1914 / 70 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Mar 1914 18:00:01 GMT) scan diff

werks und Gewerbekammertag in Halle geht hervor, daß man nur die Arbeiter treffen will. Das Handwerk hat kein Recht, Zwangs⸗ mittel zu empfehlen, da es ja selbst solche anwendet.

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auf das rücksichtsloseste, sel ; lvern und Messern, vor. Da man diese dann freispricht, so schwindet bei den Arbeitern immer mehr das Zutrauen zur Justiz. Dieses Mißtrauen muß noch wachsen, wenn dem Antrage Irl stattgegeben wird. Die Innungen sollten zudem ja auch nicht vergessen, daß das sie zusammenhaltende Band der Zwang ist. Die Innungen haben nach einer amtlichen Statistik in einem Jahre in 19309 Fällen Mitgliederbeiträge zwangsweise einge⸗ trieben. Können Sie unseren Organisationen einen gleichen Terroris—⸗ mus nachweisen? In der Arbeiterbewegung ist die Anwendung eines solchen Terrorismus einfach nicht möglich. In dem gleichen Jahre wurden von Mitgliedern der Innungen in 112715 Fällen Strafgelder erhoben. Der größte Teil der Strafen fällt auf unentschuldigtes Fehlen in Innungsbersammlungen. Können Sie das gleiche Mittel des Zwanges gegenüber unseren Arbeitern nachweisen? Wieweit der Terrorismus der Bäckerzwangsinnungen geht, beweist der Beschluß der Zwangsinnung in Magdeburg über das Verbot, mit dem Verband der Bäcker in Verhandlungen zu treten zwecks Vereinbarung eines Lohntarifs. 19 6 Strafe wurden jedem Bäcker aufgebrummt, falls er Einzelverträge mit den Mitgliedern des Verbandes abschließen würde. Die Aufsichtsbehörde hat sich schützend vor die Zwangsinnung gestellt und die Einziehung der Strafen für zulässig erklärt., Einzelne Bäckermeister haben Gesamtstrafen bis zu 1000 S zahlen müssen. Der Terrorismus der Bäckerinnungen hat sich auch bei dem Abtreiben von Mehllieferungen gegenüber gewissen Fabrikanten gezeigt. 1907 er— schien beim Lohnkampf der Bäcker ein Flugblatt, in welchem die Meister, die sich mit dem Arbeiterverbande eingelassen hatten, als charakterlose Wichte bezeichnet wurden. Die Verhängung der Hefe⸗ sperre durch gewisse Bäckermeister ist gerichtlich erhärtet worden. Diese Leute haben wahrlich den Befähigungsnachweis für die Forderung eines solchen gesetzlichen Vorgehens nicht erbracht. Die Petenten sitzen so sehr im Glashause, daß sie keine Veranlassung hätten, den Reichs— tag mit solchen Eingaben zu belästigen. Die Großunternehmer be— dienen sich ja des gleichen Terrorismus, ihr Vorgehen spielt sich aber mehr in der Oeffentlichkeit ab, sodaß ich darauf nicht näher einzugehen brauche. Ich verweise nur auf das Vorgehen des Zementsyndikats gegen die Fabrik „Meteor“. Diese wurde mit 90 000 MS Strafe belegt, weil sie eine Preisvereinbarung nicht gehalten hatte. Was würde einer Arbeiterorganisation in einem gleichen Falle passieren? Sie würde vor Gericht geschleppt werden. Jeder Versuch einer Ge⸗ setzesberschlechterung zu ungunsten der Arbeiter muß energisch zurück— gewiesen werden. Darum bitte ich auch, den Antrag Irl abzulehner und den Antrag der Kommission anzunehmen.

Abg. Irl Gentr.): Wenn wir über jede Petition so lange ver⸗ handeln würden, wie es der Abg. Brey getan hat, so würden die anderen Petenten nicht zu ihrem Recht kommen. Ich bitte Sie, meinen Antrag anzunehmen, nachdem der Reichskanzler eine Denk— schrift über die Fälle des Terrorismus in Aussicht gestellt hat. Petitionen bringen ja eigentlich nichts Neues. Eine Petition des Schneiderinnungsberbandes stellt dieselben Forderungen wie die der JIwangsinnung „Germania“.“

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Die Frage des Arbeitswilligenschutzes in der Industrie will ich nicht berühren, obwohl es der Vorredner getan hat. Für die Sozialdemokraten sind ja große und kleine Unter— nehmer Ausbeuter. Die Petitionen kommen aus den Kreisen der kleinen und mittleren Unternehmer, die haben unter dem Terrorismus der freien Gewerkschaften viel mehr zu leiden als die großen; diese können sich besser wehren. Fast täglich kann man in den Zeitungen Fälle lesen, wie sie von den Petenten behauptet werden. In der württembergischen Kammer hat der Justizminister gesagt, daß der Terrorismus besonders in kleinen Betrieben geübt werde; Arbeiter, die nicht dem freien Verbande angehörten, würden aus den Betrieben hinausgeekelt und sind in vielen Fällen längere Zeit arbeitslos ge⸗ blieben. Die Kriminalstatistik Württembergs zeigt, daß allein 1910 nicht weniger als einige 80 solcher Terrorismusfälle vor den Gerichten zur Aburteilung gelangt sind. Besonders zahlreich sind die Fälle, in denen die Christlich⸗Organisierten zu leiden haben. Ein Spezial— fall, der immer häufiger wiederkehrt, ist die Niederlegung der Arbeit durch die sozialdemokratisch organisierten Arbeiter, um die Entlassung anderweit organisierter Arbeiter aus dem Betriebe zu erzwingen, nicht also, um bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen zu erreichen. (Der Redner führt eine Reihe derartiger Fälle an Ein Arbeiter, der sich nicht Ihrem (zu den Sozialdemokraten) Willen beugt, wird be— schimpft und aus der Arbeit gebracht; nachher aber wird die Sache ganz anders hingestellt und die Schuld der anderen Seite zuge— schoben, was dann aber vor Gericht glücklicherweise nicht immer gelingt. Auch vor den Tarifämtern, so des Malergewerbes, sind die gleichen Verfehlungen festgestellt worden. In Nürnberg haben sich 1911 innerhalb 9 Monaten nicht weniger als 31 krasse Terrorismus— falle herausgestellt; Christlich-⸗Organisierte, die schon 14 und 15 Jahre auf ihrer Arbeitsstätte tätig waren, mußten sie verlassen, es waren Verheiratete und Familienväter mit 7 Kindern darunter. Es wird eine Hetzjagd getrieben, für die man kaum Worte findet, und über die man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Die Wortführer der sozialdemokratischen Fraktion verurteilen hier ein solches Vorgehen, aber draußen machen es ihre Genossen ganz ent— gegengesetzt, und Sie (zu den Sozialdemokraten) rühren keinen Finger, um Remedur zu schaffen. In einem Falle, wo der Terrorist zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, bezahlte diese Geldstrafe der be— treffende Verband. Die freie Bäckergewerkschaft denkt auch keines— wegs daran, den Terrorismus zu verwerfen. Nach ihrem Organ ist er „hoch moralisch“. Gerade weil die sozialdemokratischen Ge— werkschaften diesen trorismus begünstigen, deswegen muß man da⸗ gegen einschreiten. Strafgesetzbuch wird im Reiche sehr un— gleich angewendet. Milde Urteile, ganz besonders bei Roheitsver— gehen, können diese nur fördern. ie Gewerkschaften wollen durch ihren Terrorismus nur alle auf ihre Seite bringen. sich widersetzt, ganz gleich ob r oder Arbeitnehmer, den ver— sucht man unschädlich zu machen. Fälle von Boykott und Terro⸗ rismus müssen auf jeden Fall eingeschränkt werden, mag die Sozial— demokratie auch noch so sehr Zetermordio schreien. Der Weg der Selbsthilfe ist gerade für den klein ndustriellen oft nicht gang— bar. Ein Meister Nahrungsmittelgewerbes in einer von vielen Arbeitern bewohnten Gegend würde ausrichten. D de. Wenn sick dann kann dieser Es ist vor allem

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solche großen Verbände an den Reichstag w nicht so ohne weiteres sich darüber hinwegs nötig, die persönliche Freiheit des Arbeiters zu schützen und die Selbstbestimmung, wo und wann er arbeiten will. Die Freiheit der Koalition wollen wir nicht angetastet wissen. Wir wollen aber den Zwang beseitigen, daß ein Arbeiter einer bestimmten Organisation angehören muß. Es muß verhütet werden, daß ein Arbeiter auf diese Weise brotlos gemacht wird. Es muß deshalb ein Weg geschaffen werden, auf dem der Geschädigte zu seinem Rechte kommen kann. Den Terrorismus der Arbeitgeber kann ich auch nicht billigen, aber mag darf nicht vergessen, daß es sich dabei häufig nur um Abwehr⸗ maßregeln handelt.

Abg. Giesberts (Zentr.): Wille, den Terrorismus zu bekämpfen, nicht lichen Gewerkschaften haben ja unter dem listischen Gewerkschaften am meisten zu leiden. Solange der Partei⸗ vorstand und die Generalkommission gemeinsam und grundsätzlich nicht den eigenen Terroriamus bekämpfen, solange glaube ich nicht an die schönen Worte, die hier sozialdemokratische Redner aussprechen. Ich bin jedech der Meinung im Gegensatz zu dem Abg. Irl, daß die bestehende Gesetzgebung vollständig ausreicht, um hier Wandel zu schaffen. Die Petitionen enthalten aber auch Stellen, die zu starkem Protest

In der Sozialdemokratie ist der alliu stark. Die christ⸗ Terrorismus der sozia

herausfordern. Der polltische Terrorismus ist für mich der rerwerf— lichste, und er ist für das Handwerk besonders verhangnispoll. Das beste Mittel dagegen ist aber, daß man bei Kommunal und Landtags⸗ wablen das geheime Wahlrecht einführt. Einen Druck auf Arbeirer auszuüben, einer bestimmten Organisation anzugehören, halte ich für unmoralisch. Deshalb haben ja auch die christlichen Arbeiter niemals Zwangsmaßregeln des Staates in dieser Beziehung gutgeheißen. Wir beschränken uns darauf, den Terrorismus in der Sozialdemokratie zu brandmarken, der ja zu den eigentlichen Zielen der Partei in direktem Widerspruch steht. Hinter dem großen Geschrei nach Verstärkung der Strafen stehen aber ganz andere Interessen, nämlich die Ab⸗ neigung gegen die Organisationen und gegen die Tarifverträge. Gerade die letzteren haben viele Kämpfe verhindert. Das sehen selbst die Arbeitgeber in ihirer Mehrheit ein. Es genügt, über die Petitionen zur Tagesordnung hinwegzugehen. Ich hoffe, daß die angekündigte Denkschrift der Regierung vollständige Klar⸗ heit schafft.

Abg. von Graefe (dkons : Das Petitionsrecht wird proble⸗ matisch gemacht, wenn in einer Sitzung nur eine oder höchstens zwei Petitionen erledigt werden, deren Gegenstand schon beim Etat er— örtert worden ist. Ich werde mich auf ein paar kurze Erklärungen beschränken. Unsern grundsätzlichen Standpunkt zu dieser Frage haben wir wiederholt dargelegt. Wir können die Aussübrungen des Abg. Irl zu den unserisen machen. Wir hatten auch die Absicht, zu be— antragen, die Petition als Material zu überweisen. Schon die Achtung vor den Einsendern der Petition erheischt es, daß wir nicht über die Petition einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir werden deshalh für den Antrag auf Ueberweisung als Material stimmen.

Abg. Brey (Soz.): Die Konservativen sind am allerletzten be— rechtigt, sich über Terrorismus zu beklagen. Bet der Reichsgründung haben sie den politischen Terror in die Wahlbewegung eingeführt, das war im Schleswig⸗-Holsteinischen. So ist der politische Terror bis in die letzten Zeiten geblieben, wie die Wahlakten dieses Hauses nach⸗ weisen. In wirtschafilichen Dingen machen sie es genau so. Ich verweise auf die Drohungen der Spiritusinteressenten gegen die⸗ jenigen, die sich nicht gefügig zeigen. Der Abg. Giesberts sagte, es helfe hier kein Maulspitzen, es müsse gepfiffen werden. Herr Giesberlis, Sie sind unser Kapellmeister nicht. Ich habe Ihnen schon in der Kommission gesagt, ich warne Sie davor, Terrorismusfälle an— zurühren; wir wären sonst in der Lage, Ihnen Terrorismus— fälle aus Ihren Reihen anzuführen; wir haben nicht die Aufgabe, den Scharfmachern ins Konzept zu reden. Heute sage ich Ihnen, mir zuckt es in den Zäbnen und in den Fingern, Ihnen solche Terrorismusfälle vorzuführen. Verlegen hin ich darum nicht. Auch als Wahrer der Loyalität und Toleranz sich aufzuspielen, ist gerade der Abg. Giesberts und das Zentrum am allerwenigsten berufen. Ueber die Herren, die dem Grafen Oppersdorff so mitspielen und uns Toleranz predigen, lachen ja die Hühner. Vorläufig haben diese Herren es viel notwendiger als die Gewerkschaften und die General— kommission, dem von dem Abg. Giesberts gegebenen Rate zu folgen. Hat nicht an dieser Stelle der Abg. Behrens gestanden und schwere Klage über den Bergwerksunternehmerterrorismus geführt? In der letzten Zeit überschreitet er geradezu alle Grenzen; jeder Arbeiter, der den Werkvereinen sich als Mitglied nicht anschließt, wird entlassen; und die Reichs- und Staatsbetriebe gehen darin voran, die Groß— betriebe, so die Essener, folgen nach. Gerade die hier in Rede stehen— den Petenten sind Wirtschaftsterroristen ärgster Art. Die organisierten Arbeiter haben ihre Forderungen in maßvollen Grenzen gehalten, bei vernünftiger Würdigung ihrer Forderung braucht es zu Streiks nicht zu kommen. Der Zentralverband Deutscher Industrieller hat eine Statistik über den Gewerkschaftsterrorismus über 7 Jahre, von 1904 bis 1910, aufnehmen lassen; diese ergibt im Durchschnitt für das Jahr 17 Fälle, wo Streikpostenstehen zu Verstößen gegen die Gesetze führte; in der gleichen Zeit aber fanden 12 500 Streiks statt. Die Gewerkschaften haben am stärksten zugenommen, die Zahl in Streik— vergehen ist aber zurückgegangen. Wir verbitten uns eine solche Ein⸗ schätzung unserer gewerkschaftlichen und politischen Tätigkeit, als ob die freiorganisierte Arbeiterschaft zu Gewalttätigkeiten und zur Ge— setzesübertretung neigte.

Abg. Giesberts (Zentr.: Sie (zu den Sozialdemokraten) können doch nicht leugnen, daß Sie uns die Christlich-Organisierten, vom ersten Tage unseres Bestehens an, verfolgt, unsere Versamm— lungen gesprengt und jeden denkbaren Schaden zugefügt haben. Ohne Ehristlich-Organisierte und ohne Hirsch-Dunckersche Gewerkschaften sind heute keine gewerkschaftlichen und auch keine Tarifberträge mehr möglich. Ausschreitungen bedauern wir auch; aber Sie (zu den Sozialdemokraten) wollen nicht wahr haben, daß Ihrerseits gewerk— schaftlicher Terrorismus ausgeübt wird. Das sollten Sie endlich ein— mal ehrlich anerkennen, sonst kommen wir nicht zum Ziel. Sie wollen doch eine Partei der Freiheit sein; wenn Ihnen solche ernsten Fälle von Terrorismus nachgewiesen werden, wie sie der Kollege Irl vorgeführt hat, dann erkennen Sie die Situation nicht, wenn Sie auf Ihrem Standpunkt beharren. .

Abg. Hoch (Soz.): Ausschreitungen kommen vor, überall und bei jeder Gelegenheit. Die christlichen Gewerkschaften haben sich dabei keineswegs passiv verhalten; das Material dafür liegt überreich vor. In einem Falle droht ein christliches Gewerkschaftskartell den Unter— nehmern mit der Entziehung von Lieferungen für Kirche und kirchliche Vereine, wenn sie fortfahren würden, Arbeiter zu beschäftigen, die nicht christlich organisiert seien. Sehr bösartige Ausschreitungen und Beschimpfungen sind auch von den Mitgliedern der katholischen Fach— abteilungen gegen unsere Genossen verübt worden. Welchen Zweck kann es aber haben, für Ueberweisungen von Petitionen an die Re— gierung einzutreten, die einen so arbeiterfeindlichen Geist atmen. Es tritt hier geradezu Heuchelei zutage. (Präsident: Ich nehme an, daß sich dieser Ausdruck nicht auf ein Mitglied des Hauses beziehen soll. Zustimmung des Abg. Hoch.)

Abg. Giesberts Gentr.): Den angeführten Fall aus Gnesen kenne ich nicht, werde ihm aber nachgehen; übrigens trifft er nicht das, was wir hier verhandeln, nämlich den Terrorismus, der Arbeiter von einer Werkstelle in die andere treibt, weil sie sich nicht dem gewerkschaftlichen Zwang unterwerfen wollen, weil sie nicht aus der christlichen Organisation austreten wollen. Auch hat sich der Kollege Irl nicht mit scharfmacherischen Tendenzen in den Petitionen einverstanden erklärt; ich meinerseits verurteile durchaus die gehässige Art der Hetzarbeit der „Germania“ gegen das Tarifwesen.

Damit schließt die Diskussion; die Abstimmung wird bi Dienstag ausgesetzt.

Hierauf vertagt sich das Haus.

Schluß gegen 64 Uhr. Nächste Sitzung Montag 2 Uhr. (Kleinere Vorlagen; Nachtragsetat; Rechnungssachen; Etat des Reichsschatzamtes.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

Sitzung vom 21. März 1914, Vormittags 11 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. .

Das Haus setzt zunächst die erste Beratung des Gesetzent— wurfs über Teilung land- oder forstwirtschaftlicher Besitzungen (Grundteilungsgesetz) fort in Verbindung mit der Beratung der Anträge der Abgg. Freiherr von Zedlitz freikons.) und Boisly (ul.), betreffend Erhebungen uber die Zusammenlegung von bäuerlichem Grundbesitz mit Großbesitz, und in Verbindung mit der ersten Beratung der von den Abg. Ecker Winsen (nl. und Genossen eingebrachten Gesetzentwürfe

Allmenden, wegen Schaffung von klein- und mittelbäuerlichen Betrieben und wegen Förderung der inneren Kolonisation durch provinzielle Ansieblungsgesellschaften, sowie des von dem Abg. Aronsohn fortschr. Volksp.) eingebrachten Gesetzentwurfs wegen Förderung der inneren Koüln ],

Auf Bemerkungen des Abg. Nissen (Däne) erwidert der

Minister des Innern Dr. von Dallwitz:

Der Herr Vorredner hat soeben den Entwurf als Ausnahme— gesetz schlimmster Sorte bezeichnet und der Befürchtung Ausdruck ge— geben, daß dies Gesetz in erster Linie gegen Dänen und Polen An— wendung finden werde. Unter einem Ausnahmegesetz versteht man nach deutschem Sprachgebrauch und auch in staatsrechtlichem Sinne ein Gesetz, welches ein Sonderrecht für bestimmte Kategorien der Be— völkerung schaffen soll. Den Beweis dafür, daß das Gesetz diesen Voraussetzungen eines Ausnahmegesetzes entspreche, ist der Herr Vor— redner schuldig geblieben.

Ich glaube aber auch, daß die Befürchtungen, die er an die Aus⸗ führung des Gesetzes geknüpft hat, schon nach der ganzen Güterstruktur, der Verteilung des Grund und Bodens und nach der Lage des Güter— handels in der Nordmark teils unbegründet, teils außerordentlich übertrieben sind. Es ist bekannt, daß Parzellierungen in den nörd— lichen Teilen Schleswigs in verhältnismäßig seltenem Maße vor— kommen, daß mithin die Anwendung der 1 bis 4 im all gemeinen in nur geringem Maße sich als notwendig erweisen dürfte, und daß im übrigen gerade solche Parzellierungen, die auch jetzt in der Nord— mark stattfinden, d. h. durch den Eigentümer des Gutes selbst, so insbesondere Verwandten und Erben gegenüber, durch dies Gesetz in keiner Weise betroffen werden. Es ist also unrichtig, zu behaupten,

die Parzellierung als solche durch das Gesetz ausgeschlossen werden könnte. Sie soll nur dann nicht stattfinden, wenn sie von Güterhandlern gewerbsmäßig betrieben wird, und wenn der gewerbsmäßige Betrieb der Güterschlächterei in einer Weise statt— findet, die den öffentlichen Interessen widerspricht. Ist das letztere nicht der Fall, so wird auch der Zerstückelung von Gütern durch Güterhändler durch dies Gesetz in keiner Weise Abbruch getan, ganz abgesehen davon, daß das Gewerbe der Güterhändler soweit es sich nicht um Parzellierungen handelt ganz unberührt bleibt. Es ist also anzunehmen, daß die 1 bis 4 eine verhältnismäßig geringe Rolle in der Nordmark spielen werden.

Nun hat der Herr Vorredner aber seine Hauptangriffe gegen das Vorkaufsrecht gerichtet. Das Vorkaufsrecht ist auch gestern von ver— schiedenen Seiten als das Bedenklichste in dem Entwurf hingestellt worden; es ist verglichen worden mit der Enteignung (Sehr richtig! bei dem Dänen und den Polen), und es ist behauptet worden, es sei schlimmer als die Enteignung. (Sehr richtig! bei dem Dänen und den Polen. Dieser Vergleich hinkt nicht nur, sondern ist in jeder Beziehung unzutreffend; denn bei der Enteignung handelt es sich darum, einem Eigentümer, der nicht verkaufen will, gegen seinen Willen seinen Besitz abzunehmen, und zwar unter Bedingungen, mit denen er nicht einverstanden ist. Hier aber handelt es sich darum, daß der Eigentümer verkaufen will, und daß der Staat ihm die Be⸗ dingungen konzediert, die er sich selbst ausbedungen hat. Wie man diese beiden Sachen, die so heterogen liegen, sowohl in rechtlicher Beziehung als in ihren wirtschaftlichen Folgen für die Beteiligten, vergleichen kann, ist mir nicht verständlich.

Nun ist aber gerade mit Rücksicht darauf, daß in der Nordmark größere Besitzungen nur in verhältnismäßig geringem Maße vor— handen sind, auch die Möglichkeit, daß größere zu Parzellierungs— zwecken geeignete walzende Güter in großer Anzahl in der Nordmark zum Verkauf kommen, jedenfalls nicht groß. Es wird also auch dieses angeblich so gewalttätig eingreifende Vorkaufsrecht in der Nordmark voraussichtlich in nicht allzu weitem Umfange angewendet werden können. Wenn aber tatsächlich walzenden Gütern gegenüber auch dort bisweilen das Vorkaufsrecht im Interesse der inneren Kolonisa— tion ausgeübt werden sollte, obwohl diese Güter sich vorher in dä—

nischer Hand befunden haben oder soeben an einen Dänen veräußert worden sind, so liegt meines Dafürhaltens darin kein Grund zur Klage und kein Anlaß, eine Maßnahme zu verwerfen und gegen sie zu stimmen, die nicht nur in Schleswig⸗Holstein, sondern im Interesse der Kolonisation in der ganzen Monarchie für erforderlich zu erachten ist.

Wenn nun gestern oder heute von einigen der Herren Redner behauptet worden ist, daß das überwiegende, wenn nicht das einzige

Motiv, das zu diesem Gesetz geführt habe, nationalpolitische Er—

wägungen gewesen seien, so ist auch das tatsächlich unzutreffend; denn es ergibt sich aus den einzelnen Bestimmungen wie auch aus den Motiven ganz deutlich, daß dies Gesetz seine Entstehung der Not— wendigkeit, dem dringenden Bedürfnis, verdankt, im Interesse einer gesunden Bodenverteilung innerhalb der ganzen Monarchie eine ra⸗ tionelle und planmäßige innere Kolonisation, wie sie teils vom Staat, teils mit staatlicher Unterstützung jetzt schon in einer Reihe von Provinzen in Angriff genommen ist, in wirksamerer und umfassenderer Weise als bisher zu fördern und zugleich die den Zielen einer ratio— nellen Kolonisation vielfach oder bisweilen widerstreitende wilde u

planlose Zerstückelung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke durch gewerbsmäßige Güterschlächter unter staatliche Kontrolle zu stellen und auf das im öffentlichen Interesse notwendige Maß zurück— zuführen. Wenn nun diese Bestimmungen vielleicht den Erfolg haben werden, oder dazu geeignet sind, Mißstände, wie sie sich auf dem Gebiet des Parzellierungswesens namentlich in der Ostmark infolge des natio— nalen Konkurrenzkampfes um den Grund und Boden in besonders scharfer Weise herausgestellt haben, abzuschwächen, so ist das nicht nur an sich erwünscht, sondern dringend geboten; denn nirgends in der ganzen Monarchie hat ein so blindwütendes Parzellierungsfieber um sich gegriffen und Schaden angerichtet, wie in den letzten 20 Jahren gerade in den Provinzen Posen und Westpreußen, wo sich eine über— große Anzahl von Güterschlächtern und eine Reihe von Parzellierungs— banken, deren Zahl meines Wissens auf 31 angeschwollen ist, jahraus, jahrein damit beschäftigt hat, um jeden Preis alle nur irgend ver— käuflichen deutschen Besitzungen und Grundstücke ohne Rücksicht auf Bodenbeschaffenheit, Größe und Lage anzukaufen, um sie in tunlichst zahlreiche Teilstücke zu zerschlagen und diese dann wahllos an polnische Reflektanten abzugeben, umd zwar vielfach unter Bedingungen, die ein wirtschaftliches Gedeihen ausgeschlossen erscheinen ließen. (Sehr richtig! rechts) Die Folge war und ist, daß sehr häufig die Erwerber,

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der Dritten Beilage.)

wegen Ansiedlung von Landarbeitern und Schaffung von

zum Deutschen Neichsa

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(Fortsetzung aus der Zweiten Beilage)

die zu hohen Preisen auf mäßigem Boden in dieser Weise angesetzt worden sind, bestenfalls in armseliger Weise sich durchgeschleppt haben, vielfach aber eine ersprießliche Arbeit nicht leisten und wirtschaftlich nicht vorwärts kommen konnten, weil der Bodenertrag und der Ar— beitsverdienst zum großen Teil, wenn nicht überwiegend, aufgesogen wurden durch die hohen Tilgungs- und Zinsraten, die von den Par— zellenerwerbern an die Parzellanten entrichtet werden mußten. Meine Herren, daß solche Parzellierungsmethoden auf die Dauer zu unhalt⸗ baren Zuständen führen müssen, das liegt auf der Hand. Sie kommen aber auch in anderen Landesteilen leider Gottes nicht selten vor.

Nun, meine Herren, haben diese Methoden aber auch noch den Nachteil, daß durch die damit verbundene wirtschaftlich ungesunde und unberechtigte Steigerung der Bodenpreise jede planmäßig innere Kolonisation beeinträchtigt, wenn nicht unmöglich gemacht wird, wie sie in den Ostmarken durch die Ansiedlungskommission, in anderen Provinzen durch staatlich kontrollierte Siedlungsgesellschaften jetzt schon betrieben wird. Das Vorkaufsrecht, das im Gesetz vorgesehen ist, soll daher dem Staat und den staatlich kontrollierten Stellen lediglich die Möglichkeit geben, unter annehmbaren Bedingungen eintretendenfalls den Bedarf an geeigneten Grundstücken für die innere Kolonisation in leichterer Weise als bisher zu decken. Meine Herren, daß diese Wirkung des Vorkaufsrechtes auch der Ansiedlungskommission zugute kommen wird, das ist nur zu begrüßen (Rufe bei den Polen: Natürlich) angesichts der Schwierigkeiten, welche der Ansiedlungs⸗ kommission daraus entstehen, daß notorisch die polnischen Par— zellierungsbanken, abgesehen von Erwerbszwecken, in erster Reihe das Ziel verfolgen, alle Maßnahmen der Staatsregierung zum Schutze des deutschen Besitzes zu durchkreuzen und den deutschen Besitzstand in den Ostmarken planmäßig zurückzudrängen.

Meine Herren, angesichts dieser Tendenz und angesichts des Terrorismus gewisser polnischer Kreise (Lachen bei den Polen), die es den einzelnen polnischen Besitzern geradezu unmöglich machen, Grundstücke an Deutsche, geschweige denn an die Ansiedlungskommission abzugeben, kann es nur erwünscht sein, wenn das Vorkaufsrecht und die damit zusammenhängenden Bestimmungen des Gesetzes nicht nur eine gesunde und zielbewußte innere Kolonisation fördern, sondern auch dazu beitragen, den deutschen Besitzstand in national umstrittenen Gebieten zu erhalten. Das scheint mir sogar eine durchaus im deutschen Interesse liegende und erfreuliche Nebenwirkung des Gesetzes zu sein. Wie demgegenüber von deutscher Seite gestern behauptet werden konnte, daß diese Folge ein Grund sei, gegen das Gesetz zu stimmen, und wie diese Folge sogar als ein Mangel des Gesetzes von deutscher Seite bezeichnet werden konnte, das ist mir allerdings nicht verständlich. Ich kann gerade umgekehrt auch im nationalen Interesse die tunlichst unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs nur dringend empfehlen. (Bravol rechts. Zischen bei den Polen)

Abg. Weis serm el (kons.): Wir begrüßen es, daß durch die Vorlage Land für die Zwecke der inneren Kolonifation gewonnen werden soll. An der Nordsee wird die Landgewinnung bereits praktisch ausgeübt; ich möchte auf die großen Landgewinnungsarbeiten an der Westküste von Schleswig⸗Holstein hinweisen. Dieses Land kann sehr gut für Bauernstellen verwendet werden. Der Staat muß das Land, das er für die innere Kolonisation braucht, nehmen, wo er es bekommen kann. Der Grund der starken Auswanderung deutscher Landarbeiter in früheren Jahren lag in der schlechten Lage der Landwirtschaft. Ich habe es mit großer Freude begrüßt, daß hier erklärt wurde, daß der Großgrundbesitz erhallen werden müßte. Dadurch wird natürlich eine zweckmäßige Aufteilung von Domänen nicht unmöglich gemacht. Es kam hier gestern zum Ausdruck, daß die Ausführung der inneren Kolonisation durch staatliche Behörden überwacht werden muß. Ja, es wurde vorgeschlagen, diese Ueberwachung von den Generalkom— missionen und Spezialkommissionen ausführen zu lassen. Darüber habe ich mich außerordentlich gefreut. In den General— kommissionen sitzen kulturtechnisch gebildete Beamte, welche die innere Kolonisation sehr gut überwachen könnten. Mit unserer Ansiedlungspolitik in der Ostmark befinden wir uns lediglich in der Abwehr. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts hatten die Bauern kein Grundeigentum; das wurde ihnen erst durch die Stein⸗Hardenbergsche Gesetzgebung von 1805 gewährt. Das ging natürlich nicht, ohne daß die bisherigen Grundeigentümer dafür ent— schädigt wurden. Von 18165 bis 1850 sind dann wleder 300 006 kleine, nicht gespannhaltende Stellen eingezogen worden. Diese Einziehung zexuhte auf der gesetzlichen Grundlage von 1813. Wenn demgegenüber gestern von sozialdemokratischer Seite von „zusammengeraubtem Groß⸗ grundbesitz' gesprochen wurde, so muß ich dagegen auf das schärfste Protest erheben. Ich kann das nur als Agitation bezeichnen. Das Aufsaugen des kleinen Grundbesitzes war bedauerlich, hat aber mit dem Bauernlegen nichts zu tun. Wie geschieht es denn in der Industrie? Man sehe sich nur die Leipziger Straße an. Dort sind die kleinen Ge— schäfte derartig aufgesaugt worden, daß nicht eine einzige Säule mehr don entschwundener Pracht zeugt. Mit der Anforderung größerer Mittel für die Zwecke der inneren Kolonisation sind wir auch voll— kommen einverstanden, ebenso damit, daß die Beleihung der kleinen Stellen auf neun Zehntel des Taxwertes bemessen wird. Das ist eine erfreuliche Maßnahme, die wir durchaus begrüßen. Bei den größeren Stellen möchte ich aber diese hohe Beleihung nicht vorschlagen. Auch bei den kleineren Stellen bitte ich nicht weiter mit der Beleihung hinauf zu gehen, sonst kann es vorkommen, daß bei zeitweiser wirt schaftlicher Schwierigkeit der Besitzer die Stelle einfach im Stich läßt. Das Interesse des Besitzers an der wirtschaftlichen Entwickelung seiner Stelle muß unter allen Umständen wachgehalten werden. Der Besitzer darf nicht ein reiner Staatspensionär werden, sondern er soll, wie alle übrigen Menschen im Leben, auf seiner Stelle arbeiten. Für die Gestaltung der Kurse unserer Staatspapiere, besonders unserer Renten⸗ briefe ist es sehr viel besser, wenn wir schrittweise das Bedürfnis nach Anlegung von Stellen befriedigen. Wenn wir jetzt auf einmal 300 Mil⸗ lionen Schatzanweisungen herausgeben, so wird es nicht dazu beitragen, die Kurse der Staatspapiere auf der jetzigen Höhe zu halten. Es besteht ein Unterschied zwischen der Kolonisation der Ansiedlungs—⸗ kommission und der der großen Landgesellschaften. Die Anfiedlungs— kommission hat sehr viel Geld zur Verfügung und macht damit, was sie will, sie baut Schulen usw. E Landgesellschaften und die General⸗ kommission können das nicht alles tun, weil sie nicht die nötigen Mittel zur Verfügung haben. Gegen die innere Kolonisation sind nicht nur bie Großgrundbesitzer, sondern auch die kleineren Bauern gewesen, weil sie befürchteten, daß dadurch die Kommunallasten zu sehr wachsen würden. Man kann es den kleinen bäuerlichen Gemeinden gar nicht verdenken, wenn sie Maßnahmen gefordert haben, die eine zu hohe Be— lastung unmöglich machen. Die Schaffung von Allmenden gereicht

listisch sei werden wir uns nicht abhalten lassen, die innere Koloni⸗

Dritte Beilage nzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

23. Marz

1914.

Berlin, Montag, den

zweifellos den kleineren Leuten zum großen Vorteil. Ueber die Er— höhung des Zwischenkredites freuen wir uns. Ich bitte aber den Minister, daß mit diesem Zwischenkredit nicht nur dle großen Genossen— schaften, sondern auch die kleineren Genossenschaften bedacht werden. Mit der beabsichtigten Bauernansied Wir verlangen aber, daß auch Arbeiters dabei berücksichtigt werden. ugsstellen geschaffen

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das Gesetz eine gute

sitz, also eine gewisse soziale Stufenleiter geschaffen werden afür habe ich mi . . . . 2 . . selbst schon vor einem Jahre aus Wenn von freisinniger

iele ungünstige Erfahrungen ge— zat. Berücksichtigt man dasjenige, was die General kommiss

seit 1891 getan hat, und stellt in Vergleich dazu die Tätigkeit der An

siedlungskommission, dann wird man finden, daß die General kommiffion

mindestens dasselbe geleistet hat. Es wird Schutz des Privateigentums erlangt. Man verlangt aber gleichzeitig ein Eingreifen gegenüber den Fideikommissen. Man darf da nicht vergessen, daß es fich

um Privateigentum handelt. Von einem Ausnahmegesetz

hier natürlich nicht reden. as Parzellierungsgesetz ist ja

deshalb gemacht worden, weil man die Tätigkeit der Ansied kommission auf die ganze Monarchie ausdehnen wollte.

eben dieser den Charakter eines Ausnahmegesetzes nehmen.

von Trampezynski führte dann an, daß die Bestimmungen Gesetzes auf eine Abschneidung des Kredites herauskomm

werden gerade hierin Kredite bis zu einer Grenze gewähr

haupt beinahe über die Grenze des Beleihungsfähigen

Wollte man mehr tun, dann könnte man nur von einem

Kredit sprechen. Das Vorkaufsrecht soll eine Schädigung

käufers in sich schließen. Das ist aber voll kommen unzutreffend. Staat müßte doch in diesem Falle immer das zahlen, was der Käufer geboten hat. Der Besitzer ist ja gar nicht verpflichtet, zu verkaufen. Der Abg. Braun hat sich auf Aeußerungen der Krer itung vom Jahre 1871 berufen. Die Konservativen haben aber inzwischen zu⸗ gelernt und können doch nicht mehr dafür verantwortlich gemacht werden, was einmal von ihrer Seite vor 40 Jahren ausgesprochen worden ist. Da könnte man ja schließlich bis auf den Alten Frißen oder vielleicht sogar auf Albrecht den Bär zurückgreifen. Dem Gefetz wird vorgeworfen, daß damit ländliche ittels ge trieben werden soll. Es handelt s Schaffung von neuen Baueirnstelle; Landarbeitern. Und diese sollen lebensfähig ge en. : kann doch von Mittelstandsretterei gar keine Rede sein. Jeder Landwirt ist bestrebt, eine möglichst gute Rente aus seinem Besitz zu erzielen. Man darf deshalb nicht sagen, daß es dem Besitzer überlassen ist, ob er gut wirtschaften will oder nicht“ Gewiß gibt es auch Luxusgüter, aber wenn der Besitzer jahrelang zugesetzt hat, dann wird er schon anfangen, besser zu wirtchaften. Einzelfälle von schlech⸗ ter Behandlung der Landarbeiter dürfen nicht verallgemeinert werden. Die innere Kolonisation hat sehr gute Ergebnisse gehabt; allerdings geht es nicht so schnell damit, wie manchet wohl menen mag. Durch den Einwurf von sozialdemokratischer Seite, daß dieses Gefetz sozia⸗

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sation zu fördern. Die Sozialdemokratie will, daß der Staat seinen Grund und Boden behalten soll. Wir wollen mit ihr darin zusammen⸗ gehen, daß der Staat seine Domänen nicht parzelliert. Einen Anspruch oder ein Recht auf Ansetzung kann es nicht geben. Die staatlich sub⸗ ventionierten und kontrollierten Gesellschaften müffen das Recht haben, sich geeignete Personen zum Ansiedeln aussuchen zu können. Die Sozialdemokraten meinen: Wenn Sozialdemokraten vom Ansetzen aus⸗ geschlossen werden, müssen sie auch ausgeschlossen werden vom Steuer— zahlen und vom Militärdienst. In beiden Fällen sind sie aber nicht zu entbehren. Wie wäre es aber, wenn die Sozialdemokraten aus— geschlossen würden vom Parlament? Sie fühlen sich doch in diesem verrotteten Klassenstaat und Parlament ohnehin nicht wohl. Wir sind bereit, auf dem Wege der inneren Kolonisation weiter zu arbeiten, und hoffen, daß unsere Bedenken in der Kommission beseitigt werden;

Abg. Rhiel Gentr.): Der Entwurf gibt in einer ganzen Reihe von Punkten zu Beschwerden Anlaß. Die Zuständigkeit der Landes— gesetzgebung ist durch das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetz— buch gegeben. Der 51 des Entwurfs zieht die Kausalgeschäfte in seinen Bereich, was nicht zulässig ist nach der bestehenden Gesetzgebung. In diesem Punkte schließt sich der Entwurf dem bayerischen Gesetz an. In Bayern hat das aber einen Sinn, in Preußen dagegen nicht. Das Rücktrittsrecht scheint uns eine Absurdität zu sein, deren wir uns nicht schuldig machen wollen. Der gewerbsmäßige Vermittler wird genau denselben Bestimmungen unterstellt, wie der Güterschlächter. Ich muß den Abgg. Baerwald und von Trampczynski darin recht geben, daß das Vorkaufsrecht eine Einschränkung der Freizügigkeit bedeutet. Der Justizminister hat gestern eine andere Auffassung geltend gemacht, aber ich kann nicht finden, daß er die Ausführungen dieser Herren widerlegt hat. Er hat ausgeführt, es werde lediglich der Veräußerer getroffen, und wenn dadurch der Erwerber am Erwerh gehindert würde, so sei das nur eine Folgeerscheinung. Nun hat aber gerade der Landwirt— schaftsminister vorgestern hier gesagt, daß nicht der Veräußerer, son⸗ dern nur der Erwerher durch dieses Gesetz getroffen werde. Ich glaube, daß der Landpirtschaftsminister mit seinen Ausführungen recht hat' Wenn nun das Vorkaufsrecht geltend gemacht werden soll, so erhebt sich wieder die Frage, wann dies geschehen soll. Die „Veräußerung“ ist erst vollendet wenn die Auflassung erfolgt und der Erwerber zum Eigen— tümer geworden ist. Gegen den Entwurf müssen so viele Einwände rechtlicher Art geltend gemacht werden, daß ich nur glauben kann, den Verfasser des Gesetzentwurfs hat der Mut der Verzweiflung gepackt. Er mußte eben durch. Es wird nötig sein, das Gesetz in der Kom⸗ mission sehr gründlich zu prüfen.

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Gestatten Sie, daß ich mit ein paar Worten gleich auf die Bedenken eingehe, die der Herr Vorredner vorgebracht hat! Der Herr Vorredner ist ja sehr gründlich zu Werke gegangen,

Er nächst ausgeführt, daß unter der im Art. B. G. B. erwähnten „Veräußerung“ nur tragung des Erwerbes zu verstehen, daß daher in dem Gesetzentwurf der B zu weit gefaßt sei. Aber, meine Herren, so eng darf der Artikel 119 doch nicht aufgefaßt zu verstehen das ganze Veräußerungsgeschäft, also nicht bloß die A lassung selbst, sondern

glaube ich nicht, daß aus setzentw

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119 Nr. 1 E.⸗G.

, „Auflassung und die Ein⸗—

Veräußerung“ ist „Veraußerung '

8a rYF5

Lell ann ist darauf hingewiesen es nicht genügend Ut worden sei, ob, wenn die Genehmigung ausgeblieben un

Auflassung und die Eintragung des Erwerbers der Eigentumsübergang gültig sei oder nicht. D indessen nach der Auffassung der S in dem F 9 des Entwurfs das Wort nach dem Sprachgebrauch letzung eines

verbindlich ist.

aatsregierung

das Geschäft un—

336 8 . 58 Meinung des Entwurfs r

richtige hingestellt hat.

die Fassung des 'etzes noch zu

, . Zwelseln Anlaß geben

vwüÿrdom Sdioso r MWergtung Sor Sgmmissjzar ö Bo ) wurden diese der Beratung der Kommission behoben werden

86 * onne (EX

por 2 * J * w triurmr bei den Polen und im Zentrum.) 6 ** . . 92 898 * . 5 666 * z 5a 5 2 hat der Herr Vorredner darauf hingewiesen, daß bei Aus

übung des Vorkaufsrechts der Erwerber getroffen werde und

nicht der Verkäufer. Ich habe gestern darauf hingewiesen, daß eine Be— schränkung der Veräußerung regelmäßig zugleich eine Beschränkung des Veräußerers sein wird; wenn aber nur die Veräußerung als solche und nicht zugleich der Verkäufer vird, so ist damit noch nichts gegen die Anwendbarkeit des Art. 119 Nr. 1 gesagt. Denn es heißt dort eben nicht, eingeschränkt, sondern

as ganze Veräußerungsgeschäft getroffen werden soll; es ist in Art.“ Nr. 1 E. : .

äußerer“ die Rede. Ich bemerkte schon, daß damit das äußerungsgeschäft betroffen werden soll. Beispielsweise ist richtig, daß bei der Zwangsversteigerung nicht der

troffen wird; aber das ganze Veräußerungsgeschäft ist eingeschränkt

3 , unn, n S. B. SG.⸗B. von der „Veräußerung“, nicht von dem

aon 0 ganze GSeraußerer ge

dadurch, daß das gesetzliche Vorkaufsrecht bestehen bleibt, und insofern ist es nicht ohne Wirkung auf einen zwangsweisen Verkauf, der etwa vorgenommen wird.

der Herr Vorredner besonders eingehen

zrkaufsrecht, wie es dieser Gesetzentwurf konstruiere, mit B. G. B. nicht übereinstimme. Das ist ganz richtig und auch der Regierung vollkommen klar: aber Vorbehalt aus dem Art. 119 deckt ebe 8

Zestimmungen,

äußert, es Vorkaufsrechts bei der Zwangs versteigerung schwierig sein und zu Mißverständnissen führen könne. Wenn hier eine Lücke im Gesetz sein sollte, so wird man sich hierüber weiter zu unterhalten haben (Cachen im Zentrum und bei den Polen.), und es wird hierzu die Kommissionsberatung besser als das Plenum zu wählen sein. Ich kann für die Regierung erklären, daß sie auf alle diese erheblichen Bedenken des näheren einzugehen bereit ist, un scheint mir, wie gesagt, eine Kommissionsberatung am geeignetste zu sein. (Sehr richtig! bei den Freikonservativen.) Abg. Wach horst de Wente (nl. ): Im n Vereinigten Staaten von Amerika wohnen heute auf dem fast ebensoviel Farmer un s wir Deutschland 5

Ven e Element Rückgrat der politischen und wirtschaft Die Vereinigten Staaten haben eine olonisation getrieben. J .

ausgenommen. 1

* . or- Geber, de

Areal von Ackerland geschenkt und Steuerfreiheit für und nur die einzige Bedingung daran geknüpft, daß er diesem geschenkten Grund und Boden wohnen und Dadurch ist es der Nation möglich geworden, sich diesen guten , ,. mnäueignen; um den beute schon die alten Kulturnationen Amerika beneiden. Auch heute noch gehen zahlreiche deutsche B nach dem Auslande. Nach der deutschen Reichsstatistik lich durchschnittlich etwa 20 680 Menschen sein. Vereinigten Stgaten aber wandern allein nach Amerika Über z Deutsche aus. Nach Professor Sering sind wal der letzten hunderte im Osten etwa eine Million Hektar deutschen verloren gegangen. Professor Sering sagt, daß wir noch innere Kolonisation treiben. Ich bin auch dieser Mein heute noch lange nicht so weit im Osten unferes Vaterlan diese eine Million Hektar deutschen Bauernlandes, das uns Jahrhunderten verloren gegangen ist, wiedergewonnen haben. müssen wir heute eigentlich kolonisteren? Aus dem Grunde, Menschen im Lande besser zu verteilen. Heutzutage der Stadt, besonders nach der Großstadt und nach Weifellos stellenweise höhere Löhne gezahlt werden. Kolonisation wollen wir den seßhaften Bauernstand den wieder einführen, wo er heute verschwunden ist. nn die innere Kolonisation zunächst eine bessere Verteilung der di rung erreichen, so kräftigen wir auch damit den inneren Mar ür die deutsche industrielle Produktion von erheblicker Wi Wir verkennen sicher nicht den f Wert ei

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53 s Industrie

wreso d; zwo Urch die innere

und das verdient alle Anerkennung. Aber ich glaube, daß die vielen Fragen, die er angeregt hat, sich im einzelnen doch nur bei der Kom— missionsberatung näher werden erörtern lassen; es ist wohl kaum mög- lich, alle die verschiedenen rechtlichen Erwägungen hier im Plenum von allen Seiten und nach allen Richtungen hin zu erörtern. Aber ich gebe ohne weiteres zu, daß alles, was er gesagt hat, der gründlichen Nachprüfung bedarf, und dazu wird die Kommsission der geeignete Platz sein. Ich möchte mich deshalb hier nur auf ein paar ganz kurze Bemerkungen beschränken, ungefähr anknüpfend an den Gang der Rede

and,

ie des Großgrundbesitzes. Jahren der Uebernahme des Bodens durch den Äns erhebliche Produktionssteigerung zu berzeid Schweinen war sogar eine Produktionszun statiern. ugt, daß .

ug 111 1 auch in der Provinz Sachsen, die Produktie

Ich bin fest davon überze

1

des Herrn Vorredners.

6 Rokr aon 9 sehr CUlbhedlich steigen würd,

dem Wlugenblicke an