen Instinkt nach der Richtung der Verstärkung seiner Wehrkraft, sondern auch darauf, daß Frankreich der große Geldgeber für Rußland geworden ist. Bis auf den heutigen Tag ist auch das kräftige Zusammenhalten der Tripleentente darauf aufgebaut, daß Frankreich in der Lage, aber auch willens ist, und den Mut hat, diese Milliarden nach Rußland zu geben. Die Türkei bemüht sich darum, daß auch andere Staaten bereit wären, ihr Geld zu geben. Angesichts der großen Verschiebungen in der Türkei und auf dem Balkan kann Deutschland auf diesem Gebiete nicht beiseite stehen. Natürlich muß hier mit einer gewissen Planmäßigkeit vor— gegangen werden und das Geld nicht Staaten gegeben werden, von denen wir keine Vorteile haben können, und von denen auch die deutsche Industrie keinen entsprechenden Erfolg zu erwarten hat. Etwas anderes ist es mit den Klagen des Mittelstandes über seine Kreditnot, namentlich mit der Frage der zweiten Hypotheken. (Der Präsident bittet wiederholt um Ruhe,) Diese Kreditnot führt auch zu einer be— denklichen Wohnungsnot. Die Gesetzgebung wird sich mit der Rege— lung des Hypothekenwesens zu befassen haben. Die Sachverständigen bekunden übereinstimmend, daß ein Hauptmißstand gerade in dieser Re⸗ gelung zu finden ist. Was das Koalitionsrecht anlangt, so kann es wohl als das höchste Gut unserer deutschen Arbeiter und Angestellten bezeichnet werden. Es wäre sittlich verwerflich, dieses Recht anzu— tasten; es wäre auch volkswirtschaftlich völlig verfehlt, denn das Auf— steigen der modernen ze rr et in wirtschaftlicher Beziehung ist wesentlich mitbedingt durch dieses freie Koalitionsrecht. Auch politisch wäre es geradezu ein Wahnsinn, es einzuschränken. Die moderne Arbeiterentwicklung hat verschiedene Wege eingeschlagen. Neben der sozialdemokratischen Bewegung stehen große Arbeiterorganifationen, die auf dem Boden der Monarchie und der heutigen Staats- und Ge— sellschaftsordnung ihre Interessen vertreten. Diese dem Staatsge danken abspenstig und sie mißtrauisch zu machen, würde ich politisch für den größten Fehler halten. Wir haben heute mit der Talsache zu rechnen, daß heute manche Arbeiterkreise sich von der sozialdemokratischen Be— wegung abwenden, wie das aus der Presse der letzteren selbst hervor⸗ geht, Wir haben einerseits Organifationen zu verzeichnen, wie die Hhristlichen Gewerkschaften und die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine. Unsere vollen Sympathien begleiten sie in ihrem schweren Kampfe gegen die Sozialdemokralie. Das gilt auch . die christlich⸗nationale Ar⸗ heiterbewegung nach einer anderen Richtung, in ihrem Kampfe gegen irchliche Autoritäten. Daneben haben wir auch wirtschaftsfrie liche Organisationen; auch diesen wird man Gerechtigkeit widerfahren lassen müssen. Wenn man den Arbeitern das Koalstionsrecht gibt, fo muß man es ihnen überlassen, wie sie sich koalieren wollen. Sich ba einzu⸗

mischen und den Arbeitern darüber Vorschriften machen zu wollen, halte ich für kein liberales Beginnen. Der Abg. Böttger hat bereits er— wähnt, daß in dieser wirtschaftsfriedlichen Bewegung auch verschiedene Richtungen sich geltend machen; ebenso steht aber fest, daß in dieser Be⸗ wegung sich Tausende reichstreuer Männer zusammengefunden haben. Der Reichskanzler hat sich bei der ersten Etatberatung über das Koa— litionsrecht geäußert und ein unumwundenes Bekenntnis zu diesem Recht abgelegt. Die von ihm aufgestellten Grundsätze wird man billi⸗ gen können. Er hat erklärt, daß bei allen gegen etwaige Auswüchse zu treffenden Maßnahmen Parität gewahrt werden muß, daß alle diese Maßnahmen zu treffen sind auf dem Boden des gemeinen Rechts und nicht im Wege der Ausnahmegesetzgebung. Offen gelassen hat er die Frage der Berufsvereine, die er als noch nicht spruchreif bezeichnete; er hat auf die Revision des Strafgesetzbuches hingewiesen und generell bemerkt, daß bei dieser Revision natürlich auch die Frage des Schutzes der persönlichen Freiheit neu geprüft werden muß, und schließlich eine Denkschrift in Aussicht gestellt. Wir haben in unserer Resolution be⸗ stimmte Punkte bezeichnet, worüber die Denkschrift Auskunft geben, und bezüglich deren eine Stellungnahme der verbündeten Regierungen erfolgen möge. Von bestimmten Anträgen sehen wir, wie bei der Zaberner Interpellation, ab, weil wir angesichts der bestimmten Um⸗ renzung des Themas durch den Reichskanzler dem Rate des Grafen Westarp folgen und die Initiative der verbündeten Regierungen ab⸗— warten wollen. Der Antrag der Deutschkonservativen greift einen be⸗ stimmten Punkt, das Streikpostenstehen, heraus und verlangt dessen Verbot. Wir lehnen den konsewativen Antrag ab. Man hat sich hier im Hause auf die Rede bezogen, die der Abg. Röchling am 13. Januar im preußischen Abgeordnetenhause gehalten hat. Mein Parteigenosse Röchling hat gesagt, die Gewährleistung eines besseren Schutzes der Arbeitswilligen sei notwendig, er werfe die Frage auf, ob es dazu eines Gesetzes bedürfe; dann aber hat er über das Streik⸗ postenstehen eine bemerkenswerte Ausführung gemacht, auf die ich, da er einer alten industriellen Familie des Westens angehört, die Auf⸗ merksamkeit lenken möchte. Ex führte aus, wenn es rechtens sei, daß im Falle der Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicher⸗ heit die Polizei das Recht und die Pflicht zum Einschreiten habe, wie das das Oberverwaltungsgericht anerkannt habe, so erscheine für Preußen wenigstens ein besonderes Verbot überflüssig. Dazu nehmen Sie die Verhandlungen der Sächsischen Kammer, wo Graf Vitzthum und der Justizminister erklärt haben, daß das Koalitionsrecht erhalten werden müsse, daß ein Grund zur Aenderung der Gesetzgebung nicht vorliege, daß die persönliche Freiheit schon auf Grund der bestehenden Gesetze geschützt und auch dem Koalitionszwang schon heute auf dem⸗ selben Wege begegnet werden könne. Ganz ähnlich hat sich auch im preußischen Landtage der Minister von Dallwitz ausgesprochen. Der Rechtszustand ist demnach jetzt so, daß die Polizei in allen Fällen, wo die persönliche Freiheit angetastet und die öffentliche Ruhe gestört wird, in der Lage ist, vorzugehen. Es ist auch entschieden worden, daß da, wo Gefahr vorhanden ist, auch vorbeugend das Streikpostenstehen ver⸗ boten werden kann. Ein Verbot des Streikpostenstehens durch beson⸗ deres Gesetz ist also nicht erforderlich. Wir bekämpfen allerdings den Koalitionszwang und verlangen, daß ihm gegenüber die staatlichen Machtmittel in vollem Umfange angewendet werden. Im Laufe der Jahre haben sich die Machtmittel der Organisationen und ihrer An⸗ wendung verschärft, sodaß es unter Umständen nötig wird, einheit⸗ liche Ordnung zu schaffen, damit die nötigen Vorbereitungen getroffen werden, und bei vorauszusehenden Unruhen die nötigen Machtmittel rechtzeitig zur Stelle sind. Dadurch wird sich die Lust zu Unruhen und zu Gesetzwidrigkeiten legen. Auch eine schnelle Justiz ist nötig, die auch in anderen Fällen nur empfohlen werden kann. Auf diesem Boden steht auch die Landtagsfraktion, und sie hat deshalb einen ent⸗ sprechenden Antrag eingebracht. Der Abg. von Bennigsen hat bei der Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches die Regelung der Verhältnisse der Berufsvereine gewünscht. Das war nicht möglich. Jetzt ist es zu bedauern, a man nicht rechtzeitig an diese il, herangetreten ist. Man hätte ihnen die in , ür geben, aber auch die Haftbarkeit auferlegen müssen. Selbst Graf Westarp hat diese Frage als spruch⸗

reif bezeichnet. Man sollte prüfen, ob dieses Problem nicht doch zu

lösen ist. Wichtig ist auch die Regelung der Frage des wirtschaftlichen Ind politischen Boykotts. Letzteren üben nicht nur die Sozialdemo⸗ kraten aus, . auch die Konservativen, wie es meine politischen Freunde in hommern erfahren haben. Der Staatssekretär will eine Zolltarifnovelle nicht vorlegen, versprach aber Maßnahmen zu treffen, ö. die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands zu wahren und die

nregungen der betreffenden Berufskreise wohlwollend zu prüfen. Da werden einige Wünsche bezüglich der Zusammensetzung des Wirtschaft⸗ lichen Ausschusses geäußert. Er ist zur Zeit der Caprivischen Han⸗= delsperträge auf Anregung des Zentralverbandes Deutscher Industrieller als Privatorganisation gegründet worden. Jetzt ist er eine amtliche Einrichtung. Hier wollen nun verschiedene Industrieverbände eine eigene Vertretung haben. Sie gehen von dem Grundsatze aus, daß alle Zweige der deutschen Produktion in ihm vorhanden sein müssen. Das ist auch die Meinung des Sächsischen Ministeriums. Notwendig ist aber auch, daß Gelegenheit geg chen wird, Unterausschüsse zur i. besonderer Fragen zu bilden. Diese Anregungen können der Regierung nur angenehm sein, da der Abschluß von Handelsverträgen sich ja immer schwieriger gestaltet. Deshalb sind auch die Gründungen internatio⸗ naler Verbaͤnde zu begrüßen, wie der Deutsch⸗Oesterreichische Wirt⸗ schaftsverhand. Auch mit Schweden ist ein solcher gegründet worden, und ein deutsch-amerikanischer ist in Aussicht. Der Zolltarif vom Jahre 1902 hat sich durchaus bewährt. Ihm verdanken wir das heutige Blühen von Industrie und Landwirtschaft. Krisen werden sich bei keinem Wirtschaftssystem vermeiden lassen. Wenn sie bei uns weniger stark als in anderen Ländern auftreten, dann verdanken wir das der starken Organisation unserer Industrie. Der Staatssekretär hat sich auch um das ganze Gebiet der deutschen Sozialpolitik große Verdienste erworben. Wir haben deshalb allen Grund, ihm unser Vertrauen aus⸗ zusprechen.

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück:

Meine Herren! Ich möchte zunächst im Anschluß an die Worte, die der Herr Abg. Bassermann bei Beginn seiner eben geschlossenen Ausführungen gesprochen hat, auch im Namen der verbündeten Re⸗ gieruungen den Empfindungen des schmerzlichsten Bedauerns und der herzlichsten Teilnahme Ausdruck geben, die uns alle aus Anlaß der erschütternden Kunde von dem Grubenunglück im Ruhrrevier erfüllen. Zustimmung. Der Herr Abg. Bassermann hat dann dem Wunsche Ausdruck gegeben, ich möchte dem hohen Hause sobald als möglich amtliches Material über den Unfall zugänglich machen. Ich habe mich, sobald ich aus der Presse die Nachricht von dem Unglück erhielt, mit dem Herrn Handelsminister in Verbindung gesetzt und habe vor⸗ läufig folgendes erfahren.

Die Schlagwettererplosion auf dem Steinkohlenbergwerk Achenbach bei Dortmund ereignete sich auf der dritten Tiefbausohle in dem 19. und 21. Flötz. Ein erheblicher Grubenbrand fand nicht statt, so die Grube auf Anweisung des während der vergangenen Nacht in der Grube weilenden Berghauptmanns Liebrecht nach dem Unfall in allen Bauabteilungen befahren werden konnte. Es wurden 19 Tote, 2 lebensgefährlich und 8 weniger schwer verletzte Berg- arbeiter geborgen. 3 Arbeiter sind anscheinend unter den zusammen⸗ gebrochenen Trümmern der Kehle verschüttet und dürften tot sein. Insgesamt dürften leider 25 Menschenleben zu beklagen sein. Es scheint aber, daß mit größeren Verlusten unter allen Umständen nicht gerechnet werden muß. Sobald mir im Laufe der heutigen Sitzung weiteres Material zugegangen sein wird, werde ich nicht verfehlen, es dem hohen Hause zu unterbreiten.

Meine Herren, der Herr Abg. Bassermann hat dann am Schlusse seiner Ausführungen an meine Erklärungen zu unserer Wirtschaftspolitik angeknüpft und insbesondere den zweiten Teil meiner programmatischen Festlegungen betont, in denen ich eine sorg⸗ same Prüfung aller derjenigen Fragen zugesagt hatte, die gelöst werden müssen, wenn wir bei dem Abschluß neuer Handelsverträge völlig gerüstet sein wollen. Er hat im Anschlusse daran erneut die Frage erörtert, ob es nicht möglich und zweckmäßig sei, dem Wirtschaft⸗ lichen Ausschuß eine andere Organisation zu geben, als er sie augenblicklich besitzt, und ob es namentlich nicht möglich sei, bei einer größeren Anzahl von wirtschaftlichen Verbänden ein Präsen⸗ tationsrecht für den Wirtschaftlichen Ausschuß zu geben und den Wirt⸗ schaftlichen Ausschuß selbst in Unterabteilungen zur Lösung beson⸗ derer Fragen, welche die einzelnen Industriezweige betreffen, auf⸗ zulösen.

Meine Herren, wenn der Herr Abg. Bassermann von mir eine Prüfung dieser Frage wünscht, so war dieser Wunsch nicht notwendig; denn ich bin mit der Prüfung dieser Frage eigentlich unablässig be⸗ schäftigt, so lange ich die Ehre habe, das Reichsamt des Innern in diesem hohen Hause zu vertreten. Wir haben auch alljährliche Er⸗ örterungen über diese Frage gehabt, und ich muß sagen, ich bin heute noch nicht zu der Ueberzeugung gekommen, daß wir in der Lage sind, dem Wirtschaftlichen Ausschuß eine wesentlich andere Gestalt zu geben, als er sie augenblicklich besitzt, ohne seine Brauchbarkeit für seine eigentlichen Zwecke zu verringern.

Meine Herren, wir müssen zunächst daran festhalten, daß die all⸗ gemeinen Richtlinien der Zoll⸗ und Wirtschaftspolitik unter Mit- wirkung dieses hohen Hauses festgelegt werden. Zweitens ist es die Pflicht der Regierung, alles zur Beratung der dabei etwa auftauchen⸗ den Fragen erforderliche Material zu beschaffen. Man muß ihr aber auch eine gewisse Freiheit lassen, wie sie sich in den Besitz dieses Materials setzt. Man muß nach meiner Ansicht vor allen Dingen vermeiden, dieser zur Begutachtung und zur Vorberatung wirtschafts⸗ und handelspolitischer Fragen zusammenberufenen Körperschaft eine gewisse amtliche und offizielle Gestalt zu geben; denn, meine Herren, das würde immer auf die Errichtung einer Art Zollparlament hin⸗ auslaufen, das naturgemäß den Einfluß dieses hohen Hauses wesent⸗ lich beschränken müßte in dem Maße, wie man seine Zusammensetzung und seine Organisation festlegt und ihm bestimmte Kompetenzen zu⸗ schreibt.

Ich darf an die Beispiele erinnern, die wir in dieser Beziehung haben. Ich erinnere an den Versuch Bismarcks in Preußen und im Reiche, einen sogenannten Volkswirtschaftsrat zu gründen, eine Idee, die sowohl im preußischen Abgeordnetenhaus, wie auch im Reichs⸗ tag, nach meiner Erinnerung eigentlich von allen Parteien von der Hand gewiesen worden ist mit der ausdrücklichen Begründung, man