Mecklenburg⸗Strelitz.
Einer amtlichen Mitteilung zufolge hat gestern im Groß— herzoglichen Residenzschloß in Neu Strelitz die Verlobung Seiner Durchlaucht des Prinzen Julius Exrnst zur Lippe mit ihrer Hoheit der Herzogin Marie zu Mecklen⸗ burg stattgefunden. Der Bräutigam ist der jüngste Bruder Seiner Hochfürstlichen Durchlaucht des Fürsten zur Lippe, die Braut die älteste Tochter Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz und ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Elisabeth, geborenen Prinzessin von Anhalt.
Oesterreich⸗Ungarn.
Nach dem gestrigen Abendbericht über das Befinden des Kaisers sind die Symptome des trockenen Katarrhs ziemlich unverändert. Die Herztätigkeit ist kräftig, Appetit und Allgemeinbefinden lassen nichts zu wünschen übrig. Der Kaiser empfing gestern den Erzherzog Franz Ferdinand sowie den Oberhofmeister Fürsten von Montenuovo und die beiden Generaladjutanten. Wie heute vom „W. T. B.“ gemeldet wird, hatte der Kaiser eine gute, erquickende Nacht, wodurch alle Krankheitserscheinungen sich günstig beeinflußt zeigen.
— Gestern sind in Budapest die Tagungen der Delega⸗ tionen eröffnet worden. Bei dem feierlichen Empfange der Delegationen in der Hofburg erwiderte der Erzherzog Franz Ferdinand in Vertretung des Kaisers auf die Huldigungs⸗ ansprachen der beiden Delegationspräsidenten laut Meldung des „W. T. B.“ mit folgenden Worten:
Seine Majestat haben mir den ehrenvollen Auftrag erteilt, Allerhöchstdseselben heute zu vertreten. Ich habe Ihre Ver⸗ sicherung treuer Ergebenheit und Anhänglichkeit für die Person unferes erhabenen Monarchen mit lehhafter Befriedigung ent⸗
gegengenommen und werde nicht verfehlen, Seiner Majestät von * diser Huldigung Kenntnis zu geben. Seit der letzten Delegationstagung hat die internationale Lage keine weitere wefentliche Entspannung erfahren. In engster
Fühlungnahme mit den Bundesgenossen ist die Regierung Seiner Majestät bestrebt, durch Pflege möglichst vertrauensvoller Be— ziehungen zu allen Kabinetten auf Erhaltung und Befestigung des Fri-dens Europas binzuwuken. Die Thronhesteigung des Fursten Wil belm von Albanien bietet eine Gewäbr für die gedeihliche Ent. wicklung des neuen Fürssentums. Die besten Wünsche Seiner Majestät begleiten den Erlauchten Herrscher in semner friedlichen RFulturarbeit. Das Erfordernis der Heeresverwaltung bewegt sich in normalen Grenzen. Angesichts der raschen Fortschritte in der Entwickelung der Flotten aller Maͤchte ist die Anforderung eines größeren Betrageg für die weitere Ausgestaltung der Krüegs—⸗ marine unvermeldlich geworden. Durch Inangriff nahme des Baues der Bosnisch⸗Herzegowinischen Bahnen, wird den unaufschiebbaren strategischen Und wirtschafstlichen Bedürfnissen Rechnung getragen. Von Seiner Majestät beauftragt, Ihnen die Zusicherung Allerhöchst⸗ seines vollen Vertrauens in Ihre bewährte Opferwilligkeit und Ihren patriotischen Eifer zu entbieten, begrüße ich Sie aufs herz ⸗ sichste und wänsche Ihren Arbeiten besten Eriolg.
In der Oesterreichischen Delegation, die am Nach⸗ mittag zusammentrat, brachte gleich zu Beginn der Sitzung der deutsche Sozialdemotrat Dr. Ellenbogen einen scharfen Protest dagegen ein, daß, während das Abgeordneten⸗ haus von seiner verfassungsmäßigen Tätigkeit ferngehalten werde, die Delegation einberufen werde, was er als eine dem Abgeordnetenhause angetane Schmach bezeichnete. Er bean⸗ tragte, als Einspruch dagegen, die Verhandlungen der Delegation solange zu vertagen, bis in Oesterreich wieder verfassungsmäßige Zustände herrschten und der Reichsrat wieder einberufen worden sei.
Nach dem Bericht des . W. T. B.“ schloß sich der tschechische Sozialdemoktat Nemec dem Antrag: des Abg. Dr. Ellenbogen an. Fer Mmistervrästdent Graf Stuergkh widerlegte einerseits die Behauptungen des Abg. Dr. Ellenbogen, daß die Einberufung der Delegationen nicht geile wahig erfolgt sei, und legte andererseils dar, daß die Regierung alles getan habe, um die Arbeitsfähigkeit des öfterreich schin Abgeordnerenhbauses zu sichern. Auch weiterhin sei die Regierung gern bereit, im Einvernebmen mit den Parteien dieses Ziel anzustreben. Der Mmnisterpräsident verwies darauf, daß er erst gestern im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses sich bereit erklaͤrt habe, an der für Anfang Mai einberufenen Konferenz der Obmänner aller Parteten teilzunebmen. Es könnte aber nur eine solche Session des Abgeordnetenhaules angeftrebt werden. deren Arbeitsfahigteit gesichert sei. Graf Stuergkh wandte sich schließlich gegen den Vertagunggantrag der Sozialdemo—⸗ kraten, die einerseits die Lihmlegung des österreichischen Abgeordneten bauses bedauerten, andererseits aber die verfassungsmäßige selbständige Institution der Delegation lahmlegen wollten. Ber Mmisteipräsident Fetonte in seinen Ausführungen wiederholt, daß auch die Regierung aufs tiefste den Stillstand der parlamentarischen Tatigkeit des Abge—⸗ ordnetenhauses bedauere.
Der den Vorsitz führende Alterspräsident erklärte, den Antrag der Sozialdemokraten nicht zur Abstimmung bringen zu können, da zunächst die Konstituierung des Hauses vor— zunehmen sei. Das Herrenhausmitglied Graf Sylva— Tarouca wurde hierauf zum Präsidenten und der Abgeordnete Dr. Leo zum Vizepräsidenten der Delegation gewählt. Nach einer kurzen Antrittsrede des Präsidenten wurde die übliche Konstituierung durchgeführt und die Ausschüsse gewählt, denen die eingebrachten Regierungsvorlagen zugewiesen wurden. So— dann brachte der Präsident den Antrag der Sozialdemokraten auf Vertagung der Beratungen der Delegation zur Abstimmung. Dieser Antrag wurde mit allen gegen die Stimmen der Sozial— demokraten und tschechischen Agrarier abgelehnt. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
— Der gestern den Delegationen unterbreitete Gemein⸗ same Voranschlag weist obiger Quelle zufolge ein Gesamt⸗ erfordernis von 586 Millionen Kronen auf; außerdem werden 8 j 83 j 83 2 5 5 Spezialkredite in Höhe von 182 Millionen angefordert, von denen 81 Millionen auf das Heer und 101 Millionen auf die Marine entfallen.
Der Spezialkredit für das Heer stellt eine Anforderung von Raten der durch die Delegationen bereits bewilligten Gesamtkredite für die Ausgestaltung des Heeres dar. Der Spezialkredit für die Harine fetzt sich zusammen ans den letzten Raten der durch die Delegationen bereits bewilligten Kredite zur Ausgestaltung der Flotte und der erften Rate von 45 Millionen des neuen außerordentlichen Erfordernisses von rund 427 Millionen, das für die nächsten fünf Jahre aufgestellt worden ist. Diese Millionen sind hauptsächlich für den Bau und' die Ausrffung von vier Schlachtschsffen mit ungefähr 24 500 t Gehalt, von sechs Torpedofahrzeugen, zwei Dongumonitoten, für den Ausbau eines Seearsenals und für den Ausbau Sebenicos als Flotten⸗ stäßpunkt bestimmt. In der Begründung des neuen Marineerforder⸗ niffes wird darauf hingewiesen, daß die im nahen Osten eingetretenen Umwäljungen wesentliche maritime Machtverschiebungen im Mittelmeer erwarten lassen. Deshalb sei es dringend geboten, rechtzeitig Vorsorge zu treffen, wie sie zur Aufrechterhaltung der Seegeltung der Monarchie im Mittelmeere unbedingt notwendig seien. Die vier angeforderten Schlachtschiffe stellten Ersatzbauten für die Monarchenklasse dar und die drei Kreuzer einen Ersaz für die Zentaklasse. In Budget des
Minsisteriums des Aeußern sind unter anderem Erhöhungen 22 für die Umwandlung des Honorarkonsulats in München in ein * tatsächlich Generalkonsusat und für die Umwandlung des effektiven Vlzekonsulatß in Dortmunz in ein Konsulat. In einer besonderen Vorlage fordert das Ministerzum des Aeußern einen Nachtragekredit von 120 000 Kronen, Diesem Betrage hatte die Regierung auf den Voischlag der englischen Regierung auf Einleitung einer internationalen Hilfsaktion angesichts der Notlage Albaniens zugestimmt und ihn zu diesem Zwack bereits flassig gemacht. Dabet erklärte sie sich bereit, weitere 120 090 Kronen aufzuwenden, falls auch die übrigen Großmächte die gleiche Verpflichtung ü dernähmen.
— Vom Ministerium des Aeußern ist, den Delegationen ein Rotbuch vorgelegt worden, das 926 diplomatische Akten⸗ stücke aus der Zeit vom 13. August 1912 bis zum 6. November 1913 enthält. .
Wie W T. B.“ berichtet, beginnt es mit einer Zirkulardevesche an die Botschaften in Berlin, London, Paris, Rom und St. Peters⸗ burg, worin ein Meinungsaustausch über eventuelle gemeiasame Schritte bei der Pforte und den Balkanstaaten angeregt wird, um einer drohenden Störung des Friedens am Balkan vorzubeugen. Aus dieser und noch deutlicher aus dem folgenden Telegramm vom 14. September 1912 an den Geschäftsträger in Berlin erhellt, daß dem Wiener Kabinette das Bestehen der damals noch geheim gebaltenen Verträge zwischen den Balkanstaaten bekannt war, und daß es, seiner bie berigen Politik getreu, nichts unversucht lassen wollte, um in enger Fühlungnahme mit den anderen Großmächten an der Erhaltung des status quo am Balkan mstzuwirkn. .
Einen breiten Rauin im Rotbuche nimmt Albanien ein, für dessen Schaffung Oesterreich Ungarn und Jialien, den gemeinsamen Interessen in der Adria entsprechend, unausgesetzt Hand in Hand Antreten. Die ftete Fühlungnahme und Uebereinstimmung erhellt befonders aus dem von den beiderseitigen Regierungen vereinbarten und der Londoner Vereinigung vorgelegten albanischen Statut, aus ihren Vorschlägen über die Abgrenzung des neuen Staatsgebietes und aus dem am 23. Juni 1913 von den beiden verbündeten Mächten unter⸗ nommenen ersten Schritte am Bukarester Hofe, der zur Wahl des Prinzen zu Wied zum Fürsten von Albanien führte.
Ein Telegramm vom 8. Nevember 1912 an den damaligen Ge⸗ sandten Ugron läßt die wohlwollende Haltung der Monarchie gegen⸗ über den Bestrebungen Serbiens nach einer ansehnlichen territorialen Vergrößerung erkennen. Weitere Aktenstücke zeigen, wie sich das Wiener Kabinett später genötigt sah, oft mit größtem Nachdruck seine Interessen Serbien und Monfenegro gegenüber zu verteidigen, wo man mit der Uneinigkeit der Mächte rechnen zu können glaubte, bis die Monarchie endlich gezwungen war, am 18. Oktober 1913 dle serbische Regierung den Ernst der Lage in unzweldeutiger Weise erkennen zu lassen. Hinsichtlich Bulgariens erhellt aus dem Rotbuche, daß Bulgarien auf die Unterstützung Oesterreich Ungarns unter der Vorgussetzung einer vor- berigen aufrichtigen Verständigung mit Rumänien hätte rechnen können. Daß eine solche nur auf Grund einer territorialen Ent⸗ schädigung erreicht werden konnte, darüber war die bulgarische Re⸗ gierung frühzeitig unterrichtet worden. Es wurde betont, daß das Wiener RKabinett' den rumänischen Wunsch nach einer Kompensation für berechtigt halte und der Sofioter en den Rat erteilte, durch eine direkte Aussprache mit Bukarest die Grundlage zu einer dauernden Verständigung zu legen.
Bei der St. i hr, Vereinigung trat die Monarchie in erster Linie für die kumänischen Wünsche ein, nachdem sie auch bei den Besprechungen mit den Verbündeten (Telegramm an Botschafter Szöcveny vom 30. Okteber 1912) als eines der vitalen Interessen der Monarchle die Befriedigung berechtigter Wünsche Rumäniens. bezeichnet hatte. Am 3. November 1912 wird dann auch dem österreichisch ungarischen Gesandten in Bukarest auf⸗ getragen, dem König Farol zu erklären, daß Desterreich Ungarn bereik sei, den rumänischen Entschädigunggan prüchen seine Unterstützung zu leihen. Aus weiteren Dokumenten geht hervor, wie Graf Berchtold für die Heranziehung des rumänischen Gesandten zu den Botschafterberatungen in London enntrat. Die Rumänien betreffs seiner Entschädigungsansprüche gewährte diplo⸗ matische Unterftützung ist mehrfach ersichtlich, besonders aus einer Instruktion vom 21 März 1913 bezüglich des Eintretens der Monarchie für die Abtretung Silistrias sowie aus Telegrammen
dom 25. Juni 1913 an die Gesandten in Atben und Belgrad in Angelegenheit der Bukarester Friedens verhand⸗ fungen. Entsprechend den in einem Zirkularteleg amm vom 24. November 1912 an die Botschafter bei den Großmächten
vom Wiener Kabinett vertretenen Standpunkte, daß es die Bestim⸗ mungen eines eventuellen zwischen den Kriegführenden direkt zustande gekommenen Frledeneschlusses nicht als endgültig anzuseben in der Lage wäre, beanfprucht Graf Berchtold in einem am 15 Dezember I912 an den Botschafter Grafen Mensdorff gerichteten Telegramme für die Großmächte das Recht, sich ihre . zu der Gesamt⸗ heit der ju regelnden Gebietzänderungen vorzubehalten, welcher Standpunkt in' den Reunionsbeschlüssen vom 21. Juli 1913 sodann als ein von allen Großmächten anerkannter Grundsatz
zum Ausdruck gebracht wird. Der Gedankenaustausch zwischen den Kabinetten über die Anwendung diese? Grundsatzes führt, wie aus einem Telegramme des Grafen. Thurn
vom 11. Auzust 1913 zu eisehen ist, zu einer freundschafllichen Aus—⸗ sprache zwischen dem Wiener und dem St. Petersburger Auswärtigen Ämte, die in ihren Auffassungen über den Bukarester Frieden vielfach übereinftimmen. So meldet Graf Thurn am 2 September 1912, der Minister Sasonow stelle fest, daß die russische Politik am Balkan die gleichen Ziele verfolge, wie die vom Wiener Kabinett angeführten; am 17. September 1912 sagt Sasonow dem K. K. Geschäftsträger, er habe eine Zirkulardepesche erlassen, die er als Eigänzung einer früheren Anregung Desterreich Ungarns ansehe, und fügt hinzu, alles hänge nun bon der Haltung der zwei am meisten interessierten Großmächte, Oesterreich-Ungarns und Rußlands ab. Die Vertreter der beiden Mächte bei den Balkan—⸗ staaten werden dann auch am 7. Oktober 1912 angewiesen, einen ge meinfamen Schritt behufs Verhütung des Krieges zu machen. Auch weiterhin dauern die Bemühungen, auftauchende Interessengegensätze
zwischer Wien und St,. Petersburg im Wege einer direkten Aussprache einer beiderseits befriedigenden Lösung zuzuführen, fort. Beispiele hierfür geben der Bericht des Grafen
Thurn vom 30. Dezember 1912 sowie der in den Telegrammen nach Belgrad und Cetinje vom 30. Juni 1913 wiedergegebene Londoner Beschluß. In einem Telegramm vom 16. August 1913 wiederholt der Botschafter Graf Thurn eine Aeußerung des Ministers Sasonow, die dahin lautet, der Minister stelle mit Befriedigung die in der letzten Balkanphase zutage getretene Solidarttät der Auffassungen beider Kabinette fest und meine, es wäre im Interesse der beiden Nachbar⸗ monarchien gelegen, wie bisher, in einem Gedankenaustausche über die schwebenden Fragen zu bleiben, um gemeinsam an der Erhaltung des Friedens am Balkan zu arbeiten.
Großbritannien und Irland.
Im Unterhause fragte gestern der Abgeordnete King liberal, ob der Staatssekretär Grey Kenntnis habe, daß kürzlich ein weiteres militärisches Einvernehmen zwischen den Mächten der Tripleentente gefordert worden sei im Hinblick auf eine gemeinsame Aktion auf dem Kontinent für den Fall gewisser Eventualitäten, und zweitens, ob die Politik Englands auch weiterhin frei von allen Verpflichtungen , Operationen auf dem Kontinent
eibe.
Wie . W. T. B.“ meldet, erwiderte der Staatasekretär Grey, die erste Frage sei zu verneinen. Was die zweite Frage anbetreffe, so bleibe die Stellung Englands dieselbe, wie sie in der Erklärung des Premierministers Asquith am 24. Märß; 1913 dargelegt
worden sei.
Hierauf brachte Austen Chamberlain namens der Opposition eine Resolution ein, daß mit Rücksicht erstens auf die ernste Natur der Flotten⸗ und Heeresbewegungen, die kürz⸗ lich von der Regierung gegen Ulster ins Auge gefaßt worden seien, zweitens mit Rücksicht auf die Unvollständigkeit und Ungenauigkeit in wesentlichen Punkten der Ministererklärungen und drittens mit Rücksicht darauf, daß es die Regierung be⸗ ständig habe daran fehlen lassen, der Lage aufrichtig gegen⸗ über zu treten, das Haus der Meinung sei, daß eine vollkommene unparteiische Untersuchung über alle Umstände stattfinden solle. ̃ . Chamberlain warf einen Rückblick auf die mit dem angeblichen Anschlag gegen Ulster in Zusammenbang stehenden Ereignisse und sagte, die von der Regierung gegebenen Erklärungen seien unrichtig in Einzelbeiten und als Ganzes unglaubwürdig; er fordere desbalb eine umfassende, unparteiische gerichs liche Untersuchung. Der Erste Lord der Admiralität en d ff erklärte, dies sei das kühnste Tadels—
poͤtum und die Unverschämteste Forderung einer Unter. fuchung, die jemals vorgekommen seien. Carson und. Craig seien eben erst von ihren kriegerischen Heldentaten
zurückgekommen, um eine gerichtliche Untersuchung über die Haltung der Leute zu fordern, die für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung verantwortlich seien. Dies sehe ja einem Tadelsvotum von Verbrechern gegen die Polizei ähnlich. Der Redner erklärte, er wänsche es vollkommen klar zu stellen, daß die Regierung, wenn es zu einem Aufstand käme, ihn niederschlagen würde, und daß sie, wenn ein Bürgerkrieg ausbräche, ihr Bestes tun würde, um ihn zu unter— drücken. Es würde weder einen Aufstand noch einen Bürgerkrieg geben, wenn er nicht durch Ulster herbeigeführt würde. Er bitte das Haus, zu versuchen, zu einer besseren Lösung zu kommen, und lenke die Blicks des Haufes auf die Wirkung, die seine Entschlüsse im Auslande haben würden. In jedem befreundeten Lande herrsche Sorge bei der Vorstellung, daß die Macht, die das europäische Gleichgewicht darstelle, zeitweilig erschüttert werden könnte, Natürlich wüßte das Ausland nicht, daß im Falle von äußeren Schwierigkeiten oder einer von außen kommenden Bedrohung alle inneren Schwierigkeiten veischwinden würden. Wenn dies geschehen könnte, sobald an den Patriotismus appelliert werde, warum könnte eg. nicht auch geschehen, wenn an die Freundschaft im Innern appelliert werde? Carson würde im Falle eines Kampfes große Gefahr laufen, wes. halb wolle er nicht einige Gefahr um des Friedens willen laufen? Heute liege ein ehrenvoller Friede nicht außerhalb des Bereichs der Möglichkeit, morgen abet könne es damit schon für immer vorbei sein. Weshalb konne nicht Carson tapfer sagen: „Gewähren Sie mir meinen Abänderungsantrag zur Homerulehill, um die Würde und die Inter⸗ essen Ulsters zu wahren, das ist den Ausschluß Ulsters, und zur Vergeltung will ich all meinen Einfluß und guten Willen anwenden, um Irland zu einer vollkommenen Einheit in einem Föderativsystem zu machen?“ Wenn Carfon dies sagte, so würde es einen großen Einfluß auf die Ümgestaltung der politischen Lage haben, und jedermann würde ver⸗ pflichtet sein, seine Stellung zu diesen wichtigen Dingen noch einmal zu überlegen. Wenn eine solche Sprache geführt würde, so würde der Weg des Hasses, den man so lange vor Augen gehabt hätte, einer helleren und schöneren Aussicht Platz machen und würde anstatt Schande allen Beteiligten Ehre bringen.
Rußland.
Die Reichsduma beriet gestern einen Gesetzentwurf, betreffend eine Vereinfachung der Zollformalitäten bei der Ausfuhr von Waren, und gab dem Wunsch Ausdruck, daß der russische Zucker nur aus russischen Häfen und auf russischen Schiffen nach dem Auslande ausgeführt werde.
Serbien. z
Wie das Amtsblatt meldet, ist der General Popowitsch in den Ruhestand versetzt und der General Bojowitsch zum Oberstkommandierenden der Truppen in den neuen Gebieten ernannt worden.
Albanien.
Die albanische Regierung hat zur Verstärkung ihrer Streit⸗ kräfte im Süden des Landes aus Tirana, Berat Elbassan und Starova Miliz in Stärke von 2500 Mann in die Gegend von Koritza entsandt.
Amerika.
Der Staatssekretär Bryan übermittelte gestern dem deutschen Botschafter Grafen Bernstorff zunächst inoffiziell den Dank der amerikanischen Regierung für die freundliche Haltung im Falle des Dampfers „Ypiranga“ und für die energische Hilfeleistung des Kommandanten und der Mannschaft des deuischen Kreuzers „Dresden“ bei der Rettung der Amerikaner in Tampico. Bryan versicherte dem Grafen Bernstorff, es werde ihm noch ein offizielles Anerkennungs— und Dankschreiben zugehen.
— Der spanische Botschafter in Washington Riano teilte dem Staatssekretär Bryan, wie „W. T. B.“ meldet, mit, daß Huerta im Prinzip die Vermittlung der südamerikani⸗ schen Republiken bedingungslos angenommen habe.
— Nach Meldungen aus der Stadt Mexiko hat sich dort seit zwei Tagen eine freundlichere Haltung gegenüber den Ausländern bemerkbar gemacht. Dies wird obiger Quelle zufolge zum Teil darauf zurückgeführt, daß die Anhänger der Infurgenten bemüht sind, in der Stimmung des Publikums
einen Wechsel herbeizuführen. Es wurden Flugblätter in Umlauf gesetzt, in welchen das Volk ersucht wurde, die Amerikaner zu schützen, Huerta, weil er die Landung der Amerikaner in Vergcruz verursacht habe, gebrandmarkt und das Volk aufgefordert wurde, an einem Umzuge zum Zeichen der Mißbilligung für Huerta teil— zunehmen. Der Umjug hat am Sonnabend stattgefunden.
Nahe der Stadt Mexiko ist eine Schlacht zwischen Insur⸗ genten und Regierungstruppen im Gange. Der genaue Ort des Kampfes ist nicht bekannt. Der Regierungsgeneral Velasco, der im Kampfe zweimal verwundet wurde, ist mit vierhundert verwundeten Bundessoldaten in der Stadt Mexiko eingetroffen. General Pena ist in der Schlacht gefallen.
In Veracruz ist eine amerikanische ö eingesetzt worden. Der Amerikaner Robert J. Kerr hat die Regierung übernommen.
Der Konteradmiral Fletcher hat unter dem in Veracruz herrschenden Kriegsrecht die Landungs⸗ und Ladeplätze der Terminal-Company, einer britischen Gesellschaft, in Besitz ge—⸗ nommen. Wie der Admiral erklärt, war diese Maßnahme notwendig, um normale Zustände wiederherzustellen. Die Ge⸗ sellschaft habe eine über alles Maß hinausgehende Pachtsum me gefordert. Der britische Konteradmiral Craddock, bei dem sich die Gesellschaft beschwerte, verwies sie an das Auswärtige Amt in London.
Die Transportschiffe mit den amerikanischen Truppen unter General Funston sind gestern in Veracruz eingetroffen, Sobald die Truppen ausgeschifft sind, wird sich der Admiral Fletcher, der bisher die Operationen geleitet hat, wieder au] sein Flaggschiff zurückbegeben und auch alle Matrosen werden
wieder an Bord ihrer Schiffe gehen.
Nach zuverlässiger Meldung aus Monterey sind Deutsche und ihr Eigentum bei der Einnahme dieses Ortes durch die Rebellen nicht zu Schaden gekommen. .
Die Regierungen von Uruguay, Peru und Kuba aben sich dem Vermittlungsvorschlage Brasiliens, Argentiniens und Chiles angeschlossen.
—
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags sawie der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses zer Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (67) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister der geistlichen und Unter⸗ richtsangelegenheiten H. Dr. von Trott zu Solz und der Finanzminister Dr. Lentze beiwohnten, stand zunächst zur Esten Beratung der Gesetzentwurf, betreffend die Fest⸗ sellüug eines Nachtrags zum Staatshaushals etat für 1913, nach dem zur Erwerbung des Grundstücks König— grätzer Straße 121 Prinz Albrecht-Straße 6 in Berlin für ins— zesant 6 Millionen Mark eine erste Rate von 3 Millionen Mark bewilligt werden soll. Die Deckung soll erfolgen durch nen Mehransatz der Einnahmen aus Zinsgewinnen, die in— solge der hohen Diskontsätze bis zum Herbst 1913 sowie durch instigere Anlegung der Bestände des Ausgleiche fonds und zutzung vorzeitiger Einzahlungen auf die neue Schatzanweisungs—⸗ mleihe aufgekommen sind.
bg. Br. Liebknecht (Sez); Was zunächst den Deckungs— porschlag betrifft, so ist es hochinteressant, wie leicht der Finanz- umnsster Millionen aus dem Nichts hervorzaubern kann; er scättelt die Millionen hier nur so aus dem Aermel. Politisch hel bedeutsamer ist, daß dieselbe Angelegenheit uns schon 1913 peschättigt hat und daß sie als ein Skandalosum der inneren Jawaltung bezeichnet werden muß. Der Reichstag hat gegen Fe Transaktionen und Techtelmechteleien der Reichsverwaltung nit dem Herrn von Winterfeld in der schroffsten Weise sroönt gemacht und die darauf bezügliche Vorlage im Jahre iz so behandelt, daß sie zurückgezogen werden mußte; in em Jahre sah er sich vor eine unabänderliche Tat- sctbe gestellt, nachdem die Reichsverwaltung den Spruch eines Echedsgerichts herbeigeführt batte, der sie verurteilt hat. Fer Reichstag hat aber den Regreß gegen die schuldigen Beamten sich drücklich vorbehalten, die unter Mißachtung des Budgetrechts des Höchttags an den Machenschaften teilgenommen haben, die darauf ab— ten, dem Chef des Militärkabinetts eine neue Wohnung zu verschaffen. Diöses budgetwidrige Verhalten des Kriegsministeriums und der Heeres pemaltung gehört unmittelbar zu unserer heutigen Vorlage. Im vorigen
bre erfuhren wir, daß von den 6 Millionen nicht weniger als sz Millionen Mark als Entschädigung für Herrn von Winterfeld allt, werden müssen. Von der Zusammensetzung der Millonen finden wir in der heutigen Vorlage kein Wort. Rese 26 Millionen sind aber eine Abfindung des Reiches an m Herrn für die frühere Transaktion, und sie sind auch nur häsäblen infolge des rechtswidrigen Verhaltens der erwähnten Hätebeamten. Trotzdem kommt nun die preußische Staats⸗ ang mit der Forderung, daß diese Summe von Preußen über ⸗ mmm wird. Dieses Ansinnen, diese mehr als starke Zumutung n rm Hause aufs energischste zurückgewiesen werden. Die haze ist geradezu ein Pbänomen von Zumutung einer Regierung shniber einem Parlament, sie ist ein Unkkum; es war not— Fenig, schon in diesem Stadium der Verhandlungen darauf einzu⸗ ben, der Katze die Schelle umzuhängen, weil wir unsererseits in der Kdgetkommission nicht vertreten sind. Hoffentlich wird die Kom— sson genügend Mut besitzen, um die Vorlage dorthin zu werfen, Ihn sie gehört: in die Wolfsschlucht.
Hierauf nimmt der Finanzminister Dr. Lentze das Wort,
tsen Rede morgen im Wortlaut wiedergegeben werden wird.
Schluß des Blattes.)
Bei der Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise lönigs berg 6 (Braunsberg-Heilsberg) am 24. April wurden ich den endgültigen amtlichen Ermittlungen insgesamt 11939 immen bei 21 766 Wahlberechtigten abgegeben. Hiervon hellen der Gouverneur a. D. Freiherr von Rechenberg— Frlin-Schöneberg (Zentr. 10 884 Stimmen, der Erzpriester sinmann-Wormditt (Z3entr.) S802 Stimmen und der Redakteur lurchionini⸗Königsberg (Soz. 227 Stimmen. Zersplittert men 26 Stimmen. Gewählt ist somit Freiherr von sechenberg.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
6 Verhandlungen zwischen den Arbeitgebern und pen ehmern i m erliner Kraftdroschkengewerbe ietr. 99 d. Bl.). die gestern nachmittag unter dem Vorsitz des h ateratz von Schulz beim Eintgungsamt des Gewerbe Lichts stattfanden, haben, wie die ‚Voss. Ztg. berichtet, zu einer wl nigung zwischen den Parteien und zur Beendigung des Lohn— ö es geführt. Nach langerer Aussprache stimmten die Ver— / ⸗ beider Parteien folgendem Vorschlag des Magistratsrats snéschulz zu: Am 29. d. M. (also heute) um 9 Uhr früh, wird ar bert in allen Betrieben zu den alten Bedingungen a aufgenommen, also werden auch die Zuschläge, deren [. n den Ausstand veranlaßt hatte, vorläufig aufrecht erhalten. . arteien wird aufgegeben, bis zum 6. Juni d. J. einen Tarif⸗— eg. zu vereinbaren. Die Punkte, bei denen keine Einigung zu 3 it. werden durch Schiedsspruch des Einigungsamts erledigt. U. Aus stand der Bergarbeiter in Colorado (vgl. ; x d. Bl) wird dem. . W. T. B.“ aus Washington telegraphiert, r Präsident Wilson Anordnung zur Entsendung von 1 ata ppen nach Colorado gab, die im dortigen Kohlen nir die Ruhe wiederherstellen sollen.
Veiter „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Handel und Gewerbe.
In der heuti Si
. gen Sitzung des Zentralausschusses
eich bant. gab der Vorsitzende, Präsident des Reichs—
' gttöriums Havenstein, eine Uebersicht über die Lage eichsubank und führte im Anschluß daran folgendes aus:
d o Flüssigkeit des kurzfristigen Geldes hat am deutschen Markt hne, gend auch an den ausländischen Märkten angehalten; der nil ont ist 23 0, Ultimogeld leichter als in den 6 Im Status der Reichsbank drückt sich diese Geld— het, in dem hohen Stande der fremden Gelder aus, . ö letzten Woche sowohl auf den öffentlichen wie auf . Konten erheblich zugenommen haben und auf beiden in De in ibrer Gesamtsumme von 1007 Mill Mark den Stand
Reichsbank seit der letzten Sitzung des Zentralausschusses durchaus normal entwickelt. Dle Anspannung der letzten Märzwoche hatte zwar die der Vorjahre nicht unbeträchflich überstiegen, war aber weder bedrohlich noch unnatürlich, da sie ihre einfache Erklärung in der arößeren Abhebung der durch die Begebung der großen preußischen Anleihe vor⸗ her stark gewachsenen öffentlichen Guthaben fand, während die Ansprüche des Verkehrs hinter denen der 3 Vorjahre nicht unerheb⸗ lich zurünblieben. Im Laufe des April sind die Räckflüsse befriedigend gewesen und der Status, der — an den ungedeckten Noten gemessen — am Ultimo März nur noch um 309 Mill. Mark besser war als im Vorjahr, stand am 23. April wieder um 368 Mill. Mark günstiger, wenn er auch das Verhältnis vom 23. März, wo er um 468 Mill. Mark günstiger stand, noch nicht wieder erreicht hat. Nach dem Zwiichenausweis vom 27. April hat sich — entsprechend⸗ der leichten Ultimoliquidation — das Verhältnis weiter noch etwas günstiger gestaltet. Der Metall⸗ bestand hat sich um 4 Mill. Mark erhöbt, im Vorjahre um 8 Mill. Mark verringert. Wechsel⸗ und Lombardanlage sind um 10 Mill. Mark, im Vorjahre um 4 Mill. Mark, gestiegen; andererseits haben die . um 13 Mill. Mark abgenommen. Die fremden Gelder haben sich um 16 Mill. Mark, im Vorjahre um 23 Mill. Mark verringert, sodaß der Gesamtstatus zurzeit um 391 Mill. Mark besser steht als im vergangenen Jahre; der Betrag der ungedeckten Noten beläuft sich auf 105 Mill. Mark gegen 496 Mill. Mark im Jahre 1913. Eine Diskontveränderung hält das Reichsbankdirektorium nicht für angezeigt.“
Der Zentralausschuß erklärte sich mit diesen Ausführungen einstimmig einverstanden und stimmte noch der Zulassung mehrerer Anleihen zur Beleihung im Lombardverkehr zu.
(Weitere Nachrichten über Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Zweiten Beilage.)
Kunst und Wissenschaft.
Die nach dem von Seiner Majestät dem Kaiser Allerhöchst ge⸗ nehmigten neuen Statut neukenstitulerte Zentraldirektin des Kaiserlichen Archäologischen Instituts hielt ibre erstmalige ordentliche Plengrversammlung in den Tagen vom 21. bis 23. April in Berlin ab. An den Sitzungen unter dem Votrsitz des Generalsekretars Professors Dr. Dragendorff nahmen teil: als Vertreter des Auswärtigen Amts: Geheimer Legationsrat und Vortragender Rat Weller; von Preußen be— rufen auf Vorschlag der Königlichen Akademie der Wissenschaften: Geheimer Regierungsrat Professor Dr. O. Hirschfeld, Geheimer Regierungsrat Profefsor Dr. Eduard Meyer, Wirklicher Geheimer Rat Professor D. Dr. U. von Wilamowiß⸗Moellendorff außer⸗ dem Geheimer Regierungsrat Professor Dr. G. Loeschcke, Direktor Dr. Th. Wiegand, jämtlich in Berlin; von Bayern berufen: Professor Dr. S Bu lle Würzburg, Professor Dr. P. Wolters⸗ München; von Sachsen berufen: Geheimer Hofrat Professor Dr. F. Studniezka⸗Leipzig; von Württemberg berufen: Professor Dr. F. Noack Tübingen; von Baden berufen: Geheimer Hofrat Professor Dr. E. Fabricius-Freiburg i. Br. von Hessen berufen: Professor Dr. C. Watzinger⸗Gießen; von Mecklenburg⸗Schwerin berufen: Professor Dr. A. von Saläi⸗Rostock; von den Thüringischen Staaten berufen: Professor Dr. B. Graesß⸗Jena; von Elsaß— Lothringen berufen: Professor Dr. A. Fricken haus⸗Straßburg i. Els.; vom Reichskanzler berufen auf Vorschlag der Zentraldirettion: Geheimer Regterungsrtat Professor Dr. G. Körte-⸗Göttingen, Ge⸗ heimer Regierungsrat Professor Dr. F. Winter⸗Bonn. Durch Reisen waten verhindert zu erscheinen die Herren Graf Dr. von und zu Lerchenfeld auf. Köfering und Schönberg und Professor Dr. W. Dörpfeld. Auf besondere Einladung der Zentraldirektion nahm auch der 1. Sekretar des Instituts in Rom, Professor Dr. R. Delbrueck, an den Sitzungen teil.
In Florenz wurde die jährliche Ausschußsitzung des ‚Verelns zur Erhaltung des Kunsthistorischen Instituts, e. V.“ in den Räumen des Instituts, Palazzo Guadagni, Piazza S. Spirito 10, abgehalten. Die Sitzung war von den folgenden Herren besucht: Wirklicher Geheimer Rat, Generalditektor der König— lichen Museen, Dr. von Bode als Vorsitzendem,. Geheimrat Ed. Arnhold Berlin, Professor David sohn-Florenz, Professor Dvoräk⸗ Wien, Professor Ad. Goldschmidt-⸗Berlin, Professor Hülsen⸗Florenz, Graf Lanckoronski Wien, Prinz Franz von und zu Liechtenstein. Wien, F. von Marcuard⸗ Florenz, Ferd. Freiherr von Stumm -⸗Holz— bausen, Professor A. Warbarg⸗Hamburg und Direttor des Jastituts Dr. von der Gabelentz-Linsingen. Leider verlor das Institut im vergangenen Jahre einige seiner alten Mitglieder durch den Tod. Einige wenige Mitglieder haben ihren Austritt erklärt, doch haben sich die Lücken erfreulicherweise durch den Eintritt neuer Mit- glieder rasch wieder geschlossen, sodaß auch in diesem Jahre eine Mehrung der Mitgliederzahl verzeichnet werden konnte. Von den Mitteilungen‘, die den Mitgliedern kostenlos zur Verfügung gestellt werden, erschien im vergangenen Jahre das 2. Heft des II. Bandes mit Beiträgen von Dr. J. Kern und Professor Dr. H. Brockhaus.
Die Gesellschaft für Erdkunde in Berlin hält eine allgemeine Sitzung am 2. Mai, Ahends 7 Uhr, im großen Sgal des Architektenhauses, Wilhelmstraße 92, ab. Der Professor Dr. H.
von Ficker aus Graz als Gast wird über die Pamir⸗Expedition des Deutschen und DOesterreichischen Alpenvereins sprechen. (Mit Lichtbildern.)
Sonnenzustand und magnetische Gewitter. Die
Beobachtung der Magnetnadel gehört im allgemeinen nicht zu den aufregen den Beschäftigungen, und die damit verbundene Forschung gehört überhaupt mehr zu den stillen Wissenschaften, die weitere Kreise verhältnismäßig selten interessieren. Das hängt aber auch damit zusammen, daß die erdmagnetischen Untersuchungen zu den schwierigsten Aufgaben gehören, deren Förderung oder Lösung ins— besondere die Jnanspruchnahme magnetischer Berechnungen unent— behrlich macht. Dennoch muß man darauf gefaßt sein, aus der Wissen⸗ schaft des Erdmagnettsmus mit der Zeit Ergebnisse bon großer Trag— weite hervorgeben zu sehen. Der Laie denkt dabei gewöhnlich nur an den Kompaß und seine Verwendung namentlich in der Schiffahrt und weiß allenfalls einigermaßen damit Bescheid, daß die erdmagnetischen Kräfte, von denen die Kompaßrichtung abhängig ist, einer bestimmten Verteilung unterliegen, die für jeden Teil der Erdoberfläche eigens festgestellt werden muß, außerdem auch gewissen Schwankungen, die gleichfalls nur durch zahlreiche und dauernde Beobachtungen, zu er— mitteln sind. Der Erdmagnetiker arbeitet aber nicht mit einer auf einer festen Unterlage befindlichen Kompaßnadel, die sich also nicht nur seitlich, sondern auch mit Bezug auß die Horizontale heliebig einstellen kann. Eine solche Nadel ist ein höchst empfindliches Instrument, das von jeder Schwankung des magneiischen Feldes erregt wird. Gerät sie in lebhafte Bewegung, so spricht man von dem Eintritt magnetischer Stürme oder Gewstter. Diese stehen wahrscheinlich unter einem unmittelbaren Einfluß der Sonne, und zwar e ,. die sich hauptsächlich an dem Werden und Vergehen der Sonnenflecken be— kundet. Der Jesuitenpater Cortie, ein geschätzter Astronom, hat in. mühsamer Arbeit für die Zeit von 1898 — 1911 die Sonnentätigkeit und die magnetischen Störungen miteinander verglichen, und zwar bauptsächlich die mittlere tägliche Ausdehnung der Sonnenflecken einerseitß und die mittleren täglichen Schwan kungen der erdmagnetischen Kräfte sowie die jährliche Zahl. größerer magnetischer Stürme andererseits. Im all⸗ gemeinen zeigt die Zunahme der Sonnenflecken und die Zu— nahme der magnetischen Störungen eine Uebereinstimmung, doch sind
riahre übertreffen. Im übrigen hat sich der Status der
amflichen Zusammenstellungen für den Monat Januar vor. wurden von Mais 1320 6 nach Deutschland, 3320 6 nach England,
Erscheinungen wurde z. B. 1995 erreicht, dann wieder 1997. Die seitliche Ablenkung der Magnetnadel erlitt in der Zwischenzeit wieder eine Abnahme, während die Zahl der magnetischen Stürme regel⸗ mäßig wuchs. Seit 1907 nahm die an den Flecken erkennbare Sonnentätigkeit ab und fiel insbesondere von 1909 bis 1911 sehr schnell. Auch die großen magnetischen Gewitter wurden seit 1907 seltener, aber nicht so rasch wie die Sonnenflecken. Im September 1909 fand sogar ein magnetischer Sturm von ungewöhnlicher Heftig⸗ keit statt, dem sechs andere von großer Stärke folgten. Allerdings war diese Zeit gerade die einzige in dem genannten Jahr, in der größere Sonnenflecken auftauchten. Ueber die magnetischen Ge⸗ witter hat Cortie Untersuchungen sogar für die Zest der letzten 23 Jabre angestellt und nachgewiesen, daß sie am häufigsten und stärksten um die Zeit der Tag⸗ und Nachtgleichen auftreten. Das dürfte seine Erklärung darin haben, daß in diesen Jahreszeiten die Fleckenzonen der Sonne zur Ebene der Erdbahn varallel verlaufen. Außer den Sonnenflecken wirken wahrscheinlich auch die sogenannten Protuberanzen, die gewaltigen Gasausbrüche des Sonnenkörpers, auf den Erdmagnetismus ein, endlich auch die Strahlen der Sonnen— korona, die freilich nur bei vollständigen Sonnenfinsternissen sichtbar werden. Vielleicht werden bei all diesen Offenbarungen der Sonnen— tätigkeit Wolken von elektrisch geladenen Teilchen in den Weltraum hinausgeschleudert, die auch den Erdmagnetismus beeinflussen müssen.
Literatur.
— Geschichte des Volkes ISrgel von Rud. Kittel, Pro⸗ fessor in Leipzig. 1. Band. Palästina in der Urzeit. Das Werden des Volkes. Quellenkunde und Geschichte der Zeit bis zum Tode Josuas. Zwelte, fast vollständig neubearbeitete Auflage. Gotha 1912. Friedrich Andreas Perthes. Preis 185 „S6. Vielfaches Interesse tommt der Geschichte des hebräischen Volkes entgegen. Schon die allgemein menschliche Anteilnahme und der Drang psycho⸗ logischer Beobachtung mögen mehr als anderwärts das Verlangen wecken, die Geschichte des Volkes kennen zu lernen, dessen unge— schwächte, allen Stürmen der Weltgeschichte und tausend Leiden be— sonderer Art trotzende Lebenskraft und dessen zähes Festhalten an seinem Volkstum und seiner angestammten Eigenart heute noch Staatslenkern wie Menschenkennern das größte Rätsel zu lösen geben. Die gewichtigste Ursache dieser ganz eigenartigen, von keinem Volk erreichten Stellung Jzraelz ist seine Religion, seine Vorstellung von den göttlichen Dingen. Der Stifter der christlichen Religion wurzelt mit seinem Wesen und besonders mit seiner Lehre aufs tiefste in der Vergangenheit seines Volkes und den im Alten Testament ihm sich bietenden Gedankenkreisen. In 4 einleitenden Paragraphen werden die Wichtigkeit des Stoffs, die bisherigen wissenschaftlichen Bearbeitungen, das Land und seine Bewohner eingehend behandelt, worauf in 5 Büchern besprochen werden: Palästing in der Urzeit, die alttestamentlichen Quellen, die Bätergeschichte, Moses und der Wüstenzug und das Einzringen in Ranaan. Sechs Beilagen sind überschrieben: das Alter des Dekalogs; Moses und der ägpptische Monotheismus; die steinernen Tafeln; Bundesbuch und Gewohnheitsrecht; Jahve außerhalb Fsragels; Mono— theismus und Monolathrte. Nachträge, Register, Stellenverzeichnis und Verzeichnis der Abkürzungen erleichiern den Gebrauch. Schon diese kurze Inhaltsäbersicht zeigt, welch reichen Stoff der gelehrte Verfasser verarbeitet und welche schwierigen wissenschaftlichen Probleme er er⸗ örtert hat. Den vom Verfasser vertretenen Auffassungen sind die neueren Ausgrabungen wesentlich zu Hilfe gekommen. Ehenso haben die neueren Forschungen auf anderen Gebieten den über zeugenden Nachweis erbracht, daß auch im alten Kanaan die bildliche Verehrung der Gottheit, um ein Beispiel herauszuheben, im öffent— lichen Gottesdienste durchaus nicht die Regel gebildet hat.
— Stellung und Mitarbeit der Frau in der Ge⸗ meinde. Nach dem Material der Zentralstelle für Gemeindeämter der Frau in Frankfurt a. M. bearbeitet von Jenny Apolant. 2. Aufl. Geheffet 2,40 46. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. 19153. Die erfreuliche Ent⸗ wicklung der Mitwirkung der Frau auf den verschiedenen Gebieten der kommunalen Wohlfahrtspflege Deutschlands veranlaßte die Sentral⸗ stelle für Gemeindeämter der Frau, eine neue Auflage der vorllegenden Schrift, vorzubereiten; das gewonnene Material liegt nunmehr vor. Die weibliche Hilfe kann auf Gebieten, wie der Armen, und Waisen⸗ pflege, der Jugendfürsorge, der Wohnungs«, der Wohlfahrts. und Schulpflege, unendlich viel Werte schaffen und zum Segen der Volks— wohlfahrt nutzbar gemacht werden. Wer ein gutes und klares Bild der Entwicklung der kommunalen Frauenarbeit in Veutschland zu erhalten wünscht, greife zu dem vorliegenden Buche.
— Der Panamakanal. Seine Entstehung und Be⸗ deutung von John Foster Fraser. Mit 2 Karten und 45 Illustrationen nach Qriginglaufnahmen. Autgrisierte Nebersetzung. Geh. 3 , geb. 4 6. Deutsches Verlagshaus Bong u. Co., Berlin— Leipzig⸗Wien-Stuttgart. Die Blicke der Welt sind nach jenem Tore gerichtet, das die Straße vom Atlantischen zum Stillen Qzean öffnen wird. Wer sich einen Begriff von dem gigantischen Werk machen will, das hier seiner Vollendung entgegengeht, bedarf unbedingt eines erfahrenen Führers, um sich in dem Labyrinth der Ereignisse zurecht zufinden. Der Verfasser des vorliegenden Buches, ein hekanmer englischer Schriftsteller, unternahm im Sommer 1912 eine Studien⸗ reife nach Panama und lehte viele Wochen in der Kanalzone. Er ist deshalb berufen, dem Leser die einzelnen Phasen des machtvollen Baues am Isthmus eingehend zu schildern. Jeder, der ein klares Bild von dem Riesenwerk gewinnen will, wird in diesem lehrreichen und unterhaltenden Buch, dessen Schilderungen von allem fach— technischen Ballast fret sind, auf alle seine Fragen eine erschöpfende, auf lebendiger Anschauung begründete Antwort erhalten. Zahlreiche Illustrationen erhöhen die Anschaulichkeit.
— Der Ahnen wert! Ein Wort an den christlichen Adel ven P. Sebasttan von Der. O. S. B. Freiburg 1913. Herdersche
Verlagsbuchlandlung. 3,40 KA, gebunden in Leinwand 4,60 .. — Es ist ein reiches Lebensprogramm, das der durch seine Schriften wohl. bekannte Benediktineipater Sebastian von Oer dem katholischen Adels stande zugeteilt hat: hohe Aufgaben, schwere und verantwortungs volle Pflichten. Adel der Gesinnung, vorbildliches Streben nach vor- nehmer Lebensführung in katholischem Sinne sollen ihn auszeichnen und ihm seine Stellung wahren. Möge daz leicht und anregend ge— schriebene Büchlein seinen Zweck in den Kreisen erfüllen, für die es bestimmt ist.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Saatenstand und Getreidehandel in Bulgarien.
Unter sehr günstigen Witterungsverhältnissen wurde die Aussaat
der Frübjahrshalmfrüchte (Weizen, Gerste und Hafer) beendet und
der Anbau von Mais und Bohnen in Angriff genommen.
Der Saatenstand Nordostbulgariens zeigt ein sehr be—
, Aussehen und berechtigt zur Hoffnung auf eine reiche rnte.
Die Zufuhren gingen in der Berichtszeit — zweite Hälfte des
Monats März und Anfang April — stark zurück, da die Bauern mit
Feldarbeiten beschäftigt waren und auch dte Vorräte teilweise zurück
halten; sie betrugen für Varna (Tonnen)
in Waggons in Wagen Zusammen
k 3994 349 4343 Rongen 440 2 442 Mais 1569 69 1638 J l 89 . J 361 l 362 i,, 1 2 13 leie 652 — 652.
Das Getreidegeschäft war im Berichtsmonat wenig lebhaft; gehandelt wurde fast ausschließlich Mais und Weizen.
Ueber die Varnager Getreideausfuhr liegen nunmehr die zoll Darnach
auch Abweichungen zu verzeichnen gewesen. Ein Maximum beider
601 6 nach Griechenland, 58390 6 nach Belgien und kleinere Mengen