1914 / 107 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 May 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Verpflegung der Mannschaften und Unteroffiziere, für Urlaubsreisen nach der Heimat sind ebenfalls Mittel in den Etat eingestellt worden. Auch in bezug auf die Uebungen ist den Wünschen des Reichstages Rechnung getragen worden. Wenn noch hin und wieder Beschwerden laut werden, so trifft die Schuld weniger die Militärverwaltung als die Zivilbehörden. Auch wir wünschen, daß die Vergütungssätze für Vorspannleistungen, die unzweifelhaft viel zu niedrig sind, erhöht werden. In bezug auf die Wünsche der Sanitätsoffiziere schließe ich mich den Vorrednern voll kommen an, ebenso denen über die Inten⸗ danturen. Hoffentlich legt uns der Kriegsminister in absehbarer Zeit den Plan einer Reform vor. Zu meinem lebhaften Bedauern ist die Besoldungsvorlage von der Kommission zwar einstimmig angenommen, aber in Wirklichkeit abgelehnt worden. Was den Ankauf der Pferde nach Verabschiedung der Wehrvorlage betrifft, so will ich auf die Erörterungen in der Presse hier nicht weiter eingehen. Wir

wollen ja den Händler nicht ganz ausschalten, aber wir wollen, daß, T 16 9 9

wenn der Händler herangezogen wird, dies in einwandsfreier Weise ge⸗ schieht. Wir wollen auch nichts dagegen einwenden, daß ausländische Pferde gekauft werden, aber dick möchte ich unterstreichen, daß wir in Deutschland sehr wohl in der Lage sind, allein die Pferde zu liefern, und daß Deutschland stets in der Lage sein wird, den gesamten Bedarf in der Armee voll zu decken. Was nun die Remonten betrifft, so muß im Interesse der Zucht der Händler ausgeschaltet werden. Gerade im Interesse der Pferdezucht habe ich mit dem Abg. Erzberger den Antrag eingebracht, den Reichskanzler zu ersuchen, sich mit den amtlichen Vertretungen der Landwirtschaft in den Einzelstaaten in Verbindung zu setzen, um mit denselben die durchschnittlichen Ge⸗ stehungskosten für eine Militärremonte festzusetzen, damit an der Hand dieser Feststellungen eine diesen entsprechende Summe zum Ankauf von Remonten in den nächsten Heeresetat eingestellt wird. Das Reich hat die Aufgabe, auch etwas für die Pferdezucht zu tun. Dem Bau der Festungen muß natürlich die nötige Aufmerksamkeit zugewendet werden, die ihm zukommt. Ich möchte dabei aber auch hervorheben, daß für unsere Armee die Offensivmaßnahmen die Haupt⸗ sache sind. Mit Genugtuung habe ich es vernommen, daß für den Schutz Ostpreußens genügend Sorge getragen ist; das muß in der dortigen Bevölkerung beruhigend wirken. Ich schließe mit dem leb⸗ haften Wunsche, daß die durch die Wehrvorlage so außerordentlich verstärkte Armee die alte Tradition aufrechterhalte, und daß der Geist der Treue bis zum Tode gegen den obersten Kriegsherrn, gegen das Vaterland und gegen das Volk immer maßgebend sein möge. Dann werden wir die Stellung in der Welt einnehmen, die uns gebührt.

Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.): Der Kriegs⸗ minister führte gestern in seiner Rede aus, daß der Mannschaftsersatz für die Wehrvorlage ohne jede Schwierigkeit durchgeführt werden konnte. Er konnte auch mitteilen, daß ein Plus von 38 000 voll⸗ kommen militärtauglichen Leuten mehr vorhanden gewesen sei. Auch wir begrüßen den Umstand mit Freuden, daß unsere Besorgnisse nicht eingetreten sind. Aber gleichzeitig sind unsere Anschauungen glänzend bestätigt worden, daß bisher große Mißstände im Aushebungsgeschäft vorhanden waren. Wir sehen auch unsere Behauptung bestätigt, daß alle die Redensarten über die Entartung der Bevölkerung, ganz be⸗ sonders der industriellen, die bisher auf Grund des Aushebungs⸗ resultates aufgestellt worden sind, vollkommen wertlos sind. Diese Statistik im Sinne der Agrarier hat also vollständig versagt. Im Aushebungsgeschäft haben sich in der letzten Zeit offenbar ganz merk⸗ würdige Neuerungen bemerkbar gemacht. Ich sagte einmal, daß die konfessionellen Gegensätze in der Armee immer größer würden, und es vielleicht dazu kommen könnte, daß auch evangelische und katholische Regimenter entstehen würden. Damals lachte das Zentrum. Jetzt kann ich urkundliche Beweise dafür aufweisen, daß von einzelnen Landratsämtern die Aushebungsgeschäfte nach konfessionellen Grund⸗ sätzen betrieben werden, indem man an dem einen Tage die Israeliten und an den anderen Tagen Evangelische und Katholiken aushebt. Wie es mit den Dissidenten gehalten wird, ist noch nicht heraus. Vielleicht läßt man sie fort. Der Offizierersatz soll ja innerhalb zweier Jahre vollständig gedeckt sein. Ich möchte aber noch einmal fragen, wie sich der Kriegsminister die Beseitigung des Mankos von 57 3, bei den Sanitätsoffizieren denkt. Notwendig ist nach meiner Ueber⸗ zeugung eine Reform der gesellschaftlichen und sozialen Stellung der Sanitätsoffiziere im gesamten Offizierkorps. Es wird viel besser werden, wenn diese nicht mehr über die Schulter angesehen und als Offiziere zweiter und dritter Ordnung behandelt werden. Bezüglich des Unteroffizierersatzes habe ich keine Besorgnis. Wir und Oester⸗ reich haben ja das stärkste Unteroffizierkorps in der ganzen Welt. Durch Bestimmungen in der Wehrvorlage ist ja dafür gesorgt, daß wir auch in Zukunft daran keinen Mangel haben werden. Wie die anderen Herren, nehme auch ich keinen Anstand, die Leistungen der Militärverwaltung auch meinerseits zu unterstreichen. Ich freue mich, daß diese Riesenporlage, diese Riesenarbeit, so glatt durchgeführt worden ist. Ich hoffe, daß diese glatte Erledigung auch dem all⸗ gemeinen Weltfrieden nützen wird. Es ist Pflicht des Parlamentes, anzuerkennen, daß die manchmal etwas zu uͤberschwenglich der Ver— waltung gespendete Dankbarkeit auch dem deutschen Volke gebührt, das in einer so seltenen Opferfreudigkeit, die die Bewunderung der ganzen Welt erregt hat, so große Lasten auf sich genommen hat. Ich habe dies gerade den neuen Herren im Ministerium gegenüber unter— streichen wollen, und ich verweise auf das Wort des Preußenkönigs, der bereits im Jahre 1799 seinen Offizieren zurief, daß nicht des Königs, sondern des Volkes Brot es ist, das sie essen. Bedauerlich sind einige Erscheinungen, die über die wirkliche Anschauung des deutschen Volkes falsche Auffassungen im Auslande hervorrufen müssen. Ich meine hier die turbulente Art gewisser Kreise. Als die Wehrvorlage angenommen war, schrieb die „Rheinisch⸗West⸗ fälische Zeitung“ für den Vorgänger des jetzigen Kriegsministers einen Nachruf, daß unter ihm die Armee einen Ausbau erfahren habe, der sie auf Jahrzehnte und länger hinaus in den Stand setzen würde, allen Eventualitäten die Stirne bieten zu können. 14 Tage später setzte in demselben Blatte eine wilde Agitation ein, als wenn das deutsche Volk überhaupt keine Opfer gebracht hätte. Es scheint manchmal, daß nicht die Völker, nicht die Fürsten, nicht die Diplo⸗ matie die größten Feinde des Weltfriedens sind, sondern die pensio⸗ nierten Generäle und die Rüstungsindustrie, die heute die Völker in Krieg und Abenteuer hineinhetzen. Der Zentrumsredner hat ja schon darauf hingewiesen, daß der Nichteingeweihte die Meinung haben kann, als ob das Ganze einen offiziösen Anstrich hat. Ich glaube aber, daß diese Agitation selbst der Verwaltung manchmal sehr unbequem ist. Aber sie hat nicht den Mut, offen dagegen aufzu⸗ treten. Das müssen wir aber im Interesse des Weltfriedens und des Vorgängers des jetzigen Kriegsministers verlangen. Für diesen liegt der Vorwurf darin, als hätte er nicht seine Pflicht getan. Der General Keim meinte sogar es schiene so, als ob der deutsche Michel an Herz⸗ verfettung litte. Man könnte aber nach alledem glauben, daß diese Kreise an Verfolgungswahnsinn leiden. Es ist interessant, daß auch der jetzige Ministerpräsident von Bayern geradezu wie ein Schul⸗ junge abgekanzelt wird, als Ignorant, als Partikularist und als Reichsfeind hingestellt wird, weil er es in der bayerischen Kammer auszusprechen wagte, daß endlich einmal ein Stillstand in den Rüstungen eintreten müßte. Die Behauptungen von der völlig neuen militärischen Lage sind auch durchaus unrichtig. Die Wehrvorlage ist angenommen worden, weil wir wußten, was an der Westgrenze vorging. Es ist eine Irreführung des deutschen Volkes, wenn jetzt mit einer völlig neuen militärpolitischen Sachlage ope⸗— riert wird. Der Wehrverein behauptet trotz der im vorigen Jahre ausgegebenen Milliarde, die Lage sei heute schlechter als vor einem Jahre! Das ist die rage des nombres, die wir an unsern Chauvi⸗ nisten kennen. Bedauerlicherweise wird von den zuständigen Stellen nicht energisch genug gegen diese Treibereien vorgegangen; es liegt das auch an der Organisierung der Beziehungen der Heeresberwaltung zur Presse, die, wie ich hoffe, zu einer Einigung über die Forderung für das Pressereferat führen werden. Es hat doch sehr den An⸗ schein, daß die Offiziere, die immer wieder zu neuen Ausgaben auf⸗ peitschen, ruhig reden und schreiben dürfen, während diejenigen, die anderer Meinung sind, nicht zu Worte gelassen werden. So hat sich die Verwaltung mit dem General Keim schließlich selbst eine Rute

aufgebunden. Die Verhältnisse in der französischen Armee sind die allergrößte Warnung vor der Zahlenwut; die elende Besgaffenheit des Gesundheitszustandes der Armee durch die forcierte e n, stellung wächst sich bereits zu einer Bedrohung der französischen Volksgesundheit aus. Unsere Uebungsquote wird vollständig aus⸗ genützt; in Frankreich hapert es damit sehr. Um ein gutes Reserveoffizierkorps zu erhalten, muß jede politische, konfessionelle und sonstige Ueberwachung der Reserveoffiziere in Wegfall kommen. Hier kann der Kriegsminister zeigen, daß er ein moderner Mann ist. Ueber die konfessionelle Seite wird einer meiner politischen Freunde noch besonders sprechen. Auf den Fall Walter Stöcker muß auch ich hier zurückkommen. Gerade vom Standpunkte energischer Bekämp⸗ fung der Sozialdemokratie muß ich das Vorgehen der Militär⸗ verwaltung sehr bedauern; es ist da nicht bloß ein Fehler, es ist eine der größten politischen Torheiten begangen worden. Sie schaffen mit diesem Vorgehen nur politische Märtyrer. Gerade vom Standpunkte zielbewußter, aber loyaler Bekämpfung der Sozialdemokraten müssen wir die Militärverwaltung dringend bitten, nicht weiter in dieser Richtung vorzugehen, wenn sie nicht das Gegenteil des Gewollten er⸗ reichen will. Auch der Abg. Rogalla von Bieberstein will keine Politik in der Armee, aber „nationale“ Politik soll getrieben werden; das ist eben eine ganz einseitige konservative Politik, eine Politik nach dem Herzen der „Kreuzzeitung“ und der „Deutschen Tageszeitung“. Die elende Gesinnungsschnüffelei, die gegen die Reserbeoffiziersaspiran⸗ ten und ihre Familien getrieben wird, hält viele Elemente davon zu— rück, den Reserveoffiziersrang zu erstreben. Beim Ersatz der verdienten Männer an der Spitze der Militärverwaltung sollten Anciennitäts⸗ rücksichten nicht so maßgebend sein, wie sie es in dem jüngsten Falle gewesen sind; der jetzige Kriegsminister erntet jetzt mühelos die Früchte von dem, was sein Vorgänger gesät hat. Der konservative Führer Graf Yorck von Wartenburg hat dem Reichstag, der 1913 diese Riesenvorlage bewilligte, die bösesten Vorwürfe gemacht, als ob er ein Parlamentsheer erstrebte, als ob er die Kommandogewalt zerstören wollte, usw. Und das alles wegen der vom Reichstage bei jener Ge⸗ legenheit gefaßten Resolutioneni Man sieht an diesen Auslassungen eines Royglisten, wie der Feudalismus das Heer immer noch als seine ureigenste Domäne ansieht. Graf Jorck hat auch Schule gemacht mit seinen Ausführungen. Ich erblicke den Beweis dafür in dem Auf— treten der Militärverwaltung bei der Beantwortung von Anfragen, so z. B. als wir hier zu hören bekamen, daß weder der Reichs kanzler, noch der Reichstag in der Frage der Ausbildung der Truppen zuständig ist. Es handelte sich bei der Anfrage nicht um die Aus⸗ bildung, sondern um die Behandlung der Soldaten bei kriegsmäßigen Uebungen. In der Kommission hat die Militärverwaltung keine Be⸗ denken getragen, sich über diese Frage in eine Diskussion einzulassen. Das Budgetrecht des Reichstags ist doch nicht bloß als eine auto— matische Geldbewilligung, sondern, wenn der Reichstag als solcher nicht abdanken will, muß er erfahren, was mit den bewilligten Geldern geschieht, muß er erfahren, wie es mit dem Gesundheitszustand der Mannschaften steht. Sonst würden alle Fragen über Dienstzeit, Ur⸗ laub, Ueberanstrengung, Mißhandlung überhaupt nicht mehr zur Kompetenz des Reichstages gehören. Ich befinde mich ungefähr in der Mittellinie zwischen den allzu radikalen Ausführungen des Abg. Schulz und den allzu regierungsfreundlichen des Abg. Erzberger. Die Antworten des Bundesrats auf unsere Entschließungen stellen, das wird auch der Abg. Erzberger nicht leugnen können, eine an Grobheit grenzende Harmlosigkeit dar. Die Oeffentlichkeit der Verhandlungen vor den Kriegsgerichten ist noch immer vielfach nur ein schöner Traum. Bei jeder Verhandlung gegen einen Offizier wird, mag es sich auch um die größten Quisquilien handeln, die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. Wir haben Nachweise über die disziplinarisch verhängten Arreststrafen verlangt. Die Entschließung sagt, ein Bedarf dazu liegt nicht vor. Eine solche Statistik ist durchaus notwendig, namentlich gegenüber den Fällen der Soldatenmißhandlungen. Weiter haben wir verlangt, daß der Luxus aus der Armee beseitigt wird. Darauf wird erwidert, Luxus bestehe nicht in der Armee. Widerlegt wird diese Behauptung noch durch die Wucherprozesse. An einem Prozeß waren 100 Offiziere beteiligt. Die Leute leben über ihre Verhältnisse hinaus und folgen dem schlechten Beispiel von oben. Eine Statistik über die Konfession wird verweigert, weil wegen seiner religiösen Ueberzeugung niemand in der Armee zurückgesetzt werde. Wem will man das weismachen? Es klingt auch wie eine Verhöhnung des Parlaments, daß keine Be⸗ vorzugung in der Armee stattfindet. War es doch ein preußischer Kriegsminister, von Einem, der hier mit Bedauern festgestellk hat, daß eine Veradeligung der Regimenter stattfindet. Die Statistik von 1912,13 zeigt, daß zur Kriegsakademie zwei Garderegimenter in Berlin fast soviel Offiziere kommandiert haben, wie 55 andere Regimenter. Sind denn seit einem Jahre diese Ver— hältnisse besser geworden? Es scheint nicht. In der „Rheinisch⸗ Westfälischen Zeitung“ sagte ein höherer adliger Offizier, daß zwischen alten adligen Regimentern und adlig gewordenen Regimentern unter— schieden wird. Es gebe jetzt 25 reinadlige Kavallerieregimenter. Wenn die Regimenter nach der Grenze gingen, dann verließen viele Offiziere die Regimenter. So entständen Regimenter erster, zweiter, dritter und vierter Klasse. Mit Ausnahme der konservativen Presse wird diese Behandlung der Bürgerlichen von der ganzen Presse als eine schwere Zurücksetzung bezeichnet. Ob es jetzt besser wird, bleibt ab⸗ zuwarten. Ich bedauere den Wechsel in den maßgebenden Stellen auch deswegen, weil die persönliche Wechselbeziehung verloren gegangen ist. Jetzt heißt es, die Ehrengerichte brauchten nicht reformiert zu werden, sie wären ganz schön. Wir sagen, daß die jetzige Form der Ehren— gerichte geradezu ein Hohn auf die Rechtsordnung ist. Es zeigt sich hier ein Mangel an Rechtsgarantien. Die neue Beschwerdeéordnung ist nur eine kleine Verbesserung. Wir hatten verlangt, daß nur bei frivolen, fahrlässigen Anträgen eine Bestrafung eintritt, sonst wird das Beschwerderecht der Soldaten nicht verbessert. Es ist zu beklagen, daß die grausamen Soldatenmißhandlungen in unseren Tagen eher zu— nehmen als abnehmen. Es widerstrebt mir, einzelne Fälle anzuführen. Andererseits gestehe ich zu, daß die Militärverwaltung Abhilfe ver⸗ sprochen hat, aber ich kann ihr den Vorwurf nicht ersparen, daß sie nicht diejenige Energie aufbietet, die notwendig ist, um den Militär⸗ mißhandlungen entgegenzutreten. Vielleicht wird man es zurückweisen, daß ein Militärkontingent gegen das andere ausgespielt wird. Aber auch ich sehe nicht ein, warum der Kriegsminister nicht einmal eine gute bayerische Verordnung nachahmen läßt. Der Erlaß des baye— rischen Kriegsministers über die Militärmißhandlungen ist ein ganz vorzüglicher Erlaß, denn er sagt, daß in einer Truppenabteilung, in der mehrfach Soldatenmißhandlungen vorkommen, es an der pflichtmäßigen Aufsicht fehlt oder an Erziehung oder an beidem. Der Kriegsminister will gegen die schlampigen Vorgesetzten vorgehen. Ich habe die feste Ueberzeugung, daß der bayerische Kriegsminister alles daransetzen wird, daß seine Worte nicht bloß auf dem Papier stehen, sondern auch in die Tat umgesetzt werden. Vivat sequensi Aus allgemeinen staatsrecht⸗ lichen Betrachtungen heraus muß ich noch einmal den Fall Zabern behandeln, wobei ich jedoch auf die Einzelheiten nicht mehr eingehen will. Eine ganze Reihe von Leuten ist dabei einer rätselhaften Massensuggestion erlegen. Sie haben dabei vollständig außer acht ge⸗ lassen, daß dabei ihr eigenes Recht mit Füßen getreten worden ist. Der Reichstag hat das klarste Recht des deutschen Bürgertums ge⸗ schützt. Dieser Mangel an stagtsbürgerlichem Bewußtsein im deutschen Volke ist das Bedauerlichste in der ganzen Zaberner Affäre. Sie ist ja vorläufig durch die neue militärische Anordnung über den Waffen⸗ gebrauch erledigt. Der Abg. Schulz hätte sich nicht so hämisch über die Liberalen wegen ihrer Stellung dazu zu äußern brauchen. Wenn er auch witzelt über die liberale Partei, so muß man doch sagen, daß diese neue Anweisung unzweifelhaft ein wenn auch nur geringer Fort— schritt gegenüber den bisherigen Bestimmungen ist. Hauptsache ist, daß die Kabinettsorder vom Jahre 1820 endlich gefallen ist. Charak— teristisch ist, in welcher Weise sofort die konservative Presse, vor allem die „Kreuzzeitung“ und die „Deutsche Tageszeitung“, hier wieder eine Interpretation heraustüfteln wollten, die gerade das Gegenteil vom Wortlaut ist. Ich halte es für notwendig, hier a , daß in dem Wortlaut klar ausgedrückt ist, daß die Zivilpolizei die Ent⸗ scheidung darüber allein hat, ob ihre Exekutivkräfte der Lage gewachsen sind, oder ob militärische Hilfe notwendig ist. Das Militär . also

weder im vermuteten Auftrage, noch gegen den Willen der Zivil—

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behörde eingreifen. Wenn man sagt, es wird doch anders ausgelegt, so können wir natürlich nicht wissen, ob diese Bestimmung von irgend welchen Vorgesetzten auch einmal anders ausgelegt wird. Wir halten es aber für die Pflicht der Gesetzgebung, diese ganze Materie, die Trennung der Militär⸗ und Zivilgewalt, zu ordnen. Das kann nicht auf dem Wege einer Dienstanweisung geschehen. Ich möchte den Kriegsminister fragen, ob es äichtig ist, daß außer diesem Erlaß über den militärischen Waffengebrauch noch ein weiterer Geheimerlaß über die Bestimmungen und für die Unterdrückung innerer Unruhen vor⸗ handen ist. Wenn das Ministerium versagt, so kann ich annehmen, daß, was mir darüber mitgeteilt ist, dieser Geheimerlaß, der noch geheimer als andere geheime Erlasse gehalten wird, nicht erlassen ist. Der Kriegsminister zuckt die Achseln. Für den Reichstag gibt es keine Geheimerlasse. Selbst wenn es sich um Bestimmungen handelt, die angeblich die Suspendierung der Verfassung involvieren, dann müßte der Reichstag einen solchen Geheimerlaß kennen. Der Kriegs⸗ minister hat eben angedeutet, daß ein solcher Geheimerlaß nicht er⸗ gangen ist. (Zuruf von den Soz.: Er weiß von nichts! Ich be⸗ gnüge mich vorläufig damit. Aber vielleicht gibt der Minister im Laufe der Erörterungen eine Erklärung ab. Daß man aber glaubt, eine solche Frage durch eine Dienstanweisung lösen zu können, das ist ein Symptom. Die Sache liegt meiner Ueberzeugung nach aber viel tiefer. Das geht aus dem Unfug hervor, den die Scharfmacher mit dem Begriffe der Kommandogewalt auf der ganzen Linie getrieben haben. Der Reichskanzler sagte einmal, der Rock des Königs müsse unter allen Umständen respektiert werden. Die Autorität der öffent⸗ lichen, Gewalten und der Gesetze müsse gleichmäßig gewahrt werden. Das ist aber ein Gegensatz. Die Autorität der öffentlichen Gewalt kann nur auf der des Gesetzes beruhen. Aber darin drückte sich die sinnfällige Angst des Kanzlers vor einem neuen Fetisch aus. Es ist die sinnfällige Rückdrängung der Idee des Verfassungsstaates. Das ist und bleibt leider das eigentlich Beunruhigende an der ganzen Affäre. Es gibt Leute, die die oberste Kommandogewalt und ihren Träger außerhalb des Gesetzes und über dasselbe stellen wollen. Das geht aus den Verhandlungen des Herrenhauses deutlich hervor. Diese auffällige Ueberschätzung der Kommandogewalt gibt unmittelbar zu gleicher Zeit auch der mächtigsten Behörde innerhalb der Armee ihre ganze ungeheure Bedeutung. Ich meine damit das Militärkabinett. Wie mächtig dieses ist, das zeigt die Art und Weise, in der diese Be⸗ hörde es wagen konnte, mit dem Budgetrecht des Deutschen Reichstags umzugehen, und wie sie in der Behandlung der Neubaufrage in der Viktoriastraße gegenüber dem Parlament aufgetreten ist. Ich glaube, es gibt auch in der Armee keine Behörde, die es wagen würde, so gegen die klaren Budgetrechte des Parlaments vorzugehen. Der Kriegsminister ist ja erst kürzlich auf diese Frage zu sprechen ge⸗ kommen und hat uns gesagt, wenn wir das Verhältnis des Militär⸗ kabinetts ändern wollen, dann sollten wir erst einmal die Bestimmung der Verfassung ändern. Ich weiß nicht, welche Verfassungsbestimmun⸗ gen er im Auge hat. Es ist ja ein Unikum, daß die Stellung des verantwortlichen Chefs der größten Verwaltung in Deutschland eine absolut unklare ist. Er ist gleichzeitig Reichskriegsminister und auch der preußischen Vertretung verantwortlich. Für uns aber ist allein der Reichskanzler verantwortlich. Es wäre wahrhaft notwendig, und eine der dringendsten Aufgaben, einmal eine Kommission einzusetzen aus Vertretern der Regierung und des Parlaments, um eine klare Abgrenzung der Befugnisse des Kriegsministers gegenüber dem Reichs⸗ kanzler und dem preußischen Kabinett in die Wege zu leiten. Allein in einem solchen staatsrechtlichen Tohuwabohu kann eine Behörde wie das Militärkabinett eine solche Bedeutung erlangen, die doch eigentlich von Hause aus nur ein reines Sekretariat ist. Seine Stellung ist vollständig verfassungswidrig. So soll es u. a. zuständig sein bei allen gerichtlichen Angelegenheiten usw. Dieses usw. ist sehr charakteristisch. Das ganze Gerichtswesen, also auch das Ehrengerichtswesen ist ihm überlassen. Hierin liegt das Verfassungswidrige der ganzen Einrichtung. Es gibt keine sinnlosere Behauptung als die, daß wir mit den An⸗ griffen gegen das Militärkabinett gegen die Krone selbst vorgehen. Ist denn der Kriegsminister kein Königlicher Beamter? Dieser Vor⸗ wurf gegen uns in der konservativen Presse ist einfach absurd. Es handelt sich darum, ob das Heer ein Teil der Bevölkerung oder ein Staat im Staate sein soll. Der Reichskanzler sprach in den De⸗ zembertagen von einer Kluft, die sich aufgetan habe; diese Kluft, das müssen wir sagen, wenn wir uns nicht mit Scheuklappen versehen wollen, besteht noch heute zwischen dem Heer und weitesten Kreisen des Volkes. Die Zeiten, wo sie schon einmal bestand, gehören zu den traurigsten der preußischen Vergangenheit. Die Neuzeit klopft auch an die Tür der Armee. Es scheint fast, als ob die Verbindung der Armee oder von Teilen der Armee mit der Kultur keine unbedingte nehr wäre. Je moderner, desto lieber, hat der Kriegsminister in seiner ersten Rede hier ausgerufen. Soll das mehr als eine schöne Redewendung sein, so muß er durch die Tat zeigen, daß er sich dafür einsetzt, daß die Wünsche des Reichstags erfüllt werden. Je moderner, desto segensreicher für den Kriegsminister, für Armee, fuͤr Volk und Vaterland! .

Abg. Dr. Hegenscheidt (Rp.): Ich knüpfe an die gestrigen Ausführungen des Kriegsministers und der Parteien an, um dem Kriegs minister auch in unserem Namen Dank zu sagen für die glatte Durch— führung der gewaltigen Maßnahmen, die die vorjährige Wehr— vorlage erforderlich gemacht hat. Damit ist die Garantie gegeben worden, daß wir auch im Ernstfall so gerüstet dastehen, wie das Vold es erwarten darf. Ein glänzender Beweis ist damit und mit dem Wehrbeitrag für die Kriegsbereitschaft des deutschen Volkes erbracht worden. Die Deckung ist unter Dach und Fach gebracht worden, darin liegt ein weiteres Moment der Stärke unseres Vaterlandes. Die Schäden, die mit der Durchführung verbunden gewesen sind, so die Vertetzerung der Wohnungsverhältnisse, sind sehr zu bedauern; aber auch hier ist ja im wesentlichen Abhilfe geschaffen worden. Die politisierenden Generale sind Gegenstand lebhafter Kritik gewesen; wir haben keine Veranlassung, uns mit ihnen und mit dem, was sie geschrieben und getan haben, zu identifizieren, aber auch sie haben aus lauter reiner Absicht gehandelt, sie wollen Aufklärung verbreiten in⸗ sofern, als sie vor der Unterschätzung unserer Gegner warnen wollen, und daß solche Unterschätzung gefährlich ist, wird niemand bestreiten. Diese Aufklärungsarbeit ist bis zu einem gewissen Grade notwendig, das beweisen auch die Ausführungen des Vorredners. Ich halte nicht für zweckmäßig, hier in der Oeffentlichkeit solche Vergleiche zu ziehen wie er hinsichtlich des Gesundheitszustandes der verschiedenen Armeen getan hat; die Folgerungen, die er daran knüpfte, können leicht in der Oeffentlichkeit mißverständlich aufgenommen werden. Weiß der Abg. Müller⸗Meinigen nicht, was die französischen Intendanturen im vorigen Jahre, wo zwei Aushebungen stattfanden, haben leisten müssen? Solche Maßnahmen könnten nicht durchweg glatt vollzogen werden, die gesundheitliche Schädigung könnte nicht ausbleiben. Auch kann man die Verhältnisse Deutschlands und Frankreichs nicht ohne weiteres vergleichen. Das französische Volk ist bodenbeständiger als das deutsche. Die französischen jungen Leute machen erst in den Kasernen die Kinderkrankheiten durch, die unsere Rekruten schon vorher über⸗ wunden haben. Vom Wehrverein könnte der Abg. Müller⸗Meiningen noch manches lernen, statt sich so absprechend mit seinem Urteil über ihn herzumachen. Ich unterschätze keineswegs die gewaltigen Opfer der Wehworlage für unser Volk; ihr Hauptwert liegt darin, daß sie uns der Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht nähergebracht hat. Ein schweres Unrecht liegt in der Verkümmerung der allgemeinen Wehrpflicht; ein Unrecht liegt darin auch für die Massen des deut⸗ schen Volkes, denn für jeden jungen Mann, der im Mobilmachungs⸗ falle zu Hause bleibt, muß im Ernstfalle ein älterer Mann in der Front kämpfen, ein Reservist oder Landwehrmann, ein Familien⸗ vater, der Haus und Hof verlassen muß. Wir stellen mit Genugtuun fest, daß durch die Ausführung der Wehrvorlage die Volkskraft ä nicht . worden ist; 40 000 kräftige junge Männer sind noch nicht eingestellt worden. Mit der Auffassung, daß die Militärlast , , sei, steht in krassem Widerspruch, daß die wirtschaft⸗ lichen Verhältnisse sich unter der sogenannten Last des Militarismus glänzend entwickelt haben. Ueberraschend ist es, daß das demokratische Frankreich den Gedanken des Milizsystems ablehnt und die Dienstzeit auf drei Jahre verlängert hat. In erster Linie ist es gerade das fran⸗

des Könie

wird. .

verwiesen werden.

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eintreten, daß gesetzt werden.

Volk, welches das Prinzip der Zahlen in den Vordergrund stellt. ist die absolute Zahl der Mannschaften in einem künftigen nicht allein ausschlaggebend; man kann nicht unbegrenzte auf das Schlachtfeld bringen. Maßgebend ist, die Truppen an die entscheidenden . bringen, die Führereigen⸗ schaft, die Gesinnung im 8 und im Volke. Aber wir wollen nicht pergessen, daß der liebe ott mit den stärksten Bataillonen ist, wie ber Alte Fritz gesagt hat., Der Abg. Schulz hat sich gesteen mit der Person des Kriegsministers befaßt. Ich kann dem Minister im amen meiner Parteifreunde unser herzliches, offenes Vertrauen aus⸗ sprechen. Wir wissen, daß weite Volkskreise von der Auffassung urchdrungen sind, daß er alles tun wird, um die Armee weiter zu fördern. Es werden ihm gewiß manche Hindernisse im Wege stehen, ber Hindernisse sind dazu da, genommen zu werden. Wir halten fest n den bewährten Grundlagen unsexes Heeres, an der Kommando⸗ walt. Sie ist am besten aufgehoben in den Händen des Kaisers, Wir wollen keine Politisierung und keine Demokratisierung unseres Herres. Nur eine starke monarchische Gewalt kann das Heer auf, der Höhe objektiver treuer Pflichterfüllung auch in der Zulunft halten. Pie Disziplin ist das eiserne Rückgrat unseres Heeres, Der Militär⸗ Fienst ist kein Spiel, sondern in ernstes Handwerk. Darum sind wir gegen alle Maßnahmen, die auf Abkürzung der Dienstpflicht gerichlek sind. Wir wollen, daß in den Soldaten, das Gefühl der (hre lebendig bleibt, daß es keinen ehrenhafteren Dienst gibt als den

36. Deswegen sind wir gegen alle k Wir freuen uns, daß sie immer mehr abnehmen. Meine Ans führungen beziehen sich auf unsere, Stellung zu den vorjährigen Resolutionen es Reichstags. Ueber die Frage der Militäranwärter behalte ich mir Ausführungen für später vor. Die Fürsorge für die Unteroffiziere ist von der für die Offiziere nicht zu trennen. Was dem einen recht ist, das ist dem andern billig. Beide geben das Beste, was sie haben, dem Vaterlande, und darum müssen wir ihnen auch dankbar sein. Es freut mich, daß in weiten Kreisen des Reichstages den Offizieren ein warmes Interesse zugewendet wird. Ich hoffe, daß die Auskunfts⸗ stelle für die Offiziexe doch

zösische Gewiß Kriege ( Truppenmassen.

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noch auf irgend einem Wege geschaffen

Wir wollen aber auch der Altpensionäre gedenken, die jetzt mit Pensionen leben müssen, die den gegenwärtigen Teuerungsverhältnissen nichl entsprechen. Wir sollten an die Erfüllung ihrer berechtigten Wünsche denken, soweit die Reichsfinanzen es irgend Festatten. - Sie haben einen Rechtsanspruch, sie dürfen nicht auf den Weg der Gnade Bedauerlich ist die Ablehnung der Forderung fur das Pressereferat im Kriegsministerium. Diese Abteilung ist doch am besten geeignet, eine Irreführung der öffentlichen Meinung, zu bermeiden. Auch hier wird sich hoffentlich ein Ausweg finden. Auf die Frage der Veteranen will ich in Anbetracht der vorgerückten Zeit hei einer anderen Gelegenheit eingehen, Die Fürsorge für die wehr⸗ fähige Jugend ist von der größten, Wichtigkeit für den. Geist im Janzen deulschen Volke. Alle Kulturländer, so auch Frankreich, wenden diefer Frage die größte Aufmerksamkeit zu. In Frankreich hat das Kriegsministerium die Jugendpflege militärisch geregelt. Ich möchte biefen Weg nicht als Vorbild empfehlen. Das straffe zentralisierte System paßt nicht auf unsere Verhältnisse. Ich freue mich, daß der gsminister der Sache sein Wohlwollen zuwendet, die Zukunft des Volkes liegt in der Jugend. Hoffentlich finden sich die bürger⸗ chen Parteien immer mehr zusammen, dadurch wird nicht nur das zer, sondern auch das Vaterland gewinnen.

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guter Kamerad gehandelt. Der Kriegsminister wird gewiß dafür ̃ ß die bürgerlichen Elemente in der Armee nicht zurück= Ebenso wichtig wie ein guter Offiziersersatz ist ein guter Unteroffiziersersatz. Das Unteroffizierkorps ist das Rückgrat unserer Armee. Wenn die Mißhandlungen immer mehr schwinden sollen, dann müssen wir doch eine hinreichende Zivilversorgung des Unteroffizierkorps haben. In erster Linie muß das Kriegsministerium für ein gutes Unterkommen der Unteroffiziere sorgen. Die Inten⸗ dantursekretäre müßten zu den kriegsmäßigen Uebungen hetan g ogen werden, damit sie Erfahrung in der kriegsmäßigen Verpflegung sammeln. Auch die Wünsche der Zahlmeister verdienen Berück⸗ sichtigung, ebenso die der Garnisonverwaltungsbeamten. Vor allem «anöge fich die Militärverwaltung der Militäranwärter annehmen. Es? möge aber auch das Handwerk bei Lieferungen mehr als bisher berücksichtigt werden. Auch müßten die Manõverlasten im Interesse der ländlichen Bevölkerung erleichtert werden. Eine Demokratisierung des Heeres wünschen wir nicht; vor allem muß die Politik aus der Armee fortbleiben. Der Soldat muß zur Treue gegen König und Vaterland erzogen werden. Das Verhältnis zwischen Zivil und Militär hat sich entschieden gebessert. Die entlassenen Soldaten denken mit Stolz an ihr Regiment und ihre Vorgesetzten zurück. So⸗ lange Frankreich die Fremdenlegion in ihrer jetzigen Gestalt und in ihrem jetzigen Umfang aufrecht erhält, hat es keinen Anspruch, als Kulturfaktor angesehen zu werden. Unser Heer ist ein Instrument des Friedens; werden wir aber angegriffen, so werden wir uns zu verteidigen wissen. , Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von F alken hayn: *) Abg. Dr. Haegy (Els.): Die Elsaß⸗Lnothringer haben in Spionageangelegenheiten nie eine besondere Rolle gespielt; sie baben stets sehr gut abgeschnitten. Das Militär hat sich in ein schweres Unrecht gesetzt, dem Volke ist großes Unrecht geschehen. Das ist dadurch möglich gewesen, weil der militärische Geist in Preutzen so starl ist. Wir stehen seit einigen Monaten unter den Ereignissen in Zabern, wir meinen, s

daß diese ganze Sache nicht notwendig gewesgn wäre. Ich muß es als ein Verdienst unserer Bevölkerung in Ansprigh gehmen,' daß sie in diesen Tagen ihre Ruhe bewahrt hat. Gewisse Blätter haben nach der völligen Aufklärung des Zaberner Falles nicht für nötig gehalten, die Ehre der elsässischen Bevölkerung, die sie durch ihre Ausführungen verletzt hatten, wiede herzustellen. Seit lien 7er Jahren find eine Million deutscher Soldaten durch zie elfässischen Barnisonen hindurchgegangen; bestände wirklich eine syste⸗ matische Feindseligkeit der Bevölkerung gegen sie, so hätte man davon doch etwas vernehmen müssen. Einzelne Ausschreitungen mögen vorgekommen sein, aber aufs energischste bestritten werden muß die Be⸗ hauptung, daß diese Feindseligkeiten allgemein, und daß Das in System sei. Auch bei den Manövern erfährt regelmäßig die 3 völkerung Danksagung von den Truppenführern für die gute Auf⸗ nahme Fer übenden Mannschaften. Die praktische Lösung, der Zaberner Frage ist vielleicht unter den verschiedenen, die möglich waren, eine glückliche. Das Regiment ist wieder in Zabern ein⸗ gerückt und von der Bevölkerung sympathisch aufgenommen. worden, die neuen Führer haben sich freundlich eingeführt, und man wird es an Respekt für fie nicht fehlen lassen. Die neue Kabinettsorder scheint auch mir einen Fortschritt zu bieten und der Wiederkehr ähnlicher Vorkommnisse einen Riegel vorzuschieben. Zugleich ist mit dem Erlaß dieser Order der Zaberner Vorfall indirekt verurteilt; denn der BVberst von Reuter gab eben den Vorstellungen der Zivilbehörden kein Gehör, sondern ließ das Militär weiter sich betätigen, weil er das Lachen und das Stehenbteiben des Publikums nicht mehr dulden wollte. Die systematischen Mißhandlungen sind eine außerordentlich be⸗ trübende Erscheinung, zu deren Unterdrückung die Heeresberwaltung alles aufbieten muß, es treten da Fälle des ärgsten, grausamsten Sadismus auf, gegen den gar nicht scharf genug ,, werden kann. So ift ein Soldat gezwungen, den eklen Inhalt eines Spuk⸗ napfes auszutrinken; dem Peiniger, der das für einen Scherz erflte, sind drei Monate Gefängnis zudikliert worden. Was das Pꝛesse⸗

Die Reden des Kriegsministers, Generalleutnants bon Fal ken hayn können wegen verspäteten Eingangs des stenographischen Berichts

referat betrifft, so sollten auch die Regiments bugsaus; angewiesen werden, weniger verschlossen zu sein und leichter Auskünfte zu er— teilen, damik übertriebene Meldungen und Gerüchte aus den Kasernen nicht erst von der Presse aufgenommen und derhreitet werden. Grundsätzlich kann wohl verlangt, werden, daß bei e, ziösen Uebungen nicht des Guten zu viel in Haerde nn g ,, Unnötige Belästigungen des Bürgertums durch die Nilitärbe zörde müssen vermieden werden, desgleichen unnötige Verkehrsbehinderungen, wie sie in Straßburg vorgekommen sind. IJ bitte die 85 waltung, diese Wünsche der reichsländischen Bevölkerung zu berück⸗ sichtigen. k Generalmajor Freiherr von Langermann und Erlen. camp tritt den gestrigen Beschwerden des Abg. Dom beck über die Ausübung der Militärseelsorge entgegen. Bei der Beichte bleibe den polnischen Mannschaften ganz überlassen, ob sie in deutscher oder polnischer Sprache beichten wollen, eine Einwirkung der Heeres ver⸗ waltung seJñ ausgeschlossen. Dem Abg. Erzberger danke die Militär⸗ verwaltung für das warme Intexesse, das er für die Militäranwärter bewiesen habe. Wir brauchen ein erstklassiges allen Anforderungen gewachsenes Unteroffizierkorps; eine der gsten. Vorbedingungen dafür ist eine gesicherte Zivilversorgung. Die Militärverwaltung wird nicht ablassen, jede Gelegenheit zur Verbesserung der Zivilversorgung zu benutzen. Nicht alle Anregungen des. Abg. Erzberger lassen sich in kurzer Zeit befriedigen; einige davon erfordern zu ihrer Verwirklichung viel Zeit, weil Verhandlungen mit den Kommunen usw. nötig sind, aber ich hoffe, daß es in nicht zu langer Zeit gelingen wird, diese Wünsche zu erfüllen. .

Um 7 Uhr wird Vertagung beschlossen.

Persönlich bemerkt der

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Der Preußische Kriegsminister hat auf eine in Stuttgart 1907 auf der Internationalen Jugend⸗ konferenz gehaltene Rede Bezug genommen; das kann nur eine Rede von mir sein, denn eine andere Rede über Militarismus ist dort nicht gehalten worden. Ich habe in dieser Rede diejenigen Sätze, die der Kriegsminister verlesen hat, nicht gebraucht. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Ich konstatiere, daß ich die Worte „Ab⸗ scheu“, „Verachtung“, „Ekel“, kurz alle die Kraftausdrücke nicht ge⸗ braucht habe, mit denen der Kriegsminister paradiert hat; ich habe auch nirgends von militärischem“, sondern von „militaristischem Geiste gesprochen. Das ist eine bewußte Fälschung derjenigen Leute, denen daran gelegen ist .. . (Präsident: Sie meinen doch nicht den Kriegsminister?), aber natürlich nicht ich habe stets scharf zwischen diesen beiden Begriffen unterschieden. Ich weiß nicht, woher der Kriegsminister seine Nachrichten erhalten hat; jedenfalls können es nur Spitzelberichte sein von bewußten Fälschern. (Präsident: Das ist keine persönliche Bemerkung mehr.)

Abg. Dr. Müller-Meiningen fortschr. Volksp. : Der Abg. Werner und der Kriegsminister haben meine Angabe wegen der Abhaltung des Musterungsgeschäftes bei einzelnen Landratsämtern nach der Konfession für unglaubwürdig erklärt. Das nötigt mich zu der Feststellung, daß nach dem Kreisblatt des Kreises Schlochau vom 24. Februar 1914 für den Ort Hammerstein auf den 24. März, Mor⸗ gens 8 Uhr, die Mannschaften katholischer und mosaischer Religion, auf den 25. die ebangelischer Religion hinbestellt wurden. (Rufe im Zen⸗ trum: Das ist ja ein katholischer Feiertag! Große Heiterkeit.) Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Fal ken—⸗ hayn: *)

Abg. Schulz-Erfurt (Soz.): Ich habe das Bestreben des Kriegsministers, für seine alten Kameraden zu sorgen, nicht verhöhnt. Ich habe vielmehr anerkannt, daß es seinem guten, kameradschaftlichen Geiste entsprungen ist. Gehöhnt habe ich darüber, daß der Kriegs⸗ minister die alten Offiziere, die er für seine Dienste nicht mehr brauch⸗ bar hielt, für Handel und Industrie noch für gut genug ansieht.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz): Ich wäre ja berechtigt, Mur Sache zu sprechen, weil der Kriegsminister die. sachliche De⸗ batte wieder eröffnet hat. (Ppräfident Dr, Ka empf: Da müßte ich sie doch erst wieder für eröffnet erklären! Widerspruch bei den Sozial⸗ demokraten; Rufe: Sie ist eröffnet! Automatisch! Ich kann mich aber im Rahmen einer persönlichen Bemerkung halten, das hat mir der Kriegsminister selbst erleichtert. Er wirft mir vor, ich hätte ihn nicht vorher bon meiner Absicht verständigt; dann möge er sich doch zu⸗ nächst einmal selbst den Vorwurf machen, daß er die Sache zur Sprache gebracht. Sein Verfahren kann um so weniger gebilligt wer⸗ den, als über diese Konferenz ein offizielles Protokoll erschienen ist. Angesichts dieser Sachlage schöpft er aus so unreinen Spitzelquellen! Das kennzeichnet seine ganze Polemik.

Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.): Die von mir konstatierte Tatsache bleibt durchaus bestehen. Auch der Kriegs—⸗ minister kann nicht leugnen, daß die Mannschaften mosaischer Kon⸗ fession keinen Feiertag gehabt haben.

Schluß 7 Uhr 10 Minuten. Nächste Sitzung Donners⸗ tag ? Uhr. (Antrag Speck auf Annahme eines Gesetzentwurfs betreffend die Nichttrennbarkeit der Aufwandsentschädigung für soldalenreiche Familien; zweite Lesung der Besoldungsvorlage; Militäretat.)

Preusischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 73. Sitzung vom 6. Mai 1914, Vormittags 11 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Das Haus setzt die zweite Beratung des Etats des Ministeriums der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten, und zwar zunächst die Besprechung des Kapitels „Höhere Lehranstalten“ bei den Beihilfen zur Unterhaltung nichistagtlicher höherer Lehranstalten für, die weibliche Jugend sowie zu Unterstützungen e . welche die wissenschaftlichen Klassen und die Seminarklassen nichtstaatlicher Oberlyzeen besuchen, fort. Hierzu liegt der Antrag der Abgg. A ronsohn und Genossen (fortschr. Volksp.) vor, die Regierung zu ersuchen, ein Gesetz zur Regelung des Privatschulwesens einzubringen. Nachdem Abg. Lippmann ffortschr. Volksp.) diesen Antrag begründet hat, worüber bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, erklärt der Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz: Meine Herren! Auf die weit ausholenden Ausführungen meines Herrn Vorredners über das Privatschulwesen einzugehen, möchte ich mir versagen. Wenn ich das Wort ergriffen habe, so ist es geschehen, um die Behauptung meines Herrn Vorredners zu widerlegen, wonach das jetzige Verfahren auf dem Gebiete des Privatschulwesens der Ver⸗ fassung widerspreche. Diese Behauptung ist völlig falsch und irrig. In der Verfassung heißt es in Art. 26: Das Schul- und Unterrichtswesen ist durch Gesetz zu regeln. Bis zu anderweiter gesetzlicher Regelung verbleibt es hinsichtlich des Schul⸗ und Unterrichtswesens bei dem geltenden Rechte. Guruf des Abg. Lippmann-⸗Stettin: Vor 65 Jahrenh Sie wissen, meine Herren, daß das Schulgesetz in seinem vollen Um⸗ fange nicht erlassen worden ist, daß Staatsregierung und Parlamente

Infolgedessen bleibt es bei dem Rechtszustand, der vor der Ver⸗

fassung auf diesem Gebiete bestand. Dieser Rechtszustand stützt sich aber nicht, wie der Herr Vorredner wiederholt behauptet hat, auf ein Ministerialreskript, sondern auf eine Allerböchste Order, die Gesetzes⸗ kraft hat. (Abg. Lippmann-⸗Stettin: Aus dem Jahre 1832) Diese Allerhöchste Order ist auch heute noch maßgebend. Daß diese Auffassung nicht nur in diesem hohen Hause wiederholt ausgesprochen und auch von der Staatsregierung wiederholt zum Ausdruck ge⸗ bracht, sondern auch von dem höchsten Gerichtshofe geteilt worden ist, ist dem Herrn Vorredner vielleicht aus den früheren Verhandlungen in diesem hohen Hause bekannt geworden. Das Reichsgericht hat in höchster Instanz bekanntlich auf diesem Gebiete wiederholte Ent⸗ scheidungen getroffen und hat dabei niemals in Zweifel gezogen, daß die erwähnte Auffassung über die Rechtslage bei uns gerechtfertigt und verfassungsmäßig ist. Also alle diese Ausführungen, die der Herr Ab⸗ geordnete gemacht hat, sind irrig und abwegig. Es ist von Bedeutung, das hier mit allem Nachdruck auszusprechen.

Im übrigen hat er bei der ganzen Beleuchtung des Privatschul⸗ wesens viel zu sehr das gewerbliche Interesse der Inhaber dieser Schulen in den Vordergrund gestellt. Dieses Interesse ist natürlich auch von Bedeutung. Aber es tritt weit zurück gegen das Interesse, das in erster Linie bei den Privatschulen vertreten werden muß, das Interesse des Unterrichts und der Jugend, die in den Privatschulen unterrichtet wird. Daß es da gerade unter den heutigen Verhältnissen sehr angezeigt ist, ein aufmerksames Auge auf das Privatunterrichts⸗ wesen zu haben, das wird niemand bestreiten können, der die Verhält⸗ nisse nur einigermaßen übersieht. (Sehr richtig! rechts.) Gerade in das Privatschulwesen suchen sich Elemente einzudrängen, die durchaus nicht die Eigenschaften haben, unsere Jugend zu erziehen. (Sehr richtig! rechts) Da ist es einfach eine Staatsnotwendigkeit, die nötigen Machtmittel in der Hand zu haben, um diesem Treiben entgegenzu⸗ treten. Daran wird die Staatsregierung meiner Ansicht nach unter allen Umständen festhalten müssen.

Wenn der Herr Abgeordnete sich dann gegen den vorliegenden Ge⸗ setzentwurf gewandt und sehr viel weitergehende Forderungen auf diesem Gebiete gestellt hat, so ist es mir doch sehr zweifelhaft, ob er damit dem Zustandekommen dieses Gesetzes einen guten Dienst er⸗ wiesen hat. Ich glaube, daß es notwendig sein wird, sich auf diesem Gebiete einige Beschränkung aufzuerlegen, wenn man wünscht, wenigstens im gewissen Umfange eine Rechtskontrolle herbeigeführt zu sehen. Ich habe eine solche Gesetzesvorlage im vorigen Jahre von meiner Person aus zugesagt, habe dann die Unterstützung des Staats— ministeriums und die erforderliche Allerhöchste Genehmigung gefunden. So war es möglich, diesen Gesetzentwurf vorzulegen, der übrigens durchaus mit meinen Auffassungen übereinstimmt. Es ist ganz falsch, wenn der Herr Abgeordnete glaubt, daß ich meine Wünsche auf diesem Gebiete hätte nicht durchsetzen können, und es wäre von mir weniger erreicht worden, als ich beabsichtigt hätte. Ich stehe völlig auf dem Standpunkt des Gesetzentwurfs, versage es mir aber, jetzt im übrigen auf ihn einzugehen. Ich werde es tun, wenn der Moment dazu ge⸗ kommen sein wird, wenn der Gesetzentwurf zur Beratung steht. (Bravo! rechts.)

Abg. Dr. Wag ner-⸗Breslau (freikons): Nach der bisherigen Diskussion kann ich mich erfreulicherweise sehr kurz fassen. Ich habe namens meiner politischen Freunde zu erklären, daß der Antrag Aron⸗ sohn bei uns kein Entgegenkommen finden wird, daß wir uns aber einem Antrag auf Ueberweisung an eine Kommission nicht widersetzen werden, um dort die Gründe, die für die Ablehnung sprechen, etwas zu vertiefen. Was den Gesetzentwurf, betreffend die Zuständigkeit in Schulsachen, angeht, so ,, ich jetzt nur, daß die Interessenten, die ja in einer Petition dem Hause ihre Wünsche kundgegeben haben, bezüglich der Privatschulen längst nicht so weit gehen, wie der uns vor⸗ liegende Antrag. Ich erkenne es an, daß eine gesetzliche Regelung sehr

großen Hindernissen begegnen würde, und das ist auch die Auffassung des überwiegenden Teils des Hauses. Art. 26 der Verfassung ist immer noch nicht in Kraft, und es wird jetzt nicht leichter sein als bei früheren Versuchen, zu einer Einigung zu gelangen, und so wird weder bei der Regierung noch bei uns Neigung bestehen, diese schwierige Materie ohne dringende Veranlassung wieder in Angriff. zu nehmen. Die Interessenten selbst sind im wesentlichen mit dem einverstanden, was der 56 des Entwurfs bringt; ein sehr erhebliches Bedenken be⸗ steht aber bei ihnen darüber, ob mit Absatz 4 ihren dringenden Wün⸗ schen abgeholfen ist; es müsse in Erwägung gezogen werden, ob dieser Absatz einfach gestrichen werden und damit die Klage beim Oberver⸗ waltungsgericht unbeschränkt zugelassen werden könne, sodaß auch die eigentlichen Existenzfragen über die Fortführung des Unterrichts und dergleichen vor diese Instanz gebracht werden können, oder den 5 6 durch einen weiteren Absatz dahin zu vervollständigen, daß die Klage auch zugelassen werden soll, soweit die tatsächlichen —— Auf welche sich die Vorentscheidung gründet, nicht zutreffen. Diese Mög⸗ lichkeit muß den Interessenten eröffnet werden. Weiter ist die Frage, worauf auch der Abg. Lippmann schon hingewiesen hat, ob die etwas antiquierte Bestimmung, wonach die Genehmigung immer bloß auf ein Jahr erteilt wird, womit diese Interessenten den Inhabern von Wan⸗ dergewerbescheinen gleichgestellt werden, noch aufrecht erhalten werden soll; hier wünschen die Interessenten eine Nachprüfung. Die Privatschulinhaber haben keinen sicheren Rechtsboden unter den Füßen; sie sind aber anderseits gezwungen, für ihre Lehrkräfte Ver⸗ pflichtungen in rechtsverbindlicher Form zu übernehmen hinsichtlich der Befreiung von der Krankenkassenbeitragspflicht usw. Ob das möglich ist, wenn'sie felber sozusagen in der Luft schweben, ist zum mindesten

fraglich; es wäre also auch hier eine Prüfung der Wünsche der Inter⸗ effenten und eine entsprechende Aenderung des § 6 sehr wohl zu er⸗ wägen.

Abg. Ernst vorhergegangenen Oberlyzeen und

kommt auf die in der Erörterungen über die Studienanstalten zurück und geht auf die Wünsche des Vereins „Frauenbildung und rauenstudium!“ näher ein, wird aber vom Präsidenten darauf hin⸗ gewiesen, daß die allgemeine Erörterung darüber bereits geschlossen ist. Nachdem er dann noch über die Bedenken dieses Vereins darüber, daß eventl. eine Verflachung der Vorbildung der Studentinnen ein⸗ treten könne, sich ausgelassen hat, wendet er sich der Erörterung des Antrags Aronsohn bekreffs der gesetzlichen Regelung des Privatschul⸗ wesens zu und führt aus: Die Privatschulen sind durch die Neuordnung von 1908 in große Schwierigkeiten und in eine große Notlage gekommen. Die Unterrichtsberwal tung ist häufig recht rigoros gegen die Privatschulen vorgegangen, namentlich hinsichtlich der akademisch gebildeten Lehr⸗ kräfte. Die Uebergangszeit ist recht kurz bemessen worden, man sollte den Privatschulen den Uebergang in die neuen Verhältnisse nach Möglichkeit erleichtern. Wir erkennen ja dankbar an, daß die Regie⸗ rung für die Privatschulen im Laufe der letzten Jahre viel getan hat, aber wir bitten den Minister, daß er in Zukunft den Privatschulen noch mehr als bisher sein Wohlwollen zuwendet. Im Durchschnitt kom⸗ men auf jede Frauenschule 19 Schülerinnen. Das ist sehr zu bedauern, da ihr Lehrplan ganz ausgezeichnet ist. Es ist nicht richtig, daß, wie vielfach behauptet wird, bei den Vorstehern und Vorsteherinnen der höheren Mädchenschulen bei der Leitung der Schule das Erwerbs⸗ intereffe zu sehr in den Vordergrund geschoben wird. Demgegenüber muß berborgehoben werden, daß der. Idealismus der Vorsteher und Vorsteherinnen nicht in Zweifel zu ziehen ist. Im Vorjahre hat der

Volksp.) Sitzung gepflogenen

(fortschr.

sich dazu entschlossen haben, einzelne Teile des Schulwesens allmählich

erst morgen im Wortlaut veröffentlicht werden.

gesetzlich zu regeln. Das Privatschuhwesen sst, gesetzlich nicht geregelt.

Minifter gestattet, daß die. Inhaberinnen, von Abgangeszeugnissen höherer Mädchenschulen als Hospitantinnen für Kunstgeschichle an der