1914 / 32 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

hob gerade hervor, daß das Verbot auf Grund des 8 12 des Vereins— gesetzes ergangen war. Man spricht immer davon 3 es sich um öffentliche Versammlungen handelte und in diesen Dent ch gesprochen werden müsse. Darum handelt es sich nicht und auch nicht darum, was der Gegenstand dieser Versammlung ist. Der § 12 (Zuruf: Wo bleibt der springende Punkt??? . er springt jetzt wieder. Der § 12 be⸗ stimmt ausdrücklich, daß Verhandlungen in öffentlichen Versammlungen in deutscher Sprache geführt werden müssen. Es handelt sich also um Verhandlungen. Eine Verhandlung ist aber eine gegenseitige Aus⸗ sprache und Erörterung. Ein einseitiger Vortrag ist demnach keine Verhandlung. Das Urteil des Oberlandesgerichts Marienwerder hat nun das Gegenteil ausgesprochen. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß ein Urteil des Berliner Oberverwaltungsgerichts hier die richtige Auffassung hatte, ein Gericht, dem der Kollege Westarp angehört. (Zu⸗ ruf des Abg. We st arp: Es war ein anderer Senat) Dann werden wir zufrieden sein, daß in den Senaten, wo man so vernünftige Ur— teile fällt, der Graf Westarp nicht ist. Nach dem Spruche des Ober⸗ landesgerichts in Marienwerder kann auch durch einseitige Verhand⸗ lung in einer bestimmten Sache eine Klärung erfolgen. Es können demnach unter Umständen Deklamationen, Lieder usw. unter das Ver⸗ einsgesetz fallen. In einem ähnlichen Falle hat einmal das Reichs⸗ ericht auf Freisprechung erkannt, wo das Gericht vorher sich auf den Marienwerder Standpunkt gestellt hatte. Es hatte sich um den Vor⸗ trag in einem Verein: „Das konfiszierte Flugblatt“ oder „Der ge⸗ prellte Gendarm“ gehandelt. Damals hatten wir noch gar kein Ver⸗ einsgesetz, also auch das Reichsgericht war damals schon meiner Mej— nung. Sollte in Zukunft auch so verfahren werden, dann würden die merkwürdigsten Konsequenzen entstehen. So soll man dem Direktor des Rettungswesens in Kopenhagen einen Vortrag in dänischer Sprache über die Fliegenplage und ihre Bekämpfung in Nordschles⸗ wig verboten haben. Das Verbot im Falle Amundsen wird mit angeb— lichen Unruhen und Agitationen anläßlich eines Konzertes des Sängers Wilhelm Herold in Verbindung gebracht. Ich habe das Programm vor mir. Er sang u. a. eine Arie aus „Joseph von Aegypten“, italienische, französische und dänische Lieder, die von Lenz und Liebe handeln. Er sang zwei Volkslieder aus dem 12. Jahr⸗ hundert und endlich die gefährliche Schauerballade von Jens, dem Steinklopfer. Ich verstehe nicht, wie dieses Konzert den Anlaß zum Verbote des Amundsenschen Vortrages geben konnte. Mit solchem Verfahren retten die Behörden in den Grenzbezirken nicht das Deutschtum, sondern stellen es geradezu bloß. Wie kann man nur eine solche kleinliche Nadelstichpolitik treiben? Gegen die norwegische Sprache wird geradezu von der Polizei und Bureaukratie der Boykott proklamiert. Die Folge ist eine allgemeine Mißstimmung in allen germanischen nordischen Staaten. Auch das Auswärtige Amt sollte diesen jämmerlichen Bureaukratenseelen einmal entgegentreten. Es ist richtig, die Tonart, in der wir diesmal über diese Materie ver⸗ handeln, ist wesentlich milder geworden; ja gestern hat sogar der pol— nische Redner von einem „an sich freiheitlichen Gesetze“ gesprochen. Es ist ein törichter, nur zu politischen Zwecken erhobener Vorwurf, daß das Gesetz an alledem schuld sei. Gerade die Kasuistik ist der Tummelplatz der Bureaukratenseelen. In ganz Süddeutschland besteht keine Klage gegen dieses Gesetz, lediglich die Auslegung, die es in Qst— elbien findet, hat diesen Sturm des Widerspruchs herborgerufen. Die loyale Bekämpfung polnischer nationalistischer Erzesse ist eine gute Sache, aber jede gute Sache wird schlecht, wenn sie mit schlechten Mitteln geführt wird. „Kight or wrong, my country.“ Dieser Satz darf niemals bureaukratischer Willkür dienstbar gemacht werden. Das preußische Volk hat nichts damit zu tun, es leidet selbst schwer unter dieser Eigenart. Wir unserseits sind gern bereit, an einem liberalen Ausbau des Reichsvereinsgesetzes mitzuarbeiten. Wir werden nicht ruhen und rasten, bis diese russische Verwaltungsmaxime vom preußischen und vom deutschen Boden schleunigst verschwindet, das wird nicht bloß zum Segen des Deutschen Reiches, sondern auch des preußischen Staates gereichen.

Abgeordneter Delsor (Els.): Die Gründe, die uns 1908 gegen den Sprachenparagraphen Stellung nehmen ließen, bestehen für uns auch heute noch. Was in unseren Kolonien recht ist, soweit es die Muttersprache angeht, sollte auch im Mutterlande billig sein. Was Vonderscheer und Gréögoire damals bezüglich der französischen Sprache in Elsaß⸗Lothringen vorausgesagt haben, ist eingetreten. Damals hat der Reichskanzler Heirn Grégoire auf das Wohl⸗ wollen der Regierung verwiesen; aber wir haben ja in den letzten Tagen bei uns gesehen, wie Minister kommen und besonders gehen. Unsere Regierung ist in manchen Fällen sehr engherzig gewesen. Sechs Vorträge in französischer Sprache wurden zugelassen, der Febente aber war schon staatsgefährlich! Solche Kleinlichkeiten sind der Regierung in den Reichslanden sicherlich von Berlin aus diktiert worden. Auch kleinen Minoritäten sollte der Gebrauch der Muttersprache in Versamm⸗ lungen nicht verboten werden. Gerade die französischen Sprach⸗ inseln in der Bevölkerung sind die loyalsten und können am leichtesten reglert werden. Bie Sprache ist doch überhaupt nicht eine oder gar die hauptsächlichste Manifestation des nationalen Ge⸗ fühls. Man kann Deutsch reden und ganz undeutsch denken. Eine polnische Rede des Fürsten Radziwill würde viel loyaler und königstreuer klingen, als eine in klassischem Deutsch gehaltene Rede eines Vertreters der äußersten Linken. Man würde hier auch eine polnische Rede für die Schutzzölle viel lieber hören als eine deutsche für den Freihandel. Der Redakteur der Zeitung in Zabern, der die Behörden so nervös macht, ist ein Altdeutscher, der kein Wort Fran⸗ zösisch versteht. Man erzielt mit solchen Schikanen nur Groll und Verbitterung, die sich einmal Luft machen. Die Abschaffung des §z 17 ist ebenfalls notwendig; die Begriffe dieses Paragraphen sind viel zu unbestimmt; eine Grenze zwischen politisch und unpolitisch ist schwer zu ziehen. Wir wollen unsere Jugend frühzeitig in politischen

ragen unterrichten. Die Herren links und rechts scheinen den Unter, chied zwischen Politik und Parteipolitik nicht zu verstehen. Politik ist im besten Sinne Bürgerkunde. Warum sollen wir in den Jugend⸗— vereinen nicht tun dürfen, was in den Fortbildungeschulen geschieht? Der Abg. Müller ⸗Meiningen will ja sogar die religiöse Unterweisung nicht in den Fugendvereinen dulden. Wir werden für die Anträge stimmen, wenn auch keine Hoffnung auf Annahme durch die Regierung besteht. Ewig kann ja dieses Gesetz nicht bestehen, und wenn einzelne Be— stimmungen gegen das Rechtsgefühl verstoßen, so ist zu hoffen, daß ein Tag kommen wird, wo Recht und Geseßz siegt. -.

Abg. Hans sen (Däne): Ich werde für alle Anträge stimmen. Ich habe schon im vorigen Jahre Beschwerde geführt, daß die Gottes— dienste der Freigemeinden dem Vereinsgesetz unterstellt würden. Ein kirchliches Konzert wurde verboten, weil der Konzertgeber neben Kom⸗ ositionen von Bach usw. auch einige dänische Kirchenlieder auf das Programm gesetzt hatte. Eine ganze Reihe anderer Vereine wurde ebenfalls gemaßregelt, und diese Fälle zeigen, daß es sich nicht um vereinzelte Fälle, rern um ein System handelt. Das Absingen eines berühmten Liedes wurde als Auflösungsgrund benutzt. Ein Vortrag über christliche uw. Missionen wurde verboten, weil er in norweglscher Sprache gehalten werden sollte. In diesem Zu⸗ sammenhange steht aüch das Verbot des Vortrages des be⸗ rühmten Sädpolarforschers Amundsen. Ich konstatiere mit großer Befriedigung, daß die deutsche Presse dieses Verbot fast. ein— mütig verurteilt hat, und daß kein einziger Redner im Hause für dieses Verbot eingetreten ist. er Vortrag wurde von der Konzert⸗ agentur Sachs veranstaltet. Wie kam es, daß sie die Genehmigung nachsuchte? Dieselbe Konzertagentur hatte 1912 ein Konzert in Flensburg veranstaltet. Dieses wurde aber verboten, weil der Konzert⸗ geber auch einige dänische Lieder singen wollte. Die Agentur richtete damals ein Gefuch an die höhere Verwaltungsbehörde, und da es sich herausstellte, 36 diese Lieder aus dem 12. Jahrhundert stammten, so wurde die Genehmigung erteilt. Darum hat die Konzertdirektion auch

diesmal eine Genehmigung nachgesucht. Der Regierungt vertreter meinte, es hätte sich um eine dänische Heerschau gehandelt. Die Dänen haben

mit dieser Veranstaltung gar nichts zu tun. Amundsen kam es auf eine möglichst große Einnahme an. Hunderte von Dänen können einem Vortrag in deutscher Sprache nicht folgen, darum sollte der Vortrag auch in norwegischer Sprache gehalten werden. Es war ein wissenschaftlicher Vortrag ohne jede politische Demonstration. Trotz allen Bemühungen haben die Verwaltungsbehörden auch nicht

die geringste Spur einer politischen Agitation nachweisen können; es ist hier also lediglich Mißbrauch mit dem Gesetz getrieben worden. Dieser Fall ist die beste Motwierung für die beantragte Aufhebung des Sprachenparagraphen. Die Behauptung, daß das Heroldsche Konzert zu deutschfeindlichen Demonstrationen benutzt worden ist, ist eine bewußte Unwahrheit, wie viele deutsche Offiziere und der gleichfalls anwesende zweite Bürgermesster von Flensburg bestätigen. In einem modernen Kultursiaat hat die Gewalt⸗ und Nadelstich⸗ politik noch niemals eine Sprache getötet. Nach der neueren preußischen Praxis gibt es geschlossene Versammlungen eigentlich überhaupt nicht mehr, da schon die Möglichkeit der Anwesenheit Jugendlicher die Polizeibeamten befugt, in j de Versammlung einzutreten. Für Nordschleswig kann man geradezu annehmen, daß in dieser Richtung eine generelle Anordnung der höheren Verwaltungsbehörden ergangen ist. ie Germanisierung der Grenzprovinzen wird durch solche Maß⸗ nahmen nicht gestärkt; beseitigen Sie diese unwürdigen Zustände und stimmen Sie für die beantragte Resolution!

Abg. Landsberg (Soz.): Der Vertreter der Reichsleitung hat sich gestern den Anträgen gegenüber auf einen gänzlich ablehnenden Standpunkt gestellt. Gewiß muß man dem Kollegen Junck zugeben, daß das Reichsvereinsgesetz besser ist als der vorher vorhandene Zu⸗ stand; aber das beweist doch nicht, daß das Gesetz wertvoll ist. Es hat zwei böse Flecke, das frühere preußische Ver insgesetz ist nach meiner Ueberzeugung besser gewesen als das jetzige Reichsgesetz. Das preußlsche Gesetz legte den Vereinen, die eine Einwirkung auf politische Angelegenheiten bezwecken, die Verpflichtung der Ein⸗ reichung der Statuten und der Mitgltederlisten auf; aber diese Be⸗ stimmung wäre auch so allmählich obsolet geworden. Als vor dem Reichsgesetz einmal in Hannover die Polizei von einer Arbeiterorganit⸗ satton die Mitgliederliste verlangte, wurde ihr eine solche mit über hunderttausend Namen vorgelegt, sodaß die Behörde einer Aufgabe gegenüberstand, die sie nicht zu lösen vermochte. Der Abg. Müller⸗ Meiningen hat unrecht, wenn er meint, daß wir vor dem Reichsvereins⸗ gesetz zu dieser Materie hier überhaupt keine Anträge hätten stellen können; nach Art 4 der Verfassung unterliegt der Beaufsichtigung „und der Gesetzgebung“ des Reiches auch das Vereinswesen. Das Reichs— vereinsgesetz hat als ärgsten Mangel an sich den Sprachen⸗ und den Jugendlichenparagraphen. Auf den Sprachenparagraphen des deutschen Gesetzes können sich im Auslande alle diejenigen berufen, die dort, in Ungarn, in Rußland usw., die in diesen Ländern wohnhaften Deutschen hinsichtlich ihrer Sprache drangsalieren. Der Sprachen⸗ paragraph ist nicht aus nationalen Motiven hervorgegangen, sondern die westfälischen Großindustriellen haben ihn damals hineingebracht, damit man an die armen ausländischen Bergsklaven, die sie be— schäftigen, nicht herankönne, damit diese nicht „aufgereizt!“ werden könnten, höheren Lohn zu fordern. Der Abg. Mertin trat für den Sprachenparagraphen ein, weil angeblich die des Deutschen kundigen Polen sich vor Gericht verstellen, wenn sie als Zeugen vernommen werden. Der Richter soll doch kein politisches Werkzeug, er soll kein Germanisator sein, er soll das Recht finden und Gerechtigkeit üben. Wir wollen die Jugend schon aus Klugheitsgründen nicht politisieren, damit sie nicht frühzeitig der Politik überdrüssig wird. Daß zur , der Jugend nicht Vereine und Versammlungen allein

eitragen können, das hat ja die Regierung in der Begründung zum Vereinsgesetz seinerzeit selbst zugegeben, sodaß diese Bestimmungen eigentlich überflüssig sind. Die verbündeten Regierungen haben jetzt aber umgelernt. Man schleppt die Jugend, wenn sie einmal einer Versammlung beiwohnt, eventuell gefesselt auf das Polizeirevier und hetzt sie mit Polizeihunden. Unsere Jugendarganssationen wollen nur das Wissen der Jugend fördern und sie zur proletarischen Welt⸗ anschauung erziehen, die nicht identisch mit sozialdemokratischer ist. Aber man will die Jugend den Muckern und den elenden Hetzern ausliefern, deren perverse Phantasie nach dem Kriege und dem Massenmorde lechjt. Die Väter des Vereinsgesetzes wollten, daß Vereine und Versammlungen nur den in diesem Gesetz selbst be⸗ stimmten Beschränkungen unterliegen. Aber die Polizet kehrt sich nicht daran und erläßt auch sogenannte Präventivverbhote. Ein krasser Beweis iit das Verbot des Vergnügungsvereins der Berliner Schutz= leute. Wir verlangen keinen Eingriff in richterliche Gewalt, aber, daß nur vorurteilsfreie und allseintig gebildete Männer Richter werden. Die Mißhandlungen des Vereingesetzes nehmen von Jahr zu Jahr zu. Trotz aller Verspiechungen der Regierung werden die Versammlungen polisischer Vereine den öffentlichen gleichgestellt, sobald es der Polizei paßt. Auch die Gewerkschaften hat man so der Willkür der Polizei ausgeliefert. Das hätten auch die Freunde des Dr. Müller voraussehen können. Aber sie waren zu ver— trauensselig und dachten nicht daran, feste Begriffe zu schaffen. Das liberale Reichsvereinsgesetz hat den Begriff politisch in einer Weise festgestellt, daß die Turnbereine usw. den Schikanen der Polizei auf Gnade und Ungnade ausgeliefert sind. Wenn ein Sportverein an einer Mailfeier teilnimmt und turnt, so wird er ohne weiteres für einen politischen Verein erklärt. Weil diese Vereine aus Anhängern von Sozialdemokraten bestehen, sind sie noch lange keine sozialdemo⸗ kratischen Vereine, dazu haben wir unsere sozialdemokratiiche Organi⸗ sation. Das Turnen wird für eine politische Betätigung angesehen. Wie man das Turnen für politisch halten kann, ist mir schleierbaft. Ich habe allerdings schon manchen Politiker Turnkunststücke machen sehen. Das Schlimme ist das zweierlei Maß, mit dem hier gemessen wird. Gegen antisemitische Turnvereine, gelbe Gewerkschaften und Kriegervereine, gegen den Zentralverband Deutscher Industrleller geht die Polizei nicht vor. Der Zentral⸗ verband hat das Bestreben, durch Geldzuwendungen sich die national⸗ liberale Partei in den Parlameaten dienstbar zu machen. Die Polizei hat auch nichts gegen den Jungdeutschlandbund, von dem man viel eher als von den sozialdemokratischen Jugendverbänden behaupten kann, daß er politisch ist. Kann man sich etwas Politischeres denken als die Bekämpfung der Sozialdemokratie, die sein Zweck ist? Zum Ueberfluß heirscht zwischen der Judikatur des Oberverwaltungsgerichts und der der ordentlichen Gerichte die größte Verschiedenheit. Wir ver⸗ langen gegen alle diese Polizeischikkanen Schutz. Der Abg. Mertin meinte, er könne unseren Antrag nicht ernst nehmen. Ich bin ihm darum nicht böse, gebe ihm nur den guten Rat, sich den Antrag anzusehen, bevor er gegen ihn polemisiert. Unser Antrag will nämlich jenen Rechtszustand herstellen, der im preußischen Vereinsgesetz von 1850 bis 1908 rechtens ist. Was wird nicht alles zur Motivierung des Verbots einer Versamm⸗ lung von der Polizei ins Feld geführt! Man weiß oft nicht, ob man darüber lachen oder weinen soll. Die Polizei verfolgt Gesinnungen, statt sich an strafbare Taten zu halten. Wo ist im Auslande eine Behörde, die sich herausnimmt, die Bürger verschieden zu be⸗ handeln je nach ihrer politischen Gesinnung? Darum herrscht belt uns das tiefste Mißtrauen gegen die Polizei. Diese handelt aus dem Empfinden heraus, wir regieren so miserabel, daß die Menschen sich gegen uns zusammentun müssen. Darum will sie uns das Vereins., und Versammlungsrecht entreißen. Aber alle die Schikanen gegen Polen und Sozialdemokraten helfen ihr nichts. Wir verlangen Schutz gegen diese polizeilichen Aus⸗ schreitungen. Die Regierung erklärt, wir können diesen Schutz nicht geben. Ist die Regierung so schwach, dann durfte der damalige Staatssekretär von Bethmann Hollweg nicht versprechen, daß das Gesetz liberal gehandhabt werden solle. Ich sage, die Regierung kann wohl helfen, aber sie will nicht. Sie hat hier die Mehrheit für ein liberales Gesetz. Sie braucht die Anträge nur anzunehmen. Unser Antrag ist kein Demonstrationsantrag. Die Regierung braucht auch gar nicht das Gesetz zu ändern. Der preußische Meinisterpräsident braucht nur den Behörden mit einem quos ego gegenüberzutreten, er könnte sagen, ich verbitte mir auf das energischste, daß das Reiché— vereinsgesetz in einer Weise gehandhabt wird, die die Vermutung zu— läßt, daß ich mir durch meine Erklärung das Votum des Reichstages zum Reichsvpereinsgesetz erschlichen hätte.

Abg. Gröber (Zentr): Gestern hat der Direktor Lewald das Lob des Reichsvereinsgesetzes in den höchsten Tonen gesungen und heute sind ihm unsere Kollegen Junck und Dr. Müller⸗Meiningen gefolgt. Das neue Reichsvereinsgesetz soll besser sein als das alte. Welches alte? Das Reichsgesetz ist an die Stelle vieler alter

Gesetze getreten. Meint er das alte preußische Gesetz, so hat das Reichsgesetz zwei große Rückschritite hinter dieses aste Gesetz gemacht. Es hatte vor allem keinen Sprachenpgragraphen. Bis 1908 waren die Polen nicht verhindert, ihre Sprache in Vereinen und Versammlungen zu gebrauchen. Und auch bezüglich der Jugendlichen ist das neue Gesetz schlechter als das alte, dat sich nur auf Lehrlinge und Schüler bezog. Diese Verschlechterung baben die Liberalen, ohne dazu gezwungen zu sein, aus eigenem ge— schaffen. Hätten wir Schwaben unser württeinbergisches Vereinsgesetz noch, wir wären besser dran; daß fast nichts darin stand, war an ihm das allerbeste., In Württemberg hüten sich die Behörden, etwas aus dem Gesetz herauszudestilllteren, was nicht drin steht, weil der Landtag dafür sorgt, daß das nicht geschleht. Der Abg. Müller⸗Meiningen aber freut“ sich über das Gesetz. Diese Freude scheint mir etwas ge⸗ mischter Natur gewesen zu sein, denn er hat über eine halbe Stunde lang blutige Tränen über das Gesetz geweint. Das Gesetz leidet nicht an zu wenig, sondern an zu viel Kasuistik; der Sprachenparagraph und die Bestimmung über die Jugendlichen hätten weggelassen werden müssen. Der Ministerialdirektor spricht davon, daß die Beschwerden ab⸗ genommen hätten, daß sich eigentlich nur noch in Preußen Beschwerde⸗ führer finden. Ja, es sind doch noch ganz neuerdings zahlreiche Be⸗— schwerden aus Sachsen gekommen und auch Süddeutschland ist keines⸗ wegs frei davon. Allerdings richten sich jetzt die Beschwerden mehr gegen die gerichtlichen Entscheldungen Da haben wir jetzt eine Viel fältigkeit oberster Gerichtsurteile, die einander widersprechen. Die RVationalliberalen wollen zur Beseitiaung dieser unerfreulichen Er⸗ scheinungen einen neuen höchsten Gerichtshof; viel einfacher aber ist doch, wenn der Fehler ausgemerzt werden soll, die Aenderung des Gesetzes. Wie der Direktor Lewald angesichts dieser Tatsachen auch noch die Rechtssicherheit rühmen konnte, die das Gesetz gebracht höbe, ist mir unverständlich; es ist im Gegenteil eine allgemeine Rechts— unsicherheit eingetreten. Was im speziellen die Behandlung des Ver⸗ einsrechts gegenüber den Berliner Schutzleuten angeht, so geben auch wir zu, daß die Beamten ein unbeschränktes Vereinsrecht nicht haben können, daß das Beamtenrecht hier gewisse Modifikationen bedingt; aber nachdem Herr v. Bethmann Hollweg 1908 ausdrücklich auch den Beamten das Vereinsrecht und das Versammlungsrecht zugesprochen hat, kann man nicht soweit gehen, daß eine einzelne Dienstbehörde es in der Hand hat, das Vereinsrecht für die Schutzleute illusorisch zu machen. Die Schutzleute sind militärisch organisiert, gewiß; aber degwegen sind sie noch keine Mllitärpersonen. Ihre Satzung war ganz loyal abg faßt und konnte gar nicht be— anstandet werden. Ich gebe zu, daß es auf die Statuten allein nicht ankommt; aber dann mußte die tatsächliche künftige Tätigkeit des Vereins abgewartet und dann eventuell eingeschritten werden. Statt dessen hat man das Verbot vorweg beliebt. Damit ist die Gesamt⸗ heit gestraft worden. Andererseits läßt man Vereine bei den Schutz— leuten zu, auch bei den Berliner. In der Budgetkommission des Ab⸗ geordnetenhauses ist gesagt worden, das Benehmen der Schutzleute sei in dem streitigen Falle so disziplinwidrig, daß man annehmen müßte, es handle sich um Betätigungen, die nicht mit den statuta⸗ rischen Vorschriften übereinstimmten; jugleich wurde aber zu—⸗ gegeben, daß kleinere Vereinigungen in bestimmten Bezirken beständen und geduldet würden; aber eine das Ganze umfassende Vereinigung will man nicht haben. So darf man diesen Männern das Recht der Vereinigung nicht hinwegdisputieren. In der Frage der Ausschließung Jugendlicher unter 18 Jahren von den Vereinen und Veisammlungen hat das Zentrum seine Anschauung konsequent vertreten; es hat schon 1897, als die preußische Vereinsgesetznovelle beraten wurde, sich gegen die damals vorgeschlagene Beschränkung in bezug auf die Jugendlichen mit aller Entschiedenheit ausgesprochen. Wenn heute die Abgg. Junck und Müller-Meiningen nichts ändern wollen an der Vorschrift des Reichsvereinsgesetzes über die Jugend⸗ lichen, so überrascht mich das nicht; sie wollen ihr Kind nicht ver— leugnen, es ist aber inzwischen wohl älter, aber nicht schöner geworden. Sie wollen den Jugendlichen die wünschenswerte und in gewissem Sinne notwendige Belehrung vorenthalten und schädigen sie damst (Zu⸗ ruf link). Mit der Foribildungsschule ist hier gar nichts geholfen. Daß der Sprachenparagraph auf wissenschaftliche Vorträge angewendet werden würde, hat der Gesetzgeber nicht voraussehen können. Daß der Regierungspräsident vom Minister in dem Falle Amundsen des⸗ avouiert werden mußte, ist noch nicht dagewesen. Wir haben mit dieser Behandlung der Sache im Auslande keine Lorbeeren geerntet. Der Gebrauch der Muttersprache ist ein Naturrecht. Wir wünschen daß die fremdsprachigen Volksteile sich dem Deutschen Reiche angliedern, aber ich meine, ohne Germanisationszwang wären wir schon viel weiter. Es kommt darauf an, durch eine gute innere Politik die Polen usw. zu gewinnen. Das Eintreten für das Recht ist keine bloße Demonstration; das möchte ich dem Abg. Müller⸗Meiningen bemerken. Es handelt sich um ein preußisches Ausnahmegesetz, das die Abgg. Müller und Junck zustande gebracht haben, für das sie verantwortlich bleiben. Auf eine authentische Interpretation des Sprachenparagraphen wird die Regierung kaum eingehen. Ein solches Unrecht muß ganz beseitigt werden. Es darf nicht bloß stückweise der Schwanz abgeschnitten werden. Was der Abg. Müller will, ist nur ein Schwänzen vor der Staatsgewalt. Das Veireinsgesetz von 1968 enthält im Sprachen⸗ paragraphen usw. ein so schweres Unrecht, daß es an der Zeit wäre, dafür zu sorgen, daß statt der Anwendung der bloßen Macht und Gewalt Gerechtigkeit geübt wird. Die ganzen Verhältnisse in Deutsch— land müßten etwas ziviler und menschlicher gestaltet werden. Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Lewald: Ich will dem Vorredner nicht auf das Gebiet der grundsätzlichen Frage, oh das Vereinsgesetz einen Fortschritt bedeutet oder nicht, folgen. Der Abg. Landsberg meinte, das preußische Vereinsgesetz sei ihm in der alten Gestalt in vieler Beziehung lieber als das jetzige Vereinsgesetz. Ich weiß nicht, ob wir dadurch zu diesem Gesetze gekommen wären, wenn wir aus dem preußischen Vereinsgesetz einfach die Stellen her—⸗ ausgelassen hätten, die man beanstandete. Aus den Erörterungen über das Vereinsgesetz ging doch herbor, daß man an Stelle der 25 ver⸗ schiedenen Vereinsgesetze in den Einzelstaaten eine Rechtssicherheit schaffen woll te. Die Ausführungen 6 die Kompetenz zwischen der Reichsgewalt und der der Einzelstaaten nannte der Abg. Dr. Müller Meiningen ein Jonglieren mit Begriffen. Es war aber doch not⸗— wendig, hier aus heillosen Zuständen herauszukommen. Der Herr hat auch gesagt, die preußischen Verwaltungsbehörden pfiffen auf das Reichsvereinsgesetz. Das muß ich entschieden zurückweisen. Es ist möglich, ja auch selbstverständlich, daß in einem großen Staate Miß⸗ bräuche vorkommen. Aber mit dem Ausdruck wird doch eine bewußte Rechtswidrigkeit vorgeworfen. Gerade der Minister des Innern hat mit allem Nachdruck die ausführenden Behörden immer wieder auf eine strenge und sorgfältige Handhabung hingewiesen. Der Abg. Müller⸗Meiningen hat selbst in seinen Ausführungen Über den Sprachenparagraphen lige hen, daß er sich 6 öffentliche Versamm⸗ lungen aller Art bezieht. Er sagte aber, der Gegenstand der Erörte⸗ rungen spiele keine Rolle. Er hat sich auf das Wort „Verhand⸗ lungen“ in seinen Ausführungen gestützt. In den Versammlungen, die getroffen werden, soll Rede und Gegenrede das Kennzeichen sein. Ich glaube aber, daß dieser 5 12 doch etwas anderes ausdrücken will. Das Reichsamt des Innern hat die Gewohnheit, ein vorzulegendes Gesetz jedesmal dem deutschen Sprachverein zuzusenden, um das be⸗ rüchtigte Juristendeutsch herauszubringen. Das haben wir auch mit dem in Aussicht stehenden Luftverkehrsgesetz getan. Der Verein ha hier sopiel rote Striche gemacht, daß man sich in die schlimmsten Zeiten seiner Schulzeit zurückversetzt glaubt. Es ist hier in dem Vereinsgesetz gesagt, daß in einer öffentlichen Versammlung nur die deutsche Sprache zulässig ist. Auf das Wort Verhandlung“ an sich kommt es nicht besonders an, sondern auf das Wort Versammlung“, Es ist dabei ganz gleichgültig, ob ein oder mehrere Redner sprechen. Der Abgeordnete hat dann auch quf die internationalen Kongresse hin= gewiesen. Die kann man hier nicht anführen, denn es gibt auch hier solche, auf denen nur eine Rede gehalten wird. Der Abg. Hanssen ist dann auf eine Reihe von Fällen eingegangen, die nach meiner An⸗ sicht mit dem Vereinsgesetz nichts zu tun haben. Er beschwerte sich, daß Personen dänischer Nationalität nicht zu Vorträgen in Nordz

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1 Ausführungen des Regierungsvertreters. Wenn die verbündeten

schleswi zugelassen worden sind. Das ist aber eine Frage, die mit biesem Geseße nichts z tun hat und auf dem Gebiete der Fremden— polizei liegt. Sie gehsrt also vor das preußische Abgeordnetenhaus, und ich will deshalb nicht weiter darauf eingehen. Der Abg. Landsberg hat dann behauptet, daß der Jungdeutschlandbund in höherem PMaße als die sozialdemokratischen Jugendberbande politisch fei. Ich habe hier eine Entscheidung des preußischen Oberverwaltungsgerichts in Handen, worin herhorgehoben wird, daß die ,. Jugend⸗ perbande durchaus el . Der Nun gen

politik. Es ist keine Politik, junge Leute zu nationaler Gefinnung n erziehen. Das ist kein Parteiprogramm, . es sollen deutsche Jungen in deutschem Sinne erzogen werden. In einer Nummer des Vorwärts wird direkt über eine Versammlung eines Arbeiter— ge sangbereinz des 4. Berliner Reichstagswahlkreifes berichtet. Es wird darin sehr scharfe Kritik geüht und hervorgehoben, daß in dem Verein der Parteistandpunkt nicht so zum Ausdruck kommt, und zwar deshalb, weil einzelne Mitglieder auch anderen als Arbeitergefang— pereinen zugehörten .die nicht auf dem sozialdemokratischen Programm ständen. In den Versammlungen des Jungdeutschlandbundes ist da⸗ jn nie don einer bestimmten politischen Partei die Rede. Der glbg. Landsberg hat sich auch ziemlich scharf dagegen gewandt, daß der Jungdeutschlandbund die Jungen militärisch uniformiert und Krieg spielt. Ich nehme an, daß wir alle als Jungen auch gern Krieg gespielt haben. Das liegt nun einmal einem jeden Deutschen im Blute. Das sozialistische Programm fordert ja gerade die militärische Erziehung der Jugend und verlangt deshalb die Einführung der Miliz. Ich will mit wenigen Worten noch guf die Frage des Verbotes der Schutzmannsvereinigung eingehen. Verschiedene Redner haben her⸗ vorgehoben, daß das Verhot im Widerspruch stände mit der Erklärung die seinerzeit der Staatssekretär des Innern, der jetzige Reichskanzler getan hat. Nach meiner Ueberzeugung steht die Verfügung des Polizei⸗ präsidenten nicht im Widerspruch damit. Der Abg. Gröber wies darauf hin, daß eine Reihe von kleineren Vereinen innerhalb derselben Hauptmannschaft zugelassen seien. Ich kann hinzufügen, daß auch noch andere Vereine bestehen. Es ist aber ganz etwas anderes, wenn die ganze Gruppe der Schutz mannschaft als solche sich zu einem Verein zusammenfindet. Die Schutzleute unterstehen allerdings nicht der militärischen Gewalt. Die Schutzmannschaft trägt aber Uniform und hat das Recht des Waffengebrauchs, sodaß ein großer Unterschied jwischen ihr und den Gendarmen nicht besteht. Die Schutzmannschaft sst also schließlich eine militärisch organisierte Truppe. Es ist ein großer Unterschied, ob kleine Vereine bestehen oder eine große Ver— einigung. Hier heißt es: prineipiis obsta. Man kann nie wissen, wohin eine solche Bewegung einmal geht. Der Hinweis auf die eng—⸗ lischen Verhältnisse trifft nicht zu. Der englische Polizeipräsident hat auch nicht die Vereinigung der Schutzmannschaft verboten, weil s sich um eine Gewerkschaft handelte. In dem betreffenden Erlaß, der mir vorliegt, wird nicht extra von einer Gewerkschaft gesprochen, sondern es handelt sich, wie ausdrücklich hervorgehoben wird, um die Mitgliedschaft bei einer Fédération, Union vder Association. Hier ird also die Mitgliedschaft zu jeder Art Vereinigung getroffen. Man darf nicht allgemeine Gesichtspunkte, die für andere Beamten— fategorien anwendbar sind, auf diesen Spezialfall zur Anwendung bringen.

Abg, von Trampezyns ki (sPole)h: Wir haben im Abge— „dnetenhause nachgewiesen, daß der Minister des Innern von Dall— itz von den Beamten belogen worden ist. Es ist auch bezeichnend, der Staatssekretär in dieser Sache nicht das Wort ergriffen hat. Diese Enthaltsamkeit gereicht ihm zur Ehre, denn die Sache, die er ü vertreten hätte, ist eine schlechte. Solange der Reichskanzler preußi⸗ Fer Ministerpräsident ist, verlangt es sein Ehrgefühl, nicht länger im Inte zu bleiben, wenn er nicht imstande ist, es durchzusetzen, daß das Richsvereinsgesetz in Preußen so ausgeführt wird, wie es gemeint mnäund wie es nach seiner Auffassung ausgeführt werden sollte. Der Kichskanzler hat sich mit seiner persönlichen Ehre engagiert, daß das Gesetz ordnungsmäßig ausgeführt werden solle. Er hat 1968 gesagt, das Gesetz nicht in schikanöser Weise angewendet werden solle. Nach dem Verhalten des Regierungspräsidenten von Schwerin usw. nüssen wir den Beamten jede Niedertracht zutrauen. (Vizepräsident Dr. Pga che ruft den Redner wegen dieser Beleidigung zur Srd⸗ nung) Der Ministerialdirektor berief sich darauf, daß die Gerichte sesppochen hätten, und die preußische Regierung könne dagegen nichts nachen. Das ließe sich hören, wenn die Gerichte in ihrer Äuffassung mig wären. Die Liberalen haben seinerzeit zu viel Vertrauen zu den ersprechungen der Regierung gehabt, sie haben es verabsäumt, den Begriff der öffentlichen Versammlung und der politischen Vereine in Im Gesetz klar zu definieren. Wie soll der Richter den Willen des Hesetzgebers interpretieren, wenn der Gesetzgeber selber nicht weiß, was will. Wie können die Richter überhaupt unparteiisch sein in politi⸗ schn Dingen? Ich habe die Wahrnehmung gemacht, daß Richter in sichtpolitischen Dingen durchaus gerecht waren. Handelte es sich aber um einen politischen Prozeß, so hatte ich das Gefühl, Todfeinden genüber zu stehen. Der Ylnistertaldi rektor meinte, § 12 beziehe sich ich zuf wissenschaftliche Vorträge. Das widerspricht durchaus der uffassung, die die damalige Majorität hatte. Das einfachste kechtsgefühl muß einem doch sagen, daß ein Unterschied ist zwischen nner Versammlung mit Diskussion und einer Veranstaltung mit einem bissenschaftlichen Vortrage. Das Reichsvereinsgesetz ist für uns Polen in Fortschritt. Der Züstand des preußischen Gesetzes war nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für uns viel günstiger als nter dem Ss. 12 des Reichsvereinsgesetzes. Das Renommee des Deutschen Reiches gewinnt durch die Nadelstiche der Polizei nicht. Es nuß endlich an eine Aenderung dieses Paragraphen herangegangen perden. Wir wenden uns hier nur gegen eine von oben gebilligte stematische Rechtsbeugung. Die Konservativen haben gestern be— hauptet, daß alles in Ordnung sei. Mit Herren, die diesen Stand⸗ punkt vertreten, ist überhaupt nicht zu diskutieren. Der Abg. Mertin narf uns vor, daß die Regierung des Herzogtums Warschau 1809 men Erlaß habe ergehen lassen, wonach die Beamten innerhalb zweier Jahren das Land verlassen müssen, die nicht Polnisch lernten. Man

nuß aber dabei berücksichtigen, daß das Land mit einer Unmenge von beutschen Beamten überschwemmt, war, die nicht Polnisch lernen lten, Die Beamten sind doch des Volkes wegen da, nicht umge— hrt. Der Reichstag wird hoffentlich nach so feierlichen Zufagen der gegierung nicht denselben Glauben schenken, wie er es getan hat. 1 Abg. von Meding (Welfe); Ich kann in gewissem Sinne den usführungen, des Abg. Müller⸗Meiningen zustimmen. Jugendliche hersonen. gehören allerdings nicht in das politische Leben. Wenn ftionalliberale Flugblätter für die Nationalliberalen verteilt werden, 1 können wir Deutsch⸗Hannoveraner verlangen, daß das auch unseren 'hullindern gestattet wird. Die Gendarmen haben die Polizeistunde „uns benutzt, um die Dauer der Versammlungen zu verkürzen. An Ich ist das C esetz gut, aber auch wir leiden unter der Auslegung des setzes durch die unteren Organe. Das Gesetz muß entweder anders usgeführt oder durch eine Novelle verbessert werden. z Ahg. Fürst Radziwill Pole): Ich möchte einige allgemeine merkungen zu unserem Antrage und zu den übrigen Anträgen hachen. Es gibt keine beredtere Begründung für unseren Antrag als Hierungen, für die Ausführung des Gesetzes nicht verantwortlich sein n, so heißt das doch, daß eine Besserung nicht von den ausführen . Arganen, sondern bon einer Veränderung des Reichsgesetzes zu enen ist. Das Gesetz trug von Anfang an den Keim des Unrechts ; sich, und deshalb muß es sohald wie möglich aus der Welt geschafft nerden. Das Gesetz und seine Ausführung hat geradezu haarsträubende shstände in den polnischen Landesteilen herbeigeführt. Man beruft „Marauf, das Gesetz bestehe erst kurze Zeit. Nun, sechs Jahre der i e ndling sind für uns Polen gerade lang genug. Deutschland hat e r g. Jahre erhebende Jubel tage gefeiert. Wir haben volles i en , für Ihre Gefühle. Vengessen wir aber nicht, daß wir I . das Jubilczum des Wiener Kongresses feiern, Damals haben e wnnarchtu. dem . Volke die Erhaltung seiner nationglen ntümlichkejten, vor allem seiner Sprache, zugesichert und in Ver⸗ nen hiedergelegt. Ich weiß wohl, daß eine Berüfung auf die Wiener mngreßakte bei der Regierung keinen Widerhall finden wird. I

und treibt keine

Hauses rechnen, wenn ich alles, was die Besoldung anlangt, auch meinerseits unberührt lasse.

der Königlichen Staatsregierung bei der Kündigung nicht richtig be— handelt werden. Arbeitern gegenüber von der Verwaltung stets die gesetzliche Frist bei der Kündigung eingehalten wird. an die früher vereinbarten Fristen nicht gehalten, weshalb von weiteren Vereinbarungen abgesehen wurde.

die nicht richtig verteilt seien, sodaß infolgedessen nicht die erforderliche Beschleunigung der Arbeiten herbelgeführt würde. daß nach meinen Erfahrungen die Einrichtungen, wle er sie wünscht, zu der Zeit, als ich in der Lage war, ein großes Gericht zu über— nehmen, sich gerade als die am allerwenigsten glücklichen erwiesen haben. Was der Herr Vorredner jetzt wünscht, daß man die Kanzlei beamten unmittelbar mit den einzelnen Sekretären in Verbindung halten möge, hatte zu den größten Verzögerungen und Verwrrungen geführt. Damals ist deshalb eine Neuorganisatlon eingeführt worden, wonach man nur für schleunige Sachen in den Räumen der Gerichttz— schreiberei die Kanzlei zur Verfügung stellte, im übrigen aber durch

ziehen. Es ist beschämend, daß heute nicht mehr Gefühle, wie si vor. hundert. Jahren die Monarchen beseelten, ere , 6 Stimmen Sie unserer Resolution zu nicht nur in dem Sinne daß Sie unseren berechtigten Beschwerden gerecht werden, sondern auch in dem Sinne, daß Sie dem Ansehen Deutschlands im In- und Aus⸗ lande einen Dienst erweisen. .

Stellvertreter des Reichskanzlers,

Staats ü Innern Dr. Delbrück: aatssekretär

vertreten werde, sei eine schlechte gewesen. Meine Herren, zur Vermeldung von Mißverständnissen möchte ich

Ministerialdirektor Lewald hier gemacht hat, zwischen uns vorher verabredet waren, und daß sie in allen Punkten meine volle Zustimmung finden. (Zuruf des Abg. Ledebour: Wir haben nie daran gezweifelt! Heiterkeit) Meine Ausführungen wenden sich nicht an Sie, Herr Ledebour. Meine Herren, wenn ich mich und das möchte ich auch für die Zukunft bemerken nicht bei allen einzelnen Fragen, die anläßlich meines Etats hier diskutiert werden, persönlich an der Debatte be— teilige, so hat das seinen Grund darin, daß die Verhandlungen über meinen Etat allmählich Dimensionen angenommen haben lsehr richtig! rechts), die es mir mit Rücksicht auf andere Amtspflichten, die ich noch habe, unmöglich machen, an den Verhandlungen dieses hohen Hauses dauernd persönlichen Anteil zu nehmen. (Bravo! rechts.)

. Abg. Dr. Mülzeer-Meiningen (fortschr. Volksp.): Man hat mich mißberf Inden, Ich wollte nur darauf hinweisen daß in der jetzigen Jetlag die Anträge bloß einen demonstratiben Wert haben können. Wenn der Abg. Gröber auf das Vereinsgesetz zu sprechen kommt, dann tut er es mit einer überlegenen Miene. In den Jahren 1890 bis 1996, wo er im Fette saß, hatte der Abg. Gröber viel Gelegenheit solche Gesetze zu machen. Was haben Sie (zum Abg. Größer) da getan? Es ist eine Eigentümlichkeit, daß die meisten Reichsgesetze, die auf Veranlassung eines Abgeordneten entstanden sind, späterhin immer als die miserabelsten hingestellt werden, die je gemacht worden sind. Ich erinnere an das Diätengesetz. Wenn aus Süddeutschland so wenig Klagen kommen über das Vexeinsgesetz, dann kommt. das daher, daß es loyal gehandhabt und anständig angewendet wird, so, wie S ber damalige Staatssekretär für das ganze Reich zugesagt hat. i Württemberg und Bayern gibt es eben ine gewisse Kategorie von Hehörden nicht. Ich bedaure es, daß der Regierungsvertreter sich die Auslegungen des Oberlandesgerichts Marienwerder zu eigen gemacht. Dort wurde die ungeheuerliche Behauptung aufgestellt, daß auf ein— seitige Informationen Konzerte, Theaterstücke und wissenschaftliche Vorträge unter das Vereinsgesetz fallen können. Diese Erklärung gebe ich auch im Namen des Kollegen Dr. Junck ab. Bei der Beratung des Vereinsgesetzes hat niemand daran gedacht, daß so etwas geschehen kann. Wir sind deshalb genötigt, alles zu kun, um das Gesetz völlig klar auszulegen. Die hier gehaltenen Entrüstungsreden waren schlechte Wiederholungen der früheren Reden. In ihrem Herzen sind die Herren recht froh, daß sie das Vereinsgesetz haben.

Abg. Gröber (Zentz.): Der Vorredner hat meiner Tätigkeit a6. Gesetzgeber gedacht. Er wirft mir vor, ich sei der Vater des Diätengesetzes. Wenn je ein Gesetz eine Wohltat war, dann war es dieses Gesetz. Wenn ein Gesetz gemeinschädlich gewirkt hat und das Gegenteil eines Gesetzes einer freisinnigen Partei ist, dann ist es das vom Abg. Dr. Müller-Meiningen gemachte Reichsvereinsgesetz. Abg. Dr. Müll er⸗Meiningen (fortschr. Volksp.): Für ein Diätengesetz waren wir auch. Wir haben uns nur dagegen gewandt, daß man diesem an sich liberalen Gedanken eine so miferabke Form gab.

Abg, Gröber (Zentr.): Von diesem miserablen Gesetz macht der Dr. Müller⸗Meiningen jeden Monat den angenehmsten Gebrauch. Hiermit schließt die Diskussion.

Persönlich bemerkt der

Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.): Der Abg. Gröber scheint sein eigenes Gesetz nicht zu kennen. Ein Verzicht auf Diäten ist doch unmöglich. .

Abg. Gröber Gentr.): Ich stelle fest, daß der Abg. Müller⸗ Meiningen diesen ausgezeichneten Paragraphen mit akzeptiert hat. Der Präsident teilt mit, daß die Abstimmungen über die Resolutionen und Anträge morgen zu Beginn der Sitzung vorge nommen werden sollen, ferner, daß der Abg. von Halem (5. Marienwerder) sein Mandat niedergelegt hat.

Schluß 7 Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr pünkt⸗ lich. (Kleine Anfragen; Wahlprüfungen; Fortsetzung der Be⸗ ratung über den Etat des Reichsamts des Innern.) .

Preusrischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 19. Sitzung vom 5. Februar 1914, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung, in der die zweite Beratung des Etats der Justizverwaltung, und zwar die bei dem ersten Titel der dauernden Ausgaben, „Gehalt des Mini ters“, übliche allgemeine Besprechung fortgesetzt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

„„Auf die daselbst auszugsweise wiedergegebenen Aus— führungen des Abg. Kanzow (fortschr. Volksp.) entgegnet der Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Ich kann wohl auf die Zustimmung des Hohen

Der Herr Vorredner meinte, daß die technischen Arbelter von Darauf kann ich mitteilen, daß den technischen

Dagegen haben sich die Arbeiter

Der Herr Vorredner hat ferner die Kanzleibeamten erwähnt,

Ich kann erwidern,

öchte guch nicht in formaler Weise auf die Wiener Kongreßakte

Konzentration des Schreibweseng eine gleichmäßige Verteilung der

rekurrieren, sondern nur einen Vergleich zwischen damals und heute

des

Meine Herren! Der Herr Abg. von Trampezynski hat vorhin, wenn ich ihn richtig verstanden habe, gesagt, der Herr Staatssekretãr des Innern habe sich an den Debatten bisher nicht beteiligt, und diese Enthaltsamkeit gereiche ihm zur Ehre; denn die Sache, die hier (Sehr richtig! links.)

hiermit ausdrücklich feststellen, daß die Ausführungen, die der Herr

Kanzleiarbeiten erreichte. Daz hat damals vorzüglich gewirkt. Sollte das jetzt hler und da nicht der Fall sein, so wird es eben daran liegen, daß die Einrichtung nicht richtig durchgeführt ist. Die Einrichtung selbst aber hat allgemeine Zustimmung gefunden, weil jeder die Be⸗ schleunigung des Geschäftsgangs anerkannte. Das geschah namentlich aus den Kreisen der Anwaltschaft und des Publikums. Ich glaube also doch, daß nicht in allen Dingen dem beigetreten werden kann, was der Herr Vorredner erwähnte.

Daß die Assessoren oft zu Landrichtern ernannt werden, ist eine Frage, über die wir auch hier schon mehrfach gesprochen haben. Der Herr Vorredner hat gerade auf das Gericht Saarbrücken ver wiesen. Nun weiß ja der Herr Vorredner nicht und kann ja auch nicht wissen, wie die Dinge dort liegen. An das Landgericht in Saar⸗ brůcken meldet sich erfahrungsgemäß verhältnismäßig selten ein Amts⸗ richter. Wie sollen wir es machen, wenn keiner hingehen will, die Stelle mit einem Amtsrichter zu besetzen. Das ist übrigens nicht bloß in Saarbrücken so, sondern auch in mehreren anderen großen Städten, namentlich in Fabrikgegenden, und wir befinden uns einfach in einer Zwangslage; wir müssen Assessoren dahinbringen, wenn wir die Stellen nicht unbesetzt lassen wollen. Das wolle doch der Herr Vorredner hierbet in Erwägung ztehen.

Wenn der Herr Vorredner mit Nachdruck darauf hingewlesen hat, es sei gut, Kechtg anwälte auch zu Richtern zu ernennen so stimme ich ihm darin vollkommen bei. (Bravo! bei der fortschritt⸗ lichen Volksparte) Ich habe auch redlich versucht, Rechtsanwälte für solche Stellen zu gewinnen. Aber der Herr Vorredner wird mir zugeben, daß ich nicht jeden Anwalt, der sich etwa dazu bereit erklärt, auch für ein Richteramt vorschlagen kann, sondern ich muß dazu Anwälte nehmen, die gezeigt haben, daß sie gerade für das Richter⸗ amt geeignet seien. Es handelt sich hierbei namentlich auch um Verwendung von Rechtsanwälten bei den höheren Gerichten, bei den Oberlandesgerichten. Aumich im Justizministerium selbst ist es erwünscht, aus dem Anwaltstand hervorgegangene Mitglieder zu haben. Aber meine Bemühungen sind alle erfolg— los gewesen. (Hört! hört Die Herren wollten eben ihre gute Stellung nicht aufgeben, und ich kann ihnen doch nicht mehr bieten, als das staatliche Gehalt, und das ist ihnen in den meisten Fällen wobl nicht ausreichend gewesen. An der Justizverwaltung liegt es nicht, wenn den Wünschen des Herrn Vorredners in dieser Hinsicht so selten entsprochen werden kann.

Nun, meine Herren, hat sich der Herr Vorredner bitter beschwert, über ein Vorgehen der Staat sanwaltschaft in Dortmund. Die Sache liegt ja ziemlich weit zurück. Nach meiner Erinnerung ist aber hier die Prüfung im Ministerlum auf folgenden Grundlagen erfolgt. In dem Bescheide, der von hier gegeben ist, ist der Satz an die Spitze gestellt, daß es Aufgabe der Staatsanwaltschaft sei, be⸗ leidigenden Angriffen auf den Anwaltsstand nachdrücklich entgegen⸗ zutreten; an diesem Satz ist festgehalten worden und wird festgehalten werden. In dem hier in Rede stehenden Fall bestand nun aber die Befürchtung bei den Behörden, daß Dinge zur Sprache gebracht werden würden, deren Erörterung in der Oeffentlichkeit nicht im Interesse des Anwaltsstandes liegen möchten, weil die Verfehlungen einzelner An⸗ wälte, die ja immer vorkommen werden, alsbald verallgemeinert und als geeignetes Mittel, den Stand zu verunglimpfen, benutzt werden würden; es ist also gerade das Interesse des Anwaltsstandes mit dem öffentlichen Interesse identifiziert worden. So wie der Fall in Dort⸗ mund lag, schien es im Jateresse der Anwaltschaft nicht erwünscht zu sein und nicht im öffentlichen Inseresse zu liegen, den Prozeß zu führen (Widerspruch links). Daz ist nicht eine Ansicht, die ich mir jetzt im Augenblick gebildet habe, sondern die Sache ist bei der Wichtigkeit, die sie ja haben mußte, auf das eingehendste geprüft worden. Nach meiner Erinnerung weiter kann ich ja nichts sagen, denn der Fall liegt ein Jahr zurück ist mir mitgeteilt woreen, daß das die Gründe gewesen sind.

Dann ist der Herr Vorredner weiter eingegangen auf die Art und Weise, wie hier in Berlin Revisionen stattgefunden hätten in einzelnen Prozeßabteilungen. Ja, meine Herren, wenn die Klagen kommen, daß die Prozesse sich zu sehr häufen, zu lange dauern und von vielen Seiten darauf aufmerksam gemacht wird, daß eingegriffen werden müsse, dann muß man sich informieren, wie die Dinge liegen, ob Aenderungen notwendig sind. Und wenn aus diesem Gesichtspunkt heraus bei den vorgesetzten Instanzen Errterungen stattgefunden haben, so bin ich doch schwerlich in der Lage, zu sagen, daß dat nicht in Ordnung gewesen wäre.

Auch den Fall Knittel hat der Herr Abgeordnete berührt. Ich habe mich gestern darüber ausgesprochen und habe jetzt nur wenig hinzuzufügen. Der Herr Vorredner hat gesagt, der Vorsitzende sei berpflichtet, das Urteil so zu verkünden, wie es das Gericht beschlossen hat. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Das habe ich gestern auch ohne weiteres hetont. Ich habe aber hinzugefügt, daß nach den Er⸗ mittlungen, die bereits angestellt sind, nach den Aeußerungen der Bei— sißer inhaltlich alles, was der Vorsitzende gesagt hat, der Meinung des Gerichts entsprach und der Vorsitzende nur insofern gefehlt hat, als, wie ich auch schon zugab, die Form zu Beanstandungen Anlaß gegeben hat. Aber von einer tendenztösen Entstellung, wie es der Vorredner genannt hat, kann nicht die Rede setn. Dern der Inhalt der Entscheidung hat dem Beschluß des Geri tts entsprochen. Was der Herr Vorredner über die Beurteilung der Assessoren gesagt hat, gibt mir zu welteren Bemerkungen keinen Anlaß, da sich seine Bemerkungen im wesentlichen mit dem decken, was ich selber gesagt habe.

Der Anregung des Herrn Vorredners, daß das Gericht an die Spitze seiner Urteilsverkündung die Entscheidung selbst stellen möge, trete ich bei. Ich sinde es auch befser, wenn das Ergebnis gleich ver⸗ kündet wird, als wenn man den Angeklagten noch lange warten läßt. Aber eine besondere Anordnung hier zu treffen, liegt wohl kein Grund

vor. Meines Wissens ist das schon in sehr vielen Fällen in Uebung.

Der Herr Vorredner hat die Art und Weise, wie bei der Eidesabnahme in einem Einzelfalle verfahren ist, beanstandet.

Wie die Rechtslage ist, habe ich kürzlich in der Kommission schon

erwähnt, daß nämlich, wenn ein Zeuge erklärt, er sei Atheist, er dann

trotzdem vereidet werden muß. So sagt unser Gesetz; es ist keine

Ausnahme möglich. Welche Bedeutung aber seine Aussage hat, fällt

dem Ermessen des Gerichts anheim. Würde zur Begründung, daß

dem Zeugen kein Glauben geschenkt werde, nichts weiter angegeben

werden, als daß er sich als Atheist bezeichnet habe, so würde solche

Begründung dem Gesetz nicht entsprechen. Zu besonderen Anbrd=

nungen dürfte keinerlei Anlaß gegeben sein; wo auf Grund einer un⸗