1914 / 45 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

irn en si, graf des bon mit Be haupleken . Dieser Fall soll auch kein Ginzelfall sein, und auch das ist der arinederwal⸗ tung nach meiner Information bekannt. Es steht etwas Derartiges auch in der Strafordnung; danach ist der Betreffende zwei Stunden , aufrechter Stellun anzubinden, sodaß er sich weder sezen noch hinlegen kann; es soll allerdings nicht in gesundheitgefährdender Weise geschehen. In welcher Weise die Strafe in einzelnen Fällen vollstreckt wird, darüber sell das Protokoll Auskunft geben. Ich habe den Ver— dacht, 3 in anderen Fällen so verfahren worden ist, wie in dem vorliegenden. Das Anbinden an einen Marterpfahl ist eine 9. die ins 12. nicht ins 20. . ehört. Daß manche Bestrafte diese Strafe dem strengen Arrest ehe, zeigt nur, wie 2 es mit dem strengen 3 steht. Wir müsfen unter allen Üimmstanden fordern, daß in Zukunft keine Möglichkeit besteht., daß die Mann- schaften einer . Tortur unterworfen werden, daß mindestens diese Art der Strafe aufgehoben wird. Die , kann auch ohne eine solche Barbarei aufrecht erhalten werden. Ber Abg. Nehbekl sagte, daß die Entspannung der Politischen Verhältnisfe zurü . 6 auf die nrachsende Stärk unserer Flotte. Das ist unrichtig. Die Spannung ist durch ner übermäßige Flotten rüstung herbeigeführt worden, durch Die chaudinistischen Treibereien des Flottenbereins und der Alldeutschen. Wir . haben in dieser Frage ein xeineres Gewiffen als die übrigen Parteien. Wir haben von eher auf ein friedliches Ver⸗ hältnis zu England gedrungen. Der Abg. Bassermann wollte eine all⸗ gemeine Entspannung nicht anerkennen, er verwies auf die nationale Strömung in Frankreich. Er hat das nicht beweisen können. Wir können das Gegenteil beweisen. Ich brauche Sie nur auf die Berner Zusammenkunft zu verweisen, die von Hunderten von ranzösischen Parlamentariern, man kann wohl sagen, im Namen des ranzösischen

olles besucht worden ist. Die russischen Truppenkonzentrationen an der Grenze . lediglich eine Folge unferer Heerespvermehrung. Man hat gesagt, England hätte die Relation von 16: 16 nicht eingehalten, es habe 24 Linienschiffe gebaut statt 15. Man legt dieszr Berechnung 5 Jahre zugrunde. Ein Jahr weiter zurück hätte das Bild sofort ge⸗ ändert. Gerade das sechste Jahr, das Jahr 1998, verschiebt das ganze Verhältnis. Deutschland hat von 1908 bis 1911 auch drei Linienschiffe statt zwei gebaut. Die Frage der FRtelation von 16: j fällt in ene Zeit, wo England gar keine moralische Verpflichtung hatte, sich nach dieser Relation zu richten. Wir haben also kein Recht, England einen Vorwurf zu machen. Die Etatssteigerungen der letzten 5 Jahre in den anderen Staaten bieten auch keinen genauen Maßstab, weil der Geld⸗= wert der verschiedenen Länder auch eine Rolle spielt. Wir können mit der geringen Stei erung von 55 Millionen ungefähr dasselbe leisten, was die anderen Staaten mit größeren Summen leisten. Man sagt, das englische Volk wolle weder von einer Abrüstung, noch von einem Feierjahr etwas wissen. In England weiß man, daß bei uns auf Gegen— liebe nicht zu rechnen ist; das hat Sir Edward Grey in Manchester ausgesprochen. Er hoffte, daß die Finanzschwierigkeiten ein Ueberein- kommen eher möglich machen werden, als es jetzt der Fall ist. Der Vor⸗ trag Churchills wegen des Feierjahtes ist als ein ernst zu nehmender Schritt zu bezeichnen. Um den Preis der deutschen Scewehr wollte der Abg. Erzberger solche Vorschläge nicht akzeptieren. Daran denken die Freunde def Vorschläge keineswegs. Auch dabon ist keine Rede, daß wir zu einem Vasallenstaat Englands werden könnten. Der Stagatssekretär will an dem Flottengesetz festhalten. Soll das auch heißen; daß er sich gegen jedwede Steigerung wehrt? Denkt er an keine neue Flottenvorlages deutschland reibt berufsmäßig zum Kriege; dies Geschäft besorgt der Flottenverein bis auf den heutigen Tag. Den Rüstungsinteressenten ift diese Flottentreiberei durchaus er— wünscht. Das Ausland aber soll nach dem Willen und Wunsch des Flottenvereins daraus ersehen, daß Deutschland für vernünftige Ideen Vie die Einschränkung der Flottenverstärkungen keinen Boden Fietet. Ver Flottenderein verlangt ganz offen eine neue Flottenvorlage und stellt sich der Marineverwaltung für die Agitation zur Ver ügung. Sonst müsse, so heißt es weiter, unsere Flotte immer mehr' ins Hintertreffen geraten. Derartige Treiber braucht die Marineberwal⸗ tung ganz gewiß nicht, sie findet ja jederzeit bei den bürgerlichen Parteien ein williges Ohr. Das Treiben des Flottenvereing ver- giftet die öffentlich Meinung. Die Forderung des Feierjahres hat er natürlich weidlich verspottet. Eine direktes Angebot zu machen, daran wird ja England durch die ablehnende Haltung der maßgebenben Kreise verhindert. Die e t unge ne ref fen schützen die . auf die deutsche Arbeiterschaft vor, wenn sie von einer Einschränkung nichts wissen wollen, in Wirklichkeit ist es ihnen nur um ihren Profit zu tun; ein . im Flottenbau könnte vielleicht auch ein Feier⸗ er in der ividendenverteilung bedeuten. Wie in England, haben ich auch in Frankreich gewichtige Stimmen für eine Beschränkung der Rüstungen exhoben. Was das Seebeuterecht betrifft, so ist der gegen⸗ wärtige Zustand eine Gefahr für den Frieden, insbesondere auch für das Verhältnis zwischen Deutschland und England. An diesem i stande ist nicht Deutschland, sondern England schuld, das 1907 nad 1909 eine internationale 6 über die Einschränkung dieses Rechtes hintertrieb. Seitdem hat die Handelskammer von Manchester und mit ihr der ganze englische Großhandel sich für die Abschaffung des Seebeuterechts erklärt und den konservativen Standpunkt der Admiralität. desavoulert. Unsere Regierung ist verpflichtet, in e . Sinne voranzugehen. Die Abgg. Heckscher und Bafsermann

ben dem Stgatssekretär für den Ausbgu und die Leistungen der Flotte ein Loblied gesungen. Dieser Dank sollte doch eigentlich denen abgestattet werden, die sich Jahr aus Jahr ein diese ungeheure Be⸗ lastung gefallen lassen. Die breite Masse des ö in der wigen Steigerung der Rüstungen kein nationales Glü es ist die lleine, aber mächtige Clique des Rüstungsunternehmertums und die kleine Gruppe der Alldeuischen mit ihrem überspannten Rationalis— mus, die dem deutschen Bürgertum . Opfer immer noch schmack⸗ haft zu machen, verstehen. Die große Mafse hält diese Vorf iegelung für einen erstklassigen politischen Schwindel. [Große . Vize⸗ Präsident Do ve ruft den Redner wegen dieser Aeußerung zur Ordnung.)

Staats sekretär von Tirpitz:

Einige der Herren Redner, die vor dem Herrn Abg. Vogtherr gesprochen haben, haben zutreffende Worte gefunden bezüglich der Zivilversorgung der Unteroffiziere. Ich werde die Bestrebungen nach dieser Richtung hin in jeder Beziehung unterstützen, und kann ver— sichern, daß wir nach dem Ziel trachten werden, unsere Unteroffiziere, die 12 Jahre in der Marine gedient haben, möglichst bald hinterher in eine Beamtenstellung gelangen zu lassen. Das ist natürlich nicht auf einmal zu machen, aber wir werden dem sehr ernsthaft nachgehen. (Bravol rechts.)

Dann muß ich doch noch auf einige der Aeußerungen des Herrn Abg. Vogtherr kurz eingehen. Zunächst hat der Herr Abg. Vogtherr gesagt, daß die Rüstungsinteressenten die Rüstungen vorwärts getrieben haben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten Das hat er natürlich auch auf die Marine bezogen. Meine Herren, wer weiß nun genauer, wie die Entwicklung unserer Marine vor sich gegangen ist, der Herr Abg. Vogtherr oder ich? Ich kann aber versichern, daß bei keinem Schritte, den die Marineverwaltung gemacht hat in der langen Zeit, wo ich die Ehre habe, auf meinem Posten zu stehen, irgend ein Rüstungsinteressent auch nur den leisesten Einfluß auf meine Ent— schließungen gehabt hat!

Dann hat der Herr Abg. Vogtherr gesagt, ich hätte mich nicht klar ausgedrückt bezüglich der Beziehungen des Agenten Brandt von Krupp zur Marine. Meine Herren, ich glaube, ich habe mich völlig ausreichend darüber geäußert. Die Sache ist genau untersucht worden, und es ist nichts herausgekommen. Was will denn der Herr Ab⸗ geordnete noch mehr? (Heiterkeit) Daß Herr Brandt auch bei uns

des Reichsmarineamts, Großadmiral

gewesen ist, ist ja selbstöerständlich; denn er war ja Agenk don Krupp. Suruf von Sozialdemokraten: Und die Kornwalzer?7) Er mag auch Kornwalzer geschrieben haben. Aber die Sache ist eben genau unter⸗ sucht worden, und es ist auch nicht der geringste Verdacht auf einen von den Herren gefallen, und konnte nicht fallen.

Dann hat der Herr Abgeordnete Vogtherr auf den Fall der Be⸗ strafung eines Heizers exemplifiziert, und hat erwähnt, selbstverständ⸗ lich verallgemeinernd, daß der betreffende Heizer mit Anbinden bestraft worden sei. Es ist richtig, daß für gewisse Fälle das Anbinden be⸗ stimmungsmäßig an Stelle der Strafe des sttengen Arrestes zulässig ist (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten); zwei Stunden Anbinden für einen Tag strengen Arrest. Der Herr Abgeordnete Vogtherr hat ja selbst dazu ausgeführt, daß dabei jede Quälerei ausgeschlossen ist (Zuruf von den Sozialdemokraten: sein soll ), ausgeschlossen sein soll. Ich habe den Fall speziell untersuchen lassen, und kann nur feststellen, daß von einer Quälerei dabei nicht im geringsten die Rede war. (Unruhe bei den Sozialdemokraten.) Die Verhältnisse auf See bedingen gelegentlich eine andere Verbüßung der Strafe des strengen Arrestes als in einer Zelle. So kann man unmöglich eine strenge Arreststrafe in einer Zelle verbüßen lassen, wenn in derselben eine Hitze von 35 oder 38 Grad herrscht. Man kann aber andererseits auch die Verbüßung einer solchen Arreststrafe nicht immer hinausschieben, bis das Schiff aus See zurück ist. Deshalb muß eben die Möglichkeit einer sofortigen Verbüßung für alle Fälle gegeben sein. Es gibt nun bestimmungsgemäß ein Substitut für die Zellenverbüßung. Wenn man nun eine andere Art der Ausführung einsetzt, so muß das doch eine solche sein, die der Mann auch fühlt; sonst ist es ja keine Strafe. (Sehr richtig! rechts) Im allgemeinen wird diese Art der Straf⸗ verbüßung nur ganz ausnahmsweise angewendet, weil die Komman⸗ danten es selbstverständlich lieber sehen, wenn die Strafe des strengen Arrestes in der Zelle verbüßt wird.

Nun möchte ich aber doch anführen, was das für ein Mann ist, um den es sich hier handelt. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Das ist ja ganz gleichgültig) Nein, das ist nicht gleichgültig! Der Mann ist vor dem Eintritt in die Marine bestraft worden zwölfmal wegen Bettelns (Zuruf von den Sozialdemokraten: Das ist keine Schande), einmal wegen Hehlerei, einmal wegen Diebstahls ist das auch keine Schande? Guruf von den Sozialdemokraten: Wegen Bettelns ist keine Schande h, wegen Diebstahls ist auch keine Schande, nein? Guruf von den Sozialdemokraten: Das hat kein Mensch behaupteth, einmal wegen Verbrechens gegen die Sittlich— keit, einmal wegen Kreditbetrugs, einmal wegen Entlaufens als Schiffsmann auf einem Kauffahrteischiff. (Rufe rechts: Ist das alles auch keine Schande!? Nach diesen vor dem Diensteintritt erlittenen Strafen und die allein charakterisieren ja schon die ganze Persön⸗ lichkeit ist er in die Marine gekommen und hat da während seiner Dienstzeit eine große Reihe von strengen Strafen erlitten. Nun ist er auf ein Schiff gekommen, wo die Strafe des strengen Arrestes in der Kammer nicht ausgeführt werden konnte. Da ist vorschriftsmäßig die Ersatzform der Strafverbüßung angewendet worden. Es ist fest⸗ gestellt worden, daß über die Vorschrift in keiner Weise hinaus— gegangen worden ist. Der ganze Vorwurf des Herrn Abgeordneten Vogtherr fällt also in sich zusammen. (Lachen bei den Sozial⸗ demokraten.) .

Der Herr Abgeordnete Vogtherr hat sodann den Flottenverein in höchst ungerechter Weise angegriffen ich brauche ein sehr gelindes Wort. Wenn ich ihn recht berstanden habe, so hat er ihm eine skrupellose Agitation auf den Krieg hin vorgeworfen. Der Flotten— verein ist völlig unabhängig von mir; ich habe auf den Flottenverein gar keinen Einfluß. Das liegt ja schon in der hohen Persönlichkeit, die jetzt an der Spitze des Flottenvereins steht. Aber ich muß trotz⸗ dem die Führung des Flottenvereins gegen den Angriff in Schutz nehmen und energisch betonen, daß das Urteil des Herrn Abgeordneten Vogtherr nicht zutrifft. Daß der Verein für eine starke Flotte plädiert, ist doch natürlich; das ist ja der Zweck des Vereins. Das kann man ihm doch nicht übel nehmen; das ist seine Ueberzeugung! Der Flottenverein hat ebenso seine Ueberzeugung und darf sie aus— sprechen wie der Herr Abgeordnete Vogtherr. Dem Flottenverein will er das verbieten; er selbst aber gibt seiner Ueberzeugung hier in sehr scharfer Weise Ausdruck! (Sehr gut! rechts. Heiterkeit) Meine Herren, ich glaube persönlich wirklich nicht, daß die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Vogtherr für Frieden und Freundschaft mit anderen Nationen günstig wirken. (Sehr richtig! rechts) Ich bin nicht dieser Ansicht.

Was das Seebeuterecht anbetrifft, so will ich nur kurz erwähnen, daß ich in der Haager Konferenz für die Abschaffung des Seebeute⸗ rechts unterstützend eingetreten bin.

Auf die Auslassungen des Herrn Abgeordneten Vogtherr bezüglich des Verhältnisses zu England will ich nicht weiter eingehen. Ich habe das Erforderliche sowohl in der Budgetkommission als auch im Plenum auf das präziseste gesagt, und habe auch den Sinn der von mir genannten Zahlen gestern auseinandergesetzt. Ich möchte der Meinung sein, daß nach den Darlegungen aller bürgerlichen Parteien, die hier zu dieser Frage zu Worte gekommen sind, der Herr Ab⸗ geordnete Vogtherr mit seinen Freunden alleinsteht. (Sehr richtig! und Beifall. Zurufe bei den Sozialdemokraten.)

Damit schließt die Generaldiskussion. Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt.

Bei den Ausgaben für die Seewarten und Obser⸗ vatorien bemerkt der

Abg. Dr. Pfleger Gentr); Es sind allerlei Bedenken auf⸗

gestiegen, ob es uns auch in ukunft gelingen wird, für unsere Marine die privaten Wetterwarten im Auslande nutzbar zu machen. Diese haben uns früher sehr viel Rutzen geftiftet. Ich erinnere nur an, die Wetterwarte der Jesuiten bei Manila, die gerade für die Er— forschung der Taifune sehr viel getan hat, was ja von allen Seiten unserer Marine anerkannt worden ist.

Staatssekretär des Reichs marineamts, von Tirpitz: . Meine Herren! Es entspricht lediglich der Gerechtigkeit, wenn ich auf die Anfrage des Herrn Referenten hier zum Ausdruck bringe, daß die Kaiserliche Marine zu den Patres der Wetterwarten in Sikawei und Manila stets die besten Beziehungen gehabt Bat Bravo im Zentrum,), und daß wir den gelehrten Herren dort für die große Unterstützung, die sia uns seit vielen Jahrzehnten und bis zum heutigen Tage gewährt haben, immer aufs Tiefste dankbar gewesen sind für die rechtzeitige Uebermittlung der Nachrichten von dem Heran⸗ ziehen der schweren Taifune und der Richtung ihres Verlaufes. Diese

Großadmiral

Anerkennung ist auch durch seine Majestät den Kalser zum Auddrull gebracht worden, indem er dem Pater Froe von der Wetterwarte in Sikawei die Goldene Medaille für Wissenschaft verliehen hat, und dem Pater Scherer die Chinamedaille wegen seiner außerordentlichen Leistungen gelegentlich der Boxerunruhen. (Lebhafter Beifall in Zentrum.)

Bei den dauernden

merkt der 6 Albrecht (Soz); Der Lohn, der den Handwerkern in den Bekleidungsämtern gezählt wird, mag ja für normale Verhält⸗ nisse ausreichen. Er genügt aber nicht bel den teuren Verhãltnissen wie sie in Kiel, Friedrichsort und Wilhelmshaven nicht nn! in bezug auf Nahrungsmittel, sondern auch betreffs der Miete herrschen. Sehr zu beklagen . noch immer der schlechte Gefundheitszustan, ier müßten wir erfahren, wie er in den einzelnen Abteilungen ist. In Wilhelmshaven ist er ja besser wie in Kiel. Aber bei den sich immer mehr steigernden Ansprüchen an die Rekordarbeit wird es nicht lange dauern, bis er ebenfo schlecht ist. Man hat meine Aus führungen vom vorigen Jahre stark bezweifelt. Ein Besuch in Kiel hat sie jedoch ee Man hat nicht einmal die selbst zugegebenen Mißstãnde abgeschafft. Man versucht jetzt, den e n rn inn 1 verbessern, indem man einfach die erkrankten Arbeiter entläßt. Man tellt sie, wenn sie wieder hergestellt sind, auch nicht wieder ein, sondern setzt an ihre Stelle Dekonomiehandwerker. Dieses System wird auch an anderen Stellen der Verwaltung befolgt, indem man gesunde freie Arbeiter gegen Oekonomiehanbwerker eintauscht. Bei der großen Arbeitslosigkeit ist das doppelt zu verwerfen. Auf keinen Fall sollte man Zivilhandwerker zum Reinigen der Stuben verwenden. Die Klagen über die Näharbeit sind auch immer noch dieselben. Sie Männer müssen noch mehrere Stunden mithelfen, sodaß ihnen die neunstündige Arbeitszeit in den Aemtern gar nichts nützt. Die Ein= führung des Neunstundentages sollte doch einen sozialen Fortschritt bedeuten; für die Bekleidungsämter ist diefer Fortschritt durch die Nebenarbeiten illusorisch gemacht worden. Man darf sich doch nicht hinter der Ausflucht verstecken, daß man keinen Einfluß darauf habe, was die Arbeiter außerhalb des neunstündigen Arbeitstages tun; man soll bessere Löhne zahlen. Auch über die Erhöhung der Akkorde wird . geführt. Bei dem dabei eingeführten Gruppensystem wird die Arbeitsteilung sehr weit getrieben und die Ueberanstrengung ist ohnehin eine enorme; trotzdem geht man zu erhöhten Akkorden über, die die Arbeiter denn auch, um nicht entlassen zu werden, durch gesteigerte Intensität der Arbeit zu erreichen suchen. Infolge dabon nehmen die Erkrankungen überhand. Diese Klagen werde ich so⸗ lange vorbringen, bis Nemedur geschaffen ist.

Abg. Dr. Pfleger (Gentr): Es wäre sehr angebracht und würde von allen Handwerkerorganisationen aufs freudigste begrüßt werden, wenn die Marineverwaltung denjenigen Bedarf, den sie nicht in eigenen Werkstätten herstellen kann, an Organisationen von Hand⸗ werkern, Heimarbeitern usw. vergeben wollte. In Bayern ist man damit mit gutem Erfolge vorangegangen. Das System der Tuch— lieferung auf 5 Jahre, wie es die Marineverwaltung üben soll, scheint mir nicht in ihrem Interesse zu liegen; denn dadurch entsteht die Gefahr, daß das Reich zu teuer bedient wird. Die Militãär⸗ verwaltung hat die einjährige Vergebung, und man hat darüber eine Klage nicht vernommen. Ich würde anheim geben, daß auch die ö mme sich zu einer Verkürzung der Vergebungsfrist ent⸗ chlleßt.

Admiral von Capelle: Die Marine hätte an sich keine grundsätzlichen Bedenken, einen Teil der Uniformstücke auch im Privatbetriebe herstellen zu lassen. Gewisse Schwierigkeiten wegen des Uniformschnittes usw. liegen ja vor, aber die Verwaltungen würden durchaus geneigt und bereit sein, zunächst kleine Versuche zu machen. Es war mir interessant, zu hören, daß man in Bayern damit bereits Versuche gemacht hat; wir sind durchaus bereit, hier im Sinne des Vorredners Mittelstandspolitik 8 treiben. Bei den Tuchliefe⸗ rungen besteht zwischen Militär und Marine ein Unterschied insofern, als die Marinelieferungen über das ganze Reich vergeben werden, während die Militärverwaltung sich auf kleinere Gebiete, den Bereich der einzelnen Armeekorps usw. beschränkt. Wir haben die Frage sehr eingehend geprüft, wir haben Offerten eingezogen für fünf Jahre und für ein Jahr; alle Lieferanten wünschen fünf Jahre, nur die⸗ jenigen, die nichts bekommen haben, wünschen nachher ein Jahr. Trotzdem haben sie alle niedrigere Preise bei fünf Jahren gefordert; wir haben bei der letzten Submission 206 6066 gespart. Wenn die ö jedes Jahr den Gefahren und Nachteilen der allgemeinen Zuhmission ausgesetzt sind, können sie sich ihren Spezialartikeln nicht widmen. Diese Argumente wird auch der Abg. Pfleger würdigen. Die Bemängelung der Lohnverhältnisse durch den Abg. Albrecht beschränkt sich diesmal auf die teuren Srte Kiek und Wil⸗ helmshaven. Die Löhne sind auch dort nach den Ortslöhnen be— messen, unterliegen einer dauernden Kontrolle und sind mindestens alle zwei Jahre entsprechend erhöht worden. Daß diejenigen Arbeiter, die 16 an den Abg. Albrecht gewandt haben, die Erhohung nicht genügend

Ausgaben für die Bekleidung be⸗

inden, davon bin ich überzeugt! Die Gesundheitsberhältnisse bei den Bekleidungsämtern habe ich voriges Jahr bei der dritten Lesung dahin erörtert, daß in Kiel diese Verhältniffe allerdings nicht be⸗ friedigend wären. Ich habe also den Abg. Albrecht nicht als Lügner hingestellt. Es ist gefragt worden, was wir denn getan hätten. Vir haben zunächst ermittelt, daß die Bekleidungsämterwerkstätten nicht schuld an dem unbefriedigenden Gesundheitszustand find. Die Werk⸗ stätte in Kiel ist erst zehn Jahre alt. Bei den Schneidern sind die Gesundheitsverhältnisse allerdings schlecht, bei den Schustern aber gusgezeichnet. Die Oekonomiehandwerker sind ja gesund geblieben. Leider sind wir zu wohlwollend gewesen und haben eine Reihe kranker Arbeiter angenommen und sie durchgeschleppt; wenn wir schließlich

eine Aenderung hier eintreten lassen, so werden Sie nicht sagen

können, wir müßten auf die anderen Arbeiter Rücksicht nehmen.

Abg. Erzberger entr.): Ich bin dem Admiral sehr dankbar, daß künftighin bei den Marinelieferungen das selbständig organisierte Handwerk mehr herangezogen werden soll. Nicht nur in Bayern, ondern auch beim 8. Armeekorps hat man mit dieser Heranziehung ehr gute Erfahrungen gemacht. Auch beim 13. Armeekorps. Mit der zerdingung auf 5 ,. ist die Verwaltung doch nicht auf dem rich— tigen r. Die Klausel kommt nur den Industriellen, nicht den Handwerkern zugute. Die 200 000 4 sind bei diesem Verfahren auf

anz andere Weise gespart worden, als es der Admiral ö hat. 31 der Marineverwaltung sollten dieselben Grundsätze bezüglich der Verdingung herrschen wie beim Landheer.

Abg. Albrecht (Soz.): Es ist wieder von Mittelstandspolitik gesprochen worden. Denselben Zweck verfolgen auch manche Vorlagen. Die Handwerker sind selbst daran schuld, daß es ihnen so schlecht geht. Sie haben sich die Preise gegenseitig eruntergedrückt. Würden ge⸗ wisse Arbeiten in Submission gegeben, so würden die Arbeitslöhne noch weiter herabgedrückt werden. Wäre das Handwerk verständig, so müßte es sich so organisieren, daß es die Preise zu halten imstande ist. Wir hahen die Gesundheitsverhältnisse in den Bekleidungsämtern nicht um ein Jota zu schwarz gemalt. In Wilhelmshaven sollen die Gesund⸗ heitsverhältnisse vorläufig nicht so schlimm sein, wie die in Kiel, aber es kann bald schlimmer kommen. Bei den Ausgaben für die Instand⸗ haltung der Flotte und der, Werften hat die Kommission einen Be— triebsdirektor und 19 Werkführer gestrichen.

. Die Abgg. Ho f u. Gen. (fortschr. Volksp.) beantragen die Bewilligung der Werkführerposten.

Abg. Dr. Pfleger Gentr.) berichtet über die Verhandlungen der Kommission. Maßgebend für die Ablehnung der 19 Werkführer war die Rückkehr der Verwaltung vom kaufmännischen zum kamera⸗ listischen System. .

Gegen Uhr wird die Weiterberatung auf Sonn“ abend 10 Uhr früh vertagt. (FJorher: Novelle zum Militär—⸗ kia ere erf, nachher: Etats des Reichseisenbahnamts und der Reichseisenbahnen.) ö. .

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatzanzeiger.

45. ;

Preuszischer Landtag. Herrenhaus. 5. Sitzung vom 20. Februar 1914, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Zunächst werden die neu berufenen Mitglieder General von Plötz und Graf August zu Eulenburg in der vor— geschriebenen feierlichen Form auf die Verfasfung vereidigt.

Sodann erstattet Graf von Hutten⸗ Czapski den Bericht der Matrikelkommission. Die Legitimation der seit dem 28. April 1913 neu berufenen 36 Mitglieder wird als geführt anerkannt; die Namen der 12 seit diesem Zeitpunkt verstorbenen Mitglieder werden in der Matrikel gelöscht werden.

Darguf setzt das Haus die Beratung des Entwurfs einer Novelle zum Lande sverwaltungsgesetz auf Grund des Berichts der XI. Kommission fort. Die Generaldiskussion war gestern geschlossen worden. Heute wird zunächst über den Antrag des Herrn Dr. Ackermann auf Zurückverweisung des Entwurfs an die Kommission beraten.

Freiherr von Richthofen: Wir haben uns von der Not— wendigkeit der Zurückverwelsung nicht überzeugen können, müssen auch befürchten, daß dabei auch über andere Materien als die von den Ab— änderungsanträgen Ackermann betroffenen nochmals in weitgehende Er⸗ örterungen eingetreien wird. Um aber der anderen Seite des Hauses entgegenzukommen, wollen wir dem Antrage auf Zurückverweisung an die Kommission, damit dort die Anträge Ackermann besprochen werden können, nicht entzegen sein, und ich erweitere den Antrag dahin, auch die beiden anderen mit dem Gefetz in einem Zusammen— hange stehenden Vorlagen heute von der Tagesordnung abzusetzen.

Das Haus beschließt hierauf einstimmig nach dem An⸗ trage Ackermann die Zurückverweisung der Vorlage in die Kommission und die Absetzung der Gesetzentwürfe, betreffend die Bearbeitung der Auseinandersetzungsangelegenheiten in den Provinzen Sstpreußen, Westpreußen und Posen und die Zuständigkeiten in Schulsachen, von der heutigen Tagesordnung.

Herr Dr. von Studt gibt als Vorsitzender der Kommission bekannt, daß er beabsichtigt, diefe auf morgen vormittag 10 Uhr zu— sammenzuberufen.

Der Präsident bittet die Kommission, die Arbeit so zu fördern, daß das Plenum Ende der nächsten Woche, am 27. und 28. Februar, den Gegenstand erledigen kann.

Es folgt der Bericht der XII. Kommission über den Ent— wurf eines Ausgrabungsgesetzes.

Berichterstatter Herr Dr. Bu sz: Die Kommission hat den Entwurf mit einigen kleinen Abänderungen zur Annahme empfohlen. Die Vorlage trifft Bestimmungen sowohl über die Ausgrabungen wie über Gelegenheitsfunde und deren . regelt das Beschwerdeverfahren und setzt Strafbestimmungen fest. Nach 5 1 darf eine Ausgrabung von Gegenständen, die für die Kulturgeschichte, einschließlich der Urgeschichte des Menschen, von Bedeutung sind, nur in der Weise erfolgen, daß nicht das 6ffentliche Interesse an der Förderung der Wissenschaft zur Denkmalspflege beeinträchtigt wird. In § 4 ist bestimmt, daß die Vorschriften für Ausgrabungen auch auf eine Grabung nach Gegenständen, die für die Urgeschichte der Pflanzen und Tiere von Bedeutung sind, insbesondere nach Versteinerungen; ent⸗ sprechende Anwendung finden. Hier hat die Kommission die Worte „insbesondere nach Versteinerungen“ gestrichen. ;

Herr Dr. Freiherr von Rhetinbaben: Das Gesetz füllt eine Lücke aus, die sich sehr fühlbar gemacht hat. Das Fehlen eines solchen Gesetzes hat den Funden aut unferer Vorzeit schweren Schaden zugefügt, gewerbsmäßige Gräber haben große Schätze ins Ausland entführt. Das Fehlen einer folchen Gesetz sebung bat be— sonders die Rheinprovinz, dieses Spiegelbild unserer kulturellen Ent ⸗˖ wicklung durch die keltische, römische und fränkisch Zeit, schwer geschädigt. Es ist dringend notwendig, was die Erde an Zeugen der Vergangenheit birgt, der Gegenwart und den kommenden Ge⸗ schlechtern zu erhalten. Hier waltet aber nicht bloß ein provenziales, sondern ein allgemelnes vaterländisches Interesse vor, im Osten sind nanientlich die prähistorischen die Gräberfunde von größter kultureller Bedeutung. Dle Gesetzgebung anderer Staaten räumt dem Staate sehr weitgehende Befugnifsse ein; die Vorlage beschränkt sich auf einen möglichst geringen Eingriff in die Privatrechte. Die Besorgnisse, die in der vorigen Sessien im Herrenhause geäußert wurden, waren nach meiner? nsicht nicht be⸗ gründet; dennoch hat ihnen die Regierung, soweit, irgend tunlich, Rechnung getragen. In das Verfka nn gerccht des Eigentümers darf niemand eingreifen; der Minister hat in dieser Beziehung in der Kommlssion sehr bestimmte beruhigende Erklärungen abgegeben. Von der früheren allgemeinen sehr weitgefaßten Bestimmung von der „Naturgeschichtlichen Bedeutung“ des Gegenstandes hat man sich zurückgezogen auf die ‚Kulturgeschichtliche, ein⸗ schließlich der Urgeschichte des Menschen“; ferner sind dem⸗ entsprechend die Bestimmungen über die Anzeigepflicht und über die Ablieferung sehr erheblich eingeschrankt worden. Auch die Strafbestimmungen sind gemildert. Nichts ist so geeignet, den echten Hetmatsinn zu wecken, als die Erhaltung der beredten Zeugen einer geschichtlichen Entwicklung. Wir leben in einer Zeit, Ko die materiellen Interessen das alte Erbe unserer Nation, den Idealigmus, zu überwuchern drohen; darum ist es um so notwendiger, diese Zeugen der Vergangenheit zu erhalten. Die Kommission hat den Entwurf mit geringfügigen Modifikationen, einstimmig anm genommen, verabschieden Sie ihn mit großer Majorität und möglichst bald; periculum in mera! Die gewerbsmäßigen Ausgräber haben die Zeit seit der vorjährigen Nichterledigung des Entwurfs benutzt, um noch so viel wie möglich von diesen Schätzen ins Ausland zu derkaufen.

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz:

Für die beredten und warmherzigen Worte zum Schutz unserer Bodendenkmäler, die soeben Seine Exzellenz der Herr Freiherr von Rheinbaben an dieses hohe Haus gerichtet hat, möchte ich meinen verbindlichsten Dank aussprechen. Er hat die Interessen der Allge⸗ meinhelt treffend dargelegt, diese Bodenaltertümer unserer Bevölke⸗ rung zu erhalten und sie nicht in das Aue land verschleudern zu lassen. Seine Exzellenz Herr Frelherr von Rheinbaben hat ferner in zutreffender Weise den Inhalt und die Bedeutung des vor—⸗ liegenden Gesetzentwurfs gekennzeichnet. Meine Herren, Sie sind mit dieser Angelegenheit bereits im vorigen Jahre beschaͤftigt gewesen.

Es hat damals der vorgelegte Entwurf nicht zum Abschluß kommen konnen, weil Sie an dem Entwurf Aenderungen vorgenommen hatten,

zu denen das Hauß der Abgeordneten noch hätte Stellung nehmen

gemäße

Der jetzt Ihrer Beratung unterbreitete Gesetzentwuif ist seinem Aufbau nach und in der Mehrzahl seiner Bestim⸗ mungen von dem vorjährigen nicht verschieden. Ich habe mich aber doch bemüht, bei der Redaktion dieses neuen Entwurfs den Bedenken und den Wünschen, die bei den vorjährigen Beratungen in diesem hohen Hause zum Ausdruck gekommen sind, nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. Namentlich waren ja die Bedenken des hohen Hauses gerichtet gegen die Vestrmmungen über die Gelegenheits⸗ funde. Ich habe deshalb geprüft, ob es nicht möglich sei, diese Bestimmungen den ausgesprochenen Wünschen gemãß einzuschränken. Das ist geschehen, wie sie von den Herren Vorrednern gehört haben, in der Weise, daß nur noch solche Gelegenheitsfunde zur Anzeige gebracht werden sollen, die sich auf kulturhistorische Gegenstände beziehen; freigegeben sind da⸗ gegen diejenigen Gegenstände, welche mit der Naturwissenschaft zu—= sammenhängen. Es ist das kein leichter Entschluß für mich gewesen, weil immerhin auch die Anzeige von solchen Gelegenheitsfunden von hohem Werte ist. Ich habe aber geglaubt, den Bedenken, die in diesem hohen Hause zum Ausdruck gekommen sind, Rechnung tragen zu müssen, und habe deshalb diese Art von Funden ausgeschieden. Damit allerdings bin ich in diesem Punkte bis an die äußerste Grenze gegangen, denn eine weitere Abbröckelung dieser Bestimmungen würde den Wert des Gesetzes illusorisch machen. Wenn man von der Anzeige beh Gelegenheltsfunden ganz absehen wollte, würde es sich in der Praxis so gestalten, daß vielfach Ausgrabungen als Gelegenheitsfunde gekenn= zeichnet würden, daß anscheinend andere Arbeiten vorgenommen und dann „zufällig“ bei diesen Arbeiten die Funde gemacht würden. Es würde der Umgehung der Bestimmung des 5 1 Tür und Tor geöffnet sein, und deshalb ist eine solche Vorschrift für den Wert des Gesetzes unentbehrlich.

Auch im übrigen habe ich mich bemüht, den Wünschen des Herrenhauses nach Möglichkeit zu entsprechen, indem insonderheit auch die Stellung der Provinzen noch mehr betont worden ist und die Strafbestimmungen, an denen im Landtage Anstand genommen worden ist, gemildert worden sind, insofern als die hohen Strafen nur für den gewerbsmäßigen Raubgräber und Händler vorgesehen sind. Also auch in dieser Beziehung habe ich mich bemüht, den Wünschen des hohen Hauses entgegenzukommen.

Ueber die Notwendigkeit eines solchen Gesetzentwurfes scheint wohl ein Streit nicht mehr zu bestehen. Wir haben auch gerade in dem letzten Jahre von neuem die Erfahrung gemacht, wie notwendig ein solches Gesetz ist, um dem Raubbau an unseren Bodenschätzen entgegentreten zu können. Im übrigen glaube ich mir weitere Ausführungen für die Spezialberatung der einzelnen Bestimmungen vorbehalten zu dürfen.

Das aber möchte ich gegenüber einigen in der Kommission des hohen Hauses erhobenen Zweifeln auch hier ausdrücklich betonen, daß selbstverständlich durch die Genehmigung der Ausgrabungen nach 51 des Entwurfs keineswegs irgendwie über den Grund und Boden der betreffenden Besitzer disponiert wird. Nur dann wird es möglich sein, von der nach 51 erteilten Ge— nehmigung Gebrauch zu machen, wenn der Betreffende, der diese Genehmigung erhalten hat, außerdem noch die Genehmigung des Grundbesitzers erhält. Ohne diese Zustimmung des Grund besitzers ist eine Ausgrabung auf dessen Grund und Boden nicht möglich. Also ein Recht nach dleser Richtung hin wird dem Ausgraber durch den Entwurf nicht gegeben. Dieser hat ja nur den Zweck, zu verhindern, daß in unsachgemäßer Weise ausgegraben wird und daß diejenigen, welche ausgraben wollen, darauf geprüft werden sollen, ob sie die Qualitäten besitzen und die Bedingungen erfüllen können, die erfüllt werden müssen, um eine sach— Ausgrabung sicher zu stellen. Es muß aber, wie ich wiederhole, die Zustimmung des Grundbesitzers hinzukommen, um von dleser Genehmigung Gebrauch machen zu können. Ich glaube damit wohl den erwähnten Bedenken entgegengetreten zu sein, daß durch diesen Gesetzentwurf in die freie Digposition des Grundbesitzers über seinen Grund und Boden eingegriffen würde. Das ist in keiner Weise der Fall. Ich wiederhole hiernach, daß ich bereit bin, bei den einzelnen Bestimmungen nach jeder Richtung hin noch Rede und Ant⸗ wort zu stehen, und mir vorbehalte, bei der Spezialberatung weitere Aufklärungen zu geben.

Damit schließt die Generaldiskussion. In, der Spezial⸗ beratung werden 1 bis 5 nach den Kommissionsanträgen ohne Debatte angenommen.

Nach 8 6 haben der Entdecker, der Eit entümer des Grundstückes und der Leiter der Arbeiten den entdeckten Gegen⸗ stand und die Entdeckungsstätte in unverändertem Zustande zu erhalten. Diese Verpflichtungen erlöschen mit Ablauf von 5 Tagen nach der Anzeige.

Graf von Bebhr-⸗-Behrenhoff beantragt, die Frist auf drei Tage zu beschränken; früher habe die Regierung selbst damit auszukommen geglaubt.

D. Dr. von Trott zu Solz:

Ich möchte zunächst feststellen, daß Herr Graf von Behr sich insofern irrt, als er annimmt, daß in der Regierungsvorlage des vorigen Jahres „drei Tage“ gestanden hätte. In der Regierungs⸗ vorlage hat eine Woche“ gestanden. Dle dret Tage sind durch das Parlament in den Entwurf eingesetzt worden. Es ist in der Tat unter Umständen, wie mir scheint, nicht möglich, innerhalb dreier Tage die Angelegenheit zu erledigen. Bei weiten Entfernungen, bei schlechten Kommunikationen wird es der Stelle, die sich entschließen soll, ob sie von dem Rechte Gebrauch zu machen hat oder nicht, oft nicht möglich sein, diesen Entschluß innerhalb drei Tagen zu fassen, well sie doch in vielen Fällen gezwungen sein wird, zunächst noch einen Sachverständigen an Ort und Stelle zu schicken, um sich

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten

19134.

machen will. Ich glaube, es würde nicht im Interesse der Grund⸗ besitzer sein, wenn man diese Frist auf Tage herabsetzte. Das würde zur Folge haben, daß in allen Fällen dann vorlãufig einmal von diesem Rechte Gebrauch gemacht würde, um sich zu sichern, und hinterher würden erst die Verhandlungen geführt werden, und schließlich würde man dann auf den Anspruch wieder verzichten; dle ganzen Verhandlungen sind dann umsonst. Hat dagegen die beregte Stelle ausreichend Zeit, ihren Entschluß vorher vorzubereiten, so wird sie sich auch unter Umständen davon überzeugen können, daß hier von ihrem Rechte kein Gebrauch zu machen ist, und es würden weitere Schwierig⸗ keiten und Unbequemlichkeiten vermieden werden. Herr Graf Behr hat selbst hervorgehoben, wie ja nur dann der Grundbesitzer verpflichtet sein soll, die Dinge in ihrem Zustande zu erhalten, wenn damit keine Kosten und keine erheblichen Nachteile verbunden sind; also in allen Fällen, wo wirkliche Unbequemlichkeiten, Nachteile, Kosten für den Grundbesitzer entstehen, ist er nicht verpflichtet, die Fundstelle in Ruhe zu lassen.

Ich möchte der halb doch dringend bitten, daß Sie es bei den fünf Tagen in dem Entwurf belassen, weil sonst nur Schwierig⸗ keiten entstehen. Ich glaube, daß die Vorteile, die Herr Graf Behr sich von einer Herabsetzung der Frist verspricht, doch nicht zu erwarten sind.

Herr. Dr. Löning-Halle erklärt sich auch gegen den Antrag auf Verkürzung der Fiist.

Graf von Behr-⸗Behrenhofff tritt nochmals für seinen Antrag ein. ; Derr Dr. Freiherr von Rheinbaben hält eine Frist pon 5 Tagen durchaus für notwendig; eine Benachteiligung für die Grundbesitzer sei ja ausgeschlofsen, wohl aber könnte der Schutz unserer Altertümer durch die Verkürzung der Frist beträchtlichen Schaden leiden.

Der Antrag des Grafen von Behr, der inzwischen dahin geändert ist, daß die Frist drei, Werktage“ umfassen soll, wird abgelehnt; es bleibt bei der Bestimmung der Vorlage in §6.

S8 enthält die Vorschriften über die Ablieferung. Staat, Provinz, Kreis und Gemeinde sind berechtigt, die Ablieferung zu verlangen. Als Entschädigung ist der Ersatz des Wertes zu leisten. Graf von Behr beantragt, statt „Wertes“ zu setzen: gemeinen Wertes“.

Herr Mitzlaff⸗Bromberg beantragt, den nach 5 8 Erwerbe berechtigten (Staat, Provinz usmw) durch den Minister mit Zustimmung des Provinzialrakes andere Körperschaften Vereine), dle ein fachmännisch geleitetes Museum unterhalten, für ein bestimmtes örtliche; Gebiet gleichzustellen. Gerade diese Museen müßten durch ein solches Recht den Propinzialmuseen gegenüber gestärkt werden.

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz:

Meine Herren! Ich erkenne in vollem Umfange die Bedeutung und die Tätigkeit von Privatmuseen an. Sie haben in der Tat an vielen Stellen außerordentlich Gutes geleistet und sind von wissen· schaftlichem Werte. Bei der Ausführung des Gesetzes wird ganz wesentlich ihre Hilfe in Anspruch genommen werden müssen, Aber ich trage doch Bedenken gegen den Antrag, der augenblicklich zur Diskussion steht. Ich habe schon vorhin hervorgehoben, daß bei der Abfassung dieses Entwurfs der leitende Gesichtspunkt gewesen ist, in das Privatrecht mit großer Zurückhaltung einzugreifen und sich nur da zu Eingriffen zu entschließen wo sie unbedingt notwendig sind, um den Zweck des Gesetzes zu erreichen. Deshalb ist auch der Kreis der Berechtigten, welche unter den in dem Entwurf vor⸗ gesehenen Kautelen in der Lage sein sollen, einen Eingriff in fremdes Eigentum zu machen, eng begrenzt und zwar auf öffent— liche Körperschaften beschränkt worden. Nur Staat, Provinz, Kreis und Gemelnde sollen dieses Recht haben. Der Herr Antragsteller wünscht nun unter gewissen Voraussetzungen hinzugefügt ju sehen: andere Körperschaften, die fachmännisch geleitete Museen unterhalten“. Das würde bedeuten, daß der Kreis der Berechtigten dem Grund⸗ besitze gegenüber wesentlich erweitert werden kann, und ich glaube, man sollte das vermeiden, zumal die Entscheidung nicht immer ganz leicht sein wird, welchen Körperschaften nun nach dem Antrag das dort vorgesehene Recht eingeräumt werden soll. Ich glaube auch, daß eine derartige Bestimmung im Interesse dieser Museen, die ich durchaus gefördert sehen möchte, nicht erforderlich sein wird. Es handelt sich doch hier nur um dieses eine Recht, daß man im Wege des Zwanges einen kulturwissenschaftlich wertvollen Gegen⸗ stand erwerben kann. Im übrigen aber sind auch diese Museen völlig frei in ihrer Gebarung, ebenso wie sie es bisher gewesen sind, und da diese Museen melstens oder wenigstens in sehr vielen Fällen von den Provinzen oder von den Kreisen schon jetzt unterstützt werden, werden sie sehr wohl in der Lage sein, sich an die Provinzial oder Kreisverwaltung zu wenden mit der Bitte, daß diese von dem nach dem Entwurf ihnen zustehenden Recht Gebrauch machen möchten und dann den auf diese Weise erworbenen Gegenstand für das betreffende Museum abgeben. Diese Museen werden also in solchen Fällen sich durch Vermittlung der Provinz oder des Kreises den Besitz wertvoller Gegenstände zu sichern ver⸗ mögen. Ich möchte also glauben, daß das hohe Haus besser tun wird, wenn es diesem Antrage nicht Folge leistet.

Herr Dr. Löning ist mit der Tendenz des Antrags Mitzlaff einverstanden, hat aber gegen ihn das Bedenken, daß Privatvereine doch in die Lage kommen können, sich aufzulösen, und ihre Samm⸗ lungen mit den betreffenden wertvollen Gegenständen dann verschleudert

werden. . Herr Mitzlaff hält die Bedenken des Vorredners nicht für

stichhaltig; die Befugnis kann ja widerruflich erteilt und die Ver⸗ äußerung der Museumsbestände ausgeschlossen werden. Graf von Behr hält seinen Antrag für eine Verbesserung

des § 8

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz:

Der Gesetzentwurf meint mit dem Ausdruck. Wert“ den gemeinen Wert, und wenn Sie dem zustimmen und dies ausdrücklich in dem Gesetzentwurf zum Ausdruck bringen wollen, so habe ich Bedenken

zu überzeugen, ob die Angelegenheit von solcher Bedeutung für sie ist,

milssen. Daz aber war nicht mehr möglich, weil der Schluß des Landtags unmittelbar bevorstand.

daß sie von dem ihr zustehenden Rechte des Entwurfs Gebrauch

dagegen nicht zu erheben.