1914 / 41 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Per sonalgeränderungen.

Marineinfanterie.

Den 7. Februar. Vogel, Vizefeldw. d. Res. im Landw. Bez. Stockach, zum Tt. d. Ref. Fefoͤrdert.

aiserliche Schutztruppen. Verfügung des Staatssekretärs des Reichskolonialamts.

Den 23. Januar. Schutztruppe Kamerun. Balzer, überzähl. Zahlmstr., gilt als mit Ende Dezember 1913 behufs Wiederanstellung im Bereiche d. K. p. Heeres. Verw. (als etatsmäßiger Zahlmstr. b. . Inf. Regts. Nr. 149) aus d. Schutztr. fuͤr Kamerun aus— geschieden.

Schutztruppe Deutsch Südwestafrika. Feick, überzäbl Zahlmstr., gilt als mit Ende Dejember 1913 behufs Wiederanstellung im Be⸗ eiche d. K. P. Heeres Verw. (aks etalsmäßiger Zahlmstr. B. I. Bat. Inf. Regts. Nr. 64) aus d. Schutztr. für Beutsch Südwestafrika Ausz.

geschieden.

Den 24. Januar. Hörmann, überzähl. Zahlmstr., gilt als mit Ende Dejemker 1913 behufs Wiederansteflung im Bereiche d. K. P. Heeres Verw. (als elatsmäßsger Zahlmstr. b. II. Bat. Inf. . Nr. 98) aus d. Schutztr. fur Beutsch Südwestafrika Aus— geschieden.

Den 25. Januar. Schutztruppe Kamerun. Schüffler, Zahlmstr. Asp, Vizefeldw. im 3. Röem. Pion. B. Rr. N., mit dein 5. Fe— . als Unt. Zahlmstr. in d. Schutztr. für Kamerun eln— gestellt.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem QOberkonsistorialrat a. D., ordentlichen Professor der Theologie D. Dr. Kleinert in Berlin den Charakter als Wirklicher Geheimer Oberkonsistorialrat mit dem Range der Räte erster Klasse zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Generaldirektor Willy Stöve in Charlottenburg den Charakter als Kommerzienrat zu verleihen.

Finanzministerium.

Der bisherige Geheime expedierende Sekretär und Kalkulator im Finanzministerium, Rechnungsrat Kracke in Berlin 4st zum Katasterinspektor ernannt worden.

Evangelischer Oberkirchenrat.

Zum 2. Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde in Porto Alegre (Brasilien) ist der Pastor Walter Ossent in Porto Alegre gewählt und bestätigt worden.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 17. Februar 1914.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im hiesigen Königlichen Schloß die Vorträge des Chefs des Militärkahinetts, Generals der Infanterie Frei⸗

herrn von Lyncker, des Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller und des Staatssekretärs des Reichsmarineamtes, Großadmirals von Tirpitz.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 14. Februar S. M. S. „Hertha“ in, Funchal (Madeira), S. M. S. „Victoria Louise“ in Vigo und S. M. S. „Bremen“ in St. Thomas, am 15. Februar S. M. S. „Scharn—⸗ horst“ mit dem Chef des Kreuzergeschwaders in Kurat (Nordborneo) eingetroffen.

Sachsen.

In der Zweiten Kammer kritisierte gestern bei der Beratung des Etatskapitels „Sachsens Vertretung im Bundes⸗ rate“ der ngtionalliberale Abgeordnete Zöphel die Haltung der sächsischen Regierung zur Frage der laufenden Deckung der neuen Heeresporlagen und führte laut Bericht des D T ,, gun

Die sächsische Regierung habe, nachdem sie im Bundegrate über⸗ stimmt worden wäre, einen Appell an die Oeffentlichkeit gerichtet. Dies widerspreche den Traditionen, die unter Bismarck gepflogen worden seien, nämlich, daß der Bundesrat als geschlossene Einheit der Beypölkerung gegenübertreten solle und daß Meinunggverschledenheiten im Bundegrate nicht an die Deffent⸗ lichkeit kommen sollten. Es wagten sich sonst leicht parti kularistische Bestrebungen hervor, die die Grundlage der Reichs⸗ verfassung erschüttern könnten. Der Einfluß, den die preußische Politik in den letzten Jahren auf die Reichspolitik gewonnen habe, sei eine höchst unerfreuliche Erscheinung. Der Staatsminister Graf Vitzthum von Eckstädt erklaͤrte, die sächsische Reglerung habe infolge von Fragen aus der Mitte des Hauses wiederholt Gelegenheit genommen, ihre Stellung zur Reichsbermögenzsteuer und Reichs. erbschaftssteuer im Landtage darzulegen und habe dabet, nur ihr gutes Recht wahrgenommen. Dadurch sei die Oeffentlichkeit in Kenntnis gesetzt worden von dem Kampfe, den die sächsische Regierung gegen die Vorschläge im Bundesrat geführt habe. Er, Redner, müffe aber antschieden in Abrede stellen, daß die sächstsche Regierung irgendwelchen Appell an die Oeffentlichkeit gerichtet habe oder irgendwie gegen den Bundesrat öffentlich aufgetreten sei. Selbstverftändlich habe die sächsische Regierung stets die Grenzen gewahrt zwischen den Be— stimmungen der Reichsverfassung und den Rechten der einzelnen Bundesstaaten, und von diesem Standpunkte aus könne er auch, ohne dabei partikularistischen Tendenzen zu huldigen, dte Wahrung der Interessen eines jeden Volksstammes im Rahmen einer deutsch= nationalen Politik billigen. Er räume dieses Recht, den Bayern sowohl wie den Preußen ein, nehme es aber auch für Sachsen in Anspruch, und zwar in der Ueherjeugung, daß der deutsche Gedanke in allen Kreisen des deutschen Volkes so feste Wurzel gefa t habe, daß er durch die Pflege des Volkscharakters der einzelnen Stämme nicht gefährdet, sondern nur gefestigt werden könne.

Baden. . Zu Beginn der gestrigen Nachmittagssitzung der Zweiten Kammer gedachte der Präsident Rohrhurst mit warmen Worten der tiefen Trauer, in die das badische Fürstenhaus durch das Hinscheiden Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prinzes sin Wilhelm von Baden versetzt worden sei, und

Selt dem Tage, an dem die Heimgegangene vor 51 Jahren ihren Einzug in das bahische Land gehalten babe, babe sie allezeit mit . Interesse sich an den Bestrebungen zur Milderung der Not und Leiden in den Kriegsjahren IJSö6ß und 1870 wie in den Friedenszeiten der letzten dier Jahrzehnte beteiligt und Anstalten zur Wohlfahrtspflege und Unterstützung von bedeutsamen Erziehungsinstituten für das welbliche Bildungswesen ins Leben ge⸗ rufen und gefördert. Die Verdienste, die sich die Verstorbene auf diesem Gebiete erworben habe, sicherten ihr für alle Zukunft das An⸗ denken und die Dankbarkeit der beteiligten Kreise.

Auf Vorschlag erklärten sich die Abgeordneten, die sich zum Zeichen der Trauer von ihren Plätzen ertzoben hatten, damit einverstanden, die Sitzung abzubrechen und heute vormittag die nächste Sitzung abzuhalten.

Großzbritannien und Irland.

Das „Reutersche Bureau“ erfährt, daß der Prinz Wil— helm zu Wied nach London kommen wird, um dem König Georg seine Ehrerbietung zu bezeigen und sich mit Sir Edward Grey zu besprechen.

Im Unterhause fragte gestern der Abg. Newman, ob es noch die Absicht der ben Dreibund bildenden Mächte sei, dem neugebildeten Fürstentum Albanien das griechisch⸗ sprechende Gebiet von Nordepirus zuzuweisen, und ob die britische Regierung gewillt sei, einen Zwang zu billigen, Ibwohl sie sehe, daß die Bewohner diefes Gebietes gegen eine solche Einverleibung seien und entschlossen wären, sich mit Waffengewalt dagegen zu wehren. Der Parlamentsuntersekretär Acland erwiderte laut Bericht des ‚W. T. B.“:

Man steht mit der griechischen Regierung in Verhandlung bezüg⸗ lich der Festsetzung der suͤd albamischen Grenzlinie auf der Grundlage, die einstimmig von allen Großmächten genehmigt wurde, die auf der Botschafterkonferenz des letzten Jahreg vertreten waren. Es handelt sich daher in diesem Punkie um eine Entscheidung der Mächte, nicht um eine solche des Breibundes allein. Ich bin überzeugt, daß aus der Frage keine Zwangsmaßnahmen entstehen werden.

Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde angeregt, die aus Südafrika deportierten Arbeiterführer als lästige Ausländer zu behandeln. Der Staatssekretär des Innern Me. Kenna erwiderte, daß dies nicht in seiner Macht stände, da, alle Deportierten britische Untertanen bezw. naturalisierte britische Untertanen seien.

Frankreich.

Der Kriegsminister Noulens hat in der Kammer einen Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung von Kaders und die Mannschaftsbestände der verschie denen Waffen⸗ gattungen, vorgelegt. Wie „W. T. B.“ meldet, sollen nach dem Gesetzentwurf zwei neüe Regimenter der berittenen Chasseurs d' Afrique errichtet und in allen Kavallerieregimentern des Mutterlandes die Zahl der Mannschaften auf je 740 Reiter und die Zahl der Pferde auf 776 erhöht werden. Diese Maß⸗ nahmen, so führt der Motivenbericht aus, werden gestatten, die Kavallerie in einigen Stunden und ausschließlich auf Grund ihrer eigenen Hilfsmittel zu mobilisieren. Ferner soll die Artillerie der zehn Kavalleriedivisionen auf je drei Batterien erhöht werden, was die Errichtung von 14 berittenen Batterien zur Folge haben werde. Weiter sollen fünf Regimenter schwerer Artillerie errichtet werden. Den Artillerieregimentern soll überdies eine gewisse Anzahl von Automobilen zugeteilt werden, die zur Beschießung der Luftschiffe und Flugzeuge ausgerüstet werden sollen. Was die Infanterie anlangt, so sollen u. a. zwei neue Zuavenregimenter errichtet werden

Der Unterstaatssekretär für die Verwaltung der Handels⸗ marine teilte obiger Quelle zufolge einem Berichterstatter mit, daß die Regierung einen aus Needern, Exporteuren, Finanz⸗ leuten und anderen Interessenten bestehenden Ausschuß ein⸗ berufen habe, der die infolge der Eröffnung des Panama⸗ kan als erforderlichen Maßnahmen zur Entwickelung der Schiffahrtsverbindungen mit der Westküste von Süd⸗ amerika prüfen soll.

Der Erzbischof von Reims hat im Hinblick auf die nächsten Kammerwahlen einen Hirtenbrief erlassen, in dem er die Katholiken auffordert, alle Bewerber abzulehnen, die durch unmoralische und umstürzlerische Lehren die Lebens⸗ interessen der Armee, der Finanzen und des Handels sowie das Ansehen und den Einfluß Frankreichs im Auslande gefährdeten, die der Religion feindlich gesinnt seien und die Freiheit der Kirche immer mehr einschränken wollten. Die Katholiken dürften nur solche Männer wählen, die den wesentlichen In⸗ teressen des Landes ergeben seien, der Kirche ihre Freiheit sicherten und diese durch die Wiederherstellung der Beziehungen zum Papste dauernd verbürgen wollten.

Ruszland.

Der Verkehrsminister hat dem Ministerrat einen Entwurf

zur Organisation der Naphthagewinnung auf der Apscheronhalbinsel zwecks Versorgung der Staatsbahnen vor- gelegt. Wie „W. T. B.“ meldet, werden die Organisation der Ausbeutung und die Ausgaben in den ersten sieben Jahren auf 13200 900 Rubel berechnet. Die Naphthagewinnung dürfte 1916 beginnen und allmählich die Höhe von 34 Millionen Pud erreichen. Die Selbstkosten des Naphthas werden auf 183 Kopeken für das Pud geschätzt. Die Gehilfen des Finanzministers, die Geheimräte We ber und Pokrowsky und der Senator Novitz ky sind nach einer Meldung des „W. T. B.“ unter Enthebung von ihren Posten zu Mitgliedern des Reichsrats ernannt worden.

Belgien. Der König der Belgier ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute vormittag bei einem Spazierritt im Walde von Soignes bei Brüssel vom Pferde gestürzt und hat den linken Arm gebrochen. Türkei.

Die Pforte dementiert, wie ‚W. T. B.“ meldet, amtlich alle in der letzten Zeit veröffentlichten Meldungen, wonach die türkische Regierung über einen Vorschuß auf n n. verhandle. Es sei weder über einen derartigen Vorschuß noch über den Verkauf von Schatzscheinen verhandelt worden.

Bulgarien. Der Ministerpräsident Radoslawow ist von seiner Inspettionsreise im Strumitzagebiet zurückgekehrt. Wie „W. T. B.“ meldet, stellte er fest, daß die meisten Flüchtlinge,

Im ganzen

und die Feldarbeiten wieder aufgenommen haben. und Ordnung. Die

Strumitzagebiete herrschte größte Ruhe

Regierung hat beschlossen, an die Flüchtlinge landwirtschaftliche Maschinen und Sämereien verteilen zu lassen.

Amerika.

Nach einer Meldung des, W. T. B.“ erklärte der Präsident Wil son, die Anerkennung der gegenwärtigen Regierung von Peru durch die Vereinigten Staaten sei erfolgt in Ueber⸗ einstimmung mit seiner vor ungefähr einem Jahre dargelegten Politik gegenüber Lateinisch Amerika. Die Umstände in Peru seien völlig verschieden von denen in Mexiko, wo die Vereinigten Staaten mit der Anerkennung der Regierung Huertas zurück⸗ hielten. Die Vorgänge bei der Einrichtung der neuen Re⸗ gierung seien nach den amtlichen Berichten in jeder Weise ver⸗ fassungsmäßig, und der Sturz Billinghursts hätte die Billigung des Kongresses von Peru, der im Grunde der oberste Gerichtshof des Landes sei.

Eine Depesche aus Cap Haitien meldet, daß die Truppen des Präsidenten Zamor vorgestern die dem Senator Theodor anhängenden Truppen der Rebellen in zwei Gefechten bei Plaisance und Port⸗de⸗Paix, im Norden Haitis, in die Flucht geschlagen haben.

Die Stadt Esmeraldas in Ecuador befindet sich, wie „W. T. B.“ meldet, nach einem in Panama eingetroffenen Telegramm noch in den Händen der Insurgenten. Sie ist bei den Kämpfen mit den Regierungstruppen zum größten Teil niedergebrannt. Die Ausländer retteten sich während der Be⸗ schießung in die neutrale Zone und befinden sich alle in Sicher— heit, nur fehlt es an Lebensmitteln.

Das neue argentinische Kabinett hat sich ent⸗ gegen der gestrigen Mitteilung des Blattes „La Nacion“, laut Meldung des, W. T. B.“, wie folgt, gebildet: Inneres: Ortiz, Auswärtiges: Mirature, Finanzen: Carbo, Justiz und Unterricht: Tomasullen, Ackerbau: Calderon, Oeffentliche Arbeiten: Moyano, Krieg: Velez, Marine: Saenz Valiente. ;

Asien.

Im japanischen Oberhaus gab gestern der Marine⸗ minister Saito, wie das „Reutersche Bureau“ meldet, bekannt, daß der Admiral Fuju und der Kapitän Sawasika wegen Beteili— gung an der Bestechungsangelegenheit vor ein Kriegs⸗ gericht gestellt werden würden. Auf eine Anfrage, warum der Premierminister und der Marineminister nicht ihre Entlassung ein⸗ reichten, erklärte der Premierminister Graf Yamamoto, daß man das Ergebnis der kriegsgerichtlichen Verhandlung ab warten wolle; zurzeit stehe noch nicht fest, oh die Korruption allgemein sei, oder ob es sich um einen Einzelfall handle.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Auf der Tagesordnung der heutigen (216.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichs justizamts Dr. Lisco beiwohnte, stand zunächst die A nfrage des Abg. Deichmann (Soz.: .

Auf die Anfrage Nr. 42 vom 14. Januar 1913 (Reichstagsdruck⸗ sache Nr. 65) wurde am 18. Januar 1913 vom Stellvertreter des Reichskanzlers die schriftliche Antwort erteilt, daß ein Entwurf der zu erlassenden weiteren Bestimmungen über die Eri chtung und die Zusammensetzung der Fachausschüsse sowie über das Ver— fahren nach 524 des Hausagrbeitsgesetzes vom 20. Dezember 1911 im Reichsamt des Innern ausgearbeitet worden seß und daß die Beratungen mit anderen Ressorts im wesentlichen abgeschlossen seien, sodaß die Vorlage voraussichtlich bald an den Bundesrat werde gelangen können. Der Bundesrat habe zu der Frage der Errichtung von Fachausschüssen nach X 18 des Daus arbeitsgesetzes noch nicht Stellung genommen? Inzwischen sind die Bestimmungen über Hausarbeit in der Tabak⸗ industrie vom 17. November 19513 erlassen worden. Die Tabak⸗ arbeiter verschiedener Gebiete der Tabakindustrie haben nun durchdrungen von der Notwendigkeit von Fachausschüssen, die auch für die Burchführung und Wirksamkest vorgenannter Verordnung unerläßlich sind an den Bundesrat Eingaben gerichtet, mit der Bitte, für Bezirke mit starker Tabalindustrie Fachausschüffe baldigst zu errichten.

Hat der Bundegrat zu diesen Eingaben bereits Stellung ge— nommen und kann der Reichskanzler Auskunft darüber geben, ob der Bundesrat beschlossen hat, Fachausschüsse nach 5 18 des Haug⸗ arheitsnesetzes für die Tabakindustrie zu errichten?

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Caspar: Die Ein⸗ gaben an den Bundesrat, in denen die Errichtung von Fachausschüssen nach 5 18 des Hausarbettsgesetzes für die Hausarbeit in der Tabakindustrle angeregt worden ist, sind, wie alle derartigen Gesuche, den für den Sitz der fraglichen Industrie zu— ständigen Landesregierungen zur Prüfung der Verhältnisse und gutachtlichen Aeußerung vorgelegt worden. Vie Vorarbeiten hier⸗ für bieten besondere Schwierigkeiten und haben deshalb noch nicht beendet werden können, sodaß der Bundesrat noch nicht in die Lage gekommen ist, zu den Anträgen Stellung zu nehmen. In Preußen sind nach den eingezogenen Erkundigungen die Vorarbeifen dem Äb= schluß nahe, indessen läßt sich noch nicht übersehen, ob für die Haus— arbeit in der Tabakindustrie die Errichtung von Fachausschüssen be— fürwortet werden wird.

Das Haus wandte sich darauf zur Fortsetzung der zweiten Lesung des Reichshaushaltsetats für 1914 und erledigte zunächst die noch ausstehenden Abstimmungen zum Spezialetat für das Reichsamt des Innern.

Die Forderung einer ersten Rate von 46 000 b für die 6. Olympiade in Berlin 1916 wurde entgegen dem Antrage der Budgetkommission auf Streichung gemäß dem Antrage der Deutschkonservativen, der Nationalliberalen und der fortschritt⸗ lichen Volkspartei angenommen, indem mit diesen Parteien auch etwa die Hälfte des Zentrums stimmie.

Schluß des Blattes.)

= Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (29. Sitzung, welcher der Minister des Innern Dr. von Dallwitz beiwohnte, die zweite Beratung des Etats des Ministeriums des Innern, und zwar zunächst die Erörte⸗ rung der aus der allgemeinen Besprechung bei dem Titel „Gehalt des Ministers“ ausgeschiedenen Verhältnisse der Sparkassen und des bereits mitgeteilten Antrags der Abgg. Dr. Hahn (kons.), Meyer⸗Diepholz (nl. , Reinhard Zentr.), von der Wen fe sfreikons. und Genossen, betreffend die Anlegung von Sparkassenbeständen in Inhaber⸗

sagte, wie „W. T. B.“ meldet:

die ihre Heimatsdörfer verlassen hatten, dahin zurückgekehrt sind

papieren, fort.

h 5 3 R 4 7 mnmindestens betragen musse.

Grenze von 2 0 der Einlagen abgeschrteben werden kann.

Abg. Leinert (Soz.): Bet der Beratung des Sparkassengesetzes mar Gelegenheit gegeben, das durchzusetzen, was heute verlangt wird. Der jetzt; vorliegende Antrag ist von mehreren Abgeordneien mit⸗ nierschrieben, die sich damals gegen den nach derselben Richtung elenden Antrag Dr. Faßbender-Leinert ausgesprochen haben. JIttzt st es sehr billig, zu sagen: man will den Sparka sen helfen, wenn man ganz genau weiß, daß die Regierung sich ä diese Maßnahmen nicht einlassen wird. Die Inltiative ar dicser AÄttion ist gar nicht bon den

Die

69 aufgebaut umen.

Ikèp.): In den gestrigen Reden nämlich:

fassen 2 . der Spaꝛkassen muß auch dem An⸗ ne Hahn abhängen. é ö n da sicht ub en,

Vb ei

da essant, zu erfahren, von wie vie Oherprasidenten und in wie piel Fällen Ausnahmen gestattet worden sind. Ich glaube, das Re⸗ fultat wird sehr dürftig seln. Gegen die Zuführung der Zinsen des Reservefonds zu den Ueberschüssen ist nichts einzuwenden, da ja doch der Reserpefonds als solcher an den Ueberschüssen mitarbeltet. Der Minister führte gestern aus, daß die Sparkassen kaufmännisch ver⸗ waltet werden müssen. Wir sehen aber bel allen Unternehmungen, daß Überall die Zinsen des Reservefonds in die allgemeinen Ueber⸗ schisse fließen. Her Minister hat ja vor zwei Jahren bel Beratung über das Sparkaässengesetz auf eine Anfrage selbst erklärt, daß es nicht bedenklich sei, die Kursverluste auf den Reservefonds zu übernehmen. Der Minister machte damals gar keinen Vorbehalt, indem er eine Grenze festsetzte, daß z. B. der Reservefonds 5 o/ der Einlagen Nach meiner Ansicht wird die Sicherheit wenn der Reservefonds bis auf die Auf jeden Fall werden wir alle diese Fragen in der Kommission genau prüfen en. Die Sparkassen müssen unter allen Umständen den Zwecken echalten bleiben, für die sie gedacht sind. Wir handeln damit im ilgemeinen Interesse und im Interesse der Aermsten der Armen. Hierauf nimmt der Minister des Innern Dr. von Dallwitz das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaute wiedergegeben werden wird. (Schluß des Blattes.)

zer Sparkassen nicht gefährdet,

1 sJ III

Koloniales.

der Mittellandbahn in Deutse Am Tanganjikasee!

legraph hat die mit Spannung erwartete Kunde gebracht, e eisspitze der ostafrikanischen Tanganjikabahn am 1. Februar m Endpunkt in Kigoma am Gestade des Tange njikasees an

Damlt hat nunmehr der Bahnbau in Deutsch Ostafrtka

klich und über Erwarten vorzeitig ein großes Ziel erreicht, an das vor zehn Jahren die hoffnungsfrohesten Kolonialfreunde

zu denken wagten ein erfreulicher Beweis von der tiefung des kolonlalen Gedankens in Deutschland und kraftvollen Fortschritt in Betätigung. Hier

und heiß umstrittener Plan verwirklicht, dessen Vor⸗—

chichte bis in das Jahr 1891 zurückreicht. Unser Schutzgeblet itsch Ostaftika gelangt damit in den Besitz einer durchgehenden lleberlandbahn von 1252 km Länge, die u. a. die Ugandabahn 10 kim) in Britisch Ostafrika, die britische Sudanhahn Wadꝛ⸗ Khartum (917 km) in Oberägypten und die Stammstrecke

Kano der nigerischen Bahn (1146 km) an Ausdehnung über⸗

t. Die Strecke Dgressalam Kigoma entspricht etwa der itfernung Berlin Mailand und wird demnächst vom durch⸗ ehenden Zug in zwei Tagen zurückgelegt werden, während früher die iwanenreise von der Küste bis zum Tanganjikasee sechs Wochen, Tage erforderte. .

u und Betrieb der Bahn Dares salam Morogoro irde seinerzeit durch Gesetz vom 31. Juli 1904 der Ostafrikanischen ßisenbahngesellschaft konzessioniert. Es bedurfte aber der Gewährung

zreiprozentigen Zinsbürgschaft des Reiches, um die Finanzierung l nternehmens zu ermöglichen. Die Eisenbahngesellschaft erbaute

e Bahn in Meterspur mit 209 kin Länge in den Jahren 1905 bis Die Bahn wurde von dem damaligen Kolonial staatssekretär Dernburg am 9g. Oktober 1907 in Morogoro feierlich eingeweiht. der Weiterbau der Bahn nach Tabora und die Verstaatlichung der mmstrecke durch Uebernahme der Anteilscheine auf den ost⸗ frikanischen Schutzgebietsfiskuäß war die wichtigste Forderung der R Kolonialeisenbahnvorlage vom Jahre 1908, die damals durch ibschiedung des Gesetzes vom 18. Mai 1908 von allen bürger⸗ w Parteien mit Einmütigkeit angenommen wurde. Die Mittel für den Bahnbau wurden zum ersten Male durch eine Schutz⸗ gebietsanleihe unter Bürgschaft des Mutterlandes bereitgestellt. Die Baugesellschaft Philipp Holzman n u. Go. in Frank⸗ furt a. M., die schon die Stammbahn bis Morogoro erbaut hatte, hm die Ausführung in Gesamtunternehmung und führte die en mit solcher Schnelligkeit durch, daß die erste Lokomotive am 26. Februar 1912 in Tabora eintraf und am 1. Jult ben Jahres die gesamte Strecke dem Betriebe übergeben werden oInnte. . Mittlerweile waren die allgemeinen Vorarbeiten für den Bahn bau nach dem See ausgeführt worden, und im Herbst 1911. konnte durch eine neue Bahnvorlage der Weiterbau der Bahn nach Kigzoma beantragt werden. Die Mittel hierfür wurden durch Gesetz vom 2. Dezember 1911 bewilligt und die Herstellung bis zum See an die Baugesellschaft Holzmann u. Co. vergeben. Auf diese Weise wurde er⸗ reicht, daß jede Unterbrechung im Bahnbau vermieden blieb; der Bau⸗ prtschritt konnte daher so gesteigert werden, daß die Gleisspitze ihr Endziel am See am 1. Februar 1914 erreichte, während der Bau⸗ vertrag die Vollendung der um 404 km kürzeren Strecke Morogoro=—-Tabora erst zum 1. Juli 1914 gefordert hatte; die Strecke bis Kigoma sollte spätestens am 1. April 1915 betriebs- sertig sein. . . . Die rasche und glückliche Vollendung der Bahn bis Kigoma in dem küstenfernen Gebiet des innersten Afrikas bedeutet für die Bau⸗ unternehmung eine sehr anerkennentwerte Leistung, dle der Tatkraft und Umsicht der Bauleitung und dem verständnis vollen Zusammen⸗ arbeiten aller Beteiligten ein glänzendes Zeugnis ausstellt. Dabei verdient hervorgehoben zu werden, daß es auch für, die Strecke Tabora— Kigoma gelungen ist, nicht nur eine wesentlich günstigere und etwas kürzere Linie ausfindig zu machen, als anfangs vorgesehen war, sondern auch bei der Bauausführung eine erhebliche Ersparnis an den veranschlagten und bewilligten Mitteln zu erztelen.

Die Eröffnung des Betrlebes auf der ganzen Bahn ist nunmehr in wenigen Monaten zu erwarten. Hoffentlich wird dann auch bald der erste deutsche Dampfer den Verkehr über den See nach der belgischen Kongokolonle vermitteln.

seiner

Bekanntlich wird von belgischer Seite der Bahnbau im Tale des Lukugaflusses von Kabalo nach dem Lukugaaustritt oder Albertville mit großem Eifer betrieben, und es ist damit zu rechnen, daß diese sogenannte Lukugabahn etwa um die Mitte deg Jahres 1914 ihr Ziel erreichen wird. Durch diese Bahn erhält dann die deutsche Tanganjikabahn über den See hinweg eine wichtige Fort⸗ setzung in das Stromgebtet des oberen Kongo, und es wird dadurch vermistels der Wasserstraße Kabalo— Bu kama eine neue zst iche Zufuhrstraße in das erzreiche Katangagebiet hergestellt. DViese östliche Zufuhrstraße hat vor der nördlichen, die der Kongo mit seinen drei großen Wasseistraßenabschnitten und den zugehörtgen drei Um— gehungsbahnen bildet, en Vorzug der wesentlich geringeren Ausdehnung, der Vermeidung des vielfachen Umladens und der häufig unzuverlässigen Wasserstraßen. Auch ist sie kürzer als die südliche Zufuhrstraße üher die rbodesische Bahn von Beira über Salisbury, Buluwayo und Brokenhill. Nur die westliche, von der Lobitobucht ausgehende Zufuhrstraße, die durch die Benguellabahn und ihre Fort⸗ setzung Dilolo— Ru we gebildet wird, kann gegen sie künftig erfolg⸗ reich in Wettbewerb treten wenn sie vollendet sein wird! Sie sst beute von diesem Ziel noch weit entfernt: drei bis vier Jahre dürften darüber hingehen, denn die Benguellabahn ist erst bet Kilometer 520 an gekommen und hat bis an ihren Endpunkt Di l olo noch eta 780 n zu rück⸗ zulegen. Die geographische Ueberlegenheit unserer deutschen öst lichen Zufuhrstraße dürfte also dahin wirken, daß ihr mindestens vorläufig ein Teil des Katanga⸗Ein⸗ und -Ausfuhrverkehrs besonders der Personenverkehr und alle Güter, deren pünktliche Lieferung von Be— deutung ist zufällt, so lange, bis dle Vollendung der Benguella⸗ bahn eine Umgestaltung in den Wettbewerbsverhältnissen für den Katangaverkehr herbeiführt. .

Möge die Tanganjikabahn unserem ostafrikanischen Schutzgeblet den von der Erschließung des großen Seegebiets erwarteten wirt— schaftlichen Aufschwung bringen und auch sonst alle Hoffnungen er—

füllen, die man auf sie gesetzt hat! (Deutsches Kolonialblatt.)

ik und Volkswirtschaft. j

Die deutsche überseeische Aus wanderung im Januar 1914 und in dem gleichen Zeitraume des Vorjahrs. Es wurden befördert deutsche Auswanderer im Monat Januar über 1914 1913 w 41 287 , 301 deutsche Häfen zusammen.. 71] 588 fremde Häfen (soweit ermittelt) h 383 überhaupt. 373 NI. Aus deutschen Häfen wurden im Monat Januar 1914 neben den 719 deutschen Auswanderern noch 14 3659 Angehörige fremder Staaten befördert; davon gingen über Bremen 7861, über Ham— burg 6498.

Zur Arbeiterbewegung.

In einer am Sonntag in Cöln abgehaltenen Versammlung der Herrenmaßschneider wurde der „Köln. Ztg.“ zufolge einstimmig beschlossen, sich nicht an der Abstimmung über die Schie ds sprüche der Unpartetischen zu beteiligen. In einer Entschließung, die sich gegen den Schiedsspruch der Unparteiischen richtet, wurde ausgesprochen, daß für Cöln neue Tarife nicht abgeschlossen werden sollen, wenn darln nicht die berechtigten Mindestforderungen der Arbeiter anerkannt werden.

Zweihundert Schlächter haben, ö T. tele⸗ graphiert wird, in den Schlachthäußs e Mel! tm e die Arbeit niedergelegt. Man macht sich auf einen ernstlichen Fleisch⸗ mangel in Melbourne gefaßt. Auch in Sydney sind die Schlächter

in den Ausstand getreten, und dort sind in der Stadt und in den Vorstädten die Schlächterläden obne Fleischwaren. Eine Hung ers⸗ not hat begonnen. Die Wirtshäuser sind nicht imstande, frisches Fleisch zu beschaffen.

M

weiten Beilage.

)

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. 3

Kunft und Wissenschaft. im Verlage von Quelle und Meyer in Leipzig er⸗ „Die germanischen Reiche der Völkerwanderung“ macht der Professor Dr. Ludwig Schmidt interessante Ausführungen über die Stellung der Germanen im römischen Reich. Ihnen sind die nachstehenden Ausführungen entnommen: . Die überschäumende Kampfeslust der Germanen fand sehr häufig in der Betätigung für die Sache des eigenen Volks nicht volle Be⸗ friedigung, Jondern drängte einzelne wie ganze Stämme dahin, in auswärtige Dienste einzutreten und um klingenden Lohn für fremde Interessen ihre Haut zu Markte zu tragen. In späterer Zeit kam natur⸗ gemäß nur der römische Heer dien st in Betracht. T ie Verhältnisse der Epoche vor Konstantin d. Gr. sind von denen der späteren Jahr— hunderte wesentlich verschieden. Zuerst begegnen uns bier Germanen unter Cäsar (seit 5ꝰ v. Chr.). Die damals verwendeten Hilfs— truppen setzten sich öeils aus Freiwilligen, die um Sold und Kriegs⸗ beute dienten, teils aus den von abhaͤngigen Völkerschaften vertrags mäßig gestellten Kontingenten zusammen, bildeten eigene Abteilungen von beliebiger Stärke, die zum Teil unter der Führung von Stammes⸗ häuptlingen standen, und waren nur für bestimmte Zeiträume und Gelegen heiten eingestellt. Unter Augqustus verschwinden diese ? zildungen und machen festgefügten Truppenkörpern von bestimmter Anzahl (Auxiliar- Kohorten und Alen) Platz, die aus den reichsangehörigen Stammen ausgehoben wurden, deren Namen trugen, gewöhnlich von eingeborenen Offizieren befehligt waren und vorwiegend in ihrer Heimat Verwen⸗ dung fanden. Infolge des Bataveraufstandes (10. n. Chr.) wurden die germanischen Auxilien im Ausland verteilt, nicht mehr aus ihren ursprů

k In seiner i Schrift

66 schienenen

inglichen Aushebungsbezirken, sondern aus den Provinzen, wo sie gerade standen, ergänzt, also ihres germanischen C harakters allmählich entkleidet. Erst im zweiten Jahrhundert, unter Hadrian, wurden wieder Truppenkörper von nationaler Zusammensetzung eingerichtet, die numeri und eunei, leichtbewaffnete Infanterie⸗ und Reiterkorps, die aber grundsätzlich nur außerhalb der Provinz Verwendung fanden, is der sie sich rekrutierten. ! .

ö ein 6. Rolle spielte das germanische Element in den Kaiserlichen Leibwach en. Aus Germanen, und zwar aus reichs angehörigen Stämmen, inghesondere aug Batahern, setzten sich die corpore custodes der julisch-claudischen Dynastie zusammen. Diese wazen eine zum persönlichen Schutz des Herrscherg und der Mitglieder des Kaiserhauses bestimmte Reitertruppe. Von Augustus ein⸗ gerichtet, dann vorübergehend suspendiert, wurden sie unter Gal ba endgültig aufgelöst. Im dritten Jahrhundert, und zwar seit dem germanenfreundlichen Kaiser Caracalla, begegnen uns dann wieder ebenfalls zum großen Teil aus Deutschen bestehende Leibwachen, die protectoreès. Verschleden von den Leibwächtern ist das in der Zeit von Hadrian bis Seyerus Alexander nachwelsbare hauptstädtische Gardekavallerieregiment der equites singu— lares, in dem Germanen, freie und tömische, und zwar wiederum Bataver, einen erheblichen Prozentsatz ausmachten. Seit Vegpasian treten (reichzangehörige Germanen in größerer Anzahl auch in den Legionen auf. Dazu kamen die früher nur in unbedeutendem Maße, selst Mark Aurel immer häufiger und ausgiebiger herangezogenen, auf Grund besonderer Abmachungen gestellten Hilfstruppen der frelen Germanen.

5 Eine wichtige Veränderung trat ein infolge der von Diokletian angebahnten, von Konstantin d. Gr. durchgeführten Deeresreform, die in elner Vermehrung der Truppenzahl und in der Scheidung der

ganzen Streitmacht in ein Kaiserliches Feldheer und in Grenztruppen

gipfelte. Hatte sich bisher das reguläre römische Heer im wesentlichen aus Reichsangehörigen, Bürgern und Peregrinen, ergänzt, so gewinnt jetzt der Eintritt von Ausländern, dem stejgenden Bedarf an Mann⸗ schaften und der wachsenden Verschlechterung des verfügbaren inländischen Menschenmaterials gemäß, immer mehr an Bedeutung. Die Legionen treten an Anseben zurück hinter den zahlreichen, aus Barbaren formierten Auxilien. Auch die bevorzugtesten Truppenkörper der scholae pala- tinae, die von Konstantin d. Gr. eingerichtet und an Stelle der protectores zur persönlichen Bedeckung des Kaisers bestimmt waren, haben anfänglich vorwiegend aus Germanen bestanden. Infolge dieser höheren Bewertung des Barbarentumtz erlangten nun zahlreiche freie Germanen Zutritt zu den höheren Militärämtern sowie zu den Zipilämtern, die ihnen bisher verschlossen waren. Nach Konstantin d. Gr. war es namentlich Theo—⸗ dosius J.. der die Germanen zu fördern suchte, ja geradezu verhätschelte. Germanischer Brauch machte sich allenthalben im Heerwe sen geltend. Einen erheblichen Einfluß hat besonderg das deutsche Gefolgswesen ausgeübt. Germanen sind es demgemäß, die seit dem Ende des vierten Jahrhunderts im Westen und zeitweilig auch im Osten die tatsächliche Herrschaft ausüben. Es sei u. 4. an Männer wie Maxentius, Silpvanus, Merobaudes, Arbogast, Gaings, Stilicho, Ritimer, Aspar erinnert. Es entsprach nur den geschichtlich ent⸗ wickelten Tatsachen, daß Oboaker im Jahre 476 als Führer der in Italien stehenden germanischen Soldtruppen den Scheinkaiser Romulus absetzte und sich zum König der Barbaren und Beherrscher des noch übrig gebliebenen Restes des weströmischen Reichs machte.

War das römische Heer zuletzt zum großen Tell germanistert, so hat auch die ansässige Bevölkerung des Reichs nach und nach einen erheblichen Einschlag germanischer Elemente erhalten. Die massen⸗ haften Kriegsgefangenen, die die Ro6ner in den jahrhundertelangen Kämpfen mit den Germanen erbeuteten, fanden, wenn sie nicht sogleich in das Heer eingestellt wurden, als Sklaven, Kolonen, Laeten, Gentilen Verwendung. Germanische Kolonen begegnen unz namer ' lich seit der Regierung Mark Aurels. Der Markomannenerieg und die ihn begleitende Pest hatten gewaltige Lücken in die acker⸗ bautreibende Bevölkerung der betreffenden Grenzprovinzen gerissen. Der Katser verteilte die in Kriegsgefangenschaft geratenen Barbaren unter die Grundbesitzer und auf den Domänen als Kleinpächter, die an die Scholle gefesselt waren, aber ihre persönliche Freihest behielten, um auch im Heerdienst verwendet werden zu können. Ansiedlungen germanischer Kolonen begegnen uns in fast allen Teilen des Reichs, besonders in Gallten, Britannien, den Donauprovinzen und Kleinasien. Den von ihnen gestellten Soldaten war es nicht zum geringsten Teile zu danken, wenn das römische Reich nicht schon früher, als es tatsächlich geschah, dem Ansturm der Barbaren erlag. Höher als die Kolonen standen die Laeten, die ung seit dem Ende des dritten Jahrhunderts in Gallien begegnen und wahrscheinlich hauptsächlich aus kriegsgefangenen Franken hervor—= gegangen sind. Sie waren in geschlossenen Gruppen auf Staats-⸗ ländereten angesiedelt, standen unter dem Befehle eines Präfekten und waren zu erblichem Kriegsdienste verpflichtet, hatten aber korporative Verfassung und lebten unter sich nach heimlschem Recht. Eine weniger selbständige Stellung nahmen die seit dem vierten Jahr— hundert in Gallien und Italien auftretenden Gentilen ein, aus unterworfenen Völkern der Donauländer gebildete Truppenkörper, die, wie es scheint, nicht fest angesiedelt waren, sondern als örtliche Be⸗ satzungen dienten. . .

Anders gestaltete sich das Verhältnis der Völker, die nicht als Unterworfene, sondern als Bundesgenossen auf Grund von Ver— trägen aufgenommen wurden. Dlese erhtelten ein geschlossenes Ge— biet zur Niederlassung sowie das Bürgerrecht und bildeten eine Gemeinde für sich. Derartige zusammenhängende Barbarenansied⸗ lungen erfolgten aber zunächst nur bei kleineren Völkern oder Volks— teilen, von denen keine Gefahr zu hbesorgen war. Größeren Völker⸗ schaften wurden außerhalb der Reichsgrenze gelegene, ihr vor— gelagerte Gebiete zur Niederlassung angewiesen. Seit dem Ende des vierten Jahrhunderts nahm die römische Regierung aber auch solche als foederati et hospitéês in das eigentliche Reichsgebiet auf. Die Ansiedlung erfolgte zumeist nach dem Vorbilde des römischen Einquartierungssystems, indem die Grundeigentümer einen Teil ihres liegenden Besitzes den Ankömmlingen einzuräumen hatten; doch wurden denselben auch wüstllegende Distzikte überwiesen mit der Befugnis, sich darauf nach Belieben einzurichten. Die Föderaten waren Reichs- angehörige, blieben aber in ihrem nationalen Verbande und lebten unter ihren angestammten Fürsten weiter; das Nationalrecht schloß sie vom Reichsbürgerrecht aus, sodaß sie keine Ehe mit römischen Bürgern eingehen durften; sie waren dazu verpflichtet, mit ihrem eigenen zu⸗ gleich das römische Gebiet zu verteidigen sowie an den Kriegen der Römer sich durch Zuzug zu beteiligen; aber ihre Kontingente wurden nicht zum Reichs heere gerechnet und bildeten selbständige Truppen körper nationaler Formation, deren Befehlshaber die vom Volke selbst bezw. vom König nominierten Führer waren. Diese Völker vermochten so eher das Bewußtsein ihrer Nationalität den Römern gegenüber zu bewahren; das Föderatwesen, wie es in dieser Art zuerst bei den Westgoten Anwendung fand (376), ist daher der Ausgangspunkt jener Entwicklung geworden, die mit dem Zerfall des Westreiches und der

Gründung der römisch⸗germanischen Königreiche endete.

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Bauwesen.

Ein Wettbewerb für Entwürfe zu einem Brunnen denkmal in Pirmasens, das auf dem Schloßplatz (Marktplatz) dort errichtet werden soll, war unter dem 15. Juli v. J. unter den in Bayern lebenden Künstlern eröffnet worden. Das Preisgericht, dem u. a. die Architekten städt. Baurat, Professor Dr. Hans Grässel. Hofoherbaurat Eugen Drollinger, beide in München, und Stadtbaurat Adalbert Meyer in Pirmasens angehörten, hat über die bis zum 15. Fanuar d. J. eingereichten 6. Wettbewerbzarbeiten einstimmig folgendes Gutachten abgegeben: Zur Ausführung wird der Entwurf von Bildhauer Georg Müller in München vorgeschlagen, dech ist die Brunnensäule noch umzuarbeiten. Geldpreise werden zuerkannt den Entwürfen von Bildhauer Karl Kiefer und Architekt Erb, beide in München 450 46), Bildhauer Georg Müller in München (350 ½), Bildhauer, Professor an der Kunstgemerbeschule Rürnberg Max Heilmater und Bildhazer Michael Preisinger in München (je 300 „), endlich Bild⸗ hauer Richard Faltinger in München (200 S). Die Modelle des Wettbewerbs sind bis einschließlich 14. d. M. im Studtengebäude des bayerischen Nationalmuseums ausgestellt.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ masßregeln. Türkei.

Der internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat für die Herkünfte von Debay (am persischen Golf) eine ärztliche Untersuchung bei der Ankunft im ersten türkischen Hafen, wo sich ein Sanitättzarzt befindet, verfügt.

Nr. 13. des Zentralblatts der Bauverwaltung, her⸗ ausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 14. Februar 1914, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. Nicht⸗ amtliches: Das neue Einpfangsgebäude auf dem Hauptbahnhof in Darmstadt. (Schluß). Gegenkrümmungen in Eisenbahngleisen. Zum Umbau des Potsdamer Rathauses. Die Bahn Frasne— Vallorbe und der Mont-d'Or⸗Tunnel. Ein neues Verfahren zur Berechnung von Druckstäben auf Knicken. (Schluß.) = Vermischtes: Wetthewerb für Entwürfe zu einem Brunnendenkmal in Pirmasens.

Abwerfer für Vorlegebremsen.