sie haben konnte. Der Rechnungsrat wird der „Kriegsminister in w De ing g
Zivil! genannt. Es sollen Bestechungen von manchen höheren Zen⸗ tralbeamten bis zum Betrage von 2000 M vorgekommen sein. Der Abg. Erzberger hat nachgewiesen, in welcher Weise die Firma das Reich geschädigt hat; bei jedem Panorama⸗Fernrohr hat eine Ueber= sorderung von 150 M stattgefunden. Die Schädigung der Reichs geht in die Millionen. Obwohl diese Vorgänge der Militärverwal tung bekannt sind, hat die Firma neuerdings wieder große Aufträge bekommen, und sie ist bei der Lieferung der Panorama⸗Fernrohre mit 63 3 beteiligt, obwohl andere n,, Firmen vorhanden * Ueber die Gepflogenheit der Siemens-⸗Schugeert⸗Werke hat ein Prozeß skandalöses Material geliefert über die Art, wie die Firma eine Monopolstellung in Japan durch Hestechungen zu erreichen ge⸗ sucht hat. Ein japanischer Admiral ist mit Prozenten und Pro⸗ vision beteiligt worden. (Präsident Kale mp'f: Japanische Angelegen⸗ heiten gehören nicht hiether) Es handelt sich um eine deutsche Firma; wir können nur dann und wann den Zipfel des Schleiers von diesen Korruptionen heben, und deshalb müssen wir diese Gelegenheit ergreifen. Cine bösartige re Korruptibn wie, die durch die Firma in Japan geübte kann man sich nicht denken. Diese Praktiken laufen hin— aus auf die Bestellungen für die Firma Siemens ⸗ Schuckert. Wie hat sich in dieser ganzen Sache die deutsche Regierung verhalten? Das Auswärtige Amt hat, um die, Firma in ihren Bestechungs— manövern zu schützen, eine Denkschrift ausarbeiten lassen und den Staatsanwalt gegen den Beamten gehetzt, der den betreffenden Brief entwendet haben sollte; der Beamte ist schließlich verhaftet worden. (Fräsident Dr. Kaempf: Ihre Worte enthalten einen unerhörten Vorwurf gegen das Auswärtige Amt, ich rufe Sie zur Ordnungh Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft hatte den Zweck, der Firma unan⸗ genehme Papiere unschädlich zu machen. Der Präsident ruft den Redner wegen dieser Aeußerung abermals zur Ordnung.) Die Akten des Konkurses Lindenau haben ergeben, daß dieser Herr, der in— zwischen verstorben ist, einen einträglichen Handel mit ... (Rräsi⸗ dent: Es ist nicht Brauch des Hauses, über Tote in diesem Tone zu sprechen) . . . ich bedauere lebhaft, daß der Herr nicht mehr lebt, aber ich muß sagen, daß er die Gunst Seiner Majestät des Kaisers benutzt hat, um Titel und Orden gegen klingende Münze zu verhandeln. (Präsident, den Redner durch heftiges Glockenläuten unter— brechend: Ich wiederhole, es war bisher nicht Brauch des Hauses, gegen einen Toten derartige Vorwürfe zu richten; ich bitte Sie, diesen Gegen⸗ stand zu verlassen. — Lebhafte Zustimmung bei den bürgerlichen Par⸗ teien. Ich halte mich für veipflichtet . (Stürmische Unter⸗ J n n, . che hn brechungen; Rufe: Unerhört! Schluß) „. ich habe das Recht und die Pflicht Dinge, die, das öffentliche Interesse be— rühren, aufzudecken. Die „Deutsche. Tageszeitung, brauchte einmal die Wendung, daß, wo es sich um öffentliche Inter⸗— essen handle, die Korruption schonungslos aufgedeckt werden müsse. Das sagt Ihre eigene Presse. Wir dürfen nicht dulden daß solche Korruption durch die deutsche Industrie zum schweren Schaden des deutschen Volkes getrieben wird. Wir haben die Pflicht, sie schonungs— los aufzudecken. Ueber die internationale Diplomatie könnte ich in diesem Zusammenhange noch vieles sagen. Die autwärtige Politik wird schon längst nicht mehr allein in den Kanzleien der Ministerien, sondern in den Bankkontoren und nicht mehr mit diplomatischen, son⸗ dern mit anderen Noten gengcht. Wird Deutschland durch diese Politik zu immer stärkeren Rüstungen getrieben, so geht es mit den Rüstungen hüben und drüben immer vorwärts, wir haben die Schraube ohne Ende, und auch der technische Fortschritt muß am letzten Ende diesem Zwecke der skrupellosen kapijalistischen Profitsucht dienen. Die Herren pflücken goldene Aepfel, während die Kriegsgefahr den Völkern über den Kopf wächst. Die Korruption ist seit 1913 nicht geringer geworden, wohl aber sind Ihre Nasen in der Zwischenzeit unempfind⸗ licher geworden. Und nun möge der Kriegsminister kommen und den Mut haben, die Firma Krupp zu verteidigen! —
Präsident Dr. Kaempf ruft den Abg. Dr. Liebknecht noch nach— träglich wegen des von diesem mit Bezug auf Personen und Parteien gebrauchten Ausdrucks „Demagogie“ zur Ordnung.
Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Fal⸗ kenhayn:
Meine Herren! Ich habe den Mut, die Firma Krupp zu ver— teidigen, und zwar in dem Lande, das nach Blut riecht seit 44 Jahren oder 43 Jahren, nach Blut, vergossen durch die Rüstungstreiber, die der Abg. Liebknecht ja eben an den Pranger gestellt hat. (Zurufe von den Sozialdemokraten.)
Der Herr Abgeordnete hat die Vorwürfe, die er hier im vorigen Jahre erhoben hat, wieder erhoben. Nach meiner Ansicht war er dazu weder berechtigt, noch war es zweckmäßig, das zu tun. Durch die Prozesse, meine Herren, die, wie Sie alle wissen, ganz offen ge— führt worden sind, ist längst offenbar geworden, um was es sich handelte. — Ich spreche jetzt nur von der Kruppangelegenheit; von den anderen Angelegenheiten wird nachher einer der Herren Departe— mentsdirektoren reden. — Durch die Prozesse, sage ich, ist es längst offenbar geworden, um was es sich handelte: auf der einen Seite um die Anwendung unlauterer Mittel bei kaufmännischen Manövern und auf der anderen Seite um schwere Verstöße gegen die Beamten— disziplin. Auch nicht der geringste Schimmer von Landesverrats— verdacht hat sich während der Prozesse auffinden lassen. (Abg. Dr. Liebknecht: Nie behauptet) — Ich bitte um Verzeihung, Herr Ab⸗ geordneter, ich glaube, daß mit dem Hinweis auf Landesverrat, mit der Andeutung, daß ein solcher Landesverrat vorlag, es Ihnen haupt— sächlich gelungen ist, im vorigen Jahre so die Aufmerksamkeit dieses Hauses zu fesseln, wie es der Fall war. (Abg. Dr. Liebknecht: Nicht wahr! — Glocke des Präsidenten!)
Jedenfalls ist nicht ein Schimmer von Landesverrat erwieser worden, trotzdem man bis in die tiefsten Tiefen nachgesucht hat. (Na, na! bei den Sozialdemokraten. Sehr richtig! rechts Was liegt mir daran, etwas Falsches zu sagen, und, meine Herren, — ich habe mich in die Sache wirklich hineinversenkt — ich kann Sie ferner versichern, daß ich fest überzeugt bin, daß die Angehörigen der Heeres⸗ verwaltung — es handelte sich übrigens nur um einen Beamten des Kriegsministeriums, die anderen standen außerhalb des Kriegs— ministeriums; mit der Kernfäule ist es also noch nicht weit her, Herr Liebknecht! — (Heiterkeit), daß die Mehrzahl der Angehörigen der Heeresverwaltung, die dabei beteiligt waren, sich tatsächlich nicht bewußt gewesen sind, welche schweren Verstöße sie sich zuschulden kommen ließen in dem Verkehr mit dem Beamten der Firma Krupp. Alle Beteiligten, meine Herren, sind, wie Sie wissen, zur Verant⸗ wortung gezogen. (Widerspruch von den Sozialdemokraten.) Alle Beteiligten, die wir kennen, sind zur Verantwortung gezogen, und sie werden ihr lebelang an dem zu tragen haben, was sie sich da eingerührt haben! Daher kann ich behaupten, daß seitens der Heeres berwaltung alles geschehen ist, was überhaupt geschehen konnte, um der Wieder⸗ holung solcher bedauerlichen Einzelfälle in Zukunft vorzubeugen. Warum man diese jetzt hier wieder zur Sprache gebracht hat, nachdem die Heersverwaltung so entschieden gezeigt hat, daß sie gewillt ist einzutreten, wo sich irgend etwas einzuschreiten findet, das verstehe ich nicht. (Sehr richtig! rechts. Zurufe bei den Sozial⸗ demokraten) Ich habe es auch schon im vorigen Jahre nicht ver— standen, nein, ich habe es nicht verstanden, denn Vorteile sind daraus nicht erwachsen und konnten nicht erwachsen, nachdem mein Herr Amtsvorgänger, ich glaube, persönlich den Herrn Abgeordneten, ber den Ankläger spielte, versichert hat, daß alles geschehen würde,
und nachdem der Herr Abgeordnete, wie er, glaube ich, hier auf dieser Tribüne auch versichert hat, die Ueberzeugung hatte, daß alles ge⸗ schehen war, was überhaupt irgendwie nach menschlichem Ermessen geschehen konnte.
Nachteile aber sind eine große Menge erwachsen. (Sehr richtig! rechts) Ich spreche nicht von den Nachteilen für die Heeres= verwaltung und deren Angehörige, wir müssen sie tragen, das sehe ich ein. Dagegen, meine Herren, sind sehr große Nachteile erwachsen für die deutsche Industrie und für den deutschen Handel im Auslande wie für die deutschen Arbeiter. (Lebhaftes Sehr richtig! auf allen Seiten des Hauses. — Unruhe und stürmische Zurufe bei den Sozialdemokraten.)
Meine Herren, in Deutschland selbst ist der Ruf der Firma Krupp viel zu gut begründet und viel zu bekannt, als daß irgend— welche derartige Versehen und Vergehen sie schädigen könnten, draußen aber, da kennt man die Verhältnisse nicht so, und da sind genug Konkurrenten, denen es ein Vergnügen ist, in die Kerbe zu hauen, und die Vorteile daraus zu ziehen suchen, die sie irgendwie bekommen können. (Lebhaftes Sehr richtig) Und es bleibt mir nur übrig, der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß das Haus, um das es sich hier handelt, das schon manchen Schlag und manche schweren Zeiten über— standen hat, durch seine Solidität und durch seine Tüchtigkeit auch diesen Schlag überstehen wird. Das wünsche ich nicht im Interesse der Firma allein, trotzdem ich ihren Ruf und ihre Bedeutung für den Ruf deutscher Tüchtigkeit im Auslande aus meiner Tätigkeit dort sehr wohl kenne, sondern das wünsche ich auch im Interesse der, glaube ich, 8o 000 Menschen, denen sie Brot verschafft, und im Inter— esse unseres Vaterlandes. (Lebhaftes Sehr richtig! auf allen Seiten des Hauses. — Widerspruch und lebhafte Zurufe bei den Sozial— demokraten — Das gehört, glaube ich, nicht zu meinem Ressort, und in dieser Verbindung kann ich auch wohl sagen: ich will auf diese Angriffe des Herrn Abg. Liebknecht gegen das Auswärtige Amt, trotzdem es ja eine Schwesterbehörde der meinigen ist, nicht eingehen. Ich darf wohl darauf hinweisen, daß ich es für geschmackvoller ge— funden hätte, das beim Etat des Auswärtigen Amts vorzubringen.
Schließlich, meine Herren, hat der Herr Abgeordnete hier noch die Angelegenheiten eines Verstorbenen gestreift. Mir sind sie nicht be— kannt. Der Herr Präsident hat die Sache schon gerügt, mir bleibt also bloß übrig, meinem tiefen Bedauern Ausdruck zu geben, daß ich das mit habe anhören müssen. (Lebhafter Beifall)
Generalmajor Wild von Hohenborn: Der Abg. Lieb— lnecht hat uns allerlei erzählt von Persönlichkeiten, die mit Krupp in Verbindung getreten sind. Das war uns bekannt. Auch über die An— gelegenheit Ehrhardt sind wir durch Mitteilungen von Ehrhardt ge nügend orientiert. Was der Abgeordnete erzählte, ist gleichgültig. Ich spreche hier als stellvertretender Bevoll mächtigter. Der Abg. Lieb⸗ knecht hat dann von internationalen Vereinigungen gesprochen und aller⸗ lei Angaben über einen internationalen Kriegstrust gemacht. Ich werde alle diese Sachen, sobald das Stenogramm vorliegt, der Rüstungs— kommission vorlegen. Dort kann alles in Ruhe besprochen werden. Dasselbe gilt von seinen Mitteilungen, die er über die angeblichen Ver⸗ trustungen der Loewefirma gemacht hat. Alles das ist vielleicht wert⸗ volles Material für die Rüstungskommission. Der Abgeordnete hat dann gesggt. es wäre von Interesse, zu erfahren, in welchen Händen sich die Aktien der deutschen Rüstungsindustrie befänden. Er weiß es nicht, wir wissen es auch nicht. Dann hat er auch von einer Schiffös— vertrustung gesprochen. Für uns kommen lediglich Pontonkähne in Betracht, und von einer interngtionglen Vertrustung dieser Kähne haben wir bisher nichts gewußt. Der Vorredner hat von einer Schädi— gung deutscher Interessen gesprochen. Wieviel Nationalvermögen aber durch seine Angriffe geschädigt worden ist, wieviele Arbeiter brot— los geworden sind, darüber hat er kein Wort verloren. Ich glaube, ich habe meine Ausführungen schon zu sehr ausgedehnt und will nur noch folgende Erklärung abgeben, daß bei der Einführung . 6 Fre n. ᷣ3 2 j ca. X * irgendeiner neuen Waffe oder Munition nur das dienstliche Interesse maßgebend, ist, und daß sie nicht auf das Betreiben irgendeiner Rüstungsfirma zurückzuführen ist. Für uns ist einzig und allein maßgebend die Rücksicht auf die Schlagfertigkeit der Armee. Was den Kruppfall betrifft, so hat uns der Abgeordnete etwas Neues nicht ge— sagt, Ich glaube, voraussetzen zu dürfen, daß das Haus damit ein— verstanden. ist, daß ich nicht in sämtliche Details dieses Falles ein— getreten bin. Die begangenen Fehler sind gesühnt. Ich will nur noch eins hinzufügen, indem ich für einen alten Kameraden, Herrn Wange— mann, eintrete; seine Aufsätze sind absolut einwandfrei, frei von jeder Tendenz. Es ist ein ehrengerichtliches Verfahren eingeleitet worden, in dem sich herausgestellt hat, daß dieser Offizier absolut intakt ist. Ich muß für die Ehre dieses Mannes eintreten. Der Abg. Liebknecht hat dann gegen einen hewährten Beamten Anschuldigungen erhohen, ohne einen Beweis dafür anzuführen. Ich überlasse das Urteil hier— über dem Hause. Wenn ich nun den Hauptfall Krupp resumiere, so kann ich sagen, daß, soweit die Heeresverwaltung in Betracht kommt, eine bedauerliche strafbare Verfehlung einzelner Menschen vorliegt. Ein
materieller Schaden für das Reich ist nicht entstanden. Rückschlüsse.
auf die Integrität des Beamtentums sind daraus nicht zu ziehen. Die Integrität unserer Beamten ist so intakt, daß uns das Ausland darum beneidet. Wir haben einzelne straucheln und der Versuchung unter— liegen sehen, es handelt sich aber nur um Verfehlungen einzelner. Das Ganze ist intakt. Das ist ein nicht korrumpiertes Beamtentum; Kor ruption ist den Deutschen fremd und soll es sein. Ich frage aber: gibt es irgendeinen Menschen, der glaubt, daß mit seiner Rede der Abg. Liebknecht dem Vaterlande genützt hat?
Abg. Erzberger Gentr.): „Es geht mit gedämpfter Trommel Klang.“ Das war der Ton der Rede des Abg. Dr. Liebknecht. Nach der vorjährigen Fanfare diese Schamade! Neues hat er zum Falle Krupp nicht vorgetragen; um wenigstens etwas zu bieten, ging er nach Japan und Ehile, und schließlich griff er das Gedächtnis eines Toten an wegen Dinge, die mit der Rüstungsindustrie nicht in geringstem Jusammenhang standen. Wie hat sich die Sozialdemokratie mit Recht gewehrt gegen die Angriffe auf den Abg. Bebel! Die heutige Liebknechtsche Rede war ein Rückzugsgefecht auf der ganzen Linie. Voriges Jahr hat der Abg. Liebknecht behauptet, höhere Militärbeamte hätten militärische Geheimnisse verraten; das Gericht hat das Gegen— teil festgestellt und die Angeklagten von dieser Beschuldigung frei— gesprochen! Das Beamtentum im allgemeinen ist mit keinem Makel behaftet, das hat das Gericht ebenfalls festgestellt. Der Abg. Lieb— knecht aber sprach von einem Panama! 1225 „ Bestechungsgelder wenn das ein Panama ist, dann ist es der glänzendste Beweis für die Integrität des deutschen Beamtentums. Gegen die ungeheuerliche Uebertreibung des Abg. Liebknecht müssen wir also aufs nachdrück— sichste protestieren. Hätten wir den Abg. Liebknecht in der Rüstungs⸗ kommission, so wäre ja dem Hause diese Rede erspart geblieben. Wir konnten es nicht erzwingen, daß der Abg. Liebknecht ihr an— gehörte. Daß die Sozialdemokratie ganz andere Zwecke als die Auf— deckung dieses Panama verfolgte, beweisen die gemeinen Angriffe des „Vorwärts“ gegen die Mitglieder der Rüstungskommission, die direkt als Halter der kapitalistischen Korruption bezeichnet werden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten, Und wenn ein Mitglied des Hauses diesen gemeinen Ausdruck hier noch durch ein „Sehr richtig!“ bestätigt, so gebe ich ihm den Vorwurf der Gemeinheit dreifach zurück. (Vizepräsident Dove ruft den Redner für diesen Ausdruck, auch wenn er nur konditionell gebraucht sei, zur Ordnung.) Die vorjährige Rede des Abg. Liebknecht hat schon dem deutschen Handel und der deutschen Industrie einen schweren Schaden zugefügt. Den ganzen Nutzen dabon wird die französische Industrie, den ganzen
Schaden die deutsche Arbeiterschaft haben, wurde mir damals den verschiedensten Seiten gesagt und geschrieben. Leidet . d dustrie, so folgen Arbeiterentlassungen, und die kommen dann auf .. Konto des Abg. Liebknecht. „0 * des Wertes der Kruppschen! . dukte sind reines Friedensmaterial. Wo sind denn die 3 die Behauptungen des Abg. Liebknecht über den Einfluß der Riu ir industrie auf die deutsche Bewaffnung in den letzten 40 a. Die Legende mit dem „Figaro“⸗Brief läßt sich einfach durch die e. stattliche Versicherung des Herrn von Brandenstein aus der 6. schaffen, daß nicht der mindeste Versuch von dem Adressaten gen worden ist, ihn in ein französisches Blatt hineinzulancieren 6 winnabsichten sind nicht die en d. der Absendun des Briefes . wesen, das ist in der Rüstungskommission festgestellt worden. We der Abg. Liebknecht sagt, man könne den Männern an der Spitze ien Unternehmens alles zutrauen, so muß das jedem anständigen He. erleiden, an der Spitze solcher Unternehmungen zu stehen oder . ihre Spitze zu treten. Die nächste Folge der heutigen Rede des t Liebknecht wird eine gewaltige Schädigung der deutschen Ind! sein. Die Angriffe auf die Firma Goerz sind unberechtigt; es handen sich bei den Fernrohren zunächst nur um eine Probebeftellung bro 6 Stuck. .
Abg. Schultz⸗Bromberg (Rp): Der Abg.
,,, 99 Liebknecht hatte seine Rede mit dem Versprechen begonnen, er wolle he
niemand
verdächtigen, da hat er sich doch sehr miswerständlich ausgedrückt:
110
Abg. Erzberger nicht weiter daran h
1 1. 1⸗
will aber nach den Worten des zurückkommen. Ich muß aber bezüglich des Landrats Rötger, der . hier nicht verteidigen kann, noch ein Wort sagen. Aus dieser Nich vereidigung schließt er, es habe im Direktorium der Firma Krupp ein Mann gesessen, der um diese Dinge wußte, daß es sich also um die Zentralleitung der Firma, nicht nur um Uebergriffe eines unter— geordneten Beamten gehandelt habe. Ich wage es, dagegen aufs— treten und zu erklären: Es ist absolut nicht festgestellt, auch nich dom Gericht, daß durch die Nichtvereidigung seine Schuld oder d Teilnahme an strafbaren Handlungen erwiesen ist. Das Gesetz den langt, daß, wenn auch nur die Möglichkeit eines Verdachts durtz äußere Umstände für die Teilnahme an der Tat sich ergibt, dann d Vereidigung ausgesetzt werden muß. Da der Landrat Rötger Hundert und Tausende von Schriftstücken im Laufe der Jahre unterzeichne hatte, ohne sie alle zu lesen, so lag doch objektiv die Möglichkes eines Verdachts vor. Und auch nur diese entfernte Möglichke zwang das Gericht, ihn zu vereidigen. Dadurch wird an seiner Ehn, an seiner Reputation nichts geändert. Der Mann hat selbst por Gericht ausgesagt, und er glaubte doch, unter dem Eid zu sprechen, Ich habe von dem Verkehr des Brandt damals überhaupt nichts r wußt, weil ich mir sonst wohl gesagt hätte, als dieser Brief kan daß ich hätte einschreiten müssen. Wenn das ein Mann sagt, de bisher doch wohl als Ehrenmann gegolten hat, dann kann man dot nicht davon sprechen, daß von einem Mitgliede des Direktorium; etwas derartiges festgestellt worden sei. Der Abg. Liebknecht meint sämtliche übrigen Parteien, außer der sozialdemokratischen, hätten i folge eines gewissen Unterbewußtseins keine Vorstellung von diesn Korruption; das heißt doch, wir seien so dickfellig, daß wir für se Gemeinheiten gar keinen Sinn und kein Verständnis haben. Geist dieser Aeußerung des Abg. Liebknecht zeugt allerdings von einn Art Ueberbewußtsein, von dem die bürgerlichen Parteien allerdim nicht befallen sein werden.
J
Abg. Dr. Liebknecht (Soz): Daß die Militärverwaltzm an Schiffen nur über Pontons verfügt, ist mir als ehemaligem nier auch bekannt. Der General Wild von Hohenborn hat im Ke mandoton festgestellt: was ich sagte, sei gleichgültig. Seltsam. Kürze seiner Erwiderung war der Bedeutung der Sache nicht ang messen. Es ist gar nicht richtig, daß über Verstorbene überhaupt nit gesprochen werden darf. Es muß das geschehen, sofern ein allg mein öffentliches Interesse vorliegt. Der Abg. Erzberger hat auch den Schatten Bebels heraufbeschworen und im Preußischen U geordnetenhause ist dasselbe geschehen; also bitte zupfen Sie sit und Ihre eigene Partei an der eigenen Nase. Im wesentlicht sind wir, der Abg. Erzberger und ich, durchaus einig über die Motih meines Vorgehens. Die Frage, ob der „Figaro“ brief nach Paris gangen ist, ist unerheblich. Erheblich ist, daß man aus diesem Bun auf die Wahrheitsliebe der Firma schließen kann. Das „Berli Tageblatt“ hat am 5. Mai 1913 eine öffiziöse Mitteilung der Fir gebracht, worin es heißt, der Brief sei niemals im „Figaro' schienen, er sei auch niemals abgesandt, sondern das Konzept sei einem Angestellten der Firma gestohlen worden. In bezug Goerz irrt sich der Abg. Erzberger bezüglich der Fernrohre ganz deutend. Es handelt sich nicht um ä, sondern um 4000 Stück. E Verrat militärischer Geheimnisse ist tatsächlich nachgewiesen und vo Gericht festgestellt worden. Späterhin erst hat man den kriminell Begriff des „militärischen Geheimnisses“ hinwegdisputiert. D Kruppmoral hat devastierend gewirkt. Nicht wir haben den Schaden beschönigen Sie nur weiter. Der Abg. Erzberger spricht heute als V treter der Arbeiterschaft und Ihrer Interessen. Mit welcher Berecht gung, weiß ich nicht. Die deutschen Arbeiter werden nicht gesch digt. Denn, wenn einmal die Rüstungsindustrie vom Boden v schwindet, werden dann die Arbeiter etwa hungern, werden sie ih Arbeit nicht für bessere Zwecke verrichten? Wir bekämpfen do private Rüstungsmonopol nicht bloß in Deutschland. Es wir interngtional von der gesamten Sozialdemokratie bekämpft.
Generalmajor Wild von Hohenborn: Die erste Bestellun von Panoramafernrohren betrug nicht 4000 Stück, sondern die Zäh war noch viel kleiner. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: 3900!) Ein genaue Zahl kann ich mit Rücksicht auf das Ausland nicht angeher Die Bestellungen sind teils im Gange, teils stehen sie noch bevor. De Abg. Dr. Liebknecht hat behauptet, daß Zeugoffiziere aus dem Krupp Prozeß noch im Dienst sind. Gegen diese schwebt aber noch ein b sonderes Verfahren, und einige haben auch ihren Abschied eingereicht Ich habe den Abg. Dr. Liebknecht bisher noch nicht sprechen hören, Der Abg. Erzberger hat seine Rede als einen Dreiviertelrückzug h zeichnet. Nach dem, was ich jetzt eben von ihm gehört habe, kann it nur sagen, daß das letzte Viertel jetzt nachgeholt worden ist.
Abg. Liesching lfortschr. Volksp.): Die Vorwürfe des Abt r. Liebknecht auf meine Partei machen gar keinen Eindruck auf unt Börsenjahrbuch nachgesehen, wieviel verabschieder Offiziere und Generale im Aussichtsrat von Rüstungsfirme sitzen. Wir haben in einer Resolution seinerzeit verlangt, solle untersucht werden, ob es angängig ist, an Beamte eine Pensio zu bezahlen, die sehr hohe Einnahmen nach ihrer Pensionierung au solchen Aufsichtsratsstellen haben. Wir haben auch immer hervo— gehoben, daß es außerordentlich bedenklich ist, wenn große Rüstung; firmen so viele pensionierte Offiziere angeblich ihrer Sachkenntm wegen einstellen. In der Rüstungskommission wurde von einem Mi gliede dieses Hauses der Antrag gestellt, eine Enquete zu veranstalte bei welchen Rüstungsfirmen frühere Offiziere im Aussichtsrat sitze Auch wir wären dankbar, wenn keine Rüstungen mehr nötig wären Solange das aber nicht möglich ist, glaube ich, liegt es nicht ir Interesse des Weltfriedens, wenn wir gerade den deutschen Firmen be bieten, an das Ausland zu liefern. Wenn deutsche Fabriken his; 89 * ihrer Gesamtfabrikation an das Ausland liefern, dann ist“ nur sehr wertvoll für uns. Ich kann nichts dabei finden, daß m Gewehre für Serbien geliefert haben. Ich will darauf hinweisen, du ja gerade die Gewehre in Staatsbetrieben hergestellt werden. Nuri dringenden Notfällen wenden wir uns hierbei an die Privatindustmt Es hat deshalb doch keinen Wert, hier davon zu sprechen, daß gerad die deutsche Rüstungsindustrie eine große Gefahr für den Weltfriede ist. Wir haben gar keine Veranlassung, zu bezweifeln, daß das, wa uns über den „Figaro“⸗Brief mitgeteilt ist, richtig ist. Es kann io keine Rede davon sein, daß immer hier mit Unwahrheiten operien wird. Es war ein Fehler, daß hisher niemals bekannt gegeben worde ist, daß der Brief gar nicht an die Adresse des „Figaro“ gegangen is
*
Er hat im
(Fortsetzung in der Zweiten Beilage.)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
Es ist auch natürlich, daß die ersten Maschinengewehre viel teurer als die späteren waren. Denn allmählich werden die Erfahrungen der ersten Lieferungen verwertet. Wenn hier auch die Schmiergelder vor⸗ gebracht werden, die an Private gezahlt worden sind, so muß dat aus— wärtige Besteller abhalten, bei uns etwas zu bestellen, da kein Mensch gern in solche Angelegenheiten später hineingezogen wird. .
Abg. Erzberger Gentr.): Die letzte Rede des Abg. Lieb⸗ knecht war nicht ein Rückzug mit Kanonendonner, sondern mit Knall⸗ erbsen. Er hat auf der ganzen Linie den Rückzug angetreten, das zu fagen, ist eine politische Niotwendigkeit. Gegen Verfehlungen einzelner Beamte in der Marine ist eingeschritten worden. Die Motive Ffür die Abfendung des „Figaro“-Briefes sind uns dargetan worden. Ich bin bereit, dem Abg. Liebknecht diese Motive mitzuteilen, es sind keine unehrenhaften Holte Was die Firma Goerz betrifft, so kenne ich einzelne der Akten auch von der Firma selbst nicht bloß Tie Akten über einen Angestellten, der von der Firma entlassen wurde. Der Abg. Läeb⸗ knecht sprach von 4000 gelieferten Fernrohren, wenn er das durch 10 dividiert, so kommt er der Wahrheit näher. Der Abg. Liebknecht hat im vorigen Jahre den Verrat militärischer Geheimnisse im Falle Krupp behauptet. Das Urteil im Prozeß hat das bündig widerlegt. Das Vorgehen des Abg. Liebknecht schädigt die Arbeiterinteressen schwer. Sogar innerhalb organisierter sozialdemokrgtischer Arbeiter⸗ kreise denkt man so. Wenn eine Verstaatlichung der Rüstungsindustrie stattfände, so würde der Staat keine Aufträge vom Auslande annehmen können, und zahlreiche Arbeiter würden brotlos. Der Beweis, daß ähnliche Debatten auch in auswärtigen Parlamenten stattfinden, ist insofern nicht stichhaltig, als die ausländischen Sozigldemokraten nicht so vorgegangen sind wie der Abg. Liebknecht. Seine Rede vergeht, aber der Schaden für die deutsche Volkswirtschaft wird bestehen.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Wenn Sie unsere Presse kennen, so werden Sie wissen, daß es uns nicht nur darauf ankommt, die Schwächen einer einzelnen Person zu erörtern, sondern daß es uns darauf ankommt, nur solche Dinge zu erörtern, die das öffent⸗ liche Interesse betreffen. Daß eine Verstaatlichung zu einer Arbeits⸗ sosigkeit führen kann, ist eine oberflächliche Betrachtung. Die deutsche Industrie würde nicht zur Untätigkeit verurteilt sein, wenn die Mord⸗ industrie verstaatlicht würde. Die frei werdenden Arbeitskräfte könnten an anderer Stelle beschäftigt werden. Rötger ist in der Tat nicht vereidigt worden, weil der Verdacht der Mittäterschaft vom Gericht festgestellt war. Der Redner geht dann noch auf den Fall Goerz ein und bleibt dem Abg. Erzberger und der Heeresverwaltung gegenüber hei seinen Behauptungen stehen, ebenso in bezug auf den „Figaro“ Brief. Er wird schließlich wegen eines unparlamentarischen Ausdrucks in seiner Schlußrede, der auf der Journalistentribüne unverständlich bleibt, vom Präsidenten zur Ordnung gerufen.
Generalmajor Wild von Hohenborn: Solche Fragen müssen in der Budgetkommission vertrauensvoll und vertraulich be⸗ handelt werden. Ich möchte hier nur zum Ausdruck bringen, daß der Abg. Dr. Liebknecht offenbar kein Gefühl dafür hat, in welcher Weise er eine so hervorragende deutsche Firma vor dem Auslande diskreditiert und geschädigt hat.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Gegenüber diesen letzten Be⸗ merkungen erübrigt sich jede Antwort. Ich will nur darauf hinweisen, wie rücksichtslos im englischen Parlamente die englischen Rüstungs⸗ firmen als die Mitschuldigen an dem Rüstungstreiben gebrandmarkt worden sind.
Damit schließt die Diskussion.
Persönlich setzen sich dann die Abgg. Erzberger und Dr. Liebknecht weiter über die Preise der Panoramafern rohre der Firma Goerz auseinander.
Nach 9 Uhr wird dann die Weiterberatung des Militär— etats auf Dienstag vormittag 11 Uhr vertagt; außer— dem Dualafrage.
Preusischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 77. Sitzung vom 11. Mai 1914, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung, in der die zweite Beratung des Etats des Ministeriums der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten im Kapitel des Elementar⸗ unterrichtswesens bei dem Fonds von 200 9000 46 für die Umzugskosten der Lehrer fortgesetzt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Die Budgetkommission beantragt, die Regierung zu ersuchen, das Regulativ, betreffend die Vergütung für Umzugskosten, welche den Lehrern und Lehrerinnen aus der Staatskasse zu zahlen ist, vom 5. Oktober 1910 dahin ab⸗ zuändern, daß die Vergütung angemessen erhöht wird.
Die Abgg. Wittrock (fortschr. Volksp. und Genossen beantragen, statt „angemessen“ zu sagen: „den Sätzen für die mittleren Beamten entsprechend“.
Abg. Wittrock (fortschr. Volksp.): Wenn wir in unserem Antrage ausdrücklich auf die unmittelbaren Stagtsbeamten Bezug ge— nommen haben, so geschah dies des halb, well eine Analogie auch in dieser Frage doch nur möglich ist auf Grund der gleichartigen Vorbildung und Berufsarbeit. Auch die Oberlehrer haben ja früher jahrzehnte⸗ lang um die Gleichberechtigung mit den übrigen Akademikern kämpfen müssen. Es liegt also hier ganz derselbe Fall vor. Man hat ja den Volksschullehrern in der Debatte viel Anerkennung gejollt. Dann soll man ihnen auch geben, wag ihnen zukommt. Eine Ablehnung des Antrages würde eine erneute Demütigung des Lehrer— standes bedeuten.
Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz:
Meine Herren! Die Angelegenheit, die zur Erörterung steht, hat in der Lehrerschaft eine sehr abfällige Beurteilung deswegen gefunden, weil man dort glaubte, durch die ergangenen Bestimmungen würde ihrem Berufsstande zu nahe getreten. Die Sache liegt so, daß früher für die Sätze, die den Lehrern bei Versetzungen gewährt wurden, die Beträge gleich waren denjenigen Sätzen, welche eine Klasse der unteren Beamten erhält. Das ist nun aber nicht deshalb geschehen, weil man die Lehrer unteren Beamten gleich stellen wollte, sondern man hat unabhängig von den Bezügen der Beamten ermittelt, welche Beträge für den Ersatz der Umzugskosten bei den Lehrern angemessen wären, und dabei hat sich ergeben, daß zufällig dieselben Beträge, die einer Klasse von unteren Beamten gegeben werden, auch hier hei den Lehrern angemessen waren. Es besteht also nur ein äußerlicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Sätzen, es ist nicht etwa der
Berlin, Dienstag, den 12. Mai
1914.
8 w 1 —
Grund maßgebend gewesen, daß man die Lehrer den unteren Beamten gleichstellen wollte.
Nachdem die Angelegenheit wiederholt in diesem hohen Hause erörtert worden war, bin ich in eine Prüfung der Angelegenheit ein⸗ getreten; dabei hat sich ergeben, daß im großen und ganzen die bisher gewährten Bezüge ausreichten, indessen hat sich doch auch heraus— gestellt, daß das nicht immer und nicht überall der Fall war. Wir haben deshalb schon jetzt Erhöhungen vorgenommen und haben ins— besondere dafür gesorgt, daß den Lehrern bei Versetzungen kein Schaden dadurch erwächst, daß sie eine von ihnen betriebene Land— wirtschaft aufgeben müssen; mit Bezug auf die Bewirtschaftung des etwa vorhandenen Schulgutes sind ihnen deshalb bei einer Versetzung entsprechende Entschädigungen gegeben worden. Es liegt durchaus in der Absicht der Staatsregierung, den Lehrern angemessene Ent— schädigungen für die Unkosten zu geben, die ihnen bei Versetzungen erwachsen; das kann ich mit Zustimmung der Finanzverwaltung hier ausdrücklich erklären. Wir haben keineswegs die Absicht, die Lehrer auf diesem Gebiete zu kurz kommen zu lassen, sie sollen voll das erhalten, was ihnen ein solcher Umzug kostet.
In diesem Sinne habe ich mich in der Budgetkommission aus— gesprochen, und daraufhin ist dann der ursprüngliche Antrag Zedlitz Iderhoff zugunsten des jetzt vorliegenden Antrages der beiden Herren zurückgezogen worden. Ich glaube, meine Herren, wenn Sie sich entschlössen, nach diesen Erklärungen diesem Antrage zuzustimmen, so würden Sie das erreichen, was Sie doch auch beabsichtigen: auf diesem Gebiet die Zufriedenheit der Lehrer herbeizuführen und die— jenigen Beträge ihnen zu sichern, die bei Umzügen ihnen selbst ent⸗ stehen. Es kommt nicht in Betracht, sie bei dieser Gelegenheit mit den Staatsbeamten in Vergleich zu stellen; das war, was ich wieder— hole, auch ursprünglich nicht etwa die Absicht; sondern es kommt darauf an, den Lehrern angemessene Beträge zu geben, wenn sie ver⸗ setzt werden. Das ist, wie ich wiederhole, auch die Absicht der König-⸗ lichen Staatsregierung; deshalb ziehe ich den Antrag Iderhoff Zedlitz vor.
Abg. Dr. Heß GSentr.): Wenn der Antrag der Budget— kommission in der jetzigen gestellten Form abgelehnt würde, so wäre das eine neue Demütigung für die Volkaschullehrer. Der Antrag der Freisinnigen ist nicht annehmbar. Der Vergleich zwischen Volksschul⸗ lehrern und unmittelbaren Staatsbeamten ist inopportun. Ich gehe sogar noch weiter und sage: er ist auch verfassungswidrig. Auch die Regierung will von ihm nichts wissen. Wir stellen uns deshalb auf den Boden des Antrages der Budgetkommission.
Der Antrag Wittrock (fortschr. Volksp.) wird zurückgezogen, der Antrag der Budgetkommission ohne besondere Abstimmung angenommen.
Zu dem Dispositionsfonds für das Ele⸗ mentarunterrichtswesen beantragt der Abg. Dr. von Schenckendorff nl.) mit Unterstützung aller bürgerlichen Parteien:
in Erwägung, daß der seit 1911 mit erheblichen Staats— mitteln geförderten Jugendpflegearbeit an der schulentlassenen Jugend als vorbeugende Arbeit künftig eine zweckmäßige Hort— sürsorge an der Schuljugend voranzugehen hat wofür behufs Ausbildung geeigneter Kräfte in dankenswerter Weise und in Berücksichtiaung der vorjährigen Verhandlungen des hohen Hauses über die Jugendpflege 50 000 MS neu eingestellt sind — und in fernerer Erwägung, daß diese Horttätigkelt, die die natürliche Elternfürsorge nicht beeinträchtigen soll, eine bedeutungsvolle Er. gänzung der bisherigen Jugendpflegearbeit bildet, und daß endlich Etatsmittel für Beihilfen zu den Ausgaben der Horte selbst bis jetzt nicht vorgesehen sind, die Regierung zu ersuchen, im nächsten Haushaltsplan neben den Kosten für die Ausbildung der Lehrkräfte auch einen angemessenen Beitrag zu Beihilfen für die Einrichtung, die Erhaltung und die zeitgemäße Ausgestaltung der Beschäftigungs— mittel der Horte für Schulkinder bereitzustellen.
Abg. Dr. von Schencken dorff (nl. : Mit den 50 000 für Kurse für Gewinnung geeigneter Lehrkräfte für die Hortpflege der Schuljugend begründet die Regierung die Absicht, Horte für die Schuljugend einzurichten. Die Budgeikommission hat diesen Posten ohne Erörterung genehmigt. Unser Antrag will, daß der Staat künftig nicht allein Lehrer ausbildet, sondern auch die Horte selbst unterstützt. Kinderhorte sind Anstalten, die aufsichtslose Schulkinder in der schulfreien Zeit aufnehmen und ihnen einen Ersatz für die Pflege und den erzieherischen Einfluß für das Elternhaus bieten sollen. In Deutschland waren 1912 1245 Horte mit 84000 Zög lingen vorhanden; das Pestalozzi⸗Fröbelhaus in Berlin und das Jugendheim in Charlottenburg sind vorbildlich. Der moderne Hortgedanke ist durch das Fürsorgegesetz von 1900 entstanden, die Horte erachtet man als vorbeugende erzieh liche Maßnahme für die intakt gebliebene Jugend. Die Erfolge für Fürsorgeeiziehung sind durchaus gut; die vorbeugende erziehliche Wer⸗ kung der Horte zeigt sich naturgemäß nachdrücklicher bei der noch völlig intakt gebliebenen Jugend. Der Jugendpflegearbeit fehlt noch der Unterbau, sie beginnt erst mit dem 14. Lebensjahre und soll fort⸗— schreitend immer weitere jüngere Altersklassen der Volksschule heran ziehen. Das Ideal wäre, wenn für jede Volksschule eine Organisation des Kinderhorts geschaffen würde, die erziehlichen Erfolge der Schulen würden dadurch größer werden. Für die aufsichtslosen Kinder besteht jetzt eine öffentliche Notlage. In den Horten gewinnt der Staat, sobald das Elternhaus versagt, auch auf die schulfreie Zeit einen Einfluß nach den Grundsätzen des Jugendpflegeerlasses von 1911. Unser Agrarstaat ist zum Industriestaat geworden, die Industrialisierung führt die Väter in die Fabrik und bringt Frauenarbeit für 9 Millionen Frauen, von denen die Hälfte Mütter . die großenteils den ganzen Tag außer Hause sind; so ist das große Heer der aufsichtslosen Schul⸗ kinder geschaffen, und der Kinderhort wird unabweisbar. Da nun eine hyperradikale Frauenbewegung den Birzicht der Mutter auf das Kind predigt, so muß der Gefahr, daß das Pflichtgefühl der Eltern gegen die Kinder geringer wird, mit aller Festigkeit vorgebeugt werden. Die erste Gewähr dafür wäre ein Beitrag der Eltern. Der Einrichtung der „Schulhelferinnen“ fällt die Aufgabe zu, die rechte Auswahl der Kinder zu treffen. Bei aller Pflegearbeit muß der Grundsatz gelten, daß neben der Not des einzelnen Kindes die Gefahr nicht übersehen werden darf, die in jeglicher Uebernahme von Familienpflichten durch die Gesellschaft liegt. Der Staat wie die Gemeinde dürften daher öffentliche Gelder hier nicht zur Ver— wendung bringen. Wenn ohne diese andere Horte sich auftun, so wäre dagegen nichts zu sagen. Die Bewegungen für die Kinderhorte, die elnen charitativen Charakter bewahren sollen, erbalten ihren An⸗ trieb aus sehr realen und vitalen Forderungen des öffentlichen Lebens. Ich begrüße die Initiative der Regierung daher freudig. Die Regte⸗ rung wird darin reiche Unterstüßzung finden. Daß auch das Ab— geordnetenhaus sie unterstützen wird, ist aus den 130 Unterschriften
unter meinem Antrag und aus den vorjährigen Verhandlungen dieses 6 zu ersehen. Handelt es sich doch um ein wichtige soziales Werk.
Abg. von Wenden (kons.): Ich beantrage. den Antrag des Abg. von Schenckendorff an die Unterrichtskommlssion zu verweisen. Mit dem Zweck des Antrageös sind meine Freunde durchaus ein— verstanden. Wir freuen uns auch darüber, daß in dem Etat 50 000 Mark für die Ausbildung von Kräften für die Hortfürsorge aus—⸗ geworfen sind. Ich möchte den Minister fragen, welche Erfolge auf diesem Gebiete bereits erzielt sind. Wir glauben, daß für die Aus— bildung von Kräften noch weitere Mittel bereit gestellt werden müssen. Auf diesem Gebiete muß endlich einmal ganze Arbeit gemacht werden. Mir ist mitgeteilt worden, daß die Kinderhorte ihren Zweck nicht voll erreichen, da sie hauptsächlich von den Kindern bessergestellter Eltern besucht werden. In den Kreisen der Arbeiter scheint das Verständnis für den Segen, den die Horte bieten, noch nicht in der wünschenswerten Weise verbreitet zu sein. Ich kann diese Mitteilungen auf ihre Zuverlässigkeit nicht nachprüfen, bitte aber, daß diese Sache in der Kommission (rörtert wird.
. Abg. Dr. Schmedding (Zentr): Mit dem Antrage können wir uns nur einverstanden erklären. Wir hoffen, daß durch die Neu— regelung der Fürsorgeerztehung die Uebelstände, die auf dem Gebiet der Fürsorgeerziehung hervorgetreten sind, mehr und mehr ver— schwinden werden. Einen Fortschritt nach dieser Richtung bedeuten die Kinderhorte. Je mehr Kinderhorte vorhanden sind, desto mehr wird die Fürsorgeerziehung in Wegfall kommen können. Die Fürsorgeerjiehung muß jedoch immer da eintreten, wo die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Wo diese Voraussetzungen aber fehlen, wo die Eltern gezwungen sind, außerhalb des Hauses nach Arbeit zu sehen, sind die Kinderhorte am Platze. Diese Horte müssen vor allem richtig und zweckentsprechend ein⸗ gerichtet werden, sie sollen das Elternhaus ersetzen. Die religiös— sittliche Lebensführung zu stärken, ist ihre Aufgabe. Was der Antrag⸗ steller über die praktische Ausgestaltung der Kinderhorte vorgetragen hat, kann ich durchaus unterschreiben. Was aber die Kinder auch lernen müssen, sind die praktischen Fertigkeiten, die sie zuhause durch den Vater gewissermaßen von selbst lernen. Es wäre zu bedauern, wenn die Horte in dieser Beziehung versagen, denn gerade diese Handfertig⸗ keiten sind es, die den Kindern im praktischen Leben einmal von größtem Vorteile sind.
Abg. Cassel (fortschr. Volksp.): In den Etat sind auf Beschluß des Abgeordnetenhauses 40 000 υις zur Unterstützung für den jüdischen Religionsunterricht eingestellt worden. In der Praxis enitstehen Schwierigkeiten dadurch, daß in Hinblick auf den S 37 des Schul unterhaltungsgesetzes als Bedingung zur Unterstützung aus diesem Fonds verlangt wird, daß mindestens 12 jüdische Kinder vorhanden sind, an die der Religionsunterricht erteilt wird. Bei dem Um⸗ stande, daß die jüdische Bevölkerung vielfach im Lande sporadisch vertreten ist, führt diese Bedingung zu Härten. Ich bitte die Unterrichtsverwaltung darauf hinzuwirken, daß eine Unterstützung auch bei einer geringeren Zahl von Schulkindern gewährt wird. Wir würden es auch begrüßen, wenn die Fahrpreisermäßigungen bei Schülerausflügen eine weitere Ausdehnung erfahren.
Abg. Dr. Heß (Zentr.) begründet seinen Antrag, „die Re⸗ gierung zu ersuchen, den Dispositionsfonds für das Elementar⸗ unterrichtswesen zu erhöhen, damit der Handarbeitsunterricht für die schulpflichtigen Mädchen in größerem Umfange als bisher gefördert werden kann“. Aus sozialen Erwägungen heraus sei der Handarbeits⸗ unterricht für Mädchen unbedingt zu den Hauptfächern des Unterrichts zu zählen. Es sei von der allergrößten Bedeutung, daß die jungen Mädchen geschickt mit der Nadel umzugehen wissen. Vor allen Dingen müsse dafür gesorgt werden, daß die Klassenbesetzung bei dem Handarbeitsunterricht nach Möglichkeit heruntergedrückt wird. An dem Handarbeitsunterricht sollten nicht mehr als 40 Kinder teil⸗ nehmen.
Abg. Münsterberg (fortschr. Volksp.): Ich stehe dem An— trage des Abg. von Schenckendorff außerordentlich sympathisch gegen über und kann seine Annahme nur sehr warm empfehlen. Der Hort kann immer nur eine Ergänzung für diejenige Häuslichkeit sein, in der die Mutter nicht imstande ist, für ihre Kinder richtig zu sorgen, und wo ihre Kinder gezwungen sind, auf die Straße zu gehen. 600 aller Volksschulkinder kann man als hortbedürftig bezeichnen. Wir begrüßen es, wenn die Bestrebungen der Hortpflege von der Regierung warm unterstützt werden, bitten aber, daß man auf die Eltern keinen Zwang ausübt, sondern es ihnen freistellt, ob sie ihre Kinder der Hortpflege zuführen wollen oder nicht.
Abg. Graf Moltke lfreikons.) bespricht die bestehenden Ein⸗ richtungen der Kinderhorte und empfiehlt den Antrag des Abg. Dr. von Schenckendorff zur Annahme. Der Redner geht dann auf die Not wendigteit ein, die Heimatliebe und Liebe zur Familie auch bei den Hortkindern zu pflegen.
Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Ich beschränke mich auf die kurze Erklärung, daß wir dem Antrag Schenckendorff zustimmen. Aller⸗ dings ist in ihm ein gewisser Zusa mmenhang konstruiert zwischen der staatlichen Jugendpflege und den Kinderhorten. Wir möchten diesen Zusammenhang ablehnen; denn die staatliche Jugendpflege hat einen ausgeprägten parteipolitischen Zweck. Ich nehme an, daß der Abg. von Schenckendorff die Jugendhorte nicht etwa auch zu parteipolitischen Zwecken mißbrauchen will. (Abg. Dr. von Schenckendorff ver⸗ neint dies) Da Sie das verneinen, können wir also dem Antrag zu⸗ stimmen.
Abg. Lieber (nl): Mit der Ueberweisung, des Antrages Schenckendorff an die Unterrichts kommission sind wir einverstanden. Wir sind der Ansicht, daß die Hortfürsorge nur da eingreifen soll, wo die Familie wirklich nicht im stande ist, die nötige Aufsicht über die Kinder zu führen. Es ist ja sehr schwer, für gemeinnützige Ein—⸗ richtungen auf die Dauer laufende Mittel zur Verfügung zu be⸗ kommen. Es handelt sich aber hier um eine große Sache, deshalb muß auch der Staat mit großen Mitteln eingreifen.
Die Anträge der Abgs. Dr. von Sch enckendorff und Dr. Heß werden hierauf der Unterrichtskommission über⸗ wiesen.
Zu den Beihilfen für die Jugendpflege, deren Fonds mit 3i½ Millionen Mark, d. h. mit 1 Million mehr als im Vor⸗ jahr ausgestattet ist, liegt eine Uebersicht über die Ausbildung und Fortbildung von Jugendpflegern und Jugendpflegerinnen im Jahre 1913 vor. Die Budgetkommissian beantragt, diese Uebersicht durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären.
Abg. Wallbaum (wirtsch. Vgg.: Es besteht die Befürchtung, daß diejenigen Jugendpflegevereine, die im Jahre 1913 eine Unterstützung aus Staatsmitteln erhalten haben, im Jahre 1914 keine bekommen sollen. Ich hoffe, daß diese Meinung ein Irrtum ist, sollte aber der Minister tat⸗ sächlich eine solche Absicht haben, so könnte ich das nicht hilligen. Ueber das Wie der Jugendpflege kann man verschiedener Meinung sein. Auf jeden Fall aber muß sie das Ziel haben, die jungen Leute zu gottesfürchtigen und königstreuen Männern zu erziehen. Die Mahnung, die der Minister im Jahre 1912 ausgesprochen hat, ist auch heute am Platze, daß die einzelnen Jugendverein sich nicht gegen seitig ihre Mitglieder absogen, sondern ihre Werbearbeit auf die⸗ jenigen Kreise ausdehnen sollen, die noch keinem Verein angeschlossen
sind. Cine große Bedeutung haben innerhalb dieser ganzen Be⸗